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Bundesblatt

Bern, den 22.November 1968

120.Jahrgang

Bandii

Nr. 47 Erscheint wöchentlich. Preis Fr. 36.- im Jahr, Fr. 20.- im Halbjahr, zuzüglich Nachnahmeund Postzustellungsgebubr Inseratenverwaltung : Permedia, Publicitas AG, Abteilung für Periodika, Hirschmattstrasse 42, 6002 Luzern

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen in Zivilsachen # S T #

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(Vom 13.November 1968) Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren !

Wir beehren uns, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesbeschlusses betreffend die Genehmigung des am 25. April 1968 mit dem Fürstentum Liechtenstein abgeschlossenen Abkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen in Zivilsachen zu unterbreiten.

I Man kann sich fragen, warum die Schweiz und das Fürstentum Liechtenstein, die in mancher Hinsicht so eng verbunden sind, nicht bereits früher ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung der Zivilurteile geschlossen haben. Der tiefere Grund hiefür liegt wohl darin, dass das Fürstentum mit Recht darauf bedacht ist, einen wesentlichen Teil der Souveränität, nämlich die Jurisdiktionsgewalt, in allen ihren Erscheinungsformen zu wahren. Abgesehen davon, dass das Fürstentum bis heute mit keinem ändern Staat ein allgemeines Urteilsvollstreckungsabkommen geschlossen hat, ist es bezeichnend, dass nach ersten, gegen 1930 durchgeführten Sondierungen der Versuch, zu einem Abkommen zu gelangen, damals an einer Bestimmung des liechtensteinischen Rechts scheiterte, derzufolge eine zwischen liechtensteinischen und ausländischen Staatsbürgern, ja sogar zwischen Liechtensteinern selbst getroffene Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines ausländischen Gerichts nur gültig ist, wenn sie öffentlich beurkundet wurde. Obwohl diese zum ordre public zählendeGesetzesvorschrift noch immer in Kraft steht, erklärte sich die Fürstliche Regierung Bundesblatt. 120.Jahrg.Bd.II

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im Oktober 1965 bereit, mit der Schweiz Verhandlungen über den Abschluss eines Abkommens betreffend die Vollstreckung von Zivilurteilen aufzunehmen.

Veranlasst durch eine Eingabe des Schweizerischen Anwaltsverbandes, worin auf die vielen wegen Fehlens eines solchen Abkommens bestehenden Erschwerungen hingewiesen wurde, hatte nämlich das Politische Departement den liechtensteinischen Behörden im April 1965 vom Wunsche der Schweiz, ein Abkommen abzuschliessen, Kenntnis gegeben. Mittlerweile waren im Nationalrat eine Kleine Anfrage Schmid Werner und ein Postulat Vetsch eingereicht worden, die ebenfalls den Abschluss eines Urteilsvollstreckungsabkommens mit Liechtenstein zum Ziele hatten.

Anfang 1966 wurde mit den Behörden des Fürstentums ein informeller Meinungsaustausch zwischen schweizerischen und liechtensteinischen Vertretern vereinbart, um vorerst die Rechtslage abzuklären. Die Besprechung fand am 7. Juni 1966 in Bern statt, wobei die Vertreter übereinkamen, als Diskussionsgrundlage namentlich die von der Schweiz mit Belgien (AS 7962, 894) und mit Österreich (AS 1962, 265) geschlossenen Vollstreckungsverträge zu benutzen.

Die Prüfung dieser Abkommen unter dem Gesichtswinkel der schweizerischliechtensteinischen Beziehungen ergab jedoch, dass eine vom schweizerischen Standpunkt aus voll befriedigende Übereinkunft kaum erreichbar und dass deren Anwendungsgebiet eher beschränkt sein würde. So zeigte sich von vornherein, dass Liechtenstein weder gewillt gewesen wäre, das Abkommen auf die in einem Strafverfahren gefällten Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche auszudehnen, noch es auf am Gerichtsstand des Klägers (forum actoris) ergangene Urteile in Unterhaltssachen anzuwenden, es sei denn, der Beklagte habe zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz im Urteilsstaat gehabt. Schwerste Bedenken gegen einen Vertragsabschluss erweckte aber der Umstand, dass die liechtensteinischen Vertreter durchblicken Hessen, ihre Regierung würde für die Gerichtsstandsvereinbarungen nicht auf das Erfordernis der öffentlichen Beurkundung verzichten. Das bedeutete mit ändern Worten, dass nicht einmal eine Bestimmung hätte ins Abkommen aufgenommen werden können, wonach die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Urteilsstaates begründet ist, wenn sich der Beklagte durch eine bloss schriftliche Vereinbarung
der Zuständigkeit des Gerichtes unterworfen hat, das in der Sache erkannt hat. Für den internationalen Handelsverkehr ist aber bei einem Vollstreckungsabkommen die Vollstreckung der auf Grund einer Gerichtsstandsklausel ergangenen Urteile gerade die Hauptsache. Müsste jede Gerichtsstandsvereinbarung bei Folge der Nichtigkeit öffentlich, d.h. notariell, beurkundet werden, so würde der Geschäftsverkehr wesentlich erschwert. Während die schweizerische Rechtsprechung zu Artikel 59 der Bundesverfassung den geschäftsunkundigen Schuldner vor in Verträge «eingeschmuggelten» Gerichtsstandsklauseln schützt, indem sie die Verbindlichkeit der Klausel nach den Grundsätzen des Obligationenrechts über den Vertragsabschluss beurteilt, geht das liechtensteinische Recht viel weiter; es gestattet auch der geschäftskundigen Partei, die eine Gerichtsstandsvereinbarung sogar schriftlich eingegangen ist, sich nachher darauf zu berufen, die Vereinbarung sei mangels öffentlicher Beurkundung nichtig. Angesichts dieser Sachlage schlugen die

