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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den regelmässigen Betrieb der eidgenössischen Anstalt zur Prüfung der Festigkeit von Baumaterialien (Festigkeitsprüfungsmaschine).

(Vom 16. April 1880.)

Tit.

· Durch Bundesbeschluß betreffend das Budget -für das Jahr 1880, vom 17. Dezember 1879'*), ist der Bundesrath eingeladen worden, behufs gesezlicher Regulirung des Ausgabepostens beim eidgenössischen Polytechnikum : ,,Beitrag für den Betrieb der Festigkeitsprüfungsmaschine" den Entwurf eines Bundesbeschlusses einzubringen.

Die große Bedeutung einer Maschine zur Prüfung der Festigkeit Von Baumaterialien und einer damit verbundenen staatlich organisirten Prüfungsstelle ist bereits vielfach erörtert worden. Es geschah dies erstmals in unserer Botschaft vom 11. Juli 1865, woraufhin durch Bundesbeschluß vom 22. Juli gleichen Jahres**) ein Kredit von Fr. 15,000 zur Anschaffung der fraglichen Maschine bestimmt wurde, welche)ihre erste Verwendung bei der in jenem Jahre in Ölten stattgehabten Baumaterialienausstellung fand, um dann dem Inventar des Polytechnikums einverleibt zu werden. Beim gegenwärtigen Anlaße wollen wir wiederholt darauf aufmerksam machen, *) Siehe eidg. Gesezsammlung. neue Folge, Bd. 1T, S. 401.

**) .

.

. Bd. VIII, S. 479.

731 daß der Betrieb einer solchen Maschine, in Verbindung mit der höchsten technischen Bildungsanstalt, zunächst für den Unterricht in dem Maße hohe Bedeutung hat, daß er das Fach der Baumaterialienlehre fördert, den technisch konstruktiven Unterricht beeinflußt und durch die Publikation ausgeführter Untersuchungen das Ansehen der Anstalt hebt. Die Bedeutung sodann des Betriebs einer solchen Maschine für die Industrie und angewandte Technik ist allgemein anerkannt und dessen Kreirung Seitens kompetenter Techniker zu wiederholten Malen als dringend erwünscht bezeichnet worden. Beispielsweise sei bemerkt, daß bei dem heutigen Stande der Konkurrenzverhältnisse, Zollschranken etc., die schweizerische Eisen- und Maschinenindustrie hauptsächlich durch qualitative Ueberlegenheit lebensfähig bleibt. Daß die leztere in erster Linie durch die Güte der zu verarbeitenden Rohstoffe, die größtentheils importirt werden müssen, bedingt wird, ist selbstverständlich. Nun sind aber Maschinenfabriken, die größten schweizerischen Btablissemente eingeschlossen, nicht in der Lage, mit den bezogenen Rohstoffen in befriedigender Weise Qualitätsproben vorzunehmen; sie waren daher von jeher und sind zum Theil noch auf den Kredit der Bezugsquellen oder auf die betreffenden Versuchsstationen der Nachbarstaaten angewiesen. Mehr noch als Eisen- und Maschinenindustrie bedarf die Industrie der künstlichen und natürlichen Bausteine, Werk- und Mühle-Steine, Cémente und hydraulischen Kalke einer einheimischen Yersuchsstätte. Die Schweiz, reich an Rohstoffen zur Erzeugung künstlicher Bausteine und Bindemittel, reich an natürlichen Baumaterialien, wie kaum ein anderes Land, zahlt nach dem Bericht (Seite 35) von Oberingenieur R. Moser in Zürich, Mitglied der internationalen Jury für die Weltausstellung vom Jahre 1878 in Paris, an das Ausland einen Tribut für Baumaterialien von 11 Millionen gegen 2,6 Millionen Export. Eine eidgenössische Versuchsstation müßte zweifelsohne zur Werthung einheimischer Produkte Und zur Hebung diesfalls vernächläßigter Industriezweige nur einen .günstigen Einfluß üben.. Eine solche liegt aber auch im direkten Interesse des Bundes. Durch Erstrekung der Haftpflicht auf Eisenbahnen ist nämlich das technische Inspektorat des schweizerischen Eisenbahndepa.rtetne.nts grundsäzlich autorisirt worden, zur Erhöhung
der Sicherheit -bestimmte Anforderungen bezüglich der Güte der zum Unterbau und Betriebspark verwendeten Materialien zu stellen. Es sind denn auch bereits Festigkeitsproben mit den Drathseilen der Lausanne-Owchy- und Gießbach-Bahn vorgenommen worden, und früher oder später dürften die Eisenbahnbetriebstechniker, als Ausfluß des eigensten Interesses der Bahngesellschaften, zur Erhöhung der Betriebssicherheit die Lieferung des Nachweises einer bestimmten Qualität des Rohmaterials nach einem zu normirenden Modus verlangen. In ähnlicher Weise wird z. B. bereits

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von den meisten österreichischen Eisenbahnen verfahren, und es ist für dieselben die bezügliche Versuchsstätte am Polytechnikum in Wien maßgebend. Endlich hat eine Versuchsstelle für Baumaterialien auch für die schweizerische Forstwirtschaft insofern hohe Bedeutung, als sie allein zuverläßige Anhaltspunkte für eine rationelle Bewirtschaftung gewisser Standorte zu geben in der Lage ist.

