12.047 Botschaft zur Genehmigung des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz zum Freizügigkeitsabkommen (Änderung von Anhang III des Abkommens, gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen) und zur Umsetzung des Beschlusses (Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen) vom 4. April 2012

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Bundesbeschluss ­

über die Genehmigung des Beschlusses Nr. 2/2011 vom 30. September 2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz zum Freizügigkeitsabkommen (Änderung von Anhang III des Abkommens, gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen)

­

sowie über die Umsetzung des Beschlusses (Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen).

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. April 2012

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Eveline Widmer-Schlumpf Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2008-3017

4401

Übersicht Im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen zwischen der Schweiz und der EU sind aufgrund von Weiterentwicklungen des EU-Rechts Anpassungen im Anhang III des Freizügigkeitsabkommens erforderlich. Mit einem neuen Bundesgesetz sollen zusätzlich eine Meldepflicht und ein Prüfverfahren eingeführt werden für Personen, die ihre Berufsqualifikationen im Ausland erworben haben und in der Schweiz eine Dienstleistung in einem reglementierten Beruf ausüben wollen. Dies dient dem Schutz der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit und sorgt im Interesse von Berufsleuten und Unternehmen in der Schweiz für einen gleichberechtigten Marktzugang in den reglementierten Berufen.

Das Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EU vom 21. Juni 1999 (FZA) regelt in Anhang III die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen. Aufgrund der Rechtsentwicklung innerhalb der EU bedarf es einer Anpassung von Anhang III FZA. In diesen Anhang wird neu die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen aufgenommen; sie ersetzt die bisherigen EU-Richtlinien, die bereits 2007 innerhalb der EU aufgehoben worden sind. Gleichzeitig wird in diesem Anhang die Liste der automatisch anerkannten Ausbildungsnachweise für die sektoralen Berufe aktualisiert. Zudem trägt der geänderte Anhang III FZA der Anerkennung von Berufsqualifikationen aus Bulgarien und Rumänien Rechnung.

Der Gemischte Ausschuss EU-Schweiz zum FZA hat mit Beschluss Nr. 2/2011 am 30. September 2011 der Anpassung von Anhang III FZA und dessen vorläufiger Anwendung, mit Ausnahme des Titels II (Dienstleistungsfreiheit) der Richtlinie 2005/36/EG, zugestimmt. Aufgrund der vorläufigen Anwendung von Anhang III FZA ist der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Beschlusses Nr. 2/2011 der Bundesversammlung binnen sechs Monaten ab Beginn der vorläufigen Anwendung (1. Nov. 2011) zur Genehmigung zu unterbreiten. In der Folge hat die Notifikation des Abschlusses der internen Verfahren zur Genehmigung und Umsetzung des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz durch die Schweiz innert zweier Jahre zu erfolgen; ansonsten wird er hinfällig.

Von den Anpassungen von Anhang III FZA, der erweiterten Dienstleistungsfreiheit und den neu eingeführten Melde- und Nachprüfungsverfahren in den EU/EFTAMitgliedstaaten werden Schweizer
Staatsangehörige und Unternehmen profitieren.

Im Interesse der Schweiz ist es zudem, dass mit der Anpassung von Anhang III FZA zwischen der Schweiz und den EU/EFTA-Staaten wieder dieselben Regeln gelten wie innerhalb der EU/EFTA.

Mit dem neuen Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Personen aus den EU/EFTA-Staaten, die reglementierte Berufe ausüben, soll innert der nächsten zwei Jahre das in Titel II (Dienstleistungsfreiheit) der Richtlinie 2005/36/EG vorgesehene Verfahren für Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer aus der EU und der EFTA, die eine Dienstleistung während höchstens 90 Arbeitstagen pro Jahr erbringen, in der Schweiz umgesetzt

4402

werden. Dieser Teil der Richtlinie 2005/36/EG bzw. des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses ist von der vorläufigen Anwendung ausgenommen. Anstelle des bisherigen Anerkennungsverfahrens unterstehen die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer neu bei reglementierten Berufen vor Erbringung der Dienstleistung einem Melde- und Nachprüfungsverfahren. Bei reglementierten Berufen mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit ist die Nachprüfung von Berufsqualifikationen innert verkürzter Fristen vorgesehen.

4403

Inhaltsverzeichnis Übersicht

4402

Verzeichnis der Abkürzungen

4406

1 Grundzüge der Vorlage 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Anerkennung von Berufsqualifikationen im Rahmen von Anhang III FZA 1.1.2 Funktionsweise von Anhang III FZA 1.1.3 Zuständigkeit von Bund und Kantonen beim Vollzug von Anhang III FZA 1.1.3.1 Reglementierte Berufe 1.1.3.2 Nachprüfung und Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen 1.1.4 Aktualisierung von Anhang III FZA 1.1.5 Statistik im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen 1.2 Verlauf der Verhandlungen, Ergebnis 1.3 Vernehmlassungsverfahren

4408 4408

2 Erläuterungen zum Beschluss Nr. 2/2011 vom 30. September 2011 des Gemischten Ausschusses EU­Schweiz zum FZA und zur Richtlinie 2005/36/EG 2.1 Beschluss des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz 2.1.1 Ausgangslage 2.1.2 Gegenstand 2.1.3 Auflistung von Ausbildungsnachweisen 2.1.4 Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien 2.2 Richtlinie 2005/36/EG 2.2.1 Konsolidierung 2.2.2 Verfahren für Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer im Rahmen der Umsetzung der Dienstleistungsfreiheit 3 Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen 3.1 Wenige reglementierte Berufe 3.2 Die Meldepflicht und Nachprüfung von Berufsqualifikationen im Einzelnen 3.3 Abgrenzung zur Meldung nach Artikel 6 des Bundesgesetzes über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 3.4 Erläuterungen der Gesetzesbestimmungen 3.4.1 Grundkonzept der Vorlage 3.4.2 Die Bestimmungen im Einzelnen

4404

4408 4409 4410 4410 4411 4411 4411 4412 4412

4413 4413 4413 4414 4415 4415 4416 4416 4416

4417 4417 4417

4418 4419 4419 4419

4 Auswirkungen der neuen Fassung von Anhang III FZA und des neuen Bundesgesetzes 4.1 Auswirkungen auf den Bund 4.1.1 Auswirkungen auf das Personal 4.1.2 Weitere Auswirkungen 4.2 Auswirkungen auf die Kantone 4.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

4426 4426 4426 4426 4426 4427

5 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

4427

6 Rechtliche Aspekte 6.1 Verfassungsmässigkeit 6.2 Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz 6.3 Erlassform 6.4 Ausgabenbremse 6.5 Vereinbarkeit mit dem Subventionsgesetz 6.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

4427 4427 4428 4429 4429 4429 4429

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz zum Freizügigkeitsabkommen (Änderung von Anhang III des Abkommens, gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen) und über die Umsetzung des Beschlusses (Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen) (Entwurf) 4431 Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit.

Beschluss Nr. 2/2011 vom 30. September 2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz, der mit Artikel 14 des Abkommens eingesetzt wurde, über die Änderung von Anhang III (gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen)

4437

4405

Verzeichnis der Abkürzungen ABl.

APK AS BBl BBG BBT BBV BFM BV EDA EDK EFTA EFTAKonvention EG ESTI ETH EU EVD EWG FH FZA

GDK IMI KdK MEBEKO MedBG ParlG PsyG Richtlinie 2005/36/EG RVOG 4406

Amtsblatt der Europäischen Union Aussenpolitische Kommissionen Amtliche Sammlung des Bundesrechts Bundesblatt Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Berufsbildung (Berufsbildungsgesetz, SR 412.10) Bundesamt für Berufsbildung und Technologie Verordnung vom 19. November 2003 über die Berufsbildung (Berufsbildungsverordnung, SR 412.101) Bundesamt für Migration Bundesverfassung (SR 101) Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren Europäische Freihandelsassoziation Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) (SR 632.31) Europäische Gemeinschaft Eidgenössisches Starkstrominspektorat Eidgenössische Technische Hochschule(n) Europäische Union Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Fachhochschule Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681) Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren EU-Binnenmarkt-Informationssystem Konferenz der Kantonsregierungen Medizinalberufekommission Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die universitären Medizinalberufe (Medizinalberufegesetz, SR 811.11) Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG, SR 171.10) Bundesgesetz vom 18. März 2011 über die Psychologieberufe (Psychologieberufegesetz, AS 2011 2529) Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22) Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom

SRK StGB VlG VwVG

21. März 1997 (SR 172.010) Schweizerisches Rotes Kreuz Strafgesetzbuch (SR 311.0) Bundesgesetz vom 18. März 2005 über das Vernehmlassungsverfahren (Vernehmlassungsgesetz, SR 172.061) Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, SR 172.021)

4407

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Anerkennung von Berufsqualifikationen im Rahmen von Anhang III FZA

Am 21. Juni 1999 hat die Schweiz das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA)1 unterzeichnet. Dieses wurde am 1. Juni 2002 in Kraft gesetzt, und damit wurde die Schweiz in das europäische System der Anerkennung von Berufsqualifikationen eingebunden (Anhang III FZA).

