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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Kurse für Grenztruppen und besondere Kurse für Landwehr und Landsturm.

(Vom 25. April 1988.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Abänderung der Art. 99 und 121 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907/ 28. September 1934 über die Militärorganisation, sowie über die Aufstellung eines neuen Art. 122bis zu unterbreiten.

I. Einleitung.

In Anbetracht der von allen unsern Nachbarstaaten in letzter Zeit durchgeführten und namentlich auch ihrer noch beabsichtigten Eüstungen kann . kein Zweifel darüber bestehen, dass die Schweiz im Falle eines Krieges in der Lage sein muss, gleich von Anfang an ihre gesamte Wehrmacht verwendungsbereit zu haben, und zwar derart bewaffnet, ausgerüstet und ausgebildet, dass sie jedem Angreifer zu trotzen imstande ist. Mit der Verlängerung der Wiederholungskurse von 11 Tagen auf 18 Tage soll diese Gewähr in bezug auf den Auszug und die Jüngern Jahrgänge der Landwehr geschaffen werden.

Durch die Verlängerung der Wiederholungskurse werden aber keineswegs alle Teile unseres Heeres erfasst, sondern ansehnliche, wertvolle Kräfte würden brach liegen bleiben, wenn wir nicht auch für die nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Jahrgänge der Landwehr und den Landsturm die Möglichkeit weiterer Ausbildung schaffen, wenigstens so weit, als die für diese Wehrmänner vorgesehene Verwendung es erfordert. Diese altern Dienstpflichtigen befinden sich im besten Mannesalter, sind vielleicht etwas weniger beweglich als die Jüngern Jahrgänge, stehen diesen jedoch an Zähigkeit sicher nicht nach.

635 Landwehr und Landsturm können aber nicht als jederzeit verwendungshereit bezeichnet werden, wenn ihnen keine Gelegenheit gegeben wird, das in frühern Jahren Gelernte durch Bestehen regelmässiger, kürzerer Dienste von · Zeit zu Zeit zu wiederholen und erneut zu festigen. Im Kriege bedürfen wir dieser altern Mannschaften, so gut wie des Auszugs und der Jüngern Jahrgänge der Landwehr, gleich von Anfang an. Es ist deshalb auch unsere Pflicht, sie in Friedenszeiten hierauf vorzubereiten, indem wir sie in Dienstgewohnheit und auf einem ihrer voraussichtlichen Verwendung entsprechenden Ausbildungsstande erhalten.

Wie bei den wiederholungskurspflichtigen Wehrmännern, so besteht auch bei den Dienstpflichtigen der altern Landwehrjahrgänge und des Landsturms die Notwendigkeit weiterer Dienstleistungen in erster Linie für die Kader und Mannschaften der eigentlichen Kampfverbände. Aber auch die in den Diensten hinter der Front, im rückwärtigen Dienste, im Transport- und Territorialdienste zu verwendenden Formationen müssen unbedingt von Zeit zu Zeit in kurze Dienste einberufen werden, wenn sich das ganze, mannigfaltige Kader werk hinter den Fronten möglichst reibungslos bewegen soll.

II. Kampfformationen.

Ganz oder teilweise aus Wehrmännern der altern Landwehrjahrgänge und des Landsturms gebildete eigentliche Kampfformationen sind: 1. Grenztruppen.

Die dringende Notwendigkeit regelmässiger Kurse der Grenztruppen bedarf kaum einer weitern Begründung.

Ein Teil dieser Verbände hat bereits ihre diesjährigen Einführungskurse bestanden. Nach Einsichtnahme der über diese Kurse eingegangenen Berichte beehren wir uns, Ihnen folgende Vorschläge für die Einführung regelmässiger Kurse der Grenztruppen zu unterbreiten: Die dem Auszug angehörenden Kader und Mannschaften der Grenztruppen bestehen 7 Wiederholungskurse von gleicher Dauer wie die übrigen Dienstpflichtigen dieser Heeresklasse. Einen achten Wiederholungskurs (Landwehr) haben die Wehrmänner der Grenztruppen nicht zu bestehen, es sei denn, sie werden vor ihrem Übertritt in die Landwehr II zur Feldarmee versetzt; in diesem Falle finden die für ihren neuen Einteilungsverband geltenden Bestimmungen grundsätzlich auch auf sie Anwendung.