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schweizerischen Vertreter eine Mittellösung vor, wonach die öffentliche Beurkundung nur für Gerichtsstandsvereinbarungen von im Handelsregister nicht eingetragenen Personen hätte verlangt werden können ; hingegen hätte die einfache schriftliche Form - nicht aber die nur mündliche Verabredung -für Gerichtsstandsvereinbarungen von im Handelsregister eingetragenen Personen genügt.

Aber auch einer solchen Mittellösung schienen die liechtensteinischen Vertreter nicht beipflichten zu können. Sie wünschten sogar, man solle auf die Anerkennung der Zuständigkeit eines Gerichtes verzichten, vor dem sich der Beklagte eingelassen hat, ohne einen Vorbehalt bezüglich der internationalen Zuständigkeit der Gerichte des Urteilsstaates anzubringen (vgl. Art.2, Abs. l, Buchstabe c, des belgisch-schweizerischen Abkommens).

Am Schluss dieses für das Zustandekommen einer Übereinkunft wenig versprechenden Meinungsaustausches äusserten die liechtensteinischen Vertreter den Wunsch, die schweizerischen Behörden möchten den Entwurf zu einem Abkommen ausarbeiten und ihn den liechtensteinischen Behörden unterbreiten.

Im Januar 1967 teilte die Fürstlich Liechtensteinische Gesandtschaft mit, ihre Regierung sei grundsätzlich bereit, auf Grund des inzwischen von der Justizabteilung im Einvernehmen mit dem Politischen Departement ausgearbeiteten Abkommensentwurfes offizielle Verhandlungen aufzunehmen.

In der Folge nahm der Bundesrat die Einladung der Fürstlichen Regierung, die Verhandlungen in Vaduz zu eröffnen, an und bestimmte die schweizerische Delegation. Verschiedener Umstände wegen konnten die Verhandlungen erst am 13. und U.Februar 1968 stattfinden.

Trotz der zunächst nicht sehr günstigen Aussichten führten die Verhandlungen zur Paraphierung eines Abkommens, das, alles in allem, als annehmbar bezeichnet werden darf. Es wurde am 25. April 1968 in Vaduz unterzeichnet, für Liechtenstein von Herrn Dr.Batliner, Fürstlicher Regierungschef, für die Schweiz von Herrn Dr. Thalmann, Direktor der Justizabteilung.

II

Das Abkommen lehnt sich weitgehend an die erwähnten schweizerischösterreichischen und schweizerisch-belgischen Abkommen an, von denen es mehrere Bestimmungen übernommen hat, einige unverändert, andere mit Änderungen, soweit sich solche mit Rücksicht auf die Besonderheit der schweizerischliechtensteinischen Beziehungen aufdrängten. Wir können daher unsere Erläuterungen insbesondere auf die Bestimmungen beschränken, die sich sachlich mehr oder weniger von jenen unserer übrigen Vollstreckungsabkommen unterscheiden.

In Artikel l, Absatz 2, war es, um bei der Auslegung des ersten Satzes des ersten Absatzes («gerichtlichen Entscheidungen in Zivilsachen») jede Zweideutigkeit auszuschliessen, notwendig, ausdrücklich festzustellen, dass das Abkommen auf in einem Strafverfahren ergangene Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche nicht anwendbar ist. An den Verhandlungen in Vaduz haben es närh-

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lieh die liechtensteinischen Vertreter erneut abgelehnt, diese Entscheidungen dem Abkommen zu unterstellen. Sie machten geltend, Liechtenstein habe kein Interesse, im Ausland die Vollstreckung der von einem Strafrichter des Fürstentums gefällten zivilrechtlichen Verurteilungen zu erwirken, zumal solche Verurteilungen in Liechtenstein eine geringe Rolle spielten und die Strafgerichte die Beurteilung zivilrechtlicher Ansprüche ohnehin an den Zivilrichter zu verweisen pflegten.

