99.039 Botschaft über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Obwalden, Solothurn, Waadt und Genf vom 28. April 1999

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, wir unterbreiten Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Gewährleistung der geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Obwalden, Solothurn, Waadt und Genf mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

28. April 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

10477

Die Bundespräsidentin: Ruth Dreifuss Der Bundeskanzler: François Couchepin

1999-4561

5397

Übersicht Artikel 6 der Bundesverfassung verpflichtet die Kantone, für ihre Verfassungen die Gewährleistung des Bundes einzuholen. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels gewährleistet der Bund kantonale Verfassungen, wenn sie die Bundesverfassung, aber auch anderes Bundesrecht nicht verletzen, die Ausübung der politischen Rechte in republikanischen (repräsentativen oder demokratischen) Formen sichern, vom Volk angenommen worden sind und revidiert werden können, wenn die Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen es verlangt. Erfüllt eine kantonale Verfassung diese Anforderungen, so muss sie gewährleistet werden; erfüllt eine kantonale Verfassungsnorm eine dieser Voraussetzungen nicht, so ist die Gewährleistung zu verweigern.

Die vorliegenden Verfassungsänderungen haben zum Gegenstand: im Kanton Zürich: ­

Neuregelung des Referendumsrechts;

­

Änderung des Personalrechts;

­

Organisation des Bildungsrates;

im Kanton Obwalden: ­

Ersetzung der Landsgemeindedemokratie durch die Urnendemokratie;

im Kanton Solothurn: ­

fakultatives Referendum für unbestrittene Gesetzesvorlagen;

­

obligatorisches Finanzreferendum;

im Kanton Waadt ­

Einführung des Finanzreferendums;

im Kanton Genf: ­

Aufsicht über die Gerichte;

­

Zusammensetzung des Büros des Grossen Rates;

­

Organisation der Versorgungsbetriebe;

­

Unvereinbarkeit mit der Mitgliedschaft im Grossen Rat.

Alle Änderungen entsprechen Artikel 6 Absatz 2 der Bundesverfassung; sie sind deshalb zu gewährleisten.

5398

Botschaft 1

Die einzelnen Revisionen

11

Verfassung des Kantons Zürich

111

Kantonale Volksabstimmungen

Die Stimmberechtigten des Kantons Zürich haben in der Volksabstimmung vom 27. September 1998 folgende Änderungen angenommen: ­

die Änderung der Artikel 28, 29 Absätze 1 und 3, 30, 31 Ziffern 1, 2 und 5, die Ergänzung durch die Artikel 28bis, 30bis und 31 Ziffer 2a der Kantonsverfassung sowie die Aufhebung des Verfassungsgesetzes vom 15. April 1877 betreffend die Ausführung von Artikel 89 der Bundesverfassung mit 218 146 Ja gegen 102 879 Nein (Neuordnung des Referendumsrechts);

­

die Änderung der Artikel 1, 8 Absatz 2, 11 Absatz 1, 13 Absatz 1, 40 Ziffern 4 und 7, 41, 61, die Ergänzung durch die Artikel 11 Absatz 2 und 16 Absatz 2 sowie die Aufhebung der Artikel 12, 20 und 60 der Kantonsverfassung mit 264 722 Ja gegen 48 506 Nein (Änderung des Personalrechts).

In der Volksabstimmung vom 29. November 1998 haben die Stimmberechtigten des Kantons Zürich der Änderung von Artikel 62 Absatz 6 der Kantonsverfassung mit 217 053 Ja gegen 53 185 Nein zugestimmt.

Mit Schreiben vom 11. November 1998 und vom 3. Februar 1999 ersucht der Regierungsrat des Kantons Zürich um die eidgenössische Gewährleistung.

112

Neuregelung des Referendumsrechts

112.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 28 Das Volk übt die gesetzgebende Gewalt unter Mitwirkung des Kantonsrates aus.

Art. 29 Abs. 1 und 3 1 Das Vorschlagsrecht der Stimmberechtigten (Initiative) umfasst die Befugnis, Begehren auf Änderung der Verfassung sowie auf Erlass, Änderung oder Aufhebung eines Gesetzes oder eines verfassungsmässig obligatorisch der Volksabstimmung unterliegenden Beschlusses zu stellen.

3 Ein Initiativbegehren ist der Volksabstimmung zu unterbreiten, 1. wenn es von wenigstens 10 000 Stimmberechtigten gestellt wird; 2. wenn es von einzelnen Stimmberechtigten oder von Behörden gestellt und vom Kantonsrat unterstützt wird.

Art. 30 Der Volksabstimmung werden unterstellt: 1. alle Verfassungsänderungen und Gesetze sowie Konkordate über Gegenstände, welche im Kanton der Volksabstimmung unterstehen.

1

5399

2. Beschlüsse des Kantonsrates über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als 20 000 000 Franken oder über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 000 000 Franken; Beschlüsse des Kantonsrates über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als 2 000 000 Franken bis zu 20 000 000 Franken oder über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 200 000 Frankenbis 2 000 000 Franken, sofern 60 Mitglieder des Kantonsrates oder 5000 Stimmberechtigte innert 45 Tagen seit der amtlichen Veröffentlichung des Beschlusses schriftlich das Begehren um Durchführung der Volksabstimmung stellen.

3. Schlussnahmen, welche der Kantonsrat von sich aus zur Abstimmung bringen will.

4. Die Stellungnahmen des Kantons im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens des Bundes über die Wünschbarkeit der Errichtung von Atomanlagen auf dem Gebiete des Kantons Zürich und seiner Nachbarkantone.

2 Der Kantonsrat ist berechtigt, bei der Vorlage eines Gesetzes oder Beschlusses neben der Abstimmung über das Ganze ausnahmsweise auch eine solche über einzelne Punkte anzuordnen.

3 Die Abstimmung findet mittels der Stimmurne in den Gemeinden statt. Die Beteiligung hieran ist eine allgemeine Bürgerpflicht.

4 Die Volksabstimmung kann nur bejahend oder verneinend sein.

5 Bei derselben entscheidet die absolute Mehrheit der bejahenden und verneinenden Stimmen.

6 Der Kantonsrat ist nicht befugt, Gesetze oder Beschlüsse vor der Abstimmung provisorisch in Kraft zu setzen.

Art. 31 Ziff. 1, 2 und 5 Dem Kantonsrat kommt zu: 1. die Beratung und Beschlussfassung über alle Gegenstände, welche der Volksabstimmung unterstellt werden; 2. das Begehren um Einberufung der Bundesversammlung (Art. 75 Abs. 2 der Bundesverfassung); 5. die endgültige Entscheidung über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck, welche den Betrag von 2 000 000 Franken nicht übersteigen, sowie über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben bis auf einen Betrag von 200 000 Franken, die Entscheidung über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als 2 000 000 Franken bis zu 20 000 000 Franken sowie über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 200 000 Franken bis zu 2 000 000 Franken, sofern nicht gemäss Artikel 30 Absatz 1 Ziffer 2 das Begehren um Durchführung der Volksabstimmung gestellt wird;
Verfassungsgesetz vom 15. April 18771 betreffend Ausführung von Artikel 89 der Bundesverfassung Art. 1 Das Recht, im Namen des Kantons Zürich zu verlangen, dass Bundesgesetze sowie allgemein verbindliche Bundesbeschlüsse, die nicht dringlicher Natur sind, dem Volke zur Annahme oder Verwerfung vorgelegt werden, wird dem Kantonsrate übertragen.

Art. 2 1 Die Abänderung eines bezüglichen Beschlusses des Kantonsrates kann auf dem Wege der Volksabstimmung erfolgen.

2 Die Volksabstimmung tritt ein, wenn sie von 5000 Stimmberechtigten oder einer Anzahl von Gemeindeversammlungen, an denen wenigstens 5000 Stimmberechtigte dafür gestimmt haben, verlangt wird, oder ein Drittel der Mitglieder des Kantonsrates, oder der Regierungsrat sich für dieselbe ausspricht.

1

SR 131.211 (in fine)

5400

Neuer Text Art. 28 1 Das Volk übt im Zusammenwirken mit dem Kantonsrat die gesetzgebende Gewalt aus.

