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Bundesblatt 116. Jahrgang

Bern, den 8. Oktober 1964

Band II

Erscheint wöchentlich. Prtis 33 Franken im Jahr, IS franken im Halbjahr zuzüglich Nachnahme- und Pottbetttüungigebühr Einrückungsgebühr 60 Happen die Petitzeile oder deren Kaum, -- Inserate franko an StamptU & Cie., 3000 Bern

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (Vom 21. September 1964) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesgesetz, über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hintorlassenen- und Invalidenversicherung zu unterbreiten.

A. Einleitung I. Die Notwendigkeit von Ergänzungsleistungen 1. Das sozialpolitische Postulat a. In der Botschaft vom 16. September 1968 zum Entwurf eines Bundesgesetzes betreffend die Änderung des Bundesgesetzes über die AHV (6.AHVEevision; BEI 19C3 II 517) hatten wir Gelegenheit, die Konzeption einer umfassenden Sicherung unserer Bevölkerung gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Tod und Invalidität darzulegen. Wir haben dort ausgeführt, dass dor soziale Schutz im wesentlichen durch das Zusammenwirken von Selbstvorsorge, beruflicher Kollektiwersicherung und Sozialversicherung erstrebt werden müsse, wobei den Eenten der AHV und IV die wichtige Funktion zufalle, als wertbeständige Basisleistungen Grundlage und Anreiz für die übrigen Sicherungsbestrebungen zu sein. Allerdings mussten wir schon damals feststellen, dass heute noch eine grosse Zahl von Alten, Hinterlassenen und Invaliden - wir schätzen sie auf gegenwärtig rund 200000 Personen - neben der AHV- und IV-Eonte über keine oder nur ungenügende Einkünfte verfügen. Die Eenten der beiden Sozialversicherungszweigo stellen auch nach der 6. AHV-Eevision, wenigstens für VerBundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

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sicherte der untern Einkommensklassen, kein existenzsicherndes Einkommen dar. Dazu kommt, dass auch durch einen weitgehenden Ausbau der beruflichen Kollektivversicherung nicht alle Volksschichten erfasst werden können. Wir erachten es als unumgänglich, ein System ergänzender Sozialleistungen zu schaffen, uro. diesen Personen ein Mindesteinkommen zu sichern. Wir haben daher schon in der genannten Botschaft (Erster Teil / B / III) in Aussicht genommen, im Anschluss an die 6.AHV-Bevision einen Gesetzesentwurf über ergänzende Leistungen zur AHV und IV den eidgenössischen Bäten zu unterbreiten. Mit der gegenwärtigen Vorlage soll dieser Plan verwirklicht und dem damals nur skizzierten Projekt konkrete Form gegeben werden.

Um dio Ausgangslage für das neue Gesetzeswerk besser zu umreissen und gleichzeitig die Notwendigkeit von ergänzenden Leistungen näher zu belegen, dürfte es von Nutzen sein, in Kürze die Leistungen der AHV und IV nach der 6.Bevision sowie den gegenwärtigen Stand der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenfürsorge der Kantone sowie der Stiftungen für das Alter und die Jugend darzustellen.

&. Die G.AHV-Bevision, die rückwirkend auf den I.Januar 1964 in Kraft getreten und dank dem Einsatz der Verwaltung heule praktisch vollzogen ist, hat für die beiden Sozialwerke der AHV und der IV einen grosszügigen Ausbau gebracht. Die Benten wurden um mindestens ein Drittel erhöht. Einzelne Bentenkategorien, so die ordentlichen Mindestrenteji, die ausserordentlichen Benten und die generationsbedingten Teilrenten erfuhren eine noch weitergehende Verbesserung. Durch die Schaffung von Zusatzrenten für Ehefrauen und für Kinder von Altersrentnern sowie durch die Erstreckung des Waisenrentenanspruchs bis zum 25.Altersjahr für in Ausbildung begriffene Waisen wurde den Familienlasten im System der AHV vermehrt Bechnung getragen. Der Gesamtbetrag der Bentenzahlungen der AHV und IV dürfte sich im Jahie 1964 auf etwas über 1,7 Milliarden Franken gegenüber 1,1 Milliarden Franken im Jahre 1968 belaufen.

Die ordentliche einfache Alters- und Invalidenrente (Vollrente) bewegt sich nunmehr - je nach der Höhe des durchschnittlichen Jahresbeitrages - zwischen 1500 und 8200 Franken, die entsprechende Ehepaarrente zwischen 2400 und 5120 Franken im Jahr. Die Gesamtrente eines alten oder invaliden Ehemannes mit einer noch
nicht 60jährigen Ehefrau und zwei Kindern beträgt mindestens 8300 und höchstens 7040 Franken im Jahr.

Diese Bentenbeträge zeigen, dass die Leistungen der AHV und IV trotz ihrer ansehnlichen Vorbesserung nur im Bereich der Maximalrenten ein einigermassen existenzsicherndes Einkommen zu gewährleisten vermögen. Da eine weitere Erhöhung der AHV- und IV-Benten über die Anpassung an die Lohnund Preisverhältnisse hinaus bei der gegenwärtigen Finanzierungsbasis ausser Frage steht, muss durch ein System von Ergänzungsleistungen das Mindesteinkommen jenem Teil der Bevölkerung gesichert werden, der ausschliesslich oder überwiegend auf den Schutz durch die AHV und IV angewiesen ist.

o. Man kann sich nun fragen, ob nicht die bestehende Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenfürsorge der Kantone und Stiftungen in der Lage wäre, die

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AHV und IV solcherart zu ergänzen. Bekanntlich sind goraäss Bundesbeschluss vom S.Oktober 1948 betreffend die zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürsorge (AS 1949, 77) 140 Millionen Franken, die der AHV aus den Überschüssen dor Lohn- und Verdienstersatzordnung zugewiesen worden waren, Fürsorgezwecken gewidmet worden. Der Bund stellte jährlich 6 Millionen Franken den Kantonen und 2,75 Millionen Franken den Stiftungen für das Alter und für die Jugend zur Verfügung, damit Kantone und Stiftungen durch einmalige oder periodische Leistungen Härtefallo ausmerzen und bedürftige Alte und Hinterlasssene vor Not bewahren können. Ausnahmsweise konnte der Bund die gesamten Zuwendungen bis auf 10 Millionen Franken erhöhen. Über die Entwicklung der erwähnten Rückstellung von 140 Millionen Franken seit 1948 gibt die Texttabelle l Auskunft. Der genannte Bundesbeschluss wurde zuletzt am S.Oktober 1958 bis zur Erschöpfung der Mittel verlängert und würde nun in den ersten Monaten 1966 - weil die Rückstellung aufgebraucht sein wird - hinfällig.

Entwicklung der Rückstellung für die zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürsorge Botrage in Millionen Pranken

Texttabelle l

Entnahmen für ordentliche und zusätzliche Beiträge Jahio Kantone

1948 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 I960 1961 3962 1963 1964 1965

5,00 5,00

5,21 6,85 6,85 6,85 6,35 6,31 6,31 6,00 6,00 C.OO 6,00 6,00 6,00 6,00 6,00 6,00

Stiftung für Stiftung für das Alter die Jugend

0,89 2,00 2,00 2,30 2,30 2,30 2,15 2,14 2,12 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00 2,00

0,10

0,75 0,75 0,85 0,85

0,85 0,75 0,75 0,77 0,75 0,75 0.75 0.75 0,75 0,75

0,75 0,75 0,75

Total

8,35") 7,77 2) 7,96 10,00 10,00 10,00 9,25 9,20 9,20 8,75 8,75 8,75 8,75 8,75 8,75 8,75 8,75 8,75

ZinsRückstellung Ende .lahr einnahmcn1)

4,16 3,91 3,78 3,62 3,43 3,24 _ --.

_.

.-- .-- .--

-- ,--.

-- -- -- --

185,81 131,95 127,77 121,39 114,82 108,06 98,81 K9,61 80,41 71,66 62,91 54,16 45,41 36,66 27,91 19,16 10,41 1,66

1 ) Verzinsung ab 1. Januar 1954 aufgehoben gemass Ziffer 11 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1953 über besondere Sparmassnahmen.

8 ) Einschliesslioh Renten gemass Bundesratsbeschluss vom 29. Dezember 1947 über die Liquidation der tjbergangsordnung.zur AHV.

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Der Bundesbeschluss gab den Anstoss zu einem planmässigen Ausbau der zusätzlichen Alters- und Hintcrlassenonfürsorge in den Kantonen. Wurden im Jahre 1950 von Bund und Kantonen rund 23 Millionen Franken der zusätzlichen Fürsorge zugewendet, so waren es im Jahre 1962 nahezu 75 Millionen Franken, Der Ausbau der zusätzlichen Fürsorge erfolgte allerdings sehr unterschiedlich je nach der sozialen Struktur und der Finanzkraft der Kantone. Ende 1963 bosassen 20 Kantone eigene Fursorgesysteme, während 5 Kantone sich darauf beschrankton, den Bundesbeitrag zu verteilen. Aber auch die Kantono mit eigenen Fursorgesystemen erbrachten sehr unterschiedliche Leistungen. Die Anhangtabelle l zeigt die mittleren Fursorgeleistungen aller Kantone für Alleinstehende im Jahre 1962, wobei nur Leistungen der kantonalen Systeme berücksichtigt wurden und allfällige Fürs orge einrichtungen der Gemeinden ausser Betracht blieben. Während beispielsweise Genf eine mittlere Jahresleistung von 1679 Franken erbrachte, richteten 13 Kantono durchschnittliche Leistungen von weniger als 300 Franken im Jahr aus. Neben den Unteischiedon in der Leistungshöhe ist aber auch die verschiedenartige Ausgestaltung der Fursorgesysteme bemerkenswert. Die Einkommensgrenzen sind verschieden hoch angesetzt und stellen in einzelnen Kantonen ein garantiertes Einkommen, in den meisten dagegen Borechtigungsgrenzen für Leistungen dar, welche in der ßegel das vorhandene Einkommen nicht bis zu diesen Grenzen ergänzen. Zahlreiche Kantone haben die Invaliden in die Fürsorge einbezogen, einige gewähren dagegen die Leistungen weiterhin nur Alten und Hinterlassenen, Vor allem aber enthalten die meisten kantonalen Systeme noch typische Elemente der Armenfursorge. So machen acht Kantone die Leistungen für Nichtkantonsburger und zum Teil auch für Kantonsburger abhängig von bestimmten Wohn- oder Aufenthaltsdauern (Karenzfriston), die 3 bis 15 Jahre betragen und aJlfalligo Zuzuger so lange von den Leistungen ausschliessen. Ferner sehen die Kantono - mit zwei Ausnahmen - die Anrechnung von Verwandtenunterstutzungen und Unterstutzungsanspruchen vor. Schliesslieh bestehen vielfach Eückerstattungsvorschriftcn rein armcnrochtlicher Natur.

Diese kurze Übersicht mag gezeigt haben, dass das angestrebte Ziel, die allgemeine Sicherung eines Mindesteinkommens für Alte,
Hintorlassene und Invalide, durch die heute bestehenden Einrichtungen der zusätzlichen Fürsorge nicht erreicht werden kann. Vielmehr muss die Ergänzung der AHV und IV auf einen neuen Boden gestellt und allen - auch den finanzschwachen - Kantonen die Möglichkeit gegeben werden, bestimmte Mindestleistungen zu erbringen.

Anderseits sollten aber auch die verbliebenen Elemente der Armenfursorge, die einer gosaintschweizerisehen Losung im Eahmen der Sozialversicherung hinderlich sind, beseitigt werden.

Der bevorstehende Ablauf der Geltungsdauer des Bundesbeschlusses vom S.Oktober 1948erleichtert diese Neuregelung. Nicht nur kann nun an die Stelle der bisherigen Subventionierung der kantonalen Fürsorge dio Forderung eigentlicher kantonaler Ergänzungsleistungen treten, sondern auch die Subventiomerung der gemeinnützigen Institutionen kann fortgesetzt und der neuen Konzeption angepasst werden.

685 2. Begehren, Eingaben und parlamentarische Vorstösse a. Dio vorgesehene .Regelung über Brgänzungsloistungen zugunsten von bedürftigen Alten, Hinterlassenon und Invaliden trägt einer grossen Zahl von Wünschen und Begehren Rechnung. So ist vor allem darauf hinzuweisen, dass das Volksbegehren des schweizerischen Komitees der Vereinigungen der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenrentner vom 7./2l. Juni 1962, das im Zusammenhang mit der 6. AHV-Kovision von den eidgenössischen Bäten behandelt worden ist (vgl. Botschaf t vom 16. September 1963, 4. Teil), in die Verfassung eine Bestimmung aufnehmen mochte, derzufolge die AHV und IV «existenzsichernde Bedarfsrenten» ausrichten. Im übrigen haben sich schon im Vorfeld der 6. AHVBovision verschiedene Dachorganisationen der Wirtschaft, so der Zentralverband schweizerischer Arbeitgebeiorganisationen und der Bauornverband, für ins Gewicht fallende zusätzliche Leistungen zur AHV und IV ausgesprochen.

Bei der parlamentarischen Behandlung der 6.AHV-Bevision wurde die geplante Einfuhrung von Zusatzloistungen allgemein bogrüsst und als wertvolles Teilstück unserer Sozialversicherung bezeichnet. Auch nach der Verabschiedung der Revisionsvorlage sind dem Eidgenössischen Departement des Innern Eingaben zugegangen, die auf die Notwendigkeit und Dringlichkeit der Einfuhrung versicherungsmässiger Ergänzungsleistungen hinweisen. Wir erwähnen hier lediglich eine Eingabe des überparteilichen Komitees «Gesichertes Alter».

b. Schliesslich steht eine Beihe parlamentarischer Vorstösse mil ergänzenden Leistungen zur AHV und IV und mit der Neugestaltung dor zusätzlichen Altersund Hintcrlassenenfürsorge ira Zusammenhang. So hat der Bundesrat die folgenden Postulate entgegengenommen: - Grütter, vom 8. Dezember 1958, betreffend bundesrechtliche Finanzierung der Alters- und Hintcrlassonenfürsorge ; - Leu, vom 29. Juni 1960, betreffend zusätzliche Altersfürsorge für die Landarbeiter ; - Weber Max, vom 21.März 1962, betreffend eine zusätzliche Versicherung zur Ergänzung der AHV-Bonten; - Dafflon, vom 4. Oktober 1962, betreffend Beiträge des Bundes zugunsten von Massnahmen für alte Leute ; - Boggo, vom 5. Dezember 1962, betreffend Erhöhung der Bundosbeiträge an die Alters- und Hmterlasseuenfürsorge ; - Klinglor, vom 10. Dezember 1962, betreffend Ausrichtung von Ergänzungsleistungen
an die Bezüger von Invalidenrenten; - Meyer-Luzern, vom 19. Dezember 1962, betreffend Bevision des Bundcsboschlusses über die zusätzliche Alters- und Hinterlassenonfürsorge.

686 II. Die Vorarbeiten zum Gesetzesentwurf Die Eidgenössische Kommission für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (AHV/IV-Kommission) hat in ihre Vorstudien zur 6.AHVRevision auch die mit allfälligen Ergänzungsleistungcn zusammenhängenden Fragen einbezogen und mit dem Bundesamt für Sozialversicherung die grundsätzlichen Aspekte dieser Probleme geklärt. In ihrem Bericht vom T.Juni 1963 zur 6. AHV-Bevision hat daher die Kommission auch Grundsätze zur rechtlichen und finanziellen Seite einer Bundesregolung über AHV- und IV-Zusatzleistungen aufgestellt.

