Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung» Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 25. November 2011

2011-2822

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Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

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1 Einleitung

4124

2 Beurteilung des Umsetzungsstandes der Empfehlungen der GPK-N 2.1 Stellungnahme des Bundesrates vom 21. April 2010 2.2 Strategie des Bundesrates zur Umsetzung des Bundespersonalgesetzes/Festlegung von Sollwerten und Indikatoren (Empfehlung 1) 2.3 Einbettung der Personalstrategie in eine Gesamtstrategie des Bundesrates (Empfehlung 2) 2.4 Einbezug der Sozialpartner (Empfehlung 3) 2.5 Jährliche Information der Bundesversammlung über die vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen (Empfehlung 4) 2.6 Prozess- und Leistungsanalyse/Stärkung der zentralen Steuerung der Bundespersonalpolitik (Empfehlung 5) 2.7 Stellung der Human-Resources-Konferenz (Empfehlung 6)

4124 4124 4125 4126 4127 4127 4127 4128

3 Vertrauensarbeitszeitmodell des Bundes 3.1 Einführung des Vertrauensarbeitszeitmodells des Bundes 3.2 Regelung der Vertrauensarbeitszeit beim Bund 3.3 Vorbildliche Personalpolitik des Bundes: Anspruch und Realität im Bereich Vertrauensarbeitszeit 3.3.1 Rechtsgutachten von Professor Thomas Geiser 3.3.2 Praxis in den Departementen und in der Bundeskanzlei 3.4 Beurteilung der GPK-N 3.5 Empfehlungen und Massnahmen

4129 4129 4132 4135 4136

4 Interessen der Kader des Bundes

4138

5 Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

4138

Anhänge 1­3: Gutachten zur Vertrauensarbeitszeit in der Bundesverwaltung zu Handen der GPK-N der Bundesversammlung Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung» Stellungnahme zu den Einwänden des EFD zum Berichtsentwurf VAZ

4122

4129 4129 4129

4140 4160 4161

Abkürzungsverzeichnis ArG BBl BPG BPV EDA EFD EPA GPK GPK-N HRK OR PVK VAZ VBPV VBPV

Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (SR 822.11) Bundesblatt Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3) Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössisches Personalamt Geschäftsprüfungskommissionen Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Human-Resources-Konferenz Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220) Parlamentarischen Verwaltungskontrolle Vertrauensarbeitszeit Verordnung des EFD vom 6. Dezember 2001 zur Bundespersonalverordnung (SR 172.220.111.31) Verordnung des EDA vom 20. September 2002 zur Bundespersonalverordnung (SR 172.220.111.343.3)

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Bericht 1

Einleitung

Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) schloss am 23. Oktober 2009 ihre Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung» ab1. Sie richtete darin sechs Empfehlungen an den Bundesrat.

Dieser nahm am 21. April 2010 zum Bericht und den Empfehlungen der GPK-N und zur dazugehörigen Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) Stellung2.

Die GPK-N hat im Jahr 2010 die erwähnte Stellungnahme des Bundesrates behandelt und aufgrung der laufenden Arbeiten und Entwicklungen im Bereich der Bundespersonalpolitik beschlossen, anfangs 2011 die Nachkontrolle zu dieser Inspektion einzuleiten. Im Rahmen der Nachkontrolle nahm die GPK-N zwei weitere Aspekte der Bundespersonalpolitik auf: Das Vertrauensarbeitszeitmodell des Bundes sowie die Vertretung der Interessen des Kaders in der Bundespersonalpolitik. Zu ersterem Thema liess sie ein Rechtsgutachten durch Professor Thomas Geiser von der Universität St. Gallen erstellen3. Das zweite Thema wurde durch verschiedene Anhörungen der GPK-N vertieft.

Der vorliegende Bericht der GPK-N beurteilt sowohl die Stellungnahme des Bundesrates vom 21. April 2010, den aktuellen Umsetzungsstand der Empfehlungen der GPK-N sowie die zwei hinzugekommenen Schwerpunkte und schliesst damit die Nachkontrolle der GPK-N ab. Der Bericht wurde dem EFD und den Personalverantwortlichen der Departemente und der Bundeskanzlei zur Konsultation unterbreitet.4

2

Beurteilung des Umsetzungsstandes der Empfehlungen der GPK-N

2.1

Stellungnahme des Bundesrates vom 21. April 2010

Die GPK-N hat sich im Sommer 2010 mit der Stellungnahme des Bundesrates vom 21. April 2010 zu der im Titel genannten Inspektion befasst. Sie hielt fest, dass der Bundesrat die Feststellungen der GPK-N teilte und bereit war, alle Empfehlungen umzusetzen. Weitere Abklärungen haben auch gezeigt, dass der Bundesrat bzw. die zuständigen Verwaltungseinheiten erste Massnahmen ergriffen haben.

1

2

3 4

Bericht der GPK-N «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung» vom 23.10.2009 sowie der dazugehörige Synthesebericht der PVK vom 17. Juni 2009 zur Evaluation der Steuerung der Bundespersonalpolitik (BBl 2010 2875).

«Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung» ­ Bericht der GPK-N vom 23. Oktober 2009, Stellungnahme des Bundesrates vom 21. April 2010 (BBl 2010 2931).

Vgl. Anhang.

Die Konsultation in dieser Phase zielt darauf ab, allfällige materielle und formelle Fehler im Berichtsentwurf sowie berechtigte Geheimhaltungsinteressen zu identifizieren. Die Stellungnahme des EFD vom 9.11.2011 findet sich im Anhang 2. Die diesbezüglichen Ausführungen von Prof. Thomas Geiser im Anhang 3.

4124

Die GPK-N begrüsste insbesondere, dass der Bundesrat bereit war, gemäss der Forderung der Kommission bis zur Verabschiedung einer bundesrätlichen Personalstrategie auf Revisionen der einschlägigen Rechtsvorschriften zu verzichten.

Allgemein stellte die GPK-N fest, dass der Bundesrat in seiner Stellungnahme die Absicht erklärte, die Empfehlungen in Zukunft umzusetzen oder sie zum Teil schon als umgesetzt erachtete. Da die Verabschiedung der Personalstrategie durch den Bundesrat auf Ende 2010 angesetzt war, wurde der Beginn der üblichen Nachkontrolle durch die GPK-N auf Anfang 2011 angesetzt und der Bundesrat aufgefordert, bis Ende Januar 2011 die Kommission über den Umsetzungsstand der Empfehlungen zu informieren.

2.2

Strategie des Bundesrates zur Umsetzung des Bundespersonalgesetzes/Festlegung von Sollwerten und Indikatoren (Empfehlung 1)

Der Bundesrat hat am 10. Dezember 2010 die Personalstrategie Bundesverwaltung 2011­2015 verabschiedet. Darin werden auch die Sollwerte und Indikatoren bezeichnet, um die Zielerreichung zu messen. Die quantitative Festlegung dieser Zielwerte erfolgte durch den Bundesrat am 22. Juni 2011.

Naturgemäss beinhaltet eine Strategie grundsätzliche Aussagen, die in der Umsetzung noch konkretisiert werden müssen. Das entsprechende Umsetzungskonzept wurde durch den Bundesrat am 6. Juli 2011 beschlossen und beinhaltet auch zeitliche Vorgaben für die Umsetzung.

Als Erstes ist seitens der GPK-N festzustellen, dass der Bundesrat mit der Verabschiedung einer Personalstrategie, eines entsprechenden Umsetzungskonzepts und von Sollwerten und Indikatoren einen wichtigen Schritt unternommen hat, um seiner Verantwortung in diesem Bereich gerecht zu werden. Im Spannungsfeld zwischen einer zentralen und einer dezentralen Personalpolitik stellen diese Massnahmen einen wichtigen Grundstein für eine zentral geführte Personalpolitik dar.