2 Die grundlegenden Normen des kantonalen Rechts werden in Gesetzesform erlassen. Dazu gehören insbesondere Bestimmungen über die Organisation und die Aufgaben der Behörden, über Inhalt und Umfang der Grundrechtsbeschränkungen und der staatlichen Leistungen sowie über Art und Umfang der Übertragung von öffentlichen Aufgaben an Private.

Art. 28bis (neu) 1 In der Form des referendumsfähigen Kantonsratsbeschlusses werden erlassen: 1. die Bewilligung neuer einmaliger Ausgaben für einen bestimmten Zweck von mehr als Fr. 3 000 000 oder neuer jährlich wiederkehrender Ausgaben von mehr als Fr. 300 000; 2. die Festsetzung vom Gesetz bezeichneter Pläne der staatlichen Tätigkeit; 3. die Erteilung vom Gesetz bezeichneter wichtiger Konzessionen und Bewilligungen.

2 Das Gesetz kann für weitere wichtige Anordnungen die Form des referendumsfähigen Kantonsratsbeschlusses vorsehen.

Art. 29 Abs. 1 und 3 1 Das Vorschlagsrecht der Stimmberechtigten (Initiative) umfasst die Befugnis, Begehren auf Änderung der Verfassung sowie auf Erlass oder Aufhebung eines Gesetzes oder eines referendumsfähigen Kantonsratsbeschlusses zu stellen.

3 Ein Initiativbegehren kommt zustande, 1. wenn es von wenigstens 10 000 Stimmberechtigten gestellt wird; 2. wenn es von einzelnen Stimmberechtigten oder von Behörden gestellt und vom Kantonsrat unterstützt wird.

Art. 30 Der Volksabstimmung werden unterstellt: 1. Verfassungsänderungen und Konkordate mit verfassungsänderndem Inhalt; 2. zustande gekommene Initiativen auf Änderung der Verfassung; 3. zustande gekommene Initiativen auf Erlass, Änderung oder Aufhebung von Gesetzen oder referendumsfähigen Kantonsratsbeschlüssen, sofern der Kantonsrat ihnen keine Folge geben will oder ihnen einen Gegenvorschlag gegenüberstellt; 4. Stellungnahmen des Kantons im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens des Bundes über die Wünschbarkeit der Errichtung von Atomanlagen auf dem Gebiete des Kantons Zürich oder seiner Nachbarkantone.

Art. 30bis (neu) 1 Auf Begehren von 5000 Stimmberechtigten oder 45 Mitgliedern des Kantonsrates werden der Volksabstimmung unterstellt: 1. Gesetze und Konkordate über Gegenstände, die der Gesetzesform bedürfen; 2. referendumsfähige Kantonsratsbeschlüsse.

2 Das Begehren um
Durchführung der Volksabstimmung ist innert 60 Tagen nach der amtlichen Veröffentlichung des Beschlusses schriftlich zu stellen.

3 Der Kantonsrat kann Beschlüsse, die in seine abschliessende Kompetenz fallen, der Volksabstimmung unterstellen.

4 Der Kantonsrat kann neben der Abstimmung über das Gesetz ausnahmsweise eine solche über einzelne Punkte anordnen.

5 Gesetze und Kantonsratsbeschlüsse dürfen vor der Abstimmung oder vor Ablauf der Referendumsfrist nicht in Kraft gesetzt werden.

5401

Art. 31 Ziff. 1, 2, 2a (neu) und 5 Dem Kantonsrat kommt zu: 1. die Beratung und Beschlussfassung über alle Gegenstände, welche obligatorisch oder fakultativ der Volksabstimmung unterstehen; 2. das Begehren um Einberufung der Bundesversammlung (Art. 86 Abs. 2 der Bundesverfassung); 2a. das Begehren um Durchführung einer Volksabstimmung über Bundesgesetze und allgemeinverbindliche Bundesbeschlüsse sowie verfassungsmässige dringliche Bundesbeschlüsse (Art. 89 Abs. 2 und 89bis Abs. 2 der Bundesverfassung); 5. die endgültige Beschlussfassung über neue einmalige Ausgaben für einen bestimmten Zweck bis zu Fr. 3 000 000 und über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben bis zu Fr. 300 000.

Verfassungsgesetz vom 15. April 1877 betreffend Ausführung von Artikel 89 der Bundesverfassung Aufgehoben

Durch die Verfassungsänderung werden das obligatorische Gesetzes- und Finanzreferendum im Kanton Zürich aufgehoben und durch die Möglichkeit des fakultativen Referendums ersetzt. Gleichzeitig werden die massgebenden Beträge für das Finanzreferendum erhöht, und es wird in der Verfassung ausdrücklich verankert, welche Normen in der Gesetzesform zu erlassen sind.

112.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Das Bundesrecht verlangt nicht, dass die Kantone ein obligatorisches Gesetzes- und Finanzreferendum vorsehen. Die Änderung verletzt daher weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht. Die Gewährleistung ist ihr folglich zu erteilen.

113

Änderung des Personalrechts

113.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 1 Die Staatsgewalt beruht auf der Gesamtheit des Volkes. Sie wird unmittelbar durch die Aktivbürger und mittelbar durch die Behörden und Beamten ausgeübt.

Art. 8 Abs. 2 2 Zu Hausdurchsuchungen bedarf es entweder der Einwilligung des Wohnungsinhabers oder der Ermächtigung durch einen zuständigen Beamten, welche den Zweck und die Ausdehnung dieser Massnahme genau bezeichnen soll. Ausnahmen von dieser Regel sind gestattet, wenn Gefahr im Verzuge ist.

Art. 11 Abs. 1 1 Die Amtsdauer des Kantonsrates und der Verwaltungsbehörden und -beamten beträgt vier Jahre, diejenige der Gerichtsbehörden und Notare sechs Jahre.

5402

Art. 12 Ein Beamter, welcher seiner Stelle innerhalb der Amtsdauer und ohne persönliche Verschuldung enthoben wird, hat Anspruch auf volle, und wo diese Enthebung infolge einer Verfassungs- oder Gesetzesänderung stattfindet, auf billige Entschädigung.

Art. 13 Abs. 1 1 Alle dem Volke zustehenden Wahlen von Behörden und Beamten des Kantons, der Bezirke und Kreise werden in der Regel durch die Wahlurne vorgenommen. Den Gemeinden bleibt es freigestellt, diese Wahlart ebenfalls anzuwenden, soweit sie nicht schon durch das Gesetz dazu verpflichtet sind.

Art. 20 Die Kantonal- und Bezirksbeamten sowie die Notare erhalten, soweit immer möglich, fixe Besoldungen nach Massgabe ihrer Geschäftslast. Die Gebühren und Sporteln fallen in der Regel in die Staatskasse.

Art. 40 Ziff. 4 und 7 Dem Regierungsrat kommen wesentlich folgende Pflichten und Befugnisse zu: 4. die Oberaufsicht über das Unterrichts- und Kirchenwesen und über die Besorgung des Armenwesens sowie über die sämtlichen ihm untergeordneten Behörden und Beamtungen; 7. die Bestellung seiner Kanzlei und die Ernennung aller derjenigen Beamten und Angestellten, deren Wahl nicht durch Verfassung und Gesetz einem andern Wahlkörper übertragen ist.

Art. 41 Der Regierungsrat wählt auf die für die Verwaltungsbeamten festgesetzte Amtsdauer die Staatsanwaltschaft, welcher die Pflicht obliegt, die strafbaren Handlungen im Namen des Staates zu verfolgen.

Art. 60 Die mit der Führung des Notariatswesens betrauten Beamten werden durch die Stimmberechtigten mit politischem Wohnsitz im Notariatskreis gewählt. Sie müssen das Wahlfähigkeitszeugnis für Notare besitzen.

Art. 61 Die Schuldbetreibung wird einem Beamten der politischen Gemeinde übertragen. Für Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern können durch die Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufgestellt werden (Art. 55bis).

Neuer Text Art. 1 Die Staatsgewalt beruht auf der Gesamtheit des Volkes. Sie wird unmittelbar durch die Aktivbürgerinnen und Aktivbürger, mittelbar durch die Behörden und das Personal des Kantons, der Bezirke und der Gemeinden ausgeübt.