Die Verbände der Grenztruppen sind in der Eegel jedes zweite Jahr zu Kursen in der Dauer von je 6 Tagen aufzubieten. Der Bundesrat soll aber ermächtigt sein, die Grenztruppen auch jährlich einberufen zu lassen, sofern die Verhältnisse es erfordern.

Um Mehrdienstleistungen der Grenztruppen gegenüber den Dienstpflichtigen der Feldarmee möglichst zu vermeiden, soll den Wehrmännern der Grenz-

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verbände ausser dem achten Wiederholungskurse auch das Bestehen der gemeindeweisen Inspektionen gemäss Art. 99 der Militärorganisation grundsätzlich erlassen werden.

Wir sehen uns genötigt, Sie betreffend die Regelung der Kurse der Grenztruppen um die Einräumung ziemlich weitgehender Befugnisse zu bitten, und zwar aus folgenden Gründen: -- Die Organisation des Grenzschutzes ist neu ; die Verbände der Grenztruppen müssen praktisch in diese Organisation eingeführt werden, und das bedingt für die nächsten Jahre voraussichtlich alljährliche Kurse.

-- Ob die Grenztruppen jedes zweite Jahr oder alljährlich einberufen werden müssen, wird immer weitgehend von deren Ausbildungsstand abhängen ; dieser kann heute nicht ein für allemal beurteilt werden, sondern wird gewissen Wechseln unterworfen sein.

-- Die Notwendigkeit der Einberufung der Grenztruppen zu Kursen und Übungen wird allgemein immer von verschiedenen, nicht zum voraus erkennbaren Umständen abhängen.

Es wäre deshalb verfehlt, die Anordnung der Kurse der Grenztruppen gesetzlich in eine starre Form zu kleiden. Die besondere Zweckbestimmung dieser Verbände verlangt eine weitgehende, dauernde Anpassungsmöglichkeit an die jeweiligen Verhältnisse. Durch das Gesetz soll nur die Eegel vorgeschrieben werden, nämlich die Einberufung der Grenztruppen jedes zweite Jahr für 6 Tage, während dem Bundesrat die Möglichkeit zu geben ist, diese Verbände, soweit erforderlich, auch in den dazwischenliegenden Jahren aufbieten zu lassen, sei es für 6 Tage oder auf kürzere Dauer ; es soll dem Bundesrate für diese allfälligen Aufgebote in der Zwischenzeit ferner anheimgestellt bleiben, entweder die Grenzverbände als solche oder nur deren Kader für höchstens 6 Tage einzuberufen.

Der Wehrmann der Grenztruppen hätte nach unserem grundsätzlichen Vorschlage, ferner unter der Voraussetzung, dass der Ihnen gleichzeitig unterbreitete Antrag betreffend die Verlängerung der Wiederholungskurse auf 18 Tage gutgeheissen wird, bis zur Beendigung seiner Dienstpflicht ungefähr folgende Dienste zu leisten: 7 Wiederholungskurse : 7 X 20 Tage 1) = 140 Tage Kurse der Grenztruppen bei Zugrundelegung der Eegel von 6 Tagen jedes zweite Jahr und unter der Annahme, dass durchschnittlich 3 Kurse mit den Wiederholungskursen zusammengelegt werden: 11x6 Tage 3 ) = 66 Tage Zusammen = 206 Tage
Diese Gesamtzahl der Diensttage erscheint auf den ersten Blick etwas hoch. Wenn man aber berücksichtigt, dass sich diese Dienstleistungen auf die *) Einschliesslich Einrückungs- und Entlassungstag.

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Zeit vom 21. bis 48. Altersjahr erstrecken, also auf 28 Jahre, so dürften ernstliche Bedenken wegen zu starker Inanspruchnahme dieser Wehrmänner wohl kaum mehr geltend gemacht werden.