Auch wenn die GPK-N anerkennt, dass für gewisse Bereiche dezentrale spezifische Lösungen sinnvoll sein können, ist die Bundespersonalpolitik zumindest in ihren grundlegenden Aspekten zentral zu führen. Gewisse problematische Regelungen, wie die Dezentralisierung der Weiterbildung in der Bundesverwaltung, welche im Jahr 2010 rückgängig gemacht wurde, wurden unterdessen korrigiert.

Die GPK-N erachtet die Personalstrategie des Bundesrates als geeignet, um als Leitlinie für die Umsetzung des Bundespersonalgesetzes5 zu dienen. Der konkrete Nutzen einer solchen Strategie kann jedoch nur in Kombination mit dem Erlass von Zielwerten und der Qualität des Umsetzungskonzepts beurteilt werden. Bezüglich der Zielwerte, welche der Bundesrat im Juni 2011 verabschiedete, ist die GPK-N der Ansicht, dass diese vor dem Hintergrund von Artikel 4 Bundespersonalgesetz umfassend sind und auch Wirkung auf die Umsetzungsakteure entfalten werden.

Die Beurteilung des Umsetzungskonzepts durch die GPK-N fällt nicht im gleichen Ausmass positiv aus. Viele Massnahmen, welche einen grossen Teil des Umsetzungskonzepts ausmachen, sind gleich wie die Personalstrategie sehr allgemein 5

Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (Bundespersonalgesetz, BPG; SR 172.220.1).

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formuliert bzw. beinhalten nur einen allgemeinen Auftrag zur Erstellung eines Konzepts oder ähnlichem. Die GPK-N wertet dies teilweise als Zeichen, dass in verschiedenen Bereichen kein Konsens zwischen den Departementen und dem Eidgenössischen Personalamt (EPA) über konkretere Umsetzungsmassnahmen gefunden werden konnte. Aus Sicht der GPK-N ist es nun wichtig, dass das Umsetzungskonzept und damit auch die Strategie des Bundesrates möglichst bald weiter konkretisiert wird und der Bundesrat dabei seine Führungsrolle wahrnimmt.

Die GPK-N anerkennt aber bei aller Kritik auch, dass angesichts der zur Verfügung stehenden Ressourcen das EPA und die Personalbereiche der Departemente und der Bundeskanzlei schon eine beachtliche Arbeit geleistet haben. Bei der Erarbeitung der Strategie haben die involvierten Stellen die aktuellen und zukünftigen Rahmenbedinungen identifiziert und als Grundlage für die Erarbeitung der Strategie beigezogen.

Aus Sicht der GPK-N ist ihre Empfehlung 1 damit bisher nur teilweise umgesetzt, denn erst, wenn die allgemein formulierten Teile des Umsetzungskonzepts konkretisiert sind, und das Konzept und die Strategie auch in der Praxis Wirkung zeitigen können, wird dem Grundanliegen der Empfehlung 1 gebührend Rechnung getragen worden sein. Die Geschäftsprüfungskommissionen werden der Weiterentwicklung der konkreten Massnahmen im Rahmen ihrer jährlichen Aussprachen zum Personalreporting besondere Aufmerksamkeit widmen.

2.3

Einbettung der Personalstrategie in eine Gesamtstrategie des Bundesrates (Empfehlung 2)

In ihrer Empfehlung 2 lud die GPK-N den Bundesrat ein, die Strategie zur Bundespersonalpolitik in die Gesamtstrategie des Bundesrates zur Aufgabenerfüllung einzubetten. Der Bundesrat kündigte in der Folge an, dass die in der Personalstrategie gesetzten Schwerpunkte und Ziele Eingang in die übergeordnete Legislatur-, Finanz- und Jahresplanung finden werden.

Die GPK-N begrüsst diese Ankündigung des Bundesrates, welche im Jahresziel 3 des Bundesrates für das Jahr 2011 schon teilweise umgesetzt wurde. Allerdings bezweckt die Empfehlung 2 der GPK-N auch eine bessere Verknüpfung der Bundespersonalpolitik mit den übergeordneten Strategien des Bundesrates zur Aufgabenerfüllung. Damit ist gemeint, dass die Priorisierung und Steuerung der Aufgabenerfüllung durch den Bundesrat und die Departemente vermehrt mit der Priorisierung des Ressourceneinsatzes und der Optimierung der personalpolitischen Rahmenbedingungen verknüpft werden sollen.

In diesem Bereich bestehen Schnittstellen zum Ziel des Bundesrates, die Personalbedarfs- und Personalkostenplanung zu stärken (Ziffer 3.2 der Personalstrategie Bundesverwaltung 2011­2015). Aus Sicht der GPK-N wird damit eine Grundlage geschaffen, um die erwähnte Verknüpfung zwischen Aufgabenerfüllung und Personalressourcen auf der strategischen Ebene zu ermöglichen.

Auch in diesem Bereich wird die GPK-N die Umsetzung im Rahmen ihrer regulären Oberaufsichtstätigkeit verfolgen.

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2.4

Einbezug der Sozialpartner (Empfehlung 3)

Die GPK-N forderte den Bundesrat in ihrer Empfehlung 3 auf, die Sozialpartner gemäss Artikel 33 Bundespersonalgesetz gebührend in die Erarbeitung der Personalstrategie einzubeziehen.

Im Rahmen der Anhörungen der Direktorin des EPA konnte sich die Kommission davon überzeugen, dass ihrer Empfehlung nachgelebt wurde. Im Rahmen der Nachkontrolle erhielt die Kommission auch Hinweise, dass der Sozialpartnerschaft durch die neue Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements (EFD) eine grössere Bedeutung beigemessen wird. Dies ist zu begrüssen.

Gestützt auf die Feststellung, dass noch wesentliche Konkretisierungsarbeiten im Rahmen der Umsetzung der Personalstrategie des Bundesrates anstehen, lädt die GPK-N den Bundesrat ein, die Sozialpartner auch weiterhin gebührend einzubeziehen. Sie wird sich im Rahmen ihrer jährlichen Behandlung des jeweiligen Personalreportings des Bundesrates auch über die Zusammenarbeit der Arbeitgeberin Bund mit den Sozialpartnern informieren lassen.

2.5

Jährliche Information der Bundesversammlung über die vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen (Empfehlung 4)

Vor dem Abschluss der Inspektion der GPK-N nahm der Bundesrat in der Regel das jährliche Reporting zur Bundespersonalpolitik zu seinen Handen bzw. zuhanden der Bundesversammlung einfach zur Kenntnis, und es war für die parlamentarische Oberaufsicht nicht ersichtlich, ob und wie der Bundesrat aufgrund dieses Reportings Massnahmen ergreift.

Seit dem 27. Januar 2010 ist nun zwischen dem Bundesrat und den Aufsichtskommissionen der Eidgenössischen Räte vereinbart, dass der Bundesrat jeweils im jährlichen Reporting eine personalpolitische Gesamtbeurteilung vornimmt. Dieser Vereinbarung wird seither nachgelebt. Grundsätzlich behandeln die GPK das jährliche Personalreporting seit 2010 in Anwesenheit der Vorsteherin oder des Vorstehers des EFD. Die Empfehlung 4 der GPK-N ist somit umgesetzt.