Art. 8 Abs. 2 2 Zu Hausdurchsuchungen bedarf es entweder der Einwilligung des Wohnungsinhabers oder der Ermächtigung durch die zuständige Stelle, welche den Zweck und die Ausdehnung dieser Massnahme genau bezeichnen soll. Ausnahmen von dieser Regel sind gestattet, wenn Gefahr im Verzuge ist.

Art. 11 Abs. 1 und Abs. 2 (neu) 1 Die Amtsdauer des Kantonsrates und des Regierungsrates sowie der weiteren Behörden und Angestellten des Kantons, der Bezirke und der Gemeinden, für welche das Gesetz eine Wahl auf Amtsdauer vorsieht, beträgt vier Jahre, die Amtsdauer der Richterinnen und Richter sechs Jahre.

5403

2

Das Arbeitsverhältnis des Staats- und Gemeindepersonals ist öffentlichrechtlich. Es wird von der Gesetzgebung geordnet.

Die Absätze 2 und 3 werden Absätze 3 und 4.

Art. 12 Aufgehoben

Art. 13 Abs. 1 Alle dem Volke zustehenden Wahlen von Behörden und Angestellten des Kantons, der Bezirke und Kreise werden in der Regel an der Urne vorgenommen. Den Gemeinden bleibt es freigestellt, diese Wahlart ebenfalls anzuwenden, soweit sie nicht schon durch das Gesetz dazu verpflichtet sind.

1

Art. 16 Abs. 2 (neu) 2 Die Gesetzgebung regelt die Zulassung ausländischer Staatsangehöriger zu öffentlichen Ämtern.

Art. 20 Aufgehoben Art. 40 Ziff. 4 und 7 Dem Regierungsrat kommen wesentlich folgende Pflichten und Befugnisse zu: 4. die Oberaufsicht über das Unterrichts- und Kirchenwesen und über die Besorgung des Armenwesens sowie über die sämtlichen ihm untergeordneten Behörden und Angestellten; 7. die Anstellung von Personal, soweit diese nicht durch Verfassung und Gesetz einem andern Organ übertragen ist.

Art. 41 Der Regierungsrat ernennt die Staatsanwaltschaft, der die Pflicht obliegt, die strafbaren Handlungen im Namen des Staates zu verfolgen.

Art. 60 Aufgehoben Art. 61 Die Schuldbetreibung wird einem Angestellten der politischen Gemeinde übertragen. Für Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern können durch die Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufgestellt werden (Art. 55bis).

Im Kanton Zürich wurde der Beamtenstatus aufgehoben, was eine Anpassung diverser Verfassungsbestimmungen erforderte.

113.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Nach der verfassungsmässigen Aufgabenteilung (Art. 3 BV) fällt die Regelung der Behördenorganisation in die Kompetenz der Kantone. Die Kantone können insbesondere das Dienstrecht ihrer Staatsangestellten innerhalb der Grenzen der von der Bundesverfassung garantierten Grundrechte selbstständig regeln. Da die Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

5404

114

Organisation des Bildungsrates

114.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 62 Abs. 6 6 Die Organisation eines der Erziehungsdirektion beigegebenen Erziehungsrates und einer Schulsynode bleibt dem Gesetze vorbehalten.

Neuer Text Art. 62 Abs. 6 6 Die Organisation eines Bildungsrates, welcher der für das Bildungswesen zuständigen Direktion beigegeben ist, bleibt dem Gesetz vorbehalten.

Im Rahmen einer Reform der Verwaltungsstruktur wurde beschlossen, die Berufsbildung neu bei der Bildungsdirektion (vormals Erziehungsdirektion) anzusiedeln und zugleich die Aufgaben der bisherigen Organe Erziehungsrat und Berufsbildungsrat dem neu geschaffenen Bildungsrat zu übertragen. Diese Änderungen bedingten eine Änderung der Verfassung, da dort der Erziehungsrat ausdrücklich erwähnt wird.

114.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Die vorliegende Änderung bewegt sich vollständig innerhalb der kantonalen Organisationskompetenz. Da die Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

12

Verfassung des Kantons Obwalden

121

Kantonale Volksabstimmung

Die Stimmberechtigten des Kantons Obwalden haben in der Volksabstimmung vom 29. November 1998 der Änderung der Artikel 22 Absatz 2, 47, 52, 57­64, 69, 70 Ziffern 5, 10 und 13, 111 und 112, der Ergänzung durch die Artikel 115 Absätze 3 und 4, 119 Absätze 3­5 und 120a sowie der Aufhebung der Artikel 19, 65, 71 und 73 der Kantonsverfassung mit 5697 Ja gegen 5045 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 9. Dezember 1998 ersucht der Regierungsrat des Kantons Obwalden um die eidgenössische Gewährleistung.

5405

122

Ersetzung der Landsgemeindedemokratie durch Urnendemokratie

122.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 19 Stimmrecht Das Verfahren für die Ausübung des Stimmrechts in kantonalen und eidgenössischen Angelegenheiten ordnet der Kantonsrat.

Art. 22 Abs. 2 2 Die Teilnahme an den Gemeindeversammlungen, an der Landsgemeinde, an den kantonalen und eidgenössischen Abstimmungen ist Bürgerpflicht.

Art. 47 Wahl- und Abstimmungsverfahren 1 Die Wahlen erfolgen durch offenes Handmehr, soweit Verfassung oder Gesetzgebung nichts anderes bestimmen.

2 Sind geheime Abstimmungen durchzuführen, so erfolgt die Stimmabgabe an der Haupturne und den Nebenurnen der Gemeinden. Geheime Wahlen und Abstimmungen über Geschäfte, die in die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung fallen, können an der Gemeindeversammlung selber oder unabhängig davon an der Haupturne und den Nebenurnen in den Gemeinden erfolgen.

3 Im Übrigen wird das Abstimmungs- und Wahlverfahren durch die Gesetzgebung geregelt.

Art. 52 Amtsjahr 1 Das Amtsjahr der kantonalen Behörden beginnt und endet am Schluss der ordentlichen Landsgemeinde, dasjenige der kommunalen Behörden am Schluss der ordentlichen Gemeindeversammlung.

2 Die Gesetzgebung kann Abweichungen festlegen.

1. Landsgemeinde und Urnenabstimmung Art. 57

A. Landsgemeinde 1. Einberufung 1 Die Landsgemeinde ist die Versammlung der in kantonalen Angelegenheiten stimmberechtigten Kantonseinwohner.

2 Sie versammelt sich ordentlicherweise am letzten Sonntag im April, ausserordentlicherweise sooft sie vom Kantonsrat zur Erledigung dringender Geschäfte einberufen oder sooft ihre Einberufung von 500 Aktivbürgern unter Nennung der zu behandelnden Gegenstände schriftlich verlangt wird; im letzteren Falle hat die Landsgemeinde binnen sechs Monaten stattzufinden.

3 Das Verfahren und das Zeremoniell der Landsgemeinde ordnet der Kantonsrat.

Art. 58 2. Verhandlungsgegenstände Die Verhandlungsgegenstände der Landsgemeinde sind jeweils spätestens einen Monat vorher im Amtsblatt zu veröffentlichen.

Art. 59 3. Abstimmungsverfahren 1 Die Abstimmungen erfolgen durch das Handmehr. Nach zweimaliger ergebnisloser Abstimmung wird abgezählt.

2 Bei Wahlen entscheidet die absolute Mehrheit der Stimmenden.

3 Bei Sachgeschäften kann nur über Annahme oder Verwerfung abgestimmt werden.

5406

Art. 60 4. Wahlbefugnisse 1 Die Landsgemeinde wählt: 1. die Mitglieder des Regierungsrates; 2. alle Jahre aus der Mitte des Regierungsrates den Landammann und den Landstatthalter. Der Landammann ist für die nächste Amtsdauer in dieses Amt nicht wieder wählbar. Ein Regierungsratsmitglied darf insgesamt nicht mehr als viermal das Landammannamt bekleiden; 3. das Mitglied des Ständerates; 4. die Präsidenten des Obergerichts, des Kantonsgerichts und des Verwaltungsgerichts; 5. die Mitglieder des Obergerichts, des Kantonsgerichts und des Verwaltungsgerichts sowie aus den Mitgliedern dieser Gerichte die Vizepräsidenten.

