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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Trennung des Völkerbundspaktes von den Friedensverträgen.

(Vom 9. Dezember 1938.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Seit geraumer Zeit stellte sich die Frage, ob es nicht angezeigt wäre, den Völkerbundspakt einer Eevision zu unterziehen und ihn aus der formalen Verbindung mit den Friedensverträgen zu lösen, um bedauerlichen Missverständnissen ein Ziel zu setzen oder gewissen nationalen Empfindlichkeiten Rechnung zu tragen. In mehreren Staaten und insbesondere in denjenigen, die aus dem Kriege als Besiegte hervorgegangen waren, hatte sich der Wunsch geregt, den Pakt unabhängig zu machen von den Verträgen, die die Feindseligkeiten beendeten. Es wäre von grösstern Vorteil, erklärte ein Delegierter in der Völkerbundsversammlung vom September 1936, «den Pakt von den Verträgen von 1919 zu trennen und ihn zu einer von allen Völkerbundsmitgliedern in völliger Freiheit und Gleichheit unterzeichneten Verfassungsurkunde umzugestalten». Tatsache ist, dass verschiedene Staaten, als sie über die an der Genfer Institution anzubringenden Reformen befragt wurden, sich für die Trennung aussprachen. Dieser Wunsch wurde übrigens von mehr als einem Lande geteilt, das keine besondern Beschwerden gegen die Friedensverträge vorzubringen hatte.

Gestützt auf diese Strömung der öffentlichen Meinung, die immer weitere Kreise erfasste, hatte der mit der Paktreform betraute sogenannte 28er Ausschuss nicht gezögert, diese Frage auf seine Tagesordnung zu setzen. Er hatte sogar beschlossen, unverzüglich an ihr Studium heranzutreten.

Dies führte ihn dazu, anlässlich der XVIII. Tagung der Völkerbundsversammlung einen Ausschuss von zehn Juristen mit der Prüfung der Frage zu betrauen, welche Änderungen am Pakte vorgenommen werden sollten, «um aus ihm gewisse Ausdrücke zu entfernen, die dazu angetan sind, Staaten dem Völkerbund zu entfremden oder von ihm fernzuhalten». Der Bericht der Juristen, der in der Beilage abgedruckt ist, wurde einige Tage darauf, d. h. am 29. September 1937, abgegeben. Der Ausschuss war der Auffassung, dass es schwierig wäre, «ex a b r u p t o diesen Bericht zu erörtern», da die Delegationen nochnicht Zeit gehabt hatten, ihn zu prüfen. Er beschloss nach einem kurzen Meinungsaustausch, ihn den Eegierungen zur Prüfung vorzulegen.

So standen die Dinge, als die britische Eegierung in der letzten Völkerbundsversammlung der sechsten Kommission den Vorschlag machte, die vom

1037 Juristenausschuss vorbereiteten Texte wieder aufzunehmen und sie unverändert und unverzüglich zu genehmigen. Der Vorschlag Grossbritanniens wurde einstimmig angenommen, so dass die Völkerbundsversammlung in ihrer Sitzung vom 30. September die vom Juristenausschuss angeregte Eesolution wörtlich übernahm. Diese Eesolution hat folgenden Inhalt: l",, «Die Versammlung: zieht in Betracht, dass der Pakt -- nach welchem Aufnahmeverfahren auch der Eintritt der verschiedenen Staaten in den Völkerbund erfolgen mochte oder erfolgen mag -- die gemeinsame Verfassung aller Völkerbundsraitglieder ist und ihre Beziehungen in der Absicht regelt, die Zusammenarbeit unter ihnen zu fördern und ihnen Frieden und Sicherheit zu gewährleisten; zieht in Betracht, dass der Pakt von Anbeginn an ein eigenes Dasein hatte, das sich insbesondere in folgendem offenbarte: 1. in seiner Absicht, eine ständige Einrichtung zu begründen; 2. im Bestehen einer Versammlung und eines Rates, durch die der Völkerbund seine Tätigkeit ausübt; 3. in einem im Pakt festgelegten Verfahren für die Aufnahme in den Völkerbund; 4. in der den Völkerbundsmitgliedern gewährten Befugnis, den Pakt gemäss dem Verfahren von Art. 26 abzuändern; zieht in Erwägung, dass die Völkerbundsmitglieder ungeachtet des Zeitpunktes und der Art und Weise ihres Eintritts in den Völkerbund im Genüsse der gleichen Rechte stehen; von dem Wunsche geleitet, nach dieser Darlegung der wesentlichen Merkmale des Paktes gewisse Zweideutigkeiten zu beseitigen, die sich aus einigen Ausdrücken des Paktes ergeben könnten und deren Beibehaltung als Hindernis für den Eintritt anderer Staaten in den Völkerbund angesehen werden könnte; stellt die Notwendigkeit fest, zur Erreichung dieses Zieles am Pakt gemäss dem Verfahren von Art. 26 gewisse Abänderungen vorzunehmen, die weder dessen Geist noch Sinn berühren und von denen die Versammlung hofft, dass sie die umgehende Zustimmung der Regierungen finden werden; erachtet, dass die vorgesehenen Abänderungen dem Wunsche entsprechen, den Völkerbund zu erweitern; beschliesst : 1. den Regierungen der Mitgliedstaaten die rasche Ratifikation des Protokolls zu empfehlen, das die erwähnten Abänderungen enthält; 2. den Generalsekretär zu ersuchen, die gegenwärtige Resolution zusammen mit dem Wortlaut der genannten Abänderungen den Völkerbundsmitgliedern und den vom Rat zu bezeichnenden Nichtmitgliedstaaten zur Kenntnis zu bringen.»

1038 IL Die Versammlung fasst folgende Eesolution, welche Abänderungen der Präambel, der Artikel l, 4 und 5 sowie der Beilage des Paktes enthält: Präambel.

Die Präambel erhält folgenden 'Wortlaut: «In Anbetracht 1 ), dass es zur Forderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit wesentlich ist: bestimmte Verpflichtungen zu übernehmen, nicht zum Kriege zu schreiten, in aller Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit und Ehre gegründete internationale Beziehungen zu unterhalten, die Vorschriften des internationalen Eechts, die fürderhin als Bichtschnur für das tatsächliche Verhalten der Eegierungen anerkannt sind, genau zu beobachten, die Gerechtigkeit herrschen zu lassen und alle Vertragsverpflichtungen in den gegenseitigen Beziehungen der organisierten Völker peinlich zu achten, wurde die gegenwärtige S a t z u n g angenommen, um den V ö l k e r b u n d zu errichten.» Artikel 1.