Obwohl das Abkommen grundsätzlich nur auf gerichtliche Entscheidungen anwendbar ist und somit die Entscheide der Verwaltungsbehörden ausschliesst, enthält es eine Ausnahme zugunsten der Entscheidungen schweizerischer administrativer Vormundschaftsbehörden; gemäss Artikel l, Absatz 3, sind die Entscheidungen dieser Behörden sowie die vor ihnen abgeschlossenen Vergleiche den gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen gleichgestellt.

In Artikel 2 wird die Bestimmung des Artikels l, Absatz l, Ziffer 2, über die gerichtliche Zuständigkeit näher umschrieben, indem die nach dem Abkommen zulässigen Gerichtsstände aufgezählt, d. h. die neun Fälle aufgeführt werden, in denen - unter Vorbehalt der in Absatz 2 vorgesehenen Ausnahmen - die Zuständigkeit der Gerichte des einen Staates vom ändern Staat anerkannt werden muss.

Insofern bildet Artikel 2 das Kernstück des Abkommens, Im Gegensatz zum schweizerisch-österreichischen Vertrag (Art. 4) anerkennt das vorliegende Abkommen für familienrechtliche Unterhaltsansprüche den Gerichtsstand des Klägers (forum actoris) nicht. In Vaduz haben nämlich die liechtensteinischen Unterhändler den Ausschluss dieses vom schweizerischen Recht anerkannten (vgl. Art. 144 und 312 ZGB), dem Recht des Fürstentums jedoch fremden Gerichtsstandes verlangt. Das Abkommen wäre also auf ein schweizerisches Vaterschaftsurteil nicht anwendbar, das gegen einen Liechtensteiner ergeht, der bei Erhebung der Klage im Fürstentum wohnte. Dagegen könnte das Vaterschaftsurteil gemäss Artikel 2, Absatz l, Ziffer l, des Abkommens in Liechtenstein anerkannt werden, wenn der Beklagte im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte. Der Umstand, dass das Abkommen den Gerichtsstand des Klägers als solchen nicht anerkennt, vermöchte die Anerkennung eines an diesem Gerichtsstand ergangenen Urteils auch
in jenen Fallen nicht zu verhindern, in denen Ziffer 6 von Absatz l die Gerichtszuständigkeit des Heimatstaates in Personenstands-, Handlungsfähigkeitsoder Familienrechtssachen anerkennt. So könnten nach Ziffer 6 nicht nur Vaterschaftsurteile, sondern auch Ehescheidungsurteile betreffend «Angehörige des Staates, in welchem die Entscheidung ergangen ist», anerkannt werden, vorausgesetzt allerdings, dass diese Urteile auch die ändern Voraussetzungen des Artikels l, Absatz l, Ziffern l, 3 und 4 erfüllen.

Wie unsere Verträge mit Belgien (Art.2, Buchstabe f), Frankreich (BS 12, 347; Art. l, Abs. 3) und Österreich (Art. 3) lässt Ziffer 4 von Artikel 2, Absatz l den Gerichtsstand des Begehungsortes (forum delicti commissi) unbeschränkt zu, wenigstens im Bereich der Verkehrsunfälle ; gleich wie im Abkommen mit Österreich werden die «Fahrräder mit oder ohne Motor» den «Kraftfahrzeugen»

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gleichgesetzt. Infolge dieser Bestimmung, die vor allem den Automobiltourismus interessiert, wird die in der Bundesverfassung (Art. 59) verankerte Garantie des Wohnsitzgerichtsstands von einem in der Schweiz domizilierten Beklagten gegenüber dem Entscheid eines liechtensteinischen Zivilgerichts, das ihn wegen eines im Fürstentum verursachten Strassenverkehrsunfalls zu Schadenersatz verurteilt hat, nicht mehr angerufen werden können.

Der Gerichtsstand des Unfallortes gilt, wie die Verhandlungspartner anerkannten, auch für die direkte Klage des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers.

Die Bestimmungen der Ziffern 7 und 8 über den vereinbarten Gerichtsstand (forum prorogatum) zählen zu den wichtigsten des Abkommens; denn im Vergleich zu den Unzukömmlichkeiten, die sich gegenwärtig aus der eingangs erwähnten liechtensteinischen Gesetzesvorschrift ergeben, bedeuten sie einen nicht zu unterschätzenden Fortschritt. Diese Bestimmung - Artikel 53 a der «Jurisdiktionsnorm» - hat folgenden Wortlaut : Vereinbarungen von Inlandern und Ausländern oder von Inländern im Inlande in besonderen Verträgen oder in Klauseln als Bestandteil anderer Verträge, wonach ein ausländisches Gericht zuständig ist, sind nurmehr gültig, wenn sie öffentlich beurkundet worden sind.

Dies bezieht sich auch auf Bestimmungen in Statuten, Gesellschaftsverträgen und dergleichen, ferner auch auf Vereinbarungen auf ein im Auslande tatig werdendes Schiedsgericht.

Für Rechtssachen aus Versicherungsverträgen, wenn der Versicherungsnehmer im Inlande wohnt oder wenn das versicherte Interesse im Inlande gelegen ist, ist jede Vereinbarung auf ein ausländisches Gericht oder auf ein Schiedsgericht nichtig.