2 Von den durch die Landsgemeinde gewählten Behörden kommt jeweils nach zwei Jahren die Hälfte der Mitglieder in Austritt.

Art. 61 5. Sachbefugnisse Der Landsgemeinde stehen ferner folgende Befugnisse zu: 1. der Entscheid über den Erlass, die Abänderung oder Aufhebung kantonsrätlicher Verordnungen, sofern das Referendum ergriffen worden ist; 2. die Beschlussfassung über Volksbegehren, die in der Form der allgemeinen Anregung eingereicht werden; 3. die Beschlussfassung über alle frei bestimmbaren, für den gleichen Zweck bestimmten, einmaligen Ausgaben von mehr als einer Million Franken und jährlich wiederkehrenden Ausgaben von mehr als 200 000 Franken; 4. die Beschlussfassung über alle frei bestimmbaren, für den gleichen Zweck bestimmten, einmaligen Ausgaben von mehr als 500 000 Franken und jährlich wiederkehrenden Ausgaben von mehr als 100 000 Franken, wenn gegen den Ausgabenbeschluss des Kantonsrates das Referendum ergriffen wurde; 5. ...

6. ...

7. die Diskussion und Beschlussfassung über Sachfragen im Rahmen des Fragerechtes.

Art. 62 6. Form der Initiativen Initiativen können als allgemeine Anregung oder, wenn sie nicht die Gesamtrevision der Verfassung verlangen, als ausgearbeitete Vorlage eingereicht werden. Wird eine allgemeine Anregung von der Landsgemeinde zum Beschluss erhoben, so ist binnen zwei Jahren vom Kantonsrat eine Vorlage auszuarbeiten und der Urnenabstimmung zu unterbreiten.

2 Initiativen dürfen nichts enthalten, was dem Bundesrecht oder, sofern sie nicht die Verfassungsrevision verlangen, der Kantonsverfassung widerspricht.

3 Sie dürfen sich nur auf ein bestimmtes Sachgebiet beziehen und müssen eine Begründung enthalten.

4 Initiativen in der Form der allgemeinen
Anregung sind jeweils bis spätestens am 31. Dezember der Staatskanzlei zuhanden der Landsgemeinde einzureichen.

5 Initiativen in der Form der ausgearbeiteten Vorlage können jederzeit eingereicht werden; sie sind binnen achtzehn Monaten zusammen mit einem allfälligen Gegenantrag des Kantonsrates der Urnenabstimmung zu unterbreiten.

1

Art. 63 7. Initiativrecht Initiativen können einreichen: 1. 500 Aktivbürger, wenn die Gesamtrevision oder die Teilrevision der Kantonsverfassung verlangt wird; 2. jeder Aktivbürger sowie der Gemeinderat, wenn der Erlass, die Aufhebung oder die Abänderung eines Gesetzes oder eines in die Zuständigkeit der Landsgemeinde fallenden Finanzbeschlusses verlangt wird;

5407

3.

500 Aktivbürger, wenn das dem Kanton nach Artikel 93 Absatz 2 der Bundesverfassung zustehende Vorschlagsrecht ausgeübt werden soll.

Art. 64 8. Fragerecht 1 Jeder Aktivbürger ist berechtigt, dem Regierungsrat zuhanden der Landsgemeinde Sachfragen von allgemeinem Interesse in Bezug auf die Verwaltung des Kantons zu stellen.

Solche Fragen müssen spätestens 14 Tage vor der Landsgemeinde schriftlich bei der Staatskanzlei eingereicht werden.

2 Sind die Fragen von allgemeinem Interesse, so sind sie vom Regierungsrat an der Landsgemeinde zu beantworten. Dem Fragesteller steht das Recht zu, seine Frage an der Landsgemeinde vorgängig kurz zu erläutern.

3 Eine Diskussion findet nur dann statt, wenn sie beantragt und von der Landsgemeinde durch Mehrheitsbeschluss zugelassen wird.

4 Eine Frage kann auf Antrag durch Mehrheitsbeschluss der Landsgemeinde zur weiteren Prüfung an den Regierungsrat gewiesen werden.

Art. 65 B. Urnenabstimmung 1 Der Volksabstimmung im Urnenverfahren unterliegt der Entscheid über Vorlagen: 1. betreffend Teil- oder Gesamtrevision der Kantonsverfassung; 2. betreffend den Erlass, die Abänderung oder Aufhebung von Gesetzen; 3. betreffend die Ausübung des Vorschlagsrechts der Kantone nach Artikel 93 Absatz 2 der Bundesverfassung.

2 In der Form des Gesetzes sind alle generellen Bestimmungen zu erlassen, welche Rechte und Pflichten der natürlichen und juristischen Personen sowie die Organisation von Kanton und Gemeinden allgemeingültig festlegen.

Art. 69 Wahlbefugnisse Der Kantonsrat wählt auf die verfassungsmässige Amtsdauer: 1. ...

2. ...

3. einen oder mehrere Staatsanwälte, einen oder mehrere Verhörrichter, den Jugendanwalt und dessen Stellvertreter, das Jugendgericht und dessen Präsidenten; 4. die Mitglieder, den Präsidenten und die Ersatzmitglieder des Verwaltungsrates, die Mitglieder und das Ersatzmitglied der Rechnungsprüfungskommission sowie den Direktor der Kantonalbank; 5. die vom Kanton zu bestimmenden Mitglieder und den Präsidenten der Aufsichtskommission, den Präsidenten des Verwaltungsrates, die Kontrollstelle und den Direktor des Elektrizitätswerkes Obwalden; 6. die kantonale Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission; 7. auf Vorschlag des Regierungsrates den Landschreiber; 8. die Spitalkommission; 9. weitere Behörden und Kommissionen, deren Wahl durch die Gesetzgebung dem Kantonsrat übertragen ist.

Art. 70 Ziff. 5, 10 und 13 In die Zuständigkeit des Kantonsrates fallen sodann: 5. die Beschlussfassung
über alle Ausgaben, die durch das Bundesrecht dem Kanton vorgeschrieben sind oder für die dem Kantonsrat durch Gesetz Vollmacht erteilt ist; ferner über alle frei bestimmbaren, für den gleichen Zweck bestimmten einmaligen Ausgaben bis eine Million Franken und jährlich wiederkehrenden Ausgaben bis 200 000 Franken; 10. der Entscheid über die verfassungsmässige Zulässigkeit der zuhanden der Volksabstimmung eingereichten Initiativen sowie die Ausarbeitung allfälliger Gegenanträge;

5408

13. der Entscheid über den Beitritt zu Konkordaten und Staatsverträgen sowie über den Abschluss von Rechtsgeschäften mit dem Bistum, unter Vorbehalt der Ausgabenkompetenz der Landsgemeinde; Art. 71 Finanzreferendum 1 Hundert Aktivbürger können binnen 30 Tagen nach amtlicher Veröffentlichung verlangen, dass ein Beschluss des Kantonsrates über frei bestimmbare, für den gleichen Zweck bestimmte, einmalige Ausgaben von mehr als 500 000 Franken und jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 100 000 Franken der nächsten Landsgemeinde zum Entscheid unterbreitet wird.

2 In diesem Falle ist der Vollzug des Beschlusses bis zum Entscheid der Landsgemeinde aufgeschoben.

Art. 73 Verordnungsreferendum 1 100 Aktivbürger können binnen 30 Tagen nach amtlicher Veröffentlichung verlangen, dass eine Verordnung des Kantonsrates der nächsten Landsgemeinde zum Entscheid unterbreitet wird.

2 In diesem Falle ist der Vollzug bis zum Entscheid der Landsgemeinde aufgeschoben.

3 Das Referendum kann nicht ergriffen werden gegen befristete Noterlasse sowie gegen Verordnungen, die vom Bundesrecht ihrem Inhalt nach gefordert sind, oder die nach kaufmännischen Grundsätzen zu verwaltende wirtschaftliche Unternehmungen des Staates betreffen.

Art. 111 Teilrevision 1 Wird eine Initiative als allgemeine Anregung eingereicht, ist sie der Landsgemeinde zur Beschlussfassung vorzulegen. Stimmt diese dem Antrag zu, hat der Kantonsrat eine entsprechende Vorlage auszuarbeiten und sie binnen zwei Jahren der Urnenabstimmung zu unterbreiten.