Da jedoch die im Vordergrund stehende Lösung des Problems eine inassgebliche Mitarbeit der Kantone voraussetzt, hat das Eidgenössische Departement des Innern die Vertreter der Kantone auf den 4. Juli 1963 zu einer Konferenz eingeladen. An dieser Konferenz wurde die geplante Eegclung in ihren Grundzügen einhellig begrüsst, doch ·wurden von kantonaler Seite verschiedene Anregungen und Vorschläge gemacht, die noch sorgfältiger Abklärung bedurften.

Im Herbst 1963 arbeitete das Eidgenössische Departement des Innern einen ersten Entwurf zu einem Bundosgesetz über die Gewährung von zusätzlichen Leistungen an Alte, Hinterlassene und Invalide aus und unterbreitete ihn am 20. Dezember 1963 mit einem erläuternden Bericht den Kantonsregierungen, den politischen Parteien, den Spitzenverbänden der Wirtschaft und einigen weiteren interessierten Organisationen zur Vernehrnlassung. Aus den Antworten ergab sich, dass im Prinzip die Einführung von zusätzlichen Leistungen zur AHV und IV allgemein begrüsst wird; die Kantone Zürich und Zug sowie die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren äusserten allerdings verfassungsrechtliche Bedenken und regten an, im Interesse einer klaren Kompetenzausscheidung zwischen Bund und Kantonen vorerst die erforderliche Vorfassungsgrundlage zu schaffen. Divergierende Auffassungen wurden von den Kantonen vor allem zur Frage des zweckmässigen Systems'geäussert. Die Mehrheit der Kantone stimmte der im Gesetzesentwurf vorgesehenen Subventionslösung mit in Einzelheiten gehenden bundesrechtlichen Subventionsbedingungen zu, während auf der ändern Seite eine starke Minderheit einer einheitlichen Bundesregelung und schliesslich die Städtekantone Zürich, Basel und Genf einer reinen Subventionslösung den Vorzug gegeben hätten. Die
politischen Parteien, die Spitzenvorbände der Wirtschaft und die weiteren Organisationen sprachen sich überwiegend für die Konzeption des Gesetzesentwurfes aus. Auf Einzelheiten der Stellungnahmen werden wir in den weiteren Ausführungen zurückkommen.

In der Folge nahm iin Auftrage des Eidgenössischen Departementes des Innern das Bundesamt für Sozialversicherung nochmals mit einigen Kantonen Kontakt und stellte hierauf einen zweiten Entwurf auf. Die AHV/IV-Kommission, die sich am 18. März 1964 erstmals mit den gesetzgeberischen Vorarbeiten befasste und über das Ergebnis des Vernehmlassungs Verfahrens orientieren liess, nahm am S.Juli 1964 zum zweiten Entwurf Stellung. Die gegenwärtige Vorlage entspricht mit wenigen Ausnahmen, auf die wir besonders hinweisen werden, den Beschlüssen der Kommission.

687 B. Die Griindzüge des Leistungssystems

I. Allgemeine Richtlinien 1. Der verfassungsrechtliche Böhmen a. Nach Artikel 8 der Bundesverfassung (BV) üben die Kantone alle Eechte aus, die nicht der Bundesgewalt übertragen sind. Nun enthält die BV keine Bestimmungen über die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenfürsorge; vielmehr obliegt die öffentliche Fürsorge traditionsgemäss den Kantonen. Anderseits hat nach Artikel S4^uater BV dor Bund auf dem Wege der Gesetzgebung die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung einzurichten. Bundesrechtliche Ergänzungsleistungen für Alte, Hinterlassene und Invalide können demnach nicht als Fürsorgeleistungen, sondern ausschliesslich als Vorsicherungsleistungen ausgestaltet weiden. Ausgeschlossen wäre nach anerkannter Lehre auch die Gewährung von Bundessubventionen an Kantone zur Ausrichtung von Fiirsorgoleistungen ; wenn dem Bund die Fürsorgekompetenz nicht zusteht, so hat er auch nicht die Möglichkeit, kantonale Einrichtungen auf diesem Gebiet zu fördern.

Um den Ergänzungsleistungen Versicherungscharakter zu verleihen, muss vor allem ein festumschriebener und klagbarer Anspruch auf solche Leistungen geschaffen werden, und dieser Anspruch darf nicht von für die Fürsorge typischen Voraussetzungen (z.B. Karenzfristen für Schweizerbürger oder Subsidiarität gegenüber Verwandten- und Armenunterstützungen) abhängig gemacht werden. Man kann sich fragen, ob nicht auch die Beitragszahlung als Merkmal für Versicherungsleistungen zu gelten habe. Schon heute richten indes AHV und IV Leistungen aus, die nicht mit Beitragen erworben wurden (z.B.ausserordentliche Benten) oder die ohne Eücksicht auf dio Beitragsleistung festgesetzt und ausbezahlt werden (z.B. Hilflosenentschädigungen der IV). Es dürfte unbestritten sein, dass auch diese Leistungen unter den sehr weitgefassten Versicherungsbegriff des Artikels 34(luateT B V fallen, wurde doch in der Botschaft vom 21. Juni 1919 betreffend Einführung des Gesetzgebungsrechtes über die Invaliditäts-, Alters- und Hinterlassenenversicherung (BEI 1919IV117 f) dazu u. a. ausgeführt : «Dabei sind wir der Meinung, dass der Versichertenbegriff im weitesten Sinne aufgefasst werden und es namentlich mit ihm nicht unvereinbar sein soll, dass trotz der grundsätzlichen Beitragspfhcht der Versicherten einzelnen Gruppen oder Klassen von solchen diese Pflicht von der Allgemeinheit
ganz oder teilweise abgenommen wird...» Demzufolge können auch Ergänzungsleistungen, die im erwähnten Sinne mit Bechtsanspruch ausgestattet sind, als Versicherungsleistungen gelten, dies umsomehr, als sie ja Personen zukommen, die zumeist durch Beitragsleistungen eine Bente erworben haben und nun wegen ihrer besonderen wirtschaftlichen Lage einen Sozialzuschlag zu dieser Bente erhalten sollen.

Kann sich mithin die Gesetzgebung Über versicherungsmässig ausgestaltete Ergänzungsleistungen auf Artikel 34Qiater gy stützen, so erhebt sich die Frage, ob ausschliesslich der Bund auf diesem Gebiet legiferieren könne oder ob

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eine Delegation von Gesetzgebungsbefugnissen an die Kantone möglich sei.

Wohl ermächtigt die Verfassungsbestimmung den Bund, «auf dem Wege der Gesetzgebung AHV und IV einzuführen» und sieht die Mitwirkung der Kantone ausdrücklich nur für die Durchführung der Versicherungen vor. Indes will die Verfassung offensichtlich eine - vor allem aus durchführungstochnischen Überlegungen gebotene - partielle Delegation der Gesetzgebungsbefugnis an die Kantone nicht ausschliessen.

In finanzieller Hinsicht mussen allerdings die Aulwendungen für versicherungsmässige Ergänzungsleistungen zu den Gesamtausgaben der AHV und IV gezählt worden; forner sind die Beiträge der öffentlichen Hand so zu bemessen, dass im Gesamthaushalt der Versicherungen die Finanzierungsrcgel von Artikel 34quater, Absatz 5 BV, wonach die finanziellen Leistungen der öffentlichen Hand die Hälfte des Gesaratbedarfes der Versicherung nicht überschreiten dürfen, nicht verletzt wird. Nachdem nun aber die öffentliche Hand zwar in der IV die Hälfte, in der AHV dagegen vorerst nur ein Fünftel der Ausgaben deckt, besteht verfassungsrechtlich genügend Raum, um Ergänzungsloistungen aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren. Dabei können selbstverständlich die verfassungsmassig für die Beitragsleistung des Bundes an die AHV reservierten Fiskalerträgnisse (Artikel 34quater Absatz 6 und 7 BV) auch für den Bundesbeitrag an Ergänzungsleistungen herangezogen werden.

Zusammenfassend kann somit festgehalten worden, dass eine auf Artikel 34quater B V sich abstützende Eegelung über Ergänzungsloistungen zwei zwingenden verfassungsrechtlichen Voraussetzungen genügen muss: - Auf Erganzungsleistungen muss gleich wie auf Leistungen der AHV und IV ein festumschriebener, von Elementen der Armcnfürsorgo unabhängiger Eechtsanspruch bestehen.

- Die Aufwendungen für Ergänaungsleistungen gellen als Aufwendungen der AHV und IV, und die Beiträge der öffentlichen Hand dürfen im Gesainthaushalt der Versicherungen (mit Einschluss der Erganzungsleistungen) die Eogel von Artikel 34quater Absatz 5, BV nicht verletzen, d.h. nicht mehr als die Hälfte des Gesarataufwandes der Versicherungen botragen.

b, Artikel 34quater BV bildet auch für die Bestimmungen über die Beitiäge an gemeinnützige Institutionen eine hinreichende Verfassungsgrundlage. Die Leistungen, welche diese Institutionen
aus Bundesbeiträgen zu erbringen haben, sollen bekanntlich in begrenztem Umfang Härten und Unvollkoinmenlieiten der AHV und IV ausgleichen; sie liegen also in einer Bandzone zwischen Versicherung und Fürsorge. Die Förderung solcher Binzelleistungen entspricht durchaus den Absichten des Verfassungsgosetzgebers, wie sie in der bereits zitierten Botschaft vom 21. Juni 1919 (insbesondere BEI 1919 IV H7f und 129) zum Ausdruck kommen. So stützte sich auch schon Artikel 98 des AHV-Gesetzes, der bisher solche Beiträge vorsah, auf die genannte Verfassungsbostimmung. Diese Verfassungsgrundlage macht es möglich, Beiträge an gemeinnützige Institutionen aus Mitteln, die für die Versicherung bestimmt sind, zu finanzieren.

689 2. Die, Leistungen im allgemeinen a. Der beiliegende Gesetzesentwurf sieht zwei Leistungsarten vor : die Ergänzungaleistungen zur AHV und IV und die Leistungen gemeinnütziger Institutionen. Dio Ergänzungsleistungen haben zum Ziel, bedürftigen Eentnern der AHV und IV ein regelmassiges Mindesteinkommen zu sichern, während die Leistungen der gemeinnützigen Institutionen dazu bestimmt sind, bei Alten, Hintorlassenen und Invaliden Kotlagen zu beheben, Härten der Versicherungssysteme auszugleichen sowie die allgemeine Betreuung zu erleichtern.

b. Wir haben schon darauf hingewiesen, dass in den Vornehmlassungen eine grósserc Anzahl von Kantonen den Wunsch geäassert hat, der Bund möge die Ergänzungslcistungen abscbliessend ordnen und nicht blosse Subventionsregeln aufstellen, die ihrerseits kantonale Vorschriften notwendig machen. Wir haben die Erage, ob die Ergänzungsleistungen Gegenstand einer abschliessenden bundesrechtlichen Ordnung oder eines Subventionsgesetzes sein sollen, einlässlich geprüft. Eine abschliessende bundesrechtliche Ordnung würde zweifellos das Ziel der Existenzgarantie direkter anstreben und rascher verwirklichen als ein Subventionsgesetz. Indessen müsste eine solche Ordnung für die ganze Schweiz einheitlich gestaltet werden und könnte daher auf kantonale Besonderheiten, namentlich auf dem Gebiete der Leistungen und der Organisation, nicht Kucksicht nehmen. Die AHV und IV würden durch eine Bedarfsrente besonderer Art ergänzt, die durch die Ausgleichskassen auszuzahlen wäre. Auch die Finanzierung müsste sich an die Eegeln der Versicherung (Art. 102 und 108 AHV G) anlehnen. Demgegenüber ist die nun vorgeschlagene Subventionslösung elastischer und gibt den Kantonen die Möglichkeit, nicht nur die Leistungen in bestimmtem Bahmen ihren besonderen Verhältnissen anzupassen, sondern vor allem organisatorisch die neue Ordnung mit der bisherigen und allenfalls einer künftigen, über die Bundesnormen hinausgehenden Beihilfenordnung zu verknüpfen. Schlicsslich kann in einem Subventionssystcm die Finanzierung besser den Bedürfnissen der Kantone und ihrer Belastung in anderen Bereichen angepasst werden. Mit der AHV/IV-Kommission sind wir daher zum Schlüsse gekommen, dass die Subventionslösung trotz einer gewissen gesetzgeberischen Umständlichkeit entscheidende Vorteile aufweist und daher den
Vorzug verdient.

II. Die Leistungen der Kantone 1. Allgemeines a. Das Bundesgesetz, das wir in Vorschlag bringen, verpflichtet die Kantone nicht, Ergänzungsleistungen zu gewähren. Kantone, die keine Leistungen im Sinne des Bundesrechtes erbringen, gehen lediglich der Beiträge des Bundes, und zwar nach einer bestimmten Übergangszeit auch der bisherigen Zuwendungen an die zusätzliche Alters- und Hinterlasscnenf ürsorge, verlustig. Wir geben allerdings der bestimmten Hoffnung Ausdruck, dass sich in absehbarer Zeit alle

690 Kantone entschliessen können, ein System von Ergänzungsloistungen einzuführen. Um jedoch bis dahin einer Zuwanderung von Alten, Hinterlassencn und Invaliden aus den Kantonen ohne Ergänzungsleistungen in jene mit solchen entgegenzuwirken, werden die Kantono ermächtigt, derartige Zuzüger 5 Jahre lang von Ergänzungsleistungen auszuschliossen.

6. Die Kantone werden die materiellen Bestimmungen über Ergänzungsleistungen zu erlassen haben, wobei sie - um beitragsberechtigt zu werden - die im beiliegenden Gesetzesentwurf enthaltenen Mindestnormon beachten müssen.

Den Kantonen steht es frei, über diese Normen hinauszugehen; für solche weitergehende Leistungen erhalten sie zwar keine Bundeabeiträge, können aber das Bezugsrecht von besonderen Voraussetzungen (z.B. Karenzfristen) abhängig machen.

2. Der Kreis der Anspriic'hs'berechtigten

a. Die Ergänzungsleistungcn sollen zu den Eenten der AHV und IV hinzutreten und daher ausschliesslich Bezügern von Beuten der AHV und von Eenten oder Hilflosencntschädigungen der IV zukommen. In der bisherigen zusätzlichen Alters- und Hinterlassenenfursorge gewährte der Bund keine Beiträge an Leistungen für Invalide, doch haben zahlreiche Kantone - wie schon einleitend bemerkt - die Invaliden in ihre Fürsorgesysteme einbezogcn. Es dürfte denn auch keinem Zweifel unterliegen, dass die Sicherung eines den Mindestbedarf deckenden Einkommens für Invahdenrentner ebenso dringlich und wertvoll ist wie für Alters- und Hinterlassenenrentner.

fc. Was die Nationalität und den Wohnsitz der Bezüger betrifft, so sollen die Brgänzungsleistungen - gleich wie die ausserordentlichen Eenten - primär den in der Schweiz wohnhaften Schweizerbürgern zustehen. Dabei darf der Anspruch - ausser bei Zuzügcrn aus Kantonen ohne Ergänzungsleistungen - von keiner Wohn- oder Aufenthaltsdauer im Gebiet dos Kantons abhängig gemacht werden.

