zu 09.462 Parlamentarische Initiative Liberalisierung der Öffnungszeiten von Tankstellenshops Bericht vom 10. Oktober 2011 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 11. Januar 2012

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 10. Oktober 20111 der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates betreffend die parlamentarische Initiative «Liberalisierung der Öffnungszeiten von Tankstellenshops» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

11. Januar 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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BBl 2011 8981

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Nationalrat Christian Lüscher reichte am 12. Juni 2009 die parlamentarische Initiative «Liberalisierung der Öffnungszeiten von Tankstellenshops» (09.462) ein. Im Arbeitsgesetz vom 13. März 19642 (ArG) soll verankert werden, dass Tankstellenshops auf Autobahnraststätten und an Hauptverkehrsstrassen rund um die Uhr und auch am Sonntag Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen dürfen, sofern sie ein Waren- und Dienstleistungsangebot führen, das in erster Linie auf die Bedürfnisse der Reisenden ausgerichtet ist.

Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N) beschloss an ihrer Sitzung vom 31. August 2010 mit 18 zu 8 Stimmen, der parlamentarischen Initiative Folge zu geben. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) stimmte dem Beschluss der WAK-N an ihrer Sitzung vom 11. November 2010 mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung zu.

Am 14. Februar 2011 verabschiedete die WAK-N den Vorentwurf der Gesetzesrevision und beauftragte das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) mit der Durchführung der Vernehmlassung. Am 10. Oktober 2011 hat die WAK-N Kenntnis von den Vernehmlassungsergebnissen genommen, ihren Entwurf ohne Änderungen mit 16 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung verabschiedet und den Bundesrat eingeladen, zur Vorlage, die in der Frühjahrssession 2012 im Nationalrat behandelt werden soll, Stellung zu nehmen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Aus Sicht des Bundesrates ist Nacht- und Sonntagsarbeit nur sehr restriktiv zuzulassen. Im vorliegenden Fall ist aber eine moderate Anpassung der arbeitsgesetzlichen Grundlagen angezeigt, weshalb er den unterbreiteten Gesetzesentwurf grundsätzlich unterstützt.

Heute gelten für Tankstellen und Gastronomiebetriebe einerseits und Tankstellenshops andererseits unterschiedliche arbeitsgesetzliche Vorschriften. Das führt in der Praxis zu Schwierigkeiten. Dass künftig das ganze Sortiment eines Tankstellenshops während der ganzen Nacht angeboten werden darf und keine Absperrung von Teilen des Sortiments mehr vorgenommen werden muss, stellt für die betroffenen Betriebe eine erhebliche administrative Erleichterung dar. Die Änderung des Arbeitsgesetzes ist auch im Sinne der Kundschaft, denn gerade bei Personen, die die ganze Nacht arbeiten, kann ein Bedürfnis nach den in den Tankstellenshops erhältlichen Artikeln auch zwischen 1 Uhr und 5 Uhr nachts vorhanden sein.

Da die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Tankstellen bedienen oder in Tankstellenbistros arbeiten, bereits heute ohnehin während der ganzen Nacht anwesend sind, muss nicht mit einer erheblichen Zunahme der Nachtarbeit gerechnet werden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass die durchgehende Nachtöffnung von Tankstellenshops und damit zusammenhängend die Beschäfti2

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gung von Arbeitnehmenden während der ganzen Nacht weiterhin nur dort möglich ist, wo dies die kantonale Ladenöffnungsgesetzgebung zulässt.

Das Ziel der parlamentarischen Initiative ist es, den Zeitraum zu verlängern, in dem Arbeitnehmende in Tankstellenshops in der Nacht beschäftigt werden können. Heute dürfen Tankstellenshops Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis 1 Uhr nachts beschäftigen, neu sollen sie es während der ganzen Nacht tun dürfen. An der Sortimentsbeschränkung hingegen ändert sich nichts: Das Sortiment muss weiterhin auf die Bedürfnisse der Reisenden abgestimmt sein. Die im Rahmen der Vernehmlassung geltend gemachten Vollzugsschwierigkeiten, insbesondere in Bezug auf die Abgrenzung des zulässigen Sortiments, sind näher zu prüfen und allenfalls im Rahmen der Ausführungsbestimmungen zu lösen.

Aus diesen Gründen unterstützt der Bundesrat die vorgeschlagene Gesetzesrevision.

Die einzige Ausnahme betrifft den Begriff «an Hauptverkehrsstrassen», der neu eingeführt werden soll. Die heute verwendete Formulierung in Artikel 26 Absatz 4 der Verordnung 2 vom 10. Mai 20003 zum Arbeitsgesetz (ArGV 2) lautet «an Hauptverkehrswegen mit starkem Reiseverkehr». Die Verwaltungs- und Gerichtspraxis hat konkretisiert, was darunter zu verstehen ist. Da es sich beim neu vorgeschlagenen Begriff «an Hauptverkehrsstrassen» um einen unbestimmten Begriff handelt, führt dieser im Vergleich zur aktuell verwendeten Formulierung zu neuen Unklarheiten und Abgrenzungsfragen. Der Vollzug wird erschwert, weil der Begriff «Hauptverkehrsstrassen» in der bisherigen Bundesgesetzgebung nicht verwendet wird. Dies wurde auch in zahlreichen Stellungnahmen im Rahmen der Vernehmlassung geltend gemacht. Deshalb beantragt der Bundesrat, die heute schon in der ArGV 2 in der deutschen Fassung verwendete Formulierung «Hauptverkehrswege mit starkem Reiseverkehr» beizubehalten.

Der Bundesrat beantragt zudem eine Angleichung der französischen Fassung und der italienischen Fassung von Artikel 27 Absatz 1quater ArG an die deutsche Fassung: Die heute in Artikel 26 ArGV 2 verwendeten Formulierungen «à forte fréquentation touristique» und «con traffico intenso», die den gemäss der heutigen Verwaltungsund Gerichtspraxis zentralen Begriff «Reiseverkehr» nicht beinhalten, sind zu ersetzen durch «fortement fréquentés par les voyageurs» beziehungsweise durch «con traffico intenso di viaggiatori».

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Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat beantragt folgenden Wortlaut für Artikel 27 Absatz 1quater ArG: Art. 27 Abs. 1quater 1quater Auf Autobahnraststätten und an Hauptverkehrswegen mit starkem Reiseverkehr dürfen in Tankstellenshops, deren Waren- und Dienstleistungsangebot in erster Linie auf die Bedürfnisse der Reisenden ausgerichtet ist, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch sonntags und in der Nacht beschäftigt werden.

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Art. 27 Abs. 1quater 1quater Les magasins des stations-service qui sont situés sur les aires des autoroutes ou le long d'axes de circulation importants fortement fréquentés par les voyageurs et dont les marchandises et les prestations répondent principalement aux besoins des voyageurs peuvent occuper des travailleurs le dimanche et la nuit.

Art. 27 Abs. 1quater Nei negozi situati nelle stazioni di servizio lungo le autostrade e le strade principali con traffico intenso di viaggiatori la cui offerta di prodotti e servizi risponde principalmente ai bisogni dei viaggiatori si possono impiegare lavoratori anche durante la notte e la domenica.

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