Die Anhänge im FZA sind wie folgt aufgebaut: Anhang I FZA

regelt Fragen im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht und der Niederlassung.

Anhang II FZA

regelt Fragen im Zusammenhang mit den Sozialversicherungen.

Anhang III FZA

regelt die Anerkennung von Berufsqualifikationen, wenn die Ausübung einer bestimmten beruflichen Tätigkeit in einem Aufnahmestaat reglementiert ist.

Anhang III FZA bildet zusammen mit den Anhängen I und II FZA ein Regelwerk, das die freie Wahl des Arbeits- und Wohnortes und namentlich die Freizügigkeit bei der Berufsausübung von Schweizer Staatsangehörigen in der EU und von EUBürgerinnen und -Bürgern in der Schweiz erleichtert.

Das FZA gilt sowohl für die Niederlassung als auch für die Dienstleistungserbringung. EU/EFTA-Angehörige mit Stellenantritt in der Schweiz, selbstständige Dienstleistungserbringerinnen und- erbringer aus den EU/EFTA-Mitgliedstaaten sowie entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich während dreier Monate pro Kalenderjahr (Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer während 90 Arbeitstagen) ohne ausländerrechtliche Bewilligung in der Schweiz aufhalten (Art. 5 Abs. 1 FZA und Art. 6 Abs. 2 Anhang I FZA). In Anhang III FZA hat die Unterscheidung zwischen Niederlassung und Dienstleistungserbringung bis anhin keine Rolle gespielt: Heute gelten die gleichen Regeln für die Anerkennung von Berufsqualifikationen, unabhängig davon, ob die Person sich dauerhaft niederlässt oder lediglich eine Dienstleistung erbringt. Dies ändert sich mit der Anpassung von Anhang III FZA beziehungsweise mit der Übernahme der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 20052 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, die unter anderem vorsieht, dass Dienstleistungen bis höchstens 90 Arbeitstage pro Jahr grundsätzlich ohne Anerkennung der Berufsqualifikationen erfolgen können.

1 2

SR 0.142.112.681 ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22, in der geltenden Fassung gemäss FZA und der revidierten EFTA-Konvention.

4408

1.1.2

Funktionsweise von Anhang III FZA

Aufgrund der EU-Richtlinien, die mit Inkrafttreten des FZA in den Anhang III übernommen wurden, sind Schweizer Staatsangehörige berechtigt, ihre Berufsqualifikationen in der EU für die Berufsausübung anerkennen zu lassen. Das gilt im Gegenzug auch für die EU-Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz.

Das Übereinkommen vom 4. Januar 19603 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA-Konvention) sieht die gleichen Rechte für Schweizer Staatsangehörige in der EFTA und für EFTA-Bürgerinnen und -Bürger in der Schweiz vor.

Das europäische System der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen schafft Voraussetzungen, reglementierte Berufe auch in einem anderen Staat auszuüben als in demjenigen, in dem die Person die Berufsqualifikationen erworben hat.

Ein reglementierter Beruf im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2005/36/EG ist eine berufliche Tätigkeit oder eine Gruppe beruflicher Tätigkeiten, deren Aufnahme oder Ausübung durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften an den Besitz bestimmter Berufsqualifikationen gebunden ist. Es handelt sich um Berufe, für deren Ausübung ein bestimmtes Diplom, ein Zeugnis oder ein Ausweis vorausgesetzt wird. Beispielsweise ist es nicht möglich, in der Schweiz ohne ein eidgenössisches oder nach dem Medizinalberufegesetz vom 23. Juni 20064 (MedBG) anerkanntes ausländisches Arztdiplom als Ärzin oder Arzt zu arbeiten. Für die Ausübung des Augenoptikerberufs ist heute in fast allen Kantonen das Diplom der höheren Fachprüfung als Augenoptikerin oder Augenoptiker oder der Abschluss des Bachelorstudienganges in Optometrie an der Fachhochschule Nordwestschweiz erforderlich.

Das in den Anhang III FZA übernommene europäische System der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen sieht drei Arten der Anerkennung vor:

3 4 5

­

Für sieben sektorale Berufe (Arzt/Ärztin, Apotheker/Apothekerin, Zahnarzt/ Zahnärztin, Tierarzt/Tierärztin, Pflegefachmann/Pflegefachfrau, Hebamme und Architekt/Architektin) erfolgt die Anerkennung automatisch. Für jeden Mitgliedstaat sind in einer Liste die anerkannten Ausbildungsnachweise dieser sieben sektoralen Berufe aufgeführt. Der Aufnahmestaat darf den Inhalt dieser in der EU harmonisierten Anforderungen an die Ausbildung in diesen Berufen nicht prüfen. Er bestätigt einzig, dass das entsprechende Diplom auf der Liste der automatisch anerkannten Ausbildungsnachweise aufgeführt ist.

­

Bei bestimmten Berufen in Handwerk, Handel und Industrie stützt sich die Anerkennung auf die Berufserfahrung5.

SR 0.632.31; Anhang K dieses Übereinkommens sieht die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen vor.

SR 811.11 Diesem System unterstehen in der Schweiz namentlich die Kaminfegerinnen und Kaminfeger und die Berufe aus dem Elektroinstallationsbereich. Kenntnisse der schweizerischen Installations- und Kontrollnormen können verlangt werden; für die Elektroinstallationen ist ausserdem eine formelle Bewilligung des Eidgenössisches Starkstrominspektorates (ESTI) erforderlich.

4409

­

Für alle übrigen reglementierten Berufe kommt das allgemeine System der Anerkennung zur Anwendung. Wenn sich die Ausbildung des Herkunftsund des Aufnahmestaates wesentlich unterscheiden, kann der Aufnahmestaat Ausgleichsmassnahmen verlangen.

1.1.3

Zuständigkeit von Bund und Kantonen beim Vollzug von Anhang III FZA

Die Schweiz hat beim Inkrafttreten des Anhangs III FZA im Jahre 2002 keine spezifischen Umsetzungsmassnahmen erlassen, da die Zuständigkeiten und die Aufgaben von Bund und Kantonen für die Umsetzung bereits auf Verfassungs- und Gesetzesstufe geregelt waren. An dieser Sach- und Rechtslage hat sich grundsätzlich nichts geändert.

Beim Vollzug des überarbeiteten Anhangs III FZA ergeben sich für Bund und Kantone je nach Beruf und Zuständigkeit für die Regelung der Ausbildung und die Reglementierung der Berufe unterschiedliche Verfahren. Dieser Sachverhalt erfordert hinsichtlich des neuen Melde- und Nachprüfungsverfahrens für Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer eine enge Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen.

1.1.3.1

Reglementierte Berufe

Anhang III FZA kommt bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen zur Anwendung, wenn die Ausübung eines Berufs in der Schweiz reglementiert ist.

Die Reglementierung eines Berufs fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Kantone. Der Bund hat gestützt auf Artikel 95 der Bundesverfassung6 (BV) und weitere verfassungsrechtliche Bestimmungen von der Kompetenz Gebrauch gemacht, die Ausübung von Berufen, namentlich bei den universitären Medizinalberufen7, den Fahrlehrerinnen und Fahrlehrern8 und den Bergführerinnen und Bergführern9, bundesrechtlich zu regeln.

Die Kantone bleiben, selbst wenn der Bund die Ausbildung regelt und die Berufsausübung reglementiert, in den meisten Fällen für die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung zuständig10. Sie sorgen dabei für die Einhaltung des Bundesrechts und prüfen unter anderem bei der Erteilung der Berufsausübung, ob die betreffenden Personen im Besitz der nach Bundesrecht erforderlichen Diplome und Ausweise sind.

6 7 8 9

10

SR 101 Vgl. MedBG; SR 811.11 Vgl. Art. 15 Abs. 3 des Strassenverkehrsgesetzes vom 19. Dezember 1958 (SR 741.01).

Vgl. Bundesgesetz vom 17. Dezember 2010 über das Bergführerwesen und Anbieten weiterer Risikoaktivitäten (BBl 2010 8971). Das Gesetz tritt voraussichtlich am 1. Januar 2013 in Kraft.

Zu den wenigen Ausnahmen gehören Elektroinstallationsbewilligungen. Diese Tätigkeit ist durch Bundesrecht geregelt (vgl. Niederspannungs-Installationsverordnung vom 7. Nov. 2001, NIV, SR 734.27), womit eine Bundesbehörde, das ESTI, für die Ausstellung von Installationsbewilligungen zuständig ist.

4410

1.1.3.2

Nachprüfung und Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen

Die Nachprüfung und Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen im Rahmen von Anhang III FZA ist Sache des Bundes, wenn der Bund die Ausbildung eines Berufs regelt. Dies gilt beispielsweise für die Medizinalberufe und die nichtuniversitären Gesundheitsberufe (Physio- und Ergotherapie, Pflege, Hebamme, Ernährungsberatung).