Alinea l von Artikel l wird aufgehoben.

Alinea 2, das zum Alinea l wird, erhält folgende Fassung: «1. Alle Staaten, Dominien oder Kolonien mit voller Selbstverwaltung, die nicht dem V ö l k e r b u n d angehören, können dessen Mitglieder werden, wenn ihre Zulassung von zwei Dritteln der Bundesversammlung ausgesprochen wird, vorausgesetzt, dass sie für ihre aufrichtige Absicht, ihre internationalen Beziehungen zu beobachten, wirksame Gewähr leisten und die hinsichtlich ihrer Streitkräfte und Eüstungen zu Lande, zur See und in der Luft vom Völkerbund festgesetzte Ordnung annehmen.» Das gegenwärtige Alinea 3 wird zum Alinea 2.

Artikel 4 Alinea l erhält folgende Fassung : «1. Der Eat setzt sich aus Völkerbundsmitgliedern mit ständigem Sitz 2) sowie andern Mitgliedern mit nicht ständigem Sitz zusammen. Letztere werden von der Völkerbundsversammlung nach freiem Ermessen und zu den Zeiten, die sie für gut befindet, bestimmt.» *) Die Abänderungen sind durch, gesperrten Druck hervorgehoben.

a ) Folgende Völkerbundsmitglieder hatten am 30. September 1938 einen ständigen Sitz im Völkerbundsrat : Das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Frankreich, Italien und die Union sozialistischer Sowjetrepubliken.

1039 Alinea 2 erhält folgende Fassung: «2. Ausser den Völkerbundsmitgliedern mit ständigem Ratssitz kann der Bat mit Zustimmung der Mehrheit der Bundesversammlung andere Völkerbundsmitglieder bestimmen, die von da ab ständig im Eat vertreten sind. Er kann mit der gleichen Zustimmung die Anzahl der Bundesmitglieder, die durch die Bundesversammlung als Vertreter in den Eat gewählt werden, erhöhen.» Artikel 5.

Alinea l erhält folgende Fassung: «1. Beschlüsse der Bundesversammlung oder des Eates erfordern Einstimmigkeit der in der Tagung vertretenen Völkerbundsmitglieder, es sei denn, dass in den Vorschriften dieser Satzung oder in den Übereink ü n f t e n , die dem Völkerbund gewisse Befugnisse verleihen, ausdrücklich ein anderes vorgesehen ist.» Beilage.

Teil I der Beilage wird aufgehoben."

Das Protokoll betreffend die Abänderungen wurde sofort den Staaten zur Unterzeichnung vorgelegt. Zahlreiche der in der Versammlung vertretenen Staaten unterzeichneten es auf der Stelle 1).

Wie man sieht, rühren die in Frage stehenden Abänderungen nicht an den Kern des Paktes. Sie sind rein formaler Natur. Da die Schweiz mit dem Protokoll keine neue Verpflichtung eingeht, hätten wir es allenfalls unterzeichnen können, ohne eine Ermächtigung der eidgenössischen Eäte einzuholen.

Wir konnten indessen nicht ausser acht lassen, dass diese Abänderungen, wenn sie auch ausschliesslich redaktioneller Art sind, nichtsdestoweniger eine internationale Vereinbarung von grosser Tragweite betreffen, über die sich das gesamte Schweizervolk ausgesprochen hatte. Man ändert ein historisches Dokument wie den Pakt nicht ohne gewisse Vorsichtsmassnahmen ab, auch wenn es sich nur darum handelt, einige Wendungen durch andere zu ersetzen. Deshalb erachteten wir es für wichtig, die vorgeschlagenen Änderungen der Genehmigung der Eäte oder -- für den theoretischen Fall, dass das Referendum ergriffen würde -- der Volksabstimmung zu unterbreiten.

Es scheint uns nicht notwendig, die Abänderungen des Textes eingehend zu zergliedern. Sie bedürfen im allgemeinen keines Kommentars. Man findet indessen im Bericht des Juristenausschusses eine Reihe von Bemerkungen, die ihre Tragweite beleuchten. Die Änderungen berühren übrigens nur die Präl ) Die Länder, die bis dahin das Protokoll unterzeichnet haben, sind die folgenden: Ägypten, Afghanistan,
Argentinien, Belgien, Bolivien, Bulgarien, Canada, China, Columbien, Cuba, die Dominikanische Republik, Ecuador, Estland, Frankreich, Griechenland, Grossbritannien und Nordirland, Haiti, Indien, Irak, Iran, Irland, Lettland, Mexiko, Niederlande, Norwegen, Panama, Peru, Portugal, Spanien, Ungarn, Uruguay.

1040 ambel sowie die Artikel l, 4 und 5 des Paktes. Was die Beilage anbetrifft, die ein integrierender Bestandteil des Paktes ist, beschränkte man sich darauf, deren ersten Teil zu streichen. Dieser enthält nur eine Aufzählung: 1. der «ursprünglichen Mitglieder des Völkerbundes, Signatarmächte des Friedensvertrages»; 2. der «zum Beitritt eingeladenen Staaten». Indem man diese doppelte Aufzählung streicht, lässt man die Unterscheidung zwischen «ursprünglichen» und «eingeladenen» Mitgliedern fallen und beseitigt damit die Anspielung auf den Friedensvertrag. Was die Änderungen anbetrifft, die man an den Art. 22 und 23 des Paktes anbringen könnte und über die der Juristenausschuss beraten hat, ohne indessen Änderungen vorzuschlagen (siehe seinen Bericht), so hat sich die Völkerbundsversammlung nicht bei ihnen aufgehalten.

Das Protokoll tut ihrer keine Erwähnung.

Nichts ist natürlicher, als dass die Eidgenossenschaft sich an dem in Frage stehenden Protokoll beteilige. Der Geist, dem dieses Vertragsinstrument seine Entstehung verdankt, entspricht zu sehr unsern politischen Auffassungen, als dass er nicht unsere verständnisvolle Zustimmung fände. Im Schosse des Völkerbunds kann es auch nicht scheinbar zwei oder drei Kategorien von Staaten geben. Alle seine Mitglieder müssen nicht nur die gleiche Bechtsstellung -- was nie bestritten wurde --, sondern auch dieselbe moralische Stellung haben. Die Gleichheit muss absolut sein.