In der AHV/IV-Kommission ist die Frage erörtert worden, ob nicht auch Schweizern im Ausland Ergänzungsleistungen gewährt werden können. Mit der Kommission sind wir jedoch der Auffassung, dass sich ein Einbezug der Auslandschweizer in den Kreis der Begünstigten aus verschiedenen Gründen nicht durchführen lässt. Einmal wäre eu befürchten, dass die Gewährung von Ergänzungsleistungen wegen des Anscheins einer Doppelversicherung unerwünschte Bückwirkungen auf die sozialversicherungsrechtliche Stellung der Schweizer im Ausland hätte. Auch entstünden technische Schwierigkeiten, weil es den für die Durchführung zuständigen Kantonen kaum möglich wäre, im Ausland Abklärungen über die Einkommens- und Vormügensverhältnisse im Einzelfall vorzunehmen und das Existenzminimum nach den Lebenshaltungskosten in den einzelnen Staaten zu bestimmen. Ferner könnten die Ergänzungsleistungen das Interesse an einer möglichst frühzeitigen und langdauernden freiwilligen Versicherung untergraben, weil sie Bentenkürzungen bei unvollständiger Versicherungsdauer vielfach wieder ausgleichen würden. Diese Gefahr besteht um

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so mehr, als seit der 6. AHV-Bevision freiwillig Versicherte dio Möglichkeit haben, jederzeit von der Versicherung zurückzutreten. Da endlich die Ergänzungsleistungen nur jenen Auslandschweizern gewahrt werden könnten, die sich durch die freiwillige Versicherung eine Eente erworben haben, lässt sich auf diesem Wege - im Gegensatz zur obligatorischen Volksversicherung im Inland eine umfassende Existenzsicherung aller Schweizer im Ausland nicht erreichen.

Es handelt sich um eine Präge, die über den Rahmen der AHV hinausgeht und das allgemeine Problem der Fürsorge zugunsten der Auslandschweizer durch don Bund berührt. Dieso ist Gegenstand einer besonderen Prüfung im Rahmen der Vorarbeiten für einen Verfassungsartikel über die Auslandschweizer.

Die AHV/IV-Kommission hat auch die Gewährung von Ergänzungsleistungen an in der Schweiz wohnhafte Ausländer und Staatenlose grundsätzlich abgelehnt. Anderseits hat sich eine grosse Zahl von Kantonen in ihren Vornehmlassungen für den Einbezug der langansässigen Ausländer und Staatenlosen in den Bezügerkrois ausgesprochen. Dies vor allem deswegen, weil mehrere Kantone heute schon zusätzliche Fürsorgeleistungen den seit längerer Zeit in ihrem Gebiet wohnhaften Ausländern und Staatenlosen gewähren und diese Bezüger nun nicht von den künftigen Ergänzungsleistungon ausschliessen möchten. Von den 20 Kantonen, die Ende 1963 ein eigenes Fürsorgesystern besassen, gewährten 16 die Leistungen unter bestimmten Aufentbaltsvoraussetzungen auch den Ausländern und Staatenlosen. Die AHV/rv'-Kommission versprach sich allerdings vom Ausschluss der Ausländer eine Verstärkung der Position unseres Landes bei künftigen zwischenstaatlichen Verhandlungen über Sozialvorsicherung. Abgesehen davon, dass die staatsvertragliche Ergänzung eines Subventionsgesetzes einige heikle staatspolitische Fragen aufwirft, wurde der Einbezug der Vertragsausländer sehr viel Zeit beanspruchen und nur eine bruchstückhafte Regelung herbeiführen. Wir sehen daher vor, die langansässigen rentenberechtigten Ausländer und Staatenlosen (mit Einschluss der Flüchtlinge) den Schweizern gleichzustellen, wobei wir den Anspruch von einem 15jährigen ununterbrochenen Aufenthalt in der Schweiz abhängig machen möchten. Zum Vergleich sei erwähnt, dass dio Kantone, welche die Ausländer und Staatenlosen in ihr Fürsorgesystem
einbezogen haben, Aufenthaltsdauern im Kanton von 5 bis 20 Jahren voraussetzen.

3. Die Einkommensgrenren und das anrechenbare Einkommen a. Bei der dargelegten Konzeption der Ergänzungsleistungen haben die Einkommensgrenzen die doppelte Funktion einer Bedarfslimite und eines garantierten Mindesteinkommens. Ihrer Festsetzung kommt daher ganz besondere Bedeutung zu. Mit der AHV/IV-Kommission halten wir eine Einkommensgrenze von 8000 Franken für Einzelpersonen, von 4800 Franken für Ehepaare und von ] 500 Franken für Waisen und an einer Rente beteiligte Kinder für angemessen, wobei für Familien mit mehr als zwei Waisen oder Kindern eine Degression der Grenzbeträge vorgesehen ist. Um diese Ansätze richtig zu würdigen, darf einerseits nicht übersehen werden, dass die bloss teilweise Anrechnung

692 einzelner Einkommensbeslandteile und ein allfaUiger Mictzinsabzug (vgl. Buchstabe &) eine indirekte Erhobung der Einkommensgrenzen zur Folge haben, so dass den Bezugern von Erganzungsleistungen vielfach über die Grenzbetrage hinausgehende Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfugung stehen. Wir verweisen hiefur auf die nachstehend unter Ziffer 4 angeführten Beispiele. Anderseits besteht die Möglichkeit, die Grenzbetrage um ein Fünftel herabzusetzen, d.h. für Alleinstehende auf 2400, für Ehepaare auf 8840 und für Waisen auf 1200 Eranken, was namentlich den finanzschwachen Kantonen erlauben soll, ihre Aufwendungen für Erganzungsleistungen in einem tragbaren Rahmen zu halten.

Gesamthaft gesehen entsprechen die Einkommcnsgrenzen ungefähr dem Mittel der in ausgebauten kantonalen Fursorgesystemon zur Anwendung gelangenden Orenzbetrage, deren Ansätze für Einzelpersonen sich Ende 1963 in den einzelnen Kantonen zwischen einem Minimum \on 1900 Franken und einem Maximum von 4320 hielten, wobei allerdings zu vormerken ist, da ss diesen Grenzen nur in wenigen Kantonen der Charakter eines garantierten Mindesteinkommens zukommt. Nach unseren Feststellungen durften zudem die vorgeschlagenen Grenzbetrage einem landesdurchschmttlich existenzsichornden Einkommen entsprechen und in der Spannbreite der betreibungsrechlliehen Existcnzminima liegen.

b. Der massgebenden Einkommensgrenze ist das Nettoeinkommen aus Arbeit, Vermögen und Rente mit Einschluss der AHV- und IV-Ronten gegenüberzustellen. Nur wenn dieses Einkommen den Gren/betrag nicht erreicht, soll die versicherungsinässige Auffulleistung zur Auszahlung gelangen. Nach einem aneikannten Grundsatz gehen Versichorungsleistungen den reinen Fursorgeleistungen vor. Daher müssen insbesondere die Armen- und Verwandtenunterstutzungen, aber auch die Fursorgeelcmente aufweitende Hilflosenentschädigung der IV und andere öffentliche und private Leistungen mit ausgespiochenejn Fursorgecbarakter (Notstandshilfen, Winterhilfen u.dgl.) ausscr Rechnung bleiben. Dies hai zur Folge, dass durch die Ergänzungslcistungen sowohl die Armenbehörden wie auch die unterstutzungspflichtigen Verwandten ganz betrachtlich entlastet werden.

Der Eiil wurf dos Eidgenössischen Departemcntes des Innern, der den Kantonen und Wirtsphaftsverbanden zui Verriehmlassung zugestellt wurde, sah die
volle Anrechnung der einzelnen Einkommensbestandteile vor. Eine grosso Zahl von Vernehmlassungen hat sich indes zugunsten einer bloss partiellen Anrechnung des Erwerbseinkommens und des Einkommens aus Renton und "Pensionen - mit Ausnahme der ABV- und l V-Rentcn -- ausgesprochen. Auch die AHV/1V-Kommission war einhellig der Meinung, dass eine solche partielle Anrechnung bundesrechtlich vorgeschrieben werden müsse und nicht etwa nur ins Ermessen der Kantone gestellt werden dnrfo. Zur Begründung wurde vor allem angeführt, dass durch die Erganzungsloistungen das Interesse, eine wenn auch kleine - Rente oder Pension zu erwerben oder weiterhin eine bescheidene Eiwerbstatigkeit auszuüben, nicht gelahmt werden dürfe. Im Sinne dieser Begehren und Antrage sieht nun der Gesetzesentwurf für Erwerbsein-

693 kommen sowie für Renten und Pensionen (ohne AHV- und IV-Eenten) einen festen Abzug von insgesamt 240 Franken bei Alleinstehenden und 400 Franken bei Ehepaaren sowie die Anrechnung des Restbetrages zu zwei Dritteln vor. Diese Kombination eines Eixabzuges mit einem prozentualen Einschlag bietet den Vorteil, dass die wirtschaftlich schwächsten Anwärter besonders begünstigt werden und zugleich das Interesse an einem bescheidenen Erwerbs- oder Renteneinkommen, das den festen Abzug übersteigt, erhalten bleibt, indem ein solches Einkommen nicht zu einer entsprechenden Reduktion der Ergänzungslestung fuhrt.

Durch die Teilanrechnung der Erwerbseinkormnen sowie der Pensionen und Renten (ohne AHV- und IV-Eenten) werden dio Binkommensgrenzen und damit auch die durchschnittlichen Leistungen erhöht und der Eezugcrkreis erweitert. Wir schätzen die Zahl der Personen, die durch diese JPrivilegierung in den Genuss einer Leistung oder einer höheren Leistung kommen, auf rund 50 000. Eine weitergehende "Privilegierung einzelner Einkommensbcstandteile scheint uns nieht gerechtfertigt. Sie hätte einen finanziellen Mehraufwand zur Folge, der in keinem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stunde.

Die weiteren Abzüge vom Einkommen werden ähnlich umschrieben wie tur das G-ebiet der ausserordentlichen Renten. Kein Abzug ist für die Steuern vorgesehen in der Meinung, dass Kantone und Gemeinden bestrebt sein werden, Bezüger von Ergänzungslcistungen nicht mit Steuern zu belasten. Neu ist der Abzug für erhebliche Kosten für Arzt, Arznei und Krankenpflege; er schafft die Möglichkeit, die namentlich für Alte und Invalide oft sehr belastenden Krankheitskosten, soweit sie nicht durch Versicherungsleistungen gedeckt sind, gegebenenfalls mit Ergänzungsleistungen auszugleichen. Einen besonderen Hinweis verdient schliesslich der Abzug für Mietzinse, dessen Einführung den Kantonen anheimgestellt ist. Von dem einen Miudestbetrag überschreitenden Mietzins können die Kantone höchstens 750 Franken bei Alleinstehenden und höchstens 1200 Franken bei Ehepaaren zum Abzug zulassen. Mit diesem Abzug können die Unterschiede in der Belastung durch den Mietzins in der Stadt und auf dem Land, in Alt- und Neuwohnungen oinigennassen ausgeglichen werden, was angesichts der Bedeutung, die dem Mietzins im Haushaltungsbudget der Alten,
Hinterlassenen und Invaliden zukommt, besonders wertvoll sein dürfte; jedenfalls lassen sich über einen solchen Abzug die regionalen Verschiedenheiten in den Lebenshaltungskosten in differenzierterer Weise berücksichtigen als durch eine Zoncneinteilung.

c. Was die Anrechnung des Vermögens betrifft, so soll - ähnlich wie dies für die ausserordentlichen AHV- und IV-Renten und in zahlreichen Fürsorgesystemen der Kantone der Fall ist - oin Fünfzehntel des Vermögens zum Einkommen geschlagen werden, wobei als Notpfennig 15 000 Franken bei Alleinstehenden, 25 000 Franken bei Ehepaaren und 7000 Franken bei Waisen und Kindern ausser Rechnung bleiben. In der AHV/IV-Kommission ist die Frage aufgeworfen worden, ob es nicht zweckmassig wäre, foste Vermögcnsgrenzon einzuführen; doch hat sich die Mehrheit der Kommission für das elastischere System der Umrechnung des Vermögens in Einkommen ausgesprochen.

694 4. Die Höhe der Leistungen Die Ergänzungsleistungen sollen - wie schon mehrfach erwähnt - ein bestimmtes Mindesteinkommen garantieren. Die .Ergänzungsleistung muss daher don vollen Unterschied zwischen der diesem Mindesteinkommen entsprechenden Grenze und dem anrechenbaren Einkommen decken. Anhand dreier Beispiele soll der Berechnungsmodus der Ergänzungsleistungon erläutert und gleichzeitig auch die Auswirkung der Einkommensabzüge aufgezeigt werden.

a. Ein Bezüger des Mindestbetrages der einfachen Altersrente (Vollrente) von 1500 Franken, der über keine weiteren Einkünfte verfügt, erhält eine jährliche Ergänzungsleistung von 3000 Franken minus 1.500 = 1500 Franken.

Wohnt er in einem Kanton, der die Einkommensgrenze auf 2400 Franken herabgesetzt hat, so beträgt die Ergänzungsleistung 900 Franken.

l>. Ein Ehemann bezieht oine Ehepaar-Altersrente von 2720 Franken und eine Pension von 2050 Franken im Jahr; er verfügt über kein Vermögen. Von der Pension werden 950 Franken (fester Botrag von 400 Franken und ein Drittel der restlichen 1650 Franken) nicht angerechnet. Die Ergänzungsloistung beläuft sich somit auf 4800 minus 8820 Franken (2720+1100) = 980 Franken.

Wegen des Abzuges von der Pension stehen dem Ehepaar insgesamt 5750 Franken, also 950 Franken mehr als der Grenzbetrag, zur Verfügung.

Die effektive Einkommensgrenze liegt hier nahezu um 20 Prozent über der gesetzlichen Einkommensgrenze von 4800 Franken.

c. Ein invalider Ehemann mit einer nicht invaliden Frau und zwei Kindern bezieht eine ganze IV-Rente (einschliesslich Zusatzrenten für Frau und Kinder) von 5720 Franken im Jahr. Er verfügt über koinè weiteren Einkünfte und kein namhaftes Vermögen. Hingegen erzielt die Ehefrau ein Erwerbseinkommen von 1600 Franken im Jahr, von dem nach gesetzlicher Vorschrift 800 Franken (fester Betrag von 400 Franken und ein Drittel der restlichen 1200 Franken) abgezogen werden können. Für Versicherungsprämien (einschliesshch AHV/ IV/EO-Beiträge) werden 100 Franken aufgewendet ; die Arzt- und Arzneikosten sind mit 800 Franken im Jahr ausgewiesen. Der Wohnkanton lässt einen Mietzinsabzug zu; vom jährlichen Mietzins von 2460 Franken kann somit der ein Fünftel der Einkommensgrenze übersteigende Betrag von 900 Franken in Abzug gebracht werden. Die Ergänzungsleistung wird demnach wie folgt berechnet Fr.

Einkommensgrenze (Ehepaar und 2 Kinder) IV-Eente (einschliesshch Zusatzrenten) Erwerbseinkommen der Frau (nach Abzug von Fr. 800) . .

Abzüge - für Versicherungsprämien - für Arzt und Arznei - für Mietzins JährucheErgänzungsleistung

Fr.

100 SOO 900

Fr.

7800 5720 800 652

°

1300

5220 2580

695 Auch in diesem Palle stehen dem Beaügor gesamthaft Mittel zu, die übor den Grenzbetrag hinausgehen; das Bruttoeinkommen der Familie beläuft sich, auf 9900 (5720+1600+2580) Franken im Jahr; es liegt somit um etwas mehr als ein Viertel über der gesetzlichen Einkommensgrenze von 7800 Franken.

