11.074 Botschaft zur Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Hongkong vom 23. November 2011

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens vom 4. Oktober 2011 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Besonderen Verwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. November 2011

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Micheline Calmy-Rey Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2011-1626

1

Übersicht Die Schweiz und Hongkong haben am 4. Oktober 2011 ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen unterzeichnet.

Das Abkommen folgt im Wesentlichen dem Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der diesbezüglichen schweizerischen Abkommenspraxis.

Das Abkommen wird insgesamt zur positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen. Die vereinbarten Bestimmungen sehen unter anderem Folgendes vor: Für Dividendenzahlungen an Gesellschaften, welche mindestens 10 Prozent an der Dividenden ausschüttenden Gesellschaft halten, sowie für Dividenden an Vorsorgeeinrichtungen und an die Notenbank wurde eine Quellensteuerbefreiung vereinbart. In den übrigen Fällen beträgt die Quellensteuer 10 Prozent.

Zinsen sind generell von der Quellenbesteuerung ausgenommen und für Lizenzgebühren ist das Besteuerungsrecht des Quellenstaats auf 3 Prozent begrenzt. Schweizerische Unternehmen ohne feste Geschäftseinrichtung in Hongkong werden nur unter gewissen Bedingungen und auch nur im Fall einer länger als 270 Tage dauernden Dienstleistungstätigkeit durch Hongkong besteuert werden können. Das Abkommen enthält eine Schiedsklausel sowie eine Bestimmung über den Informationsaustausch gemäss internationalem Standard.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss dieses Abkommens begrüsst.

2

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2

1 Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

4

2 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

4

3 Würdigung

7

4 Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

8

5 Finanzielle Auswirkungen

20

6 Verfassungsmässigkeit

20

Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Hongkong (Entwurf)

23

Abkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Besonderen Verwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen

25

3

Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz seit jeher den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung andererseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

Am 13. März 2009 hat der Bundesrat beschlossen, dass die Schweiz im Bereich des steuerlichen Informationsaustauschs den von der OECD entwickelten internationalen Standard übernimmt.

2

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Hongkong war bis 1997 eine britische Kronkolonie. Am 1. Juni 1997 übernahm die Volksrepublik China die Kontrolle über Hongkong. Seitdem ist Hongkong eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China («Hong Kong Special Administrative Region of the People's Republic of China»).

Hongkong liegt an der Südküste Chinas und ist ein sehr dicht besiedeltes Gebiet.

Auf einer Fläche von 1 092 Quadratkilometern leben rund 7 Millionen Menschen.

Das ist damit vergleichbar, wie wenn die ganze Bevölkerung der Schweiz im Kanton Uri wohnen würde.

Die Wirtschaft Hongkongs gehört zu den am weitesten entwickelten und reichsten Volkswirtschaften weltweit. Angesichts eines kleinen Binnenmarktes und einer nahezu vollständig nach Festlandchina abgewanderten Produktionsbasis ist Hongkong in hohem Mass vom Aussenhandel und damit verbundenen Dienstleistungen abhängig. Traditionell trägt Hongkong dieser Situation durch eine weitgehend offene Aussenwirtschaftspolitik und eine zurückhaltende Regulierung des Wirtschaftssystems Rechnung. Gleichzeitig spielt Hongkong eine wichtige Rolle als Brücke sowohl für die finanz- wie auch realwirtschaftlichen Ströme von und nach Festlandchina. Der hohe Grad der Rechtssicherheit, die geringe Steuerlast und die

4

erfolgreiche Bekämpfung von Korruption sind entscheidende positive Standortfaktoren.

Hongkong ist ein wichtiger Handels- und Wirtschaftspartner der Schweiz in Asien.

So hat die Schweiz im Jahr 2010 Exporte im Gesamtbetrag von rund 6,5 Milliarden Franken und Importe von rund 1,6 Milliarden Franken getätigt. Dabei machen Uhrmacherwaren, Edelsteine, Edelmetalle und Bijouterie einen Grossteil sowohl der Exporte als auch der Importe aus. Insgesamt wiesen die schweizerischen Direktinvestitionen in Hongkong per Ende 2009 einen Kapitalbestand zu Buchwerten von rund 4,5 Milliarden Franken aus. Schweizer Direktinvestitionen in Hongkong haben rund 22 000 Stellen geschaffen.

Die chinesische Regierung hat in Hongkong die grundlegenden Prinzipien «Ein Land, zwei Systeme», «Verwaltung Hongkongs durch Hongkonger» sowie «Weitgehende Autonomie» umgesetzt. Unter «Ein Land, zwei Systeme» ist gemeint, dass innerhalb des vereinten Chinas der Sonderverwaltungszone Hongkong das bestehende kapitalistische System während 50 Jahren ab dem Systemwechsel im Jahr 1997 garantiert wurde. Unter «Verwaltung Hongkongs durch Hongkonger» wird verstanden, dass die Hongkonger Hongkong selbstständig verwalten und die chinesische Zentralregierung keine Beamten und Beamtinnen in die Regierung der Sonderverwaltungszone schickt. «Weitgehende Autonomie» schliesslich bedeutet, dass die Sonderverwaltungszone Hongkong das Recht geniesst, selbstständig die Angelegenheiten der exekutiven und der legislativen Gewalt, der unabhängigen judikativen Gewalt und der endgültigen Urteilsgewalt zu regeln. Für die auswärtigen Angelegenheiten und die Verteidigung der Sonderverwaltungszone ist jedoch grundsätzlich die chinesische Zentralregierung verantwortlich.

Die Tatsache, dass Hongkong eine Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China und kein eigener Staat ist, bedeutet nicht, dass es Hongkong ipso facto verwehrt wäre, völkerrechtliche Verträge autonom einzugehen. Die gefestigte Völkerrechtspraxis billigt Gliedstaaten insoweit eine eigene Vertragsschlussfähigkeit zu, als diese durch den betreffenden übergeordneten Staat hierfür ermächtigt worden sind. Die Ermächtigung kann im Einzelfall erfolgen oder ist insbesondere auch dann gegeben, wenn sie eine Grundlage in der Verfassung oder in der Verfassungspraxis des übergeordneten Staates findet. Eine
solche Grundlage besteht zum Beispiel für die Schweizer Kantone in Artikel 56 der Bundesverfassung (BV; SR 101).

Im Bereich der internationalen Beziehungen weist das Grundgesetz («Basic Law») der Sonderverwaltungsregion Hongkong gewisse Kompetenzen der Regierung von Hongkong zu. So kann Hongkong Verträge im eigenen Namen mit ausländischen Staaten in den Bereichen Wirtschaft, Handel, Finanzen und Währungen eingehen.

Hongkong hat ein sogenanntes territoriales Steuersystem. Das bedeutet, es werden grundsätzlich nur die aus inländischen Quellen stammenden Einkünfte besteuert.

Das Steuersystem Hongkongs zeichnet sich ausserdem durch eine geringe Anzahl von Steuerarten und durch allgemein tiefe Steuersätze aus.

Keines der Doppelbesteuerungsabkommen der Volksrepublik China mit anderen Staaten schliesst dessen Anwendung auf die Sonderverwaltungszone Hongkong mit ein. So ist auch das Abkommen vom 6. Juli 1990 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Volksrepublik China zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.924.91) in Hongkong nicht anwendbar.