Geringfügige Unterschiede von wenigen Tagen in den Gesamtdienstleistungen der einzelnen Dienstpflichtigen der Grenztruppen werden sich nicht ganz vermeiden lassen, je nachdem, ob mehr oder weniger Kurse der Grenztruppen mit den Wiederholungskursen der Stammtruppen zusammengelegt werden können. Diesen kleinen Unterschieden kommt aber namentlich deshalb keine Bedeutung zu, weil sie sich auf mehrere Jahre verteilen.

Sofern unsere Anträge betreffend die Verlängerung der Wiederholungskurse, die Kurse der Grenztruppen und die im folgenden erläuterten Kurse der nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Wehrmänner der Landwehr und des Landsturms Ihre Billigung finden, werden -- abgesehen von der Eekrutenschule -- alle Soldaten der Armee von Anfang bis zum Schluss ihrer Dienstpflicht ungefähr die gleiche Gesamtzahl an Diensttagen zu leisten haben *).

2. Territorialtruppen.

Die Mehrzahl der Verbände der Territorialtruppen ist für eigentliche Kampf aufgaben vorgesehen, zusammen mit der Feldarmee oder den Grenztruppen.

Dass eine Truppe, deren Kader und Mannschaften während vieler Jahre keinen Dienst mehr geleistet haben, und die als solche überhaupt nie einrückt, nicht verwendungsfähig ist, bedarf wohl keiner weitern Erklärung. Es muss zum mindesten dafür gesorgt werden, dass die Wehrmänner dieser Verbände nicht jede Fertigkeit in der Handhabung ihrer Waffen verlieren und wenigstens diejenige Kampf art beherrschen, für welche sie im Kriege voraussichtlich verwendet werden. Das -bedingt, dass diese Verbände regelmässig wenigstens für so lange Zeit einberufen werden, als es die soeben erwähnten Belange erfordern; nur dann verfügen diese Truppen über das allernotwendigste Kriegsgenügen.

Aber nicht nur die eigentlichen Kampfformationen der Territorialtruppen bedürfen regelmässiger Einberufung, sondern auch die für Bahnbewachung, Platzdienst usw. bestimmten Verbände. Einmal müssen auch diese Kader und Mannschaften mit der Handhabung der Waffen vertraut bleiben. Sodann kennen sie die ihnen im Kriege zufallenden Aufgaben überhaupt nicht, so dass keine Gewähr für eine ordnungsgemässe Abwicklung des durch diese Wehrmänner im Falle einer Mobilmachung zu versehenden Dienstes besteht. Die richtige Zusammenarbeit dieser Organe im Kriege ist nur sichergestellt, wenn sie schon im Frieden mit ihrer Aufgabe vertraut gemacht werden und sich gegenseitig kennenlernen können.

Endlich müssen auch die Verbände der Territorialtruppen fortwährend wenigstens mit den wichtigsten Neuerungen der Bewaffnung bekanntgemacht werden. Gegenwärtig dürfte es sich hauptsächlich um das Schiessen gegen !) Vgl. Seite 640.

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Flieger und die Organisation der Fliegerabwehr überhaupt handeln. Sodann ·wird es nötig sein, wenigstens die eigentlichen Kampfformationen mit schweren Infanteriewaffen auszurüsten ; es muss also für diese Waffen die erforderliche Bedienungsmannschaft geschaffen und auch in Übung gehalten werden.

3. Übrige, teilweise oder ganz aus nichtwiederholungskurspîlichtigen Wehrmännern gebildete Kampfformationen.

Nach der Organisation des Heeres können diese Wehrmänner in Verbänden eingeteilt sein, die aus folgenden Heeresklassen gebildet sind: aus Auszug und Landwehr, aus Auszug und Landsturm, aus allen 3 Heeresklassen, aus Landwehr allein, aus Landwehr und Landsturm.