Aus diesen Gründen haben wir unsern Vertreter im 28er Ausschuss, Herrn Legationsrat Camille Gorgé, beauftragt, das Protokoll zu unterzeichnen, was am 17. November 1988 erfolgt ist.

Man mag bedauern, dass diese Beform psychologischer Natur nicht schon früher durchgeführt wurde. Sie kommt tatsächlich spät; aber da sie politisch gesehen eine erhebliche Verbesserung des Paktes bedeutet, wäre das nach dem Sprichwort «besser Spät als nie» kein Grund, auf sie zu verzichten.

Gestutzt auf die vorstehenden Ausführungen ersuchen wir Sie, das in Genf am 30. September 1938 unterzeichnete Protokoll zu genehmigen, indem Sie den beiliegenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zum Ihrigen machen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 9. Dezember 1938.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Beilagen.

Banmann.

Der Bundeskanzler: G. ßovet.

1041 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

die Genehmigung des Protokolls betreffend die Abänderung der Präambel und der Artikel 1, 4 und 5, sowie der Beilage des Völkerbundspaktes.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 9. Dezember 1988, beschliesst:

Art. 1.

Das am 80. September 1938 in Genf unterzeichnete Protokoll betreffend die Abänderung der Präambel und der Artikel l, 4 und 5, sowie der Beilage des Völkerbundspaktes wird genehmigt.

Art. 2.

Dieser Bundesbeschluss unterliegt gemäss dem Bundesbeschluss vom 5. März 1920 betreffend den Beitritt der Schweiz zum Völkerbund den Vorschriften des Art. 89, Abs. 2, der Bundesverfassung über den Erlass von Bundesgesetzen.

Art. 3.

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

1042

Protokoll betreffend die Abänderungen der Präambel und der Artikel 1, 4 und 5, sowie der Beilage des Völkerbundspaktes.

Die neunzehnte ordentliche Tagung der Völkerbundsversammlung hat unter dem Vorsitz Seiner Exzellenz Herrn Earnon de Vaierà und unter Mitwirkung des Generalsekretärs des Völkerbundes, Herrn Joseph Avenol, in ihrer Sitzung vom 30. September 1938 folgende Eesolution gefasst, welche die nachstehenden Abänderungen der Präambel und der Artikel l, 4 und 5, sowie der Beilage des Paktes betrifft.

Präambel.

Die Präambel erhält folgenden Wortlaut: «In A n b e t r a c h t 1 ) , dass es zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit wesentlich ist: bestimmte Verpflichtungen zu übernehmen, nicht zum Kriege zu schreiten, in aller Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit und Ehre gegründete internationale Beziehungen zu unterhalten, die Vorschriften des internationalen Eechts, die fürderhin als Bichtschnur für das tatsächliche Verhalten der Eegierungen anerkannt sind, genau zu beobachten, die Gerechtigkeit herrschen zu lassen und alle Vertragsverpflichtungen in den gegenseitigen Beziehungen der organisierten Völker peinlich zu achten, w u r d e die gegenwartige Satzung angenommen, um den Völkerbund zu errichten.» Artikel 1.

Alinea l von Artikel l wird aufgehoben.

Alinea 2, das zum Alinea l wird, erhält folgende Passung: «1. Alle Staaten, Dominien oder Kolonien mit voller Selbstverwaltung, die nicht dem Völkerbund angehören, können dessen Mitglieder werden, wenn ihre Zulassung von zwei Dritteln der Bundesversammlung ausgesprochen wird, vorausgesetzt, dass sie für ihre aufrichtige Absicht, ihre internationalen Verpflichtungen zu beobachten, wirksame Gewähr leisten und die hinsichtlich ihrer Streitkräfte und Eüstungen zu Lande, zur See und in der Luft vom Völkerbund festgesetzte Ordnung annehmen.» Das gegenwärtige Alinea 3 wird zum Alinea 2.

*) Die Abänderungen sind durch gesperrten Druck hervorgehoben.

1043 Artikel 4.

Alinea l erhält folgende Fassung: «1. Der Rat setzt sich aus V ö l k e r b u n d s m i t g l i e d e r n mit ständigemSitz 1 ) sowie andern Mitgliedern mit nichtständigem Sitz zusammen. Letztere werden von der Völkerbundsversammlung nach freiem Ermessen und zu den Zeiten, die sie für gut befindet, bestimmt.» Alinea 2 erhält folgende Fassung: «2. Ausser den Völkerbundsmitgliedern mit ständigem Ratssitz kann der Rat mit Zustimmung der Mehrheit der Bundesversammlung andere Völkerbundsmitglieder bestimmen, die von da ab ständig im Rat vertreten sind. Er kann mit der gleichen Zustimmung die Anzahl der Bundesmitglieder, die durch die Bundesversammlung als Vertreter in den Rat gewählt werden, erhöhen.» Artikel 5.

Alinea l erhält folgende Fassung: «1. Beschlüsse der Bundesversammlung oder des Rates erfordern Einstimmigkeit der in der Tagung vertretenen Völkerbundsmitglieder, es sei denn, dass in den Vorschriften dieser Satzung oder in den Übereinkünften, die dem Völkerbund gewisse Befugnisse verleihen, ausdrücklich ein anderes vorgesehen ist.» Beilage.

Teil I der Beilage wird aufgehoben.

Die Unterzeichneten, in gehöriger Form hierzu ermächtigt, erklären im Namen der Völkerbundsmitglieder, die sie vertreten, dass sie die obenstehenden Abänderungen annehmen.

Das gegenwärtige Protokoll wird den Völkerbundsmitgliedern zur Unterzeichnung offen bleiben; es ist zu ratifizieren, und die Ratifikationen sind so bald als möglich beim Völkerbundssekretariat zu hinterlegen.

Es tritt gemäss den Vorschriften des Art. 26 des Paktes in Kraft.

Eine beglaubigte Abschrift des gegenwärtigen Protokolls wird vom Generalsekretär allen Völkerbundsmitgliedern übermittelt werden.

