Zweckmässigkeit der Bevölkerungsszenarien des Bundesamtes für Statistik Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 8. Februar 2018

2018-3618

1969

Herausgegriffen

über

60

Personen von Bund, Kantonen und Dritten haben sich am Erarbeitungsprozess der Szenarien 2015 beteiligt.

um

40%

wurde die Migration seit dem Jahr 2000 in den Szenarien vom BFS in jedem Jahr durchschnittlich unterschätzt.

17 Kantone erarbeiten unabhängig vom BFS eigene Bevölkerungsszenarien.

Genauigkeit

Das BFS hat die Bevölkerungsentwicklung und speziell die Zuwanderung seit dem Jahr 2000 mehrheitlich unterschätzt.

Einbezug

Allgemein ist der Erarbeitungsprozess der Szenarien vom BFS als angemessen zu beurteilen, der Einbezug der Kantone ist jedoch gering.

Angemessenheit

Die kantonalen Szenarien des BFS sind für die Kantone nur bedingt verwendbar, dennoch haben die Kantone diese in ihren Richtplänen zu berücksichtigen.

______________________________________________

1970

Das Wichtigste in Kürze Die Szenarien der Bevölkerungsentwicklung des Bundesamtes für Statistik (BFS) sind trotz einer gewissen Ungenauigkeit mehrheitlich angemessen. Die zuständige Sektion Demografie und Migration im BFS verfügt über den nötigen Spielraum, um die Szenarien in fachlich unabhängiger Weise zu erstellen. Nur eine Minderheit der Kantone nutzt die kantonalen Szenarien des BFS, da sie als zu ungenau eingestuft werden und nicht die nötige Feingliederung aufweisen.

Szenarien der Bevölkerungsentwicklung sind in verschiedenen Bereichen der Politik elementare Planungsgrundlagen. Das BFS erstellt drei unterschiedliche Szenarien der Bevölkerungsentwicklung für die gesamte Schweiz und für jeden Kanton. Das mittlere Szenario basiert auf einer ausgewogenen Einschätzung der Entwicklung, während das hohe von einem stärkeren Wachstum und das tiefe von einer Drosselung des Wachstums ausgeht. Die regelmässige Erneuerung dieser Szenarien und die oft schon nach kurzer Zeit das hohe Szenario überschreitende reale Bevölkerungsentwicklung lassen an der Güte der Szenarien zweifeln. Deshalb beauftragten die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) im Januar 2016 mit einer Evaluation der Zweckmässigkeit der Bevölkerungsszenarien des BFS.

An ihrer Sitzung vom 18. November 2016 hat die zuständige Subkommission EDI/ UVEK der GPK des Ständerates entschieden, dass die Evaluation insbesondere die Zweckmässigkeit der Bevölkerungsszenarien und deren Erarbeitungsprozess sowie die Genauigkeit früherer Szenarien des BFS untersuchen soll.

Für die Evaluation hat die PVK einen statistischen Vergleich nationaler sowie kantonaler Bevölkerungsszenarien des BFS mit der realen Bevölkerungsentwicklung durchgeführt. Weiter hat sie die durchschnittliche jährliche Abweichung der Bevölkerungsszenarien von Deutschland, Liechtenstein, Norwegen und Österreich erhoben und mit jener des BFS verglichen. Sie hat zudem Gespräche mit knapp 60 Personen ­ vorwiegend mit Expertinnen und Experten, Mitarbeitenden von ausgewählten Bundesämter und von Kantonen sowie mit Dritten ­ geführt und die relevanten Dokumente analysiert.

Trotz Abweichungen adäquate Methode zur Schätzung der Migration Die Entwicklung der Bevölkerung wurde in den Szenarien des BFS seit der Jahrtausendwende
meist unterschätzt, wozu die Unterschätzung der Migration massgeblich beitrug. Nach wenigen Jahren hatte die reale Bevölkerungsentwicklung das höchste Szenario meist überschritten. Die Schätzung der zukünftigen Migration erwies sich auch in den Vergleichsländern als zentrale Herausforderung bei der Erarbeitung von Bevölkerungsszenarien. Das BFS hat 2015 mittels einer schriftlichen Befragung Expertinnen und Experten sowie Mitarbeitende der Bundesämter früher als bei den vorherigen Szenarien in den Erarbeitungsprozess einbezogen, damit diese ihre Einschätzung der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung anbringen konnten. Die befragten Akteure stufen diesen Prozess als angemessen ein und bezeichnen die

1971

verwendete Berechnungsmethode als adäquat und die letztlich vom BFS gewählten Hypothesen als grundsätzlich plausibel.

Unabhängige Entscheidung beim BFS Obwohl die Unabhängigkeit des BFS gesetzlich festgelegt ist, war es in der Vergangenheit regelmässig der Kritik ausgesetzt, die Bevölkerungsentwicklung und dabei speziell die Migration aufgrund politischer Einflussnahme systematisch zu unterschätzen. So würden gewisse Bundesämter mit der Unterstützung des Bundesrates die Zuwanderung in den Szenarien auf einem akzeptablen Niveau festlegen oder habe das BFS die Annahmen der Migration in vorauseilendem Gehorsam tief angesetzt. Die von der PVK konsultierten Expertinnen und Experten erachteten die Arbeit des BFS im Rahmen der Szenarien 2015 hingegen als faktenbasiert und neutral. Dies konnte auch auf Basis einer Dokumentenanalyse festgestellt werden.

Zumindest für die Szenarien 2015 kann die Anschuldigung einer nicht unabhängigen Erarbeitung der Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung widerlegt werden.

Bundesämter verwenden mittleres Szenario mit wenig Reflektion Bundesämter, welche die nationalen Bevölkerungsszenarien des BFS bei der Erfüllung ihrer Aufgaben beiziehen, verwenden fast ausschliesslich das mittlere Szenario.

Der Grund liegt darin, dass dieses Szenario von den befragten Akteuren als das ausgewogenste erachtet wird; zudem müsse ein Amt die Wahl des hohen oder tiefen Szenarios speziell begründen. Vereinzelt wird das mittlere Szenario jedoch auch aus Gewohnheit und mit wenig Reflektion gewählt. Wird von den Nutzenden standardmässig das mittlere Szenario verwendet, stellt sich die Frage nach der Relevanz von mehreren Szenarien. Die festgestellten Abweichungen der Szenarien im Vergleich zur realen Bevölkerungsentwicklung verdeutlichen die Wichtigkeit des Einbezugs mehrerer Szenarien durch die Nutzenden. Um diesen Unsicherheiten gerecht zu werden, empfiehlt auch das BFS, wenn möglich mehrere Szenarien zu berücksichtigen.

Kantonale Bevölkerungsszenarien des BFS nur bedingt angemessen Während die nationalen Szenarien des BFS fast durchwegs als angemessen eingestuft werden können, zeigt sich bei den kantonalen Szenarien ein anderes Bild. Die Kantone erarbeiten mehrheitlich ihre eigenen Szenarien.

Aus zwei Gründen sind die kantonalen Szenarien des BFS für die Kantone nur beschränkt angemessen. Einerseits
fliessen kantonale Eigenheiten nur in geringem Masse in die Entwicklung dieser Szenarien mit ein, wodurch diese Szenarien speziell für kleine Kantone zu ungenau seien. Andererseits stellt das BFS keine Daten für Bezirke oder Gemeinden zur Verfügung, was eines der zentralen Bedürfnisse für die Kantone bei der Nutzung von Szenarien (z. B. für die Raumplanung oder Schulplanung) ist.

1972

Während das BFS die freiwillige Nutzung der kantonalen Szenarien unterstreicht, müssen die Kantone die Szenarien seit 2014 entsprechend den Vorgaben an den kantonalen Richtplan zur Ermittlung des Bauzonenbedarfs berücksichtigen. Dies fällt bei einzelnen Kantonen auf Kritik, weil sie vom BFS bei der Erarbeitung der Szenarien nur sehr beschränkt einbezogen werden.

1973

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Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze

1971

1

Einleitung 1.1 Anlass und Fragestellungen der Evaluation 1.2 Vorgehen 1.3 Aufbau des Berichts

1976 1976 1977 1978

2

Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung des BFS 2.1 Rechtliche Grundlagen 2.2 Komponenten der Bevölkerungsentwicklung und Herausforderungen für die Szenarien 2.3 Erarbeitungsprozess und Hypothesen der Bevölkerungsszenarien 2015

1978 1978

3

Genauigkeit der Bevölkerungsszenarien des BFS 3.1 Migration als Achillesferse der nationalen Szenarien des BFS 3.2 Erschwerte Schätzung der Migration für Kantone

1982 1983 1987

4

Angemessenheit des Erarbeitungsprozesses der Szenarien 4.1 Einbezug von Expertenwissen, von Bundesämtern sowie Kantonen 4.1.1 Einbezug von Expertenwissen und Bundesämtern adäquat 4.1.2 Bedingter Einbezug der Kantone 4.2 Plausible Hypothesen und adäquate Methodik 4.3 Unabhängige Entscheide des BFS über die Szenarien

1989

Angemessenheit der Szenarien des BFS 5.1 Angemessenes Konzept der Bevölkerungsszenarien 5.2 Nutzung der nationalen Szenarien durch die Bundesämter ausgeprägt, aber nur beschränkt durch Dritte 5.3 Bedingte Nutzung der kantonalen Szenarien des BFS 5.4 Eigene Szenarien der Kantone

1996 1996

Schlussfolgerungen 6.1 Trotz Abweichungen adäquates Vorgehen des BFS bei der Schätzung der Migration 6.2 Unabhängige Entscheide des BFS über die Hypothesen der Bevölkerungsentwicklung 6.3 Bundesämter verwenden mittleres Szenario als Prognose 6.4 Kantonale Bevölkerungsszenarien des BFS sind nur bedingt angemessen

2002

5

6

1979 1981

1990 1990 1991 1992 1994

1997 2000 2001

2002 2003 2004 2004

Abkürzungsverzeichnis

2006

Literatur und Dokumentenverzeichnis

2007

1974

BBl 2019

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner

2008

Anhang 1: Vorgehensweise der Evaluation

2011

Anhang 2: Erarbeitung von Szenarien in der Schweiz und in den vier Vergleichsländern

2012

Impressum

2014

1975

BBl 2019

Bericht 1

Einleitung

1.1

Anlass und Fragestellungen der Evaluation

Szenarien der Bevölkerungsentwicklung sind in verschiedenen Bereichen der Politik, beispielsweise in der Raumplanung und den Sozialversicherungen, elementare Planungsgrundlagen. Das Bundesamt für Statistik (BFS) erstellt drei Entwicklungsszenarien. Das mittlere Szenario (auch Referenzszenario) beschreibt die plausibelste Entwicklung ­ die aktuellen Berechnungen aus dem Jahr 2015 schätzen eine Bevölkerungsgrösse von rund 10,2 Mio. für 2045 ­, während das hohe Szenario von einem stärkeren Wachstum (2045: 11 Mio.) und das tiefe Szenario von einer Drosselung des Wachstums ausgeht (2045: 9,4 Mio.). Basierend auf den Bevölkerungsszenarien bereiten Bundesämter ­ aber auch Kantone und Dritte ­ Entscheide von grosser Tragweite vor.

Die regelmässige Erneuerung der Bevölkerungsszenarien in der Schweiz und die oft nach wenigen Jahren festzustellenden Abweichungen der Szenarien gegenüber der realen Bevölkerungsentwicklung, lassen an deren Güte zweifeln.1 Verschiedentlich wurde die Vermutung geäussert, diese Unterschätzung entspreche einem politischen Willen.2 Von einzelnen Kantonen ist die Kritik zu vernehmen, dass die vom BFS erstellten kantonalen Bevölkerungsszenarien zu stark an der nationalen Entwicklung orientiert seien und kantonsspezifische Aspekte zu wenig einbeziehen würden. Auch sei eine Plausibilisierung durch die Kantone nicht vorgesehen. Aus diesem Grund seien die Abweichungen der kantonalen Szenarien von der realen Entwicklung nach kurzer Zeit noch grösser als jene bei den nationalen Szenarien. Deshalb erstellen einige Kantone eigene Szenarien; diese weichen in unterschiedlichem Masse von den Zahlen des BFS ab.3 Gleichzeitig wurde moniert, dass die Bundesämter sich im Rahmen ihrer Arbeit praktisch ausschliesslich auf das mittlere Szenario berufen würden, was an der Angemessenheit von drei Szenarien zweifeln lasse.

Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) haben an ihrer Sitzung vom 28. Januar 2016 entschieden, die PVK mit einer Evaluation der Bevölkerungsszenarien des BFS zu beauftragen. Ursprünglich war im Mandat der GPK vorgesehen, mit der Evaluation die Verwendung der Bevölkerungsszenarien in den Bundesämtern zu untersuchen. Im Rahmen erster Abklärungen hat sich indes gezeigt, dass sich ein Bericht zur Beantwortung des Postulats Schneider-Schneiter hinsichtlich einer Demografiestrategie in Erarbeitung befindet.4 Deshalb wurde der 1

2 3 4

Siehe z. B. Tagesanzeiger Datenblog, Wieder muss das BFS seine Bevölkerungsprognose drastisch anpassen, 3. Juni 2015, http://blog.tagesanzeiger.ch/datenblog/ index.php/9045/das-bfs-verschaetzt-sich-bei-bevoelkerungsprognosen-immer-deutlich (Stand: 4. Okt. 2017).

Pourquoi Berne a refusé de voir la vague migratoire. In: Le Temps, 26. Jan. 2014.

In der Statistikfalle. In: Berner Oberländer, 16. Mai 2012.

Schweizerischer Bundesrat (2016): Demografischer Wandel in der Schweiz: Handlungsfelder auf Bundesebene. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 13.3697 Schneider-Schneiter, 9. Dez. 2016.

1976

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Fokus der Evaluation angepasst. Die für die Evaluation zuständige Subkommission EDI/UVEK des Ständerates (GPK-S) hat am 18. November 2016 anhand einer Projektskizze der PVK entschieden, dass folgende Fragestellungen untersucht werden sollen: 1.

Ist die Genauigkeit der nationalen und der kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS angemessen?

2.

Ist der Erarbeitungsprozess der nationalen und der kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS geeignet?

3.

Sind die nationalen und die kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS angemessen?

1.2

Vorgehen

Zur Beantwortung der Fragestellung der Genauigkeit führte die PVK einen statistischen Vergleich der Bevölkerungsszenarien des BFS (2000, 2005, 2010) mit der realen Bevölkerungsentwicklung durch.5 Zudem hat sie die durchschnittlichen Abweichungen von ausländischen Bevölkerungsszenarien (Deutschland, Liechtenstein, Norwegen und Österreich) erhoben und mit jenen des BFS verglichen. Berücksichtigt wurden die nach dem Jahr 2000 publizierten Szenarien und die jeweils ersten sechs Jahre der drei Szenarien6. In der vorliegenden Evaluation wird die Genauigkeit der Szenarien des BFS für eine kürzere Zeitdauer bewertet. Inwiefern die Szenarien am Ende ihres Zeithorizonts ­ beispielsweise nach 50 Jahren ­ mit der realen Bevölkerungsentwicklung übereinstimmen, kann hier nicht beurteilt werden.

Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Erarbeitungsprozesses wie auch der Angemessenheit der Szenarien stützt sich die Evaluation auf die Analyse von Dokumenten und auf Gespräche mit verschiedenen Akteuren. Im Rahmen der Dokumentenanalyse hat die PVK vom BFS sämtliche Protokolle und Präsentationen eingefordert, die den Erarbeitungsprozess der Szenarien aus dem Jahr 2015 betrafen. Die PVK befragte im Zeitraum von März bis Juni 2017 im Rahmen von 30 Gesprächen insgesamt 60 Personen, insbesondere auch Exponenten des BFS.7 Zudem hat sie aufgrund verschiedener Kriterien (Departement, Teilnahme in der Begleitgruppe des BFS) die folgenden sechs Verwaltungseinheiten des Bundes für Gruppengespräche ausgewählt: Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV), Bundesamt für Raumentwicklung (ARE), Staatssekretariat für Migration (SEM), Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV), Bundeskanzlei (BK), Führungsstab der Armee (FST A). Ziel der 5 6

7

Vgl. Anhang 1: Vorgehensweise der Evaluation.

Der Beobachtungszeitrum wurde vereinheitlicht, damit aufgrund der unterschiedlichen Zeitdauer früherer Szenarien keine Verzerrungen entstehen.

In Deutschland, Österreich und Norwegen existieren mehr als drei Szenarien. Es wurde jeweils das Referenzszenario plus je das gebräuchlichste hohe und tiefe Szenario gewählt.

Die Szenarienproduktion von Eurostat, dem Statistischen Amt der Europäischen Union, konnte nicht wie ursprünglich geplant einbezogen werden, da die früheren Szenarien nicht erhältlich sind. Ebenso wurden die Daten der UNO aus methodischen Gründen nicht in den Vergleich aufgenommen, da diese nur in Fünfjahresschritten ausgewiesen werden und daher ein Blick auf die ersten sechs Jahre nicht möglich ist.

Vgl. Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner.

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Gruppengespräche war es, möglichst alle Sichtweisen aus einem Bundesamt hinsichtlich der Erarbeitung und der Angemessenheit der Szenarien abzudecken.

Die PVK hat aufgrund unterschiedlicher Kriterien (Sprachregion, Grösse, Aktivität in der Konsultation und die Erarbeitung eigener Szenarien) ebenfalls Kantone für Gruppengespräche ausgewählt: Freiburg, Genf, Solothurn, Uri, Zug und Zürich. Ziel war es, mit möglichst allen Akteuren, die in diesen Kantonen in irgendeiner Form mit Bevölkerungsszenarien arbeiten, ein Gespräch zu führen.

Zusätzlich hat die PVK ausgewählte Expertinnen und Experten aus den Bereichen Mortalität/Fertilität sowie Migration befragt, die am Erarbeitungsprozess beteiligt waren. Ebenso wurden Dritte (Avenir Suisse, Economiesuisse, SBB, Santésuisse, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Schweizerische Nationalbank, Schweizerischer Pensionskassenverband) einbezogen, welche Bevölkerungsszenarien ebenfalls nutzen könnten.

Eine Literaturanalyse (Länder-Manuals und wissenschaftliche Artikel über die Art und Weise, wie die Szenarien erstellt werden) und Gespräche mit Personen der statistischen Ämter der vier Vergleichsländer ermöglichten eine Beurteilung des Erarbeitungsprozesses sowie der Nutzung der Szenarien in einer internationalen Perspektive.

Das BFS hat im Oktober 2017 zu einem Entwurf des vorliegenden Berichts Stellung genommen.

1.3

Aufbau des Berichts

Der Bericht stellt im folgenden Kapitel die Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung des BFS kurz vor, indem zunächst die rechtlichen Grundlagen und darauf die Komponenten der Bevölkerungsentwicklung sowie der Erarbeitungsprozess beschrieben werden, bevor kurz auf die Szenarien aus dem Jahr 2015 eingegangen wird. Danach folgen drei Kapitel, die jeweils der Beantwortung einer der drei Fragestellungen gewidmet sind: Das dritte Kapitel beurteilt die Genauigkeit der nationalen sowie kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS, das vierte Kapitel setzt sich mit dem Erarbeitungsprozess der Szenarien auseinander und im fünften Kapitel wird die Angemessenheit der Szenarien bewertet. Im sechsten Kapitel werden die Schlussfolgerungen gezogen.

2

Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung des BFS

2.1

Rechtliche Grundlagen

Mit den Bevölkerungsszenarien des BFS wird die zukünftige Entwicklung der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz geschätzt. Seit 1984 erstellt das BFS im Auftrag des Bundesrates und in Zusammenarbeit mit anderen Bundesstellen periodisch Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz. Mit den im Juni 2015 veröffentlichten Szenarien 2015­2045 (BFS 2015) liegt nun die siebte Serie der Bevölkerungsszenarien vor. Seit 2002 publiziert das BFS im Anschluss an die 1978

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nationalen Szenarien auch Szenarien für die Kantone. Die kantonalen Szenarien des BFS werden aus den nationalen abgeleitet. Die erstellten Szenarien sind als Dienstleistung für die Bundesämter, die Kantone, die Wirtschaft und die breite Öffentlichkeit zu verstehen.

Im Rahmen der Legislaturplanung wird für jede Legislaturperiode ein Mehrjahresprogramm erstellt. Dieses gibt u. a. über die wichtigsten statistischen Arbeiten der Bundesstatistik Auskunft (Art. 9. Abs. 1 und 2 Bst. a des Bundesstatistikgesetzes, BstatG8). Das statistische Mehrjahresprogramm des Bundes 2016­2019 hält u. a.

fest, dass Szenarien der Bevölkerungsentwicklung erstellt werden (Bundesamt für Statistik 2016, S. 19). Das BstatG bezeichnet in Artikel 3 Absatz 1 und in Artikel 10 Absatz 1 das BFS für die Erstellung der Szenarien der Bevölkerungsentwicklung in fachlich unabhängiger Weise als zuständig.

2.2

Komponenten der Bevölkerungsentwicklung und Herausforderungen für die Szenarien

Szenarien sind Beschreibungen möglicher zukünftiger Entwicklungen. Sie basieren primär auf qualitativen Einschätzungen, wobei insbesondere Faktoren einbezogen werden können, die datenmässig wenig belegbar und quantitativ kaum messbar sind.

Es handelt sich um ein argumentatives Verfahren. Diese verschiedenen Möglichkeiten basieren auf demografischen Hypothesen einzelner Komponenten und bilden letztlich eine Bandbreite plausibler zukünftiger Entwicklungen. Gegenüber dieser differenzierten Zukunftsbeschreibung bildet eine Prognose ­ basierend auf einer Modellrechnung ­ eine möglichst genaue zukünftige Entwicklung ab. Exemplarisch dafür stehen Wetterprognosen, bei welchen die Treffsicherheit das zentrale Qualitätsmerkmal darstellt. Szenarien haben daher die Aufgabe, Verständnis für Zusammenhänge, Prozesse und entscheidungsrelevante Momente zu schaffen und damit die Befähigung zu zukunftsgerechten Handlungen zu vermitteln und nicht primär die Richtigkeit im Sinne von Eintreffwahrscheinlichkeit anzustreben.

Die Referenzbevölkerung der Bevölkerungsstatistik ist die sogenannte ständige Wohnbevölkerung. Diese umfasst nach Artikel 2 Buchstabe d der Volkszählungsverordnung9 alle schweizerischen Staatsangehörigen mit einem Hauptwohnsitz in der Schweiz sowie alle ausländischen Staatsangehörigen mit einer Anwesenheitsbewilligung für mindestens 12 Monate oder ab einem Aufenthalt von 12 Monaten in der Schweiz. Diese Definition entspricht den internationalen Empfehlungen für Bevölkerungsstatistiken, wie sie beispielsweise auch von Eurostat verwendet wird.

Die Veränderung des Bevölkerungsstandes basiert auf folgenden Komponenten, wie auch in Abbildung 1 dargestellt:

8 9

­

Geburtenüberschuss (Differenz zwischen Todesfällen und Geburten in der Schweiz);

­

Migrationssaldo (Differenz zwischen Ein- und Auswanderungen).

Bundesstatistikgesetz vom 9. Okt. 1992 (BstatG, SR 431.01).

Verordnung vom 19. Dez. 2008 über die eidgenössische Volkszählung (SR 431.112.1).

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Abbildung 1 Komponenten der Bevölkerungsentwicklung (vereinfacht) Einwanderung

Todesfall

Geburt

Bevölkerung zu Jahresbeginn

Bevölkerung am Jahresende

Auswanderung

Im Rahmen der Erstellung von Bevölkerungsszenarien gilt es diese Komponenten zu schätzen, wobei beispielsweise eine Rolle spielt, in welchem Alter Frauen Kinder bekommen, woher jemand einwandert und wie hoch die Lebenserwartung in der Schweiz ist. Der Bevölkerungsstand ist der Ausgangspunkt für Bevölkerungsszenarien und elementar für deren Genauigkeit. Hinsichtlich des Bestands kann es zu Ungenauigkeiten kommen, die von den Datenquellen stammen (Bevölkerungszählung, Register, Registrierung von Geburten und Todesfällen etc.). Fehlende oder unzureichende Datengrundlagen zwischen den Volkszählungen können zu (länderspezifischen) Ungenauigkeiten führen und auch dazu, dass Berichtigungen vorgenommen werden, sobald neue Resultate aus einer Volkszählung vorliegen.