5

Bis vor Kurzem hatte Hongkong nur mit sehr wenigen ausländischen Staaten umfassende Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeschlossen ­ in Europa lediglich mit Belgien und mit Luxemburg. In den letzten Monaten hat sich die Anzahl solcher Abkommen stark erhöht. Dabei hat als Katalysator für diesen Prozess die Anpassung der Steuergesetze Hongkongs im März 2010 bezüglich Informationsaustausch gewirkt. Aufgrund dieser Anpassung ist die Regierung der Sonderverwaltungszone Hongkong ermächtigt, Informationen zu beschaffen und mit ausländischen Staaten auszutauschen, selbst wenn diese Informationen für die eigenen steuerlichen Zwecke von Hongkong nicht benötigt werden. Eine solche Bestimmung ist ein wichtiges Erfordernis, um jene Pflichten erfüllen zu können, die sich aus der Anwendung von Bestimmungen über den Informationsaustausch nach den Vorgaben des internationalen Standards ergeben. Damit hat sich die Bereitschaft ausländischer Staaten erhöht, mit Hongkong umfassende Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abzuschliessen.

Mit dem Entscheid des Bundesrates vom 13. März 2009, den Vorbehalt der Schweiz hinsichtlich des Informationsaustauschs nach dem OECD-Musterabkommens zurückzuziehen, hat die Schweiz die Möglichkeit, einen Artikel über den Informationsaustausch nach den Vorgaben des internationalen Standards zu vereinbaren, bereits früher geschaffen. Damit war der Weg frei zur Aufnahme von Verhandlungen mit Hongkong für ein umfassendes Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung mit einem Artikel über den Informationsaustausch nach den Vorgaben des internationalen Standards.

Die Verhandlungen fanden am 15. April 2010 nach zwei Verhandlungsrunden durch Paraphierung eines Abkommens sowie eines Protokolls zum Abkommen einen vorläufigen Abschluss. Nachdem sich die Kantone und die an Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Wirtschaftskreise positiv zum Doppelbesteuerungsabkommen geäussert hatten, wurde das Abkommen samt Protokoll am 6. Dezember 2010 in Hongkong unterzeichnet.

Das am 6. Dezember 2010 unterzeichnete Abkommen entspricht jedoch nicht dem hier unterbreiteten und am 4. Oktober 2011 unterzeichneten Abkommen. Vielmehr wurde mit den notwendigen Schritten zur Ratifizierung des Abkommens vom 6. Dezember 2010 erst gar nicht begonnen. Stattdessen haben die beiden Verhandlungsdelegationen
der Schweiz und Hongkongs beschlossen, das Abkommen vom 6. Dezember 2010 durch ein neues ­ das hier unterbreitete und am 4. Oktober 2011 unterzeichnete ­ Abkommen zu ersetzen. Das neue Abkommen stimmt grundsätzlich mit dem Abkommen vom 6. Dezember 2010 überein, sieht jedoch Änderungen in den Protokollbestimmungen zum Artikel über den Informationsaustausch vor.

Notwendig sind diese Änderungen aufgrund des Resultats der Überprüfung der schweizerischen Amtshilfe in Steuersachen durch das Global Forum über Transparenz und Informationsaustausch für Steuerzwecke (Global Forum) geworden. Zwar hat das Global Forum den Länderbericht über die Schweiz an seinem Treffen vom 31. Mai 2011 bis 1. Juni 2011 in Bermuda verabschiedet, und die Schweiz hat damit die erste Phase der Überprüfung der Amtshilfe bestanden. Der Bericht hält jedoch fest, dass die Schweiz nicht sämtliche notwendigen Kriterien vollständig erfüllt. So ist insbesondere dem Kriterium des wirksamen Informationsaustauschs noch nicht Genüge getan. Denn die von der Schweiz gestellten Anforderungen zur Identifizierung von betroffenen Steuerpflichtigen und Informationsinhabern (im Normalfall eine Bank) seien zu restriktiv. Solche zu restriktiven Anforderungen sind auch im Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong vom 6. Dezember 2010 enthalten.

6

Die Schweiz hat jedoch die notwendigen Massnahmen zur Erfüllung des Kriteriums des wirksamen Informationsaustauschs bereits eingeleitet. So hat der Bundesrat am 13. Februar 2011 ­ unmittelbar nachdem die ersten provisorischen Resultate der Überprüfung durch das Global Forum bekannt geworden sind ­ einen Entscheid getroffen. Demnach ist die Angabe von Name und Adresse der steuerpflichtigen Person und des Informationsinhabers künftig nicht mehr zwingend für die Behandlung von Amtshilfegesuchen ­ vorausgesetzt die Identifikation erfolgt durch andere Mittel und es handelt sich nicht um eine sogenannte «fishing expedition». Der Bundesratsbeschluss ist durch entsprechende Beschlüsse der Bundesversammlung in der Sommersession 2011 im Zusammenhang mit der Genehmigung von Doppelbesteuerungsabkommen mit zehn anderen Ländern bestätigt worden. Die Beschlüsse unterlagen dem fakultativen Referendum, dessen Frist am 6. Oktober 2011 abgelaufen ist.

Im Gegensatz zum Abkommen vom 6. Dezember 2010 trägt das Abkommen vom 4. Oktober 2011 dem Erfordernis des wirksamen Informationsaustauschs Rechnung.

Vollständigkeitshalber sei an dieser Stelle erwähnt, dass mit dem Abkommen vom 4. Oktober 2011 noch eine weitere, kleinere Anpassung erfolgt ist: Der Artikel über das Inkrafttreten des Abkommens sieht eine ­ im Gegensatz zu den anderen Bestimmungen ­ frühere Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Besteuerung von Unternehmen im Bereich der Seeschifffahrt und der Luftfahrt vor. Eine solche frühere Anwendbarkeit dieser Bestimmungen ist notwendig, damit keine zeitliche Lücke zwischen der Anwendbarkeit der Bestimmungen des bereits existierenden Abkommens über den Luftlinienverkehr und der entsprechenden Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Hongkong entsteht. Aus dem Abkommen vom 4. Oktober 2011 geht nun klar hervor, dass die frühere Anwendbarkeit dieser Bestimmungen nicht nur für die Besteuerung der laufenden Gewinne von Unternehmen aus dem Bereich der Seeschifffahrt und der Luftfahrt gilt, sondern auch für die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräusserung von beweglichem Vermögen solcher Unternehmen.

In einem Notenaustausch am Tag der Unterzeichnung des neuen Abkommens ist festgehalten, dass das Abkommen vom 4. Oktober 2011 das Abkommen vom 6. Dezember 2010 ersetzt und damit das Abkommen vom 6. Dezember 2010 gegenstandslos ist.

3

Würdigung

Das Abkommen mit Hongkong entspricht grösstenteils der aktuellen Schweizer Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung. Aufgrund der unterschiedlichen Ausgestaltung der beiden Steuersysteme Hongkongs und der Schweiz waren die Verhandlungspartner gefordert, für beide Seiten annehmbare Lösungen zu finden. Hongkong zum Beispiel erhebt eine Quellensteuer auf Lizenzgebühren, nicht aber auf Dividenden und Zinsen. In der Schweiz ist es gerade umgekehrt. Ausserdem sind die Anforderungen an die Begründung einer Betriebsstätte in Hongkong insgesamt niedriger als in der Schweiz. So kann beispielsweise die Ausübung vor Ort von Dienstleistungen auch ohne feste Geschäftseinrichtung in Hongkong zu einer Betriebsstätte führen.

