zu 99.441s zu 99.440n Parlamentarische Initiativen Teilrevision des Bundesrechtspflegegesetzes zur Entlastung des Bundesgerichts Bericht vom 4. und 8. September 1999 der Geschäftsprüfungskommissionen des Ständerates und des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 4. Oktober 1999

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, zum Bericht vom 4. und 8. September 1999 der Geschäftsprüfungskommissionen des Ständerates und des Nationalrates betreffend Teilrevision des Bundesrechtspflegegesetzes (OG, SR 173.110) zur Entlastung des Bundesgerichts nehmen wir nach Artikel 21quater Absatz 4 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG, SR 171.11) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren unserer vorzüglichen Hochachtung.

4. Oktober 1999

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates

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Die Bundespräsidentin: Ruth Dreifuss Der Bundeskanzler: François Couchepin

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1999-5474

Stellungnahme 1

Überlastung des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Geschäftsprüfungskommissionen zur Überlastung des Bundesgerichts und des Eidgenössischen Versicherungsgerichts. Sie deckt sich im wesentlichen mit der Beurteilung durch die Expertenkommission für die Totalrevision der Bundesrechtspflege. Der grosse Arbeitsdruck, der auf den obersten Gerichten des Bundes lastet, zeigt sich nicht nur in den hohen Geschäftszahlen, er manifestiert sich auch sehr deutlich in der Art der Erledigungen. Nur ein verschwindender Teil der Fälle, am Bundesgericht zwischen 2 und 3 Prozent, am Eidgenössischen Versicherungsgericht unter 1 Prozent, wird im ordentlichen Verfahren mit einer Urteilsberatung entschieden. Es muss verhindert werden, dass die obersten Gerichte unter der anhaltend hohen Geschäftslast zu «Urteilsfabriken» verkommen und ihre typisch höchstrichterlichen Aufgaben, wie die Wahrung der Einheit der Rechtsprechung und die Rechtsfortbildung, nicht mehr ordnungsgemäss wahrnehmen können. Der Bundesrat nimmt das Überlastungsproblem sehr ernst und hat deshalb 1993 die Totalrevision der Bundesrechtspflege eingeleitet.

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Stand der Totalrevision der Bundesrechtspflege

Die Totalrevision des Bundesrechtspflegegesetzes erfordert in diversen Punkten eine Änderung der Justizverfassung. Die entsprechende Verfassungsvorlage über die Reform der Justiz geriet geringfügig ins Stocken, nachdem der Nationalrat im Juni 1998 die Überprüfung von Bundesgesetzen abgelehnt und damit eine gewichtige Differenz zum Ständerat geschaffen hatte. Zwischenzeitlich konnten die Differenzen grösstenteils bereinigt werden. Es wird erwartet, dass die Justizreform in der Herbstsession 1999 durch die eidgenössischen Räte verabschiedet wird.

Die Botschaft für ein neues Bundesgesetz über das Bundesgericht, das die Reformpostulate umsetzt und zu einer erheblichen Straffung der Organisation und der Verfahren vor Bundesgericht führen wird, ist in Vorbereitung und soll den Eidgenössischen Räten bei einem positiven Ausgang der Abstimmung über die Justizreform bereits in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres zugeleitet werden. Mit einer gestaffelten Inkraftsetzung könnte zudem die Realisierung der angestrebten Verbesserungen beschleunigt werden.

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Mögliche Sofortmassnahmen

Der Bundesrat erachtet die anhaltende Überlastung der obersten eidgenössischen Gerichte als dringliches Problem (vgl. Ziff. 1). Er ist aber überzeugt, dass eine wirksame Entlastung nur durch eine grundlegende Gesamtreform erreicht werden kann.

Er hat deshalb die Totalrevision der Bundesrechtspflege vorangetrieben und darauf die Kräfte konzentriert.