Die meisten dieser Formationen sind bereits aufgestellt1). Die Bildung einzelner Verbände musste aus verschiedenen Gründen noch hinausgeschoben werden, so einmal deshalb, weil zuerst der genaue Mannschaftsbedarf für die neuen Formationen der Dienste hinter der Front, der sich teilweise auch aus altern Wehrmännern der eigentlichen Kampftruppen zu decken hat, zu berechnen war, sodann, weil aus einigen, mit der Truppenordnung 1986 neu eingeführten Kampfverbänden noch keine nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Wehrmänner hervorgegangen sind. Die Aufstellung von Kampf formationen mit genau umschriebener Zweckbestimmung aus diesen noch verfügbaren oder mit der Zeit verfügbar werdenden Kadern und Mannschaften ist aber vorgesehen und wird nach Massgabe der Möglichkeit erfolgen. Weil die Eekrutierung und Zweckbestimmung auch dieser noch zu bildenden Verbände bereits feststehen, ist es auch möglich, die für ihre weitere Ausbildung zu treffenden Massnahmen schon jetzt zu beurteilen und wenigstens grundsätzlich zu regeln. In der Hauptsache handelt es sich bei diesen noch aufzustellenden Kampfformationen um die Landwehr-Kavallerie und die aus einzelnen motorisierten Verbänden der leichten Truppen ausscheidenden Dienstpflichtigen älterer Jahrgänge.

Auch die aus diesen nicht mehr wiederholungskurspf lichtigen Wehrmännern gebildeten Verbände sind für bestimmte Kampfaufgaben vorgesehen. Deshalb besteht das unbedingte Erfordernis, ihre Kader und Mannschaften bis zur Beendigung ihrer Dienstpflicht auf einem derartigen Ausbildungsstande zu erhalten, dass sie jederzeit für die ihnen zugedachte Verwendung bereit sind.

Wie diese nicht mehr wiederholungskurspflichtigen
Kader und Mannschaften die von ihnen zu verlangenden Dienste zu leisten haben werden, hängt von ihrer Einteilung ab: · *) Siehe Verordnung vom 21. April 1937 über die Organisation des Heeres, Art. 13 (A. S. 53, 461).

639 -- Sofern sie zu Verbänden gehören, die als solche zu Wiederholungskursen einrücken, dürfte es gegeben sein, die nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Wehrmänner zu Dienstleistungen in den Wiederholungskursen ihrer Einteilungseinheiten einzuberufen. Damit würden die ohnehin etwas schwachen Wiederholungskursbestände wenigstens für einen Teil dieses Dienstes eine zweckmässige Verstärkung erfahren. Sodann wäre die gegenseitige persönliche Bekanntschaft der Wehrmänner aller Heeresklassen der betreffenden Einheit gewährleistet, ein Erfordernis, das für die möglichst reibungslose Zusammenarbeit des Verbandes unerlässlich ist.

-- Sind die nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Wehrmänner in Verbänden eingeteilt, die nicht mehr zu Wiederholungskursen einzurücken haben, so wären die betreffenden Einheiten als solche zu besonderen Kursen aufzubieten.

-- Endlich können nicht mehr wiederholungskurspflichtige Kader und Mannschaften im Eahmen der für sie festzusetzenden Höchstzahl an Diensttagen zu Dienstleistungen in den Wiederholungskursen des Auszugs oder der Landwehr kommandiert werden.

Die Befähigung dieser Wehrmänner für den Kampf im Eahmen der für sie vorgesehenen Verwendung darf derjenigen der Territorialtruppen nicht nachstehen. Es muss deshalb in gleichem Masse für ihre weitere Ausbildung gesorgt werden, wie dies für die Territorialtruppen erforderlich ist.

Die Prüfung der Frage, welches Mass an Dienstleistungen von diesen nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Wehrmännern -- Territorialtruppen und übrige Kampf verbände -- zu verlangen sei, hat uns auf 24 Tage geführt, zu bestehen nach Absolvierung von 8 Wiederholungskursen in der Zeit vom 37. Altersjahr (entsprechend dem Übertritt der Infanterie von der Landwehr I zur Landwehr II) bis zum 48. Altersjahr (Beendigung der Dienstpflicht). Bei der Kavallerie würde sich die Leistung dieser Diensttage auf die Zeit vom 31. bis 48. Altersjahr erstrecken, weil gemäss Art. 35 der Militärorganisation die Dienstpflicht der Unteroffiziere und Soldaten der Kavallerie im Auszug nur 10 Jahre dauert und diese Wehrmänner nach Art. 121 des gleichen Gesetzes alle Wiederholungskurse im Auszug bestehen.