Unter Berücksichtigung dieser teils gegensätzlichen Interessen zwischen der Schweiz und Hongkong enthält das Abkommen insgesamt ein gutes Resultat. So ist 7

die Quellensteuer auf Lizenzgebühren auf einen relativ tiefen Satz von 3 Prozent begrenzt, und nur die Ausübung vor Ort gewisser, weniger Dienstleistungen kann ohne feste Geschäftseinrichtung zu einer Betriebstätte führen. Mit der Aufnahme einer Schiedsklausel konnte ein weiteres Ziel der schweizerischen Abkommenspolitik im Bereich der Doppelbesteuerung erreicht werden. Die vereinbarte Besteuerung von Ruhegehältern in dem Land, aus welchem sie stammen, verhindert Fälle sogenannter doppelter Nichtbesteuerungen. Der Ausschluss von Trusts aus der Liste der ansässigen Personen und die Bestimmungen gegen Durchlaufgesellschaften verhindern die missbräuchliche Inanspruchnahme des Abkommens zwischen der Schweiz und Hongkong, ohne dabei die Ausübung effektiver wirtschaftlicher Tätigkeiten zu gefährden. Schliesslich erfüllt die Bestimmung über den Informationsaustausch die anzustrebenden Eckwerte des Bundesrates und schränkt den Informationsaustausch auf konkrete Anfragen ein. Die Anforderungen an Amtshilfegesuche entsprechen der am 13. Februar 2011 vom Bundesrat beschlossenen Anpassung an den internationalen Standard.

4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln des Abkommens

Das Abkommen folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht weitgehend dem OECD-Musterabkommen und der diesbezüglichen schweizerischen Praxis. Aus diesem Grund sind die Erläuterungen grundsätzlich auf jene Bestimmungen des Abkommens beschränkt, welche die wichtigsten Abweichungen gegenüber dem OECD-Musterabkommen und der schweizerischen Abkommenspraxis aufweisen.

Präambel Hongkong ist kein eigenständiger Staat. Hongkong ist jedoch aufgrund seines Grundgesetzes («Basic Law») ermächtigt, ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz und damit einen völkerrechtlichen Vertrag einzugehen. Im Abkommen werden Hongkong und die Schweiz als Vertragsparteien («Contracting Parties») oder Parteien («Parties») bezeichnet und nicht wie bei einem Doppelbesteuerungsabkommen zwischen zwei eigenständigen Staaten als Vertragsstaaten («Contracting States») oder Staaten («States»).

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Hongkong kennt keine Vermögenssteuern. Zwar wird in Hongkong eine «Property Tax» von Eigentümern und Eigentümerinnen von Liegenschaften erhoben. Die Bemessungsgrundlage dieser Steuer bilden aber die Einkünfte aus den Liegenschaften und nicht der Wert der Liegenschaften. Der Anwendungsbereich des Abkommens umfasst deshalb lediglich Steuern auf dem Einkommen.

Verzugszinsen und Bussen fallen nicht unter den Anwendungsbereich des Abkommens. Dies ist im Protokoll zum Abkommen festgehalten (Ziff. 1).

Die schweizerische Verrechnungssteuer auf Lotteriegewinnen wird gemäss der schweizerischen Abkommenspraxis vom Geltungsbereich des Abkommens ausgenommen (Abs. 6). Dasselbe gilt für allfällige Lotteriegewinne aus Hongkong.

8

Art. 4

Ansässige Person

Ansässigkeit in einem Vertragsstaat ist Voraussetzung, um in den Geltungsbereich eines Doppelbesteuerungsabkommens zu gelangen. Ausserdem spielt die Ansässigkeit bei der Anwendung der Zuteilungsregeln eine wichtige Rolle. Um als in einem Vertragsstaat ansässig zu gelten, muss nach dem OECD-Musterabkommen eine Person in einem Vertragsstaat aufgrund persönlicher Zugehörigkeitsmerkmale wie Wohnsitz, Aufenthalt oder Ort der Geschäftsleitung steuerpflichtig sein.

So enthält denn auch das Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong eine Bestimmung mit solchen Zugehörigkeitsmerkmalen (Abs. 1 Bst. b). Diese Bestimmung gilt jedoch nur in Bezug auf die Schweiz. Denn bedingt durch das territoriale Steuersystem von Hongkong begründen solche persönliche Zugehörigkeitsmerkmale allein keine Steuerpflicht in Hongkong. Damit eine Person in Hongkong dennoch für Zwecke des Abkommens in Hongkong ansässig sein kann, sieht das Abkommen verschiedene Ersatztatbestände vor (Abs. 1 Bst. a). Für eine natürliche Person liegen diese vor, wenn sie ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Hongkong hat (Unterabsatz i) oder wenn sie sich für eine gewisse Mindestdauer in Hongkong aufhält (Unterabsatz ii). Eine Gesellschaft oder jede andere Person gilt als in Hongkong ansässig, wenn sie in Hongkong bzw. nach dem Recht von Hongkong errichtet worden ist oder wenn ihre ordentliche Leitung und Verwaltung in Hongkong stattfinden (Unterabsätze iii und iv).

Gilt eine natürliche Person gemäss Absatz 1 als sowohl in Hongkong als auch in der Schweiz ansässig, so kommen die Kriterien von Absatz 2 zur Anwendung, um zu bestimmen, wo die Person für Zwecke des Abkommens ansässig ist. Eines dieser Kriterien ist im Fall von Hongkong das Wohnrecht («Right of Abode»). Das «Right of Abode» lässt sich mit einem Bürgerrecht vergleichen.

Trusts sowie natürliche Personen oder Gesellschaften, die als Treuhänder oder Treuhänderinnen für einen Trust tätig sind, können nicht als in einer Vertragspartei ansässige Person gelten. Dies ist im Protokoll zum Abkommen festgehalten (Ziff. 2).

Die Bestimmung wurde auf Wunsch der Schweiz eingeführt, um potenziellem Missbrauch des Abkommens diesbezüglich von Anfang an einen Riegel zu schieben.

Es soll damit verhindert werden, dass eine Person, die nicht in Hongkong ansässig ist, über einen Trust in Hongkong in der Schweiz investieren kann und so die Vorteile des Abkommens zwischen der Schweiz und Hongkong in Anspruch nehmen kann.

Art. 5

Betriebsstätte

Die Frage der Definition von Betriebsstätten ist in Doppelbesteuerungsabkommen von grosser Bedeutung. So darf ein Quellenstaat grundsätzlich Unternehmensgewinne nur dann besteuern, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin dort eine Betriebsstätte unterhält und die Unternehmensgewinne dieser Betriebsstätte zugerechnet werden können. Die Schweizer Abkommenspolitik folgt bei der Definition von Betriebsstätten dem OECD-Musterabkommen.

Hongkong hingegen stützt sich bei der Definition von Betriebsstätten nicht vollumfänglich auf das OECD-Musterabkommen; vielmehr werden gewisse Bestimmungen aus dem Musterabkommen der UNO berücksichtigt. Namentlich hat Hongkong den Vorschlag gemacht, in das Abkommen mit der Schweiz den Absatz 3 gemäss Mus-

9

terabkommen der UNO und nicht jenen gemäss OECD-Musterabkommen aufzunehmen.