2 Wird eine Initiative als ausgearbeitete Vorlage eingereicht, ist sie zusammen mit einem allfälligen Gegenvorschlag des Kantonsrates der Urnenabstimmung zu unterbreiten.

3 Der Kantonsrat kann von sich aus Vorlagen auf Teilrevision der Verfassung der Urnenabstimmung unterbreiten.

Art. 112 Gesamtrevision 1 Wird die Gesamtrevision der Verfassung verlangt oder vom Kantonsrat beantragt, ist der Antrag der Landsgemeinde zur Beschlussfassung zu unterbreiten.

2 Wird die Revision beschlossen, obliegt die Ausarbeitung einer neuen Verfassung einem Verfassungsrat.

3 Der Verfassungsrat wird nach den für den Kantonsrat geltenden Wahlvorschriften bestellt.

Kantonale Angestellte sind wählbar.

4 Die vom Verfassungsrat ausgearbeitete Vorlage ist der Urnenabstimmung zu unterbreiten.

Wird sie in der Abstimmung
abgelehnt, ist binnen drei Jahren dem Volk eine neue Vorlage zu unterbreiten. Wenn auch diese Vorlage verworfen wird, ist das Begehren auf Gesamtrevision erledigt.

Neuer Text Art. 19 Aufgehoben Art. 22 Abs. 2 2 Die Teilnahme an den Gemeindeversammlungen sowie an den Urnenabstimmungen der Gemeinde, des Kantons und des Bundes ist Bürgerpflicht.

Art. 47 Ausübung der politischen Rechte 1 Das Verfahren bei Initiative und Referendum sowie das Abstimmungs- und Wahlverfahren wird durch die Gesetzgebung geregelt.

5409

2 Die Gesetzgebung bestimmt die Durchführung von Urnenverfahren bei Geschäften, die in die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung fallen.

Art. 52 Amtsjahr 1 Das Amtsjahr der kantonalen und kommunalen Behörden beginnt, soweit die Gesetzgebung bzw. die Gemeindeordnung keine abweichenden Bestimmungen enthält, am 1. Juli und endet am 30. Juni.

2 Rücktritte sind auf das Ende eines Amtsjahres möglich. Die Gesetzgebung kann Ausnahmen für einen vorzeitigen Rücktritt festlegen.

1. Volk Art. 57 Wahlen Die Stimmberechtigten wählen an der Urne: a. den Kantonsrat und den Verfassungsrat; b. den Regierungsrat; c. das Mitglied des Ständerates; d. die Präsidien des Obergerichts, des Verwaltungsgerichts und des Kantonsgerichts.

e. die Mitglieder des Obergerichts, des Verwaltungsgerichts und des Kantonsgerichts.

Art. 58

Sachabstimmungen 1. Obligatorische Der Abstimmung an der Urne unterliegen: a. der Erlass und die Änderung der Kantonsverfassung sowie der Beschluss über die Gesamtrevision; b. das Standesinitiativrecht des Kantons nach Artikel 93 Absatz 2 der Bundesverfassung, wenn es durch ein Volksbegehren verlangt wird und ihm der Kantonsrat nicht zustimmt; c. die rechtsgültig zu Stande gekommenen Volksbegehren betreffend Gesetze und Finanzbeschlüsse, sofern der Kantonsrat den Volksbegehren nicht zustimmt oder ihnen einen Gegenvorschlag gegenüberstellt.

Art. 59 2. Fakultative 1 Auf Verlangen sind der Abstimmung zu unterbreiten: a. der Erlass, die Änderung oder die Aufhebung von Gesetzen; b. die Beschlussfassung über alle frei bestimmbaren, für den gleichen Zweck bestimmten, einmaligen Ausgaben von mehr als einer Million Franken und jährlich wiederkehrenden Ausgaben von mehr als 200 000 Franken.

2 Die Volksabstimmung ist durchzuführen: a. wenn ein Drittel der Mitglieder des Kantonsrates dies verlangt; b. wenn sie binnen 30 Tagen seit der amtlichen Veröffentlichung des Erlasses oder Beschlusses von 100 Stimmberechtigten verlangt wird.

Art. 60 Gesetzesvorbehalt In der Form des Gesetzes sind die generellen Bestimmungen zu erlassen, die Rechte und Pflichten der natürlichen und juristischen Personen sowie die Organisation von Kanton und Gemeinden allgemein gültig festlegen.

Art. 61

Volksbegehren 1. Zustandekommen 1 Ein Volksbegehren kommt zu Stande, wenn: a. 500 Stimmberechtigte die Gesamtrevision oder die Teilrevision der Kantonsverfassung verlangen; b. 500 Stimmberechtigte den Erlass, die Aufhebung oder die Änderung eines Gesetzes oder eines der fakultativen Abstimmung unterstehenden Finanzbeschlusses verlangen;

5410

c.

500 Stimmberechtigte verlangen, das dem Kanton nach Art. 93 Abs. 2 der Bundesverfassung zustehende Standesinitiativrecht auszuüben.

2 Eine Volksmotion kommt zu Stande, wenn ein Stimmberechtigter oder ein Gemeinderat den Erlass, die Aufhebung oder die Änderung eines Gesetzes oder eines der fakultativen Abstimmung unterstehenden Finanzbeschlusses verlangt und das Begehren vom Kantonsrat unterstützt wird.

Art. 62 2. Form Volksbegehren können als allgemeine Anregung oder, wenn sie nicht die Gesamtrevision der Verfassung verlangen, als ausgearbeitete Vorlage eingereicht werden.

Art. 63 3. Inhalt 1 Volksbegehren dürfen nichts enthalten, was dem Bundesrecht oder, sofern sie nicht eine Verfassungsrevision verlangen, der Kantonsverfassung widerspricht.

2 Sie dürfen sich nur auf ein bestimmtes Sachgebiet beziehen und müssen eine Begründung enthalten.

Art. 64 4. Behandlung 1 Ein als allgemeine Anregung gestelltes verfassungsmässiges Volksbegehren ist innert Jahresfrist der Volksabstimmung zu unterbreiten, sofern ihm der Kantonsrat nicht zustimmt.

Stimmt ihm der Kantonsrat zu oder wird es vom Volk angenommen, so hat der Kantonsrat eine Vorlage auszuarbeiten, die innert zweier Jahre der Urnenabstimmung unterbreitet werden kann.

2 Der Kantonsrat hat ein verfassungsmässiges Volksbegehren in der Form der ausgearbeiteten Vorlage so zu behandeln, dass es innert zweier Jahre zusammen mit einem allfälligen Gegenvorschlag der Volksabstimmung unterbreitet werden kann.

Art. 65 Aufgehoben Art. 69 Wahlbefugnisse 1 Der Kantonsrat wählt jedes Jahr aus der Mitte des Regierungsrates den Landammann und den Landstatthalter. Der Landammann ist für die nächste Amtsdauer in dieses Amt nicht wieder wählbar. Ein Regierungsratsmitglied darf insgesamt nicht mehr als viermal das Landammannamt bekleiden.

2 Der Kantonsrat wählt ferner auf die verfassungsmässige Amtsdauer: a. die Vizepräsidenten des Obergerichts, des Verwaltungsgerichts und des Kantonsgerichts aus den Mitgliedern dieser Gerichte, b. auf Vorschlag des Regierungsrates den Landschreiber, c. einen oder mehrere Staatsanwälte, einen oder mehrere Verhörrichter, den Jugendanwalt und dessen Stellvertreter, das Jugendgericht sowie dessen Präsidenten und Vizepräsidenten, d. die Mitglieder und den Präsidenten des Bankrates, die Mitglieder und das Ersatzmitglied der
Rechnungsprüfungskommission sowie den Direktor der Kantonalbank, e. die vom Kanton zu bestimmenden Mitglieder und den Präsidenten des Verwaltungsrates, die Kontrollstelle und den Direktor des Elektrizitätswerkes Obwalden, f. die kantonale Geschäfts- und Rechnungsprüfungskommission, g. weitere Behörden und Kommissionen, deren Wahl durch die Gesetzgebung dem Kantonsrat übertragen ist.