Das Gericht hat von Amtes wegen und selbst im Zwangsvollstreckungs- oder Konkursverfahren die Beobachtung dieser Bestimmung zu überwachen.

Obschon sich die liechtensteinischen Vertreter bei der Berner Vorbesprechung gegenüber einer Mittellösung in der Frage der öffentlichen Beurkundung eher ablehnend verhalten hatten, schlug die Justizabteilung in ihrem den Behörden des Fürstentums vorgelegten Abkommensentwurf gleichwohl eine solche Lösung vor. In Vaduz wurde sie dann von den liechtensteinischen Unterhändlern - die wohl überzeugt waren, dass die unbeschränkte Anwendung von Artikel 53 a der «Jurisdiktionsnorm» auf die Dauer die normale Entwicklung der kommerziellen und rechtlichen Beziehungen zur Schweiz beeinträchtigen würde - unverändert angenommen. Diese Lösung, die für Liechtenstein zweifellos ein wesentliches Zugeständnis bedeutet, scheint uns vom schweizerischen Standpunkt aus annehmbar zu sein, obschon sie von den Regeln unserer übrigen Vollstreckungsverträge erheblich abweicht und für Gerichtsstandsvereinbarungen wohl das Minimum dessen darstellt, das den Abschluss eines Abkommens zu rechtfertigen vermag.

Ziffer 7 befasst sich mit der Gerichtsstandsvereinbarung von Parteien, die beide im Handelsregister eingetragen sind. In einem solchen Fall genügt es, dass die Abrede schriftlich getroffen wurde. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es sich bei den Parteien um Kaufleute handelt, als welche sie Geschäftserfahrung besitzen und sich daher im klaren sein müssen, dass sie sich durch Unterwerfung unter das prorogierte Gericht gleichzeitig ihrem ordentlichen Richter entziehen.

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Ein in der Schweiz wohnhafter Kaufmann wird also inskünftig wissen müssen, dass er, wenn er sich durch schriftliche Vereinbarung der Zuständigkeit des Landgerichts Vaduz unterwirft, auf den durch Artikel 59 der Bundesverfassung gewährleisteten Wohnsitzgerichtsstand verzichtet. Umgekehrt besteht für den liechtensteinischen Kaufmann, der in einfacher schriftlicher Form eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines schweizerischen Gerichts eingeht, keine Möglichkeit mehr, sich der Vollstreckung eines schweizerischen Urteils in Liechtenstein notfalls einfach dadurch zu entziehen, dass er geltend macht, die Gerichtsstandsvereinbarung sei mangels öffentlicher Beurkundung nichtig.

Angesichts der weitherzigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach die ausdrückliche Prorogation eines Gerichtsstandes sogar mündlich erfolgen kann, mag das in den Fällen von Ziffer 7 vorgesehene Erfordernis der Schriftlichkeit allerdings als streng erscheinen. Zieht man aber die tatsächlichen Verhältnisse, d.h. die liechtensteinischen Vorschriften, in Betracht, so kann man der in Ziffer 7 getroffenen Regelung die Zustimmung nicht mehr versagen. Da sie kurzerhand eine «schriftliche Vereinbarung» verlangt, wird sie übrigens den Vorteil haben, zahlreichen Streitigkeiten über die Frage vorzubeugen, ob eine «ausdrückliche» Gerichtsstandsvereinbarung, wie sie die meisten unserer übrigen Vollstreckungsverträge verlangen, klar und deutlich genug sei, um den Verzicht auf den ordentlichen Gerichtsstand zu bewirken.

Hat Liechtenstein der Schweiz ein Zugeständnis gemacht, indem es in Ziffer 7 einer Abweichung von dem zum ordre public gehörenden Artikel 53 a seiner «Jurisdiktionsnorm» zustimmte, so stellt Ziffer 8 gewissermassen den Preis dar, den die Schweiz dafür zu bezahlen hat. In den Fällen, die Ziffer 8 im Auge hat, ist nämlich die öffentliche Beurkundung Gültigkeitserfordernis für Gerichtsstandsvereinbarungen zwischen Parteien, von denen nur eine oder keine im Handelsregister eingetragen ist. Vom liechtensteinischen Standpunkt aus wäre in solchen Fällen die öffentliche Beurkundung unentbehrlich, um eine im Handelsregister nicht eingetragene und daher vermutlich geschäftlich unerfahrene und rechtsunkundige Partei vor einem unüberlegten Verzicht auf ihren ordentlichen Gerichtsstand zu schützen. Obwohl man unseres Erachtens auch
eine weniger extreme Lösung vertreten, d. h. es auch hier bei der einfachen Schriftlichkeit bewenden lassen könnte, ist jedenfalls für geschäftsunerfahrene Personen ein wirksamerer Schutz nicht denkbar.