Im Wesentlichen weist Absatz 3 des Musterabkommens der UNO gegenüber Absatz 3 des OECD-Musterabkommens die folgenden beiden Unterschiede auf: Erstens gilt bei Bauausführungen und Montagen eine Mindestdauer von sechs Monaten anstelle von zwölf Monaten. Zweitens enthält das Musterabkommen der UNO die sogenannte Dienstleistungsbetriebsstätte. Bei der Dienstleistungsbetriebsstätte ist keine feste Geschäftseinrichtung erforderlich; sie liegt vor, wenn Dienstleistungen vor Ort mehr als sechs Monate innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten andauern.

Rund zehn Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz enthalten in Artikel 5 einen Absatz 3 über die Dienstleistungsbetriebsstätte gemäss Musterabkommen der UNO.

Das wichtigste Argument aus Sicht der Schweiz gegen Dienstleistungsbetriebsstätten ist die fehlende Reziprozität. Denn das schweizerische innerstaatliche Steuerrecht setzt wie das OECD-Musterabkommen für das Vorhandensein einer Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung voraus. Das führt dazu, dass Gewinne von Unternehmen aus schweizerischen Dienstleistungsbetriebsstätten in der Schweiz nicht besteuert werden können, auch wenn das entsprechende Doppelbesteuerungsabkommen die Dienstleistungsbetriebsstätte umfasst. Eine Besteuerung in der Schweiz setzt voraus, dass eine entsprechende Besteuerungskompetenz auch im schweizerischen innerstaatlichen Steuerrecht vorhanden ist.

Die Schweiz hat deshalb den Vorschlag Hongkongs, Absatz 3 des Musterabkommens der UNO vollständig in das Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong zu übernehmen, abgelehnt und auf einem eingeschränkten Anwendungsbereich beharrt. So sieht das Abkommen schliesslich vor, dass nur die Ausübung vor Ort bestimmter Dienstleistungen zu einer Dienstleistungsbetriebsstätte führen kann. Bei diesen Dienstleistungen handelt es sich um solche, die im Zusammenhang mit einer Bauausführung, einer Montage oder einer damit zusammenhängenden Überwachungstätigkeit erbracht werden. Alle anderen Arten von Dienstleistungen können nicht zu einer Begründung einer Dienstleistungsbetriebsstätte führen. Ausserdem gilt für die Begründung einer Betriebsstätte nicht eine Mindestdauer von sechs Monaten, sondern eine solche von neun Monaten bzw. 270 Tagen, und zwar sowohl für Dienstleistungsbetriebsstätten als auch für Bauausführungen, Montagen und damit zusammenhängende Überwachungstätigkeiten.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Artikel 7 des Abkommens zwischen der Schweiz und Hongkong folgt dem OECDMusterabkommen (Stand 2008) und der bisherigen schweizerischen Abkommenspraxis.

Einzig in Bezug auf Absatz 4 gibt es eine Abweichung. So kennt Hongkong für die Ausscheidung von Gewinnen zwischen Hauptsitz und Betriebsstätten nebst der direkten Methode (mittels Betriebsstättenbuchhaltung) und der indirekten Methode (mittels Hilfsfaktoren) noch eine zusätzliche Ausscheidungsmethode. Bei dieser zusätzlichen Ausscheidungsmethode wird der steuerbare Gewinn einer Betriebsstätte in Hongkong ausschliesslich basierend auf Grössen der Betriebsstätte bestimmt, zum Beispiel basierend auf deren Umsatz, ohne dass der Gesamtgewinn des Unternehmens berücksichtigt wird. Es handelt sich um eine Ausscheidungsmethode, die in der Wirtschaft aufgrund ihrer einfachen Anwendung Unterstützung findet. Um diese 10

Ausscheidungsmethode auch weiterhin anwenden zu können, hat Hongkong verlangt, dass in Absatz 4 nicht nur die Gewinnaufteilungsmethode, sondern auch andere nach dem Recht der jeweiligen Partei bestimmte Ausscheidungsmethoden zugelassen werden sollen. Das in Hongkong steuerpflichtige Unternehmen kann die Ausscheidungsmethode nicht selber wählen, vielmehr wird diese durch die Veranlagungsbehörde bestimmt. Dabei kommt in erster Linie die direkte Ausscheidungsmethode zur Anwendung. Falls diese Methode nicht funktioniert, weil zum Beispiel keine zuverlässigen Daten vorhanden sind, wird die indirekte Ausscheidungsmethode angewendet. Erst wenn keine dieser beiden Methoden zu einem Resultat führt, wird die zusätzliche Ausscheidungsmethode angewendet.

Art. 8

Seeschifffahrt und Luftfahrt

Es besteht ein Abkommen vom 26. Januar 1988 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Hongkong über den Luftlinienverkehr (SR 0.748.127.194.16); Artikel 10bis dieses Abkommens enthält Bestimmungen über die Vermeidung der Doppelbesteuerung. Gemäss diesem Artikel können Gewinne eines Luftverkehrsunternehmens einer Vertragspartei aus dem Betrieb von Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr nur in dieser Vertragspartei besteuert werden.

Dieser Artikel sieht ausserdem vor, dass er keine Anwendung mehr findet, wenn ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in Bezug auf die Steuern vom Einkommen, das ähnliche Bestimmungen wie dieser Artikel enthält, in Kraft tritt.

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Schweiz und Hongkong zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet vom Einkommen sieht das gleiche Prinzip für die Zuteilung der Besteuerung von Gewinnen eines Unternehmens aus dem Betrieb von Luftfahrzeugen vor wie Artikel 10bis des Abkommens über den Luftlinienverkehr. Damit wird die Anwendbarkeit von Artikel 10bis des Abkommens über den Luftlinienverkehr im Zeitpunkt der Anwendbarkeit der Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens aufgehoben.

Art. 9

Verbundene Unternehmen

Im Einklang mit der diesbezüglichen schweizerischen Abkommenspolitik steht in Absatz 2 explizit, dass eine Partei nur dann eine Gegenberichtigung vornehmen muss, wenn sie mit der Gewinnaufrechnung und deren Höhe durch die andere Vertragspartei einverstanden ist. Absatz 3 sieht vor, dass ausser in Fällen von Betrug oder vorsätzlicher Unterlassung eine Gewinnaufrechnung nicht mehr möglich ist, wenn dazu die Frist gemäss internem Recht der Vertragspartei abgelaufen ist oder wenn mehr als sechs Jahre verflossen sind. Eine solche Frist von sechs Jahren hat die Schweiz auch in anderen Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart, beispielsweise in den Abkommen mit Finnland, Argentinien und Russland oder jüngst mit Kanada.

Allgemeine Bemerkungen zu den Art. 10 (Dividenden), 11 (Zinsen) und 12 (Lizenzgebühren) Hongkong erhebt gemäss internem Recht grundsätzlich keine Quellensteuern auf Dividenden und Zinsen, wohl aber auf Lizenzgebühren, auch wenn es sich bei der Quellensteuer auf Lizenzgebühren nicht um eine Quellensteuer im eigentlichen Sinn handelt. Vielmehr können nur 70 Prozent des Betrags der Lizenzgebühren bei der 11

Ermittlung des steuerbaren Gewinns in Hongkong abgezogen werden, und wenn es sich um Zahlungen an nahestehende Personen handelt, ist überhaupt kein Abzug möglich. Die Wirkung dieser Nichtabzugsfähigkeit von Lizenzgebühren kommt jedoch der Wirkung einer Quellensteuer im eigentlichen Sinn gleich. Bei einem Gewinnsteuersatz von 16,5 Prozent ergibt dies eine effektive Quellensteuerbelastung bei Lizenzgebühren an nahestehende Personen von 16,5 Prozent und von 4,95 Prozent in allen übrigen Fällen.