Geschehen zu Genf am dreissigsten September eintausendneunhundertachtunddreissig in einer einzigen Ausfertigung, deren französischer und englischer Wortlaut in gleicher Weise massgebend ist und die in den Archiven des Völkerbundssekretariates hinterlegt bleibt.

!) Folgende Völkerbundsmitglieder hatten am 30. September 1938 einen ständigen Sitz im Völkerbundsrat : Das Vereinigte Königreich von Grossbritannien und Nordirland, Frankreich, Italien und die Union sozialistischer Sowjetrepubliken.

1044 Übersetzung.

Bericht des Ausschusses der zehn Juristen über die Trennung des Paktes von den Friedensverträgen.

Der vom Ausschuss für die Inswerksetzung der Grundsätze des Paktes (28er Ausschuss) ernannte Ausschuss der 10 Juristen *) hat vom 13. bis 29. September 1937 unter dem Vorsitz von Herrn Camille Gorgé (Schweiz) neun Sitzungen abgehalten.

Der Ausschuss bemühte sich zunächst, den ihm erteilten Auftrag genau abzugrenzen. Er erkannte, dass er nicht eine Änderung der Friedensverträge vorzubereiten hatte, da diese nicht in die Zuständigkeit des Völkerbundes fällt, und dass er ebensowenig die Zuständigkeiten zu erörtern hatte, die die Friedensverträge dem Völkerbund zuwiesen. Die Aufgabe des Ausschusses bestand einzig darin, anzuregen: 1. Wie der Völkerbund gegebenenfalls von seiner Befugnis, den Pakt gemäss dem Verfahren des Art. 26 abzuändern, Gebrauch machen könnte, um gewisse Ausdrücke zu beseitigen, die dazu angetan sind, die Staaten dem Völkerbund zu entfremden oder sie von ihm fernzuhalten; 2. wie die Völkerbundsversammlung allfällige Missverständnisse bezüglich wesentlicher Merkmale des Paktes zerstreuen könnte.

Es wurde andererseits festgestellt, dass die vom Ausschuss vorgeschlagenen Änderungen in keiner Weise die Internationale Arbeitsorganisation 2) berühren und dass ihre Beziehungen zum Völkerbund das bleiben, was sie sind.

I.

Die Abänderungen des Völkerbundspaktes.

Der Ausschuss war der Meinung, dass er sich einerseits soweit wie möglich auf die Prüfung der juristischen Seite des Problems beschränken sollte und dass er anderseits unter möglichst geringer Antastung des gegenwärtigen Wort*) Herr Basdevant (Frankreich); » W. E. Beokett (Grossbritannien); » B. M. Campbell (Neuseeland); » Enrique J. Gajardo (Chile); » Camille Gorgé (Schweiz); » Wladyslaw Kulski (Polen); S.E.Herr Dr. Markus Leitmaier (Österreich); S. E. Herr V. V. Fella (Rumänien); S.E.Herr Dr.Enrique Ruiz-Guinazü (Argentinien); Herr Professor J. M. Yepes (Columbien).

") Das Internationale Arbeitsamt war eingeladen worden, sich durch einen Beobachter im Ausschuss vertreten zu lassen. Dieser Einladung wurde durch Bezeichnung von Herrn Morellet Folge gegeben.

1045 lautes des Paktes seine Vorschläge auf diejenigen Änderungen begrenzen sollte, die für die Verwirklichung des gesteckten Zieles unerläaslich sind. Im Laufe seiner Arbeiten stellte der Ausschuss fest, dass die Abänderung verschiedener Paktbestimmungen Zwischenfragen politischer Natur aufwerfe. Er lenkte die Aufmerksamkeit des 28er Ausschusses auf einzelne dieser Probleme und deutete an, wie sie gelöst werden könnten.

Präambel.

I. Gegenwärtiger Wortlaut: «Die Hohen vertragschliessenden Teile, in der Erwägung, dass es zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit wesentlich ist, bestimmte Verpflichtungen zu übernehmen...

internationale Beziehungen zu unterhalten . . . , etc., nehmen die gegenwärtige Satzung, die der Volkerbund errichtete, an.» II. Vom Juristenausschuss vorgeschlagener Wortlaut: «In Anbetracht, dass es zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit wesentlich ist, bestimmte Verpflichtungen zu übernehmen ...

internationale Beziehungen zu unterhalten ..., etc., ·wurde die gegenwärtige Satzung angenommen, um den Völkerbund zu errichten.» III. Bemerkungen: Der Ausschuss hat in der Präambel des Paktes die Worte «Die Hohen vertragschliessenden Teile» gestrichen.

Diese Streichung zog eine Änderung in der Fassung des ersten und letzten Alineas der Präambel nach sich ; der Ausschuss gab ihr die unpersönliche Form.

Artikel l (Alinea 1).

I. Gegenwärtiger Wortlaut: «1. Ursprüngliche Mitglieder des Völkerbundes sind diejenigen Signatarmächte, deren Namen in der Beilage zu der gegenwärtigen Satzung angeführt sind sowie die ebenfalls in der Beilage genannten Staaten, die der gegenwärtigen Satzung ohne jeden Vorbehalt durch eine binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten der Satzung im Sekretariat niedergelegte Erklärung beitreten; die Beitrittserklärung ist den andern Bundesmitgliedern bekanntzugeben.» II. Vorschlag des Juristenausschusses: Das Alinea ist zu streichen.

1046 III. Bemerkungen: Der Ausschuss hat das Alinea l von Art. l und den ersten Teil der Beilage des Paktes, auf den dieses Alinea hinweist, gestrichen. Die in der Beilage des Paktes aufgezählten ursprünglichen Mitglieder des Völkerbundes umfassen in der Tat ausser der Mehrzahl der Signatarstaaten der Friedensverträge die Staaten, die damals eingeladen wurden, dem Pakt beizutreten.

Der Ausschuss war bestrebt, die Polgen zu ermitteln, die die Streichung des ersten Alineas von Art. l zur Folge haben könnte.

a. Er hat in erster Linie festgestellt, dass gewisse auf den Ständigen Internationalen Gerichtshof bezügliche Texte *) auf den ersten Teil der Beilage des Paktes 2) hinweisen.