Zu diesem Schutz kommt, wenigstens in gewissen Fällen, noch jener von Artikel 11 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1930 über die Handelsreisenden (BS 10, 219) hinzu, der wie folgt lautet: Vereinbarungen mit Kleinreisenden, die beim Aufsuchen von Bestellungen abgeschlossen werden und womit der Käufer auf seinen ordentlichen Gerichtsstand verzichtet, sind nichtig. Die Nichtigkeit ist von Amtes wegen zu berücksichtigen.

Die liechtensteinische Gesetzgebung kennt diese Bestimmung ebenfalls, ist doch das erwähnte Bundesgesetz auf Grund des Zollanschlussvertrages mit der Schweiz auch im Fürstentum anwendbar. Artikel 11 will die « kleinen Leute » gegen die Gewohnheit zahlreicher Firmen schützen, bei Aufnahme von Bestel-

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Jungen durch Kleinreisende den Käufer eine Klausel unterschreiben zu lassen, durch die er für den Fall eines Rechtsstreits den Gerichtsstand der Firma anerkennt. Innerhalb dieses eher engen Sonderbereichs ist Artikel 11 anwendbar, gleichgültig, ob der Käufer im Handelsregister eingetragen sei oder nicht. Im Entwurfsstadium bezog sich Artikel 11 allerdings nur auf Vereinbarungen zwischen Kleinreisenden und im Handelsregister nicht eingetragene Personen, so dass eingetragene Personen nicht geschützt gewesen wären. Die Räte haben jedoch diese Unterscheidung aufgehoben und alle Kunden von Kleinreisenden einander gleichgestellt.

Dass das Nebeneinanderbestehen dieses Artikels 11 und der Ziffer 8 des Abkommens zu Schwierigkeiten führen könnte, ist unseres Erachtens nicht zu befürchten. Käme ein Kleinreisender beispielsweise auf die ausgefallene Idee, einen im Handelsregister nicht eingetragenen Kunden zu veranlassen, durch Abschluss einer öffentlich beurkundeten Gerichtsstandsvereinbarung auf seinen ordentlichen Gerichtsstand zu verzichten, so wäre diese Vereinbarung gemäss Artikel 11 zweifellos als nichtig zu betrachten. Überdies bliebe Ziffer 8, welche die Zuständigkeit des so prorogierten Gerichtsstandes anerkennt, unwirksam, d.h.

ein an diesem Gerichtsstand ergangenes Urteil könnte auf Grund des Abkommens keinesfalls vollstreckt werden. Wegen des ordre public-Charakters von Artikel 11 wären nämlich die Gerichte des Wohnsitzstaates des Kunden ausschliesslich zuständig; somit wäre nach Absatz 2 von Artikel 2 des Abkommens «die Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in welchem die Entscheidung gefällt wurde, im Sinne von Artikel l, Absatz l, Ziffer 2 nicht begründet ».

Freilich ist das in den Ziffern 7 und 8 gewählte Kriterium, nämlich die Unterscheidung zwischen im Handelsregister eingetragenen und nicht eingetragenen Personen, ziemlich willkürlich; denn manche eingetragene Personen, wie Handwerker und Kleinkaufleute, sind sich der Tragweite eines Verzichts auf den ordentlichen Gerichtsstand nicht besser bewusst als viele nicht eingetragene. Ein anderes Kriterium hätte aber kaum gewählt werden können, wenn man erreichen wollte, dass das Abkommen angesichts der liechtensteinischen Erfordernisse bezüglich der öffentlichen Beurkundung wenigstens für die grosse Mehrzahl der Gerichtsstandsvereinbarungen,
d. h. für die zwischen Kaufleuten eingegangenen, von praktischem Wert sei.

Während die Ziffern 7 und 8 die Gerichtsstandsprorogation betreffen, die sich aus einer ausdrücklichen - «schriftlichen» oder «öffentlich beurkundeten» Anerkennung der Zuständigkeit eines für die Beurteilung des Rechtsstreites ordentlicherweise unzuständigen Gerichts ergibt, bezieht sich Ziffer 9 auf die Prorogation, die entsteht, wenn der Beklagte die Zuständigkeit dieses Gerichts stillschweigend anerkennt, indem er sich vor ihm materiell auf den Rechtsstreit einlässt.

Gemäss Ziffer 9 steht die stillschweigende Prorogation jedem Beklagten offen, «gleichgültig, ob er im Handelsregister eingetragen ist oder nicht». Diese Präzisierung drängte sich im Hinblick auf die Unterscheidung auf, die in den zwei vorangehenden Ziffern bezüglich der Eintragung im Handelsregister gemacht