Die Kombination, einerseits keine Quellensteuern auf Dividenden und Zinsen zu erheben beziehungsweise Quellensteuern auf Lizenzgebühren auf besondere Art zu erheben und andererseits solche Einkünfte aus dem Ausland nicht zu besteuern ­ ganz dem territorialen Steuersystem verpflichtet ­, birgt die Gefahr, dass Vorteile aus dem Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong Personen zukommen, die nicht dazu berechtigt sind. Dies ist dann der Fall, wenn eine nicht in Hongkong ansässige Person über eine sogenannte Durchlaufgesellschaft in Hongkong in schweizerische Wertpapiere investiert und Entlastungen der schweizerischen Verrechnungssteuer auf Dividenden und Zinsen gestützt auf das Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong beansprucht und der Hauptzweck dieser Gestaltung darin besteht, Vorteile aus diesem Abkommen zu erlangen. Um solche Situationen verhindern zu können, sieht das Abkommen in den Artikeln 10, 11 und 12 je einen Absatz mit Bestimmungen vor, mit welchen die Anwendung dieser Artikel in solchen Situationen generell ausgeschlossen werden kann.

Bestimmungen dieser Art, die sich gegen Durchlaufgesellschaften richten, finden sich auch in einigen anderen Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz, zum Beispiel im Doppelbesteuerungsabkommen mit Grossbritannien. Es ist jedoch davon auszugehen, dass diesen Bestimmungen im Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong eine erhöhte Bedeutung zukommen wird. Denn es muss vermutet werden, dass die Versuchung grösser ist, eine Durchlaufgesellschaft in Hongkong zu errichten als zum Beispiel in Grossbritannien.

Die Bestimmungen gelten als Missbrauchsbestimmungen eines Doppelbesteuerungsabkommens und haben Vorrang vor den Bestimmungen des Bundesratsbeschlusses vom 14. Dezember 1962 betreffend Massnahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Doppelbesteuerungsabkommen des Bundes (SR 672.202). Somit ist dessen Artikel 2 Absatz 2 auf Einkünfte aus Hongkong nicht anwendbar.

Art. 10

Dividenden

Gemäss dem Abkommen darf eine Quellensteuer von höchstens 10 Prozent auf dem Bruttobetrag der Dividenden erhoben werden. Wenn jedoch eine Gesellschaft eine Beteiligung von mindestens 10 Prozent am Kapital der Dividenden ausschüttenden Gesellschaft hält, sind die Dividenden von der Quellensteuer befreit. Keine Quellensteuern sind ausserdem auf Dividenden an die Schweizerische Nationalbank und an die Zentralbank von Hongkong («the Hong Kong Monetary Authority») sowie an Vorsorgeeinrichtungen geschuldet. Der genaue Kreis der begünstigen Vorsorgeeinrichtungen ist im Protokoll zum Abkommen (Ziff. 6) festgelegt. In der Schweiz fallen darunter die Einrichtungen der Säulen 1, 2 und 3a.

12

Art. 11

Zinsen

Das Abkommen sieht vor, dass auf Zinsen keine Quellensteuer erhoben werden darf.

Art. 12

Lizenzgebühren

Hongkong war zwar nicht bereit, den Vorschlag der Schweiz für eine ausschliessliche Steuerbarkeit von Lizenzgebühren dort, wo der Empfänger oder die Empfängerin der Lizenzgebühren ansässig ist, anzunehmen. Es konnte aber schliesslich ein relativ tiefer Quellensteuersatz von 3 Prozent vereinbart werden. Hongkong hat bis anhin in keinem seiner Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung einen tieferen Satz als 3 Prozent akzeptiert. Die Begrenzung der Quellensteuer ist effektiver Art. Das bedeutet, dass der Satz von 3 Prozent zur Anwendung kommt, auch wenn in Hongkong keine Quellensteuer im eigentlichen Sinn erhoben wird und stattdessen eine Steuerschuld aus der Nichtabzugsfähigkeit von Lizenzgebühren entsteht. Ausserdem sieht das Abkommen vor, dass Leasinggebühren nicht unter den Begriff der Lizenzgebühren fallen. Die Besteuerungsrechte solcher Zahlungen werden, wie von der Schweiz gefordert, je nachdem gemäss Artikel 7 oder Artikel 14 bestimmt.

Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Das Abkommen sieht vor, dass Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen grundsätzlich nur in der Vertragspartei besteuert werden dürfen, in welcher die veräussernde Person ansässig ist.

Eine der Ausnahmen von diesem Besteuerungsprinzip gilt in Bezug auf Immobiliengesellschaften. Demnach können Gewinne aus dem Verkauf von Anteilen an Gesellschaften, deren Vermögen unmittelbar oder mittelbar zu über 50 Prozent aus unbeweglichem Vermögen besteht, das in der anderen Vertragspartei liegt, in dieser anderen Partei besteuert werden. Eine solche Besteuerung ist unter dem Begriff der Besteuerung des Gewinns aufgrund wirtschaftlicher Handänderung beim Verkauf von Immobiliengesellschaften bekannt. Eine solche Besteuerungsklausel ist auch schon in anderen schweizerischen Abkommen enthalten, zum Beispiel in den Abkommen mit Grossbritannien, mit Frankreich, mit den Niederlanden oder jüngst mit der Republik Korea. Wie das Abkommen mit den Niederlanden oder mit Korea sieht auch das Abkommen mit Hongkong Ausnahmen von dieser Besteuerungskompetenz vor. So soll bei börsenkotierten Gesellschaften, im Fall von Umstrukturierungen oder wenn das Vermögen der Gesellschaft zu mehr als 50 Prozent aus Betriebsliegenschaften besteht, das Besteuerungsrecht bei der Partei bleiben, in welcher die Person, die die Anteile an der Gesellschaft veräussert, ansässig ist.

Art. 14

Selbstständige Arbeit

Artikel 14 wurde im Jahr 2000 aus dem OECD-Musterabkommen gestrichen.

Begründet wurde dieser Schritt damit, dass die Zuteilungsnormen über die Gewinne von Unternehmen gemäss Artikel 7 auch für Einkünfte aus selbstständiger Arbeit gelten und damit ein separater Artikel überflüssig ist.

In der schweizerischen Abkommenspolitik kommt Artikel 14 jedoch weiterhin vor.

Denn er dient der Klarheit und der Systematik eines Doppelbesteuerungsabkommens. So ist Artikel 14 auch im Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong enthalten.

13

Im Unterschied zu Artikel 14 gemäss schweizerischer Abkommenspolitik, der ein Besteuerungsrecht dem Staat, wo die selbstständigen Arbeiten ausgeübt werden, nur dann zuweist, wenn dort eine feste Einrichtung zur Verfügung steht, sieht Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b gemäss Abkommen ein zusätzliches Besteuerungsrecht vor.