*) 1. Das vierte Alinea des Protokolls vom 16. Dezember 1920 lautet: «Gegenwärtiges Protokoll wird den in der Beilage zum Völkerbundsvertrage genannten Staaten zur Unterzeichnung offen gehalten.» 2. Art. 85 des Statuts des Gerichtshofes besagt : «Der Gerichtshof ist den Mitgliedern des Völkerbundes sowie den in der Beilage zum Pakt genannten Staaten geöffnet.

Die Bedingungen, unter denen er den übrigen Staaten offen steht, werden unter Vorbehalt der besondern Bestimmungen der zu Recht bestehenden Verträge vom Bäte festgesetzt, und zwar so, dass unter keinen Umständen für die Parteien Ungleichheiten daraus entstehen dürfen.» 8. Am 17. Mai 1922 fasste der Bat eine Besolution betreffend die Anwendung des vorhergehenden Textes. Diese Besolution lautet folgendermassen : «Der Völkerbundsrat, auf Grund der ihm durch Art. 85, Alinea 2, des Statuts des Ständigen Internationalen Gerichtshofs erteilten Vollmachten und gemäss den Vorschriften dieses Artikels : beschliesst: 1. Der Ständige Internationale Gerichtshof ist allen Staaten, die nicht Völkerbundsmitglieder sind oder die nicht in der Beilage des Volkerbundspaktes genannt sind, unter folgenden Bedingungen geöffnet: Der betreffende Staat hat vorgängig beim Gerichtsschreiber des Gerichtshofes eine Erklärung zu hinterlegen, wonach er die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes gemass dem Volkerbundspakt und den Vorschriften und Bedingungen des Statuts und Reglements des Gerichtshofes anerkennt und sich verpflichtet, die ergangenen Entscheidungen nach Treu und Glauben auszufuhren und gegen kein Bundesmitglied, das sich ihnen unterzieht, zum Kriege zu schreiten.

2. Diese Erklärung kann
entweder in Form einer Erklärung besondern oder allgemeinen Charakters abgegeben werden.

Unter der Erklärung besondern Charakters ist diejenige zu verstehen, durch welche ein Staat die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes für einen oder mehrere bereits entstandene Streitfälle anerkennt.

Unter der Erklärung allgemeinen Charakters ist diejenige zu verstehen, durch welche ein Staat die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes für alle bereits entstandenen oder noch entstehenden Streitfälle anerkennt oder für eine oder mehrereKategorien solcher Streitfälle. Bei Unterzeichnung einer Erklärung allgemeinen Charakters kann Fortsetzung der JFussnote auf der folgenden Seite.

2

) Diese Texte sind nicht notwendigerweise die einzigen, die sich auf die Beilage des Paktes beziehen.

1047 Der Ausschuss erachtete, dass die Streichung des ersten Teiles der Beilage die Bedeutung der in den vorerwähnten Texten enthaltenen Hinweise nicht verändere und dass hinsichtlich dieser Texte die Liste der in der Beilage des Paktes erwähnten Staaten ihre Bedeutung bewahre. Es wäre somit nicht notwendig, durch ein besonderes Protokoll oder anderswie eine Begelung für diese Lage zu treffen.

6. Sodann fragte sich der Ausschuss, welche Folge die Streichung des Art. l, Alinea l, und des ersten Teiles der Beilage für die Lage der Staaten hätte, die in dieser Beilage aufgezählt und nicht oder nicht mehr Mitglieder des Völkerbundes sind.

Verschiedene Mitglieder des Ausschusses wiesen darauf hin, dass nach dem jetzt geltenden Wortlaut die in der Beilage des Paktes aufgezählten Staaten (Vereinigte Staaten von Amerika, Brasilien etc.) als befugt erscheinen, dem Völkerbunde beizutreten, ohne dass das von Art. l, Alinea 2, festgesetzte Aufnahmeverfahren befolgt werden müsse. Man kann sich somit fragen, ob nicht durch die Aufhebung der Sonderbestimnmngen von Alinea l das Verhältnis dieser Staaten zum Völkerbund berührt vird.

Darauf ist geantwortet worden, dass die in Frage stehende Abänderung ja gerade die Aufhebung jeglicher Diskriminierung einzelner Staaten zum Ziele habe und dass es daher unbefriedigend wäre, diese Diskriminierung in Zukunft teilweise aufrecht zu erhalten. Unter Berufung auf die Praxis wurde noch darauf hingewiesen, dass das von Art. l, Alinea 2, vorgesehene Verfahren einen leichten und raschen Eintritt in den Völkerbund ermöglicht.

c. Man hatte im Ausschuss angeregt, dem Art. l ein neues Alinea folgenden Wortlauts beizufügen: jeder Staat, von Rechts wegen und ohne besonderes Abkommen, die Gerichtsbarkeit des Gerichtshofes gemäss Art. 36 des Statuts als obligatorisch anerkennen, ohne sich jedoch auf diese Anerkennung -- von dem Fall eines besondern Abkommens abgesehen -- gegenüber den Völkerbundsmitgliedern oder den in der Beilage des Paktes genannten Staaten, die die im Zusatzprotokoll vom 16. Dezember 1920 vorgesehene ,,fakultative Bestimmung" unterzeichnet haben oder unterzeichnen werden, berufen zu können.

3. Das Original der gemäss der gegenwärtigen Eesolution gemachten Erklärungen ist vom Gerichtsschreiber des Gerichtshofes aufzubewahren. Er hat gemäss dem vom Gerichtshof
angenommenen Verfahren beglaubigte Abschriften zu übermitteln : allen Völkerbundsmitgliedem oder allen in. der Beilage des Paktes genannten Staaten sowie allen andern Staaten, die der Gerichtshof bezeichnen wird, und dem Generalsekretär des Völkerbundes.

4. Der Völkerbundsrat behält sich das Recht vor, die gegenwärtige Resolution jederzeit durch eine andere aufzuheben oder abzuändern, wovon dem Gerichtshof Mitteilung gemacht wird. Sobald der Gerichtsschreiber des Gerichtshofes diese Mitteilung empfängt, treten die bestehenden Erklärungen nach Massgabe der neuen Resolution ausser Kraft, ausgenommen, wenn sie Streitfälle betreffen, mit denen der Gerichtshof schon befasst ist.

5. Der Gerichtshof befindet über jede Frage betreffend die Gültigkeit oder die Wirkung einer Erklärung, die gemäss der gegenwärtigen Resolution abgegeben wurde.» (Journal Officiel, Juni 1922, Seite 545.)