Die Nachprüfung und Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen fällt in die Zuständigkeit des kantonalen Rechts, wenn ­ wie im Falle der Lehrer und Lehrerinnen, der Logopäden und Logopädinnen, der Psychomotoriktherapeuten und -therapeutin oder der Osteopathen und Osteophatinnen ­ die Regelung der Ausbildung Sache der Kantone ist.

1.1.4

Aktualisierung von Anhang III FZA

Das FZA mit dem Anhang III wurde am 1. Juni 2002 in Kraft gesetzt. Der Anhang III FZA wurde erst einmal im Jahr 2004 geändert11. Dabei wurde das Architekturdiplom der Università della Svizzera italiana (USI) als Ausbildungsnachweis in den Anhang III FZA aufgenommen, um die automatische Anerkennung dieses Abschlusses in der EU/EFTA zu gewährleisten. Inzwischen machen neue Änderungen eine Aktualisierung des Anhangs III FZA nötig. Die aktuelle Änderung betrifft die Übernahme der Richtlinie 2005/36/EG, die in der EU im Jahr 2005 in Kraft getreten ist. Zudem ist die Liste der automatisch anerkannten Ausbildungsnachweise der oben erwähnten sektoralen Berufe aufzudatieren, und die Diplome aus Bulgarien und Rumänien sind zu anerkennen.

1.1.5

Statistik im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen

Es besteht keine gesamtschweizerische Statistik über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Schätzungsweise werden in der Schweiz jedes Jahr rund 6000 ausländische Diplome und Ausweise anerkannt.

Wie viele Schweizer Staatsangehörige die Anerkennung ihrer Berufsqualifikationen in einem EU/EFTA-Mitgliedstaat beantragen, wird statistisch ebenfalls nicht erfasst.

Angaben über die Anerkennung von Berufsqualifikationen beinhalten keine Aussagekraft über den Aufenthalt oder die Niederlassung einer Person bei der Erbringung der Dienstleistung.

11

Beschluss Nr. 1/2004 des Gemischten Ausschusses EG-Schweiz für Freizügigkeit vom 30. April 2004 zur Änderung des Anhangs III FZA (gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen) des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits (AS 2004 4203).

4411

Verschiedene Recherchen zeigen, dass die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen und von Schweizer Abschlüssen in der EU/EFTA gut funktioniert.

Diese Beurteilung lässt nicht ausser Acht, dass die Anerkennung manchmal aufwendig ist und sich Verzögerungen in Einzelfällen nicht vermeiden lassen.12

1.2

Verlauf der Verhandlungen, Ergebnis

Die Schweiz und die EU führten bereits im Jahr 2007 Gespräche über eine Revision von Anhang III FZA. Ziel war es, den betreffenden Anhang auf den neuesten Stand zu bringen und die Übernahme der Richtlinie 2005/36/EG vorzubereiten.

Die Verhandlungen waren schwierig, und eine Einigung konnte erst im Oktober 2010 erzielt werden. Dabei entschieden sich die Parteien für eine vorläufige Anwendung der technischen Anpassungen von Anhang III FZA. Die anderen Teile des Beschlusses treten erst am Tag nach der Notifikation des Abschlusses der internen Verfahren zur Umsetzung des Beschlusses Nr. 2/2011 durch die Schweiz in Kraft.

Der Schweiz wurde für die innerstaatliche Umsetzung des Beschlusses Nr. 2/2011 eine Frist von zwei Jahren eingeräumt. Dieser Zeitraum entspricht den üblichen Fristen für die Umsetzung bilateraler Abkommen EU-Schweiz. Sollte das Ratifikationsverfahren nicht innerhalb von zwei Jahren nach der Zustimmung zum Beschluss Nr. 2/2011 vom 30. September 2011 abgeschlossen sein, ist der Beschluss hinfällig.

1.3

Vernehmlassungsverfahren

Im Jahr 2006 fand eine Anhörung über die Übernahme der Richtlinie 2005/36/EG statt13. Angehört wurden die betroffenen und interessierten politischen und wirtschaftlichen Kreise und Verbände sowie die Kantone14. Den Vorbringen in den Stellungnahmen wurde grösstenteils Rechnung getragen; so konnten insbesondere die Anliegen der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) berücksichtigt werden.

Die Anhörung hat gezeigt, dass eine Aktualisierung des bestehenden Anerkennungssystems durch die Übernahme der Richtlinie 2005/36/EG von den Beteiligten unterstützt wird. Verlangt wurde aber, dass das neue Meldeverfahren, das die Richtlinie 2005/36/EG vorsieht, in der Schweiz umgesetzt wird. Dies erfordert die Schaffung einer formell-gesetzlichen Grundlage.

Das neue Verfahren soll namentlich die Nachprüfung von Berufsqualifikationen der Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit und Sicherheit ermöglichen und damit berechtigte Interessen von Konsumentinnen und Konsumenten in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit sowie 12

13 14

Vgl. Bericht des Integrationsbüros EDA/EVD «Umfrage zur Anwendung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU, Auswertender Bericht und Analyse der Problemfälle», Januar 2010.

www.admin.ch > Dokumentation > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2007 > Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Der Bericht zu den Ergebnissen der Anhörung steht auf der folgenden Internetseite zur Verfügung: www.admin.ch > Dokumentation > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2007 > Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement

4412

von Berufsleuten und Unternehmen im Hinblick auf den gleichberechtigten Marktzugang schützen. Die Kantone und einige Verbände forderten mit Nachdruck ein ausgebautes und funktionierendes Melde- und Nachprüfungsverfahren von Berufsqualifikationen. Zudem wurde in mehreren Stellungnahmen auf die Bedeutung von Sprachkenntnissen und von Kenntnissen des Schweizer Rechts hingewiesen. Der Gesetzesentwurf greift diese Anliegen auf und schafft Voraussetzungen für einen entsprechenden Vollzug.

Gemäss Artikel 2 des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200515 soll die Vernehmlassung Aufschluss über die sachliche Richtigkeit, die Vollzugstauglichkeit und die Akzeptanz eines Vorhabens des Bundes geben. Mit der 2006 durchgeführten Anhörung wurde dieses Ziel erreicht. An der Sach- und Rechtslage des Vorhabens hat sich nichts geändert, und eine Vernehmlassung zum vorliegenden Bundesbeschluss einschliesslich neuem Bundesgesetz war deshalb nicht erforderlich.

2

Erläuterungen zum Beschluss Nr. 2/2011 vom 30. September 2011 des Gemischten Ausschusses EU­Schweiz zum FZA und zur Richtlinie 2005/36/EG

2.1

Beschluss des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz

2.1.1

Ausgangslage

Seit 2007 haben die Schweiz und die EU über eine neue Fassung von Anhang III FZA verhandelt. Am 17. August 2011 hat der Bundesrat den Leiter der Schweizer Delegation im Gemischten Ausschuss EU-Schweiz ermächtigt, den Beschluss zur Änderung von Anhang III FZA zu unterzeichnen. Da dieser Beschluss eine vorläufige Anwendung des Beschlusses mit Ausnahme des Titels II der Richtlinie 2005/36/EG (Dienstleistungsfreiheit) vorsieht, wurden die Aussenpolitischen Kommissionen des Ständerates (APK-S) und des Nationalrates (APK-N) gemäss Artikel 152 Absatz 3bis des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200216 (ParlG) vorgängig konsultiert. Nach der Zustimmung der beiden APK wurde der Beschluss vom Gemischten Ausschuss am 30. September 2011 verabschiedet17.

Gemäss seinem Artikel 4 Absatz 2 gilt der Beschluss des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz vorläufig ab dem 1. November 2011 mit Ausnahme des Titels II18 der Richtlinie 2005/36/EG. Der Titel II wird am Tag nach der Notifikation des Abschlusses der internen Verfahren zur Genehmigung und zur Umsetzung des Beschlusses durch die Schweiz in Kraft treten (Art. 4 Abs. 1).

15 16 17

18

SR 172.061 SR 171.10 Beschluss Nr. 2/2011 vom 30. September 2011 des Gemischten Ausschusses EUSchweiz, der mit Artikel 14 des Abkommens eingesetzt wurde, über die Änderung von Anhang III (gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen); AS 2011 4859 Der Titel II der Richtlinie 2005/36/EG enthält neue Bestimmungen zur Erweiterung der Dienstleistungsfreiheit. Die Inkraftsetzung des Titels II der Richtlinie 2005/36/EG soll an die Notifikation des Beschlusses Nr 2/2011 und die Einführung eines Melde- und Nachprüfungsverfahrens im Rahmen des vorliegenden Gesetzesentwurfs gebunden werden.

4413

Der Bundesrat hat binnen sechs Monaten ab Beginn der vorläufigen Anwendung (1. Nov. 2011) den Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung und die Umsetzung des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz der Bundesversammlung zu unterbreiten.