Für die Anordnung der Dienste der nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Wehrmänner während der genannten 12 Jahre (Kavallerie 18 Jahre) gibt es folgende zwei
grundsätzliche Möglichkeiten: -- entweder kürzere, dafür aber oft wiederkehrende Dienste, -- oder längere, dafür aber weniger zahlreiche Dienste.

Auch für die Eegelung dieser Dienstleistungen dürfte eine starre, gesetzliche Vorschrift unzweckmässig sein, einmal weil es sich um neu einzuführende Dienste handelt und deshalb vorerst die nötigen Erfahrungen über die Art der Durchführung der verschiedenen Kurse gesammelt werden sollten, sodann, weil sich ein und dieselbe Eegelung voraussichtlich nicht für alle Verbände oder Truppengattungen in gleicher Weise eignen würde, endlich, weil auch für die

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Durchführung dieser Dienste eine weitgehende Anpassung an die jeweiligen allgemeinen Verhältnisse gewahrt bleiben soll. Aus diesen Gründen bitten wir Sie, die Art der Durchführung dieser Dienste, die Pestsetzung der Zahl und der Dauer der einzelnen Kurse innerhalb einer höchsten Gesamtdienstleistung von 24 Tagen dem Bundesrate zu übertragen.

Zwecks Bestimmung der Gesamtdienstleistung des Frontsoldaten (ohne Grenztruppen) sollen für die nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Wehrmänner als unverbindliche Eegel 4 sechstägige, jedes dritte Jahr abzuhaltende Kurse zugrunde gelegt werden. Die Gesamtdienstleistung vom 21. bis 48. Altersjahr stellt sich in diesem Falle folgendermassen dar: 7 Wiederholungskurse Auszug zu 20 Tagen 1) = 140 Tage l Wiederholungskurs Landwehr zu 20 Tagen 1) = 20 Tage 4 Ergänzungskurse zu 6 Tagen 1) = 24 Tage Total = 184 Tage Hiezu kommt gemäss Artikel 99 der Militärorganisation für diejenigen Jahre, in welchen der Wehrmann keinen Dienst leistet, pro Jahr l Inspektionstag, nämlich: Auszug 5 Tage Landwehr und Landsturm 11 Tage = 16 Tage Gesamtdienstleistung demnach = 200 Tage Damit dürfte das für jeden Wehrmann tragbare Mass gewiss nicht überschritten sein.

III. Truppen der Dienste hinter der Front, des rückwärtigen Dienstes und des Transportdienstes2).

Die Mehrzahl der Formationen der Dienste hinter der Front, besonders aber des rückwärtigen Dienstes und des Transportdienstes sind aus Wehrmännern gebildet, die im Frieden zu keinen Diensten mehr einzurücken haben.

Sie werden meistens erst, nachdem sie ihren letzten Wiederholungskurs bestanden haben, zu diesen Formationen eingeteilt, sind also weder mit dem Dienst, ·den sie im Falle einer Mobilmachung zu verrichten haben werden, vertraut, noch kennen sie ihre Vorgesetzten und ihre Kameraden. Beides sind schwerwiegende Übelstände, die sich im Kriege, besonders zu dessen Beginn, bitter rächen müssten. Es wäre deshalb unverantwortlich, diese Wehrmänner nicht schon im Frieden zu Dienstleistungen mit ihren Formationen einberufen zu lassen.

Von der geordneten Abwicklung der Obliegenheiten der Dienste hinter der Front und der rückwärtigen Dienste hängt schliesslich die Existenz der !) Einschliesslich Einrückungs- und Entlassungstag.