1048 «Die nachgefühlte Liste der Völkerbundsmitglieder wird dem Pakt als Beilage beigegeben.» Zweck dieser Bestimmung wäre gewesen, im Pakt die Mitgliedstaaten des Völkerbundes aufzuführen.

Der Ausschuss hat diese Anregung nicht berücksichtigt. Es schien ihm in der Tat, dass die Einfügung der Liste der Völkerbundsmitglieder in die Beilage des Paktes keiner Notwendigkeit entspreche und dass es im Hinblick darauf, dass diese Liste ständigem Wechsel unterliege, besser wäre, darauf zu verzichten, dem Pakt einen Abschnitt mit veränderlichem Inhalt beizufügen.

Artikel l (Alinea 2).

I. Gegenwärtiger Wortlaut: «2. Alle Staaten, Dominien oder Kolonien mit voller Selbstverwaltung, die nicht in der Beilage aufgeführt sind, können Völkerbundsmitglieder werden, wenn ihre Zulassung von zwei Dritteln der Völkerbundsversammlung ausgesprochen wird, vorausgesetzt, dass sie für ihre aufrichtige Absicht, ihre internationalen Verpflichtungen zu beobachten, wirksame Gewähr leisten und die hinsichtlich ihrer Streitkräfte und Büstungen zu Lande, zur See und in der Luft vom Bunde festgesetzte Ordnung annehmen.» II. Vom Juristenausschuss vorgeschlagener Wortlaut: <<2. Alle Staaten, Dominien oder Kolonien mit voller Selbstverwaltung, die nicht dem Völkerbund angehören, können dessen Mitglieder werden, wenn ihre Zulassung von zwei Dritteln der Bundesversammlung ausgesprochen wird, vorausgesetzt, dass sie für ihre aufrichtige Absicht, ihre internationalen Verpflichtungen zu beobachten, wirksame Gewähr leisten und die hinsichtlich ihrer Streitkràfte und Büstungen zu Lande, zur See und in der Luft vom Völkerbund festgesetzte Ordnung annehmen.» III. Bemerkungen: Der Ausschuss schlägt eine Streichung und einen Zusatz vor.

Die Worte «die nicht in der Beilage aufgeführt sind» müssen verschwinden, da der erste Teil der Beilage der Streichung verfällt.

Der gestrichene Satzteil würde durch diese neue Fassung ersetzt werden: «die nicht dem Völkerbund angehören». Zweck dieses Zusatzes ist, die Gruppe derjenigen Staaten, die bereits Völkerbundsmitglieder sind, in Art. l des Paktes, der von der Zugehörigkeit zum Völkerbund handelt, zu erwähnen.

Artikel 4 (Alinea 1).

I. Gegenwärtiger Wortlaut: «1. Der Rat setzt sich aus Vertretern der alliierten und assoziierten Hauptmächte und aus Vertretern vier anderer Bundesmitglieder zusammen. Diese vier Bundesmitglieder werden von der Völkerbundsversammlung nach freiem Ermessen und zu den Zeiten bestimmt, die sie für gut befindet. Bis zur ersten

1049 Bestimmung durch die Völkerbundsversammlung sind die Vertreter Belgiens, Brasiliens, Spaniens und Griechenlands Mitglieder des Rates.» II. Vom Juristenausschuss vorgeschlagener Wortlaut: «1. Der Rat setzt sich aus V ö l k e r b u n d s m i t g l i e d e r n mit ständigem Sitz sowie andern Mitgliedern mit nichtständigem Sitz zusammen.

L e t z t e r e werden von der Völkerbundsversammlung nach freiem Ermessen und zu den Zeiten bestimmt, die sie für gut befindet.» III. Bemerkungen: a. Da der Ausschuss die Wendung «alliierte und assoziierte Hauptmächte» gestrichen hat, fand er, dass es am einfachsten wäre, von Völkerbundsmitgliedern mit ständigem und nichtständigem Eatssitz zu sprechen.

b. Der Ausschuss weist darauf hin, dass diese Änderung in der Formulierung in keiner Weise die derzeitige Zusammensetzung des Rates berührt. Anderseits könnten die Staaten, welche mit dem Ausdruck «alliierte oder assoziierte Hauptmächte» bezeichnet, jedoch gegenwärtig nicht Mitglieder des Völkerbundes sind, bei ihrem Wiedereintritt einen ständigen Ratssitz nur auf Grund eines gemäss Art. 4, Alinea 2, gefassten Beschlusses erlangen. Der Ausschuss glaubt dieser Bemerkung beifügen zu müssen, dass in der Praxis die Gründung eines ständigen Ratssitzes auf keine Schwierigkeiten stossen würde.

c. Der Ausschuss hat den letzten Satz von Alinea l betreffend die vom Pakt bezeichneten vier ersten nichtständigen Ratsmitglieder weggelassen. Dieser Satz, der die erste Zusammensetzung des Rates betraf, ist in der Tat nur noch von historischem Interesse.

Art. 4 (Alinea 2).

I. Gegenwärtiger Wortlaut: «2. Mit Zustimmung der Mehrheit der Volkerbundsversammlung kann der Rat andere Bundesmitglieder bestimmen, die von da ab ständig im Rat vertreten sind. Er kann mit der gleichen Zustimmung die Anzahl der Bundesmitglieder, die durch die Völkerbundsversammlung als Vertreter in den Rat gewählt werden, erhöhen.» II. Vom Juristenausschuss vorgeschlagener Wortlaut: «Ausser den Völkerbundsmitgliedern mit ständigem Ratssitz kann der Rat mit Zustimmung der Mehrheit der Völkerbundsversammlung andere Völkerbundsmitglieder bestimmen, die von da ab ständig im Rate vertreten sind . . . » III. Bemerkungen: Als Folge der an Alinea l angebrachten Änderung und um. klar herauszustellen, dass bezüglich der derzeitigen ständigen Ratssitze keine Änderung
eingetreten ist, schien es zweckmässig, diese zu erwähnen, bevor von der Gründung neuer ständiger Ratssitze die Rede ist. Zu diesem Zwecke sollten am Bundesblatt.

90. Jahrg.

Bd. II.

76

1050 Anfang des Alineas 2 die Worte «Ausser den Völkerbundsmitgliedern mit ständigem Eatssitz» eingefügt werden.

Artikel 5 (Alinea 1).