2.6

Prozess- und Leistungsanalyse/Stärkung der zentralen Steuerung der Bundespersonalpolitik (Empfehlung 5)

Aus der Evaluation der PVK vom 17. Juni 20096, welche der GPK-N als Basis für ihre Beurteilung diente, wurde ersichtlich, dass insbesondere Unklarheiten bezüglich der Kompetenzaufteilung zwischen den verschiedenen Hierarchiestufen sowie Kohärenzmängel bei der Umsetzung existierten. Dadurch ergab sich zwischen den Departementen bei der innerdepartementalen Verteilung der Aufgaben und Verantwortungen ein höchst unterschiedliches Bild. Identische Aufgaben waren je nach Departement auf unterschiedlichen Hierarchiestufen angesiedelt, ohne dass diese Ansiedlungen bisher auf einer Prozess- oder Leistungsanalyse beruhten.

6

Vgl. Fussnote 1.

4127

Dies veranlasste die GPK-N in ihrer Empfehlung 5 den Bundesrat einzuladen, bei der Erarbeitung seiner Strategie zur Umsetzung des Bundespersonalgesetzes eine Prozess- und Leistungsanalyse erstellen zu lassen, um die Prozesse im Bereich der Bundespersonalpolitik stufengerecht anzusiedeln. In derselben Empfehlung forderte die Kommission den Bundesrat auf, die Rolle und die Stellung des EPA im Hinblick auf eine zentral gesteuerte Personalpolitik zu stärken.

Der Bundesrat nahm am 21. April 2011 wie folgt Stellung: Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten im Personalbereich seien im Rahmen der Bundesverwaltungsreform 05/07 überprüft und neu zugewiesen worden. Diese würden nun angewendet, was eine im Herbst 2009 abgeschlossene Evaluation des EFD bestätigt habe. Es sei eine permanente Aufgabe der Departemente, zusammen mit dem EPA, Aufgaben und Prozesse im Bundespersonalwesen zu überprüfen und nötigenfalls zu optimieren. Dies werde auch im Rahmen der Erarbeitung und Umsetzung der Personalstrategie der Fall sein.

Diese Ausführungen vermögen die GPK-N aus mehreren Gründen nicht zu befriedigen. So erfolgte die Umsetzung der Bundesverwaltungsreform in diesem Bereich ab November 2006 bis Ende 2008, und sie wurde dementsprechend bei der Evaluation der PVK berücksichtigt. Die vom Bundesrat in seiner Stellungnahme erwähnte Evaluation des EFD stellte u.a. fest, dass die Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten des EPA gemäss Bundesverwaltungsreform 05/07 geklärt und akzeptiert seien. Im Weiteren hielt die Evaluation fest, dass die Organisation des EPA entlang der Human-Resources-Prozesse sinnvoll und adäquat sei und den wahrzunehmenden Aufgaben entspreche.

Die von der GPK-N bemängelte innerdepartementale Verteilung der Aufgaben und Verantwortungen im personalpolitischen Bereich war jedoch nicht Gegenstand dieser Evaluation. Auch die Stärkung des EPA im Hinblick auf eine zentral gesteuerte Personalpolitik fiel nicht in den Untersuchungsbereich der Evaluation.

Aufgrund dieser Analyse kommt die GPK-N nicht umhin, ihre Empfehlung 5 als weitgehend nicht umgesetzt zu beurteilen.

2.7

Stellung der Human-Resources-Konferenz (Empfehlung 6)

In seiner Stellungnahme teilt der Bundesrat die Feststellung, dass die HumanResources-Konferenz (HRK) optimal in die Bundespersonalpolitik eingebunden werden muss. Bezüglich der geforderten Überprüfung der Stellung der HRK nahm der Bundesrat jedoch nicht Stellung. Die GPK-N geht deshalb davon aus, dass der Bundesrat die HRK in der Praxis stärken will und so die Empfehlung 6 der GPK-N umsetzt. Bei der Erarbeitung der Personalstrategie des Bundesrates und des Umsetzungskonzepts wurde die HRK richtigerweise involviert.

4128

3

Vertrauensarbeitszeitmodell des Bundes

3.1

Einführung des Vertrauensarbeitszeitmodells des Bundes

Das Modell der Vertrauensarbeitszeit (VAZ) wurde im Jahr 2001 zuerst als Pilotprojekt in gewissen Verwaltungseinheiten getestet und danach für die restliche Bundesverwaltung geöffnet. Eine breitere Anwendung erfuhr das VAZ-Modell jedoch erst, als der damalige Vorsteher des EFD das Modell als Lösung für die mit den teilweise grossen Zeitguthaben von Kaderleuten des Bundes (nicht bezogene Ferien/Überzeit) verbundenen finanziellen Risiken des Arbeitsgebers Bund erachtete. In der Folge führte der Bundesrat innert kurzer Zeit die obligatorische Anwendung dieses Modells für das höhere Kader/Topkader (ab Lohnklasse 30) auf dem Verordnungsweg ein.7 Angehörige des sogenannten mittleren Kaders (Lohnklassen 24­29) können auf freiwilliger Basis VAZ mit ihren Vorgesetzten vereinbaren.

3.2

Regelung der Vertrauensarbeitszeit beim Bund

Eine explizite Regelung erfährt die VAZ im Artikel 64a Bundespersonalverordnung.

Darin wird festgehalten, dass Angestellte mit VAZ von der Erfassung der Arbeitszeit befreit sind und sie keine Mehrarbeit, Überzeit und Gleitzeit kompensieren können. Die Verordnungsbestimmung sieht dafür im Gegenzug eine jährliche pauschale Entschädigung in Form einer Barvergütung von 5 Prozent des Jahreslohnes vor. Ausnahmsweise können sich die betroffenen Angestellten im Einvernehmen mit den Vorgesetzten anstelle der Barvergütung zehn Ausgleichstage oder 100 Stunden auf ein «Sabbatical-Konto» gutschreiben lassen. Zum Teil sind weitere allgemeine Rechtsbestimmungen auf die VAZ beim Bund anwendbar. Darauf wird weiter unten näher eingegangen.

Das VAZ-Modell, das in der Bundesverwaltung seit 1. Januar 2009 angewendet wird, wurde gegenüber den betroffenen Angestellten durch den Bundesrat bzw. das EPA nur oberflächlich dargelegt: Die Einführung wurde in einer Medienmitteilung des Bundesrates vom 5. Dezember 2008 beschrieben. Für die entsprechende Revision der Bundespersonalverordnung wurden seitens des EPA Erläuterungen zuhanden des Bundesrates erstellt. Diese Erläuterung fokussierten vorwiegend auf die Reduktion der Zeitguthaben der Bundesangestellten und auf die damit verbundenen finanziellen Aspekte.

3.3

Vorbildliche Personalpolitik des Bundes: Anspruch und Realität im Bereich Vertrauensarbeitszeit

3.3.1

Rechtsgutachten von Professor Thomas Geiser

Das Bundespersonalgesetz setzt mit seinen modernen Zielbestimmungen im Artikel 4 die Vorgaben für eine fortschrittliche und vorbildliche Personalpolitik des Bundes. So spricht schon die Botschaft des Bundesrates vom 14. Dezember 1998 7

Art. 64a Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (Bundespersonalverordnung, BPV; SR 172.220.111.3).

4129

zum Bundespersonalgesetz von einer «gesellschaftspolitischen Vorbildfunktion».8 Richtigerweise spiegelt sich dieses Verständnis auch in der Vision des Bundesrates wieder, wo ausgeführt wird dass die Arbeitgeberin Bundesverwaltung vorbildlich handelt und sich hohe ethische Standards setzt.9 Aufgrund dessen hat sich gemäss Beurteilung der GPK-N die Bundesverwaltung auch im Bereich des Arbeitnehmendenschutzes vorbildlich zu verhalten.

