Kodex für das Personal der Bundesverwaltung zur Vermeidung von Interessenkonflikten und zum Umgang mit nicht öffentlich bekannten Informationen (Verhaltenskodex Bundesverwaltung) vom 15. August 2012

Der Schweizerische Bundesrat erlässt den folgenden Verhaltenskodex:

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Einleitung

Der gute Ruf des Bundes ist wesentlich vom Vertrauen abhängig, das ihm die Öffentlichkeit, Behörden und Kunden entgegenbringen. Dieses Vertrauen setzt voraus, dass die Angestellten sich jederzeit und überall integer und korrekt verhalten.

Der Verhaltenskodex Bundesverwaltung fasst die wichtigsten Grundsätze und Regeln zusammen, die den guten Ruf, die Glaubwürdigkeit und das Ansehen des Bundes erhalten und stärken sollen.

Er gilt für die Angestellten der zentralen Bundesverwaltung1 und beschreibt, welches Verhalten von ihnen erwartet wird, damit tatsächliche oder scheinbare Interessenkonflikte und der Missbrauch von nicht öffentlich bekannten Informationen vermieden werden.

Die Angestellten stellen sicher, dass sie mit den Regeln vertraut sind, die für sie und ihre Arbeit massgebend sind. Sie sind verpflichtet, bei den Vorgesetzten oder dem Personaldienst Rat zu suchen, wenn sie unsicher sind, ob ein Verhalten korrekt ist.

Der Verhaltenskodex Bundesverwaltung ersetzt weder arbeitsrechtliche und arbeitsvertragliche Bestimmungen nach dem Bundespersonalgesetz vom 24. März 20002 (BPG) und der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 20013 (BPV) noch Weisungen der Departemente und Verwaltungseinheiten. Diese gehen bei allfälligen Widersprüchen in jedem Fall vor.

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Art. 7 und 8 Abs. 1 Bst. a der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (SR 172.010.1).

SR 172.220.1 SR 172.220.111.3

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Verhaltenskodex Bundesverwaltung

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Grundsatz (Art. 20 BPG)

Die Angestellten verhalten sich in ihrer beruflichen Tätigkeit verantwortungsbewusst, integer und loyal. Sie achten auch im Privatleben darauf, den guten Ruf, das Ansehen und die Glaubwürdigkeit des Bundes nicht zu beeinträchtigen.

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Wahrung der Interessen des Bundes (Art. 20 und 23 BPG, Art. 91 und 94a BPV)

Die Angestellten wahren in ihrer beruflichen Tätigkeit die Interessen des Bundes.

Sie erfüllen ihre Aufgaben unabhängig von persönlichen Interessen. Sie vermeiden Konflikte zwischen ihren privaten Interessen und jenen des Bundes und unterlassen alles, was ihre Handlungsfähigkeit oder ihre Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte.

Sind Interessenkonflikte oder der Anschein solcher Konflikte nicht vermeidbar, so legen sie diese gegenüber ihren Vorgesetzten offen.

Die Angestellten melden den Vorgesetzten öffentliche Ämter und entgeltliche Nebenbeschäftigungen. Diese dürfen die Leistungsfähigkeit und die Unabhängigkeit der Angestellten sowie die Interessen des Bundes nicht beeinträchtigen. Unentgeltliche Nebenbeschäftigungen sind zu melden, wenn Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen werden können.

Sind die Angestellten in einer Sache befangen oder besteht der Anschein von Befangenheit (z. B. bei persönlichen Interessen, Verwandtschaft, Freund- oder Feindschaft, Abhängigkeitsverhältnissen), so treten sie in den Ausstand.

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Umgang mit nicht öffentlich bekannten Informationen (Art. 22 BPG, Art. 94 und 94c BPV)

Die Angestellten unterstehen dem Berufs-, dem Geschäfts- und dem Amtsgeheimnis. Sie geben Informationen über dienstliche Angelegenheiten, die nicht öffentlich bekannt sind, nur in dem Masse weiter, wie dies zur Erfüllung der dienstlichen Aufgaben erlaubt und erforderlich ist. Sie beachten dabei die Vorgaben der Informationsschutzverordnung vom 4. Juli 20074. Sie wahren die Verschwiegenheit auch nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses in der Bundesverwaltung.

Die Angestellten verwenden nicht öffentlich bekannte Informationen nie, um einen persönlichen Vorteil für sich oder andere zu erlangen (Eigengeschäfte), und geben gestützt auf diese Informationen keine Empfehlungen oder Hinweise ab. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Bekanntwerden nicht öffentlich bekannter Informationen den Wert von Effekten und Devisen in voraussehbarer Weise beeinflussen könnte.

