Bundesbeschluss über die formale Anpassung abstimmungsreifer Volksinitiativen an die neue Bundesverfassung vom 28. September 1999

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Ziffer III des Bundesbeschlusses vom 18. Dezember 19981 über eine neue Bundesverfassung, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 11. August 19992, beschliesst: I Die Volksinitiative «zum Schutze des Menschen vor Manipulationen in der Fortpflanzungstechnologie»3 wird formal wie folgt an die neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 angepasst4: Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 119 Abs. 2 Bst. c und g 2

Der Bund erlässt Vorschriften über den Umgang mit menschlichem Keim- und Erbgut. Er sorgt dabei für den Schutz der Menschenwürde, der Persönlichkeit und der Familie und beachtet insbesondere folgende Grundsätze:

1 2 3 4

c.

Die Zeugung ausserhalb des Körpers der Frau ist unzulässig;

g.

Die Verwendung von Keimzellen Dritter zur künstlichen Zeugung ist unzulässig.

AS 1999 2556 BBl 1999 7922 BBl 1999 214 Die Volksinitiative ist noch während der Geltungsdauer der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 eingereicht worden. Sie nimmt deshalb auf jenen Verfassungstext Bezug und nicht auf die Verfassung vom 18. April 1999. Der Originalwortlaut der Volksinitiative verlangte die Ergänzung von Artikel 24decies Absatz 2 Buchstabe c und g der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874.

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1999-5449

Anpassung abstimmungsreifer Volksinitiativen an die BV. BB

II Die Volksinitiative «für ein flexibles Rentenalter ab 62 für Frau und Mann»5 wird formal wie folgt an die neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 angepasst6: Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt: Art. 112 Abs. 2a7 2a Altersrenten werden ab dem vollendeten 62. Altersjahr gewährt. Bei Erwerbstätigkeit nach dem vollendeten 62. Altersjahr legt das Gesetz fest, wann der Anspruch ohne die Bedingung der Erwerbsaufgabe entsteht, und regelt den Teilanspruch auf Renten bei teilweiser Erwerbsaufgabe. Es kann die Altersgrenzen herabsetzen und unter bestimmten Bedingungen einen Vorbezug vorsehen.

Art. 196 Sachüberschrift Übergangsbestimmungen gemäss Bundesbeschluss vom 18. Dezember 1998 über eine neue Bundesverfassung Art. 197

Übergangsbestimmungen nach Annahme der Bundesverfassung vom 18. April 1999

1. Übergangsbestimmung zu Art. 112 (Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung) Hat die Bundesversammlung nicht innert fünf Jahren nach Annahme von Artikel 112 Absatz 2a die entsprechende Gesetzgebung erlassen, erlässt der Bundesrat die nötigen Ausführungsbestimmungen.

III Die Volksinitiative «für eine Flexibilisierung der AHV ­ gegen die Erhöhung des Rentenalters für Frauen»8 wird formal wie folgt an die neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 angepasst9:

5 6

7 8 9

BBl 1999 216 Die Volksinitiative ist noch während der Geltungsdauer der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 eingereicht worden. Sie nimmt deshalb auf jenen Verfassungstext Bezug und nicht auf die Verfassung vom 18. April 1999. Der Originalwortlaut der Volksinitiative verlangte die Ergänzung von Artikel 34quater Absatz 8 sowie eine Ergänzung der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 mit einem Artikel 23.

Mit Übergangsbestimmung BBl 1999 215 Die Volksinitiative ist noch während der Geltungsdauer der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 eingereicht worden. Sie nimmt deshalb auf jenen Verfassungstext Bezug und nicht auf die Verfassung vom 18. April 1999. Der Originalwortlaut der Volksinitiative verlangte die Ergänzung von Artikel 34quater Abs. 2 sechster und siebter Satz der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874.

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Anpassung abstimmungsreifer Volksinitiativen an die BV. BB

Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt: Art. 112 Abs. 2a 2a

Der Anspruch auf die Altersrente entsteht nach Vollendung des 62. Altersjahres, wenn keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird oder wenn das Erwerbseinkommen geringer ist als das Anderthalbfache der Mindestrente. Das Gesetz legt fest, ab welchem Alter der Rentenanspruch bedingungslos gilt.

IV

Die Volksinitiative «für eine Regelung der Zuwanderung»10 wird formal wie folgt an die neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 angepasst11: Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt: Art. 121 Sachüberschrift Ein- und Ausreise, Aufenthalt und Niederlassung, Asyl Art. 121a

Begrenzung der ausländischen Wohnbevölkerung12

1

Der Bund sorgt dafür, dass der Anteil der ausländischen Staatsangehörigen an der Wohnbevölkerung der Schweiz 18 Prozent nicht übersteigt.