Die Notifikation des Abschlusses der internen Verfahren zur Genehmigung und Umsetzung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses Nr. 2/2011 EU-Schweiz vom 30. September 2011 hat innert zweier Jahre zu erfolgen. Sollten die Genehmigung und die Umsetzung des erwähnten Beschlusses nicht innert zweier Jahre durch die Schweiz notifiziert werden, wird er hinfällig19. In diesem Fall würden die Schweizer Staatsangehörigen und Unternehmen nicht von der neuen Regelung in Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG profitieren und gegenüber den anderen Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in der EU benachteiligt. Dies würde auch bedeuten, dass Anhang III FZA wieder in der Fassung von 200420 zwischen der Schweiz und der EU anwendbar wäre und mithin auf Rechtstexte verweisen würde, die zwischenzeitlich in der EU aufgehoben wurden. Die Richtlinie 2005/36/EG wäre in der Schweiz ebenfalls nicht mehr anwendbar.

2.1.2

Gegenstand

Der Beschluss des Gemischten Ausschusses konsolidiert eine siebenjährige Entwicklung im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen:

19 20

21

1.

Seitens der Schweiz gibt es neue Ausbildungsnachweise, die in Anhang III FZA für die Anerkennung in der EU aufgenommen werden müssen (siehe Ziff. 2.1.3).

2.

Das Protokoll II, welches die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Bulgarien und Rumänien21 regelt, wurde in der Volksabstimmung vom 8. Februar 2009 angenommen. Dieser Entscheid verlangt ebenfalls eine technische Anpassung von Anhang III FZA (siehe Ziff. 2.1.4).

3.

Die EU hat ihr Recht weiterentwickelt. Seit 2007 ersetzt die Richtlinie 2005/36/EG fünfzehn EU-Richtlinien, die im Jahr 2002 in Anhang III FZA aufgeführt wurden (siehe Ziff. 2.2).

Art. 4 Abs. 3 des Beschlusses Nr. 2/2011 Beschluss Nr. 1/2004 des Gemischten Ausschusses EG-Schweiz für Freizügigkeit vom 30. April 2004 zur Änderung des Anhangs III (gegenseitige Anerkennung beruflicher Qualifikationen) des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits (AS 2004 4203).

Protokoll vom 27. Mai 2008 zum Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit im Hinblick auf die Aufnahme der Republik Bulgarien und Rumäniens als Vertragsparteien infolge ihres Beitritts zur Europäischen Union, SR 0.142.112.681.1.

4414

2.1.3

Auflistung von Ausbildungsnachweisen

Der neue Anhang III FZA aktualisiert die Liste der anerkannten Ausbildungsnachweise für die sektoralen Berufe. Auf Schweizer Seite werden folgende Ausbildungsnachweise neu in die Liste aufgenommen: ­

Bachelor of Science [Name der FH] in Pflege22;

­

Master of Arts [Name der FH] in Architektur und Master of Science [Name der ETH] in Architektur23;

­

Eidgenössischer Facharzttitel in Infektiologie24.

Diese Ausbildungsnachweise werden in der EU/EFTA automatisch anerkannt. Die Inhaberinnen und Inhaber dieser Ausbildungsnachweise können ihren Beruf ausüben, ohne dass der Aufnahmestaat Ausgleichsmassnahmen verlangen darf.

Der neue Anhang III FZA führt neu sieben eidgenössische Fachausweise und Diplome auf, die sich auf das Berufsbildungsgesetz vom 13. Dezember 200225 (BBG) und die einschlägigen vom Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) genehmigten Prüfungsordnungen26 abstützen. Mit der Ergänzung dieser Abschlüsse der höheren Berufsbildung sind die Berufsqualifikationen innerhalb der EU zur Ausübung dieser reglementierten Berufe anerkannt, selbst wenn ein Hochschulabschluss im Aufnahmestaat vorausgesetzt wird. Dies hindert den Aufnahmestaat nicht daran, im Falle eines wesentlichen Unterschieds zwischen der beruflichen Qualifikation dieser Abschlüsse und der im Aufnahmestaat geforderten Ausbildung von den Inhaberinnen und Inhabern dieser Abschlüsse Ausgleichsmassnahmen zu verlangen.

2.1.4

Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien

Im Protokoll II über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit auf Bulgarien und Rumänien27 haben die Schweiz und die EU vereinbart, Anhang III FZA durch einen Beschluss des Gemischten Ausschusses anzupassen, um die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen mit diesen beiden EU-Staaten zu regeln. Die aktualisierte Fassung von Anhang III FZA, auf den sich der Beschluss Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz bezieht, setzt den Auftrag von Artikel 4 des Protokolls um.

22 23 24 25 26

27

AS 2011 4873 AS 2011 4876 f. mit Erwähnung der anerkannten Abschlüsse an den FH und den ETH.

AS 2011 4871 SR 412.10 Es handelt sich um folgende Berufsabschlüsse der höheren Berufsbildung: HörgeräteAkustikerin/Hörgeräte-Akustiker mit eidg. Fachausweis, Bergführerin/Bergführer mit eidg. Fachausweis, Schneesportlehrerin/Schneesportlehrer mit eidg. Fachausweis, dipl.

Orthopädie-Schuhmachermeisterin/dipl. Orthopädie-Schuhmachermeister, dipl. Augenoptikerin/dipl. Augenoptiker, dipl. Orthopädistin/dipl. Orthopädist, dipl. Zahntechnikerin/dipl.Zahntechniker.

Art. 4 des Protokolls, SR 0.142.112.681.1; BBl 2008 2135, insb. S. 2195 ff.

4415

2.2

Richtlinie 2005/36/EG

2.2.1

Konsolidierung

Die Richtlinie 2005/36/EG28 konsolidiert das bereits bestehende System der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen. Die meisten der Richtlinien29 wurden dadurch aufgehoben. Die Regelungen in den einzelnen Richtlinien wurden zusammengefasst, ohne inhaltliche Änderungen vorzunehmen.

2.2.2

Verfahren für Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer im Rahmen der Umsetzung der Dienstleistungsfreiheit

Als wichtigste Neuerung sieht die Richtlinie 2005/36/EG grundsätzlich Dienstleistungsfreiheit für Personen vor, die vorübergehend und gelegentlich eine Dienstleistung (höchstens 90 Arbeitstage pro Jahr) in einem reglementierten Beruf in einem andern Mitgliedstaat erbringen, sich aber in diesem nicht dauerhaft niederlassen.

Nach Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG können die EU-Staaten ein Melde- und Nachprüfungsverfahren für reglementierte Berufe einführen. Führt ein Staat ein solches Verfahren nicht ein, dürfen die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer ohne Meldung tätig werden. Die Meldung kann für alle reglementierten Berufe verlangt werden. Nach Eingang der Meldung dürfen jedoch nur Berufsqualifikationen mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit nachgeprüft werden. Wenn in einem solchen Fall ein wesentlicher Unterschied zwischen den ausgewiesenen Berufsqualifkationen und der geforderten Ausbildung im Aufnahmestaat besteht, ist die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2005/36/EG vom Bestehen einer Eignungsprüfung abhängig. Diese gibt den Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern die Möglichkeit, nachzuweisen, dass sie die fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben. Die Auferlegung einer Eignungsprüfung ist nur für Berufe möglich, für die das allgemeine System der Anerkennung zur Anwendung kommt. Für die sektoralen Berufe erfolgt die Anerkennung automatisch, sodass keine Eignungsprüfung verlangt werden darf.

Dies gilt auch für die Personen, die die Erfordernisse der Anerkennung gestützt auf die Berufserfahrung erfüllen.

28 29

Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22.

Die folgenden Richtlinien werden durch die seit dem 20. Oktober 2007 geltende Richtlinie 2005/36/EG aufgehoben: Richtlinien 77/452/EWG, 77/453/EWG, 78/686/EWG, 78/687/EWG, 78/1026/EWG, 78/1027/EWG, 80/154/EWG, 80/155/EWG, 85/384/EWG, 85/432/EWG, 85/433/EWG, 89/48/EWG, 92/51/EWG, 93/16/EWG und 1999/42/EG. Die in den Anhang III ebenfalls übernommenen Richtlinien über die Anwälte (Richtlinien 77/249/EWG und 98/5/EG) bleiben weiterhin in Kraft.

4416

3

Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern in reglementierten Berufen

3.1

Wenige reglementierte Berufe

In der Schweiz gilt die Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Ein Hauptkriterium für die Wirtschaftsfreiheit ist der freie Zugang zum Beruf. Deshalb sind in der Schweiz nur Berufe reglementiert, wenn öffentliche Interessen entsprechende Anforderungen an die Ausbildung und die Berufsausübung rechtfertigen. Dies trifft häufig auf Gesundheitsberufe sowie Berufe im Bereich der öffentlichen Sicherheit zu. Hinzu kommen Berufe in den für die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft bedeutenden Berufsfeldern, die, ohne direkten Bezug zur öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit, ebenfalls reglementiert sind. Zu erwähnen sind an dieser Stelle die Berufe der Lehrerin/des Lehrers und der Wirtschaftsprüferin/des Wirtschaftsprüfers.