Art. 70 Ziff. 5, 10 und 13 In die Zuständigkeit des Kantonsrates fallen sodann: 5. die Beschlussfassung über alle Ausgaben, die durch das Bundesrecht dem Kanton vorgeschrieben sind oder für die dem Kantonsrat durch Gesetz Vollmacht erteilt ist, sowie, unter dem Vorbehalt des Finanzreferendums, über alle frei bestimmbaren, für den gleichen Zweck bestimmten, einmaligen Ausgaben und jährlich wiederkehrenden Ausgaben, die nicht in die Zuständigkeit des Regierungsrates fallen;

5411

10. der Entscheid über die verfassungsmässige Zulässigkeit und die Behandlung der eingereichten Volksbegehren; 13. der Entscheid über den Beitritt zu interkantonalen Vereinbarungen sowie über den Abschluss von Rechtsgeschäften mit dem Bistum, unter Vorbehalt des Finanzreferendums und soweit diese Befugnisse nicht durch die Gesetzgebung dem Regierungsrat übertragen sind; Art. 71 Aufgehoben Art. 73 Aufgehoben Art. 111 Teilrevision Eine Teilrevision der Verfassung erfolgt auf dem Weg der Gesetzgebung mit einer obligatorischen Abstimmung.

Art. 112 Gesamtrevision 1 Die Gesamtrevision der Verfassung ist auf dem Weg der Gesetzgebung mit obligatorischer Abstimmung zu beschliessen.

2 Wird die Gesamtrevision der Kantonsverfassung beschlossen, so obliegt die Ausarbeitung einer neuen Verfassung einem Verfassungsrat.

3 Der Verfassungsrat wird nach den für den Kantonsrat geltenden Wahlvorschriften bestellt.

Alle im Kanton wohnhaften Stimmberechtigten sind wählbar.

4 Die vom Verfassungsrat ausgearbeitete Vorlage ist der Urnenabstimmung zu unterbreiten.

Wird sie in der Abstimmung abgelehnt, so ist innert dreier Jahre dem Volk eine neue Vorlage zu unterbreiten. Wenn auch diese Vorlage abgelehnt wird, ist das Begehren auf Gesamtrevision erledigt.

Art. 115 Abs. 3 und 4 (neu) Über Finanzbeschlüsse und Verordnungen des Kantonsrates, gegen welche noch nach bisherigem Recht das Referendum zu Stande gekommen ist, entscheidet das Volk an der Urne.

Dies gilt auch für Finanzbeschlüsse und Verordnungen, für welche im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Verfassungsnachtrages die Referendumsfrist noch läuft und das Referendum nachher zu Stande kommt.

4 Änderungen von geltenden Verordnungen des Kantonsrates, die nach bisherigem Recht dem fakultativen Referendum unterstanden, unterstehen bis zu ihrem Ersatz oder ihrem Aufheben dem fakultativen Gesetzesreferendum nach neuem Recht.

3

Art. 119 Abs. 3­5 (neu) 3 Nach Annahme des Verfassungsnachtrages sind Gesamterneuerungswahlen bzw. ist eine Erneuerungswahl durchzuführen: a. für den Regierungsrat erstmals im Jahre 2002; die Amtsdauer der 1996 gewählten Mitglieder des Regierungsrates verlängert sich bis zum Jahr 2002; b. für das Mitglied des Ständerates erstmals im Jahre 2003, zusammen mit der Wahl des Nationalrates; c. für die Gerichte erstmals im Jahre 2000.

4 Für Regierungsräte und Richter sowie den Ständerat, welche in den Jahren vor der Durchführung der Gesamterneuerungswahlen zurücktreten bzw. deren bisherige Amtsdauer vorher endet, sind Ersatzwahlen als Einzelwahlen durchzuführen.

5 Der Regierungsrat erlässt nötigenfalls die für die Durchführung einer Volkswahl an der Urne erforderlichen Weisungen.

Art. 120a Anpassung des Staatsverwaltungsgesetzes Artikel 34 Absätze 1 und 3 des Staatsverwaltungsgesetzes vom 8. Juni 1997 werden aufgehoben. Die Sachüberschrift lautet neu: «Vorzeitiger Rücktritt».

5412

Durch die Verfassungsänderung wird im Kanton Obwalden die Landsgemeinde abgeschafft. Damit verbleiben in der Schweiz noch zwei Landsgemeindekantone, nämlich die Kantone Glarus und Appenzell Innerrhoden. Nach der Aufhebung der Landsgemeinde werden bisherige Befugnisse der Landsgemeinde von den Stimmberechtigten an der Urne wahrgenommen. Durch die Verfassungsänderung werden aber zugleich verschiedene Neuerungen im Bereich der politischen Rechte vorgenommen, von denen als wichtigste zu nennen sind: die Aufhebung des obligatorischen und die Einführung des fakultativen Gesetzes- und Finanzreferendums, die Aufhebung der Referendumsfähigkeit kantonsrätlicher Verordnungen, die Beschränkung der obligatorischen Abstimmungen bei Initiativen in der Form der allgemeinen Anregung auf diejenigen Fälle, in denen der Kantonsrat dem Begehren nicht zustimmt, sowie die Übertragung gewisser Wahlbefugnisse des Volkes auf den Kantonsrat (Landammann, Landstatthalter, Vizepräsidentinnen und Vizepräsidenten der Gerichte).

122.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Die Kantone sind in der Ausgestaltung der politischen Rechte weitgehend autonom.

Artikel 6 der Bundesverfassung verlangt lediglich, dass die Kantone eine republikanische Staatsform aufweisen und das obligatorische Verfassungsreferendum sowie eine Form von Volksinitiative auf Revision der Verfassung vorsehen.

Das Bundesrecht schreibt dem Kanton aber nicht vor, ob diese politischen Rechte an der Urne oder in offener Versammlung an der Landsgemeinde wahrzunehmen sind (P. Saladin, Kommentar BV zu Art. 6, Rz. 72; BGE 121 I 138ff., E.5b).

Da die Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

13

Verfassung des Kantons Solothurn

131

Kantonale Volksabstimmung

Die Stimmberechtigten des Kantons Solothurn haben in der Volksabstimmung vom 29. November 1998 folgende Vorlagen angenommen: ­

die Änderung von Artikel 35 Absatz 1 Buchstaben c und d sowie 36 Absatz 1 Buchstabe b der Kantonsverfassung mit 33 263 Ja gegen 28 134 Nein (fakultatives Referendum für unbestrittene Gesetzesvorlagen);

­

die Änderung von Artikel 36 Absatz 1 Buchstabe e der Kantonsverfassung mit 35 038 Ja gegen 26 304 Nein (obligatorisches Finanzreferendum).

Mit Schreiben vom 4. Dezember 1998 ersucht die Staatskanzlei des Kantons Solothurn um die eidgenössische Gewährleistung.

5413

132

Fakultatives Referendum für unbestrittene Gesetzesvorlagen

132.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 35 Abs. 1 Bst. c und d 1 Der obligatorischen Volksabstimmung unterliegen: c. Staatsverträge und Konkordate mit verfassungsänderndem oder gesetzeswesentlichem Inhalt sowie solche, die Ausgaben nach Buchstabe e zur Folge haben; d. Gesetze; Art. 36 Abs. 1 Bst. b 1 Auf Begehren von 1500 Stimmberechtigten oder fünf Einwohnergemeinden werden der Volksabstimmung unterbreitet: b. alle übrigen Kantonsratsbeschlüsse, die nicht der obligatorischen Volksabstimmung unterstehen; vorbehalten bleibt Artikel 37.

Neuer Text Art. 35 Abs.1 Bst. c und d 1 Der obligatorischen Volksabstimmung unterliegen: c. Staatsverträge und Konkordate mit verfassungsänderndem Inhalt sowie solche, die Ausgaben nach Buchstabe e zur Folge haben; d. Gesetze, Staatsverträge und Konkordate mit gesetzeswesentlichem Inhalt, die der Kantonsrat mit weniger als zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder beschliesst.

Art. 36 Abs. 1 Bst. b 1 Auf Begehren von 1500 Stimmberechtigten oder fünf Einwohnergemeinden werden der Volksabstimmung unterbreitet: b. alle übrigen Gesetze, Staatsverträge, Konkordate sowie Kantonsratsbeschlüsse, die nicht der obligatorischen Volksabstimmung unterstehen; vorbehalten bleibt Artikel 37.