So orientieren sich zumindest teilweise auch die Kantone als Arbeitgeber an den personalrechtlichen Regelungen der Bundesverwaltung, insbesondere wenn es um die Einführung neuer Instrumente, wie z.B. die VAZ, geht.10 Vor diesem Hintergrund und aufgrund der auf den ersten Blick nur sehr beschränkten Regulierung der VAZ im Artikel 64a Bundespersonalverordnung11 sowie den Bestrebungen des Bundesrates, das Personalrecht des Bundes an die privatrechtlichen Bestimmungen anzugleichen, beauftragte die GPK-N den renommierten Arbeitsrechtsexperten, Professor Thomas Geiser von der Universität St. Gallen, mit der Abklärung folgender Rechtsfragen:

8 9 10

11

12

1.

Bietet die aktuelle rechtliche Ausgestaltung des VAZ-Modells der Bundesverwaltung einen im Vergleich zum Privatrecht, insbesondere zum Arbeitsgesetz gleichwertigen Arbeitnehmendenschutz?

2.

Wie ist das VAZ-Modell vor dem Hintergrund von Artikel 17 Bundespersonalgesetz12 zu beurteilen?

BBl 1999 1597.

Personalstragie Bundesverwaltung 2011­2015 des Bundesrates, S. 9.

Vgl. z.B. Schlussbericht vom 2. November 2010 der Oberaufsichtskommission des Kantons Bern zuhanden des Grossen Rats über Zeitguthaben und Austrittsvereinbarungen bei Kaderangestellten in der Kantonsverwaltung sowie die dazugehörige Medienmitteilung des Regierungsrats des Kantons Bern vom 8. November 2010, Regierungsrat zum Bericht der Oberaufsichtskommission in Sachen Zeitguthaben ­ Abklärungen liefern sachliche Diskussionsgrundlage.

Art. 64a1 VAZ, (Art. 17 BPG) 1 Angestellte mit VAZ sind von der Erfassung der Arbeitszeit befreit. Sie können keine Mehrarbeit, Überzeit und Gleitzeit kompensieren.

2 Für Angestellte der Lohnklassen 30­38 ist VAZ obligatorisch.

3 Angestellte der Lohnklassen 24­29 können VAZ mit ihren Vorgesetzten vereinbaren.

4 Angestellte in Funktionen nach Artikel 34 Absatz 2 sind von der VAZ ausgeschlossen.

5 Anstelle der Kompensation für Mehrarbeit, Überzeit und Gleitzeit erhalten Angestellte mit VAZ eine jährliche Entschädigung in Form einer Barvergütung von 5 Prozent des Jahreslohnes. Die Angestellten können sich im Einvernehmen mit den Vorgesetzten anstelle der Barvergütung ausnahmsweise zehn Ausgleichstage oder 100 Stunden auf ein Sabbaticalkonto gutschreiben lassen.

6 Die Ausgleichstage sind in dem Kalenderjahr zu beziehen, in welchem der Anspruch entsteht. Ist dies wegen Krankheit, Unfall oder Mutterschaftsurlaub nicht möglich, so sind sie im Folgejahr zu beziehen. Werden die Ausgleichstage aus anderen Gründen nicht bezogen, verfallen sie entschädigungslos.

Art. 17 Arbeitszeit, Ferien und Urlaub 1 Die Ausführungsbestimmungen regeln die Arbeitszeit sowie die Ferien und den Urlaub; sie regeln ferner Umfang und Ausgleich von Mehrarbeit und Überzeit.

2 Der Bundesrat regelt die maximale Normalarbeitszeit, die Mindestferien sowie den Mutterschaftsurlaub.

4130

Das Gutachten vom 7. Juni 2011 trägt einerseits zur Klärung der Rechtslage bei und gelangt zu wichtigen Feststellungen, weshalb es im Anhang zu diesem Bericht zu finden ist. Nachfolgend sind nur die zentralen Feststellungen aus dem Gutachten wiedergegeben, die teilweise auch für andere Arbeitszeitmodelle der Bundesverwaltung gelten:

13 14 15 16 17

­

Die Rechtslage insbesondere rund um die VAZ beim Bund ist aufgrund der verschiedenen zur Anwendung gelangenden Erlasse und ihren Querverweisen komplex.

­

Das Anstellungsverhältnis der Kader beruht in der Regel auf einem öffentlich-rechtlichen Arbeitsvertrag. Dies bedingt, dass jede Änderung ­ wie z.B.

die Einführung der VAZ ­ der Zustimmung beider Parteien bedarf.

­

Die Festlegung der maximalen Arbeitszeit steht aufgrund einer Delegation des Gesetzgebers vollständig dem Bundesrat zu, welcher sie auf Verordnungsstufe (Bundespersonalverordnung) regelt bzw. sie teilweise an das EFD weiter delegiert hat (Verordnung des EFD zur Bundespersonalverordnung13). Im Gegensatz dazu ist im Privatrecht die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf Gesetzesstufe geregelt (Art. 9 Arbeitsgesetz14).

­

Vorbehältlich abweichender Regelungen in den personalrechtlichen Erlassen des Bundes sind die Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes gemäss Artikel 8 Rahmenverordnung Bundespersonalgesetz15 auf die Arbeitsverhältnisse beim Bund grundsätzlich anwendbar.

­

Aufgrund der vorhergehenden Feststellung ergeben sich Ansprüche der Angestellten auf Pausen, die über die Pausenregelung der Verordnung des EFD zur Bundespersonalverordnung16 hinausgehen.

­

Auch für die VAZ gilt eine durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 45 Stunden pro Woche. Wird diese Höchstarbeitszeit überschritten, besteht seitens des Angestellten ein Anspruch auf Ausgleich der Überzeit im Sinne des Arbeitsgesetzes.

­

In der Privatwirtschaft haben die Arbeitgeber Verzeichnisse oder andere Unterlagen zu führen, aus denen die für den Vollzug des Arbeitsgesetzes und seiner Verordnungen erforderlichen Angaben ersichtlich sind, damit die Vollzugs- und Aufsichtsorgane die Einhaltung der Bestimmungen kontrollieren können17. Diese Bestimmungen sind jedoch auf die Bundesverwaltung nicht anwendbar. Die personalrechtlichen Vorgaben des Bundes beinhalten ihrerseits keine entsprechende konkrete Bestimmung. Allerdings besteht auch für den Arbeitgeber Bund eine klare rechtliche Verpflichtung für alle Arbeitszeitmodelle Systeme einzurichten, welche die Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen sichern und überprüfbar machen.

Verordnung des EFD vom 6. Dezember 2001 zur Bundespersonalverordnung (Verordnung des EFD zur Bundespersonalverordnung, VBPV; SR 172.220.111.31).

Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (Arbeitsgesetz, ArG; SR 822.11).

Rahmenverordnung vom 20. Dezember 2000 zum Bundespersonalgesetz (Rahmenverordnung BPG; SR 172.220.11).

Mind. 30 Minuten Mittagspause (Art. 28 Abs. 3 VBPV).

Art. 46 ArG.

4131

­

Gemäss Artikel 341 Obligationenrecht18 sind die allgemeinen Vorschriften über die Verjährung auf Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis in der Privatwirtschaft anwendbar. Das Arbeitsgesetz sieht sogar eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitgebers vor, falls die Arbeitnehmenden den ihnen zustehenden Ausgleich von Überzeit nicht innerhalb des Jahres beziehen. Der diesbezügliche Schutz der Arbeitnehmenden in der Bundesverwaltung ist aufgrund sehr kurzer Verwirkungsfristen und fehlender Sanktionsmöglichkeiten gegenüber dem Arbeitgeber Bund schlechter ausgestaltet als in der Privatwirtschaft.

Bezüglich der ersten der beiden von der GPK-N gestellten Fragen, kommt Professor Thomas Geiser zum Schluss, dass die rechtlichen Regelungen des Arbeitnehmendenschutzes in der Bundesverwaltung im Bereich der VAZ schlechter sind als diejenigen in der Privatwirtschaft.