2 ) Die zum Territorialdienst gehörenden Verbände der Territorialtruppen (Bahnbewachung, Platzdienst usw.) wurden unter II, 2, behandelt.

641 Fronttruppen ab, so dass wir alles Interesse daran haben, nicht nur für eine genügende Ausbildung unserer eigentlichen Kämpfer zu sorgen, sondern schon im Frieden auch die Organisation der Dienste hinter der Front und der rückwärtigen Dienste derart vorzubereiten, dass vermeidbare Störungen im Kriege möglichst unterbleiben. Es genügt nicht, diese Organisationen nur theoretisch vorzubereiten, sondern die Tätigkeiten der betreffenden Formationen müssen auch praktisch regelmässig geübt werden; denn nicht nur an der Front, sondern auch hier kommt es in hohem Masse darauf an, dass der einzelne Mann die ihm zugedachten Verrichtungen gleich von Anfang an gründlich beherrsche. Es wäre zwecklos, eine richtig bewaffnete und gut ausgebildete Armee schaffen zu wollen, ohne gleichzeitig mit aller Gründlichkeit dafür zu sorgen, dass diese Armee auch leben und kämpfen kann. Hiefür kann uns nur die praktische Einführung der zu den Organisationen hinter der Kampffront gehörenden Mannschaften in ihre Obliegenheiten die erforderliche Gewähr bieten.

Die Organisation der Dienste hinter der Front, des rückwärtigen Dienstes und des Transportdienstes umfasst sehr verschiedenartige Organe und Funktionen, deren Zweckbestimmungen stark voneinander abweichen. Dementsprechend sind auch die Tätigkeiten der zu den einzelnen Formationen gehörenden Wehrmänner verschieden und hauptsächlich auch die an ihre Ausbildung zu stellenden Anforderungen. Der Zweckbestimmung einzelner Verbände werden längere, dafür weniger häufige Dienste besser entsprechen, während sich für andere Formationen eher kürzere, dafür zahlreichere Kurse eignen dürfen.

Ausserdem wird der Dienst gewisser Formationen geringere Anforderungen an die fachliche Ausbildung der Mannschaften stellen, als dies bei andern Formationen der Fall sein wird, so dass auch die Zahl der notwendigerweise zu leistenden Diensttage nicht überall dieselbe zu sein braucht. Eine gewisse Ungleichheit in den zu fordernden Dienstleistungen wird deshalb unvermeidlich, aber auch ohne Bedeutung sein.

Vor allem aber sollen diese Dienste auch den Forderungen der ständigen Entwicklung angepasst werden können.

Aus allen diesen Gründen sind wir der Auffassung, dass auch für die Anordnung dieser Kurse eine starre, gesetzliche Eegelung vermieden werden sollte, und bitten Sie deshalb, den
Bundesrat zu ermächtigen, die Art und Zahl der verschiedenen Kurse, sowie deren Dauer von Fall zu Fall festzulegen, auch hier mit der Einschränkung, dass eine Gesamtdienstleistung von 24 Tagen nach Absolvierung sämtlicher Wiederholungskurse nicht überschritten werden dürfe.

Diese Höchstdienstdauer werden wir für verschiedene Verbände beanspruchen müssen, während andere Formationen voraussichtlich mit einer kürzeren Gesamtdienstleistung auskommen werden.

Die Festsetzung der Höchstdienstleistung für diese Dienstpflichtigen auf 24 Tage bedeutet eine grundsätzliche Gleichstellung mit den andern Wehrmännern dieser Altersklassen 1).

1

) Vgl. Seite 640.

Bundesblatt. 90. Jahrg. Bd. I.

.

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IV. Kadervorkurse.

Trotzdem für die Weiterausbildung der altern Offiziere besondere Kurse eingeführt werden sollen, erachten wir es als unbedingt notwendig, den Kursen der Frontformationen und, je nachdem, auch den Kursen der Verbände der Dienste hinter der Front, des rückwärtigen Dienstes, des Transport- und Territorialdienstes Kadervorkurse für die Offiziere und Unteroffiziere vorangehen zu lassen. Gerade diesen, in der Regel nicht mehr sehr dienstgewohnten Kadern muss die nötige Sicherheit in ihrem Auftreten wieder gegeben werden, bevor sie vor ihre Mannschaft zu treten haben.