Die Statistik der Bevölkerung und der Haushalte ist Teil des eidgenössischen Volkszählungssystems. Sie liefert Informationen zum Bestand und zur Struktur der Wohnbevölkerung am Jahresende sowie zu den Bevölkerungsbewegungen während des Kalenderjahres. Seit 2010 wird der Bestand der Bevölkerung auf der Basis der offiziellen und harmonisierten Personenregister des Bundes, der Kantone und der Gemeinden sowie den Bundesregistern der Gebäude und Wohnungen erhoben.

Szenarien sind immer mit Unsicherheiten behaftet, so auch Projektionen der Bevölkerungsentwicklung, die Zusammensetzung der Bevölkerung und ihre geographische Verteilung. Je weiter eine Projektion in die Zukunft reicht und je kleiner die Gruppe (Altersklasse, Kanton etc.), auf welche die Szenarien abzielen, desto grösser wird tendenziell die Ungenauigkeit (Reinhold/Thomsen 2014). Die in Projektionen verwendeten Annahmen bestimmen die Ergebnisse der verschiedenen Szenarien.

Die zukünftige Migration unterliegt dabei einer speziell grossen Unsicherheit.

1980

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Gleichzeitig ­ wenn auch in geringerem Mass ­ können die Fruchtbarkeit und die Sterblichkeit sich anders als erwartet entwickeln.

2.3

Erarbeitungsprozess und Hypothesen der Bevölkerungsszenarien 2015

Rund alle fünf Jahre berechnet das BFS die Bevölkerungsszenarien neu. Zwei Jahre vor der Veröffentlichung beginnt jeweils der Erarbeitungsprozess (zusammenfassend in Abbildung 2 dargestellt).

Abbildung 2 Analysemodell Fragestellungen

Akteure

Bundesamt für Statistik (BFS) Expertinnen/Experten Begleitgruppe

Erstellung Szenarien (national/kantonal)

Ist der Erarbeitungsprozess der nationalen und der kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS geeignet? Vgl. Kapitel 4

Ist die Genauigkeit der nationalen und der kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS angemessen? Vgl. Kapitel 3

Nationale und kantonale Szenarien des BFS Durch Kantone erstellte Szenarien






Bundesämter Kantone Private Wissenschaft

Nutzung der Szenarien

Sind die nationalen und die kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS angemessen?

Vgl. Kapitel 5

Bei der Erarbeitung der Szenarien 2015 hat das BFS verschiedene Expertinnen und Experten sowie eine Begleitgruppe mit Personen aus interessierten Bundesämtern zur Konsultation beigezogen. Diese setzten sich mit den vom BFS vorgeschlagenen Hypothesen zur Mortalität, Fertilität und Migration auseinander. In einem zweiten Schritt hat das BFS die kantonalen Szenarien erstellt. Dabei hat es die Kantone zur Konsultation eingeladen.

Wie Abbildung 2 zeigt, können die Szenarien nach der Veröffentlichung von den Bundesämtern, den Kantonen, der Wissenschaft und Privaten genutzt werden. Es bestehen keine offiziellen Weisungen, welche Szenarien die Bundesämter für ihre Arbeiten zu verwenden haben. Auch kommt es vor, dass Kantone eigene Bevölkerungsszenarien erstellen und sich nicht auf jene des BFS stützen.

2015 wurden vom BFS drei mögliche Szenarien der Bevölkerungsentwicklung veröffentlicht.10 10

Absatz angelehnt an BFS (2015), S. 30­32.

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­

Das Referenzszenario (A-00-2015) geht von einer robusten Wirtschaftslage und weiterhin hohen Nachfrage nach Arbeitskräften aus. Längerfristig nimmt die Zuwanderung ab, was mit der rückläufigen Erwerbsbevölkerung in den europäischen Ländern infolge der aktuell tiefen Geburtenzahl zusammenhängt. Auf familienpolitischer Ebene werden mehr Kinderkrippen und ähnliche Einrichtungen geschaffen und das Angebot an Arbeitsplätzen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf nimmt zu. Im Bereich der Gesundheit führen verschiedene Verbesserungen zu einem weiteren Rückgang der Sterblichkeit.

­

Das hohe Szenario (B-00-2015) setzt ebenfalls auf einen wirtschaftlichen Aufschwung in der Schweiz. Einige Wirtschaftsbranchen haben einen grossen Personalbedarf. Eine dynamische Familienpolitik fördert die Vereinbarkeit von Arbeit und Familie effizient und erlaubt es mehr Paaren, die gewünschte Anzahl Kinder zu haben. Die Mortalität geht weiterhin stark zurück.

­

Das tiefe Szenario (C-00-2015) geht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Situation der EU rasch verbessert und einen Wettbewerb zwischen der Schweiz und den Ländern der EU um qualifizierte Arbeitskräfte zur Folge hat. Das Wirtschaftswachstum der Schweiz wird gedrosselt. Infolge einer Verstärkung der Konkurrenz zwischen Erwerbstätigkeit und Familienleben stabilisiert sich die Geburtenhäufigkeit auf dem gegenwärtigen Niveau.

Arbeitsbedingter Stress sowie die Verschlechterung der Umweltsituation bewirken sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern eine Verlangsamung des Sterblichkeitsrückgangs.

Zusätzlich zu den Szenarien wurden in der Publikation 2015 acht Varianten des Referenzszenarios berechnet, bei denen jeweils die Hypothesen einer einzigen Komponente variieren.

3

Genauigkeit der Bevölkerungsszenarien des BFS

Zusammenfassung: Die Entwicklung der Bevölkerung wurde vom BFS seit der Jahrtausendwende meist unterschätzt. In den vier vergleichbaren Ländern Deutschland, Liechtenstein, Norwegen und Österreich zeigen sich leicht geringere Abweichungen zwischen den Szenarien und der realen Entwicklung. Dabei erweist sich in allen einbezogenen Ländern aufgrund der starken Schwankungen die Migration als Achillesferse für eine möglichst genaue Schätzung. Im Vergleich zu diesen vier Ländern weist die Schweiz den höchsten Migrationsanteil an der Gesamtbevölkerung auf, was die Schätzung zusätzlich erschwert. Bei den kantonalen Szenarien zeigt sich, dass die internationale Migration speziell für die kleinen Kantone schwierig einzuschätzen ist.

In diesem Kapitel wird zunächst die Genauigkeit der Szenarien des BFS über die Zeit beurteilt und jener der vier Vergleichsländern gegenübergestellt. Im Anschluss wird die Genauigkeit der kantonalen Szenarien des BFS analysiert.

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3.1

Migration als Achillesferse der nationalen Szenarien des BFS

Das BFS hat in den Jahren 200211, 2005 und 2010 je drei Szenarien veröffentlicht.

Abbildung 3 zeigt auf, dass das hohe Szenario der realen Bevölkerungsentwicklung jeweils am nächsten kommt. Bei den Szenarien 2002 und 2005 wird sichtbar, dass die Entwicklung des hohen Szenarios nach wenigen Jahren abflacht, während die Bevölkerung weitergewachsen ist. Für das hohe Szenario aus dem Jahr 2010 trifft dies hingegen nicht zu, und bis zum Jahr 2015 verlief dieses sehr ähnlich wie die reale Bevölkerungsentwicklung. Allgemein zeigt sich, dass die Bevölkerungszunahme bei allen Szenarien des BFS mit Ausnahme ganz weniger Jahre selbst beim hohen Szenario unterschätzt wurde.

Abbildung 3 Bevölkerungsszenarien des BFS (2002, 2005, 2010) und reale Entwicklung

Quelle: BFS

11

Die Szenarien 2002 stützen sich auf die im Jahr 2000 vom BFS ausgearbeiteten nationalen Szenarien. Zur Berücksichtigung der zwischen 2000 und 2002 beobachteten Entwicklung wurden die drei Grundszenarien für die ersten Jahre des Perspektivzeitraums aktualisiert. Danach wurden die Hypothesen unverändert übernommen (BFS 2004, 7).

1983

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Blickt man etwas genauer auf die drei Jahrgänge, so fällt auf, dass die drei Szenarien aus dem Jahr 2002 durchschnittlich die geringste Abweichung gegenüber der Bevölkerungsentwicklung aufweisen12, wie Abbildung 4 aufzeigt. Die durchschnittliche jährliche Abweichung aller Szenarien des Jahrgangs 2002 beträgt nämlich ­0,63 %, während die drei Szenarien 2010 eine durchschnittliche Abweichung von etwas über ­1 % pro Jahr erreichen. Da die Ungenauigkeit von Szenarien mit weiterem Zeithorizont tendenziell zunimmt, wurden jeweils nur die ersten sechs Jahre einbezogen.

Abbildung 4 Abweichung der Bevölkerungsszenarien des BFS

Jährliche Abweichung zur realen Bevölkerungsentwicklung für alle Szenarien der Publikationen 2002, 2005, 2010 in den jeweils ersten sechs Jahren.

Quelle: BFS

Die durchschnittliche Abweichung über alle Publikationen und Szenarien von rund ­0,9 % pro Jahr sind im Wesentlichen durch die Unterschätzung des Migrationssaldo zu erklären (vgl. Abbildung 5). Während die Geburten um 4,3 % unterschätzt und die Todesfälle um 0,5% überschätzt wurden, schlägt der Migrationssaldo mit etwas über ­40 % zu Buche. Die Abwanderung wurde mehrheitlich etwas zu gering eingestuft, jedoch unterschätzte das BFS die Zuwanderung grösstenteils so erheblich und in allen Szenarien, dass auch der Migrationssaldo einen klar negativen Wert erreicht.

12

Berechnet wurde der relative Fehler. Dieser entspricht der projektierten Bevölkerung in einem Jahr minus der beobachteten Bevölkerungszahl im Verhältnis zur beobachteten Bevölkerungszahl. Der mittlere relative Fehler entspricht dem arithmetischen Mittel der relativen Fehler bei einem beobachteten Zeitraum und stellt daher eine Grösse dar, welche die Genauigkeit über die Zeit hinweg darstellt.

1984

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Abbildung 5 Abweichung der einzelnen Komponenten

Jährliche Abweichung zur realen Bevölkerungsentwicklung für alle Szenarien der Publikationen 2002, 2005, 2010 in den jeweils ersten sechs Jahren.

Quelle: BFS

Wie Abbildung 6 zu entnehmen ist, fällt die durchschnittliche Abweichung der Szenarien gegenüber der Bevölkerungsentwicklung in den Vergleichsländern unterschiedlich aus.13 Das BFS hat die Bevölkerungsentwicklung mit einer durchschnittlichen Differenz von ­0,9 % unterschätzt, aber auch die norwegische Statistikbehörde lag in den Szenarien mit ­0,6 % zu tief. Die Behörden in Österreich und Deutschland überschätzten hingegen die reale Bevölkerungsentwicklung im Untersuchungszeitraum durchschnittlich um rund 0,4 % und jene von Liechtenstein um rund 0,5 %.

13

Die Daten früherer Szenarien der Vergleichsländer wurden übernommen, wie sie der PVK zur Verfügung gestellt wurden oder zum Download bereitstehen. Der Bevölkerungsstand der vergangenen Jahre wurde von der Website des jeweiligen statistischen Dienstes heruntergeladen. Anpassungen aufgrund von Zensusfehlern können zu Abweichungen bei der Genauigkeit der Szenarien führen, die in den Auswertungen nicht behoben sind.

Ausreisser von einer Abweichung über 1000 % in einem Jahr wurden in der Auswertung ausgeschlossen, um starke Verzerrungen zu verhindern.

1985

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Abbildung 6 Abweichung der Bevölkerungsszenarien in Vergleichsländern Schweiz (N=54)

Norwegen (N=58)

Österreich (N=126)

Deutschland (N=54)

Durchschnittliche jährliche Abweichung in %

0.6

Liechtenstein (N=18) 0.5

0.4

0.4

0.4

0.2 0.0 -0.2 -0.4 -0.6 -0.6 -0.8 -1.0

-0.9

Jährliche Abweichung zur realen Bevölkerungsentwicklung für alle Szenarien in den jeweils ersten sechs Jahren.