Hingegen bestätigt er die Konformität der Regelungen zur VAZ mit Artikel 17 Bundespersonalgesetz.

3.3.2

Praxis in den Departementen und in der Bundeskanzlei

Nachdem die GPK-N die Rechtsgrundlagen insbesondere der VAZ im Rahmen eines Vergleichs mit den Regelungen in der Privatwirtschaft kritisch durch Professor Thomas Geiser überprüfen liess, war es der Kommission wichtig, einen Überblick über das Verständnis der Regelungen der VAZ im EPA und bei den Personalverantwortlichen der Departemente und der Bundeskanzlei und deren Praxis zur VAZ zu erhalten. Sie führte aus diesem Grund im August 2011 Anhörungen mit der Direktorin des EPA und den genannten Vertretern der Departemente und der Bundeskanzlei anhand eines weitgehend einheitlichen Fragenkatalogs durch: Definition der Arbeitsleistung Professor Thomas Geiser hält in seinem Gutachten fest, dass im Rahmen des Arbeitsvertrags der Umfang der Arbeitsleistung ausreichend bestimmt werden muss.

Falls dies nicht über die Arbeitszeit erfolgt, muss der Umfang des Aufgabenbereichs umschrieben werden. Die angehörten Personen führten auf eine entsprechende Frage der GPK-N aus, dass bei Personen mit VAZ der Beschäftigungsgrad und nicht die Arbeitszeit im Vertrag festgelegt wird. Einzelne ergänzten, dass die Aufgaben in der Stellenbeschreibung der angestellten Person beschrieben sind.

Zeitliche Flexibilität der Angestellten mit VAZ Die Antworten auf die Frage der GPK-N, ab welcher Dauer eine Abwesenheit als Ferien einzutragen ist und somit nicht mehr unter die Zeitsouveränität der angestellten Person fällt, fielen je nach Departement bzw. Bundeskanzlei unterschiedlich aus: Zum Teil besteht für Angestellte mit VAZ keine Möglichkeit, frei zu nehmen ausser über Ferien. In mehreren Departementen kann bis zu einem halben Tag frei genommen werden, ohne dass dies als Ferien zu verbuchen wäre. Zumindest in einem dieser Departemente können die Ämter abweichende Regelungen treffen. In zwei 18

Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht; OR; SR 220).

4132

Departementen fällt eine Abwesenheit von bis zu einem Tag in die Entscheidungsautonomie der angestellten Person mit VAZ. In einem anderen Departement müssen auch Abwesenheiten unter einem halben Tag mit dem Vorgesetzten vereinbart werden. Ein Departement sieht vor, dass eine solche Abwesenheit nicht zur Verlängerung des Wochenendes verwendet werden darf, also der Bezug am Freitag und Montag nicht möglich ist.

Rechtliche Vorgabe einer durchschnittlichen Höchstarbeitszeit Fünf der befragten Personalverantwortlichen gehen davon aus, dass keine rechtliche Vorgabe bezüglich durchschnittliche Höchstarbeitszeit existiert, wobei gewisse zumindest von einem departementsinternen Richtwert von durchschnittlich 44 Stunden pro Woche ausgehen. Allerdings wurde auch ausgesagt, dass dieser Richtwert oft überschritten wird. Drei Personalverantwortliche hingegen gehen von einer durchschnittlichen Höchstarbeitszeit von 45 Stunden aus, wobei ein Departement davon ausgeht, dass diese Grenze für Amtsdirektoren nicht gilt. Auch diese angehörten Personen informierten die GPK-N, dass diese Höchstarbeitszeit regelmässig überschritten werde. Ein Personalverantwortlicher führte dabei aus, dass die Stempelpflicht gerade deshalb mit der VAZ abgeschafft wurde, weil die Personen mit VAZ normalerweise mehr arbeiten. Die Direktorin des EPA geht von der Anwendbarkeit der durchschnittlichen 45 Stunden pro Woche des Arbeitsgesetzes aus.

Inwieweit und wie den Angestellten mit VAZ diese durschnittliche Höchstarbeitszeit bei der Einführung der VAZ kommuniziert wurde, konnte durch die GPK-N nicht vertieft werden. Nur eine der angehörten Personen erwähnte gegenüber der Kommission, dass ein diesbezüglicher Richtwert den betroffenen Angestellten kommuniziert wurde. Weder im Antrag des EFD an den Bundesrat noch in der Pressemitteilung des Bundesrates vom 5. Dezember 2008 finden sich Angaben zur Geltung einer durchschnittlichen Höchstarbeitszeit bei VAZ.

Kompensationsansprüche beim VAZ-Modell Die GPK-N befragte die Personalverantwortlichen, ob in ihrer Verwaltungseinheit eine durchschnittliche Höchstarbeitszeit pro Woche angewendet wird, welche auch bei VAZ nicht überschritten werden darf bzw. deren Überschreitung zu Kompensationsansprüchen der betroffenen Arbeitnehmenden führt, die mit der Kompensation gemäss Artikel 64a Absatz 5
Bundespersonalverordnung nicht abgegolten sind. Die Antwort war einhellig nein und zwar auch bei den Personen, die von einer rechtlichen Vorgabe bezüglich durchschnittlicher Höchstarbeitszeit ausgehen.

Pausenregelung Die angehörten Personen gehen davon aus, dass alle Angestellten sowohl am Vormittag wie auch am Nachmittag eine Pause von 15 Minuten machen können. Teilweise wurde bedauert, dass diese Pausen nicht mehr in der Bundespersonalverordnung vorgesehen sind.

Anpassung der Arbeitsverträge aufgrund der Einführung der VAZ Es erfolgte grundsätzlich keine Anpassung der Verträge. In der Mehrheit der Departemente und auch bei der Bundeskanzlei wird bei der fakultativen Anwendung der VAZ (Personen mit Lohnklasse 24­29) eine Vereinbarung abgeschlossen, die jährlich zu erneuern ist.

4133

Konkretisierung der VAZ in den Departementen Das VAZ-Modell wurde in einzelnen Departementen noch konkretisiert. Die Mehrheit der angehörten Personen erachtet aber die allgemeinen Vorgaben als ausreichend.

Abschaffung der Stempelpflicht Die überwiegende Mehrheit der Angestellten mit VAZ erfasst ihre Arbeitszeit nicht mehr.

Kontrollsystem betr. Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorgaben im Zusammenhang mit der Arbeitszeit Mit Ausnahme der Bundeskanzlei, welche aufgrund ihrer geringeren Grösse in diesem Punkt nicht direkt mit den Departementen verglichen werden kann, wird kein departementsweites Kontrollsystem angewendet, bzw. die Erfassung von Kenngrössen beschränkt sich auf die verbuchten Abwesenheiten (Krankheit, Ferien usw.). Alle angehörten Personen verorten diese Verantwortlichkeit beim jeweiligen direkten Linienvorgesetzten der Angestellten mit VAZ (Führungsverantwortung des Linienvorgesetzten). Es wird auch mehrfach angeführt, dass eine soziale Kontrolle stattfinde, die verhindere, dass die Angestellten mit VAZ zu wenig arbeiten.

Für das EPA fällt die Kontrolle klar in den Vollzug und somit in die Verantwortung der Departemente bzw. der Bundeskanzlei und nicht in das Aufgabenfeld des EPA.