Nachdem wir diese allgemeine Erörterung vorausgeschikt haben, erübrigt uns nur noch zu konstatiren, daß die gesezgebenden Räthe die weitere Anhandnabrioe der Angelegenheit durch den Bund bereits festgestellt haben. Es geschah dies durch die Kreditbewilligung für dasjenige Gebäude,. in welchem die Festigkeitsversuche vorzunehmen sind, die Ausführung dieses Baues auf dem Nordostbahnhofareal in Zürich, die Feststellung der Réglemente für die provisorische Ordnung des Betriebes etc. Als Ausdruck dieser Anschauung stellt sich wolil auch das Postulat auf Einbringung sachbezüglicher Vorlagen zum Zweke ökonomischer Sicherung des Betriebes der Maschine und Ausführung der betreffenden Versuche dar. Ohne darum weiter das öffentliche Interesse staatlicher Fürsorge in dieser Angelegenheit darzuthun, glauben wir unmittelbar auf die sieh bietende Hauptfrage, d. h. diejenigen Kosten eintreten zu sollen, welche eine ihrem Zweke entsprechende Versuchsstelle dieser Art in Anspruch nimmt.

Wir zerlegen diese1 Kosten in zwei Theile: 1) die unmittelbaren Kosten des Betriebs der Maschine, der Materialien und zuzuziehenden Hilfsmittel für den Gebrauch und Dienst und sodann: 2) die Besoldung des technischen Leiters, dessen Thätigkeit mit der polytechnischen Schule zu verbinden ist, damit einerseits der Nuzen dieser Versuchsstelle für die Baupraxis in möglichst sicherer, wissenschaftlich geordneter Art gewonnen und verwerthet werden kann, und damit andererseits die Resultate auch an der Schule selbst zur wissenschaftlichen Erörterung und Diskussion gelangen und für die Bildung der jungep Techniker unmittelbar nuzbar gemacht werden.

' Die gewichtigsten Motive zu staatlicher Aufstellung solcher Versuchsstationen sind allerdings überall dem allgemeinen volkswirthschaftlichén Interesse entnommen worden ; aber die technischen Schulen, die wissenschaftlichen Verwerther der Resultate dieser Stellen für das Leben, haben überall gerne die Leitung
übernommen, leisten gerne dem großen volkswirtschaftlichen Interesse diesen Dienst und heimsen damit gleichzeitig den Nuzen für ihre eigensten Zweke und für ihre Anlehnung an das praktische Leben ein. Es ist der Sache förderlich und zwekmäßig, daß die Leitung von einer

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technischen Hochschule ausgehe und in enger Verbindung gehalten werde mit Vortragen verwandter Fächer. Es wäre demnach ungerechtfertigt, die Kosten nur als Schulkosten zu taxiren und einer Schule vorzugsweise aufzuladen.

Auch ohne Schule wäre die Sache nöthig und die Einrichtung gerechtfertigt.

Rüksichtlich der eingehenden Taxen befindet sich die fragliche Versuchsstelle in weit ungünstigerer Lage als die landwirthschaftliche Versuchsstation. Die Kosten der Versuche sind nämlich weit größer als dort, und der Ueberschuß zu Gunsten des Betriebes deßhalb gering. Will man aber das Publikum zum Gebrauche der Versuchstelle heranziehen, so muß man in den ersten Jahren auf ganz mäßigen Gewinn rechnen,- sonst gefährdet man eine größere Wirksamkeit und riskirt das Gelingen der Sache. Zum leztern ist, wie bemerkt, nöthig, daß die Leitung der Versuchsstelle einem Fachmann in die Hand gegeben werde, der die Ausführung mit einer verwandten wissenschaftlichen Thätigkeit am Polytechnikum verbindet. Vorträge in Baumechanik, über graphische Statik oder Mechanik eignen sich vortrefflich zur Verbindung mit der Leitung dieser Versuche. Die Thätigkeit für die Festigkeitsprüfungsmaschine nimmt hiebei den Haupttheil der Arbeit in Anspruch (2 bis 3 Tage per Woche Maschinenarbeit, mit Besorgung des Rechnungswesens und einer ausgedehnten Korrespondenz).

Die Vortragsptlichten dürften höchstens eine Halbprofessur beanspruchen. Die polytechnische Schule hat in dieser .Richtung bis jetzt für spezielle Bautechnik Fr. 1000 per Jahr ausgegeben.

Mehr als diese Summe kana dieselbe bei ihrer jezigen ökonomischen Lage zur Besoldung des technischen Leiters kaum beitragen.

Die. Besoldung dieses Technikers nach beiden Richtungen, als Betriebschef und als Professor, kann nicht unter Fr. 5000 bis Fr. 5500 gehalten werden. Die Verbindung mit der Stelle des Hauptassistenten der Ingenieurschule ist absolut unmöglich, wie die bisherigen Erfahrungen bereits bewiesen haben. Der technische Leiter ist nur auf die Führung dieser Versuchsstelle .und .auf eine reduzirte Dozententhätigkeit zu beschränken.