Quelle: BFS, Statistics Norway, Statistik Austria, DESTATIS, Amt für Statistik Liechtenstein

Die Auswertung der PVK hat gezeigt, dass in allen untersuchten Ländern die Abweichung bei der Schätzung der Migration den mit Abstand stärksten Einfluss auf die Differenz der Szenarien gegenüber der realen Entwicklung der Bevölkerung hat.

Die Zuwanderung wie auch die Abwanderung hängen von konjunkturellen und politischen Faktoren ab. Diese für die Zukunft einzuschätzen, stellt bei der Erarbeitung von Szenarien die grösste Herausforderung dar. Die Szenarien des BFS weisen im Durchschnitt über alle Publikationen und Szenarien hinweg für die Migration die grösste Abweichung auf. Dabei gilt es festzuhalten, dass der Migrationssaldo der Schweiz am Total der Bevölkerung im betrachteten Zeitraum gegenüber den Vergleichsländern am höchsten ist (siehe Anhang 2), wodurch Abweichungen der Schätzung einen stärkeren Einfluss auf die Veränderung der Bevölkerungszahl im Total haben.

Es gilt darauf hinzuweisen, dass der internationale Vergleich gewissen Einschränkungen unterworfen ist. So variieren die Gegebenheiten von Land zu Land. Beispielsweise kann sich die Migration in einem kleineren Land schneller auf die Bevölkerungszahl auswirken als in einem grösseren Land. Methodisch hat auch die Regelmässigkeit der Publikation neuer Szenarien einen Einfluss. Die norwegische Statistikbehörde hat zeitweise jährlich neue Szenarien veröffentlicht. Aufgrund des kurzen Betrachtungshorizontes (6 Jahre) können bei einer regelmässigeren Anpassung kurzfristige Änderungen aufgenommen werden, sodass die Abweichungen geringer ausfallen. Österreich aktualisiert die Szenarien ebenfalls jährlich, während die Hypothesen nur alle 3­4 Jahre überarbeitet werden. Da die Veränderung im Bevölkerungsstand hauptsächlich von der Migration abhängt, hat auch das Zuwanderungsregime eines Landes einen starken Einfluss auf die Migrationszahlen.

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3.2

Erschwerte Schätzung der Migration für Kantone

Eine fast durchgehende Unterschätzung ist auch bei den kantonalen Szenarien des BFS festzustellen. Abbildung 7 zeigt die durchschnittliche Abweichung nach Kanton pro Jahr über alle einbezogenen Publikationen und Szenarien. Die Abweichung bewegt sich zwischen ­2,1 % für den Kanton Schaffhausen und 0,8 % für den Kanton Appenzell Innerrhoden. Dieser Kanton ist einer von dreien, bei denen die Entwicklung überschätzt wurde.

Abbildung 7 Abweichung der Bevölkerungsszenarien in Kantonen

Jährliche Abweichung zur realen Bevölkerungsentwicklung für alle Szenarien der Publikationen 2002, 2005, 2010 in den jeweils ersten sechs Jahren.

Quelle: BFS

Der geringe Einfluss der Abweichungen bei den Schätzungen von Geburten wie auch von Todesfällen auf die allgemeine Unterschätzung der Bevölkerungsentwicklung bestätigt sich auch für die kantonalen Szenarien des BFS.

Die durchschnittlichen Abweichungen beim Migrationssaldo fallen bei den Kantonen ebenfalls hoch aus. Sie bewegen sich zwischen 22 % bei Appenzell Innerroden und ­64 % bei Glarus. In anderen Worten: In allen Kantonen war die internationale Zuwanderung (minus die Abwanderung) grösser als in den Szenarien angenommen.

Die durchschnittliche Abweichung der Kantone bei der Migration tendiert zum Wert der Schweiz von ­41 %. Dies gilt speziell für die bevölkerungsstarken Kantone wie Zürich, Waadt und Bern. Allgemein zeigt sich in Abbildung 8, dass bei Kantonen mit einem tiefen durchschnittlichen Migrationssaldo auch die Abweichungen vom schweizerischen Durchschnitt grösser sind.

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Abbildung 8 Abweichung der Schätzungen des Migrationssaldos der Kantone

Der Wert des Kantons AI ist aus Gründen der Leserlichkeit der Grafik ausgeklammert worden.

Er befände sich bei 47 (durchschnittlicher Migrationssaldo) / 22 % (Abweichung).

Einbezogen ist die jährliche Abweichung zur realen Entwicklung aller Szenarien ab Publikationsjahr (2002, 2005, 2010) bis und mit 2015. Ausreisser von einer Abweichung über 1000 % in einem Jahr wurden ausgeschlossen, um starke Verzerrungen zu verhindern.

Quelle: BFS

Wie bei den nationalen zeigt sich auch bei den kantonalen Szenarien des BFS eine um ein Vielfaches grössere Abweichung des Migrationssaldos als beim Total. Wie in Abbildung 9 ersichtlich, fällt die durchschnittliche Abweichung beim Binnenwanderungssaldo (zwischen den Kantonen) noch grösser aus, in positiver wie auch negativer Richtung. Während in Solothurn die Binnenwanderung in der Realität um durchschnittlich 125 % höher ausfiel als in den Szenarien angenommen, wurde der Binnenwanderungssaldo im Kanton Tessin um durchschnittlich 70 % überschätzt.

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Abbildung 9 Abweichung der Schätzungen des Binnenmigrationssaldos der Kantone

Einbezogen ist die jährliche Abweichung zur realen Entwicklung aller Szenarien ab Publikationsjahr (2002, 2005, 2010) bis und mit 2015. Ausreisser mit einer Abweichung über 1000 % in einem Jahr wurden ausgeschlossen, um starke Verzerrungen zu verhindern.

Quelle: BFS

4

Angemessenheit des Erarbeitungsprozesses der Szenarien

Zusammenfassung: Dem BFS wird von allen Seiten ein professionelles Erarbeiten der aktuellen Szenarien attestiert. Expertinnen und Experten sowie Bundesämter werden nach deren Empfinden adäquat einbezogen und die Methodik entspricht dem aktuellen Stand. Dementsprechend werden auch die Hypothesen, auf denen die Szenarien fussen, als plausibel beurteilt. Während die Bundesämter mehrfach und teilweise auch in der Expertenrunde Stellung nehmen konnten, fiel der Einbezug der Kantone geringer aus. Aufgrund der Vorgehensweise des BFS konnten die Wünsche und Kommentare der Kantone kaum berücksichtigt werden. Das BFS war bei der Wahl der Hypothesen der Szenarien 2015 letztlich frei. Die unabhängige Entscheidung wurde in der Vergangenheit verschiedentlich angezweifelt.

In diesem Kapitel wird zunächst der Einbezug der verschiedenen Akteure in den Erarbeitungsprozess behandelt. Anschliessend stehen die Methodik der Szenarien und die Plausibilität der Hypothesen im Zentrum. Schliesslich wird die Frage beantwortet, ob das BFS die Szenarien der Bevölkerungsentwicklung unabhängig erstellen kann.

1989

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Der Prozess wurde vor jeder Erarbeitung neuer Szenarien in unterschiedlichem Masse angepasst. Wenn nicht anders vermerkt, wird hier der Prozess der im Jahr 2015 veröffentlichten Szenarien des BFS beschrieben.

4.1

Einbezug von Expertenwissen, von Bundesämtern sowie Kantonen

4.1.1

Einbezug von Expertenwissen und Bundesämtern adäquat

Bei der Erarbeitung der 2015 veröffentlichten Szenarien beurteilte das BFS als erstes die vergangene Entwicklung der Bevölkerung und verglich diese mit den früheren Szenarien, um die Quellen der Abweichungen zu eruieren. Ausgehend von diesen Erkenntnissen erarbeitete das BFS mit eingeladenen externen Expertinnen und Experten verschiedene Hypothesen. Eine Expertengruppe beschäftigte sich mit der Mortalität sowie der Fertilität und eine zweite mit der Migration und dem Staatsbürgerschaftserwerb. Das Ziel bestand darin, möglichst einen Konsens über die zukünftige Entwicklung der Fruchtbarkeit, der Sterblichkeit, der Ein- und Auswanderung und des Erwerbs des Schweizer Bürgerrechts zu entwickeln.

In einem nächsten Schritt wurden die Bundesämter einbezogen. Die Departemente delegierten bei Interesse die aus ihrer Sicht kompetenten Personen in eine Begleitgruppe. Ausgehend von einem Fragebogen, der durch die Teilnehmenden vorab ausgefüllt werden konnte, wurden im Rahmen von drei Sitzungen die durch die Expertengruppe und das BFS erstellten Hypothesen diskutiert. Ziel in dieser Phase war nicht, die Hypothesen grundlegend zu ändern, sondern allfällige Anpassungen vorzunehmen. Das BFS berechnete anschliessend die Szenarien. In der Ausgabe 2015 wurden drei Grundszenarien erstellt (vgl. Kap. 2.3). Zur Analyse des Einflusses der einzelnen demografischen Komponenten (Fruchtbarkeit, Sterblichkeit und Migration) auf die Bevölkerungsentwicklung wurden zudem Varianten des Referenzszenarios berechnet, bei denen jeweils die Hypothesen einer einzigen Komponente variieren. Diese Varianten wurden gemäss den Wünschen der Begleitgruppe zusammengestellt. Im Anschluss fand ein Validierungs-Workshop statt, in welchem das BFS die Resultate erneut mit der Begleitgruppe diskutierte. Abschliessend erfolgte die Publikation der Bevölkerungsszenarien.

Insgesamt waren über 60 Personen in unterschiedlicher Weise an der Erarbeitung der nationalen und kantonalen Szenarien 2015 beteiligt. Der Einbezug von Expertinnen und Experten aus dem wissenschaftlichen Umfeld (Universitäten) hat in der Vergangenheit zunehmend an Gewicht gewonnen und wird von allen befragten Personen als adäquat bezeichnet. Es gilt anzumerken, dass in beiden Expertengruppen auch einzelne Personen der Bundesverwaltung anwesend waren (neben den Personen vom BFS). Wie
den Sitzungsprotokollen zu entnehmen ist, hielten sich die Personen aus den Ämtern in dieser Phase jedoch eher zurück. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) verfügen nur über vergangenheitsbezogene Daten zur Migration aus dem Zentrales Migrationsinformationssystem (ZEMIS) oder aus den Bevölkerungsstatistiken des BFS (STATPOP). Trotzdem äusserte eine der befragten Personen das Empfinden, dass 1990

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die Mitarbeitenden der Ämter teilweise eher ihre Wünsche mit Blick auf einen bestimmten Politikbereich formulieren. Die Exponenten des BFS hielten in den Gesprächen mit der PVK fest, dass die beiden Sitzungen mit den Expertengruppen nur wenige Tage nach der Abstimmung über die Initiative «gegen Masseneinwanderung» vom 9. Februar 2014 stattfand und dies die Diskussion um die Hypothesen der Migration erschwerte. Personen aus weiteren Kreisen, welche sich ebenfalls mit ähnlichen Fragen beschäftigen (Think Tanks, Verbände etc.), wurden nicht einbezogen. Aus den Gesprächen der PVK mit Personen aus diesen Kreisen ging dann auch hervor, dass eine Teilnahme zwar interessant sein könnte, das vorhandene Wissen in der Regel jedoch sehr spezifisch ist und daher für eine Expertengruppe nicht ausreichend wäre.

Der Tenor der von der PVK befragten Ämter bezüglich des Erarbeitungsprozesses für die Szenarien 2015 ist allgemein positiv. Die Ämter wurden früh einbezogen, um deren Meinungen einzuholen. Während von einigen Personen aus den Ämtern die Begleitgruppe in erster Linie zur Informationsgewinnung genutzt wird, versuchen sich andere Personen aktiv einzubringen. In den Diskussionen ging es dann auch mehr um die Szenarien als um die Hypothesen. Von der Tendenz her herrschte diesbezüglich Einigkeit. Einzig hinsichtlich der Spannweite zwischen dem hohen und dem tiefen Szenario gingen die Meinungen teilweise auseinander. Aufgrund der geringen Unterschiede zwischen den drei Hypothesen zur Fertilität resp. zur Mortalität hat das BFS vorgeschlagen, diese in den drei Szenarien nicht variieren zu lassen, sondern immer die mittlere Hypothese zu nehmen. Folglich hätte einzig der Migrationssaldo variiert. Nach einer Diskussion in der Begleitgruppe und einer anschliessenden schriftlichen Befragung hat das BFS entsprechend den Wünschen der Mehrheit der Begleitgruppe alle Hypothesen über die drei Szenarien variieren lassen.