Weil die Notwendigkeit des Kadervorkur.ses nicht für alle Verbände in gleichem Masse vorliegt, sollte das Gesetz dem Bundesrate auch für die Anordnung dieser Kurse möglichste Freiheit lassen.

Für verschiedene Dienste werden Kadervorkurse für Offiziere und Unteroffiziere nur in der Dauer eines Tages notwendig sein, andere Dienste bedingen Kadervorkurse vielleicht nur in den ersten Jahren oder überhaupt nicht, so dass deren Durchführung eine ungerechtfertigte Ausgabe bedeuten würde.

In weitern Fällen wird es erforderlich sein, die Offiziere für zwei Tage, die Unteroffiziere für einen Tag einzuberufen, so namentlich, wenn die nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Offiziere und Unteroffiziere in Verbänden eingeteilt sind, die als solche zu Wiederholungskursen aufgeboten werden, wie z. B. die meisten Einheiten der motorisierten leichten Truppen; hier ist es notwendig, den Kadervorkurs der nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Kader demjenigen ihrer wiederholungskurspflichtigen Kameraden anpassen zu können.

Wegen dieser Verschiedenheiten bitten wir Sie, dem Bundesrate die allgemeine Befugnis zu übertragen, die nicht mehr wiederholungskurspflichtigen Kader nach Notwendigkeit und in Anpassung an die besondern Verhältnisse der einzelnen Verbände vor jedem Dienste zu Kadervorkursen einberufen zu dürfen, und zwar die Offiziere für höchstens zwei Tage, die Unteroffiziere für einen Tag.

V. Kosten.

Die Durchführung aller dieser Kurse in der von uns vorgeschlagenen Weise würde, berechnet pro Jahr, auf rund 1% bis 2 Millionen Franken zu stehen kommen.

VI. Schlussbemerkungen Wir sind uns bewusst, dass wir Sie um die Einräumung ziemlich weitgehender Befugnisse an den Bundesrat bitten, glauben aber, dies in den verschiedenen Fällen hinlänglich begründet zu haben.

Damit die Art der Durchführung aller dieser Kurse den jeweiligen Bedürfnissen immer und ohne Verzug angepasst werden kann, ist die Übertragung dieser Ermächtigungen an den Bundesrat notwendig. Auf diese Weise ist auch die Möglichkeit weitestgehender Sparmassnahmen am ehesten gewährleistet,

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indem Kurse, für deren nutzbringende Durchführung nach praktischer Erfahrung vielleicht eine kürzere Zeit genügt als die vorgesehene, unverzüglich gekürzt werden können, ohne dass deshalb jedesmal zeitraubende Gesetzesänderungen vorgenommen werden müssen.

Wir verkennen keineswegs, dass der Betrag von 1% bis 2 Millionen Franken eine bemerkenswerte Mehrausgabe bedeutet. Deshalb haben wir denn auch unsere Vorschläge überall eingeschränkt, wo wir es irgendwie glaubten verantworten zu können. Was wir Ihnen in der vorliegenden Botschaft beantragen, stellt unseres Erachtens das Mindestmass dessen dar, was wir für die unverzügliche Hebung unserer Kriegsbereitschaft tun müssen. Mit der Einführung der vorgeschlagenen Kurse werden bisher nicht voll ausgenützte Kräfte erschlossen, deren wir zur Stärkung unseres Wehrwesens dringend bedürfen.

Wenn wir den Wert dieser Neuerung mit den daraus erwachsenden Kosten vergleichen, glauben wir, die Verantwortung für diese Mehrausgaben mit der ruhigen Überzeugung übernehmen zu können, dass für die Erhaltung der Unabhängigkeit unseres Staates diese Opfer unbedingt notwendig sind.

Indem wir Sie bitten, dem nachstehenden Entwurf zu einem Bundesgesetz Ihre Genehmigung zu erteilen, benützen wir den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 25. April 1938.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Baumann.