5. Die Durchführung Die Kantone haben die organisatorischen ilassnahmen für die Ausrichtung von Ergänzungsleistungen zu treffen und das Verfahren der Festsetzung und Auszahlung der Leistungen "zu ordnen. Sie können die kantonalen Ausgleichskassen, aber auch Stellen der kantonalen Alters- und Hintorlassenenfürsorge mit der Durchführung der neuen Ordnung betrauen; einzig Armenbehörden dürfen für den Vollzug nicht herangezogen -werden.

Wir legen grossen Wert darauf, dass auch im Verfahren der versicherungsmässige Charakter der Ergänzungsleistung zum Ausdruck kommt. So soll vor allem die Leistung dem Berechtigten mit schriftlicher Verfügung bekanntgegeben werden, gegen die er Beschwerde bei einer kantonalen Bekursbehörde und allenfalls beim Eidgenössischen Versicherungsgericht führen kann. Den Kantonen obliegt es, die Beschwerdeinstanz zu bezeichnen und das Verfahren zu ordnen.

Dabei dürfte es naheliegen und im Hinblick auf eine möglichst einheitliche Eechtsprechung auf dem Gebiete der Sozialversicherung geboten sein, die Beurteilung von Beschwerden gegen Verfügungen übor Ergänzungsleistungen der in AHV- und IV-Sachen zuständigen kantonalen Rekursbehörde zu übertragen.

JH. Die Leistungen gemeinnütziger Institutionen 1. Allgemeines Auf Grund des Bundesbeschlusses vom S.Oktober 1948 betreffend die zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürsorge wurden bisher der Stiftung für das Alter regelmässig 2 Millionen Franken im Jahr und der Stiftung für die Jugend 0,75 Millionen Franken im Jahr zugewiesen. Diese Zuwendungen wurden der aus Mitteln der Lohn- und Verdienstersatzordnung gebildeten Bückstellung entnommen und waren für einmalige und periodische Leistungen an bedürftige Greise, Witwen und -Waisen schweizerischer oder ausländischer Nationalität bestimmt. Nachdem die erwähnte Bückstellung demnächst Kur Neige geht, sollen nun besondere Mittel für die zusätzliche Fürsorge bereitgestellt und die Hilfeleistung der gemeinnützigen Institutionen neu geregelt werden. Dass dies zweckmässigerweise im gleichen Bundesgesetz
geschieht, init dem die sozialpolitisch wichtigen Ergänzungsleistungen der Kantono eingeführt werden, dürfte unbestritten sein. Die vorgesehene Neuordnung lehnt sich eng an die bisherige Begelung an, doch wird sowohl der Kreis der mit Fürsorgeaufgaben betrauten Institutionen wie auch der Leistungsbereich neu umschrieben.

2. Die gemeinnützigen Lnstitutionen Nachdem Invalide, die IV-Eenten erhalten, in den Genuss von kantonalen Ergänzungsleistungen gelangen sollen, ist es nur folgerichtig, sie auch der zu-

696.

sätzlichen Fürsorge gemeinnütziger Institutionen teilhaftig werden zu lassen.

Neben den Stiftungen für das Alter und für die Jugend soll daher in Zukunft die Vereinigung Pro Infirrais jährliche Zuwendungen erhalten, um bedürftige Invalide fürsorgerisoh betreuen zu können. Yon verschiedenen ändern Organisationen der Invalidenhilfe ist der .Wunsch geaussort worden, der Bund möge auch sie für die Fürsorgetätigkeit heranziehen. Mit der AITV/W-Kommission sind wir indes der Auffassung, dass eine Aufsplitterung der zusätzlichen Bundesfürsorge für Invalide zn grossen Unzukömmlichkeiten führen rnüsste. Wenn eine Mehrzahl von Fürsorgestellen grundsätzlich den gleichen Personenkreis betreut, so entstehen nicht nur beträchtliche Koordinationgschwierigkeiten, sondern die Gefahr von Doppel- oder Mehrfachbozügen wächst ganz wesentlich.

Es liegt daher im Interesse einer einfachen und übersichtlichen Durchführung, die zusätzliche Fürsorge für Invalide einer einzigen Institution zu übertragen, ·wobei die Vereinigung Pro Infirmis dank ihrer weitverzweigten Organisation und ihrem umfassenden Tätigkeitsbereich allein in der Lage sein dürfte, gesamtSchweizerisch diese Aufgabe zu übernehmen.

Die jährlichen Beiträge an die Stiftung für das Alter werden von 2 auf höchstens 3 Millionen Franken, jene an die Stiftung für die Jugend von 0,75 auf höchstens 1,2 Millionen Franken erhöht. Dazu kommen neu höchstens 1,5 Millionen Franken als Beitrag an die Vereinigung Pro Infirmis. Da die Mittel für Fürsorgezwecke verwendet werden müssen und der Bedarf nicht abzuschätzen ist, soll die Höhe der Zuwendungen elastisch festgesetzt werden, indem lediglich die Höchstbeträge ins Gesetz aufgenommen werden und es dem Bundesrat überlassen bleibt, eine Beduktion auf den tatsächlich benötigten Betrag vorzunehmen. Die Beiträge an die Stiftung für das Alter und für die Jugend stehen zueinander ungefähr im bisherigen Verhältnis, Don Beitrag an die Vereinigung Pro Infirmis möchten wir etwas höher ansetzen als jenen an die Stiftung für die Jugend, obschon der Bestand der Invalidenrentncr kleiner ist als jener der Hinterlassenenrentner; erfahrungsgemäss ist aber die Zahl bedürftiger Invalider grösser als jene bedürftiger Hinterlassener, Die Stiftungen für das Alter und für die Jugend sowie die Vereinigung Pro Infirmis haben sich ausdrücklich
bereit erklärt, die vorgesehenen Fürsorgeaufgaben zu übernehmen. Sache des Bundesrates wird es sein, die Aufgabenbereiche der drei Institutionen gegeneinander abzugrenzen und für die angemessene Berücksichtigung ihrer jeweiligen kantonalen oder regionalen Organe zu sorgen.

3. Die Fürsorgeleistungen Die Zweckbestimmung der Bundesbeiträge wurde hauptsächlich wegen der Einführung kantonaler Fjrgänzungsleistungen etwas anders umschrieben als im bisherigen Bundesbeschluss betreffend die zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürsorge. Die Bundesmittel sollen einerseits dafür verwendet werden, in der Schweiz wohnhaften schweizerischen AHV-Eentnern und Leistungsbezügern der IV, die trotz oder mangels einer kantonalen Zusatzleistung in

697 eine Notlage geraten sind, durch einmalige oder periodische Leistungen über die wirtschaftlichen Schwierigkeiten hinwegzuhelfen. In gleicher Weise soll auch den mindestens 10 Jahre in der Schweiz ansässigen, bedürftigen Ausländern und Staatenlosen geholfen werden, und dies selbst dann, wenn zwar dor Versioherungsfall dor AHV oder IV eingetreten ist, aber weder ein Anspruch auf AHV- oder IV-Bente noch ein solcher auf Ergänzungsleistung besteht. Erstmals ist zudem die Verwendung der Mittel für Sach- und Dienstleistungen zugunsten Alter, Hinterlassener und Invalider vorgesehen, 2.B. für die Finanzierung von Haushalthilfen oder für die Abgabe von Hilfsmitteln. Hingegen sollen dio Bundesbeiträge von den gemeinnützigen Institutionen nicht für den Bau von Heimen und Spitälern verwendet werden. Wie wir schon bei früherer Gelegenheit ausführten (siehe u.a. Botschaft vom 9. Juni 1958 zum Bundesbeschluss über die Verlängerung und Änderung dos Bundesbeschlusses betreffend die zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürsorge, BB1 1958 I 1114), muss es primär Sache der Kantone und Gemeinden bleiben, dio nötigen Mittel für den Bau von Heimen und Spitälern zur Verfügung zu stellen. Aber auch abgesehen von dieser aus der Verfassung sich ergebenden Priorität der Kantone und Gemeinden wäre der Bund gar nicht in der Lage, aus den ohnehin begrenzten Wittein, die für die zusätzliche Fürsorge bereitgestellt werden können, einigermasgen ins Gewicht fallende Baubeiträge auszurichten.

In Zukunft werden die gemeinnützigen Institutionen voraussichtlich in manchen Einzelfällen durch die Ausrichtung kantonaler Ergänzungsleistungen von bisherigen Fürsorgeaufgaben entlastet; anderseits aber werden sie vereinzelt Fälle zu übernehmen haben, die bisher von den Kantonen botreut wurden.

Der Bundesrat behält sich jedenfalls das Kocht vor, die gemeinnützigen Institutionen zur Weiterzahlung von Leistungen der bisherigen kantonalen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenfürsorge zu verpflichten.

C. Die Fittanzierungsprobleme I. Einleitung Die Schätzungen über die finanzielle Belastung, die der vorliegendo Gesetzesentwurf - sowohl gesamtschweizerisch als auch in den einzelnen Kantonen - bringen wird, stossen auf erhebliche Schwierigkeiten. Das hat insbesondere zwei Gründe : Im Gegensatz zur AHV, wo wir es mit einheitlichen gesetzlichen
Bestimmungen auf Bundesebene und nicht mit Bedarfslcistungen zu tun haben, lässt der Gesetzosentwurf den Kantonen bewusst einen ziemlich weiten Spielraum für dessen Ausgestaltung. Welcho Kombinationen die einzelnen Kantone schliesslich wählen werden, darüber wissen wir heute recht wenig, Wohl haben wir für unsere Schätzungen angenommen, dass alle Kantone mitmachen werden; aber trotzdem bleibt noch eine beträchtliche Unsicherheit hinsichtlich der Wahl des Leistungssystems, die der einzelne Kanton treffen wird. In zweiter Linie verfügen wir leider über sehr spärliche statistische UnterBundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

47

698 lagen; insbesondere fehlen Verteilungen der Leistungsanwärter nach ihrem Einkommen sowohl kantonsweise als auch gesamtschweizerisch. Unter diesen Voraussetzungen war es naheliegend, mit mathematischen Modellrechnungen zu arbeiten, denen plausible Annahmen zugrundegelegt wurden. Wir werden auf diese Annahmen später zurückkommen.

Die zahlenmässigen Ergebnisse der Modellrechnungen, die in den Anhangtabellen 2-4 zusammengestellt sind und nachstehend näher kommentiert werden sollen, sind mit grosser Zurückhaltung aufzunehmen. Im Hinblick auf die unsicheren Eechnungsunterlagen muss in Kauf genommen werden, dass die tatsächlichen Kosten, insbesondere was die einzelnen Kantone betrifft, von den Schätzungen beträchtlich abweichen können.

u. Die Kosten der Ergänzungsleistungen 1. Der gesamtschweizerische Bedarf

a. Die finanzielle Belastung, die sich aus der Ausrichtung von Ergänzungsleistangen ergeben wird, hängt von der Zahl der Bezüger solcher Leistungen und von der mittleren Leistungshöhe ab. Die Bezuger von Ergänzungsleistungen rekrutieren sich aus den Eentnerbeständen der AHV und IV. Für das Jahr 1965 kann mit einem Gesamtbestand von 760 000 Personen gerechnet werden, die eine Eente der AHV bzw. eine Eente oder Hilflosenentschädigung der IV beziehen werden. Der prozentuale Anteil der Bezüger von Ergänzungsleistungen an diesem Gesamtbestand sei als Bedarfsquote bezeichnet. Die Höhe der Bedarfsquote hängt in erster Linie von den gewählten Einkommensgrenzen ab, dann aber auch von den Anrechnungsregeln für die verschiedenen Einkommensbestandteile (privilegiertes Einkommen) sowie von den zulassigen Abzügen (Mietzinse, Versicherungsprämien usw.). Dabei ist besonders zu beachten, dass die Zulassung von Mietzinsabzügen den einzelnen Kantonen freisteht.

Die Einkommensgrenzen sind nicht nur massgebend für die Abgrenzung des Bezügerkreises, sondern gomäss Artikel 5, Absatz l dos Gesetzentwurfes auch mitbestimmend für die Höhe der Ergänaungsleistung. Die mittlere Leistungshöhe hängt somit eng mit den gewählten Einkommensgrenzen zusammen. Unter diesen Umständen erweist es sich als zweckmässig, die Berechnungen anhand zweier mathematischer Modelle durchzuführen, denen unterschiedliche Einkommensgrenzen zugrundegelegt werden.

fe. In einem ersten Modell wird angenommen, die Einkommensgrenzen seien in allen Kantonen durchwegs auf die Ansätze gemäss Artikel 2, Absatz l des Gosetzesentwurfes festgesetzt, d.h. auf 8000 Franken für Alleinstehende, 4800 Franken für Ehepaare und 1500 Franken für Waisen.

Der Teilanrechnung des Erwerbseinkommens sowie der Eenten und Pensionen gemäss Artikel 8, Absatz 2 des Gesetzesentwurfes ist wie folgt Eechnung getragen worden : Es wurde angenommen, dass vom Gesamtbestand der AHVund IV-Eentner etwa die Hälfte über Einkünfte verfügt, die im Sinne des er-

699 wähnten Gesetzesartikels privilegiert sind, d.h. nur teilweise als Einkommen angerechnet werden. Diese Aufteilung des Gesamtbestandes lässt sich u. a mit Angaben aus der schweizerischen Pensionskassenstatistik 1955/56 sowie mit ersten Ergebnissen von Untersuchungen begründen, die die Kommission für Altersfragen der Schweizerischen Stiftung für das Alter in dieser Eichtung angestellt hat.

Der durch die Abzüge vom Erwerbseinkommen gemäss Artikel 8, Absatz 4 sowie durch die Mietzinsregelung gemäss Artikel 4, Buchstabe & verursachte finanzielle Aufwand lässt sich nur schwierig schätzen, um so mehr als Anhaltspunkte darüber fehlen, in welchem Ausmass die Kantone die Mietzinsregelung einführen werden.

Die zahlenmässigen Ergebnisse dieser ersten Modellrechnung sind in den Anhangtabollen 2 und 8 unter den mit «Maximum» überschriebenen Spalten zu finden. In der Tat würde für den Fall, dass sämtliche Kantone die höchstmöglichen Einkommensgrenzen einführen sollten, auch die höchstmögliche Belastung aus Ergänzungsleistungen entstehen. Die landesdurchschnittliche Bedarfsquote erreicht in dieser ModeUrechnung den Wert von 80,9 Prozent.

Im Jahre 1965 wären von den insgesamt 760 000 Beninern der AHV und IV 285 000 Bezüger von Ergänzungsleistungen zu zählen. Die im Mittel ausgerichtete Leistung für Alleinstehende hegt bei 932 Franken im Jahr. Die Gesamtbelastung aus Ergänzungsleistungen, die bei den getroffenen Annahmen als oberer Grenzwert unserer Schätzung bezeichnet werden darf, erreicht bei diesem Modell den Betrag von 242 Millionen Franken im Jahr, Von diesem Betrag entfallen etwas mehr als 15 Millionen oder rund 6 Prozent auf die Privilegierung von Einkommensbestandteilen gernäss Artikel 8, Absatz 2 des Gesetzesentwurfes.

c. In einem zweiten Modell ist angenommen worden, sämtliche Kantone hätten von der Herabsetzung der Einkommensgrenzen um ein Fünftel (Art. 4, Buchstabe a des Gesetzesentwurfes) Gebrauch gemacht. In diesem Modell sind demnach die Einkommensgronzen auf 2400 Franken für Alleinstehende, 8840 Franken für Ehepaare und 1200 Franken für Waisen festgesetzt worden. Die übrigen Annahmen sind die gleichen wie für das erste Rechnungsmodell (vgl, vorstehenden Abschnitt fc).