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Das bedeutet nicht, dass der Bundesrat sich gegen wirksame Sofortmassnahmen gestellt hätte bzw. stellt. Sofortmassnahmen machen jedoch nur Sinn, wenn gewährleistet ist, 1.

dass die anvisierten Massnahmen tatsächlich zu einer echten und spürbaren Entlastung in den Problembereichen führen,

2.

dass die vorgeschlagenen Massnahmen rasch realisiert werden können, ohne die Schaffung neuer Institutionen zu erfordern,

3.

dass mit den Massnahmen die Gesamtrevision nicht präjudiziert wird, also keine Entscheide gefällt werden, die den Leitideen der Strukturreform zuwiderlaufen,

4.

dass Teile der Gesamtrevision, die voneinander abhängig sind, nicht aus dem Zusammenhang gelöst werden sowie

5.

dass die Massnahmen politisch unbestritten sind und nicht zu Verzögerungen im parlamentarischen Prozess führen.

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Stellungnahme zu den einzelnen Vorschlägen

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Änderung des Bundesrechtspflegegesetzes (OG)

Artikel 36b (Zirkulationsverfahren) Anlässlich der Teilrevision von 1991 wurde im OG ein neuer Artikel 36b geschaffen, der vorsieht, dass das Bundesgericht auch ausserhalb des vereinfachten Verfahrens (Art. 36a OG) auf dem Weg der Aktenzirkulation entscheiden kann, wenn sich Einstimmigkeit ergibt und kein Richter eine mündliche Beratung verlangt. Vorher wurde das Zirkulationsverfahren am Bundesgericht nur in Fällen praktiziert, in denen das Gesetz keine öffentliche Beratung vorschrieb. Gemäss Artikel 17 OG bildete die öffentliche Beratung aber eindeutig die Regel, sofern ein Fall nicht im vereinfachten Verfahren erledigt werden konnte. Das EVG wandte das Zirkulationsverfahren an, wenn keine Schlussverhandlung stattfand und keine Partei dem Gericht mitgeteilt hatte, sie werde der Beratung beiwohnen. Das Abstellen auf den Willen der Parteien war jedenfalls bei Streitigkeiten über Sozialversicherungsleistungen und -beiträge unproblematisch, weil in diesen Verfahren nur die Parteien und ihre Vertreter den Verhandlungen, Beratungen und Abstimmungen beiwohnen dürfen (Art. 125 in Verbindung mit Art. 17 Abs. 2 OG).

Nach der Einführung von Artikel 36b OG nahm die Zahl der öffentlichen Beratungen am Bundesgericht markant ab. 1998 wurden über 97 Prozent der Fälle, die nicht bereits durch den Abteilungspräsidenten erledigt werden konnten, im vereinfachten Verfahren oder im Zirkulationsverfahren entschieden, mithin ohne öffentliche Beratung. In der Lehre wie auch in der Presse wurde verschiedentlich kritisiert, das in Artikel 17 OG verankerte Prinzip der öffentlichen Beratung werde durch die neue Praxis unterlaufen. Zudem sei nicht anzunehmen, dass die von Artikel 36b OG geforderte Einstimmigkeit so häufig schon auf Anhieb gegeben sei. Es entspreche aber nicht dem Sinn des Gesetzes, wenn anstelle einer öffentlichen Beratung mit gerichtsinternen Sitzungen versucht werde, Einstimmigkeit zu erreichen.

Bis vor wenigen Jahren galt es als wichtige Tradition, dass Bundesgerichtsurteile öffentlich beraten wurden. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Frage, ob und 9608

wieweit diese Tradition aus Entlastungsgründen definitiv aufzugeben ist, eine vertiefte Diskussion verdient, die besser im Rahmen der Totalrevision des OG geführt werden kann, wenn auch über andere mögliche Entlastungsmassnahmen mehr Klarheit herrscht.

Zwar will der Vernehmlassungsentwurf für ein Bundesgerichtsgesetz das Zirkulationsverfahren zur Regel machen. Nach Artikel 55 des Entwurfs findet jedoch eine mündliche Verhandlung statt, wenn ein Richter dies verlangt oder wenn es der Abteilungspräsident anordnet. Mit der separaten Nennung des Abteilungspräsidenten soll betont werden, dass er eine besondere Verantwortung dafür trägt, dass zumindest Grundsatzentscheide mündlich beraten werden (Schlussbericht der Expertenkommission für die Totalrevision der Bundesrechtspflege vom Juni 1997, S. 68).