Dadurch wurden die Abstände vom mittleren zum hohen wie auch zum tiefen Szenario leicht vergrössert. Ebenfalls wurden vom BFS verschiedene Wünsche für die Publikation aufgenommen.

Die Bedürfnisse der Ämter konnten ­ generell gesehen ­ im Rahmen der Sitzungen einfliessen und das BFS hat diese aufgenommen oder aber erläutert, weshalb gewisse Punkte aus seiner Sicht nicht als sinnvoll erachtet werden. Zudem
gab es Umfragen, in welchen man sich schriftlich zu einzelnen Punkten äussern konnte. Der Einbezug der Ämter schafft bei diesen Verständnis für die Hypothesen und erlaubt ihnen eine frühzeitige Ausrichtung eigener Studien und Berichte an den Szenarien des BFS.

4.1.2

Bedingter Einbezug der Kantone

Im Anschluss an die Publikation der nationalen Szenarien 2015 hat das BFS die Erarbeitung der kantonalen Bevölkerungsszenarien in Angriff genommen, welche in der Regel rund ein Jahr nach den nationalen Bevölkerungsszenarien veröffentlicht werden. Die Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Kantone stützen sich auf die entsprechenden gesamtschweizerischen Szenarien, womit die Kohärenz zwischen den nationalen und den kantonalen Szenarien garantiert wird. Die drei nationalen Grundszenarien werden dabei mit Hilfe unterschiedlicher Hypothesen auf

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jeden Kanton heruntergebrochen. Neu dazu kommt die Komponente der internen Migration (zwischen den Kantonen). In diesem Prozess werden Vertreterinnen und Vertreter der Kantone wie auch Interessierte aus den Bundesämtern eingeladen. Die Vertreterinnen und Vertreter der Kantone können zu den Hypothesen Stellung nehmen. Anschliessend werden die Szenarien nochmals berechnet und nach einer abschliessenden Präsentation bei den Kantonsvertretenden veröffentlicht.

Das BFS lud die Kantone zu zwei Informations- und Diskussionssitzungen ein.

Nicht alle Kantone haben an den Sitzungen teilgenommen. Sie haben teilweise jedoch versucht, sich im Rahmen der Konferenz der regionalen statistischen Ämter der Schweiz (KORSTAT) abzusprechen und abzustimmen. Nach Aussagen der von der PVK befragten Personen aus den Kantonen wie auch vom BFS konnten sich die Kantonsvertreter zwar zu den Szenarien äussern und auch Kritik anbringen, Anpassungen konnten zu diesem Zeitpunkt jedoch kaum mehr vorgenommen werden. Der Knackpunkt ist die Migration. So muss einerseits die internationale Migration auf die Kantone verteilt werden und andererseits die interne Migration zwischen den Kantonen festgelegt werden. Das Hauptproblem liegt darin, dass jede Änderung an einem kantonalen Szenario Einfluss auf die anderen Kantone hat, da das Total aller kantonalen Szenarien letztlich dem nationalen Szenario entsprechen muss. Das BFS gibt zu bedenken, dass die Erstellung kantonaler Feinverteilungen viel zu komplexe Modelle benötigt, die Elemente beinhalten, welche über demografische Hypothesen hinausgehen zu denen das BFS nicht Stellung nehmen kann und die zu grossen Teilen nicht auf statistischen Grundlagen beruhen. Während einige befragte kantonale Behördenmitglieder den Einbezug der Kantone als zu gering bezeichnen, ist für andere dieses Vorgehen statistisch stringent und nachvollziehbar.

4.2

Plausible Hypothesen und adäquate Methodik

Aus Sicht der Befragten waren die Sitzungen der Experten- und Begleitgruppen für die Erarbeitung der Szenarien 2015 sehr gut organisiert und das BFS zog relevante Personen aus der Wissenschaft frühzeitig mit ein. Das BFS präsentierte die Annahmen im Rahmen der Sitzungen aus retrospektiver Sicht. Zudem legte es dar, welche Komponenten es im Rahmen der früheren Szenarien falsch einschätzte. Dies bestätigen auch die der PVK zur Verfügung gestellten Präsentationen und Protokolle dieser Sitzungen. Solche Vorarbeiten erhöhen die Legitimität und die Reputation der Arbeit des BFS. Mit Blick auf die Vergleichsländer kann festgehalten werden, dass der Beizug der Expertinnen und Experten in ähnlichem Umfang geschieht. Der Beizug der Bundesämter geschieht in der Schweiz jedoch ausgeprägter als beispielsweise in Deutschland oder Norwegen (vgl. Anhang 2).

Die vom BFS den Expertinnen und Experten und der Begleitgruppe vorgelegten Hypothesen der Szenarien 2015 bewerteten die von der PVK befragten Personen ­ auch im Vergleich zu Hypothesen früherer Szenarien ­ als evident und plausibel. In den beiden Expertengruppen herrschte grundsätzlich Einigkeit hinsichtlich der tendenziellen Entwicklung der Komponenten. Bei der Fertilität und der Mortalität gab es von den Befragten nur marginale Kritik an den Vorschlägen des BFS, da sich

1992

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diese Komponenten über die Zeit nur langsam verändern, was sich auch in der Analyse der früheren Szenarien zeigt (vgl. Kap. 3).

Während fast alle Befragten die Annahmen der Szenarien des BFS zur Migration bis zur Publikation 2010 nachträglich als zu konservativ einschätzen, fällt die Kritik bei den Hypothesen für die Migration der Szenarien 2015 geringer aus. Die Meinungen gingen bei den kurz- und mittelfristigen Annahmen leicht auseinander. Nur eine Person der Expertengruppe hat angemerkt, dass sie die tiefe Hypothese zur Migration als unverständlich niedrig empfinden würde. Ob man die Migration in 20 Jahren eher konstant einschätzt (Expertinnen und Experten) oder eher gegen null tendieren lässt (BFS) wird unterschiedlich beurteilt und kann aus heutiger Sicht nicht abschliessend bewertet werden.

Die Vorgehensweise, aufgrund der Erkenntnisse der vergangenen Entwicklung gemeinsam mit qualitativen Expertenmeinungen mögliche Trends festzulegen, wird von den Betroffenen durchgehend als adäquat bezeichnet. Der verstärkte Einsatz von ökonometrischen Modellen zur Berechnung der zukünftigen Entwicklung wird speziell für die langfristige Perspektive als nicht zielführend erachtet, da sich Migrationsbewegungen und ökonomische Komponenten schnell ändern können.

Während ein Blick auf die Hypothesen in den Vergleichsländern aufgrund der unterschiedlichen Gegebenheiten wenig sinnvoll ist, zeigt sich hinsichtlich der Methodik bei den nationalen Szenarien ein einheitliches Bild. Das BFS wie auch die Statistikdienste der vier Vergleichsländer berechnen die Szenarien mit dem sogenannten Kohorten-Komponentenmodell. Dieses Modell operiert mit der Gesamtbevölkerung unterteilt nach Geburtsjahren und Geschlecht (Kohorten). Zu den Komponenten (u. a. demografische Einflussfaktoren wie Geburtenhäufigkeit, Sterblichkeit, Migration und Einbürgerungen) werden Annahmen für jede Kohorte und jedes Jahr der Vorausberechnung getroffen. Die methodische Vorgehensweise entspricht dem internationalen Standard. Nur aus einem Kanton waren Stimmen zu hören, dass das Modell zu komplex und wenig nachvollziehbar sei.

Gegenwärtig gibt es eine Evolution hin zur Anwendung von probabilistischen Ansätzen. Solche Ansätze (auch stochastischer Ansatz genannt) zeigen eine Entwicklung mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit auf. Demgegenüber weist
der klassisch deterministische Ansatz, wie er heute vom BFS angewendet wird, mögliche Verläufe ohne Angaben von Eintrittswahrscheinlichkeiten auf. In der Diskussion der Begleitgruppe hat das BFS die mögliche Anwendung des probabilistischen Ansatzes erwähnt. Die Neuerung wurde von den Mitgliedern grundsätzlich begrüsst. Wie sich in den Gesprächen mit der PVK jedoch herauskristallisierte, sieht man in der Kommunikation gegenüber der breiten Öffentlichkeit grössere Schwierigkeiten. Das BFS hat darum entschieden, für die Szenarien 2015 den probabilistischen Ansatz nicht weiter zu verfolgen.

Wie in Kapitel 4.1.2 ausgeführt, basieren die kantonalen Szenarien des BFS auf den Hypothesen der nationalen Szenarien. Der Saldo der Bevölkerungszahlen aller Kantone in einem Szenario im Jahr 2045 entspricht demnach dem jeweiligen nationalen Szenario. Man spricht daher von einem Top-down Ansatz. Gegenüber den Hypothesen der nationalen Szenarien werden jene auf kantonaler Ebene weniger auf qualitativen Annahmen, sondern aufgrund der vergangenen Entwicklung festgelegt.

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In den Vergleichsländern werden die regionalen Szenarien ebenfalls auf diese Weise erstellt, einzig in Österreich wird die Fertilität mit einem gemischten Ansatz (national/regional) berechnet.

4.3

Unabhängige Entscheide des BFS über die Szenarien

Das BFS wird in Artikel 3 Absatz 1 BstatG angewiesen, die Ergebnisse über den Zustand und die Entwicklung der Bevölkerung in fachlich unabhängiger Weise zu ermitteln. Die Kritik von systematischen Unterschätzungen in den Bevölkerungsszenarien aufgrund politischer Einflussnahme kommt stets wieder auf. Diese besagt u. a., dass Bundesämter wie das SECO, gestützt durch den Bundesrat, die Zuwanderung in den Szenarien auf ein für sie passendes Niveau festlegen würden oder das BFS setzte die Annahmen der Migration in vorauseilendem Gehorsam tief an.14 Diese Kritik konnte von den befragten Personen mit Blick auf die Szenarien 2015 nicht bestätigt werden. Alle befragten Personen aus den Ämtern sprachen dem BFS die nötige Unabhängigkeit zu. Die befragten Expertinnen und Experten erachteten die Arbeit des BFS im Rahmen der Szenarien 2015 als faktenbasiert und neutral.

Von den weiteren befragten Personen gaben einzelne an, dass allenfalls eine Abhängigkeit bestehe, ohne diese jedoch explizit benennen oder belegen zu können. Die befragten Personen in der Sektion Demografie und Migration beim BFS gaben jedenfalls an, in der Entscheidung über die Werte aller Komponenten letztlich frei zu sein. Zwar gibt es vereinzelt Fragen vom Generalsekretariat des Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) zum Publikationszeitpunkt und zum Zeithorizont der Szenarien und die Zuständigen stellen Zwischenergebnisse sowie die Endergebnisse bei der Geschäftsleitung des BFS vor, eine Einflussnahme hat die genannte Sektion jedoch nicht wahrgenommen.

Die von der PVK analysierten Dokumente zur Erarbeitung der Szenarien 2015 stützen die Aussagen des BFS. Die Expertinnen und Experten wie auch die Mitarbeitenden der Bundesämter wurden vom BFS für die Szenarien 2015 vorab gebeten, u. a. die zukünftige Migration für das mittlere Szenario einzuschätzen. Die geringe Zahl eingegangener Rückmeldungen zeigen im Vergleich zum schlussendlich vom BFS publizierten Migrationssaldo, dass die Bundesämter die Migration kurz- und mittelfristig um einiges tiefer einschätzten (vgl. Abbildung 10). Demgegenüber vertraten die Expertinnen und Experten mittel- und langfristig die Meinung, der Migrationssaldo sei höher als schlussendlich vom BFS angenommen. Aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Migration in langfristiger Perspektive vertreten Demografen entweder
die Meinung, die Migration in den Modellen konstant zu schätzen, oder aber gegen Null tendieren zu lassen (siehe auch 4.2). Zumindest für die Szenarien 2015 muss die Anschuldigung, das BFS habe die Migrationsannahmen systematisch zu tief angesetzt, zurückgewiesen werden.