Für dieses Modell sind die zahlenmässigen Ergebnisse in den mit «Minimum» überschriebenen Spalten der Anhangtabollen 2 und
3 zu finden. Die Bedarfsquote beträgt hier 22,3 Prozent, so dass nur noch etwa 170 000 Bezüger von Ergänzungsleistungen zu zählen wären. Die im Mittel ausgerichtete Ergänzungsleistung für Alleinstehende würde bei 576 Franken im Jahr liegen. Die Gesamtbelastung beträgt 108 Millionen Franken jährlich, wovon etwa 6 Millionen auf die Privilegierung bestimmter Einkommensbestandteile entfallen. Gesamtschweizerisch gesehen sind diese Zahlen nicht von groseer praktischer Bedeutung; denn es steht heute schon fest, dass die Einkommensgrenzen in vielen Kantonen wesentlich über den hier angenommenen Ansätzen hegen. Sie sind aber hei der Abschätzung der Kosten in einzelnen Kantonen gut zu gebrauchen.

700

d. Für die Schätzung der Gesamtbelast,ung aus Brgänzungsloistungen liefern die beiden soeben umschriebenen Modelle zwei Grenzwerte, einen unteren Grenzwert von 108 Millionen Franken und einen oberen Grenzwert von 242 Millionen Franken. Eine ganze Keine von Kantonen hat heute schon Einkommensgrenzen festgelegt, die denjenigen im ersten Modell entsprechen; etliche von ihnen kennen sogar beträchtlich höhere Einkommensgrenzen (wie beispielsweise Basel, Genf und Zürich). Es muss daher mit grosser "Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden, dass die Gesamtbelastung eher in der Nähe des oberen Grenzwertes liegen wird. Dabei setzen wir allerdings stets voraus, dass alle Kantono mitmachen werden. Unter diesen Umständen glauben wir nicht fehl zu gehen mit der Annahme, dass der vorliegende Gesetzesentwurf auf dem Gebiet der Ergänzungsleistungen Kosten in der Grössenordnung von 200 Millionen Franken jährlich verursachen wird. Dazu kommen noch Bundesbeiträge von nahezu 6 Millionen Franken an die drei gemeinnützigen Institutionen.

2. Der kantonale Bedarf Zur Beurteilung der Jahresbelastung aus Ergänzungsleistungen in den einzelnen Kantonen sind die Kantone in 5 Gruppen eingeteilt worden. Jeder Gruppe entspricht eine bestimmte Bedarfsquote und eine bestimmte mittlere Ergänzungsleistung für Alleinstehende. Für Einzelheiten über diese Gruppeneinteilung der Kantone, wie sie den beiden Modellrechnungen zugrundegelegt wurde, sei auf die Spalten 8-6 der Anhangtabelle 2 verwiesen.

Die Ergebnisse für die einzelnen Kantone sind in der Anhangtabelle 3 zusammengestellt, und zwar wiederum für die beiden Modelle («Minimum» und «Maximum»). Neben der Jahresbelastung enthält die Anhangtabelle 3 auch Angaben über die zu erwartende Anzahl Bezüger von Ergänzungsleistungen.

Die weitaus meisten Bezüger entstammen den beiden volksreichsten Kantonen Zürich und Bern, während der Kanton Nidwaiden mit rund 700 Bezügern den kleinsten Anteil aufweist. Ähnlich liegen die Verhältnisse in bezug auf die Jahresbelastung nach Kantonen. Wie wir schon in der Einleitung festgestellt haben, sind insbesondere bei den kantonalen Zahlen etwelche Vorbehalte anzubringen. Immerhin dürften die beiden Grenzwerte in den Spalten 4 und 5 der Anhangtabelle 3 den einzelnen Kantonen Hinweise darüber vermitteln, in welcher Grössenordnung sich die finanziellen
Auswirkungen des Gesetzesetwurfes etwa bewegen könnten.

III. Die Subventionierung 1. Die Kosten für den Bund Artikel 9, Absatz 2 des Gesetzesentwurfes steckt den Kahmen für die Subventionierung der Aufwendungen der einzelnen Kantone durch den Bund ab und bestimmt, dass die Subventionsansätze innerhalb dieses Eahmens nach der Finanzkraft der Kantone abgestuft werden sollen. Es wird Sache von Bespre-

701 chungen mit den Kantonen sein, das Xähere.hieruber festzulegen. Immerhin sei im Sinne eines Beispiels auf die Zahlen der Anhangtabello 4 verwiesen, wo im vorgeschlagenen Eahmen tur die finanzstarken Kantone ein Subventionsansatz von 33 1/3 Prozent, für die mittelstarken Kantone ein solcher von 50 Prozent und für die finanzschwachen Kantone schliesshch ein Subventionsansatz von 662/3 Prozont in Bechnung gestellt wurde. Die Grappeneinteüung der Kantone nach ihrer Finanzkraft entspricht demBBundesratsbeschluss vom I.November 1968 betreffend Abstufung von Bundesbeiträgen nach der Finanzkraft der Kantone für die Jahre 1963-1965.

Die Zahlen der Anhangtabelle 4 entsprechen wiederum don beiden Modellrechnungen, geben also dio minimale und maximale Belastung des Bundes aus der Subventionierung der Ergänzungsleistungen an. Die Grenzwerte liegen bei 5l und 115 Millionen Franken, wobei 5 bzw. gut 10 Millionen Franken auf die Bentner der IV entfallen dürften. Der Subvcntionsanteil des Bundes wird sich eher in der obern Hälfto zwischen den beiden Grenzwerten bewegen. Es scheint uns nicht abwegig, mit einer Belastung für den Bund von rund 100 Millionen Franken im Jahr zu rechnen. Damit übernimmt der Bund im gesamtschweizerischen Mittel ungefähr dio Hälfte der Gesamtaufwendungen für die Ergänzungsleistungen. Von den erwähnten 100 Millionen Franken entfallen rund 90 Millionen Franken auf dio AHV-Bentner und 10 Millionen Franken auf Bezuger von Bonten oder Hüflosenentschädigungen der IV- Rechnet man die Beiträge des Bundes an die drei gemeinnutzigen Institutionen gemäss Artikel 10, Absatz l des Gesetzosentwurfos, und zwar mit den Maximalansätzen von insgesamt 5,7 Millionen hinzu, so ergibt sich für den Bund aus dem vorliegenden Gesetzesentwurf eino Gesamtbelasfcung von ungefähr 106 Millionen Franken im Jahr.

2. Die Aufbringung der Mittel a. Die Subventionierung der Ergänzungsleistungon an Bezüger von Benten oder Hüflosenentschädigungen der IV hat aus allgemeinen Bundesrrvitteln zu erfolgen. Zusammen mit den Beitragen an die Vereinigung Pro Infirmis, die ebenfalls aus allgemeinen Bundesmitteln finanziert worden müssen, erreicht der Betrag, den der Bund aus allgemeinen Mitteln aufzubringen hat, insgesamt rund 12 Millionen Franken im Jahr (10 Mio. Fr. an Bezüger von Benten oder Hilflosenentschädigungen der IV
plus 1,5 Mio. Fr. an die Vereinigung Pro Infirmis).

b. Für die Subventionierung der Ergänzungsleistungen an Bentner der AHV durch den Bund sowie für die Beiträge an die Stiftungen für das1 Alter und für die Jugend soll der Spezialfonds gemäss Artikel 111 AHVG (Tabakfonds) herangezogen werden. Nach den Ausführungen im vorstehenden Abschnitt l muss jährlich ein Betrag von etwa 95 Millionen Franken (rund 90 Mio. Fr. für Ergänzungsleistungon an Bezüger von AHV-Benten und 4,2 Mio. Fr. als Beitrag an die Stiftungen für das Alter und fxii die Jugend) aufgebracht werden. Wir beabsichtigen, die Finanzierung so zu gestalten, dass der Tabakfonds selber,

702 dor Ende 1963 den Stand von 1129, Millionen Franken erreicht hat, nicht angegriffen werden muss.

Spezialfonds des Bundes für die ÂHV (Art.lllAHVG) Betrage in Millionen Franken Rechnungsergebnisse sse

Texttabelle 2 Schätzung1)

Rechnungskonten

Fonds Jahresanfang . . 3.

Ertrag Tabak u. Alkohol ) Zusammen An AHV3) Fonds Jahresende . . . .

1982

1.W3

1964

833 240 1073 107 966

9GÜ 270 1236 107 1129

1129 285

1414 263 3151

1 ) Die Abrechnungsergebnisse bis Ende Juni 1964, verglichen mit der entsprechenden Periode des Vorjahres, lassen auf eine zehnprozentige Ertragssteigerung gegenüber 1963 schhessen.

*) Davon Ertrag Zigaretten 1962: 204Mio; 1963: 235 Mio; 1964: 240 Mio.

3 ) Total öffentliche Hand: bis 1969 160 Mio, wovon ein Drittel, d.h. 53 Mio von den Kantonen aufgebracht; ah J964 330 Mio, wovon ein Viertel, d.h. 87 Mio von den Kantonen aufgebracht.

Wie dor Texttabelle 2 entnommen werden kann, genügen die heutigen Einnahmen des Tabakfonds nicht, um neben dem Beitrag des Bundes an die AHV in der Höhe von gegenwärtig 263 Millionen Franken im Jahr noch den Beitrag des Bundes an die Erganzungsleistungen zu finanzieren. Wir sehen daher vor, von der uns im Bundesgesetz vom 19.Dezember 1963 über die 6.AHV-Bevision, Abschnitt IV, Buchstabe 6, erteilten Ermächtigung Gebrauch zu machen und die fiskalische Belastung der Zigaretten zu erhöhen. Dieso Erhöhung Hegt übrigens auch in der Linie unserer Konjunkturpolitik. Wir haben das heute konkret vorliegende System von Ergänzungsloistungen in seinen konjunkturellen Auswirkungen bereits in unserer Botschaft zur 6. AHV-Be vision eingehend behandelt und können uns daher jetzt damit begnügen, anf dio Ausführungen in jener, Botschaft (BEI 1963 II 560) zu verweisen.

Die Abrechnungsergebnisse bis Ende Juni 1964 lassen erkennen, dass der Ertrag aus der fiskalischen Belastung der Zigaretten schon im laufenden Jahr etwa 240 Millionen Franken betragen wird. Die Erhöhung um 40 Prozent, was dem Maximalansatz in der erwähnton Ermächtigung entspricht, ergibt bei gleichbleibenden Konsumverhältnissen einen Mehrertrag von 96 Millionen Franken. Dieser Betrag dürfte gerade ausreichen, um die künftigen Ausgaben auf Grund des vorgeschlagenen Gesetzes, die zu Lasten des sogenannten Tabak-

703

fonds gehen, eu decken. Wir sehen daher vor, von der erwähnten Ermächtigung in vollem Umfang Gebrauch zu machen und gleichzeitig mit der Inkraftsetzung dieses Gesetzes die fiskalische Belastung der Zigaretten um 40 Prozent zu erhöhen, 3. Die Auswirkungen für die Kantone Von den Gesamtkosten für die Ergänzungsleistungen im Betrage von rund 200 Millionen Franken verbleiben nach Abzug der Bundesbeiträge noch 100 Millionen Franken, die von den Kantonen aufgebracht werden müssen. Es handelt sich hier jedoch nicht in vollem Umfang um Mehraufwendungen der Kantone.

Beispielsweise könnten nämlich von den rund 75 Millionen Franken, die im Jahre 1962 der kantonalen Fürsorge zur Verfügung standen (vgl. Anhangtabelle 1), schätzungsweise 40 Millionen Franken als Aufwendungen der Kantone für Ergänzungsleistungen im Sinne des vorliegenden Gesetzesentwurfes betrachtet und an die 100 Millionen Franken angerechnet werden. Somit wären bei dem von uns vorgeschlagenen Subvontionierungsmodus von den Kantonen noch insgesamt 60 Millionen Franken neu aufzubringen. Dieser Betrag darf u.E. den Kantonen zugemutet werden, zumal die in Aussicht genommene Subventionierung bei den finanzschwachen Kantonen zwei Drittel der Kosten trägt, so dass diese Kantone nicht über Gebühr belastet werden. Dazu kommt, dass die Kantone und Gemeinden durch die Ergänzungsleistungen auf dem Gebiet der Armenfürsorge ganz erheblich entlastet werden; denn die Alten, Hinterlassenen und Invaliden werden - von Ausnahmefällen abgesehen - die Hilfe der Armenbehörden nicht mehr benötigen. Daher sollte es allen Kantonen möglich sein, zeitgemässe Ergänzungsleistungen auszurichten, womit das Problem der Sicherung eines Mindesteinkommens für die Eentner der AHV und IV gelöst wäre.

D. Die einzelnen Bestimmungen des Gesetzesentwurfes Artikel l Das Prinzip der unter B/II dargestellten Subventionslösung ist in Absatz l ·wiedergegeben. Die Kantone haben Anspruch auf Bundesbeiträge, wenn sie auf Grund eigener Bestimmungen, die den bundesrechtlichen Anforderungen genügen, Ergänzungsleistungen ausrichten. Das vorgeschlagene Bundesgesetz enthält für den Bereich der Ergänzungsleistungen lediglich Subventionsgrundsätze; Sache der kantonalen Gesetzgebung ist es, die materiellen, organisatorischen und verfahrensmässigen Vorschriften über die Leistungen aufzustellen.

Mit der vorgeschlagenen Ordnung will der Bund die Kantone nicht daran hindern, weitergehende Sozialleistungen zu erbringen. Absatz 2 ermächtigt daher die Kantone ausdrücklich, zusätzliche Versicherangs- oder Fürsorgeleistungen zu gewähren und die hiefür geltenden Voraussetzungen autonom festzusetzen.

Lediglich die Erhebung von Arbeitgeberbeiträgen ist ausgeschlossen. Die Bestimmung bildet das Korrelat zu Artikel 88 des AHV-Gesetzes.

704

Artikel 2 Diese Bestimmung umschreibt die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen, unter denen die Kantone' - um subventionsberechtigt zu sein Ergänzungsleistungen zu gewähren haben. In persönlicher Hinsicht soll der Anspruch auf Ergänzungsleistungen den in der Schweiz wohnhaften Schweizerburgern, die Anspruch auf eine AHV- oder IV-Eente haben (Absatz 1), sowie don seit mindestens 15 Jahren ununterbrochen in der Schweiz wohnhaften, rentenberechtigten Ausländern und Staatenlosen (Absatz 2) eingeräumt werden. Ob die erforderliche 15jährige Wohndauer für Ausländer gegebenenfalls durch zwischenstaatliche Vereinbarung reduziert werden kann, wird zu prüfen sein.

In wirtschaftlicher Hinsicht soll ein: Anspruch auf Ergänzungsleistung jenen Personen zustehen, deren Jahreseinkommen bestimmte Einkommensgronzen nicht erreicht. Über die Höhe der vorgesehenen Grenzbeträge haben wir unter B/II/3 Näheres ausgeführt. Die Abstufung der Einkommensgrenzen für die verschiedenen Bezügerkategorien entspricht derjenigen der AHV und der IV.