3.2

Die Meldepflicht und Nachprüfung von Berufsqualifikationen im Einzelnen

Ziel ist es, den Umfang der Unterstellung der in Bund und Kantonen reglementierten Berufe unter die Meldepflicht gemeinsam mit den Kantonen zu klären und eine entsprechende Liste der meldepflichtigen reglementierten Berufe zu erstellen. Dieses Vorgehen trägt zum einen den geltenden Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten von Bund und Kantonen für die Regelung der Ausbildung und der Berufsausübung bei den reglementierten Berufen Rechnung. Zum anderen kann namentlich bei Berufen mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit vermieden werden, dass Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer aus der EU/EFTA eine Dienstleistung ohne die in der Schweiz erforderlichen Berufsqualifikationen erbringen können.

Im Vergleich zur geltenden Regelung bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen gelten für die Nachprüfung von Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern im Bereich der öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit kürzere Fristen. Dauert das Anerkennungsverfahren von Berufsqualifikationen heute bis zu vier Monate, so sind die Behörden künftig verpflichtet, innerhalb von einem, in begründeten Fällen von höchstens zwei Monaten die entsprechenden Verfahren abzuschliessen. Können die Verfahren nicht innert vorgegebener Fristen abgeschlossen werden, sind die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer auch ohne entsprechende Mitteilung zur Aufnahme der Dienstleistung berechtigt.

Ziel ist es, dass die zuständige Behörde die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer innert der erwähnten kurzen Fristen über das Ergebnis des Melde- und Nachprüfungsverfahrens unterrichten. Die Mitteilung an die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer äussert sich dabei über den Gegenstand der Prüfung und den Rahmen der Dienstleistungserbringung und enthält eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung.

4417

Die in der Richtlinie 2005/36/EG festgelegten kurzen Fristen für die Unterrichtung der Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer über das Ergebnis der Prüfung des Melde- und Nachprüfungsverfahrens verlangen die Einrichtung eines koordinierten und straffen Verfahrens. Zu beachten ist, dass die Fristen ab Eingang der vollständigen Meldung und Begleitdokumente beim BBT zu laufen beginnen. Sind die Meldung und die Begleitdokumente nicht vollständig und muss den Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern eine Frist zur Nachreichung fehlender Dokumente oder Angaben angesetzt werden, so beginnen die Fristen der Richtlinie 2005/36/EG erst ab dem Zeitpunkt zu laufen, in dem die fehlenden oder unvollständigen Begleitdokumente beim BBT eingegangen sind.

Dieses Verfahren schafft ein Bedürfnis zur Vereinfachung der Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Behörden. Eine Möglichkeit besteht allenfalls in der Teilnahme der Schweiz am EU-Binnenmarkt-Informationssystem (IMI). Das IMI ist eine Online-Anwendung, die es nationalen, regionalen und lokalen Behörden ermöglicht, schnell und einfach mit Verwaltungen im Ausland zu kommunizieren. Es wird bereits von den Behörden in der EU sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen genutzt.

Ein Schema im Anhang zu dieser Botschaft illustriert Beispiele für den Ablauf des Melde- und Nachprüfungsverfahrens im Rahmen der bestehenden Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen.

3.3

Abgrenzung zur Meldung nach Artikel 6 des Bundesgesetzes über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Die Meldung nach Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG ist von der Meldung für die kurzzeitige Erwerbstätigkeit nach Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 199930 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu unterscheiden. Die Meldung ist eine flankierende Massnahme, die von der Schweiz einseitig eingeführt wurde. Sie entspricht den Vorschriften der Verordnung vom 21. Mai 200331 über die in die Schweiz entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und steht auch im Einklang mit den Bestimmungen des FZA (Anhang I Art. 2 Abs. 4 FZA).

Zwischen diesem bereits bestehenden Meldeverfahren und dem neuen Melde- und Nachprüfungsverfahren gestützt auf Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG sollen Synergien geschaffen werden. Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer, die das bestehende Meldeverfahren durchlaufen, sollen ans BBT verwiesen werden, wenn die Erbringung der Dienstleistung auch nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf meldepflichtig ist.

30 31

SR 823.20 SR 823.201

4418

3.4

Erläuterungen der Gesetzesbestimmungen

3.4.1

Grundkonzept der Vorlage

Der Gesetzesentwurf schafft die erforderliche Rechtsgrundlage für die Einführung des Melde- und Nachprüfungsverfahrens nach Massgabe von Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG in der Schweiz.

­

Ziel und Zweck dieses Gesetzes sind, dass sich Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer aus der EU/EFTA in der Schweiz vor Erbringung der Dienstleistung in einem reglementierten Beruf melden müssen und die Nachprüfung von Berufsqualifikationen in reglementierten Berufen mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit innert der kurzen in der Richtlinie 2005/36/EG vorgegebenen Fristen weiterhin in angemessener Weise sichergestellt ist.

­

Der Gesetzesentwurf soll die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen im Rahmen des Melde- und Nachprüfungsverfahrens koordinieren und sichern.

­

Das Verfahren der Nachprüfung von Berufsqualifikationen und die Mitteilung an die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer haben den bisherigen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten von Bund und Kantonen Rechnung zu tragen. Dies betrifft auch die materielle Prüfung wesentlicher Unterschiede zwischen der ausländischen Berufsqualifikation und der in der Schweiz geforderten Ausbildung sowie die Organisation einer erforderlichen Eignungsprüfung.

Die Einführung des in der Richtlinie 2005/36/EG vorgesehenen Melde- und Nachprüfungsverfahrens setzt eine einschlägige Rechtsgrundlage im schweizerischen Recht voraus. Die Meldung lässt sich nicht direkt auf die Richtlinie 2005/36/EG abstützen. Würde das Melde- und Nachprüfungsverfahren in der Schweiz nicht gesetzlich verankert, so könnten Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer aus der EU/EFTA nach dem Abschluss der internen Verfahren zur Genehmigung und Umsetzung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz ohne Meldung und ohne Nachprüfung von Berufsqualifikationen bei Berufen mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit den reglementierten Beruf gelegentlich oder vorübergehend, während höchstens 90 Arbeitstagen pro Kalenderjahr, ausüben.

3.4.2

Die Bestimmungen im Einzelnen

Titel Der Titel des Gesetzesentwurfs nimmt Bezug auf die Meldepflicht und die Nachprüfung der Berufsqualifikationen von Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern vor der Ausübung reglementierter Berufe und bildet damit den Regelungsinhalt des Gesetzesentwurfs ab.

4419

Ingress Der Ingress verweist auf Artikel 95 Absatz 1 BV und auf Anhang III FZA. Anhang III FZA und namentlich die Richtlinie 2005/36/EG als Teil von Anhang III FZA bilden Leitplanke und Grundlage des Gesetzesentwurfs.

Art. 1

Gegenstand und Geltungsbereich

Absatz 1 umschreibt den Gegenstand des Gesetzes, die Meldepflicht und die Nachprüfung von Berufsqualifikationen nach Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG.

Absatz 2 definiert den Geltungsbereich des Gesetzes. Die Bestimmungen gelten für Staatsangehörige der EU, die in der Schweiz einen meldepflichtigen reglementierten Beruf während höchstens 90 Arbeitstagen pro Kalenderjahr im Rahmen von Artikel 5 FZA ausüben. Für Staatsangehörige der EFTA gelten Artikel 20 Ziffer 2b und Artikel 3 der Anlage 1 zum Anhang K der EFTA-Konvention32.

Absatz 3 überträgt dem Bundesrat die Aufgabe, nach Anhörung der Kantone die Liste der meldepflichtigen reglementierten Berufe festzulegen. Diese Delegation erleichtert die Anpassung der Liste an die Entwicklung der eidgenössischen und der kantonalen Gesetzgebungen. Ziel ist es, die Liste in enger Zusammenarbeit und Absprache mit den Kantonen zu erstellen. Die Liste mit den meldepflichtigen reglementierten Berufe drängt sich auch aus Gründen der Rechtssicherheit und mit Blick auf die strafrechtlichen Sanktionen bei einer Verletzung von Meldevorschriften durch die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer auf.

Art. 2

Meldepflicht

Absatz 1 auferlegt den Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern die Pflicht, vor der ersten Erbringung der Dienstleistung die verlangte Meldung an das BBT zu richten. Das BBT stellt bereits heute den EU-Koordinator, sorgt für die einheitliche Anwendung der Richtlinie 2005/36/EG33 und ist auch Kontaktstelle für die gegenseitige Diplomanerkennung34 und für den Vollzug des Anhangs III FZA35.

Absatz 2 überträgt dem Bundesrat die Aufgabe, Form, Inhalt und Periodizität der Meldung nach Vorgabe von Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG festzulegen. Es ist vorgesehen, dass die Meldung alle Begleitdokumente nach Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 2005/36/EG enthalten muss: «a. ein Nachweis über die Staatsangehörigkeit des Dienstleisters;

32 33 34 35

b.

eine Bescheinigung darüber, dass der Dienstleister in einem Mitgliedstaat rechtmässig zur Ausübung der betreffenden Tätigkeiten niedergelassen ist und dass ihm die Ausübung dieser Tätigkeiten zum Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung nicht, auch nicht vorübergehend, untersagt ist;

c.

ein Berufsqualifikationsnachweis;

Übereinkommen vom 4. Januar 1960 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), SR 632.31.