Mehrwert der VAZ/Anpassungsbedarf Die befragten Personalverantwortlichen orten alle einen klaren Mehrwert beim Arbeitgeber Bundesverwaltung (insbesondere kein Äufnen mehr von Überzeitguthaben, Abbau des administrativen Aufwands aufgrund des Wegfalls der Stempelpflicht). Inwieweit dieses Modell die Attraktivität der Bundesverwaltung auf dem Arbeitsmarkt erhöht, konnte nicht vertieft ergründet werden: Im Bereich des höheren Kaders und des Topkaders scheint die VAZ die Attraktivität zu steigern. Im Bereich der fakultativen VAZ ­ also beim Basiskader und beim mittleren Kader ­ besteht der Eindruck, dass andere Arbeitszeitmodelle des Bundes attraktiver sind. Der Nutzen für die betroffenen Angestellten wird tendenziell als geringer betrachtet.

Alle angehörten Personalverantwortlichen begrüssen im Grundsatz das Modell der VAZ, wobei die Meinungen über den sinnvollen Anwendungsbereich auseinandergehen: Gewisse Departemente möchten die VAZ an der Funktion und nicht an der Lohnklasse anbinden und damit die VAZ punktuell auch bei Funktionen mit Lohnklassen unter 24 ermöglichen19. Andere wiederum sind der Ansicht,
dass die Anwendung der VAZ im Bereich des mittleren Kaders nur punktuell sinnvoll ist.

Mehrere Personalverantwortliche identifizieren als Problem für das Modell der VAZ die Sicherstellung der Finanzierung dieses Arbeitszeitmodells.

19

Im EDA können Mitarbeitende im Ausland, welche eine Führungsfunktion wahrnehmen, auch unterhalb der Lohnklasse 24 im VAZ-Modell arbeiten (gestützt auf die VBPV und die Verordnung des EDA vom 20.9.2002 zur BPV (SR 172.220.111.343.3)).

4134

3.4

Beurteilung der GPK-N

Die Haupterkenntnisse der GPK-N zur VAZ lassen sich wie folgt zusammenfassen: ­

Das VAZ-Modell, wie es seit 2009 in Kraft ist, wurde mit dem hauptsächlichen Ziel eingeführt, die Überzeitguthaben der Kader und das daraus resultierende finanzielle Risiko der Bundesverwaltung zu verringern. Gemäss Gutachten von Professor Thomas Geiser besteht jedoch für Arbeitsleistungen der Angestellten mit VAZ, die über den Wochendurchschnitt von 45 Stunden hinausgehen, ein Rechtsanspruch auf Ausgleich, der mit der Pauschale von fünf Prozent mehr Lohn für die Anwendung der VAZ nicht abgegolten ist. Die GPK-N stellt vor diesem Hintergrund fest, dass der finanzpolitische Zweck des Modells im Widerspruch zur Rechtslage steht und es deshalb zweifelhaft ist, ob dieser Zweck erfüllt werden kann.

­

In der Beurteilung der GPK-N sollte die VAZ beim Bund als modernes personalpolitisches Instrument ausgestaltet sein und somit nicht nur finanzpolitischen Überlegungen folgen. Die Abklärungen der GPK-N bei der Bundesverwaltung ergaben, dass die VAZ in der Praxis durchaus auch personalpolitischen Aspekten Rechnung trägt. Das VAZ-Modell scheint zumindest beim höheren Kader und beim Topkader grundsätzlich als zeitgemässes Arbeitsmodell wahrgenommen zu werden. Aufgrund der weiteren Feststellungen der GPK-N sind noch weitere Überlegungen notwendig, um das Instrument der VAZ als modernes personalpolitisches Instrument auszugestalten. Damit könnte auch die Attraktivität des Modells gesteigert werden.

­

Aufgrund der Art und Weise der Einführung des revidierten Modells der VAZ Anfang 2009 (finanzpolitische Motivation und sehr kurze Dauer zwischen Verordnungsrevision und Inkraftsetzung) wurden die Rahmenbedingungen der VAZ wohl zuwenig abgeklärt. So vermag das aktuelle Konzept auch nicht vollständig zu überzeugen.

­

Die GPK-N stellt in der Praxis eine bedeutende Diskrepanz in der Erhebung und Kontrolle von Informationen zu Abwesenheiten der Angestellten mit VAZ einerseits und zu geleisteten Arbeitsstunden andererseits fest: Die Absenzen im Sinne eines Ausgleichs sind schon ab kurzer Dauer als Ferien zu verbuchen und mit dem Vorgesetzten zu vereinbaren. Diese Absenzen sowie Absenzen wegen Krankheit, Weiterbildung usw. werden kontrolliert.

Zum Teil schränken weitere allgemeine Vorgaben die Zeitsouveränität des Arbeitnehmers mit VAZ in diesem Bereich weiter ein (z.B. kein Ausgleich am Freitag oder Montag), ohne dass eine betriebliche Notwendigkeit auf der Hand liegt. Auf der anderen Seite wird die Arbeitszeit nicht mehr erfasst und die Kontrolle, dass die Angestellten mit VAZ nicht übermässig arbeiten, vollständig an die Selbstverantwortung der Angestellten mit VAZ und an die Führungsverantwortung ihrer Linienvorgesetzten delegiert. Hier stellt die GPK-N ein Ungleichgewicht fest, das auch dem Begriff der Vertrauensarbeitszeit nicht gerecht wird.

Diese Kontrolle der Einhaltung, insbesondere der Höchstarbeitszeit, genügt in der Beurteilung der GPK-N nicht, um die entsprechenden Rechtsvorgaben einzuhalten, und vermag auch nicht dem Vergleich mit den entsprechenden Regelungen des Arbeitsgesetzes standzuhalten.

4135

­

Die Wahrnehmung der rechtlichen Vorgaben insbesondere bezüglich der durschnittlichen Höchstarbeitszeit durch das EPA und durch die Personalverantwortlichen der Departemente und der Bundeskanzlei ist uneinheitlich.

Die Rechtsansprüche, welche aus einer Überschreitung der durchschnittlichen Höchstarbeitszeit resultieren, scheinen nicht bekannt zu sein. Diese Feststellung ist umso besorgniserregender, als davon auszugehen ist, dass die unmittelbaren Vorgesetzten der Angestellten mit VAZ wohl die diesbezügliche Rechtslage auch nur zum Teil kennen, obwohl dies für die richtige Wahrnehmung ihrer Führungsaufgabe zwingend ist.

­

Die Rechtslage ist zumindest für die in der Bundesverwaltung anwendbaren Arbeitszeitbestimmungen sehr komplex. Wie die Anhörungen der GPK-N gezeigt haben, ist es sogar für die Fachspezialisten der Bundesverwaltung nicht einfach, die geltenden Regelungen zu erfassen. In der Regel sind die betroffenen Angestellten aber keine Arbeitsrechtsspezialisten. Die Angestellten ­ unabhängig davon, welches Arbeitszeitmodell sie wählen ­ müssen jedoch in die Lage versetzt werden, die Vorgaben zu verstehen und in der Folge einzuhalten.

Vor diesem Hintergrund erachtet es die GPK-N als wichtig, dass entweder die Rechtslage mittelfristig vereinfacht wird oder zumindest ausreichende Erläuterungen zu derselben erarbeitet werden, welche für die ganze betroffene Bundesverwaltung gelten. Von besonderer Bedeutung ist, dass die Angestellten, insbesondere diejenigen mit VAZ, über die geltende durchschnittliche Höchstarbeitszeit ausreichend informiert werden.

­

Angesichts der Vorgabe, dass die Bundesverwaltung eine vorbildliche Arbeitgeberin sein soll, kann es nicht angehen, das Bundespersonalrecht unausgewogen zugunsten der Arbeitgeberin an die privatrechtlichen Regelungen des Arbeitsverhältnisses anzugleichen und im Arbeitnehmendenschutz bezüglich Höchstarbeitszeit und Verwirkungsfristen20 ein tieferes Niveau als in der Privatwirtschaft aufrecht zu erhalten.