Globale Einkommensgrenzen sollen bei Witwen mit Waisen, bei Alten und Invaliden mit an der Ecnte beteiligten Kindern sowie bei zusammenlebenden Waisen Anwendung finden (Absatz 8). Da erfahrungsgeraäss in Eamilien mit mehreren Kindern dio Lebenskoston nicht im gleichen Verhältnis zunehmen wie die Kinderzahl, ist eine Degression der Einkommonsgrenze für Waisen und Kinder vorgesehen. Diese Degression hat zur Folge, dass beispielsweise für 7 Kinder, die im gemeinsamen Haushalt leben, nicht ein Grenzbetrag von 7x1500 = 10500 Franken, sondern nur ein solcher von 6500 Franken (3000 + 2000+1500 Franken) angerechnet wird. Im übrigen wird es Sache der Kantone sein, dio anwendbaren Grenzbeträge für getrennt lebende Ehegatten, Ehefrauen mit Anspruch auf einfacho Altersrenten und andere Sonderfälle näher zu bestimmen.

Endziel der vorgesehenen Eegelung muss sein, nach Möglichkeit ein Minimaleinkommen auf dem ganzen Gebiete der Schweiz zu garantieren. Der Bezüger einer Erganzungsleistung soll daher bei Übersiedlung in einen anderen Kanton mit einem entsprechenden Leistungssystem nicht um seine Bezüge kommen. Nach Absatz 4 dürfen daher die Ergänzungsleistungen von keiner Wohn- oder Aufenthaltsdauer im Kauton abhängig gemacht werden; eine Ausnahme von dieser Eegel ist in Artikel 17, Absatz
8 lediglich vorgesehen für Zuzüger aus Kantonen, m denen keine Ergänzungsleistungen zur Ausrichtung gelangen. Die Ergänzungsleistungen dürfen ausserdom Armengenössigen und Personen, denen aus irgendwelchen Gründen die bürgerlichen Eechte entzogen wurden, nicht vorenthalten werden.

Artikel 3 Die gleichmässige Anwendung der Bestimmungen über die Ergänzungsleistungen macht eine einlässliche bundesrechtliche Umschreibung des anrechenbaren Einkommens notwendig. Wir verweisen hiezu auf die allgemeinen Ausführungen untor B/II/3 b.

705 In Absatz l werden die Bestandteile des anrechenbaren Einkommens aufgezählt. Die Aufstellung lehnt sich an den für die ausserordentlichen Eenten der AHV und IV massgebenden Einkommens-Katalog an und bedarf nur weniger Hinweise. Zum Vermögensertrag wird ein Fünfzehntel des einen Freibetrag übersteigenden Vermögens hinzugerechnet. Die Freibeträge sind gegenüber den für die ausserordentlichen Eenten geltenden Ansätzen um 5000 Franken bei Alleinstehenden, 9000 Franken bei Ehepaaren und 1000 Franken bei Waisen erhöht worden; anderseits soll das hegende Vermögen, das heute im allgemeinen auch verhältnisrnässig leicht realisierbar ist, mit dem vollen Betrag und nicht - wie für die ausserordentlichen Eenteu - nur zur Hälfte berücksichtigt werden. Als Eenton und Pensionen haben periodische Leistungen im weitesten Sinne zu gölten, also neben den Soxialversicherungsrenten die Eenten öffentlicher und privater Pensionskassen und Versicherungen, die freiwilligen periodischen Leistungen der Arbeitgeber und die Eenton im Sinne des Zivilrechtes.

Absatz 2 bezeichnet die Einkommensbestandteilo, die nur teilweise anzurechnen sind. Vom Erwerbsoinkommen sowie von den Eenten und Pensionen soll der Jahresbetrag um einen Abzug von 240 Franken bei Alleinstehenden und 400 Franken bei Ehepaaren verringert und der Eestbetrag nur zu zwei Dritteln in Eechnung gestellt werden.

Die Priorität der versicherungsmässigen Ergänzungsleistungon gegenüber Leistungen mit Fürsorge- oder Unterstützungscharakter kommt in Absatz 3 zum Ausdruck. Sozialpolitisch wichtig ist, dass Verwandten- und Armenunterstützungon bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen nicht berücksichtigt werden. Als nicht anrechenbare Leistungen mit ausgesprochenem Fürsorgecharakter hätten öffentliche Notstandshilfen, Leistungen gemeinnütziger Institutionen und private Gaben zu gelten. Dass Ausbildungsstipendien für Kinder und "Waisen ausser Rechnung bleiben sollen, bedarf kaum näherer Begründung.

Auch die Abzüge vom Einkommen werden ähnlich wie für das Gebiet der ausserordentlichen Eenten umschrieben, doch sei auf drei Abweichungen hingewiesen. Nicht abzugsberechtigt sind Steuern (s. dazu B/II/3/b). Die AHV/IVKommission wollte ferner - um Missbräuchen vorzubeugen - Lebensversicherungsprämien praktisch vom Abzug ausschliessen. Wir sind jedoch der Auffassung,
dass durch eine betragsmässige Begrenzung der Prämienabzüge die Missbrauchgefahr gebannt werden kann. Über den Abzug der Arzt-, Arznei- und Krankenpflegekosten werden die Kantone nähere Vorschriften erlassen ;Bagatellbeträge sind vom Abzug auszuschliessen ; ferner wird der Abzug nur für Aufwendungen zuzulassen sein, die nicht durch Versicherungsleistungen gedeckt sind.

Absatz 5 sieht die globale Ermittlung des Einkommens bei Ehegatten und Personen mit Waisen und Kindern sowie bei zusammenlebenden Waisen vor und bildet somit das Korrelat zu Artikel 2, Absatz 3.

Artikel 4 Nach dieser Bestimmung können die Kantone - ohne der Bundesbeiträge verlustig zu gehen - in doppelter Hinsicht von den Normen über die Einkorn-

706

mensgrenzen und dag anrechenbare Einkommen abweichen. Sie können die Einkommensgronzen gemäss Artikel 2, Absatz l um ein Fünftel herabsetzen und so die Aufwendungen für die Ergänzungsleistungen in engeren Grenzen halten ; auch einer Herabsetzung der Grenzbeträge nur für ein Teilgebiet des Kantons würde bundesrechtlich nichts entgegenstehen. Anderseits können in bestimmtem Eahmen die Mietzinse zum Abzug zugelassen werden. Wir haben schon unter B/II/3/b und B/II/4 auf die Bedeutung und die Auswirkung solcher Mietzinsabzüge hingewiesen. Abzugsberechtigt wären nur Mietzinse, soweit sie oin Fünftel der anwendbaren Einkommensgrenzo übersteigen, bei einem Alleinstehenden also nur Mietzinse, soweit sie mehr als 600 Franken im Jahr (VB von Fr, 8000) betragen, und bei einem Ehepaar nur der 960 Franken im Jahr (*/6 von Fr. 4800) übersteigende Mietzins. Der überschiessende Betrag dürfte nicht unbeschränkt, sondern beispielsweise bei einem Ehepaar nur bis zu jährlich 1200 Franken oder bis zu einem Jahresmietzins von 2160 Franken abgezogen werden; höhere Mietauslagen hatte der Anwärtor selbst zu tragen. Durch öffentliche Mietzuschiisse verbilligte Mietzinse würden nur mit dem Nettobetrag angerechnet.

Artikel 5 Die Ergänzungsleistung soll grundsätzlich das anrechenbare Jahreseinkommen bis zum garantierten Mindesteinkommen, also bis zur Einkommensgrenze, auffüllen (Absatz 1), Den Kantonen bleibt es unbenommen, allfällige Bundungsregeln vorzusehen.

Ist eine Hinterlassenenrente oder Invalidenrente wegen Selbstverschuldens des Berechtigten gekürzt worden, so soll auch dio Ergänzungsloistung entsprechend gekürzt werden (Absatz 2). In einzelnen Vernehmlassungen ist angeregt worden, auch andere Reduktionen der AHV- und IV-Eenten (z.B. Teilrenten, halbe Invalidenrenten) durch Ergänzungsleistungen nicht voll auszugleichen, Obschon wir uns der nivellierenden Tendenz des vorgeschlagenen Systems bewusst sind, möchten wir doch vom sozialpolitisch wichtigen Prinzip des garantierten Mindosteinkommens keine weiteren Einschränkungen vorsehen.

Artikel 6 Die Kantone haben dio Organe zu schaffen oder zu bezeichnen, welche die Ergänzungsleistungen erbringen, und das Verfahren der Festsetzung und Auszahlung dieser Leistungen zu regeln (Absatz l und 2). Auch die Verwaltungskosten gehen zu Lasten der Kantone. Überträgt somit der
Kanton die Durchführung der neuen Ordnung der kantonalen Ausgleichskasse, so hat er ihr die zusätzlichen Verwaltungskosten global zu vergüten.

Dem Versicherungscharakter der Ergänzungsleistungen entspricht es, wenn nach Absatz 2 eine Eückerstattungspflicht nur für zu Unrecht bezogene Leistungen vorgesehen werden darf. Ein Eückforderungsrecht für rechtmässig bebezogene Ergänzungsleistungen von bereicherten Erben oder von einem zu neuem Vermögen gelangten Bezüger ist somit ausgeschlossen. Ebenfalls aus dem

707

Versicherungsprinzip leiten sich die Mindestanforderungen her, welche in Absatz 3 für die Festsetzung und Auszahlung der Leistungen festgelegt werden.

Vor allem sollen die Leistungen durch schriftliche, mit Eechtsmittelbelehrung versehene Verfugung zugesprochen werden.

Artikel 7 Gegen Verfügungen über Ergänzungsleistungen kann in erster Instanz bei einer von der Verwaltung unabhängigen kantonalen Eekursbehörde Beschwerde erhoben werden. Die Kantone ordnen das Verfahren der erstinstanzlichen Bechtsprechung nach den für die AHV und IV massgebenden Grundsätzen (Artikel 85 AHV G). Insbesondere muss das Verfahren einfach und grundsätzlich kostenlos sein.

Artikel 8 Die zweitinstanzliche Rechtsprechung soll dem Eidgenössischen Versicherungsgericht obliegen, doch ist seine Kogrution - gleich wie in anderen Sozialversicherungszweigen, in denen sich der Bund auf Subventions- und Rahmenvorschriften beschränkt (z.B. Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung) auf die Verletzung von Bundesrecht oder auf Willkür bei der Feststellung oder Würdigung des Sachverhaltes beschränkt. Eine Verletzung von Bundesrecht wird immer dann anzunehmen sein, wenn eine kantonale Vorschrift eine Auslegung erfährt, die den Absichten des Bundesgesetzgebers offensichtlich zuwiderläuft.

Artikel 9 Nach Absatz l sollen die Beiträge des Bundes an Ergänzungsleistungen für Alte und Hinterlassone dem Spesdalfonds entnommen werden, der aus den Erträgnissen der fiskalischen Belastung von Tabak und Alkohol gebildet worden ist (Artikel 111 AHV G). Für die Beiträge an Ergänzungsleistungen für Invalide müssen dagegen allgemeine Bundesmittel herangezogen werden, weil der genannte Spezialfonds verfassungsmässig nur für Leistungen an Alte und Unterlassene bestimmt ist (Artikel 34aua*«r, Absatz 6 B V).

Über die finanzielle Belastung und dio in Aussicht genommenen Bundesbeiträge haben wir im Abschnitt C die näheren Angaben gemacht. Absatz 2 setzt den gesetzlichen Bahmen fest, in dorn sich die Bundesbeiträge - abgestuft nach der Finanzkraft der Kantone - zu halten haben. Im übrigen wird der Bundesrat auf dem Verordnungswege die Ansätze für die Beiträge an die einzelnen Kantone festsetzen (Absatz 8).

Artikel 10 Die Einzelheiten über die Weiterfuhrung und den Ausbau der zusätzlichen Fürsorge zugunsten Alter, Hinterlassener und Invalider durch die Stiftungen für

708

das Alter und für die Jugend sowie die Vereinigung Pro Infirmas finden sich unter B/III.

Absatz l gibt die für die einzelnen Institutionen bestimmten Höchstbeiträge des Bundes an, während Absatz 2 die Frage regelt, welche Beiträge nach der massgebenden Verfassungsbestimmung dem sogenannten Tabakfonds und welche den allgemeinen Bundesinitteln zu entnehmen sind. Absatz 8 ermächtigt den Bundesrat, innerhalb dieser Grenzen jeweils den jährlichen Beitrag festzusetzen.

Der bisherige Bundesbeschluss betreffend die zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürsorge enthielt Bestimmungen über die Aufteilung der Bundesbeiträge unter die zentralen, kantonalen und regionalen Stiftungsorgane (Art. 4 und 5).

Der vorliegende Gesetzescntwurf überträgt die Kompetenz zum Erlass solcher Vorschriften dorn Bundesrat.

Artikel 11 Absatz l umschreibt die Zweckbestimmung der Bundesbeiträgo in dem unter B/III/8 dargelegten Sinne. Dauernd Armengenössige können zwar in den Genuss der versicherungsmässigen Ergänzungsleistungen gelangen, werden aberum eine Kumulation der Fürsorgemassnahmen zu vermeiden - von den Leistungen der gemeinnützigen Institutionen ausdrücklich ausgeschlossen (Abs. 2). Die gemeinnützigen Institutionen haben über die Verwendung der Mittel - wie bisher - Leitsätze aufzustellen (Abs. 3), und der Bundcsrat kann namentlich zur Koordination der Hilfstätigkeit ergänzende Vorschriften erlassen (Abs.4).

Artikel 12 Die Leistungen der Kantone und der gemeinnützigen Institutionen sollen gleich wie die Eenten der AHV und IV unabtretbar und unpfändbar sein. Die Bestimmung entspricht Artikel 20, Absatz l, AHVG-.

Artikel 13 Die Regelung der Auskünfte- und Schweigepflicht ist in vereinfachter Form derjenigen des AHV-Gesetzes nachgebildet (Art.50 und 98 AHVG).

Artikel 14 Die Eegelung über das Aufsichtsrecht des Bundes entspricht weitgehend derjenigen des bisherigen Bundesbeschlusses betreffend die zusätzliche Altersund Hinterlassen enfürsorge (Art. 11). Wir haben die Absicht, das Aufsichtsrecht so zurückhaltend als möglich zu handhaben und den erforderlichen Kontrollapparat in engsten Grenzen zu halten.

Artikel 15 Die kantonalen Bestimmungen bedürfen der Genehmigung des Bundesrates (Abs.l). Im Genehmigungsverfahren wird zu prüfen sein, ob die bundesrechtlichen Anforderungen erfüllt sind und mithin die vorgesehenen Beiträge an die Ergänzungsleistungen gewährt werden können.

709 Die Genehmigung der Leitsätze der gemeinnützigen Institutionen soll wie bisher durch das Bundesamt für Sozialversicherung erfolgen (Abs. 2).

Artikel 16 Die Strafbestimmung stützt sich für die Umschreibung gleichartiger Tatbestände und für die Strafandrohung auf die Artikel 87 und 88 AHVG- und stellt zusätzlich den Tatbestand dor rechtswidrigen Erwirkung einer Subvention unter Strafe. Die Strafverfolgung obliegt - wie in der AHV und IV - den Kantonen.