14

Besson, Sylvain (2014): Pourquoi Berne a refusé de voir la vague migratoire, Le Temps, 26.1.2014.

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Abbildung 10 Einschätzung der Migration für das mittlere Szenario

Die Einschätzungen in den Fragebogen wurden für Zeiträume (2011­2020, 2021­2030, 2031­ 2040, 2041­2050) angegeben, während das BFS die Einschätzungen für konkrete Jahre ausweist.

Quelle: BFS 2015, Antworten der Ämter und Experten/innen auf einen Fragebogen des BFS

Inwiefern die erwähnte Kritik früher angebracht war, kann nicht beurteilt werden. Es zeigt sich jedoch, dass das Festlegen der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung eine Herausforderung darstellt. Dies betrifft speziell die Zu- und Abwanderung. Brüche in der Konjunktur sowie in der internationalen und nationalen Politik sind ­ speziell bei einem Horizont von über zehn Jahren ­ schwierig zu antizipieren. Dafür bestehen auch keine theoretischen Modelle. Die in Kapitel 4.1.1 erläuterte Herausforderung der Festlegung der Szenarien 2015 kurz nach der Annahme der Initiative «gegen Masseneinwanderung» und noch vor Verabschiedung der Umsetzungsgesetzgebung zeigt dies exemplarisch.

Vereinzelt wurde in den Gesprächen mit der PVK die Möglichkeit thematisiert, die Bevölkerungsszenarien extern durch Universitäten erstellen zu lassen, um die Unabhängigkeit zu stärken. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass einerseits die Demografie an Schweizer Universitäten als Disziplin nur schwach vertreten ist und andererseits in einem Auftragsverhältnis ebenfalls eine Abhängigkeit besteht.

Die Voraussetzungen sind in den hier einbezogenen Vergleichsländern sehr ähnlich.

Allen Statistikdiensten ist im Gesetz fachliche Unabhängigkeit zugeschrieben. In Österreich geniesst der Statistikdienst zudem als Bundesanstalt auch institutionelle Unabhängigkeit. Dementsprechend gaben Personen aus den weiteren Vergleichsländern in den Gesprächen an, ihre Szenarien unabhängig erstellen zu können.

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5

Angemessenheit der Szenarien des BFS

Zusammenfassung: Die Szenarien des BFS sind für die Bundesämter angemessen, für Dritte grösstenteils angemessen, für Kantone aber nur bedingt angemessen. Die Kantone erarbeiten mehrheitlich ihre eigenen Szenarien, da die nationalen Szenarien des BFS zu wenig auf kantonale Eigenheiten und Infrastrukturprojekte eingehen. Zwar steht es den Kantonen frei, die Szenarien des BFS zu verwenden, im Bereich der Raumplanung sind die Kantone jedoch aufgrund der Bundesgesetzgebung verpflichtet, sich daran zu orientieren. Für die Bundesämter sind die nationalen Szenarien für unterschiedliche Arbeiten von Relevanz, jedoch findet fast ausschliesslich das mittlere Szenario Verwendung. Das BFS geniesst bei den befragten Akteuren grundsätzlich hohe Glaubwürdigkeit. Die Anzahl Szenarien, der Erarbeitungszyklus wie auch die Publikation werden allgemein als angemessen beurteilt.

Grundlage für die Diskussion der Angemessenheit bildet die Nutzung der Szenarien durch verschiedene Akteure. Zur Beurteilung werden zudem die Einschätzungen der Nutzenden bezüglich der Genauigkeit, der Anzahl publizierter Szenarien (sowie Varianten), der Regelmässigkeit neuer Szenarien sowie der Aufbereitung der Daten einbezogen.

5.1

Angemessenes Konzept der Bevölkerungsszenarien

Im Jahr 2015 hat das BFS drei Szenarien und zusätzlich acht Varianten geschätzt (vgl. Kap. 2.3). In den beiden vorangegangenen Publikationen15 wurden neben den drei Grundszenarien zwei Alternativszenarien und bis zu 13 Varianten veröffentlicht. In den vier ausgewählten Vergleichsländern werden bis zu 15 Szenarien berechnet (vgl. Anhang 2). Zwei der vier Vergleichsländer publizieren ebenfalls drei Szenarien. Während die befragten Akteure die breitere Palette mit Alternativszenarien in früheren Publikationen als eher unübersichtlich einstuften, ist man einhellig der Meinung, dass drei Szenarien übersichtlich und dadurch angemessen sind. Auf diese Weise wird eine Mitte und eine Spannweite gegen oben und gegen unten ausgewiesen. Die Varianten des Referenzszenarios schaffen einzelnen Ämtern die Möglichkeit, spezifische Szenarien in ihrem Aufgabenbereich (beispielsweise im Bereich der Altersvorsorge) durchzurechnen. Die für jeden Kanton geschätzten drei Szenarien im Rahmen der kantonalen Szenarien des BFS werden von den Befragten ebenfalls als angemessen eingestuft.

Der Publikationszyklus neuer Szenarien variiert bei den Vergleichsländern zwischen einem und zehn Jahren. Der vom BFS gewählte Zyklus von fünf Jahren für die nationalen wie auch die kantonalen Szenarien stufen die meisten befragten Akteure als angemessen ein. Häufig erneuerte Szenarien ergeben zwar kurzfristig möglicherweise genauere Werte, mittel- und langfristig bestehen jedoch dieselben Schwierigkeiten. Zudem stellen häufig angepasste Zahlen eine Herausforderung für die 15

Bundesamt für Statistik (2006): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2005­2050, Neuenburg.

Bundesamt für Statistik (2010): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2010­2060, Neuenburg.

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Ämter und die Kantone dar, da in Berichten, Strategien oder beispielsweise den kantonalen Richtplänen verwendete Daten schon bei ihrer Publikation wieder veraltet wären. Einzelne Akteure wiesen darauf hin, dass sie die jährliche Anpassung des mittleren Szenarios durch das BFS nutzen würden. Dabei handelt es sich jedoch um eine Vorausschätzung, die auf den in den letzten zehn Jahren beobachteten demografischen Tendenzen beruht. Als Ausgangsgrösse dient die Bevölkerungszahl des letzten Beobachtungsjahres aus STATPOP. Diese werden von den Nutzern der Bevölkerungsszenarien, die spezifischen Bedarf an aktuellen Trendanalysen geltend machen und BFS intern für die Aktualisierung der Szenarien im Bildungsbereich, verwendet.

Die von der PVK Befragten beurteilen die publizierten Berichte des BFS zu den nationalen und kantonalen Bevölkerungsszenarien als zielgruppenkonform. Jene befragten Akteure, die mit den Daten arbeiten, sind mit der Bereitstellung auf der Website mehrheitlich zufrieden und stufen diese als benutzerfreundlich ein. Dasselbe gilt für die Dokumentation. Vereinzelt, und mehr aus Sicht der Wissenschaft, wurde der Wunsch nach interaktiven Tools geäussert. Dadurch würde dem Nutzenden die Wahl der Hypothesen, des Zeithorizonts etc. selbst überlassen. Ein solches Tool würde das bisherige Produkt ergänzen und einerseits massgeschneiderte Szenarien ermöglichen, andererseits aber auch die Schwierigkeit der Erarbeitung von Szenarien aufzeigen. Die Befragten stellen dem BFS hinsichtlich der Beantwortung von Fragen zu den Daten ein gutes Zeugnis aus.

Vereinzelt wird das Konzept der ständigen Wohnbevölkerung in Frage gestellt, da damit nicht alle Bedürfnisse abgedeckt werden können. So wäre beispielsweise die Schätzung der im Ausland lebenden Schweizerinnen und Schweizer für die AHV von Interesse wie auch die Anzahl Grenzgänger, um das Verkehrsnetz zu planen.

Ähnliches gilt für Wochenaufenthalterinnen und -aufenthalter, die am angemeldeten Ort zur ständigen Wohnbevölkerung zählen, und deren Anzahl für gewisse Städte und Gemeinden für die Planung relevant wäre. Die ständige Wohnbevölkerung entspricht einem internationalen Standard (vgl. Kap. 2.2). Der Bund verzichtet auf die Ausdifferenzierung in unterschiedliche Bevölkerungsgruppen wegen der daraus entstehenden Komplexität der zugrundeliegenden Modelle,
der damit eingeschränkten Aussagekraft und der ungenügenden Qualität solcher Szenarien. Zudem würde die Nutzung der Szenarien möglicherweise erschwert, wenn Resultate zu unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen und folglich eine Vielzahl zusätzlicher Szenarien vorliegen würden.

5.2

Nutzung der nationalen Szenarien durch die Bundesämter ausgeprägt, aber nur beschränkt durch Dritte

Die nationalen Bevölkerungsszenarien des BFS werden von den Bundesämtern für unterschiedliche Zwecke verwendet. Im Rahmen der Gespräche mit Personen ausgewählter Bundesämter, die mit Bevölkerungsszenarien arbeiten, stellte sich heraus, dass die nationalen Szenarien hauptsächlich als Indikatoren in Modellrechnungen Verwendung finden. Dabei stehen die Erarbeitung von langfristigen technischen und

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wirtschaftlichen Perspektiven (z. B. Verkehrsperspektiven, Langfristperspektiven der öffentlichen Finanzen), von Studien und Berichten und die Beantwortung von parlamentarischen Anfragen respektive Vorstössen im Zentrum. Die nationalen Szenarien seien gegenwärtig ausreichend genau dafür. Grundsätzlich herrscht bei diesen Personen Verständnis für die früheren, teils nicht unerheblichen Abweichungen, die in erster Linie auf falschen Annahmen zur Migration beruhten (siehe auch Kap. 3.1) oder auf kaum vorhersehbaren konjunkturellen Schwankungen.

Im Rahmen des Berichts zur Beantwortung des Postulates Schneider-Schneiter 13.3697 wurde eine Synthese aus verschiedenen Berichten für eine mögliche Demografiestrategie erstellt (Schweizerischer Bundesrat 2016). Der Bericht zeigt, dass Bundesämter verschiedene Berichte verfasst haben oder erstellen liessen, in welchen Bevölkerungsszenarien Anwendung fanden. Dabei handelt es sich ­ wie in Abbildung 11 ersichtlich ­ um 82 Grundlagenberichte oder Berichte mit Strategien oder Massnahmen, die darlegen, wie den Herausforderungen des demografischen Wandels begegnet werden kann.16 Auffallend ist die hohe Anzahl von Berichten beim EDI, welche sich vor allem durch Studien hinsichtlich Demografie beim BSV und teils beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) erklären lässt. Von den 82 einbezogenen Berichten17 stützen sich 61 auf eine quantitative Datenbasis bzw. auf Annahmen zur demografischen Entwicklung ab. Dabei handelt es sich in erster Linie um die Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz des BFS (N=55).

Abbildung 11 Berichte der Bundesverwaltung mit Bezug zur Demografie 35

30

Anzahl Berichte

25

20

15

10

5

0 EDI

WBF

UVEK

EJPD

VBS

EFD

BK

EDA

Quelle: Schweizerischer Bundesrat 2016

16 17

Aufnahme fanden Berichte, die nach dem Jahr 2000 erstellt wurden (Stand 1. März 2015).

Die Übersicht der Berichte hat die BK der PVK zur Verfügung gestellt.

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Werden die nationalen Bevölkerungsszenarien des BFS beigezogen, so findet nach Aussagen der von der PVK befragten Personen in der Regel das mittlere Szenario Anwendung. Der Grund liegt darin, dass dieses Szenario als ausgewogenstes gesehen wird. Zudem müsste die Wahl des hohen oder tiefen Szenarios begründet werden was für die Kommunikation eine Herausforderung darstellen würde. Vereinzelt wurden speziell bei technischen und wirtschaftlichen Perspektiven verschiedene Szenarien einbezogen, um den Unsicherheiten gerecht zu werden. Wird standardmässig das mittlere Szenario verwendet, wird dieses mehr als Prognose denn als Szenario angesehen. Die festgestellten Abweichungen der Szenarien im Vergleich zur realen Bevölkerungsentwicklung verdeutlichen die Relevanz der Prüfung mehreren Szenarien durch die Nutzenden. Um diesen Unsicherheiten gerecht zu werden, empfiehlt auch das BFS, wenn möglich mehrere Szenarien oder allenfalls Varianten einzubeziehen. Ein Hinweis auf die politische Brisanz des Entscheids der Szenarienwahl ist, dass dieser oftmals auf Direktionsebene gefällt wird. Vereinzelt wird das mittlere Szenario jedoch auch aus Gewohnheit und mit wenig Reflektion gewählt, was der Tragweite möglicher Folgen nicht gerecht wird.