Das erforderliche Budget, in bescheidenem Rahmen gehalten, stellt sieh in folgenden Zahlen dar.

1) Für den Betrieb:.

a. Entschädigung fUr eine Hilfskraft .

.

.

b. Material für wissenschaftliche Versuchszweke .

c. Appretur des Materials

Fr. 1400 ,, 400 ,, 450

Uebertrag

Fr. 2250

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Uebertrag Fr. 2250 d. Befestigungsmittel, Reparaturen an Maschine, Meßwerkzeuge ,, 300 e. Jährliche Neuanschaffungen, Schränke, Instandhaltung des Mobiliars und Gebäudes ,, 450 Fr. 3000 2) Besoldung des Leiters Fr. 5000 bis Fr. 5500, wovon auf den Kredit für die Festigkeitsversuche fällen während die Schulkasse den Rest übernimmt.

,, 4000

Total Fr. 7000 Soll aus der Sache etwas Rechtes werden, das den Interessen des Landes wirksam dient und gleichwohl in nur bescheidener Weise neben ähnlichen Stellen des Auslandes sich bemerkbar machen kann, so ist die vorgeschlagene Ausstattung nothwendig, doch dannzumal, wie wir hoffen, für längere Zeit ausreichend.

Auf diese Auseinani.iersezungen gestüzt, beehren wir uns, Ihnen die Annahme des nachstehenden Gesezentwurfes zu empfehlen, und ergreifen den Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

Bern, den 16. April 1880.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Vizepräsident:

Anderwert.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schieß.

l

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(Entwurf)

Bimdesgesez betreffend

den regelmässigen Betrieb der eidgenössischen Anstalt zur Prüfung der Festigkeit von Baumaterialien (Festigkeitsprüfungsmaschine).

D'ie B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Postulates der gesezgebenden Räthe vom 17. Dezember 1879 und nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 16. April 1880, beschließt: 1. Für die mit dem Polytechnikum verbundene Versuchsstelle für Prüfung der Festigkeit von Baumaterialien wird zur Dekung der hieraus resultirenden Kosten für Leitung der Versuche, Betrieb und Unterhalt der Maschine, des Gebäudes und Mobiliars etc. vom Bund ein jährlicher Kredit von Fr. 7000 ausgesezt.

2. Die aus dem Betriebe sich ergebenden Einnahmen dürfen für die Bedürfnisse mitverwendet werden.

3. Dieser Beschluß tritt mit 1. Oktober 1880 in Kraft.

Der Bundesrath ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Aus den Verhandlungen des Schweiz. Bundesrathes.

(Vom 27. April 1880.)

Der Bundesrath hat zu Hilfsinstruktoren der Artillerie auf l. Mai nächsthin provisorisch ernannt : Hrn. Emil H e r m a n n , von Rohrbachdorf (Bern), in Bern, Adjutant-Unteroffizier; Hrn. Ulrich H u b e r , von Nußbaumen (Zürich), in Thun, Train-Wachtmeister.

Für das am 23. Mai d. J. in Aarau stattfindende M i l i t ä r r e i t e n hat der Bundesrath eine Ehrengabe von Fr. 200 bestimmt.

(Vom

30. April 1880.)

Mit Depesche vom 26. dies hat der schweizerische Gesandte in Paris dem Bundesrathe die ihm vom außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister von Peru in Paris Übermächte Erklärung eingesandt, nach welcher die Republik Peru der am 22. August 1864 in Genf abgeschlossenen internationalen Uebereinkunft zur Verbesserung des Looses der im Kriege verwundeten Militärs beigetreten ist.

Der Wortlaut dieser Beitrittserklärung wird nächstens in der eidg. Gesezsammlung erscheinen.

Vom Bundesrathe sind gewählt worden : (am 27. April 1880) als Postkommis in Bern ; Hr. Emil Weibel, Postaspirant, v. Schupfen (Bern), in Chauxde-Fonds ;

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als Postkommis in Zürich ,, ,,

als ,,

Jgfr. Anna Ruegg, Postaspirantin, v. Wald (Zürich), in Zürich ; Telegraphist in Embrach: Hr. Konrad Benninger, Buchbinder, von und in Embrach (Zürich); Telegraphistin in Dardagny: Jgfr. Marie Girard, Lingère, von und in Dardagny (Genf) ; (am 30. April 1880) Posthalter in Flüelen : Hr. Georg Lutscher, von Haldenstein (Graubünden), derzeit Postkommis in Luzern ; Telegraphistin in Neuenburg : Jgfr. Luise Schneeberger, Telegraphenaspirantin, von Herzogenbuchsee (Bern), in Lausanne.

Bundesblatt. 32. Jahrg. Bd. II.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den regelmässigen Betrieb der eidgenössischen Anstalt zur Prüfung der Festigkeit von Baumaterialien (Festigkeitsprüfungsmaschine). (Vom 16. April 1880.)

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01.05.1880

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