Durch die Verfassungsänderung wird das umfassende obligatorische Referendum für Gesetzesvorlagen aufgehoben. Diese unterstehen dem obligatorischen Referendum nur noch dann, wenn der Kantonsrat sie mit weniger als zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder beschliesst. Die übrigen Gesetzesvorlagen unterstehen dem fakultativen Referendum.

132.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Die Kantone sind nicht verpflichtet, ein obligatorisches Gesetzesreferendum vorzusehen. Da die Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

5414

133

Obligatorisches Finanzreferendum

133.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 35 Abs. 1 Bst. e 1 Der obligatorischen Volksabstimmung unterliegen: e. Beschlüsse des Kantonsrates über neue einmalige Ausgaben von mehr als zwei Millionen Franken oder jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 200 000 Franken;

Neuer Text Art. 35 Abs. 1 Bst. e 1 Der obligatorischen Volksabstimmung unterliegen: e. Beschlüsse des Kantonsrates über neue einmalige Ausgaben von mehr als 5 Millionen Franken oder jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als 500 000 Franken;

Durch die Verfassungsänderung werden die massgebenden Beträge für das fakultative und das obligatorische Finanzreferendum erhöht. Durch die Änderung werden zugleich die Grenzen zwischen dem fakultativen und dem obligatorischen Referendum weiter auseinander gerückt.

133.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Die Festlegung der massgebenden Beträge für ein von den Kantonen vorgesehenes Finanzreferendum liegt vollständig in der Kompetenz der Kantone. Da die Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

14

Verfassung des Kantons Waadt

141

Kantonale Volksabstimmung

In der Volksabstimmung vom 29. November 1998 haben die Stimmberechtigten des Kantons Waadt der Änderung von Artikel 27 Ziffer 2 sowie der Ergänzung durch Artikel 27 Ziffern 2bis und 2ter der Kantonsverfassung mit 61 081 Ja gegen 54 379 Nein zugestimmt. Mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 ersucht der Staatsrat des Kantons Waadt um die eidgenössische Gewährleistung.

5415

142

Einführung des Finanzreferendums

142.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 27 Ziff. 2 2. Das Referendum ­ 12 000 Stimmberechtigte können innerhalb von 40 Tagen seit der Veröffentlichung im Amtsblatt des Kantons Waadt verlangen, dass ein Gesetz oder Dekret der Volksabstimmung unterbreitet wird.

­ Dem Referendum nicht unterstellt sind Dekrete über: a) Begnadigungsgesuche; b) Einbürgerungen; c) das Budget; d) Anleihen; e) gebundene Ausgaben.

­ Der Grosse Rat stellt die Ungültigkeit von Referendumsbegehren fest, welche Gegenstände betreffen, die nach dem vorherigen Abschnitt nicht dem Referendum unterstehen.

­ Dem Referendum unterstehende Gesetzes- und Dekretsentwürfe werden nicht vor Ablauf der Frist von 40 Tagen oder, falls eine Volksabstimmung stattfindet, nicht vor dieser in Kraft gesetzt.

Neuer Text Art. 27 Ziff. 2, 2bis (neu) und 2ter (neu) 2. Das fakultative Referendum 12 000 Stimmberechtigte können innerhalb von 40 Tagen seit der Veröffentlichung im Amtsblatt des Kantons Waadt verlangen, dass der Volksabstimmung unterbreitet wird: a) ein Gesetz; b) ein Dekret; c) jeder Beschluss des Grossen Rates über eine einmalige Ausgabe von mehr als 2 Millionen Franken oder eine Ausgabe von jährlich mehr als 200 000 Franken während 10 Jahren.

2bis. Das obligatorische Referendum ­ Jeder Beschluss des Grossen Rates über eine einmalige Ausgabe von mehr als 20 Millionen Franken oder eine Ausgabe von jährlich mehr als 2 Millionen Franken während 10 Jahren wird der Volksabstimmung unterbreitet.

2ter. Bestimmungen zum Referendum ­ Dem Referendum nicht unterstellt sind Dekrete über: a) Begnadigungsgesuche; b) Einbürgerungen; c) das Gesamtbudget; d) Anleihen; e) gebundene Ausgaben.

­ Der Grosse Rat stellt die Ungültigkeit von Referendumsbegehren fest, welche Gegenstände betreffen, die nach dem vorherigen Abschnitt nicht dem Referendum unterstehen.

­ Dem Referendum unterstehende Vorlagen werden nicht vor Ablauf der Frist von 40 Tagen oder, falls eine Volksabstimmung stattfindet, nicht vor dieser in Kraft gesetzt.

Durch diese Verfassungsrevision wird im Kanton Waadt ein neues Instrument der direkten Demokratie, das Finanzreferendum, eingeführt. Dieses erlaubt es den Stimmberechtigten, eine Ausgabe des Staates unabhängig von der Form des Beschlusses (Gesetz, Dekret oder Budget) anzunehmen oder zu verwerfen. Das Referendum ist je nach Höhe der geplanten Ausgaben fakultativ oder obligatorisch und hat sowohl einmalige als auch wiederkehrende nicht gebundene (neue) Ausgaben zum Gegenstand.

5416

142.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Das Bundesrecht verlangt nur, dass die Kantone das obligatorische Verfassungsreferendum und eine Initiative auf Totalrevision der Kantonsverfassung vorsehen (Art. 6 Abs. 2 Bst. c BV; P. Saladin, Kommentar BV zu Art. 6, Rz. 69).

Die Einführung weiterer Instrumente der direkten Demokratie liegt in der Kompetenz der Kantone, wobei alle Kantone über die Mindestanforderungen der Bundesverfassung hinausgehen. Mit der Einführung des Finanzreferendums im Kanton Waadt gibt es dieses Instrument nun ­ als fakultatives oder obligatorisches Referendum bzw. in beiden Formen ­ in allen Kantonen. Da die Revision weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

15

Verfassung des Kantons Genf

151

Kantonale Volksabstimmungen

In der Volksabstimmung vom 7. Juni 1998 haben die Stimmberechtigten des Kantons Genf der Aufhebung von Artikel 124 Absätze 2 und 3 der Kantonsverfassung (Aufsicht über die Gerichte) mit 80 936 Ja gegen 11 574 Nein zugestimmt.

In der Volksabstimmung vom 27. September 1998 haben die Stimmberechtigten des Kantons Genf folgende Vorlagen angenommen:

­

die Änderung von Artikel 87 der Kantonsverfassung (Zusammensetzung des Büros des Grossen Rates) mit 75 554 Ja gegen 11 790 Nein;

­

die Änderung von Artikel 159 der Kantonsverfassung (Organisation der Versorgungsbetriebe) mit 75 984 Ja gegen 12 032 Nein.

In der Volksabstimmung vom 29. November 1998 haben sie im Weiteren mit 49 307 Ja gegen 30 713 Nein der Änderung von Artikel 74 und der Aufhebung von Artikel 73 der Kantonsverfassung (Unvereinbarkeit mit der Mitgliedschaft im Grossen Rat) zugestimmt.

Mit Schreiben vom 4. November und vom 7. Dezember 1998 sowie vom 20. Januar und vom 24. Februar 1999 ersucht der Staatsrat des Kantons Genf um die eidgenössische Gewährleistung.

152

Aufsicht über die Gerichte

152.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 124 Abs. 2 und 3 2 Auf Antrag des Richterrats kann der Staatsrat Richtern die Besoldung für längstens sechs Monate entziehen, sie ihrer Aufgaben entbinden oder sie ihres Amtes entheben.

3 Der Staatsrat kann selbstständig gegen Richter keine Sanktion verhängen und keine Massnahme ergreifen, er kann lediglich die Anträge des Richterrats annehmen oder verwerfen.

5417

Neuer Text Art. 124 Abs. 2 und 3 Aufgehoben

Diese Verfassungsrevision steht im Zusammenhang mit einer Reform der kantonalen Gesetzgebung im Bereich der Gerichtsordnung. Eines der Ziele dieser Reform ist die vollständige Verwirklichung der Trennung zwischen richterlicher und exekutiver Gewalt. Zu diesem Zweck mussten die Verfassungsbestimmungen aufgehoben werden, die dem Staatsrat Kompetenzen im Bereich des Disziplinarrechts über Richter zuwies. Künftig obliegt die disziplinarische Aufsicht über die Richter einzig dem Richterrat, der allein befugt ist, Sanktionen gegen Richter auszusprechen.