Vgl. Art. 56 der Richtlinie 2005/36/EG.

Vgl. Art. 71 der Berufsbildungsverordnung vom 19. November 2003 (BBV) SR 412.101.

Vgl. Art. 57 der Richtlinie 2005/36/EG.

4420

d.

in den in Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie 2005/36/EG genannten Fällen ein Nachweis in beliebiger Form darüber, dass der Dienstleister die betreffende Tätigkeit während der vorhergehenden zehn Jahre mindestens zwei Jahre lang ausgeübt hat;

e.

im Fall von Berufen im Sicherheitssektor der Nachweis, dass keine Vorstrafen vorliegen, soweit der Mitgliedstaat diesen Nachweis von den eigenen Staatsangehörigen verlangt.»

Vorgesehen sind zudem ­ wie in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 2005/36/EG erwähnt ­ Informationen zu einem Versicherungsschutz oder einer anderen Art des individuellen oder kollektiven Schutzes in Bezug auf die Berufshaftpflicht. Die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer haben weiter anzugeben, in welchem Kanton sie die reglementierte Tätigkeit aufnehmen wollen.

Das BBT nimmt die Meldung und die dazugehörigen Begleitdokumente entgegen und prüft deren Vollständigkeit. Es handelt sich dabei um eine formale Prüfung der einzelnen von den Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern vorgelegten Dokumente. Nach den Artikeln 4 und 5 in Verbindung mit Artikel 13 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196836 (VwVG) braucht die Behörde auf das entsprechende Begehren nicht einzutreten, wenn die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern. Diese Voraussetzungen liegen namentlich vor, wenn Dokumente fehlen oder unvollständige Bescheinigungen zu den Berufsqualifikationen oder zur Berufsbefähigung im Herkunftsmitgliedstaat eingereicht wurden und diese Mängel nicht innert der angesetzten Nachfrist behoben werden.

Die Verständigung auf das BBT als einzige zuständige Stelle, an die die Meldung zu erfolgen hat, drängt sich zur Sicherstellung eines effizienten Verfahrensgangs für die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer und die für die Prüfung zuständigen Behörden in Bund und Kantonen auf. Ein Ansprechpartner sichert eingespielte Abläufe und eine einheitliche Praxis bei der formalen Prüfung der Vollständigkeit der Meldung und der Begleitdokumente. Dieses Verfahren soll sicherstellen, dass namentlich die zuständigen Behörden in Bund und Kantonen in kurzen Fristen über vollständige Dossiers für die Nachprüfung von Berufsqualifikationen bei den Berufen mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit verfügen.

Art. 3

Verfahren und Nachprüfung der Berufsqualifikationen bei reglementierten Berufen mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit

Diese Bestimmung regelt das Verfahren bei reglementierten Berufen mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit. Die Richtlinie 2005/36/EG sieht in diesen Fällen nach Artikel 7 Absatz 4 die Möglichkeit einer Nachprüfung von Berufsqualifikationen vor.

36

SR 172.021

4421

Nach Absatz 1 leitet das BBT die Meldung und die Begleitdokumente bei Vollständigkeit an die für die Anerkennung von Berufsqualifikationen zuständigen Stellen37 des Bundes oder der Kantone (einschliesslich interkantonaler Stellen) weiter. Diese Regelung trägt den bisherigen Zuständigkeiten in Bund und Kantonen bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen Rechnung. Für die Nachprüfung von Berufsqualifikationen ersetzt das Melde- und Nachprüfungsverfahren das bisherige Anerkennungsverfahren. Dies trifft auf Personen zu, die die Dienstleistung in der Schweiz, ohne sich dauerhaft niederzulassen, während einer maximalen Dauer von 90 Arbeitstagen in einem reglementierten Beruf mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit und Sicherheit erbringen.

Absatz 2 regelt die Nachprüfung von Berufsqualifikationen durch die zuständige Bundesbehörde. Geprüft wird, ob die Dienstleistungserbringerin oder der Dienstleistungserbringer über die entsprechenden Berufsqualifikationen für die Berufsausübung in der Schweiz verfügt. Ist eine kantonale Stelle für die Nachprüfung von Berufsqualifikationen zuständig, so ist das Verfahren Sache des kantonalen oder interkantonalen Rechts (siehe dazu Abs. 4). Des Weiteren hält der Absatz 2 fest, dass die zuständige Bundesbehörde die Meldung und die Begleitdokumente mit dem Nachweis der erforderlichen Berufsqualifikationen an die für die Erteilung der Berufsausübung zuständige Behörde weiterleitet. Damit werden die bisherigen Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen respektiert. Beispielsweise ist das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) im Auftrag des BBT bei den nicht-universitären Gesundheitsberufen (z.B. Pflege, Hebamme oder Physiotherapie) für die Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikationen zuständig; die Reglementierung der Berufe und die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung ist Sache der Kantone.

Diese Zuständigkeiten gelten sinngemäss auch für das Melde- und Nachprüfungsverfahren. Das SRK prüft die Berufsqualifikationen nach; der betroffene Kanton ist zuständig für die entsprechende Mitteilung an die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer. Fällt die Nachprüfung von Berufsqualifikationen und die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung ­ wie im Elektroinstallationsbereich38 ­ in die Zuständigkeit der gleichen Bundesbehörde, trifft diese für einen effizienten
Verfahrensgang die nötigen Vorkehren.

Absatz 3 sieht als Möglichkeit bei einem wesentlichen Unterschied der ausländischen Berufsqualifikationen und der in der Schweiz geforderten Ausbildung namentlich eine Eignungsprüfung vor. Diese gibt den Dienstleistungserbringerinnen und -erbringern nach Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie 2005/36/EG die Möglichkeit, nachzuweisen, dass sie die fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben haben.

Stellt die für die Nachprüfung von Berufsqualifikationen zuständige Stelle fest, dass eine Eignungsprüfung erforderlich ist, so muss sie binnen eines Monats diese Prüfung der Dienstleistungserbringerin oder dem Dienstleistungserbringer anbieten.

Nach Bestehen der Prüfung leitet sie gemäss Absatz 2 die Meldung mit dem Nachweis der erforderlichen Berufsqualifikationen an die für die Berufsausübung zuständige Behörde weiter. Bei Nichtbestehen muss eine Wiederholungsmöglichkeit vorhanden sein. In diesem Fall sieht die Richtlinie keine Frist vor.

37

38

Beispiele von zuständigen Stellen auf Bundesebene: Medizinalberufekommission (MEBEKO) für Ärzte/Ärztinnen; ESTI für die Elektroinstallateure; interkantonal: Schweizerische Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) für Osteopathen/Osteopathinnen; kantonal: Gesundheitsdepartement für die Akupunkteure.

siehe Fussnote 10.

4422

Absatz 4 bestätigt die geltende Zuständigkeitsregelung zwischen Bund und Kantonen. Ist der Kanton für die Regelung der Ausbildung der von ihm reglementierten Berufe zuständig, so ist es Sache des Kantons, das Verfahren der Nachprüfung von Berufsqualifikationen zu regeln und die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer über das Ergebnis zu unterrichten.

Art. 4

Verfahren bei reglementierten Berufen ohne Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit

Diese Bestimmung regelt das Verfahren bei Berufen ohne Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit. In der Schweiz sind nur wenige Berufe ausserhalb der Bereiche der öffentlichen Gesundheit oder Sicherheit reglementiert.

Absatz 1 Buchstabe a sieht vor, dass ­ soweit die Anerkennung von Berufsqualifikationen in die Zuständigkeit des Bundes fällt ­ das BBT nach der Prüfung der Vollständigkeit der Dokumente diese direkt an die für die Berufsausübung zuständige Behörde weiterleitet. Diese Behörde kann eine kantonale Stelle oder eine Bundesstelle sein.

Absatz 1 Buchstabe b regelt das Verfahren in den Fällen, in denen die Anerkennung der Berufsqualifikationen und die Erteilung der Berufsausübungsbewilligung für reglementierte Berufe in die Zuständigkeit der Kantone fällt. Den interkantonalen Organen und den Kantonen obliegt dabei die Prüfung der Meldung und der einschlägigen Begleitdokumente im Rahmen von Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie 2005/36/EG und die entsprechende Mitteilung an die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer. So ist es beispielsweise nach interkantonalem Recht Aufgabe der Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), die Bescheinigung der Unterrichtsberechtigung von Lehrpersonen im Herkunftsstaat zu prüfen.

Absatz 2 hält fest, dass das Verfahren nach Zustellung der Meldung und der Begleitdokumente durch das BBT Sache der Kantone bzw. des betroffenen Kantons ist. Zu beachten haben die Kantone die in der Richtlinie 2005/36/EG vorgegebenen Fristen.

Anderfalls ist die Person auch ohne entsprechende Mitteilung zur Erbringung der Dienstleistung berechtigt.

Art. 5

Beginn der Berufsausübung

Dieser Artikel stellt sicher, dass die in Bund und Kantonen zuständigen Behörden die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer über die Berufsausübung im Rahmen der Richtlinie 2005/36/EG unterrichten müssen.