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SR 510.411

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Verhaltenskodex Bundesverwaltung

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Geschenke und Einladungen (Art. 21 Abs. 3 BPG, Art. 93 und 93a BPV)

Die Angestellten dürfen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit keine Geschenke oder sonstigen Vorteile annehmen. Ausgenommen sind geringfügige und sozial übliche Vorteile. Geringfügig sind Naturalgeschenke mit einem Marktwert von höchstens 200 Franken.

Geschenke, die über geringfügige und sozial übliche Vorteile hinausgehen und aus Höflichkeit nicht abgelehnt werden können (z. B. im konsularischen oder diplomatischen Bereich), liefern die Angestellten der zuständigen Stelle ab.

Die Annahme von Vorteilen und Einladungen darf weder die Unabhängigkeit, Objektivität und Handlungsfreiheit bei der beruflichen Tätigkeit beeinträchtigen noch den Anschein der Käuflichkeit oder Befangenheit der Angestellten erwecken.

Einladungen ins Ausland müssen abgelehnt werden, ausser es liegt eine schriftliche Bewilligung der Vorgesetzten vor. Angestellte, die an Beschaffungs- oder Entscheidprozessen beteiligt sind (z. B. Vergabe-, Aufsichts-, Veranlagungs-, Subventionsentscheide oder Entscheide von vergleichbarer Tragweite), müssen selbst geringfügige und sozial übliche Vorteile sowie Einladungen ablehnen, sofern sie im Zusammenhang mit diesen Prozessen angeboten werden.

In Zweifelsfällen klären die Angestellten mit ihren Vorgesetzten ab, ob ein Vorteil oder eine Einladung angenommen werden darf.

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Strafrechtlich relevantes oder regelwidriges Verhalten (Art. 22a BPG)

Die Bundesverwaltung duldet strafrechtlich relevante (z. B. Bestechung oder Betrug) oder regelwidrige Verhaltensweisen (z. B. Verstoss gegen die Regeln der guten Verwaltungsführung) weder bei ihren Angestellten noch bei Dritten, mit denen sie in Beziehung steht.

Die Angestellten zeigen strafrechtlich relevante Verhaltensweisen der zuständigen Stelle an (den Vorgesetzten, der Eidgenössischen Finanzkontrolle oder den Strafverfolgungsbehörden). Die Meldung von Unregelmässigkeiten an die Eidgenössische Finanzkontrolle ist jederzeit möglich (Whistleblowing). Wer eine solche Anzeige oder Meldung erstattet, hat keine negativen Konsequenzen zu befürchten.

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Umsetzung des Verhaltenskodex Bundesverwaltung

Die Angestellten sind dafür verantwortlich, den Verhaltenskodex Bundesverwaltung einzuhalten.

Es gehört zu den Führungsaufgaben der Angestellten mit Vorgesetztenfunktion, den Verhaltenskodex Bundesverwaltung vorzuleben und gegenüber ihren Mitarbeitenden durchzusetzen.

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Verhaltenskodex Bundesverwaltung

Die Departemente und Verwaltungseinheiten können im Rahmen des BPG5 und der BPV6 ergänzende Weisungen erlassen und die Annahme von geringfügigen und sozial üblichen Vorteilen und von Einladungen sowie die Eigengeschäfte strenger regeln oder untersagen.

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Verstösse gegen Verhaltensgrundsätze

Verstösse gegen die Verhaltensgrundsätze können je nach Schwere Folgen haben.

Dies können arbeitsrechtliche Konsequenzen (z. B. Ermahnung, disziplinarrechtliche Massnahmen, Entlassung), aber auch vermögensrechtliche und strafrechtliche Folgen sein (z. B. Sanktionen aufgrund einer Amts- oder Geschäftsgeheimnisverletzung oder eines Verstosses gegen die Insiderstrafnorm).

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Information

Alle Angestellten der Bundesverwaltung erhalten ein Exemplar des Verhaltenskodex Bundesverwaltung.

Er wird intern wie extern auf geeignete Art bekanntgemacht.

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Inkrafttreten

Der Verhaltenskodex Bundesverwaltung tritt am 15. September 2012 in Kraft. Er ersetzt den Verhaltenskodex der allgemeinen Bundesverwaltung vom 19. April 20007.

15. August 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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SR 172.220.1 SR 172.220.111.3 BBl 2004 2233

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