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wird. Wie nach den meisten unserer ändern Abkommen setzt die Gültigkeit der stillschweigenden Prorogation voraus, dass der «Beklagte zur Hauptsache verhandelt hat, ohne hinsichtlich der im Sinne dieses Abkommens zu verstehenden Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in welchem die Entscheidung ergangen ist, einen Vorbehalt anzubringen». Es genügt nicht, dass der Beklagte die Zuständigkeit des vom Kläger angerufenen Gerichts bestreitet, denn diese Zuständigkeit kann nach der lex fori gegeben sein. Entscheidend ist, dass der Beklagte keinen «Vorbehalt» bezüglich der sogenannten «internationalen» Zuständigkeit der Gerichte des Urteilsstaates macht, da diese Zuständigkeit nicht auf der internen Gesetzgebung dieses Staates (lex fori) beruht, sondern auf dem Abkommen selbst, nämlich auf dessen Artikel 2. So wird der Beklagte einen «Vorbehalt» im Sinne des Abkommens anbringen, wenn er vor der Einlassung auf den Rechtsstreit zu erkennen gibt, dass er sich dem Verfahren nur für den Urteilsstaat unterwerfe, sich jedoch der Urteilsvollstreckung im ändern Staat widersetzen werde. Das kann er tatsächlich mit Erfolg tun, «wenn die Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in welchem die Entscheidung gefällt wurde», im Sinne von Artikel l, Absatz l, Ziffer 2, und von Artikel 2 nicht begründet ist.

Das Abkommen mit Liechtenstein weicht allerdings insofern von der Regelung unserer übrigen Vollstreckungsverträge ab, als es die Gültigkeit der stillschweigenden Prorogation noch von einer ändern Voraussetzung abhängig macht. Auf Wunsch der liechtensteinischen Unterhändler wurde Ziffer 9 durch eine Einschränkung ergänzt, die sich gerade auf den Fall bezieht, in dem sich der Beklagte ohne «Vorbehalt» auf den Rechtsstreit eingelassen hat. Verlangt wird nämlich, dass der Beklagte « vom Richter über die Möglichkeit eines solchen Vorbehaltes belehrt wurde». Die Unterhändler des Fürstentums machten geltend, dass der mit Ziffer 8 für die ausdrückliche Prorogation angestrebte Schutz der «kleinen Leute» bei der stillschweigenden Prorogation ohne diese Einschränkung nicht gewährleistet wäre. Es könnte vorkommen, dass sich sogar ein im Handelsregister eingetragener Beklagter ohne «Vorbehalt» auf die Streitsache eingelassen habe, einfach weil er von dieser Möglichkeit keine Kenntnis hatte.

Eine Gerichtsstandsprorogation auf eine
derartige Rechtsunkenntnis zu stützen, wäre aber unbillig. Unsere Unterhändler glaubten, sich dieser Betrachtungsweise anschliessen zu können. Sie anerkannten, dass die vorbehaltlose Einlassung des Beklagten auf den Rechtsstreit nur dann schlüssig sein soll, wenn feststeht, dass der Richter den Beklagten «über die Möglichkeit eines solchen Vorbehaltes belehrt» hat.

Die Bestimmung von Ziffer 9 setzt natürlich voraus, dass sie dem Richter selbst bekannt ist und dass dieser sie tatsächlich anwendet. Ferner muss der Nachweis, dass er sie angewendet - d.h. den Beklagten «belehrt» hat -, der Behörde, die über ein Urteilsvollstreckungsgesuch zu entscheiden hat, leicht zugänglich sein.

Damit die Richter unseres Landes von dieser Besonderheit des Abkommens mit Liechtenstein Kenntnis erhalten, und die Anwendung der Ziffer 9 von Artikel 2, Absatz l, gewährleistet ist, beabsichtigt unser Justiz- und Polizeidepartement, die Kantonsregierungen - nach Genehmigung des Abkommens durch die Räte -

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mit Kreisschreiben einzuladen, die kantonalen Gerichtsbehörden entsprechend zu informieren.

Absatz 2 von Artikel 2, von dem bei der Erläuterung von Ziffer 8 bereits die Rede war, wurde fast unverändert aus dem schweizerisch-belgischen Abkommen übernommen. Er behält die Fälle vor, in denen das Recht des Staates, in welchem das Urteil geltend gemacht wird, diesem oder einem ändern Staat für das den Streitgegenstand betreffende Sachgebiet die ausschliessliche Gerichtsbarkeit einräumt. Dieser Vorbehalt zugunsten der Fälle ausschliesslicher Gerichtszuständigkeit drängt sich auf, wenn der Staat, der seine eigenen Gerichte in gewissen Materien (z.B. Personenstands-, Familienrechts- oder Versicherungsrechtssachen) für ausschliesslich zuständig erachtet, nicht gezwungen sein soll, im ändern Staat ergangene Entscheidungen anzuerkennen, welche die im Abkommen vorgesehenen speziellen Anerkennungsvoraussetzungen erfüllen würden.

Die Artikel 3 bis 6 betreffen das Verfahren zur Anerkennung und Vollstrekkung der in einem der beiden Staaten ergangenen Entscheidungen, welche die in den zwei ersten Artikeln des Abkommens vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen. Diese fast unverändert aus den Abkommen mit Belgien und Österreich übernommenen Bestimmungen bedürfen keiner Erläuterung.

Gemäss Artikel 7 ist das Abkommen auch auf Schiedssprüche sowie auf gerichtliche oder vor Schiedsgerichten abgeschlossene Vergleiche anwendbar.