Artikel 17 Die Absätze l und 2 ordnen die Ablösung der bisherigen zusätzlichen Altersund Hinterlassenenfürsorge durch das System der Ergänzungsleistungen. Sobald ein Kanton Beiträge auf Grand des neuen Gesetzes erhält, fallen Zuwendungen nach dem Bundesbeschluss betreffend die zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürsorge dahin. Ende 1965 wird die zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürgorge des Bundes liquidiert und ein allfälliger Eestbetrag dor Bückstellung dem Spezialfonds des Bundes gemäss Artikel 111 AHVG zugewiesen, doch erhalten Kantone, welche noch keine Ergänzungsleistungen eingeführt haben, aus diesem Spezialfonds längstens bis Ende 1967 den bisherigen Fürsorgebeitrag des Bundes.

Absatz 8 enthält die schon erwähnte Ausnahme vom Verbot der Karenzfrister), indem er Kantone, welche Ergänz ungsleistungen eingeführt haben, ermächtigt, Zuzüger aus Kantonen ohne solche Leistungen während 5 Jahren seit dem Zuzug von den Leistungen auszuschliessen. Damit soll einer Wanderbewegutig von Kantonen ohne in solche mit Ergänzungsleistungen entgegengewirkt werden.

Nach Absatz 4 kann der Bundesrat die Ablösung der bisherigen kantonalen Fürsorgeleistungen durch dio neuen Brgänzungsloistungen mit besonderen Vorschriften erleichtern. Diese Bestimmung soll erlauben, vor allem für Kantone, die bisher schon Leistungen ungefähr im Betrag der künftigen Ergänzungsleistungen erbrachten, ein vereinfachtes Urarechnungs- und Zusprechungsverfahren vorzusehen.

Die vorgesehene Ordnung bringt es mit sich, dass einzelne Bezügergruppen (z.B. bestimmte Ausländerkategorien) die Leistung nicht mehr von den Kantonen erhalten können und daher durch die gemeinnützigen Institutionen betreut werden müssen. Absatz 5 gibt dem Bundosrat die Möglichkeit, die Institutionen zu verpflichten, bisherige Bezüger kantonaler Leistungen /u übernehmen.

Artikel 18 Nach Artikel 98 AHVG
ist der Bundesrat befugt, den Stiftungen für das Alter und für die Jugend zur Behebung von Härtefällen Beiträge zu gewähren.

Diese Bestimmung wird durch die vorgesehene Begelung über die zusätzliche Fürsorge gemeinnütziger Institutionen obsolet und kann aufgehoben werden.

710 Artikel 19 Wir sind bestrebt, das neue Bundesgesetz so bald wie möglich in Kraft zu setzen. Dor Zeitpunkt wird vom Verlauf der parlamentarischen Beratungen und vom Stand der kantonalon Vorarbeiten für die Einführung der neuen Ordnung abhängen. Ebenso eoli der Zigarettenindustrie eine ausreichende Erist zur Vornahme der Anpassungen eingeräumt werden, die im Zusammenhang mit der auf den gleichen Zeitpunkt vorgesehenen Erhöhung der Fabrikationsabgabe erforderlich sind. Das sozialpolitische Ziel des Gesetzes, nämlich die Garantie eines Mindesteinkommens für Alte, Hinterlassene und Invalide, wird indessen erst verwirklicht sein, wenn auch die Kantone legiferiert haben.

E. Erledigte Postulate Mit der gegenwärtigen Vorlage betrachten wir die unter A/I/2/b erwähnten Postulate Grütter (Nr. 7748), Leu (Nr. 8095), Darf Ion (Nr, 8598), Eoggo (Nr.86S2), Klingler (Nr. 8636) und Meyer-Luzern (Nr. 8657) als erfüllt und beantragen Ihnen, sie als erledigt abzuschreiben.

Wir haben unter B/I/1 den verfassungsmässigen Bahmen für die vorgesehene Ordnung über Ergänzungsleistungen zur AHV und IV umschrieben. Es bleibt somit lediglich festzustellen, dass der Gesetzesentwurf, den wir Urnen unterbreiten, den dort dargelegten verfassungsrechtlichen Voraussetzungen genügt und dahor auf sicherer Vorfassungsgrundlage beruht.

Wir beehren uns, Ihnen zu beantragen, den nachfolgenden Gesetzesentwurf zum Beschluss zu erheben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 21.September 1964.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : L. von Moos Der Bundeskanzler: Ch. Oser

711 (Entwurf)

Bundesgesetz iiber

Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestutzt auf Artikel 34quater der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesratos vom 21. September 1964, beschliesst: A. Die Leistungen der Kantone Art.l Kantone, die auf Grund eigener, den Anfordorungen dieses Gesetzes entsprechender Bestimmungen den Beziigern von Eenten der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der Invalidenversicherung Erganzungsleistungen gewahren, orhalten Beitrage gemass Artikel 9, 2 Den Kantonen bleibt es unbenommen, tiber den Eahmen dieses Gesetzes hinausgehende Versicherungs- odor Ftirsorgeleistungen zu gewahren und hiefur besondere Voraussetzungen festzulegen. Die Erhebung von Arbeitgeberbeitragen ist ausgeschlossen.

1

Art. 2 In der Schweiz wohnhaften Schweizerbiirgern, denen eine Rente der Alters- und Hinterlassenenversicherung, eine Eente oder eino Hilflosenentschadigung der Invalidenversicherung zusteht, ist ein Anspruch auf Erganzungsleistung emzuraumen, soweit das anrechenbare Jahreseinkommen folgende Grenzen nicht erreicht: 1

Grundsatz

Kantonale Vorachriften tt. AflSpruch auf Ergjinzuugsloistungen

712 Fur Alleinstehende furEhepaare fur Waisen

3000 Franken 4800 Franken 1500 Franken

2 In der Schwoiz wohnhafte Auslander und Staatonlose sind den Schweizerburgern gleichzustelleu, wenn sie sich unmittelbar vor dom Zeitpunkt, von welchem an die Erganzmigsleistung verlangt wird, unimterbrochen 15 Jahre in der Schweiz aufgohalten haben, 3 Zu den Einkommensgrenzen fur Alleinstehende und Ehepaare sind fur Kinder, die einen Anspruch auf Zusatzrente der Alters- und Hinterlassenenverslcherung oder der Invalidenversicherung hegrunden, die fiir Waisen massgebendon Grenzbetrage hinzuzuzahlen; ferner sind bei Witwon mit rentenberechtigten Waisen sowie bei zusammenlebenden Mutter- und Vollwaisen alle massgebcnden Einkommensgrenzen zusammenzuzahlen. Dabei sind jeweils die Einkommensgrenzen fur zwei Kinder voll, fur zwei weitere je zu zwei Dritteln und fiir die ilbrigen je zu einem Drittel anzureohnen.

4 Der Anspruch auf Erganzungsloistung darf nicht von einer bestimmten Wohn- oder Aufenthaltsdaner im betreffenden Kanton oder vom Besitz der biirgerh'chen Ehren und Ecchte abhangig gcraacht werden.

"Von der 6'ffentlichen Armenpflege Qnterstlitzte diiiien vom Anspruch auf Erganzungsleistung nicht ausgeschlossen werden. Vorbehalten bleiben Absatz 2 und Artikel 17, Absatz 3.

b. Anrechenbares Binkommcn

Art. 3 Als Einkomraen sind anzurechnen: a. Erwerbseinkiinfte in Geld oder Naturalien; b. Einkunfte aus beweghchem oder unbeweglichem Vermogon sowie ein Ftitifaehntel des Eeinvermogens, soweit es bei Alleinstehendeu 15 000 Frankon, boi Ehopaaren 25 000 Franken und bei Waisen sowie bei Kindern, die einen Anspruch auf Zusatzrente der Altersund Hinterlassenonvorsicherung oder der Invalidenversicherung begrilnden, 7000 Franken iibersteigt; c. Eenten, Pensionen und andere wiederkehrende Leistungen, eiuschliesslich der Eenten der Alters- und Hinterlassenenversicherung Sowie der Invalidenversicherung; d. Leistungen aus VerpJlrimdungsverlrag und ahnlichen Vereinbarungen; e. Familienzulagen; /. Einkunfte und Vermogenswerte, auf die zur Erwirkung von Erganzungsleistungen verzichtot worden ist.

2 Vom jahrlichen Erwerbseinkoinmon und vom Jahresbetrag der Eenten und Pensionen, mit Ausnahme der Eenten der Alters- und Hinter1

718

lassenenversicherang sowie der Invalidenversicherung, sind insgesamt 240 Tranken bei Alleinstehenden und 400 Franken bei Ehepaaren und Personen mit rentenberechtigten oder an der Eente beteiligten Kindern ausser Eechnung zu lassen und vom Best zwei Drittel anzurechnen.

3 Nicht als Einkommen anzurechnen sind : a. VerwandtenunterstUtzungen gemäss Artikel 328 ff. des Zivilgesetzbuches ; fr. Armenunterstützungen; c. öffentliche oder private Leistungen mit ausgesprochenem Fürsorgecharakter ; d. Hililosenentschädigungon der Invalidenversicherung; e. Stipendien und andere Ausbildungsbeihilfen.

4 Vom Einkommen dürfen abgezogen werden : a. Gewinnungskosten; b. Schuldzinsen; c. Gebäudeunterhaltskosten; d. Prämien für Lebens-, Unfall-, Invaliden-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung bis zum jährlichen Höchstbetrag von 300 Franken bei Alleinstehenden und 500 Franken bei Ehepaaren und Personen mit rentenberechtigten oder an der Eentc beteiligten Kindern sowie Beiträge der Alters- und Hinterlassonenversicherung, der Invalidenversicherung und der Erwerbsersatzordnung; e. ausgewiesene, ins Gewicht fallende Kosten für Arzt, Arznei und Krankenpflege.

& Das anrechenbare Einkommen von Ehegatten, von Personen mit rentenberechtigten oder an der Eente beteiligten Kindern sowie von zusammenlebenden Waisen ist zusammenzurechnen. Bei Mutterwaisen ist das Einkommen des Vaters ebenfalls ssu berücksichtigen.

Art. 4 Die Kantone können, in Abweichung von Artikel 2 und 3, a. die Einkommensgrenzen um höchstens ein Fünftel herabsetzen; i>. vom Einkommen einen Abzug von jährlich höchstens 750 Franken bei Alleinstehenden und 1200 Franken bei Ehepaaren und Personen mit rentenberechtigten oder an der Beute beteiligten Kindern für den ein Fünftel der Einkommensgrenze übersteigenden Mietzins zulassen.

c. Sonderregelungen

Art. 5 1

Die jährliche Ergänzungsleistung hat dem Unterschied zwischen der nach diesem Gesetz massgebenden Einkommensgrenze und dem anrechenbaren Jahreseinkommen zu entsprechen, Bundesblatt. 116. Jahrg. Bd. II.

48

d. Höhe der Ergänz tmgsleistung

714 2

Wurde die Eente der Alters- und Hinterlassenenversicherung oder der Invalidenversicherung wegen schuldhafter Herbeiführung des Versicherungsfalls verweigert oder gekürzt, so ist auch die Ergänzungsleistung zu verweigern oder entsprechend zu kürzen.

e. Organisation, Pestsetzung und Auszahlung

Art. 6 Die Kantone bezeichnen die Organe, denen die Entgegennahme der Gesuche, die Festsetzung und Auszahlung der Ergänzungsleistungen obliegen. Sie können mit diesen Aufgaben die kantonalen Ausgleichskassen betrauen. Annenbehörden dürfen nicht herangezogen werden. Die Verwaltungskosten gehen zu Lasten der Kantone.

2 Die Kantone ordnen das Verfahren der Festsetzung und Auszahlung sowie der Rückerstattung von Ergänzungsleistungen. Eine Bückerstattungspflicht darf nur für zu Unrecht bezogene Leistungen vorgesehen werden.

3 Die Ergänzungsleistung ist dem Berechtigten durch eine schriftliche, mit einer Bechtsmittelbelehrung versehene Verfügung zuzusprechen und in der Eegol monatlich durch Vermittlung der Post auszuzahlen.

Die Auszahlung kann gemeinsam mit der Eente der Alters- und Hinterlassenenversicherung oder der Invalidenversicherung erfolgen.

1

Art. 7 /. Kantonale Rechtspflege

Eldgenössisches Versichorungsgericht

1

Gegen die Verfügungen über Ergänzungsleistungen kann Beschwerde geführt werden.

2 Die Kantone bestimmen eine von der Verwaltung unabhängige Eekursbehörde und ordnen das Verfahren. Artikel 85 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung ist sinngemäss anwendbar.

Art. 8 Gegen die Entscheide der kantonalen Eekursbehörde können die Beteiligten und der Bundesrat innert 30 Tagen seit der Zustellung beim Eidgenössischen Versicherungsgericht Beschwerde erheben. Mit der Beschwerde kann nur geltend gemacht werden, der Entscheid beruhe auf einer Verletzung von Bundesrecht oder auf Willkür bei der Feststellung oder Würdigung des Sachverhaltes.

2 Auf das Verfahren findet der Bundesbeschluss vom 28.März 1917 betreffend die Organisation und das Verfahren des Eidgenössischen Versicherungsgerichtes sinngemäss Anwendung. Bis zu dessen Anpassung kann der Bundesrat die erforderlichen Vorschriften auf dem Verordnungswege erlassen.

1

715

Art. 9 An die Aufwendungen der Kantone fur Erganzungsleistungen an Beziiger von Eenteu der Alters- und Hinterlassenenversicherung warden Beitrage aus dem Spezialfonds des Bundes gemass Artikel 111 des Bundesgesetzes Hber die Alters- und Hinterlassenenversicherung, an jene fiir Ergänzungsleistungen an Beziige* von Renten odei HUflosenentschadigungen der Invalidenversicherung Beitrage aus allgemeinen Bundesmitteln gewahrt.

2 Die Beitrage werden nach der Finanzkraft der Kantone abgestuft und decken mindestens 331/3 und hochstens 662/3 Prozent der Aufwendungen der einzelnen Kantone fiir die Erganzungsleistungen.

8 Der Bundesrat aetzt die HShe der Beitrage fest und ordnet das Verfahren der Ausrichtung.

1

BeitrSge

B. Die Leistungen gemeinniitziger Institutionen

Art. 10 Jabrlich werden ausgerichtet: a. ein Beitrag bis zu 8 Millionen Franken an die scbweizerische Stiftung fur das Alter; b. ein Beitrag bis zu 1,6 Millionen Frflnken an die schweizeriscbe Vereinigung Pro Infirmis; c. ein Beitrag bis zu 1,2 Millionen Franken an die schweizerische Stiftung fiir die Jugend.

2 Die Beitrage an die schweizerischeu Stiftungen fiir das Alter und fiir die Jugend werden aus dem Spezialfonds des Bundes gemass Artikel 111 des Bundesgesetzes iiber die Alters- und Hinterlassenenversicberung, der Beitrag an die sehweizerische Yereinigung Pro InJirmis aus allgemeinen Bundesmitteln gewahrt.

3 Der Bundesrat setzt die Hohe der jahrlichen Beitrage fest. Er erlasst Bestimmungen liber die Verteilung der Beitrage zwischen den zentralen und den kantonalen oder regionalen Organen der gemeinnutzigen Institutionen.

1

Beitrage

Art. 11 1

Die Beitrage sind zu verwenden: a. fiir die Gewährung von einmaligen oder periodisohen Leistungen an bediirftige, in der Schweiz wobnbafte Schweizerbilrger, denen eine Eente der Alters- und Hinterlassenenversicherung oder eine Leiatung der Invalidenversicherung zusteht; &. fiir die Gewahrung von einmaligen oder periodisohen Leistungen an bediirftige, in der Schweiz wohnh&fte Auslander und Staatenlose, die sicb seit mindestens 10 Jahren daselbst aufhalten und bei denen

Verwendung

716 der Versicherungsfall im Sinne des Bundesgesetzes über die Altersund Hintcrlassenenvorsicherung oder des Bnndesgesetzos über die Invalidenversicherung eingetreten ist ; c. für die Finanzierung von Sach- und Dienstleistungen zugunsten von Alten, Hinterlassenen und Invaliden.