So hat die Vertragspartei, in der die Tätigkeiten ausgeübt werden, auch dann ein Besteuerungsrecht, wenn sich die Person im betreffenden Steuerjahr mehr als 183 Tage dort aufhält. Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b ist eine Konsequenz aus Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b des Abkommens (Dienstleistungsbetriebsstätte) und musste von der Schweiz akzeptiert werden. Denn Hongkong hat zu verstehen gegeben, dass ohne eine solche Bestimmung in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b Hongkong nicht bereit gewesen wäre, eine Einschränkung der Dienstleistungen für Zwecke der Dienstleistungsbetriebsstätte gemäss Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b zu akzeptieren.

Art. 15

Unselbstständige Arbeit

Die Aufteilung des Besteuerungsrechts bei unselbstständiger Arbeit entspricht Artikel 15 des OECD-Musterabkommens. Was die Frist von 183 Tagen gemäss Absatz 2 Buchstabe a für das Recht auf Besteuerung in der Partei, in der die Tätigkeit ausgeübt wird, anbelangt, so konnte die Schweiz ihren Vorbehalt gegenüber dem OECD-Musterabkommen aufrechterhalten: Die 183 Tage Aufenthalt in der Partei, in der die Tätigkeit ausgeübt wird, müssen somit innerhalb des gleichen Steuerjahres stattfinden und nicht innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten.

Art. 17

Künstler und Sportler

Der schweizerischen Abkommenspraxis entsprechend gilt der Grundsatz der Besteuerung in der Partei, in der der Künstler, die Künstlerin, der Sportler oder die Sportlerin die Tätigkeit ausübt, auch in Fällen, in denen das Entgelt nicht dieser Person, sondern einem unabhängigen Dritten zufliesst. Die Besteuerung in der Partei, in der die Tätigkeit ausgeübt wird, ist jedoch ausgeschlossen, wenn diese Tätigkeit ganz oder zu einem wesentlichen Teil mit öffentlichen Mitteln unterstützt wird.

Art. 18

Ruhegehälter

Bei der Besteuerung von Ruhegehältern sieht die schweizerische Abkommenspolitik grundsätzlich die Regelung gemäss OECD-Musterabkommen vor. Gemäss dieser Regelung dürfen Ruhegehälter, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbstständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat besteuert werden.

Wenn jedoch der Abkommenspartner der Schweiz solche Einkünfte gemäss seinem internen Recht nicht besteuert, weicht die Schweiz diesbezüglich vom OECDMusterabkommen ab und fordert, dass Ruhegehälter nur in dem Staat besteuert werden können, aus dem sie stammen.

Hongkong besteuert gemäss seinem internen Recht Ruhegehälter aus der Schweiz nicht. Folglich wurde vereinbart, dass Ruhegehälter nur in der Vertragspartei besteuert werden können, aus welcher sie stammen.

Dabei gelten als Ruhegehälter nicht nur periodische Zahlungen, sondern auch Kapitalleistungen. Dies ist im Protokoll zum Abkommen (Ziff. 7) festgehalten.

14

Artikel 18 ist jedoch nicht auf Zahlungen aufgrund der Sozialversicherungsgesetzgebung ausserhalb der beruflichen Vorsorge anwendbar, zum Beispiel auf Zahlungen der schweizerischen AHV oder IV. Solche Zahlungen fallen unter Artikel 21 (Andere Einkünfte).

Art. 20

Studenten

Auf Wunsch von Hongkong wurde vereinbart, dass Zahlungen an Studierende, nicht aber Zahlungen an Lernende in den Anwendungsbereich von Artikel 20 fallen.

Art. 21

Andere Einkünfte

In Einklang mit dem OECD-Musterabkommen und mit der schweizerischen Abkommenspolitik sieht das Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong vor, dass Einkünfte, für die es keine eigene Zuteilungsnorm gibt, grundsätzlich nur dort besteuert werden können, wo der Empfänger oder die Empfängerin dieser Einkünfte ansässig ist.

Absatz 2 enthält Bestimmungen, die gleich wie bei Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren die Verwendung von Durchlaufgesellschaften in Bezug auf die Einkünfte, die unter Artikel 21 fallen, verhindern sollen.

Art. 22

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Hongkong vermeidet gemäss Abkommen die Doppelbesteuerung mittels Anwendung der Anrechnungsmethode. Aufgrund des territorialen Steuersystems wird jedoch in Hongkong in vielen Fällen die Doppelbesteuerung bereits aufgrund interner Bestimmungen vermieden.

Die Schweiz wendet generell die Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt an und gewährt gegebenenfalls auf Dividenden und Lizenzgebühren die pauschale Steueranrechnung.

Art. 24

Verständigungsverfahren

Die Bestimmungen über das Verständigungsverfahren gemäss Abkommen stimmen mit jenen aus dem OECD-Musterabkommen überein. So enthält das Abkommen insbesondere auch eine Schiedsklausel. Im Unterschied zum OECD-Musterabkommen haben aber die zuständigen Behörden drei und nicht bloss zwei Jahre Zeit, um eine einvernehmliche Lösung zu finden, bevor das Schiedsgericht angerufen werden kann.

Art. 25

Informationsaustausch

Im Zuge der Globalisierung der Finanzmärkte und insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzkrise hat die internationale Zusammenarbeit an Bedeutung gewonnen. Die Schweiz unterstützt seit jeher die diesbezüglichen Bemühungen. Mit Entscheid vom 13. März 2009 hat der Bundesrat zudem beschlossen, den internationalen Standard bei der Amtshilfe in Steuersachen zu übernehmen. Gleichzeitig hat er die Wahrung des Verfahrensschutzes, die Begrenzung der Amtshilfe auf konkrete Anfragen, faire Übergangslösungen, die Beschränkung auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, das Subsidiaritätsprinzip sowie die Beseitigung allfälliger Dis15

kriminierungen zu den anzustrebenden Eckwerten des Übergangs auf den internationalen Standard erklärt. Diese Elemente werden nachfolgend kommentiert.

Hongkong wünschte einen Artikel zum Informationsaustausch, der in Einklang mit dem OECD-Musterabkommen steht und gleichzeitig die diesbezüglichen von Hongkong bestimmten Vorgaben berücksichtigt, wie Gewährung von Mitwirkungsrechten an den Steuerpflichtigen und Verbot der rückwirkenden Anwendung.

Die Bestimmung im Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong über-nimmt grösstenteils den Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens. Abweichungen betreffen die Beschränkung des Informationsaustauschs auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, den Ausschluss der Weitergabe erhaltener Informationen an Aufsichtsbehörden sowie die Ermächtigung der zuständigen Behörden der Schweiz zu Zwangsmassnahmen bei der Durchsetzung von Informationsbegehren gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtigten und Treuhändern sowie bei der Ermittlung von Beteiligungsverhältnissen an Personen. Die Abweichungen bei den Bestimmungen zum Informationsaustausch sind mit dem internationalen Standard vereinbar.

Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustausches fest. Auszutauschen sind jene Informationen, die für die Durchführung des Abkommens oder die Anwendung oder Durchsetzung des internen Rechts auf dem Gebiet der unter das Abkommen fallenden Steuern voraussichtlich erheblich sind. Durch die Beschränkung auf voraussichtlich erhebliche Informationen sollen sogenannte «fishing expeditions» verhindert werden. Zudem wird festgehalten, dass die ersuchende Vertragspartei gehalten ist, ihre eigenen Untersuchungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor sie die andere Partei um Informationen ersucht. Nicht erforderlich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass die steuerpflichtige Person in der Schweiz oder in Hongkong ansässig ist, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung in einer der Vertragsparteien besteht.