2

Bei der Berechnung mitgezählt werden insbesondere Niedergelassene, Jahresaufenthalter, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer mit humanitärer Aufenthaltsbewilligung. Falls sie länger als ein Jahr in der Schweiz verbleiben, werden auch Ausländer gemäss Absatz 4 und weitere Ausländer mit anderer Aufenthaltsbewilligung mitgezählt. Kurzfristige Aufenthalter mit oder ohne Erwerbstätigkeit werden mitgezählt, sofern ihr Aufenthalt mehr als acht Monate dauert, erneuert wird und wenn der Familiennachzug bewilligt ist.

3 Bei der Berechnung nicht mitgezählt werden unabhängig von der Aufenthaltsdauer in der Schweiz Grenzgänger, Saisonniers ohne Familiennachzug, Angehörige internationaler Organisationen, Angehörige konsularischer und diplomatischer Dienste, qualifizierte Wissenschafter und Führungskräfte, Künstler, Kurgäste, Stagiaires, Studenten und Schüler sowie Touristen. Ebenso nicht mitgezählt werden Ausländer gemäss Absatz 4, sofern ihr Aufenthalt in der Schweiz weniger als zwölf Monate dauert.

10 11

12

BBl 1999 2565 Die Volksinitiative ist noch während der Geltungsdauer der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 eingereicht worden. Sie nimmt deshalb auf jenen Verfassungstext Bezug und nicht auf die Verfassung vom 18. April 1999. Der Originalwortlaut der Volksinitiative verlangte die Ergänzung der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 mit den Artikeln 69quater, 69quinquies, 70bis sowie eine Ergänzung der Übergangsbestimmungen mit einem Artikel 21.

Mit Übergangsbestimmung

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Anpassung abstimmungsreifer Volksinitiativen an die BV. BB

4

Für Asylbewerber, Kriegsvertriebene, Schutz suchende Ausländer, vorläufig Aufgenommene, Internierte sowie Ausländer ohne festen Wohnsitz in der Schweiz unterbindet der Bund die finanziellen Anreize für den Verbleib in der Schweiz.

5 In der Schweiz inhaftierte Personen gemäss Absatz 4 dürfen finanziell nicht besser gestellt sein, als dies in ihrem Herkunftsland der Fall wäre.

6

Sind Ausländer gemäss Absatz 4 sowie Ausländer ohne Aufenthaltsbewilligung fremdenpolizeilich oder strafrechtlich weg- respektive auszuweisen und ist der Vollzug möglich, zulässig und zumutbar, so können diese Personen zur Sicherstellung der Ausweisung bis zum Vollzug inhaftiert werden.

Art. 196 Sachüberschrift Übergangsbestimmungen gemäss Bundesbeschluss vom 18. Dezember 1998 über eine neue Bundesverfassung Art. 197

Übergangsbestimmungen nach Annahme der Bundesverfassung vom 18. April 1999

1. Übergangsbestimmung zu Art. 121a (Begrenzung der ausländischen Wohnbevölkerung)13 1 Sofern bei Inkrafttreten von Artikel 121a die festgelegte Grenze von 18 Prozent überschritten ist, wird dies so rasch wie möglich durch die freiwillige Auswanderung von Ausländern kompensiert.

2

Kann ein allfälliger Geburtenüberschuss auf diese Weise nicht kompensiert werden, so ist ein Überschreiten der 18-Prozent-Grenze befristet möglich, sofern keine neuen Aufenthaltsbewilligungen gemäss Artikel 121a Absatz 2 an Ausländer erteilt werden.

V Die Volksinitiative «Für eine gerechte Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden (Initiative 3. März)»14 wird formal wie folgt an die Bundesverfassung vom 18. April 1999 angepasst15:

13 14 15

Eingefügt durch die Abstimmung von Volk und Ständen vom ...

BBl 1997 III 537 Die Volksinitiative ist noch während der Geltungsdauer der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 eingereicht worden. Sie nimmt deshalb auf jenen Verfassungstext Bezug und nicht auf die Verfassung vom 18. April 1999. Der Originalwortlaut der Volksinitiative verlangte die Ergänzung der Artikel 4 Absatz 2, 4. und 5. Satz, 73 Absatz 1bis und 2, 80 Absatz 1, 2. und 3. Satz und Absatz 2, 95, 107 sowie eine Ergänzung der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 mit den Artikeln 20 und 21.

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Anpassung abstimmungsreifer Volksinitiativen an die BV. BB

Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 8 Abs. 3a 3a

Das Gesetz sorgt für eine ausgewogene Vertretung der Frauen in den Verwaltungen, insbesondere in der allgemeinen Bundesverwaltung, in den Regiebetrieben und an den Hochschulen.

Art. 143a

Vertretung der Frauen in den Bundesbehörden

In allen Bundesbehörden, namentlich im Nationalrat, im Ständerat, im Bundesrat und im Bundesgericht, ist eine angemessene Vertretung der Frauen unter Berücksichtigung der jeweiligen Eigenheiten jeder Behörde gewährleistet.

Art. 149 Abs. 516 5 Die Differenz zwischen der weiblichen und der männlichen Vertretung in einem Kanton beträgt nicht mehr als eins. Die Bundesgesetzgebung trifft die näheren Bestimmungen über die Ausführung.