2 Dauernd von dor Öffentlichen Armenpflege Unterstützten dürfen keine Leistungen gemäss Absatz l, Buchstaben a und b gewährt werden.

3 Die gemeinnützigen Institutionen haben Leitsätze über die Verwendung der Beiträge aufzustellen.

4 Der Bundesrat kann ergänzende Bestimmungen über die Verwendung der Beiträge erlassen und die Tätigkeitsbereiche der einzelnen Institutionen voneinander abgrenzen.

C. Gemeinsame Bestimmungen

Art. 12 Sicherung Leistungen

Die Leistungen im Sinne dieses Gesetzes sind unabtretbar, unverpfändbar und der Zwangsvollstreckung entzogen. Jede Abtretung oder Verpfändung ist nichtig.

Art. 13 AuskünfteTMdpSuichtelgc

1

Die Verwaltungs- und Kechtspflcgebehörden des Bundes, der Kantone und Gemeinden sind verpflichtet, don mit der Ausrichtung von Leistungen im Sinne dieses Gesetzes betrauten öffentlichen Organen alle erforderlichen Auskünfte unentgeltlich zu erteilen.

2 Die mit der Durchführung dieses Gesetzes betrauten Organe haben über vertrauliche Wahrnehmungen Dritten gegenüber Verschwiegenheit zu bewahren.

Art. 14 Aufsicht des Bunde»

1

Der Bundesrat übt die Aufsicht über die Durchführung dieses Gesetzes aus. Er sorgt für die Koordination der Tätigkeit der Kantone und der gemeinnützigen Institutionen und überwacht die Verwendung der Mittel durch die Kantone und die gemeinnützigen Institutionen.

2 Die Kantone und die gemeinnützigen Institutionen haben den vom Bundesrat bezeichneten Stellen alle Auskünfte zu geben und alle Akten zu unterbreiten, deren sie für die Beaufsichtigung bedürfen. Sie haben ferner dem Bundesrat jeweils Jahresbericht und Jahresrechnung einzureichen und die verlangten statistischen Angaben zu liefern.

3 Der Bundesrat kann die Beiträge kürzen oder entziehen, wenn sie nicht nach Massgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes oder der Vollzugsbestimmungen verwendet werden.

717 Art. 15 Kantone, welcho auf Grund dieses Gesetzcs Beitrage an Erganzungsleistungen beanspruchen, haben die einschlagigen Bestinamungen dem Bundesrat zur Genehmigung zu unterbreiten. Der Bundesrat kann die Ausrichtung von Beitragen von der Anderung oder Niohtanwendung einzelner Bestimmungen abhangig inaohen.

4 Die Leitsatze der gemeinnutzigen Institvttionen bediirfen der Genehmigung des Bundesarotes fur Sozialversichorung tind sind fur die Organe der Institutionen verbindlich.

1

Art. 16 Wer durch unwahrc oder unvollstandige Angaben oder in anderer Weise von einem Kanton oder einer gemeinnutzigen Institution fur sich oder einen anderen eine Leistung im Sinne dieses Gesetzos erwirkt, die ihm nicht zukommt, wer durch unwahre oder unvollstandige Angaben oder in anderer Weise unrechtmassig einen Beitrag auf Grund dieses Gesetzes erwirkt, wer die Sohweigepflicht verletzt oder bei der Durcnfuhrang dieses Gesetzes seine Stellung als Organ oder Fimktionar zum Nachteil Dritter oder zum eigenen Vorteil missbrauclit, wird, sofern nicht ein rnit hoherer Strafe bedrohtes Verbrechen oder Vergehen des Strafgesetebuches vorliegt, rnit Gefangnis bis zu 6 Monaten oder mit Busse bis zu 10 000 JYanken bestraft. Boide Strafon koniien verbunden werden.

2 Wer in Verletzung der Auskunftspflicht wissentlich unwahre Auskunft orteilt odor die Auskunft verwcigert, wer sich einer von der zustandigen Stelle angeordneton Kontrolle widersetzt odor diese auf andere Weise verunmoglioht, ·wird, falls nicht ein Tatbestand gemass Absatz 1 vorliegt, mit Basse bis zu 500 Franken bestraft.

3 Artikel 90 des Bundesgesetzes ilber die Alters- und Hinterlassenenvorsicherung findet Anwendung.

1

Genehmigung der Yorscluiften

Strafbestimmungen

D. Schluss- und ttbergangsbestimmungen

Art. 17 Die Zuwendungen an Kantone und Stiftungen gemass Bundesbeschluss vom S.Oktober 1948 über die Verwendung der der Alters- und Hinterlassenenversicherang aus den "Cberschiissen der Lohn- und Verdienstersatzordnung zugewiesonen Mittel fallen dahin, sobald Beitriige auf Grund dieses Gesetzes geleistet M~erden.

2 Der in Absatz 1 genannte Bundesbeschliiss tritt am 81.Dezembor 1965 ausser Kraft. Ein allfalliger Eestbetrag der Euckstellung wird in 1

Ablosung der bisherigen Alters- und Hinterlassenenfui-aorge

718 den Spezialfonds des Bundes gemass Artikel 111 des Bundesgesetzes liber die Alters- und Hinterlassenenversicherung ubergefubrt. Kantone, welohe am 1. Januar 1966 noch keine Bestimmungen iiber Erganzungsleistungen im Sinne dieses Gesetzes besitzen, erhalten bis zu deren Erlass, langstens aber wahrend zweier Jahre aus dem genannten Spezialfonds den gleicben Beitrag, der ihnen im Jabre 1964 auf Grand des in Absatz 1 genannten Bundesbescblusses gewahrt wurde.

3 Kantone, welcne Erganzungsleistungen im Eabmen dieses Gesetzes gewahren, konnen Zuziigor aus Kantonen, die nocb keine Bestimmungen iiber solche Leistungen erlassen haben, langstens wahrend 5 Jabren seit ihrem Zuzug vom Anspruch auf Erganzungsleistung ausschliessen.

4 Der Bundesrat kann die Ablosvmg der bisberigen Leistungen der kantonalen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenfursorge durcb. Erganzungsleistungen im Sinne dieses Gesetzes durcb besondere Anpassungsvorscbriften erleichtern.

6 Der Bundesrat kann die gemeinnutzigen Institutionen in Einzelfallen verpflicbten, die Weiterzablung von Leistungen der bisherigen kantonalen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenfursorge zu ubernehmen.

Änderung dee AHV-Qeaetzei

Inkrafttreten und Vollzug

Art. 18 Artikel 98 des Bundesgesetzes iiber die Alters- und ffinterlassenenversicherung wird aufgehoben.

Art. 19 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

2 Der Bundesrat 1st mit dem Vollzug beauftragt und erlasst die erforderlichen Verordnungen.

1

7747

719 Zusätzliche Alters- und Hinterlassenenfürsorge (Bezüger und Leistungen 1962) Anhangtabelle l Leistungssuramo in 1000 Franken

Mittlere Leistung für Alleinstehende Fr.

3

4

28804 IG 056 2227 333 928

34 058 10378 450 68 178

1045 577 175 169 169

381 205 397 641 1594

61 42 100 229 516

138 165 231 321 263

Basel- Stadt Basel-Land Schaffhausen * Appenzell A. Eh

2895 5809 1918 2261 674

1805 8947 637 1188 207

893 1436 293 472 276

Appenzell L Bh St Gallen Graubünden Aargau Thurgau

222 4659 3104 1749 1718

105 3416 969 392 405

427 645 266 194 213

Kantone (· ohne eigene Fürsorge)

Bezügerbestand')

1

2

Zürich . . , . - , . .

Bern * Luzern . . . , .

* Uri . . .

* Schwyz . . .

* Grlarus . . . . .

Zug

Tessin Waadt Wallis Neuenburg Genf Schweiz

,

5974 1843 3706 2901 2489 1013 4208 3923 4932 8961 978842)| 82292=)

278 720 366 831 1679 748

1 ) Ehepaar, Witwenfanlilie und Vollwaise als Bezügereinheit gezahlt.

2 ) 104 375 Bezüger, soi ern 6491 einfache Wa isen mitgezählt.

3 ) Dieser Betrag setsst t ich zusammen aus : 74,8 Mio Franken für Kanttmale Fürsorge, 6,5 Mio Franken für die St iftung für das Alter, 1,0 Mio Franken für die SI iftung für die Jugend

720 Ergänzungsleistungen Rechnungselemente Anhangtabelle 2 AHV- und IVBentner 1 ) 1965

Kantone

Bedarfsquotcn in Pro/enten

Mittlere Erganzungsleistung für Alleinstehende in "Franken

Minimum1) Maximum3) Minimum M Maximum »)

1

2

3

4

5

6

128 100 128 300 33 GOO 4000 11000

16,3 21,3 21,3 36.4 36,4

22,9 29,6 29,6 49,7 49,7

572 576 576 582 582

920 932 932 948 948

3100 2600 6100 6000 22200

36,4 26,3 21,3 18,7 36,4

49,7 36,6 29,6 26,1 49,7

582 576 576 574 582

948 932 932 927 948

Solothurn Basel-Stadt. . .

Basel-Land.

. .

Schatfhausen . . . .

Appenzell A.Hh. .

24 500 33 800 16700 9500 9400

18,7 16,3 18,7 21,3 26,3

26,1 22,9 26,1 29,6 36,6

574 572 574 576 576

927 920 927 932 932

Appenzell I. Bh. . .

St. Gallon . .

Craubundeii Aargau . .

. . .

Thurgau . .

2400 50000 21 400 44400 23200

36,4 20,3 36.4 21,3 26,3

49,7 36,6 49,7 29,6 36,6

582 576 582 576 576

948 932 948 932 932

32000 64400 24700 22100 36 700 760 200

26,3 21,3 36,4 18,7 16,3 22,3

36,6 29,6 49,7 26,1 22,9 30,9

576 576 582 574 572 576

932 932 948 927 920 932

Zürich Bern Ludern Uri Schwyz Obwalden Nidwaiden Glaras . . .

Zug Freiburg

. . . .

Tessin Waadt Wallis Neuenbarg . . . .

Genf. .

Schweiz

1 ) Ein Ebepaar als cm einziger Bezuger gezahlt. Bestand in ganzjährig e Bezuger umgerechnet.

2 ) Einkommensgrenze für Alleinstehende : 240C Franken : m Jahr, 3 ) Einkommensgrenze3 tur Alleinstehende : 300t) Franken i m Jahr,

721 Ergänzungsleistungen Bezüger und Jahresbelastung Anhangtabelle 3 Anzahl Bezüger

. Jahresbelastung m Millionen Tranken

Kantone

1

Bern Luzem .

Uri. .

Schwyz

Minimum 2)

Maximum")

Minimum 2)

Maximum ')

2

3

\

5

29300 38 000 9900 2000 5500

13,1 17,6 4,2 0,9 2,5

29,8 39,4 9,6 2,0 5,5

20 900 27300 7200 1 500 4000

Obwalden Nidwaiden Clarus Zug Freiburg

1DOO 700 1300 t 100 S 100

1500 900 1 800 1 500 11000

0,7 0,4 0,8 0,7 5,1

1,6 0,9 1,9 3,5 11,2

Solothurn . .

Basel- Stadt Basel-Land Schaffhansen Appenzell A. Rh

4GOO 5 500 3100 2000 2500

6400 7700 4300 2800 3400

2,9 3,4 2,0 1,3 1,6

6,6 7,8 4,6 2,9 3,6

Appenzell I. Bh.

S t . Gallen . . .

Graubünden . , Aargau Thurgau

900 13 100 7800 9 500 6100

1200 18 300 10600 13100 8500

0,6 8,4 5,0 5,9 3,8

1,3 18,6 11,2 13,2 8,8

Tessin . . , Waadt . .

Wallis . . .

Neuenburg . .

Genf . . .

8400 13 700 9000 4100 6000

11 700 19000 12300 5800 8400

5,4 9,0 5,9 2,6 3,9

12,2 20,2 13,2 6,0 8,7

169 500

234 900

107,7»)

242,33)

Schweiz , 1

) Einkommensgrenze für Allemsteh snde: 2100 Frcinken im Jahr ) Einkommensgrenze für AHoinsteh ande : 3000 Frsinken im Jahr 3 ) Ohne Beiträge an d ie drei gemein ilützigen Instit Unionen (Maxi tnum 5,7 Millionen).

2

722 Erganzungsleistungen Finanzierung duroh Bund und Kantone Betrage in Millionen Franken

Anhangtabelle 4

Bei unterer Einkommenegrcnzo Bel oberet Elnkommensgrenze Kantone ')

Gesamtbelastung

Bund

i

2

3

4

Zurich 1/3) Barn .

. ]/j) Luzern . . . . . . . 1/2)

13,1 17,6

. . . (%)

4,2 0,9 2,5

4.4 8,8 2,1 0,6 1,7

(%) (%) (%) (1/3) (%)

0,7 0,4 0,8 0,7 5,1

Solothurn %) Basel-Stadt %) Basel-Land 1/3) Schaffhausen . . . . 1/3)) Appenzell A. Rh. . . . %) Appenzelll.Rh. , . . (%) St Gallen (%) Graubunden (%) Aarsau f%l Thttrgau . . . . f1/,)

HJri

Schwvz .

(%)

Obwalden Nidwalden Glarus Zug Freiburg

Tessin .

Waadt Neuenburg G«nf Sohweiz .

Bund

Kantone

5

6

7

8,7 8,8 2,1 0,3 0,8

29,8 39,4 9,6 2,0 5,5

9,9 19,7 4,8 1,3 3,7

19,9 19,7 4,8 0,7 1,8

0,5 0,1 0,3 0,2 3,4

0,2 0,3 0,5 0,5 1,7

1,6 0,9 1,9 1,5 11,2

1,1 0,3 0,6 0,5 7,5

0,5 0,6 1,3 1,0 3,7

2,9 3,4 2,0 1,3 1,6

1,0 1,1 0,7 0,4 0,8

1,9 2,3 1,3 0,9 0,8

6,6 7,8 4,6 2,9 3,6

2,2 2,6 1,5 1,0 1,8

4,4 5,2 3,1 1,9 1,8

0,6 8,4 5,0 5,9 3,8

0,4 4,2 3,3 2,0 1,9

0,2 4,2 1,7 3,9 1,9

1,3 18,6 11,2 13,2 8,8

0,9 9,3 7,5 4,4 4,4

0,4 9,3 3,7 8,8 4,4

2,7 4,5 2,0 1,7 2,6

12,2 20,2 13,2 6,0 8,7

6,1 10,1 8,8 2,0 2,9

6,1 10,1 4,4 4,0 5,8

56,5

242,3

114,9

127,4

5,4 2,7 9,0 4,5 ( 1 / 2 ) W a l 5,9 l i s s 3,9(%) 2,6 0,9 (1/3) (%) 3,9 1,3

.

*"*»» Gesamt-

(%)

107,7

51,2

l ) In Klammern Anteil c es Bund*es. Bintei ung der '. ?antone in 3 Gruj·pen gemaas Bundesratsbeschluss vo m l.Nov
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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (Vom 21. September 1964)

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Jahr

1964

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

40

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9058

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

08.10.1964

Date Data Seite

681-722

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10 042 640

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