152.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Nach der verfassungsmässigen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (Art. 3, 64 Abs. 3 und 64bis Abs. 2 BV) liegt die Organisation der Justiz in der Kompetenz der Kantone, die sich dabei an die Verfahrensgarantien zu halten haben. Die vorliegende Verfassungsänderung verstärkt die Unabhängigkeit der Gerichte gegenüber der Exekutive und widerspricht daher weder der Bundesverfassung noch sonstigem Bundesrecht. Die Gewährleistung ist ihr folglich zu erteilen.

153

Zusammensetzung des Büros des Grossen Rates

153.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 87 Büro Der Grosse Rat wählt alljährlich aus seiner Mitte einen Präsidenten, zwei Vizepräsidenten und zwei Sekretäre.

Neuer Text Art. 87 Büro Der Grosse Rat wählt aus seiner Mitte für eine vom Gesetz festgelegte Dauer einen Präsidenten, zwei Vizepräsidenten sowie Sekretäre, sodass jede Parlamentsfraktion im Büro vertreten ist.

Die Revision schafft die notwendige Verfassungsgrundlage für die Anpassung des Reglements des Grossen Rates. Um die Vertretung der verschiedenen politischen Richtungen zu verbessern, wird das Büro des Grossen Rates künftig so zu besetzen sein, dass jede Fraktion im Büro vertreten ist. Die Anzahl der Mitglieder des Büros ist künftig nicht mehr fest, sondern hängt von der Anzahl der Fraktionen im Grossen Rat ab. Im Weiteren wird die Festlegung der Dauer des Mandats dem Gesetzgeber übertragen.

5418

153.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Die Zusammensetzung des Büros des Grossen Rates gehört zum Parlamentsrecht oder, in genereller Weise, zum Organisationsrecht, welches in der Kompetenz der Kantone liegt. Da die vorliegende Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

154

Organisation der Versorgungsbetriebe

154.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 159 Geschäftsführung 1 Die Geschäftsführung der Versorgungsbetriebe obliegt einem Verwaltungsrat, dessen 19 Mitglieder wie folgt gewählt werden: a. 4 Mitglieder vom Grossen Rat; b. 4 Mitglieder, darunter ein Mitglied des Staatsrats, vom Staatsrat; c. 4 Mitglieder vom Gemeinderat der Stadt Genf; d. ein Mitglied vom Stadtrat der Stadt Genf aus dessen Mitte; e. 3 Mitglieder von den Gemeinderäten der übrigen Gemeinden; f. 3 Mitglieder aus dem Personal der Versorgungsbetriebe, die vom gesamten Personal in geheimer Abstimmung nach dem für die Nationalratswahlen geltenden Proporzsystem gewählt werden.

2 Die Mitglieder des Verwaltungsrats dürfen weder direkt noch indirekt Lieferanten der Versorgungsbetriebe sein; sie dürfen weder direkt noch indirekt mit Arbeiten auf Rechnung der Versorgungsbetriebe beauftragt sein.

3 Das Gesetz regelt die Befugnisse des Verwaltungsrates, das Wahlverfahren, die Amtsdauer, die persönlichen Voraussetzungen und die Verantwortlichkeiten seiner Mitglieder. Der Staatsrat wählt den Präsidenten des Verwaltungsrates und legt dessen Pflichtenheft fest.

4 Das Personal der Versorgungsbetriebe wird vom Verwaltungsrat ernannt. Die Besoldung wird im Gesetz geregelt.

Neuer Text Art. 159 Organisation Die Organisation der Versorgungsbetriebe wird im Gesetz geregelt.

Durch diese Verfassungsänderung wird die Kompetenz zur Festlegung der Organisation der Versorgungsbetriebe dem Gesetzgeber übertragen.

154.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Die Organisation der Versorgungsbetriebe und anderer öffentlicher Dienste und Institutionen des Kantons liegt in der Kompetenz der Kantone. Da die vorliegende Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

5419

155

Unvereinbarkeit mit der Mitgliedschaft im Grossen Rat

155.1

Inhalt des bisherigen und des neuen Textes

Bisheriger Text Art. 73 Unvereinbarkeit mit einem öffentlichen besoldeten Amt Das Mandat als Mitglied des Grossen Rates ist unvereinbar mit jedem öffentlichen Amt, das mit einer dauernden Besoldung durch den Staat verbunden ist.

Art. 74 Unvereinbarkeit 1 Das Amt eines Staatsrats sowie eines Mitglieds der Gerichtsbehörden, mit Ausnahme der Ersatzrichter und der Richter des Arbeitsgerichts, sind unvereinbar mit dem Mandat als Mitglied des Grossen Rates.

2 Die Mitglieder des Staatsrates sowie die Richter, deren Ämter nach Absatz 1 unvereinbar sind, sind dennoch in den Grossen Rat wählbar, müssen sich jedoch nach der Wahl für eines der beiden Mandate entscheiden.

Neuer Text Art. 73 Aufgehoben Art. 74 Unvereinbarkeit 1 Mit dem Mandat als Parlamentsmitglied sind folgende Ämter nicht vereinbar: a. Staatsrat und Staatskanzler; b. Mitarbeiter im unmittelbaren Umfeld der Staatsräte und des Staatskanzlers; c. Mitarbeiter des Parlamentsdienstes; d. höheres Kader im öffentlichen Dienst; e. Mitglied der Gerichtsbehörden, mit Ausnahme der Ersatzrichter und der Arbeitsrichter.

2 Die nach Absatz 1 betroffenen Personen sind dennoch wählbar, müssen sich jedoch nach der Wahl für eines der beiden Mandate entscheiden.

Durch die Verfassungsänderung wird die Bestimmung aufgehoben, wonach jede Ausübung eines öffentlichen Amtes in der kantonalen Zentralverwaltung mit dem Mandat als Mitglied des Grossen Rates unvereinbar war. Die neue Regelung beschränkt die Fälle der Unvereinbarkeit auf Personen, die tatsächlich, aus Gründen ihrer politischen Verantwortung, an der Exekutivgewalt beteiligt sind (obere Kader im öffentlichen Dienst), auf Personen, deren beruflicher Status sehr eng mit den Exekutivbehörden verknüpft ist (Mitarbeiter im unmittelbaren Umfeld der Staatsräte und des Staatskanzlers), sowie auf Personal des Parlaments (Mitarbeiter des Parlamentsdienstes). Im Übrigen bestätigt die neue Bestimmung die bereits bisher bestehenden Fälle der Unvereinbarkeit zwischen dem Amt als Mitglied der Exekutive oder als ständiges Mitglied der Gerichtsbehörden und dem Mandat als Mitglied des Grossen Rates.

155.2

Übereinstimmung mit dem Bundesrecht

Nach der verfassungsmässigen Aufgabenteilung (Art. 3 und 74 Abs. 4 BV) sind die Kantone für den Bereich der politischen Rechte zuständig und können namentlich zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gewaltenteilung die Fälle der

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Unvereinbarkeit zwischen den verschiedenen Ämtern und politischen Funktionen des Kantons regeln. In der Ausübung dieser Kompetenz sind sie dennoch verpflichtet, materielle Bestimmungen des Bundesrechts einzuhalten, namentlich die Grundsätze der Rechtsgleichheit nach Artikel 4 BV sowie des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit der Beschränkung der politischen Rechte (BBl 1998 5500 f.; 1989 II 736­743; BGE 123 I 87, 105 E. 4b mit Hinweisen).

Durch die neue Bestimmung der Genfer Kantonsverfassung werden die Fälle der Unvereinbarkeit differenzierter geregelt und es werden nur diejenigen Situationen beibehalten, in denen tatsächlich die Gefahr einer Vermischung der Gewalten besteht. Die neue Regelung entspricht daher den oben genannten Grundsätzen. Da die Änderung weder die Bundesverfassung noch sonstiges Bundesrecht verletzt, ist ihr die Gewährleistung zu erteilen.

2

Verfassungsmässigkeit

Die Bundesversammlung ist nach den Artikeln 6 und 85 Ziffer 7 der Bundesverfassung für die Gewährleistung der Kantonsverfassungen zuständig.

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