Absatz 2 umfasst Geheimhaltungsregeln. Diese Bestimmung erklärt die Geheimhaltungsregeln der Vertragspartei für anwendbar, die die Informationen erhalten hat.

Sie hält jedoch fest, dass die ausgetauschten Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung, Erhebung, Durchsetzung, Strafverfolgung oder Entscheidung
über Rechtsmittel hinsichtlich der vom Abkommen umfassten Steuern befasst sind. Die Informationen dürfen somit auch der steuerpflichtigen Person selbst oder der von ihr bevollmächtigten Person offenbart werden.

In vielen Abkommen der Schweiz, die einen Artikel über den Informationsaustausch gemäss OECD-Standard enthalten, ist in Absatz 2 eine Bestimmung enthalten, die die Möglichkeit der Verwendung von Informationen für andere, nicht steuerliche Zwecke vorsieht, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Die Schweiz hat Hongkong vorgeschlagen, eine solche Bestimmung in das Abkommen aufzunehmen. Hongkong hat dies jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass Hongkong den Austausch auf Informationen für Steuerzwecke begrenzen möchte.

Absatz 3 sieht zugunsten der ersuchten Vertragspartei gewisse Einschränkungen des umfassenden Informationsaustausches vor. Die ersuchte Partei ist weder gehalten, Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die über ihre eigenen Gesetze oder ihre eigene Verwaltungspraxis hinausgehen, noch muss sie Verwaltungsmassnahmen durchführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis der ersuchenden 16

Partei abweichen. Im Fall der Schweiz bedeutet dies insbesondere, dass das rechtliche Gehör der Betroffenen ebenso gewahrt bleibt wie die Möglichkeit, einen vorgesehenen Informationsaustausch gerichtlich überprüfen zu lassen. Die ersuchte Partei braucht ferner keine Auskünfte zu erteilen, die nach ihren Gesetzen oder ihrer Verwaltungspraxis oder nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis der ersuchenden Partei nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann die ersuchte Partei die Auskunft verweigern, wenn diese wirtschaftliche Geheimnisse betrifft oder die öffentliche Ordnung (Ordre public) verletzt. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die ersuchende Partei nicht die erforderlichen Massnahmen trifft, um zu gewährleisten, dass die ersuchten Informationen tatsächlich geheim gehalten werden.

Absatz 4 hält fest, dass die ersuchte Partei auch Auskünfte ermitteln und austauschen muss, die sie selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht auf Informationen, die auch den Steuerbehörden der ersuchten Partei von Nutzen sind.

Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen über Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten werden, sowie über Informationen betreffend Beteiligungsverhältnisse an Personen. Solche Informationen sind unabhängig von den Einschränkungen in Absatz 3 auszutauschen. So hat die ersuchte Partei die Auskünfte auch dann einzuholen und auszutauschen, wenn nach ihren Gesetzen oder ihrer Verwaltungspraxis die begehrten Informationen nicht erhältlich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern. Die Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ersuchten Informationen tatsächlich bestehen.

In Fällen von Steuerbetrug besitzt die Schweiz aufgrund des strafrechtlichen Verfahrens im innerstaatlichen Recht die notwendigen Mittel zur Durchsetzung der Herausgabe der Informationen nach Absatz 5. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss der Bestimmung im Abkommen keinen Steuerbetrug mehr voraus.

Damit die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen durch die Schweiz gewährleistet werden kann, gewährt der zweite Satz der Schweiz die notwendigen rechtlichen Grundlagen zur Durchsetzung des Informationsaustausches.

Das anwendbare
Verfahren wird vorerst durch die Verordnung vom 1. September 2010 über die Amtshilfe nach Doppelbesteuerungsabkommen (ADV; SR 672.204) geregelt. Diese trat am 1. Oktober 2010 in Kraft. Die Verordnung soll durch das Bundesgesetz über die internationale Amtshilfe in Steuersachen (StAG) ersetzt werden. Die Botschaft zum StAG wurde vom Bundesrat am 6. Juli 2011 verabschiedet (BBl 2011 6193).

Gemäss Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe c ADV wird die Schweiz Hongkong keine Amtshilfe leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht.

Dies wurde dem Delegationsleiter von Hongkong am Rande der Verhandlungen mitgeteilt und von diesem zur Kenntnis genommen.

Das Auskunftsersuchen ist schriftlich zu stellen (einfache Telefonanfragen sind somit ausgeschlossen), und zwar entsprechend den diesbezüglichen Vorschriften der OECD, insbesondere dem Modul 1 des Manuals der OECD zur Umsetzung des Informationsaustauschs in Steuersachen.

Die Bestimmungen von Artikel 25 werden in Ziffer 8 des Protokolls zum Abkommen weiter konkretisiert.

17

In Buchstabe a bestätigt Hongkong, dass die Behörden Hongkongs die Befugnis haben, die Offenlegung von Informationen gemäss Artikel 25 Absatz 5 durchzusetzen. Anders als die Schweiz mit dem letzten Satz von Artikel 25 Absatz 5 ist Hongkong nicht auf eine Bestimmung im Abkommen selber angewiesen, um eine rechtliche Grundlage für die erforderlichen Verfahrensbefugnisse zur Erlangung der ersuchten Informationen zu haben. Weiter hält das Protokoll den Grundsatz der Subsidiarität fest (Bst. b).

Das Protokoll regelt ausserdem die Anforderungen an ein Auskunftsersuchen (Bst. c). Diese dienen dazu, «fishing expeditions» zu vermeiden, sind aber nicht so auszulegen, dass sie einen wirksamen Informationsaustausch behindern (Bst d).

Auskunftsersuchen sind demnach in guten Treuen zu behandeln.

In Übereinstimmung mit dem internationalen Standard hat die ersuchende Partei die betroffene steuerpflichtige Person eindeutig zu identifizieren, wobei diese Identifikation auch auf andere Weise als durch Angabe des Namens und der Adresse erfolgen kann. Ferner ist in Amtshilfegesuchen, sofern vorhanden, der Name und die Adresse des mutmasslichen Informationsinhabers (z.B. einer Bank) anzugeben. Der internationale Standard verpflichtet die ersuchte Partei aber auch Gesuche zu beantworten, die den mutmasslichen Informationsinhaber nicht zu identifizieren vermögen. Weil sich ohne diese Angaben die Informationssuche schwierig gestalten kann, lässt der Standard es zu, solche Gesuche aus Gründen der Proportionalität (d.h. Verhältnismässigkeit) und Praktikabilität (Durchführbarkeit) abzuweisen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) als zuständige Verwaltungsbehörde ist deshalb nicht verpflichtet, zur Beantwortung eines Amtshilfegesuchs sämtliche der mehr als 300 in der Schweiz tätigen Banken anzufragen. Kommen hingegen beispielsweise nur ein paar wenige Banken als Informationsinhaber in Frage, so ist die ESTV auch ohne Angabe des Namens und der Adresse verpflichtet, diese anzufragen, sofern die Umstände im Gesuch schlüssig dargetan sind und damit eine «fishing expedition» ausgeschlossen werden kann. Zur Sicherstellung einer effizienten Durchführung des Informationsaustauschs muss ferner die ersuchende Partei darlegen, welche Informationen sie für welche Steuerperioden und zu welchen steuerlichen Zwecken benötigt.
Aufgrund der Anforderungen des internationalen Standards an Auskunftsersuchen ist der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen beschränkt. Nach dem heute geltenden Standard beschränkt sich der Informationsaustausch auf Anfragen im Einzelfall. International sind aber Bestrebungen im Gang, den Standard zu erweitern und konkrete Anfragen auch dann zuzulassen, wenn diese auf eine genau definierte Gruppe von Steuerpflichtigen abzielen, bei denen aufgrund zahlreicher Indizien davon ausgegangen werden muss, dass sie ihren Steuerpflichten im ersuchenden Staat nicht nachgekommen sind. Weitere Ausführungen zu dieser Thematik finden sich in Ziff. 1.2.1 der bundesrätlichen Botschaft zum StAG (BBl 2011 6193).