3.5

Empfehlungen und Massnahmen

Empfehlung 1: Ausgestaltung des Vertrauensarbeitszeitmodells als zeitgemässes Instrument der Personalpolitik Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, das aktuelle Konzept der Vertrauensarbeitszeit vor dem Hintergrund der Festsstellungen der GPK-N und des von ihr mandatierten Experten zu überarbeiten und in die Personalstrategie einzubetten.

Soweit sinnvoll, ist das Konzept und dessen Umsetzung (z.B. im Bereich des Ausgleichs) für die betroffene Bundesverwaltung zu vereinheitlichen. Dabei ist auch eine Anknüpfung der Vertrauensarbeitszeit an die Funktion statt an die Lohnklasse zu prüfen.

20

Z.B. Art. 31 VBPV.

4136

Empfehlung 2: Grundlage des Ressourcenmanagements des Bundes Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, der GPK-N darzulegen, wie er ohne die Kenngrösse der geleisteten Arbeitszeit ein adäquates Ressourcenmanagement betreiben kann, falls sich die Rahmenbedingungen eines Verwaltungsbereichs ändern und sich der Arbeitsaufwand wesentlich erhöht.

Empfehlung 3: Umfassende Information der Angestellten über Arbeitszeitbestimmungen Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, die Angestellten des Bundes über die geltenden Arbeitszeiten (Höchstarbeitszeit, Pausen usw.) umfassend zu informieren.

Empfehlung 4: Anpassung der Verwirkungsfristen an das Privatrecht/Stärkung der Verantwortung des Linienvorgesetzten betreffend Ausgleich allfälliger Mehrleistungen des Arbeitnehmenden Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, die Verwirkungsfristen an die Bestimmungen des OR anzugleichen und gleichzeitig Massnahmen zu treffen, damit die Linienvorgesetzten ihre Führungsverantwortung wahrnehmen, d.h. den betroffenen Arbeitnehmenden den Ausgleich von Mehrleistungen ermöglichen.

Empfehlung 5: Erarbeitung eines Kontrollkonzepts in Sachen Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, ein Kontrollkonzept zu erarbeiten, das die Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen im Bereich der Vertrauensarbeitszeit gewährleistet, ohne die Vorzüge des Vertrauensarbeitszeits-Modells aufzugeben.

Das EPA sollte eine stufengerechte Kontrollfunktion in diesem Bereich wahrnehmen.

Empfehlung 6: Sicherstellung der Finanzierung der Vertrauensarbeitszeit Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, die Finanzierung der Vertrauensarbeitszeit auch mittel- und langfristig sicherzustellen.

4137

Empfehlung 7: Arbeitsverträge der Personen mit Vertrauensarbeitszeit Die GPK-N lädt den Bundesrat ein, durch einen Arbeitsrechtsexperten prüfen zu lassen, wie die aktuellen Verträge der Personen mit Vertrauensarbeitszeit (sowohl im obligatorischen als auch im fakultativen Anwendungsbereich der Vertrauensarbeitszeit) angepasst werden müssen.

Die GPK-N wird im Übrigen in der laufenden Revision des Bundespersonalgesetzes eine Verankerung der Soll- und Höchstarbeitszeit auf Gesetzesstufe beantragen, um formell das Niveau des Arbeitnehmendenschutzes dem Privatrecht anzugleichen.21

4

Interessen der Kader des Bundes

Nachdem in der Vergangenheit schon verschiedene Sachverhalte zu Ungunsten des Kaders des Bundes festgestellt wurden (z.B. Lohnschere ab Lohnklasse 24 mit vergleichbaren Arbeitgebern und zu hohe Beiträge der Arbeitnehmenden an die Pensionskasse in gewissen Kaderkategorien) und diese dann teilweise auch korrigiert wurden, beschloss die GPK-N diesen Themenbereich im Rahmen der Nachkontrolle ebenfalls zu vertiefen.

Die zu diesem Bereich geführten Gespräche mit der Direktorin des EPA, den HR-Verantwortlichen aller Departemente und der Bundeskanzlei sowie mit einem Vertreter der Vereinigung der Kader des Bundes ergaben, dass die aktuelle Situation grundsätzlich zufriedenstellend ist und kein unmittelbarer Handlungsbedarf besteht, die Kaderinteressen verstärkt zu berücksichtigen.

Aus der Perspektive der GPK-N ist jedoch der gebührenden Berücksichtigung der Interessen des Kaders durch den Bundesrat wie durch das EPA auch in Zukunft besonderes Gewicht beizumessen. In diesem Sinne beurteilt die GPK-N den für das Jahr 2012 angekündigten Lohnvergleich zwischen den Löhnen in der Bundesverwaltung und Vergleichsorganisationen sowie die Bereitschaft der Direktorin des EPA, die Aufnahme von kaderspezifischen Fragen in die regelmässigen Personalumfragen zu prüfen, als positiv22. Moderne personalpolitische Massnahmen, wie etwa die Beteiligung des Arbeitgebers Bund an die familienexternen Betreuungskosten, sollten in der Praxis auch bei mittleren und höheren Kadern Anwendung finden und ihre Wirkung entfalten können.

5

Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

Die GPK-N hält fest, dass ihre Inspektion Wirkung gezeitigt hat und der Bundesrat seither wichtige Massnahmen wie die Verabschiedung der Bundespersonalstrategie getroffen hat. Die Wirkung der neuen Strategie kann noch nicht abschliessend beurteilt werden, da deren Umsetzung in gewissen Punkten erst in den Anfängen steht. Hier ist es wichtig, dass alle Umsetzungsakteure an ihrem bisherigen Willen zur Umsetzung der Strategie festhalten.

21 22

Vgl. dazu auch Ziffer 3.1.1.

Der letzte Lohnvergleich stammt aus dem Jahr 2005.

4138

Der Einsatz des VAZ-Modells in der Bundesverwaltung wird durch die GPK-N grundsätzlich begrüsst. Allerdings haben die Abklärungen der GPK-N ergeben, dass das Modell kritisch hinterfragt und verbessert werden muss.

Der Berücksichtigung der Interessen des Kaders ist auch in Zukunft durch den Bundesrat ausgewogen Rechnung zu tragen.

Die GPK-N ersucht den Bundesrat, bis spätestens 7. März 2012 zu ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen. Zudem bittet sie ihn, aufzuzeigen, wie und bis wann er die Empfehlungen der Kommission umzusetzen gedenkt.

25. November 2011

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission Die Präsidentin: Maria Roth-Bernasconi Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Die Präsidentin der Subkommission EFD/EVD: Brigitta M. Gadient Der stv. Sekretär: Christoph Albrecht

4139

Anhang 1

Gutachten zur Vertrauensarbeitszeit in der Bundesverwaltung zu Handen der GPK-N der Bundesversammlung Professor Thomas Geiser, 7. Juni 2011

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Anhang 2

Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung» Stellungnahme des EFD vom 9. November 2011

4160

Anhang 3

Stellungnahme zu den Einwänden des EFD zum Berichtsentwurf VAZ Professor Thomas Geiser, 12. November 2011 Prof. Dr. iur. Thomas Geiser Forschungsinstitut für Arbeit und Arbeitsrecht FAA-HSG Guisanstrasse 92 9010 St. Gallen

I.

Ausgangslage

Mit Mail vom 11. November 2011 haben Sie mich gebeten zu den Einwänden des EFD zum Berichtsentwurf der GPK-N Stellung zu nehmen.