I. Gegenwärtiger Wortlaut: «1. Beschlüsse der Völkerbundsversammlung oder des Eates erfordern Einstimmigkeit der in der Tagung vertretenen Bundesmitglieder, es sei denn, dass in den Vorschriften dieser Satzung oder in den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages ausdrücklich ein anderes vorgesehen ist.» II. Vom Juristenausschuss vorgeschlagener Wortlaut: «1. Beschlüsse der Völkerbundsversammlung oder des Eates erfordern Einstimmigkeit der in der Tagung vertretenen Völkerbundsmitglieder, es sei denn, dass in den Vorschriften dieser Satzung oder in den Ü b e r e i n k ü n f t e n , die dem Völkerbund gewisse Befugnisse verleihen, ausdrücklich ein anderes vorgesehen ist.» III. Bemerkungen: Der Ausschuss hat den Ausdruck «oder den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages» durch eine andere Fassung ersetzt. Es ist wohlverstanden, dass dadurch die dem Völkerbund von den Friedensverträgen übertragenen Befugnisse in keiner Weise berührt werden. Anderseits war der Ausschuss zur Feststellung gelangt, dass die in Art. 5, Alinea l, ausgesprochene Eegel wiederholt durch andere Verträge als die Friedensverträge, die dem Völkerbund Befugnisse übertrugen, durchbrochen wurde. Infolgedessen musate er eine Fassung suchen, die, ohne die Friedensverträge zu erwähnen, der bestehenden Praxis nicht widersprach.

Das chilenische Mitglied des Ausschusses war der Auffassung, dass mit der Behandlung dieses Punktes eine Grundregel des Paktes berührt werde und dass dies über den Auftrag des Ausschusses hinausgehe. Er fügte zwar bei, dass er sich einer Bestätigung dieser durch andere Verträge als die Friedensverträge schon begründeten Praxis nicht widersetze. Er wünschte aber, es möchte ausdrücklich gesagt werden, dass den Völkerbundsstaaten, die an solchen inskünftig abzuschliessenden Übereinkünften nicht beteiligt sind, keinerlei Verantwortung erwachse aus den Beschlüssen, die der Eat oder die Versammlung gemäss diesen Übereinkünften fassen sollte. In seiner Begründung wies er auf die Wichtigkeit der Einstimmigkeitsregel hin. Dieses Mitglied des Ausschusses hatte gewünscht, dass der Pakt durch folgenden Zusatz ergänzt werde : «Die Völkerbundsmitglieder gelten nicht als verantwortlich für ihre
Haltung gegenüber Beschlüssen der Völkerbundsorgane über die Übereinkünfte, welche inskünftig unbeschadet der Verpflichtungen des Paktes eingegangen werden sollten.» Der Ausschuss hatte nicht Gelegenheit, diese Formel, die ihm bei Beendigung seiner Arbeiten unterbreitet wurde, zu prüfen.

Den Gedankengängen, die die vorstehenden Bemerkungen veranlassten, ist entgegengehalten worden, dass der Grundsatz der Einstimmigkeit ausser

1051 Spiele stehe. Es wurde auch auf die praktischen Unzukömmlichkeiten hingewiesen, die sich daraus ergeben könnten, wenn man den Staaten verwehren wollte, den Eat oder die Versammlung zu ermächtigen, in Dingen, die diese Staaten betreffen, Mehrheitsbeschlüsse zu fassen. Im übrigen wurde erklärt, dass die vorgesehene Abänderung, wenn sie auch den Buchstaben des Paktes antaste, nur eine bereits bestehende Praxis bestätige.

Dass der vorgesehenen Vorschrift nur eine beschrankte Tragweite zukommt, ergibt sich übrigens aus der Tatsache, dass von den Zuständigkeiten nur mit Zustimmung der Volkerbundsorgane Gebrauch gemacht werden kann.

Dies stellt eine Garantie von erheblichem Wert dar. Die weitere Frage, unter welchen Bedingungen die Völkerbundsorgane die von den internationalen Übereinkünften vorgesehenen Kompetenzen übernehmen können, stellt einen besondern Punkt dar, den der Juristenausschuss nicht zu prüfen hatte.

Infolgedessen schlägt der Àusschuss unter Berufung auf die in seinem Schosse stattgefundene Aussprache vor, die Worte «oder den Bestimmungen des gegenwärtigen Vertrages» durch die Worte zu ersetzen «oder in den Übereinkünften, die dem Völkerbund gewisse Befugnisse verleihen».

Es sei noch bemerkt, dass das Wort «Vertrag» durch das allgemeinere Wort «Übereinkunft» ersetzt worden ist.

Artikel 22 (Alineas l und 4).

Die Alineas l und 4 des Paktes enthalten folgende Bestimmungen: «1. Die nachstehenden Grundsätze finden Anwendung auf die Kolonien und Gebiete, die infolge des Krieges aufgehört haben, unter der Suveränität der Staaten zu stehen, die sie vorher beherrschten...» «4. Gewisse Gemeinwesen, die ehemals zum türkischen Eeiche gehörten...» Der Ausschuss stellte sich die Frage, ob diese Bestimmungen abgeändert werden sollten. Er hat dies nicht für nötig befunden.

Artikel 23.

I. Gegenwärtiger Text: Litera e (in fine) des Art. 28 lautet folgendermassen: « . . . die Völkerbundsmitglieder: «e. Sie werden die nötigen Anordnungen treffen, um die Freiheit des Verkehrs und der Durchfuhr sowie die gerechte Eegelung des Handels aller Bundesmitglieder zu gewährleisten und aufrecht zu erhalten, mit der Massgabe, dass die b e s o n d e r n B e d ü r f n i s s e der während des Krieges 1914 bis 1918 verwüsteten Gegenden berücksichtigt werden sollen.» II. Der Ausschuss war der Auffassung, dass,
wenn dieser Bestimmung keine praktische Tragweite mehr zukomme, sie gestrichen werden sollte. Er erachtete, dass es dem 28er Ausschuss zustehe, darüber zu entscheiden.

1052 Vorschläge von Ausschussmitgliedern.

Verschiedene Mitglieder des Ausschusses gaben dem Verlangen Ausdruck, es möchte der abgeänderte Pakt im Amtsblatt des Völkerbundes veröffentlicht werden, da keine authentische offizielle Ausgabe des Paktes besteht.