Im gegenwärtigen Zeitpunkt würde die Abschaffung des Erfordernisses der Einstimmigkeit in Artikel 36b OG ein falsches Zeichen setzen. Ausserdem würde sie fast nichts zur Entlastung beitragen, beim EVG, das diesen Schritt fordert, in den letzten Jahren aber bereits 99 Prozent der Fälle auf dem Zirkulationsweg (Art. 36a und 36b OG) entschied, noch weniger als beim Bundesgericht.

Artikel 41 und 42 (Direkte Prozesse im Zivilrecht) Anders als die Bundesverfassung von 1874 (Art. 110 Abs. 1 Ziff. 2 und 4, Art. 111) verankert die neue Bundesverfassung die Direktprozesse in Zivilsachen nicht mehr im Text. Die Meinung war dabei klar die, dass es genüge, wenn die Direktprozesse im Gesetz verankert seien (vgl. Botschaft, BBl 1997 I 426). Es handelt sich somit um eine Herabstufung und nicht um eine Aufhebung (wie bei den Bundesassisen).

Rein vom Text der neuen Verfassung her wäre die Streichung der Direktprozesse im Gesetz (Art. 41 Bst. b und c, Art. 42 OG) möglich. Es fragt sich jedoch, ob ein solches Vorgehen kurz nach der Abstimmung über die neue Verfassung politisch opportun ist, nachdem im fraglichen Punkt eindeutig keine Abweichung vom Konzept der Nachführung bezweckt wurde. Der Bundesrat würde es vorziehen, wenn die Abschaffung der Direktprozesse Gegenstand der Justizreform bleiben würde.

1998 gingen beim Bundesgericht 13 Klagen in Zivilsachen ein. Das entspricht 0,2 Prozent des Totals der Eingänge. In diesem Bereich bewegen sich auch die Zahlen der Vorjahre (1997: 13; 1996: 26; 1995: 15). Der Aufwand für
die Direktprozesse in Zivilsachen ist nicht derart gross wie für die erstinstanzlichen Strafprozesse, bei denen der Sachverhalt in einem umständlichen Verfahren festzustellen ist und die regelmässig im Brennpunkt des Interesses der Öffentlichkeit stehen. Das Entlastungspotenzial einer vorgezogenen Streichung der Direktprozesse in Zivilsachen ist daher nicht gross.

Sollte an der Änderung der Artikel 41 und 42 OG dennoch festgehalten werden, so wäre zu prüfen, ob in Artikel 41 Absatz 2 OG auf den Gerichtsstand am Hauptort des Kantons, in dem der Kläger seinen Wohnsitz hat, nicht verzichtet werden sollte.

Andernfalls würde der Bund künftig vermehrt vor Gerichten ausserhalb des Kantons Bern eingeklagt, was für die Eidgenössische Finanzverwaltung namentlich wegen des notwendigen Beizugs von Korrespondenzanwälten einen erheblichen Mehraufwand zur Folge hätte.

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Artikel 110 Absatz (Vernehmlassung der Bundesverwaltungsbehörde) Die vorgeschlagene Ergänzung von Artikel 110 Absatz 2 OG, gemäss welcher das Bundesgericht von der Bundesverwaltungsbehörde, die zur Beschwerde berechtigt gewesen wäre, eine Stellungnahme verlangen kann, bringt nichts Neues. In der Tat kann das Bundesgericht gestützt auf Artikel 49 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess (SR 273) in Verbindung mit Artikel 40 OG schon heute von Amtsstellen schriftliche Auskünfte verlangen. Zur Antragstellung könnte die Bundesverwaltungsbehörde auch nach der ergänzten Fassung von Artikel 110 Absatz 2 OG nicht verpflichtet werden, weil dies dem Recht der Parteien widersprechen würde, über den Streitgegenstand zu verfügen (Dispositionsmaxime). In grundsätzlicher Hinsicht ist schliesslich anzumerken, dass es nicht Aufgabe der beschwerdeberechtigten Bundesbehörde sein kann, der unabhängigen Dritten Gewalt gewissermassen einen Vorentwurf für das Urteil zu liefern.