Obwohl die Bundesämter in der Wahl der Bevölkerungsszenarien für ihre Arbeiten frei sind und diese auch anpassen könnten, ist laut BFS nur ein Fall bekannt, in welchem die Szenarien des BFS angepasst wurden. Das BSV ist bei der Erarbeitung der Altersvorsorge 2020 mit der Bitte ans BFS getreten, die Szenarien zu erweitern. Im Jahr 2013 arbeiteten diese beiden Ämter zusammen das demografische Szenario A-17-2010 aus, das für die Botschaft zur Reform der Altersvorsorge 202018 verwendet wurde. Dieses beinhaltete aufgrund der seit 2010 bekannten Entwicklung eine höhere Annahme der Migration. Vereinzelt wünschen sich Bundesämter Szenarien mit einem Zeithorizont über den aktuellen Zeitraum (2015­2045) hinaus. Da die bestehenden Bevölkerungsszenarien ­ die einen Ausschnitt der Modellrechnungen darstellen ­ beim BFS über den publizierten Zeitraum hinaus berechnet wurden, können diese auf Wunsch auch geliefert werden.

Dritte verwenden die nationalen Szenarien für unterschiedliche Zwecke. Wie sich in den Gesprächen gezeigt hat, nutzen diese die Szenarien mehrheitlich ­ und ähnlich wie
die Bundesämter ­ für spezifische, einmalige Projekte. Drei der befragten Akteure hielten fest, dass die Szenarien als ein Indikator Teil ihrer eigenen Prognosemodelle sind. Dabei wird ebenfalls grösstenteils auf das mittlere Szenario zurückgegriffen. Bei spezifischen Projekten oder Präsentationen fliessen teilweise alle drei Szenarien ein. Dritte, welche eigene Prognosen erstellen, nutzen die Szenarien nur als Benchmark, um die Plausibilität der eigenen Szenarien zu prüfen. Die von der PVK befragten Dritten achten weniger auf die langfristige Genauigkeit der Szenarien. Sie sind eher an ihrer kurzfristen Treffsicherheit interessiert. Die Kantone nutzen die nationalen Szenarien kaum.

18

Botschaft vom 19. Nov. 2014 zur Reform der Altersvorsorge 2020 (BBl 2015 1).

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5.3

Bedingte Nutzung der kantonalen Szenarien des BFS

Den Kantonen steht es frei, die kantonalen Szenarien des BFS zu verwenden, oder zur Planung eigene Szenarien zu erstellen. In den sechs Kantonen, in welchen die PVK Gruppengespräche führte, werden kantonale Bevölkerungsszenarien gegenwärtig in erster Linie für die Verkehrsmodellierung, in der Spital- und Pflegeheimplanung und in der Schulplanung verwendet. Die Bundesämter verwenden kantonale Bevölkerungsszenarien hauptsächlich in der Raumplanung und ­ wie das auch vereinzelt die befragten Dritten angegeben haben ­ für einzelne Projekte.

Die früheren Publikationen der kantonalen Szenarien des BFS wiesen im Vergleich mit den nationalen Szenarien eine bis zu viermal so grosse Abweichung auf (vgl.

Kap. 3.2). Dies liegt neben der Kleinräumigkeit der Kantone auch ­ wie Kritiker behaupten ­ an der Methodik des BFS. Diese von einzelnen Kantonen zu vernehmende Kritik betrifft den Top-down-Ansatz des BFS und den dadurch zu geringen Einbezug kantonaler Eigenheiten (vgl. Kap. 4.2). Grössere Bauprojekte können speziell für kleinere Kantone einen Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung haben, was nach deren Ansicht in den Annahmen der kantonalen Szenarien des BFS nicht abgebildet wird. Das BFS unterstreicht, dass es sein Ziel ist, kantonale Szenarien zu erstellen, die im Total den nationalen Szenarien entsprechen und daher eine kohärente mögliche Entwicklung darstellen. Zudem beruhen die von den Kantonen erarbeiteten Szenarien oft auf Elementen, die über demografische Hypothesen hinausgehen (Aktivitäten in der Wirtschaftsförderung, Bauinvestitionen, steuerliche Massnahmen etc.), zu denen das BFS nicht Stellung nehmen kann und deren Zielsetzungen nicht auf statistischen Grundlagen beruhen. Ob diese Szenarien genauer sind oder ob der stärkere Einbezug der Kantone eine höhere Genauigkeit ermöglicht, wurde mit der vorliegenden Evaluation nicht geprüft.

Die kantonalen Szenarien des BFS sind für viele Kantone aufgrund der fehlenden Verteilung auf Gemeinden wenig angemessen. Für viele Aufgaben der Kantone (Raumplanung, Schulplanung etc.) ist gerade diese Feinverteilung von zentraler Bedeutung. Der Bund verzichtet auf die Ausdifferenzierung der kantonalen Szenarien auf Grund der Komplexität der zugrundeliegenden Modelle, der damit eingeschränkten Aussagekraft und der ungenügenden Qualität solcher Szenarien. Würden
die nationalen Daten auf die 2255 Gemeinden heruntergebrochen, so wäre mit noch grösseren Ungenauigkeiten zu rechnen. Das ARE erarbeitet weiter regionalisiertere Daten19, was den meisten Akteuren nicht bekannt ist. Diese sind zwar beim ARE erhältlich, werden jedoch nicht publiziert. Aus einem Kanton war zu vernehmen, dass man die Daten des ARE zwar kenne, wegen der schlechten Qualität jedoch nicht verwende. Aufgrund der verschiedentlich dem BFS attestierten Glaubwürdigkeit und der Neutralität wäre es für einige Akteure von Vorteil, würden diese Daten einheitlich vom BFS stammen. Die Kritik einzelner Kantone am methodischen Vorgehen und an der mangelnden Regionalisierung zeigen, dass diese Erwar19

Für die Verkehrsmodellierung hat das ARE die kantonalen Szenarien des BFS auf die Verkehrszonen heruntergebrochen. Das Modell (Tool Bevölkerung Beschäftigte) berücksichtigt bei der Aufteilung der Bevölkerung verschiedene Einflussfaktoren: die prognostizierte Arbeitsplatzverteilung, die zukünftigen Erreichbarkeiten, die Kapazität an Bauzonen sowie die Entwicklung des Wohnpreises in den Verkehrszonen (Bundesamt für Raumentwicklung 2016).

2000

BBl 2019

tungen mit dem Vorgehen des BFS ­ vergleichbare Szenarien zu erarbeiten ­ kaum erreicht werden können.

Aus Sicht des BFS und verschiedener Bundesämter sind die von ihnen erarbeiteten kantonalen Szenarien relevant, da nicht alle Kantone ihre eigenen Szenarien erstellen können. Einheitlich berechnete Szenarien für alle Kantone sind ebenfalls für die Arbeiten in einzelnen Bundesämtern elementar. So benötigt speziell das ARE einheitlich geschätzte kantonale Szenarien für die Verkehrsperspektiven und die Bauzonendimensionierung. In den weiteren Ämtern, die in der vorliegenden Evaluation einbezogen wurden, haben die kantonalen Szenarien keine oder nur eine geringe keine Bedeutung (allenfalls im Rahmen von Anfragen).

Die Nutzung der einheitlich geschätzten kantonalen Szenarien hat bei der Bauzonendimensionierung eine besondere Bedeutung. Im Richtplan zeigt ein Kanton unter anderem auf, von welcher Entwicklung der Wohnbevölkerung und der Beschäftigten er zur Ermittlung seines Bauzonenbedarfs ausgeht. Dabei hat er sich seit 2014 entsprechend Artikel 5a Absatz 2 Raumplanungsverordnung20 an den Szenarien des BFS zu orientieren. Während das BFS immer die Freiwilligkeit der Nutzung seiner kantonalen Szenarien in den Vordergrund rückt, ist dies mit den Vorgaben an den kantonalen Richtplan in der Raumplanung nicht der Fall. Dies wird von zwei der sechs befragten Kantone als Verpflichtung verstanden und folglich scharf kritisiert.

Nach Aussagen des ARE war man in der Frage der Bauzonen gemeinsam mit den Kantonen auf die Lösung mit den Szenarien des BFS gekommen, und diese bewähre sich in der nun dreijährigen Praxis. Zudem bietet der Verordnungsartikel Ausnahmeregelungen, nach welchen man von den BFS-Szenarien abweichen kann.

5.4

Eigene Szenarien der Kantone

Die Mehrheit der Kantone erstellt eigene Bevölkerungsszenarien und nutzt jene des BFS aufgrund der bedingten Angemessenheit nur in einzelnen Bereichen. Eine Recherche der PVK hat ergeben, dass in 17 Kantonen eigene Szenarien auf deren Websites aufzufinden sind.21 Dies ermöglicht ihnen einerseits den Einbezug von Projekten, die einen Einfluss auf die Bevölkerungszahl des Kantons haben, und andererseits die Verteilung der Bevölkerung auf Bezirke oder Gemeinden.

Während Kantone mit einem eigenen Statistikamt die Bevölkerungsszenarien selbst erarbeiten können, geben kleinere die Produktion von Szenarien eher bei Privaten oder anderen Kantonen in Auftrag. Solche Aufträge werden in der Regel für spezifische Zwecke, wie die Erstellung eines neuen Richtplans, vergeben. In diesen Fällen werden die Bevölkerungsszenarien nicht regelmässig erstellt. Bei grösseren Kantonen zählt die Erstellung von Szenarien oft zu den Daueraufgaben. Für jene Kantone ist die Genauigkeit der kantonalen Szenarien des BFS eher sekundär. Die Kantone mit eigenen Szenarien publizieren nicht alle deren drei: Während ein Kanton nur eine Prognose publiziert, hat sich ein anderer auf vier festgelegt, damit sich die

20 21

Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1).

Allenfalls bestehen auch kantonale Szenarien, die online nicht veröffentlicht werden.

2001

BBl 2019

Nutzenden mit den Szenarien auseinandersetzen müssen und nicht alle automatisch dem Mittleren folgen.

Gewisse Bezüge von den durch die Kantone erstellten Szenarien zu den Szenarien des BFS bestehen trotzdem. Mehrheitlich stützen sich die Kantone oder deren Auftragnehmende auf die Mortalitäts- und Fertilitätsdaten des BFS. Sie ändern sodann in erster Linie die Annahmen der Migration. Letztlich haben alle Kantone angemerkt, die Szenarien des BFS zum Vergleich zu verwenden, was ihnen eine gewisse Sicherheit verleiht. Die kantonalen Szenarien des BFS werden demnach durch die Kantone nur in beschränktem Masse genutzt. In vier der sechs Kantone, in welchen die PVK Gruppengespräche führte, verwenden die kantonalen Ämtern ausschliesslich eigene Szenarien. In den anderen beiden Kantonen benutzen die Ämter teils die kantonseigenen und teils die Szenarien des BFS, was gegen aussen nicht immer nachvollziehbar ist.

6

Schlussfolgerungen

Die PVK kommt insgesamt zum Ergebnis, dass die Szenarien der Bevölkerungsentwicklung des BFS angemessen sind. Die Abweichungen der Szenarien bewegen sich in einem ähnlichen Bereich wie in vergleichbaren Ländern und der Erarbeitungsprozess kann als angemessen bezeichnet werden. Die zuständige Sektion im BFS verfügt über den nötigen Spielraum, die Szenarien in fachlich unabhängiger Weise zu ermitteln. Hinsichtlich der vom BFS publizierten kantonalen Szenarien bestehen gewisse Vorbehalte. So nutzt nur eine Minderheit der Kantone diese Szenarien des BFS, da sie als zu wenig genau eingestuft werden und nicht die nötige Feingliederung aufweisen. Teils wird auch der Einbezug der Kantone im Erarbeitungsprozess als zu gering eingestuft.