Die kurzen Fristen der Richtlinie 2005/36/EG sind einzuhalten, da die Dienstleistungserbringerin oder der Dienstleistungserbringer nach deren Ablauf zur Berufsausübung berechtigt ist. Das BBT informiert die meldepflichtigen Personen mit der Eingangsbestätigung über den Fristenlauf. Darüber hinaus werden Informationen auf der Website des BBT aufgeschaltet und in Merkblättern erläutert.

Absatz 2 überträgt dem Bundesrat die Aufgabe, die Fristen festzulegen. Es wird direkt auf die Richtlinie 2005/36/EG verwiesen. Zu beachten ist die in der Richtlinie 2005/36/EG vorgegebene Frist von einem Monat nach Eingang der Meldung und der Begleitdokumente. In dieser Frist muss die zuständige Stelle der Dienstleistungserbringerin oder dem -erbringer die Entscheidung mitteilen. Im Falle reglementierter Berufe mit Auswirkung auf die öffentliche Gesundheit oder Sicherheit unterrichtet 4423

die zuständige Stelle in dieser Frist die Dienstleistungserbringerin oder den Dienstleistungserbringer über die Entscheidung, die beruflichen Qualifikationen nicht nachzuprüfen, bzw. über das Ergebnis dieser Nachprüfung. Treten Schwierigkeiten auf, die zu einer Verzögerung führen, so teilt die zuständige Stelle der Dienstleistungserbringerin oder dem Dienstleistungserbringer innerhalb eines Monats die Gründe der Verzögerung und den Zeitplan für eine Entscheidung mit. Die Entscheidung muss aber in jedem Fall vor Ablauf des zweiten Monats ab Eingang der vollständigen Unterlagen ergehen. Dabei muss ­ sofern ein wesentlicher Unterschied in der beruflichen Qualifikation festgestellt wird ­ für die Dienstleistungserbringerin oder den -erbringer innerhalb eines Monats nach der Entscheidung die Möglichkeit bestehen, den geforderten Nachweis, namentlich durch eine Eignungsprüfung, zu erbringen. Bei Nichteinhalten der vorgegebenen Fristen darf die Dienstleistung erbracht werden.

Art. 6

Führen der Ausbildungs- und Berufsbezeichnungen

Absatz 1 überträgt dem Bundesrat die Aufgabe, in Übereinstimmung mit den massgeblichen Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG Vorschriften über das Führen von Ausbildungs- und Berufsbezeichnungen zu erlassen.

Die Richtlinie 2005/36/EG enthält Bestimmungen zum Führen von Ausbildungsund Berufsbezeichnungen (siehe namentlich die Art. 7 Abs. 3, 52 und 54). Unter dem in der Richtlinie 2005/36/EG verwendeten Begriff «Ausbildungsbezeichnung» fallen in der Schweiz die für anerkannte Ausbildungsabschlüsse erteilten geschützten Titel. Die Richtlinie 2005/36/EG legt in Artikel 54 die Regeln für das Tragen der im Herkunftsstaat verliehenen Titel und Ausbildungsbezeichnungen fest. Die Berufsbezeichnung des Aufnahmestaates darf zudem geführt werden, sofern die Berufsqualifikationen im Sinne von Artikel 7 Absatz 3 (Titel III Kap. III) und 4 der Richtlinie 2005/36/EG nachgewiesen sind. Ist dies nicht der Fall, so muss die Berufsbezeichnung des Niederlassungs- oder Herkunftsmitgliedstaates geführt werden.

Der zweite Satz von Absatz 1 macht einen Vorbehalt zugunsten des kantonalen und interkantonalen Rechts. Dieser Vorbehalt trägt der Tatsache Rechnung, dass je nach der Regelungskompetenz das interkantonale Recht (siehe Art. 8 Abs. 3 der Interkantonalen Vereinbarung über die Anerkennung von Ausbildungsabschlüssen vom 18. Februar 1993) oder das kantonale Recht neben dem Bundesrecht einschlägige Bestimmungen zum Führen von Ausbildungs- und Berufsbezeichnungen enthalten.

Dabei müssen jedoch, wie Absatz 2 festhält, die kantonalen und interkantonalen Vorschriften in diesem Bereich (wie auch die bundesrechtlichen) mit den Vorgaben der RL 2005/36/EG kompatibel sein.

Strafbestimmungen gegen die Anmassung des Führens von Ausbildungs- und Berufsbezeichnungen sind nicht aufzunehmen, da entsprechende Verstösse durch das geltende kantonale und interkantonale Recht sowie einschlägige Bestimmungen des Bundesrechts bereits ausreichend sanktioniert werden39.

39

Siehe Art. 63 BBG, Art. 58 MedBG, Art. 38 des ETH-Gesetzes vom 4. Oktober 1991 (SR 414.110), Art. 22 des Fachhochschulgesetzes vom 6. Oktober 1995 (SR 414.71), die Art. 3 Bst. b und 23 des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1986 gegen den unlauteren Wettbewerb (SR 241) sowie die Art. 146 und 151 StGB (SR 311.0).

4424

Art. 7

Strafbestimmungen

Mit Busse wird die fahrlässige und die vorsätzliche Widerhandlung gegen Meldepflichten nach diesem Gesetzesentwurf bestraft. Die Bestimmung ist als Übertretungstatbestand im Sinne von Artikel 103 des Strafgesetzbuchs40 (StGB) ausgestaltet.

Gemäss Absatz 1 Buchstabe a werden die Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer bestraft, wenn sie ihren reglementierten meldepflichtigen Beruf entweder ohne Erhalt der entsprechende Mitteilung durch die zuständige Behörde oder vor Ablauf der in der Richtlinie 2005/36/EG festgelegten Fristen ausüben.

Gemäss Absatz 1 Buchstabe b wird bestraft, wer gegen eine vom Bundesrat bestimmte Meldepflicht verstösst. In den Ausführungsbestimmungen gemäss Artikel 2 Absatz 2 ist zu regeln, dass das Unterlassen der Meldung vor Erbringung der Dienstleistung, die Verstösse gegen die jährlich verlangte Erneuerung der Meldung und die Verstösse gegen die Meldung einer wesentlichen Änderung gegenüber der in den Begleitdokumenten bescheinigten Situation sanktionniert werden.

Auf die Festsetzung eines Höchstbetrags wird im Gesetzesentwurf verzichtet. Damit gilt der in Artikel 106 Absatz 1 StGB festgelegte Bussenrahmen bis zu einem Höchstbetrag von 10 000 Franken. Dieser belässt den zuständigen Strafbehörden den erforderlichen Spielraum, eine der Schwere der Übertretung angemessene Busse festzulegen.

Artikel 7 Absatz 2 überträgt die Verfolgung der Gesetzesverstösse an die Kantone.

Art. 8

Änderung bisherigen Rechts

MedBG Das MedBG sieht ­ namentlich in Artikel 35 ­ eine Meldepflicht für Ärztinnen/ Ärzte, Zahnärztinnen/Zahnärzte, Tierärztinnen/Tierärzte, Apothekerinnen/Apotheker sowie Chiropraktikerinnen/Chiropraktiker vor, die in der Schweiz als Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer selbstständig tätig sein möchten. Artikel 35 muss daher geändert werden, um das System einheitlich zu gestalten und der Einfachheit halber eine einzige Anlaufstelle für die Meldungen der Dienstleistungserbringerinnen und ­erbringer sicherzustellen. Die Zuständigkeit der Medizinalberufekommission (MEBEKO) bleibt unangetastet, da diese mit der materiellen Prüfung der ausländischen Berufsqualifikationen betraut bleibt.

PsyG Dies gilt auch für das Bundesgesetz vom 18. März 201141 über die Psychologieberufe (PsyG). Dieses Gesetz sieht in Artikel 23 eine Meldepflicht für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vor. Der entsprechende Artikel muss also analog zu Artikel 35 MedBG abgeändert werden. Auch hier bleibt die Zuständigkeit der Psychologieberufekommission für die Prüfung der ausländischen Berufsqualifikationen unangetastet. Die Kommission wird weiterhin mit der materiellen Prüfung der Berufsqualifikationen von Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten betraut sein.

40 41

SR 311.0 BBl 2011 2529; das PsyG wird voraussichtlich am 1. Januar 2013 und damit vor diesem Gesetz in Kraft treten.

4425

4

Auswirkungen der neuen Fassung von Anhang III FZA und des neuen Bundesgesetzes

4.1

Auswirkungen auf den Bund

4.1.1

Auswirkungen auf das Personal

Für die Sicherstellung des Vollzugs des Melde- und Nachprüfungsverfahrens, namentlich die Bearbeitung der Meldungen (Prüfung, Weiterleitung, Korrespondenz, Erlass von Verfügungen) sind vier zusätzliche Stellen erforderlich, was Kosten in der Höhe von 600 000 Franken ab dem 1. Januar 2013, inklusive Beiträge der Arbeitgeber, nach sich zieht. Dabei ist geplant, dass das BBT für die Bearbeitung der Meldungen kostendeckende Gebühren gemäss der Gebührenverordnung BBT vom 16. Juni 200642 erhebt. Die zusätzlich entstehenden Personalkosten sollen somit mit den Gebühren gedeckt werden.