Art. 150 Abs. 2 2 Die Kantone Obwalden, Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden wählen je eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten; die übrigen Kantone wählen je eine Frau und einen Mann.

Art. 175 Abs. 117 1 Der Bundesrat besteht aus sieben Mitgliedern; mindestens drei von ihnen sind Frauen.

Art. 188 Abs. 4, zweiter Satz18 4 .... Der Anteil der Frauen unter den haupt- und nebenamtlichen Richtern und Richterinnen beträgt je mindestens 40 Prozent.

Art. 196 Sachüberschrift Übergangsbestimmungen gemäss Bundesbeschluss vom 18. Dezember 1998 über eine neue Bundesverfassung Art. 197

16 17 18

Übergangsbestimmungen nach Annahme der Bundesverfassung vom 18. April 1999

Mit Übergangsbestimmung Mit Übergangsbestimmung Mit Übergangsbestimmung

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1. Übergangsbestimmung zu Art. 149 Abs. 5 und 150 Abs. 3 (Zusammensetzung und Wahl des National- und Ständerates) Die Ausführungsbestimmungen sind innert fünf Jahren nach Annahme von Artikel 149 Absatz 5 und Artikel 150 Absatz 3 zu erlassen.

2. Übergangsbestimmung zu Art. 175 Abs. 1 und 188 Abs. 4 (Zusammensetzung und Wahl des Bundesrates, Stellung des Bundesgerichtes) 1

Bei der Gesamterneuerungswahl des Bundesrates und bei der Bestätigungswahl des Bundesgerichtes können Mitglieder, die vor der Annahme der geänderten Bestimmungen von Artikel 175 Absatz 1 und Artikel 188 Absatz 4 in diese Behörden gewählt worden sind, wieder gewählt werden, auch wenn die Anforderungen dieser Artikel nicht erfüllt sind.

2 Bei Ersatzwahlen in den Bundesrat und ins Bundesgericht sind ausschliesslich Frauen wählbar, wenn sie nicht nach Artikel 175 beziehungsweise Artikel 188 vertreten sind.

VI Die Volksinitiative «für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs zur Erhaltung und Verbesserung von Lebensräumen (Verkehrshalbierungs-Initiative)»19 wird formal wie folgt an die Bundesverfassung vom 18. April 1999 angepasst20: Die Bundesverfassung wird wie folgt ergänzt: Art. 82 Abs. 2a­2c21 2a

Bund, Kantone und Gemeinden halbieren den motorisierten Strassenverkehr innerhalb von zehn Jahren nach Annahme der Verkehrshalbierungs-Initiative durch Volk und Stände. Der neue Stand darf nicht mehr überschritten werden. Massgebend ist die in der Schweiz insgesamt erbrachte Fahrleistung. Der öffentliche Verkehr ist von diesen Bestimmungen nicht betroffen und wird nicht mitgerechnet.

2b

Die Gemeinden können auf allen Strassen ihres Gebietes, ausgenommen auf den Nationalstrassen, Verkehrsbeschränkungen anordnen, soweit es dem Ziel von Absatz 2a oder der Verbesserung oder Erhaltung von Lebensräumen dient. Die vollständige Sperrung der vom Bund bezeichneten Durchgangsstrassen ist nur in Absprache mit dem Bund zulässig. Die Benützung der Strassen im Dienste der öffentlichen Hand bleibt vorbehalten.

19 20

21

BBl 1999 5041 Die Volksinitiative ist noch während der Geltungsdauer der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 eingereicht worden. Sie nimmt deshalb auf jenen Verfassungstext Bezug und nicht auf die Verfassung vom 18. April 1999. Der Originalwortlaut der Volksinitiative verlangte die Ergänzung der Artikel 37 Absatz 1bis, Absatz 2, 3. und 4. Satz und Absatz 3 sowie eine Ergänzung der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 mit einem Artikel 23.

Mit Übergangsbestimmung

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2c

Die für die Halbierung des motorisierten Strassenverkehrs anzuwendenden Mittel werden durch das Gesetz bestimmt.

Art. 196 Sachüberschrift Übergangsbestimmungen gemäss Bundesbeschluss vom 18. Dezember 1998 über eine neue Bundesverfassung Art. 197

Übergangsbestimmungen nach Annahme der Bundesverfassung vom 18. April 1999

1. Übergangsbestimmung zu Art. 82 Abs. 2c (Strassenverkehr) Ist die Ausführungsgesetzgebung nach Artikel 82 Absatz 2c innerhalb dreier Jahre nach Annahme der Verkehrshalbierungs-Initiative nicht rechtskräftig, erlässt der Bund die notwendigen Bestimmungen auf dem Verordnungsweg.

VII 1

Dieser Beschluss untersteht nicht dem Referendum.

2

Er tritt am Tag seiner Verabschiedung in Kraft.

Nationalrat, 27. September 1999

Ständerat, 28. September 1999

Die Präsidentin: Heberlein Der Protokollführer: Anliker

Der Präsident: Rhinow Der Sekretär: Lanz

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