Artikel 123 Absatz 1 (Zahl der Richter am EVG) Mit der Änderung von Artikel 123 Absatz 1 OG soll die Möglichkeit geschaffen werden, je zwei zusätzliche Mitglieder und nebenamtliche Richter ins EVG zu wählen. Der Bundesrat ist mit einer solchen Erhöhung der Richterzahl einverstanden. Die Lage präsentiert sich in dreifacher Hinsicht anders als bei der parlamentarischen Initiative von 1994, welche die Richterzahl am Bundesgericht betraf: Erstens hat die Geschäftszahl am EVG in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen, zweitens werden die Zugangsbeschränkungen beim Bundesgericht auch in Zukunft nicht im gewünschten Ausmass verschärft werden können, und drittens befürwortet diesmal das Gericht selbst die Vergrösserung.

Artikel 132 (Kognition des EVG) Der Bundesrat ist mit der vorgeschlagenen Änderung grundsätzlich einverstanden.

Die Angleichung der Prüfungsbefugnis des EVG an jene des Bundesgerichts entspricht der Absicht, die beiden Gerichte im Rahmen der Totalrevision der Bundesrechtspflege zusammenzulegen. Vorbehalten muss jedoch eine Korrekturmöglichkeit offensichtlich unrichtiger Sachverhaltsfeststellungen bzw. die Rückweisung zur Abklärung sein.

Wenn sich der Bundesrat in den letzten Jahren wiederholt gegen die vorgezogene Änderung von Artikel 132 OG aussprach, so tat er dies deshalb, weil er die politischen
Erfolgsaussichten als gering einschätzte. In den Achtzigerjahren hatte das Parlament einen entsprechenden Vorschlag des Bundesrates (vgl. BBl 1985 II 949) abgelehnt. Im Vernehmlassungsverfahren zum Entwurf für ein Bundesgerichtsgesetz wurde die Abschaffung der Sondervorschrift über die Kognition im Sozialversicherungsrecht wiederum teilweise kritisiert.

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Änderung des Verantwortlichkeitsgesetzes (VG)

Artikel 10 (Einsetzung einer Rekurskommission) Mit der Zielsetzung, in den Bereichen, in denen das Bundesgericht noch als erste richterliche Instanz entscheidet, richterliche Vorinstanzen zu schaffen, ist der Bundesrat an und für sich einverstanden. Im Rahmen der Totalrevision des OG soll denn 9610

auch als Rechtsmittelinstanz gegen Verfügungen der Bundesverwaltung ein zentrales Bundesverwaltungsgericht geschaffen werden. Ob es sich lohnt, in der Zwischenzeit noch neue Rekurskommissionen einzusetzen, muss auf Grund der Besonderheiten des jeweiligen Sachbereichs entschieden werden. Im Staatshaftungsrecht hatte das Bundesgericht in den letzten fünf Jahren durchschnittlich sechs Verwaltungsgerichtsbeschwerden zu beurteilen bei einem durchschnittlichen Total von 1079 Verwaltungsgerichtsbeschwerden. Der Entlastungseffekt einer Rekurskommission für diesen Bereich muss deshalb klar relativiert werden, zumal in gewichtigen Fällen (wie etwa dem Fall Swisscontrol) ohnehin mit einem Weiterzug zu rechnen ist. Der eher bescheidenen Entlastung des Bundesgerichts steht ein nicht zu unterschätzender administrativer Aufwand für die Organisation einer neuen Rekurskommission gegenüber, die dann doch nur bis zur Schaffung des Bundesverwaltungsgerichts Bestand hätte. Von den bestehenden Rekurskommissionen ist keine auf Grund der personellen Zusammensetzung ohne weiteres für die Behandlung von Haftungsstreitigkeiten geeignet.

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Änderung des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (BStP)

Artikel 270 (Legitimation zur Nichtigkeitsbeschwerde) Die Absätze 1­3 wiederholen ­ besser gegliedert ­ geltendes Recht.

Nach den Absätzen 4­6 soll der Geschädigte, der weder Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes vom 4. Oktober 1991 (SR 312.5) noch Privatstrafkläger ist, nicht mehr zur Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert sein. Dagegen hat der Bundesrat nichts einzuwenden. Eine entsprechende Einschränkung der Legitimation ist auch im Entwurf für ein Bundesgerichtsgesetz vorgesehen (Art. 75). Die Ausnahme in Absatz 5, wonach der Strafantragsteller in jedem Fall legitimiert ist, soweit es um Fragen des Strafantragsrechts als solches geht, entspricht der Bundesgerichtspraxis (BGE 120 IV 57).