Im Juni 2012 wird der Bundesrat im Rahmen der Gesamtschau «Ressourcen im Personalbereich» über die Zuweisung von Finanzmitteln für das Budget 2013 entscheiden.

4.1.2

Weitere Auswirkungen

Für das Melde- und Nachprüfungsverfahren ist die Schaffung einer Datenbank erforderlich, um die sorgfältige Behandlung der Meldung und der Begleitdokumente zu gewährleisten. Die Kosten dieser Datenbank werden auf 50 000 Franken geschätzt. Es handelt sich um einen einmaligen Betrag, der durch den allgemeinen Kredit des BBT gedeckt wird. Die weiteren laufenden Kosten für den technischen Unterhalt werden ebenfalls durch den allgemeinen Kredit des BBT gedeckt. Das neue Gesetz hat ferner keine weiteren finanziellen Auswirkungen auf den Bund.

4.2

Auswirkungen auf die Kantone

Die Kantone waren ab Beginn eng in die Verhandlungen EU­Schweiz43 bei der Ausarbeitung des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses und des vorliegenden Gesetzesentwurfes einbezogen. Da die Zuständigkeiten zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen nicht ändern, sind keine bedeutenden Auswirkungen zu erwarten. Allfällige Anpassungen kantonaler Gesetzgebungen für den Vollzug bleiben vorbehalten.

Es gibt keine Auswirkungen auf die Gemeinden sowie auf die urbanen Zentren, die Agglomerationen und die Berggebiete.

42 43

SR 412.109.3 Siehe Ziff. 1.2.

4426

4.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer aus der Schweiz werden von der erweiterten Dienstleistungsfreiheit und den neu eingeführten Verfahren gemäss Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG in den EU/EFTA-Mitgliedstaaten profitieren.

Die Vorteile betreffen zeitliche und verfahrensmässige Erleichterungen bei der Aufnahme und Erbringung der Dienstleistungen. Dabei werden die bisherigen Verfahren44 namentlich durch einen klaren, vorgegebenen Fristenlauf im neuen Verfahren abgekürzt. Das neue Bundesgesetz stellt zudem sicher, dass Dienstleistungserbringerinnen und -erbringer aus der EU, die während höchstens 90 Arbeitstagen pro Kalenderjahr in der Schweiz Dienstleistungen in reglementierten Berufen erbringen, ebenfalls über die in der Schweiz erforderlichen Qualifikationen für die Berufsausübung verfügen. Dies stellt einen bedeutenden Beitrag für die Gewährleistung der in der Schweiz gesetzlich definierten Qualitäts- und Sicherheitsstandards in Berufen mit Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und Sicherheit dar und sorgt zudem für einen chancengleichen Marktzugang der in- und ausländischen Anbieter von entsprechenden Dienstleistungen.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu nationalen Strategien des Bundesrates

Ziel 13 «Konsolidierung der Beziehungen zur EU» in der Legislaturplanung 2007­201145 und Ziel 9 «Das Verhältnis der Schweiz zur EU ist gestärkt» in der Legislaturplanung 2011­201546 sind strategische Zielsetzungen des Bundesrates, den bilateralen Weg mit der EU zu konsolidieren, zu sichern und weiterzuentwickeln. Mit der Änderung von Anhang III FZA (gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen), namentlich der Übernahme der Richtlinie 2005/36/EG, und dem vorliegenden Gesetzesentwurf wird die Dienstleistungsfreiheit mit klaren und für die Schweiz verlässlichen Leitplanken erweitert. Zudem gelten im Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU im Bereich der Anerkennung von Berufsqualifikationen wieder die gleichen Vorschriften wie innerhalb der EU.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Die Verfassungsmässigkeit des Bundesbeschlusses über die Genehmigung und die Umsetzung des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz zum FZA beruht auf Artikel 54 Absatz 1 BV, wonach die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes sind. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung völkerrechtlicher Verträge zuständig. Ausge44

45

46

Vgl. Bericht des Integrationsbüros EDA/EVD «Umfrage zur Anwendung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU, Auswertender Bericht und Analyse der Problemfälle», Januar 2010.

Botschaft des Bundesrates vom 23. Januar 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011, BBl 2008 753, hier 804 ff.; Bundesbeschluss vom 18. September 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011, BBl 2008 8543, hier 8548.

Botschaft des Bundesrates vom 25. Januar 2012 über die Legislaturplanung 2011­2015, BBl 2012 481, S. 550 ff.

4427

nommen sind dabei die Verträge, für deren Abschluss aufgrund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist47.

Gemäss Artikel 7a Absatz 2 RVOG kann der Bundesrat u.a. völkerrechtliche Verträge von beschränkter Tragweite selbstständig abschliessen. Die vorliegende Änderung von Anhang III FZA hat eine grössere Tragweite. Beim Beschluss Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses handelt es sich daher nicht um einen völkerrechtlichen Vertrag von beschränkter Tragweite, der vom Bundesrat genehmigt werden kann.

Zudem erfordert die Umsetzung des Beschlusses den Erlass eines Bundesgesetzes.

Daher muss die Bundesversammlung gemäss Artikel 166 Absatz 2 BV den Beschluss des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz zum FZA genehmigen und gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV ein entsprechendes Umsetzungsgesetz erlassen.

Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2) oder wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3). Der Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EUSchweiz zum FZA untersteht gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem fakultativen Referendum.

Der Beschluss Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EU­Schweiz zum FZA vom 30. September 2011 wird nach seinem Artikel 4 Absatz 2 seit dem 1. November 2011 ­ mit Ausnahme des Titels II der Richtlinie 2005/36/EG ­ im Einklang mit Artikel 7b Absatz 1 RVOG vorläufig angewendet. Die vorläufige Anwendung endet gemäss Artikel 7b Absatz 2 RVOG, wenn der Bundesrat nicht binnen sechs Monaten ab Beginn der vorläufigen Anwendung der Bundesversammlung den Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Beschlusses des Gemischten Ausschusses unterbreitet. Mit der vorliegenden Botschaft wird diese Frist eingehalten.

Der Entwurf zu einem Bundesgesetz, der die erforderliche Rechtsgrundlage für die Einführung des Melde- und Nachprüfungsverfahrens nach Massgabe von Artikel 7 der Richtlinie 2005/36/EG schafft, stützt sich auf Artikel 95 Absatz 1 BV. Dieser sieht vor, dass der Bund Vorschriften über die Ausübung der
privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit erlassen kann. Von dieser Kompetenz macht der Bund im Gesetzesentwurf im Einklang mit dem Beschluss Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses EU-Schweiz zum FZA und den in Bund und Kantonen geltenden einschlägigen Bestimmungen beim Zugang zu reglementierten Berufen Gebrauch.

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Der der Bundesversammlung vorgelegte Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des Beschlusses Nr. 2/2011 des Gemischten Ausschusses zum FZA und über die Umsetzung des Beschlusses mittels des für den Vollzug der Richtlinie 2005/36/EG vorgelegten Gesetzesentwurfs sind mit den internationalen Verpflich47

Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (RVOG), SR 172.010; Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (ParlG), SR 171.10.

4428

tungen der Schweiz vereinbar, namentlich auch mit jenen, die von der Schweiz im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) eingegangen wurden.

6.3

Erlassform

Der dem Parlament vorgelegte Entwurf für die Umsetzung von Titel II der Richtlinie 2005/36/EG hat gesetzgebenden Charakter. Gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV sind alle wichtigen rechtsetzenden Bestimmungen in Form von Bundesgesetzen zu erlassen.

6.4

Ausgabenbremse

Der dem Parlament vorgelegte Gesetzesentwurf zieht keine Ausgaben nach sich, die der Ausgabenbremse unterstellt sind (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV).

6.5

Vereinbarkeit mit dem Subventionsgesetz

Der dem Parlament vorgelegte Gesetzesentwurf sieht keine Subventionen vor.

6.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Der Gesetzesentwurf enthält folgende Delegationen zum Erlass von gesetzesvertretendem Verordnungsrecht durch den Bundesrat: ­

Artikel 1 Absatz 3 : Bestimmung der meldepflichtigen Berufe;

­

Artikel 2 Absatz 2: Regelung von Form, Inhalt und Periodizität der Meldung;

­

Artikel 5 Absatz 2: Festlegung der Fristen für die Mitteilung durch die Behörden;

­

Artikel 6 Absatz 1: Vorschriften über das Führen der Ausbildungs- und Berufsbezeichnungen.

Bei den drei zuletzt genannten Delegationen wird der Bundesrat verpflichtet, sich nach der Regelung in der Richtlinie 2005/36/EG zu richten. Diese Übertragung der Rechtsetzungsbefugnisse an den Bundesrat ermöglicht einen zweckmässigen Vollzug im Rahmen des Gesetzesentwurfs und der Richtlinie 2005/36/EG.

4429

Anhang

4430