1. Im Berichtsentwurf heisst es: «Vorbehältlich abweichender Regelungen in den personalrechtlichen Erlassen des Bundes sind die Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes gemäss Artikel 8 Rahmenverordnung Bundespersonalgesetz auf die Arbeitsverhältnisse beim Bund grundsätzlich anwendbar.

Aufgrund der vorhergehenden Feststellung ergeben sich Ansprüche der Angestellten auf Pausen, die über die Pausenregelung der Verordnung des EFD zur Bundespersonalverordnung hinausgehen.» 2. Das EFD schreibt dazu in seiner Stellungnahme: «Wir möchten Sie auf einen materiellen Fehler im Bericht im Zusammenhang mit den Untersuchungen zur Vertrauensarbeitszeit aufmerksam machen. In Ziffer 3.3.1 des Berichts steht, dass vorbehältlich Abweichungen in den personalrechtlichen Erlassen des Bundes die Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes gemäss Artikel 8 Rahmenverordnung BPG auf die Arbeitsverhältnisse grundsätzlich anwendbar seien. Für das Bundespersonal gelangen aber nur die Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes betreffend Höchstarbeitszeit zur Anwendung (vgl. Art.

8 Abs. 1 Rahmenverordnung BPG). Eine weitergehende Ausdehnung der Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes auf das Bundespersonal ist aufgrund von Artikel 2 Absatz 1 Arbeitsgesetz und einer fehlenden entsprechenden gesetzlichen Grundlage im Bundespersonalrecht zu verneinen.»

II.

Fragestellung

Es geht folglich um die Frage, welche Bedeutung dem Verweis in Artikel 8 Absatz 1 Rahmenverordnung BPG beigemessen wird.

4161

III.

Stellungnahme

Für die Antwort auf die gestellte Frage ist die Auslegung von Artikel 8 Absatz 1 Rahmenverordnung BPG massgeblich.

1. Wortlaut Bei der Auslegung ist vom Wortlaut der Bestimmung auszugehen.

Die Bestimmung lautet: Art. 8

Arbeitszeit und Ferien

(Art. 17 BPG) Die Höchstarbeitszeit richtet sich nach dem Arbeitszeitgesetz vom 8. Oktober 1971 beziehungsweise nach den Artikeln 9 ff. des Arbeitsgesetzes vom 13. März 1964 und den Artikeln 22 ff. der Verordnung 1 vom 10. Mai 2000 zum Arbeitsgesetz.

1

Der Mindestanspruch auf Ferien richtet sich nach den Artikeln 329 ff. des Obligationenrechts.

2

Der Wortlaut der Bestimmung präzisiert nur, dass die in den Artikel 9 ArG und folgenden enthaltenen Bestimmungen anwendbar sind. Er präzisiert aber nicht, bei welcher Bestimmung der Verweis endet. Eine Marginale «Höchstarbeitszeit» gibt es im Arbeitsgesetz nicht. Diesem Wortlaut am nächsten kommt der Randtitel von Artikel 9 ArG mit «Wöchentliche Höchstarbeitszeit». Dieser Randtitel zeigt allerdings auch, dass es offenbar weitere Bestimmungen geben muss, welche eine Höchstarbeitszeit regeln, die sich aber nicht auf die Woche bezieht.

2. Systematik Art. 9 ff. ArG stehen unter dem Haupttitel «III. Arbeits- und Ruhezeit», der in die Unterkapitel «1. Arbeitszeit» (Art. 9­14 ArG), «2. Ruhezeit» (Art. 15­22 ArG), «3.

Ununterbrochener Betrieb» (Art. 23 und 24 ArG) und «4. Weitere Vorschriften» (Art. 25­28 ArG) zerfällt.

Es liegt auf der Hand, dass nicht nur der erste Abschnitt mit der Bezeichnung Arbeitszeit diese regelt sondern ebenso die andern Teile, weil die Begriffe Arbeitszeit und Ruhezeit sich ergänzen. Etwas Drittes gibt es nicht, so dass alles was nicht zur Ruhezeit gehört, Arbeitszeit ist und umgekehrt. Die Begriffe umschreiben sich somit gegenseitig.

Auch die Systematik ergibt somit keine klare Antwort.

3. Teleologische Auslegung Es ist damit nach dem Zweck der Norm zu fragen. Da mir die Materialien zur Verordnung nicht zur Verfügung stehen, kann ich mich diesbezüglich nur darauf stützen, was nach dem gesamten Zusammenhang, in dem die Bestimmung steht, deren Sinn und Zweck sein muss.

Artikel 8 der Rahmenverordnung will offenbar die Arbeitsverhältnis bezogen auf die maximal zulässigen Arbeitszeiten an das private Arbeitsverhältnis angleichen. Dabei ist zu beachten, dass der Umfang der Arbeitszeiten nach verschiedenen Zeiteinheiten beschränkt werden kann: 4162

Es geht um die wöchentliche Höchstarbeitszeit. Schranken bestehen aber auch für das ganze Jahr und für den Tag.

Was innert eines Jahres an Arbeit maximal zulässig ist, ergibt sich ausdrücklich aus Artikel 12 ArG. Demgegenüber ist die Berechnung der täglich maximal zulässigen Arbeitszeit einiges komplexer. Hier müssen die Pausen einbezogen werden, weil diese die Möglichkeit, den in Artikel 10 ArG gesteckten Rahmen auszuschöpfen, einschränken. Sollen die Höchstarbeitszeiten gemäss ArG auch in der Verwaltung bezüglich der täglichen Arbeitszeit gelten, müssen somit auch die Bestimmungen des ArG über die Ruhezeit, namentlich die Pausenregelungen berücksichtigt werden.

Verkürzungen können sich zudem bei Nachtarbeit ergeben (vgl. Art. 17a ArG).

Sind aber Bestimmungen über die Pausen ohnehin zu berücksichtigen, weil sonst die maximal zulässigen Arbeitszeiten gar nicht berechnet werden können, sollten diese Bestimmungen wohl insgesamt zur Anwendung gelangen, sofern die Rahmenverordnung nicht ausdrücklich abweichende Regelungen aufstellt. Das gilt ebenfalls für die Lage der Arbeit. Die Bestimmungen über die Nacht und Sonntagsarbeit im ArG schränken nicht nur die tägliche sondern auch die wöchentliche Höchstarbeitszeit ausdrücklich ein. Eine Anwendung von Artikel 9 ArG ohne die Berücksichtigung entsprechender Bestimmungen lässt sich von daher nicht rechtfertigen.

IV.

Folgerung

Den Einwand des EFD kann ich nicht teilen. Zutreffend ist höchstens, dass innerhalb der sehr komplexen Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes mit Blick auf die Besonderheiten der Rahmenverordnung teilweise differenziert werden könnte.

Weil die Rahmenverordnung eigene Bestimmungen aufstellt, sind möglicherweise gewisse Bestimmungen, welche im Zusammenhang mit den Entschädigungen und den Berechnungen des Ausgleichs stehen, etwas anders anzuwenden als im privaten Arbeitsrecht.

Der Berichtsentwurf trägt allerdings m.E. dieser Rechtslage vollständig Rechnung.

Heisst es doch dass «die Arbeitszeitbestimmungen des Arbeitsgesetzes (...) grundsätzlich anwendbar» sind. Mit dem «grundsätzlich» wird zum Ausdruck gebracht, dass es sehr wohl Ausnahmen geben kann. Auch die Folgerung, dass es Ansprüche gibt, welche über die Pausenregelung der Verordnung des EFD hinausgehen, scheint mir vollständig zutreffend. Diese werden im Bericht ja nicht genau benannt. Es wird nicht behauptet, dass es sich zwingend um die gleichen Ansprüche wie in einem privaten Arbeitsverhältnis handeln wird.

Mit besten Grüssen Prof. Thomas Geiser

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