Wortlaut der vom Juristenausschuss gemachten Vorschläge zur Abänderung des Paktes.

Die Abänderungen sind durch gesperrten Druck hervorgehoben.

Präambel.

Vorgeschlagener Wortlaut : «In A n b e t r a c h t , dass es zur Förderung der Zusammenarbeit unter den Nationen und zur Gewährleistung des Friedens und der Sicherheit wesentlich ist: bestimmte Verpflichtungen zu übernehmen ... in aller Öffentlichkeit auf Gerechtigkeit und Ehre gegründete internationale Beziehungen zu unterhalten etc., wurde die gegenwärtige Satzung angenommen, um den Völk e r b u n d zu errichten.» Artikel l (Alinea 1).

Vorschlag : Streichung dieses Alineas.

Artikel l (Alinea 2).

Vorgeschlagener Wortlaut : «2. Alle Staaten, Dominien oder Kolonien mit voller Selbstverwaltung, die nicht dem Völkerbund angehören, können dessen Mitglieder werden, wenn ihre Zulassung von zwei Drittem der Bundesversammlung ausgesprochen wird, vorausgesetzt, dass sie für ihre aufrichtige Absicht, ihre internationalen Verpflichtungen zu beobachten, wirksame Gewahr leisten und die hinsichtlich ihrer Streitkräfte und Rüstungen zu Lande, zur See und in der Luft vom Völkerbund festgesetzte Ordnung annehmen.» Artikel 4 (Alinea 1).

Vorgeschlagener Wortlaut : «1. Der Bat setzt sich aus V ö l k e r b u n d s m i t g l i e d e r n mit ständigem Sitz 1 ) sowie a n d e r n Mitgliedern mit nichtständigem Sitzzusammen.

1

) Folgende Völkerbundsmitglieder hatten am

Sitz im Völkerbundsrat : (X, Y, Z etc.).

einen ständigen

1053 Letztere werden von der Völkerbundsversammlung nach freiem Ermessen und zu den Zeiten, die sie für gut befindet, bestimmt.» Artikel 4 (Alinea 2).

Vorgeschlagener Wortlaut : «2. Ausser den Völkerbundsmitgliedern mit ständigem Batssi t z kann der Eat mit Zustimmung der Mehrheit der Bundesversammlung andere Völkerbundsmitglieder bestimmen, die von da ab ständig im Eat vertreten sind...» Artikel 5 (Alinea 1).

Vorgeschlagener Wortlaut : «1. Beschlüsse der Bundesversammlung oder des Eates erfordern Einstimmigkeit der in der Tagung vertretenen Völkerbundsmitglieder, es sei denn, dass in den Vorschriften dieser Satzung oder in den Ü b e r e i n k ü n f t e n , die d e m V ö l k e r b u n d gewisse Befugnisse verleihen, ausdrücklich ein anderes vorgesehen ist.» Beilage.

Vorschlag : Streichung des ersten Teils der Beilage.

II.

Resolutionsentwurf der Völkerbundsversammlung.

Der Ausschuss glaubte, dass es nicht den Erwartungen des 28er Ausschusses entspräche, wenn er sich darauf beschränken würde, Abänderungsvorschläge vorzulegen. Er hielt es für angebracht, mit gewissem Nachdruck auf den Geist hinzuweisen, dem die Abänderungen ihr Entstehen verdanken.

Als wesentlich muss der Gedanke hervorgehoben werden, dass der Pakt sein eigenes Leben hat. Die vorgeschlagene Eesolution bringt diesen Gedanken mit Worten zum Ausdruck, die keines Kommentars von Seiten des Ausschusses bedürfen.

Wortlaut des Eesolutionsentwurfes.

«Die Versammlung: zieht in Betracht, dass der Pakt -- nach welchem Aufnahmeverfahren auch der Eintritt der verschiedenen Staaten in den Völkerbund erfolgen mochte oder erfolgen mag -- die gemeinsame Verfassung aller Völkerbundsmitglieder ist und ihre Beziehungen in der Absicht regelt, die Zusammenarbeit unter ihnen zu fördern und ihnen Frieden und Sicherheit zu gewährleisten; zieht in Betracht, dass der Pakt von Anbeginn an ein eigenes Dasein hatte, das sich insbesondere in folgendem offenbarte: 1. in seiner Absicht, eine ständige Einrichtung zu begründen;

1054 2. im Bestehen einer Versammlung und eines Eates, durch die der Völkerbund seine Tätigkeit ausübt; 3. in einem im Pakt festgelegten Verfahren für die Aufnahme in den Völkerbund; 4. in der den Völkerbundsmitgliedern gewährten Befugnis, den Pakt gemäss dem Verfahren von Art. 26 abzuändern; zieht in Erwägung, dass die Völkerbundsmitglieder ungeachtet des Zeitpunktes und der Art und Weise ihres Eintritts in den Völkerbund im Genüsse der gleichen Eechte stehen; von dem Wunsche geleitet, nach dieser Darlegung der wesentlichen Merkmale des Paktes gewisse Zweideutigkeiten zu beseitigen, die sich aus einigen Ausdrücken des Paktes ergeben könnten und deren Beibehaltung als Hindernis für den Eintritt anderer Staaten in den Völkerbund angesehen werden könnte ; stellt die Notwendigkeit fest, zur Erreichung dieses Zieles am Pakt gemäss dem Verfahren von Art. 26 gewisse Abänderungen vorzunehmen, die weder dessen Geist noch Sinn berühren und von denen die Versammlung hofft, dass sie die umgehende Zustimmung der Eegierungen finden werden; erachtet, dass die vorgesehenen Abänderungen dem Wunsche entsprechen, den Völkerbund zu erweitern; beschliesst : 1. den Eegierungen der Mitgliedstaaten die rasche Eatifikation des Protokolls zu empfehlen, das die erwähnten Abänderungen enthält; 2. den Generalsekretär zu ersuchen, die gegenwärtige Besohltion zusammen mit dem Wortlaut der genannten Abänderungen den Völkerbundsmitgliedern und den vom Eat zu bezeichnenden Nichtmitgliedstaaten zur Kenntnis zu bringen.» 1067

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Trennung des Völkerbundspaktes von den Friedensverträgen. (Vom 9. Dezember 1938.)

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