Zudem wird die Verpflichtung einer Vertragspartei zum spontanen oder automatischen Informationsaustausch ausdrücklich ausgeschlossen, ohne den Vertragsparteien jedoch die Möglichkeit eines automatischen oder spontanen Informationsaustausches zu nehmen, wenn ihr internes Recht dies vorsieht (Bst. e).

Buchstabe f hält die Garantie der Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen fest. In der Schweiz kann die betroffene steuerpflichtige Person die Schlussverfügung der ESTV zum Austausch von Informationen mittels Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht anfechten, das die Sache abschliessend beurteilt. Die Beschwerde hat Sus-

18

pensivwirkung. Wurde Beschwerde erhoben, so kann der Auskunftsaustausch daher erst erfolgen, wenn diese rechtskräftig abgelehnt wurde.

In Buchstabe g wird festgehalten, dass in Hongkong das «Board of Review» zu den Personen und Behörden zählt, denen gemäss Artikel 25 Absatz 2 Informationen offengelegt werden dürfen. Das «Board of Review» von Hongkong ist mit einer verwaltungsexternen Steuerrekurskommission vergleichbar.

Die Offenlegung von Informationen an eine dritte Rechtshoheit, also typischerweise an einen Drittstaat, wird ausdrücklich ausgeschlossen (Bst. h). Hongkong hat in seinem internen Gesetz über den Informationsaustausch eine solche Bestimmung, und Hongkong wollte sie auch in das Abkommen mit der Schweiz aufnehmen. Die Schweiz hatte nichts dagegen einzuwenden.

Schliesslich legt Buchstabe i fest, dass eine Vertragspartei nur um Informationen für Steuerperioden ersuchen darf, auf die das Abkommen Anwendung findet. Gemäss Artikel 28 (Inkrafttreten) des Abkommens finden die Bestimmungen zum Informationsaustausch für Steuerjahre Anwendung, die im Fall der Schweiz am oder nach dem 1. Januar und im Fall von Hongkong am oder nach dem 1. April des auf das Inkrafttreten des Abkommens folgenden Jahres beginnen. Durch Ziffer 8 Buchstabe i des Protokolls in Verbindung mit Artikel 28 des Abkommens wird gewährleistet, dass keine Rückwirkung in Bezug auf den Informationsaustausch stattfinden kann. Informationen über eine steuerpflichtige Person bzw. über deren Vermögensstand, die sich auf eine Zeit vor dem 1. Januar bzw. 1. April des auf das Inkrafttreten des Abkommens folgenden Jahres beziehen, dürfen nicht ausgetauscht werden.

Art. 27

Verschiedenes

Auf Ersuchen von Hongkong wurde mit Artikel 27 eine Bestimmung über das Verhältnis von Steuerumgehungsbestimmungen internen Rechts zu den Bestimmungen des Abkommens aufgenommen. So ist explizit festgehalten, dass durch das Abkommen die Anwendung von Steuerumgehungsbestimmungen internen Rechts nicht eingeschränkt wird.

Art. 28

Inkrafttreten

Das Abkommen zwischen der Schweiz und Hongkong tritt am Tag des Eingangs der späteren der beiden Notifikationen in Kraft, mit welchen die Beendigung der internen Genehmigungsverfahren mitgeteilt wird.

Hinsichtlich der Steuern von Hongkong werden die Bestimmungen auf Veranlagungsjahre angewendet, die am oder nach dem 1. April des auf das Inkrafttreten des Abkommens folgenden Kalenderjahres beginnen. In der Schweiz finden die Bestimmungen hinsichtlich der an der Quelle erhobenen Steuern auf Beträge Anwendung, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten des Abkommens folgenden Jahres gezahlt oder gutgeschrieben werden, und hinsichtlich der übrigen Steuern für Steuerjahre, die dann beginnen.

In Bezug auf die Artikel 8 (Seeschifffahrt und Luftfahrt) und 13 Absatz 3 (Gewinne aus der Veräusserung von Schiffen und Luftfahrzeugen) gilt eine abweichende Regelung. So finden diese Bestimmungen bereits vom Tag des Inkrafttretens des Abkommens an Anwendung. Dieser separate Termin wurde vereinbart, um in Bezug auf die Besteuerung von Luftfahrtunternehmen eine zeitliche Lücke zwischen der Anwendbarkeit der Bestimmungen des Abkommens über den Luftlinienverkehr und 19

des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Hongkong zu vermeiden.

Protokoll zum Abkommen Die wesentlichen Bestimmungen aus dem Protokoll zum Abkommen wurden im Rahmen der Kommentierung der betreffenden Artikel des Abkommens vorgestellt.

5

Finanzielle Auswirkungen

Mit dem Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens verzichten beide Vertragsparteien im Interesse der Vermeidung der Doppelbesteuerung auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer und durch die Anrechnung der Steuern, die in Hongkong auf Dividenden und Lizenzgebühren, gestützt auf die Artikel 10 und 12, erhoben werden dürfen. Diese Mindereinnahmen, die mangels geeigneter Statistiken nicht beziffert werden können, werden dank der durch das Abkommen bewirkten Verbesserung der Attraktivität des Standortes Schweiz teilweise ausgeglichen, was mittelfristig zu zusätzlichen Einnahmen bei den direkten Steuern führen dürfte.

Im vorliegenden Abkommen konnten mit Hongkong Lösungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung vereinbart werden, die für die Schweiz und für die schweizerische Wirtschaft im bilateralen Verhältnis eine günstige Grundlage abgeben und mögliche steuerliche Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Staaten beseitigen, die mit Hongkong ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben oder dies noch tun. Das Abkommen verstärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz, was sich wirtschaftlich und politisch positiv auswirken wird. Insgesamt trägt das Abkommen zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei, und es ist geeignet, die schweizerischen Direktinvestitionen in Hongkong zu stärken. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und dass sie ganz allgemein der Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit dienen, was ein Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik ist.

Die Kantone und die am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Wirtschaftskreise haben dieses Abkommen begrüsst.

6

Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das Abkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV; SR 101), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist.

Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung des Abkommens zuständig. Das Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 20

Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, stellte der Bundesrat in der Botschaft vom 19. September 2003 über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel (BBl 2003 6467) in Aussicht, dem Parlament künftig zu empfehlen, internationale Abkommen nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen, sofern sie im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten.

Die Bestimmung über den Informationsaustausch entsprechend dem internationalen Standard sowie die Schiedsklausel stellen zwei wichtige Neuerungen in der schweizerischen Abkommenspraxis in Steuersachen dar. Das Abkommen enthält somit wichtige Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Hongkong unterliegt daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum.

21

22