Absatz 7 öffnet die Nichtigkeitsbeschwerde für Dritte, welche durch im Strafurteil angeordnete Nebenmassnahmen (Einziehung oder Urteilspublikation) direkt betroffen werden, also zum Beispiel für die Zeitung, welche zur Urteilspublikation verpflichtet wird. Die Vorschrift nimmt ein berechtigtes Rechtsschutzbedürfnis auf. Am allgemein gültigen Legitimationserfordernis des rechtlich geschützten (nicht bloss schutzwürdigen) Interesses ist jedoch auch hier festzuhalten.

Artikel 272 Absätze 1, 2 und 5 (Beschwerdefrist bei der Nichtigkeitsbeschwerde) Dem Übergang zur üblichen Beschwerdefrist von 30 Tagen kann zugestimmt werden, ebenso der Neuerung, wonach die Beschwerde beim Bundesgericht und nicht mehr bei der letzten kantonalen Instanz einzureichen ist.

Der Passus «und schriftlich begründet» ist entbehrlich. Das Erfordernis einer schriftlichen Begründung ergibt sich bereits aus Artikel 273, welcher die Anforderungen an die Beschwerdeschrift darlegt und u. a. in Buchstabe b eine Begründung der Anträge verlangt.

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Artikel 274 (Vorinstanz) Mit den neuen Regelungen (Aufforderung an die Vorinstanz zur Einsendung der Vorakten und Pflicht zur schriftlichen Begründung des Urteils, je nach kantonalem Prozessrecht nur auf Verlangen) ist der Bundesrat einverstanden.

Artikel 278 Absatz 3 (Parteientschädigung) Gegen die vorgenommene redaktionelle Anpassung ist nichts einzuwenden.

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Änderung des Eisenbahngesetzes (EBG)

Artikel 40 Absatz 2 (Streichung der verwaltungsrechtlichen Klage) Der Bundesrat ist mit der Streichung des letzten Satzes von Artikel 40 Absatz 2 EBG, der die verwaltungsrechtliche Klage nach Artikel 116 Buchstabe a OG vorbehält, einverstanden.

Beim fraglichen Vorbehalt handelt es sich allerdings nicht um ein gesetzgeberisches Versehen: Nach der ursprünglichen Fassung von Artikel 40 Absatz 2 EBG aus dem Jahre 1958 (AS 1958 346) entschied das Bundesgericht über alle dort erwähnten Streitigkeiten als einzige Instanz. Mit der Änderung des OG vom 4. Oktober 1991 wurde der Bundesrat in den Schlussbestimmungen Ziffer 1 Absatz 3 Buchstabe b beauftragt, für die Fälle, in denen bisher das Bundesgericht als einzige Instanz auf verwaltungsrechtliche Klage zu entscheiden hatte und diese Klage nach Artikel 116 OG nicht mehr zulässig war, die Zuständigkeit neu zu regeln. Er konnte dabei auch dem OG widersprechende, aber formell nicht geänderte Bestimmungen in Bundesgesetzen anpassen (Schlussbestimmungen Ziff. 2 Abs. 3). Da die verwaltungsrechtliche Klage im Verhältnis zwischen Bund und Kantonen nach Artikel 116 Buchstabe a OG weiterhin zulässig war, durfte sie der Bundesrat bei der Anpassung von Artikel 40 EBG auf dem Verordnungsweg (vgl. AS 1993 I 907) nicht abschaffen. Einer Abschaffung durch den Gesetzgeber steht aber nichts entgegen (vgl. Art. 117 Bst. c OG).

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Anträge

Der Bundesrat kann den Vorschlägen der Geschäftsprüfungskommissionen für eine Teilrevision des OG grundsätzlich zustimmen.

Was die Abschaffung von Direktprozessen im Zivilrecht und die Einsetzung einer richterlichen Vorinstanz des Bundesgerichts im Staatshaftungsrecht angeht, würde der Bundesrat eine Realisierung im Rahmen der Gesamtrevision bevorzugen.

Nicht zustimmen kann der Bundesrat zur Zeit dem Verzicht auf das Erfordernis der Einstimmigkeit im Zirkulationsverfahren (Änderung von Art. 36b OG).

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