Diese Schiedssprüche und Vergleiche werden weitgehend den gerichtlichen Entscheidungen gleichgestellt, denn ihre Anerkennung und Vollstreckung unterliegt - soweit es ihre Eigenart zulässt - denselben Voraussetzungen wie die Urteile. Die Fassung von Artikel 7 unterscheidet sich von der entsprechenden Bestimmung des schweizerisch-österreichischen Abkommens nur insofern, als Absatz l durch einen zweiten Satz ergänzt wurde, wonach die Ziffern 7 und 8 von Artikel 2, Absatz l - unter Vorbehalt der in Absatz 2 von Artikel 2 vorgesehenen ausschliesslichen Gerichtszuständigkeit - sinngemäss auf den Schiedsvertrag (Schiedsabrede oder Schiedsklausel) anwendbar sind. Diese Ergänzung war erforderlich, weil der schon zitierte Artikel 53 a der «Jurisdiktionsnorm» gemäss seinem Absatz 2 sich auch auf «Vereinbarungen auf ein im Ausland tätig werdendes Schiedsgericht» bezieht. Ohne einen solchen Zusatz hätte man
über die Anwendung der Ziffern 7 und 8 auf Schiedsabreden und Schiedsklauseln im Zweifel sein können, denn diese Bestimmungen beziehen sich hauptsächlich auf Gerichtsstandsvereinbarungen und Gerichtsstandsklauseln. Es hätte dann vorkommen können, dass sich Liechtenstein geweigert hätte, einen in der Schweiz von einem Schiedsgericht gefällten Schiedsspruch zu vollstrecken, wenn dieses Gericht seine Zuständigkeit auf eine Schiedsabrede oder eine Schiedsklausel gestützt hätte, die entgegen den Erfordernissen des Artikels 53 a nicht öffentlich beurkundet gewesen wäre. Dank der Ergänzung ist nun jede Zweideutigkeit ausgeschlossen und Gewähr dafür geboten, dass gemäss Ziffer 7 von Artikel 2, Abs. l für jeden Schiedsvertrag zwischen schweizerischen und liechtensteinischen Kauf leuten die einfache schriftliche Form genügt. Wenn für die Fälle der Ziffer 8 die öffentliche Beurkundung verlangt wird, so wiegt der Nachteil nicht schwer ; denn es kommt nicht hau-

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fig vor, dass ein Schiedsverfahren zwischen Nichtkaufleuten oder zwischen Parteien, von denen nur die eine im Handelsregister eingetragen ist, vereinbart wird.

Der Vorbehalt der «ausschliesslichen Gerichtszuständigkeit», von dem in der Zusatzbestimmung die Rede ist, betrifft alle jene Fälle, in denen das interne Recht jedes der beiden Staaten ein Schieds- oder Vergleichsverfahren verbietet.

Bereits im Zusammenhang mit Artikel 2 haben wir erwähnt, dass es die Unterhändler des Fürstentums ablehnten, im Abkommen für familienrechtliche Unterhaltsansprüche die Zuständigkeit des Gerichtsstands des Klägers (forum actoris) zuzulassen. Wohl um die auf schweizerischer Seite zum Ausdruck gebrachte Enttäuschung zu mildern, haben sie sich anderseits der Aufnahme einer Bestimmung über die Vollstreckung von «in einem der beiden Staaten vor Gericht oder einer zur Anordnung und Beaufsichtigung einer Vormundschaft berufenen Verwaltungsbehörde» abgeschlossenen Unterhaltsvergleichen nicht widersetzt. Davon handelt Artikel 8. Solche Vergleiche werden, «ungeachtet der Staatsangehörigkeit der Parteien, im ändern Staat vollstreckt, wenn sie den Vorschriften der vorstehenden Artikel, soweit diese Anwendung finden können, genügen». Diese in Vaduz «in der Hitze des Gefechts» etwas eilig redigierte Vertragsbestimmung dürfte in der Praxis allerdings einige Auslegungsfragen aufwerfen ; so wird man sich fragen müssen, welche der ordentlicherweise für gerichtliche Entscheide bestimmten Vorschriften «der vorstehenden Artikel» auf diese Art von gerichtlichen (vor einem Gericht geschlossenen) und aussergerichtlichen (vor einer administrativen Vormundschaftsbehörde geschlossenen) Vergleichen überhaupt anwendbar sein können. Der vertragliche Charakter dieser Vergleiche dürfte die Anwendbarkeit gewisser Vorschriften des Abkommens - z. B. Ziffer l des Artikels 2, Absatz l, betreffend den Wohnsitz des «Beklagten» - als zweifelhaft erscheinen lassen. Im Streitfall wird es Sache der Rechtsprechung sein, diese Auslegungsfragen zu beantworten.