Der Bundeskanzler:

G. Bovet.

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(Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Abänderung des Bundesgesetzes vom 12. April 1907/28. September 1934 betreffend die Militärorganisation.

(Kurse für Grenztruppen und besondere Kurse für Landwehr und Landsturm.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 25. April 1988, beschliesst :

Art. 1.

Art. 99, Abs. l, und 121, Abs. 2 und 3, des Bundesgesetzes vorn 12. April 1907/28. September 1934 betreffend die Militärorganisation werden aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt: Art. 99, Abs. 1. Über die in Händen der Mannschaft befindliche Bewaffnung und persönliche Ausrüstung findet alljährlich unter Vorbehalt der Ziffer 2 eine Inspektion statt. Diese Inspektion wird vorgenommen: 1. für die im betreffenden Jahr Militärdienst leistenden Soldaten, Gefreiten und Unteroffiziere in den Schulen und Kursen; 2. für die im betreffenden Jahre nicht Militärdienst leistenden Soldaten, Gefreiten und Unteroffiziere in den Gemeinden an besonders hiefür anzusetzenden Inspektionstagen. Die Angehörigen der Grenztruppen sind von diesen Inspektionen befreit; nur wer einen Kurs seines Grenzverbandes versäumt, hat im betreffenden Jahre die Inspektion in der Gemeinde zu bestehen. Die inspizierte Mannschaft erhält weder Sold noch Verpflegung.

Art. 121, Abs. 2, Die Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten sind nur zur Leistung einer beschränkten Zahl von Wiederholungskursen verpflichtet.

Die Korporale, Gefreiten und Soldaten bestehen acht, die Unteroffiziere vom Wachtmeister aufwärts zwölf, bei der Kavallerie neun Wiederholungskurse; sofern sie den Grenztruppen zugeteilt sind, bestehen die Korporale, Gefreiten und Soldaten sieben, die Unteroffiziere vom Wachtmeister aufwärts elf Wiederholungskurse. Dabei werden die in unterer Stellung bestandenen Wiederholungskurse mitgerechnet.

645 Art. 121, Abs. 3. Von den vorgeschriebenen Wiederholungskursen bestehen -- ausgenommen die Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten der Grenztruppen und der Kavallerie -- die Korporale, Gefreiten und Soldaten sieben im Auszug und einen in der Landwehr, die Unteroffiziere vom Wachtmeister aufwärts in der Regel elf im Auszug und einen in der Landwehr; die Unteroffiziere, Gefreiten und Soldaten der Grenztruppen und der Kavallerie bestehen alle Wiederholungskurse im Auszug.

Art. 2.

Das vorgenannte Bundesgesetz wird durch einen Art. 122bls folgenden Wortlauts ergänzt: Art. 122Ks. Die Verbände der Grenztruppen werden jedes zweite Jahr zu Kursen in der Dauer von je sechs Tagen (einschliesslich Einrückungsund Entlassungstag) aufgeboten. Der Bundesrat kann, wenn die Verhältnisse es erfordern, die jährliche Durchführung derartiger Kurse anordnen.

Sämtliche nicht zu den Grenztruppen gehörenden, nicht mehr wieder holungskurspflichtigen Wehrmänner der Landwehr und des Landsturms sind nach Anordnung des Bundesrates zu besondern Kursen einzuberufen.

Die Gesamtdauer dieser Dienstleistungen soll für den einzelnen Dienstpflichtigen vierundzwanzig Tage (einschliesslich Einrückungs- und Entlassungstage) nicht überschreiten.

Der Bundesrat ist ermächtigt, den in Abs. l und 2 erwähnten Kursen unmittelbar vorangehende Kadervorkurse in der Dauer von höchstens zwei Tagen für Offiziere, von einem Tag für Unteroffiziere anzuordnen.

Art. 3.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes ; er erlässt die nötigen Ausführungsvorschriften.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Kurse für Grenztruppen und besondere Kurse für Landwehr und Landsturm. (Vom 25. April 1988.)

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