Der praktische Wert des Artikels 8 steht gleichwohl ausser Frage. Dank dem Umstand, dass die Staatsangehörigkeit der an einem Unterhaltsvergleich Beteiligten keine Rolle spielt, wird das Abkommen namentlich die Vollstreckung mancher in Vaterschaftsachen vor den Vormundschaftsbehörden abgeschlossener
Vergleiche ermöglichen.

Artikel 9, Absatz l, regelt die Frage der Rechtshängigkeit, indem er die Voraussetzungen näher umschreibt, unter denen ein Gericht die Durchführung eines bei ihm anhängig gemachten Verfahrens, das schon bei einem Gericht des ändern Staates hängig ist, von Amtes wegen abzulehnen hat.

Das Gericht, das gestützt auf Absatz l die Beurteilung eines Rechtsstreites ablehnt, darf sich jedoch nicht weigern, auf Antrag die vorläufigen oder sichernden Massnahmen, die in seinem Amtsbereich getroffen werden sollten, selber anzuordnen. Absatz 2 bestimmt nämlich, dass solche Massnahmen «bei den Behörden eines jeden der beiden Staaten nachgesucht werden » können, « gleichgültig, welches Gericht sich mit der Hauptsache befasst».

Mit der Vorschrift, dass das Abkommen « die Bestimmungen zwischenstaatlicher Übereinkommen, an denen beide Staaten beteiligt sind», nicht berührt, hat Artikel 10 vor allem Artikel 56 der internationalen Übereinkommen über den

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Eisenbahnfrachtverkehr (CIM, AS 1964, 1011) und den Eisenbahn-, Personenund Gepäckverkehr (CIV, AS 1964,1082) im Auge.

Die Artikel 11,12 und 13 verstehen sich von selbst.

Auf Wunsch von Liechtenstein wurde in Artikel 14 des Abkommens für den Fall, dass Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung oder die Anwendung des Abkommens entstehen sollten, die nicht auf dem Wege diplomatischer Verhandlungen bereinigt werden könnten, ein Vergleichs- und Schiedsverfahren vorgesehen.

Zwar sind sowohl die Schweiz als auch das Fürstentum Liechtenstein dem Statut des Internationalen Gerichtshofes beigetreten und haben dessen obligatorische Gerichtsbarkeit gemäss Artikel 36 des Statuts (AS 7959,286 und 294) anerkannt. Doch rechtfertigt sich das in Artikel 14 des Abkommens vorgesehene Verfangen, das einfacher und billiger ist als jenes vor dem Internationalen Gerichtshof, schon im Hinblick auf die besonders engen Beziehungen zwischen den beiden Vertragsstaaten.

Artikel 15 regelt das Ratifikationsverfahren, das Inkrafttreten und die Kündigung des Abkommens.

Da das Abkommen jederzeit kündbar ist, unterliegt der Bundesbeschluss, dessen Entwurf wir Ihnen unterbreiten, nicht dem Staatsvertragsreferendum gemäss Artikel 89, Absatz 4, der Bundesverfassung. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung des Abkommens beruht auf den Artikeln 8 und 85, Ziffer 5, der Verfassung.

Der heute zwischen der Schweiz und Liechtenstein bestehende vertragslose Zustand auf dem Gebiete der Vollstreckung von Zivilurteilen wirkt sich in mancher Hinsicht nachteilig aus. So können schweizerische Zivilurteile im Fürstentum nur selten vollstreckt werden; die Fälle, in denen ein liechtensteinisches Urteil in der Schweiz vollstreckt wird, sind ebenso selten. Dem ist so,
Übrigens hat der Kanton Luzern im Jahre 1926 mit Liechtenstein eine Gegenrechtserklärung über die Vollstreckung von Zivilurteilen ausgetauscht (siehe Burckhardt, Schweizerisches Bundesrecht, Bd. IV, Nr. 1657). Aber auch diese Erklärung hindert das Fürstentum nicht, auf Grund seines ordre public die Vollstreckung eines von einem luzernischen Gericht gefällten Urteils zu verweigern, wenn dessen Zuständigkeit auf einer Gerichtsstandsvereinbarung beruht, die den Formerfordernissen des liechtensteinischen Rechts nicht genügt.

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Das Abkommen, das wir Ihnen zur Genehmigung unterbreiten, würde, wenn auch nicht alle, so doch viele der gegenwartig auf dem Gebiete der Urteilsvollstreckung bestehenden Schwierigkeiten beseitigen. Insbesondere brächte es für die Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und Liechtenstein einen bedeutsamen Fortschritt. Wir empfehlen Ihnen deshalb, das Abkommen durch Annahme des beiliegenden Beschlussentwurfes zu genehmigen.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 13. November 1968.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der Bundespräsident : Spühler Der Bundeskanzler : Huber

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(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen in Zivilsachen Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 8 und 85, Ziffer 5, der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 13. November 1968, beschliesst: Einziger Artikel Das am 25. April 1968 unterzeichnete Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen in Zivilsachen wird genehmigt.

Der Bundesrat wird ermächtigt, das Abkommen zu ratifizieren.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

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1968

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22.11.1968

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10 044 153

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