In der Folge werden aus den Analysen Schlüsse zur Genauigkeit der Bevölkerungsszenarien des BFS gezogen. Darauf werden die Unabhängigkeit des BFS in der Erarbeitung der Szenarien, die Nutzung durch die Bundesämter und zuletzt die Angemessenheit der kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS thematisiert.

6.1

Trotz Abweichungen adäquates Vorgehen des BFS bei der Schätzung der Migration

Das BFS unterschätzte die Entwicklung der Bevölkerung seit der Jahrtausendwende zumeist, wozu in erster Linie die Fehleinschätzung der Migration beitrug. Durchschnittlich wurde der Migrationssaldo pro Jahr um 40 % zu tief angesetzt. Nach wenigen Jahren hat in der Folge die reale Bevölkerungsentwicklung das hohe Szenario meist überschritten. Speziell bei der Schätzung der Migration wurde dem BFS in der Vergangenheit ex-post immer eine sehr konservative Haltung zugeschrieben, d. h. die Migration wurde konsequent zu tief eingestuft.

Für die Szenarien 2015 erarbeitete das BFS die Hypothesen zur Fertilität, Mortalität und Migration in einem ersten Schritt eng mit Expertinnen und Experten von Universitäten und diskutierte sie in einem zweiten Schritt mit den Mitarbeitenden der 2002

BBl 2019

Bundesämter. Das BFS holte vorab die Meinungen dieser Akteure zur zukünftigen Bevölkerungsentwicklung schriftlich ein, was es vorher noch nie getan hatte. Inwiefern dieser verstärkte Einbezug einen positiven Einfluss auf die Genauigkeit hat, wird sich im Laufe der Zeit erweisen. Die befragten Akteuren stufen den Prozess als angemessen ein und bezeichnen die verwendete Berechnungsmethode als adäquat und die letztlich vom BFS gewählten Hypothesen als grundsätzlich plausibel.

Die Schätzung der zukünftigen Migration erweist sich auch in den beigezogenen Vergleichsländern als zentrale Herausforderung bei der Erstellung von Bevölkerungsszenarien. In keinem dieser Länder ist die Abweichung zwischen den Szenarien und der realen Entwicklung jedoch so gross wie in der Schweiz. Im Vergleich zu diesen vier Ländern weist die Schweiz den höchsten Anteil der Migration gegenüber der Gesamtbevölkerung auf, was die Schätzung bei relativer Stabilität der Mortalität und der Fertilität erschwert. Bei den kantonalen Szenarien zeigt sich, dass die internationale Migration wie auch die Binnenmigration für das BFS schwierig einzuschätzen ist.

6.2

Unabhängige Entscheide des BFS über die Hypothesen der Bevölkerungsentwicklung

Das BFS war in der Vergangenheit regelmässig der Kritik ausgesetzt, die Bevölkerungsentwicklung aufgrund politischer Einflussnahme systematisch zu gering einzustufen. Demnach würden gewisse Bundesämter mit der Unterstützung des Bundesrates die Zuwanderung in den Szenarien auf einem akzeptablen Niveau festlegen oder das BFS setzte die Annahmen der Migration aufgrund von vorauseilendem Gehorsam tief an. Dies geschehe trotz der Verpflichtung nach Artikel 3 Absatz 1 BstatG, die Ergebnisse über den Zustand und die Entwicklung der Bevölkerung in fachlich unabhängiger Weise zu ermitteln.

Die befragten Expertinnen und Experten erachteten die Arbeit des BFS im Rahmen der Szenarien 2015 als faktenbasiert und neutral. Auch die konsultierten Personen beim BFS gaben an, in der Entscheidung über die Annahmen aller Komponenten in der Sektion Demografie und Migration frei entscheiden zu können, ohne vom Departement oder von Ämtern beeinflusst zu werden. Der Blick auf die Dokumente zur Erarbeitung der Szenarien 2015 stützen diese Aussagen. So zeigen die Ergebnisse der Befragung der Expertinnen und Experten wie auch der Mitarbeitenden der Bundesämter, dass das BFS die zukünftige Migration etwa in der Mitte aller Antworten ansetzte. Zumindest für die Szenarien 2015 kann die Anschuldigung einer nicht unabhängigen Erarbeitung der Hypothesen der Bevölkerungsentwicklung widerlegt werden.

2003

BBl 2019

6.3

Bundesämter verwenden mittleres Szenario als Prognose

Werden in Bundesämtern die nationalen Bevölkerungsszenarien des BFS für Arbeiten beigezogen, so findet fast ausschliesslich das mittlere Szenario Anwendung. Der Grund liegt einerseits darin, dass dieses Szenario von den befragten Akteuren als das ausgewogenste erachtet wird und andererseits, weil die Wahl des hohen oder tiefen Szenarios speziell begründet werden müsste, was für die Kommunikation eine grosse Herausforderung darstellen würde. Ein Hinweis auf die politische Brisanz des Entscheids der Szenarienwahl ist, dass dieser oftmals auf Direktionsebene gefällt wird. Vereinzelt wird das mittlere Szenario jedoch auch aus Gewohnheit und mit wenig Reflektion gewählt, was der Tragweite möglicher Folgen nicht gerecht wird.

Wird standardmässig das mittlere Szenario verwendet, wird dieses mehr als Prognose denn als Szenario angesehen. Die festgestellten Abweichungen der Szenarien im Vergleich zur realen Bevölkerungsentwicklung verdeutlichen die Relevanz der Prüfung mehreren Szenarien durch die Nutzenden. Um diesen Unsicherheiten gerecht zu werden, empfiehlt auch das BFS, wenn möglich mehrere Szenarien oder allenfalls Varianten einzubeziehen.

6.4

Kantonale Bevölkerungsszenarien des BFS sind nur bedingt angemessen

Während die nationalen Szenarien des BFS fast durchwegs als zweckmässig eingestuft werden können, so zeigt sich bei den kantonalen Szenarien ein anderes Bild.

Für die Kantone sind die kantonalen Szenarien des BFS aus zwei Gründen nur beschränkt angemessen: einerseits aufgrund ihrer Ungenauigkeit und andererseits aufgrund des eingeschränkten Detaillierungsgrads, also nicht vorhandene Daten für die Bezirke oder Gemeinden. Die Kantone erarbeiten deshalb mehrheitlich ihre eigenen Szenarien. Kleinere Kantone verfügen jedoch nicht über die Möglichkeit eigene Szenarien zu erstellen oder geben auch keine extern in Auftrag.

Die drei nationalen Szenarien werden vom BFS mit Hilfe unterschiedlicher Hypothesen auf jeden Kanton heruntergebrochen. Das Bevölkerungstotal der kantonalen Szenarien entspricht darum letztlich dem jeweiligen nationalen Szenario. Diese vom BFS gewählte Top-down Methodik wird von Kantonen verschiedentlich kritisiert, da dadurch der Einbezug kantonaler Eigenheiten sehr gering ausfällt. Grössere Infrastrukturprojekte können speziell für kleinere Kantone einen Einfluss haben, der nach deren Ansicht in den Annahmen der kantonalen Szenarien des BFS nicht abgebildet wird. Des BFS zieht die Kantone auch erst spät im Erarbeitungsprozess ein, da es sich bewusst ist, dass zwischen allen Kantonen kaum ein Konsens hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung gefunden werden kann, der dann schlussendlich den nationalen Szenarien entsprechen würde. Grössere Einwände können demnach vom BFS aufgrund der Top-down Methodik auch nicht berücksichtigt werden. Folglich handelt es sich bei den Sitzungen mit den Kantonen mehr um eine Informationsveranstaltung. Gleichzeitig entstehen mit dieser Methodik einheitliche Szenarien für alle Kantone. Aufgrund dieser Vorgehensweise klaffen auch die Abweichungen der Szenarien im Vergleich zur realen Bevölkerungsentwicklung bei der Betrachtung 2004

BBl 2019

der Kantone auseinander (von durchschnittlich rund ­2,1 % bis +0,8 % pro Jahr gegenüber ­0,9 % für die Schweiz).

Da das BFS nur Szenarien für die Kantone, nicht aber für Bezirke oder Gemeinden publiziert, werden diese einem der zentralen Bedürfnisse der Kantone nicht gerecht.

Für viele Aufgaben der Kantone (Raumplanung, Spitalplanung, Schulplanung etc.)

ist gerade diese Verteilung von zentraler Bedeutung. Das BFS gibt zu bedenken, dass die Erstellung kantonaler Feinverteilungen viel zu komplexe Modelle benötigt, die Elemente beinhalten, welche über demografische Hypothesen hinausgehen, zu denen das BFS nicht Stellung nehmen kann und die zu grossen Teilen nicht auf statistischen Grundlagen beruhen. Detailliertere Szenarien erarbeitet das ARE im Rahmen der Verkehrsmodellierung. Diese werden zwar nicht publiziert, wären jedoch erhältlich, was den meisten Akteuren nicht bekannt ist. Aufgrund des methodisch erschwerten Einbezugs lokaler Gegebenheiten und noch kleineren Einheiten sind hier jedoch noch grössere Abweichungen zu erwarten, als bei den kantonalen Szenarien des BFS.

Während das BFS die freiwillige Nutzung der kantonalen Szenarien unterstreicht, haben sie seit 2014 in den Vorgaben an den kantonalen Richtplan zur Ermittlung des Bauzonenbedarfs für die Kantone eine verbindliche Wirkung. Diese Verbindlichkeit wird von einzelnen Kantonen scharf kritisiert, da den Kantonen nicht zuletzt bei der Erarbeitung der Szenarien des BFS keine relevante Rolle eingeräumt wird. Nach Aussagen des ARE war man gemeinsam mit den Kantonen auf die Lösung mit den Szenarien des BFS in der Frage der Bauzonen gekommen und diese bewähre sich in der nun dreijährigen Praxis. Zudem bietet ein Verordnungsartikel Ausnahmeregelungen, nach welchen man von den BFS-Szenarien abweichen könne.

2005

BBl 2019

Abkürzungsverzeichnis Abb.

Abs.

ARE Art.

BBl BAG BFS BK Bst.

BstatG BSV BV EDI EFV EU Eurostat FST A GPK GPK-S KORSTAT PVK RPV SECO SEM Statpop SR UNO vgl.

ZEMIS

2006

Abbildung Absatz Bundesamt für Raumentwicklung Artikel Bundesblatt Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Statistik Bundeskanzlei Buchstabe Bundesstatistikgesetz vom 9. Oktober 1992 (SR 431.01) Bundesamt für Sozialversicherungen Bundesverfassung (SR 101) Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössische Finanzverwaltung Europäische Union Statistisches Amt der Europäischen Union Führungsstab der Armee Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Konferenz der regionalen statistischen Ämter der Schweiz Parlamentarische Verwaltungskontrolle Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (SR 700.1) Staatssekretariat für Wirtschaft Staatssekretariat für Migration Statistik der Bevölkerung und der Haushalte Systematische Rechtssammlung Vereinte Nationen vergleiche Zentrales Migrationsinformationssystem

BBl 2019

Literatur und Dokumentenverzeichnis Bundesamt für Raumentwicklung (2016): Perspektiven des Schweizerischen Personen und Güterverkehrs bis 2040, Technischer Bericht, Bern Bundesamt für Statistik (2016): Statistisches Mehrjahresprogramm des Bundes 2016­2019, Neuenburg Bundesamt für Statistik (2015): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2015­2045, Neuenburg Bundesamt für Statistik (2010): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2010­2060, Neuenburg Bundesamt für Statistik (2006): Szenarien zur Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2005­2050, Neuenburg Bundesamt für Statistik (2004): Demografische Entwicklung in den Kantonen von 2002 bis 2040, Neuenburg Reinhold, Mario/Thomsen, Stephan L. (2014): Subnational Population Projections by Age: An Evaluation of Combined Forecast Techniques, Population Research and Policy Review 34, 593­613 Schweizerischer Bundesrat (2016): Demografischer Wandel in der Schweiz: Handlungsfelder auf Bundesebene. Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 13.3697 Schneider-Schneiter, 9. Dez. 2016

2007

BBl 2019

Verzeichnis der Interviewpartnerinnen und -partner Gruppeninterviews Bundesverwaltung Bellwald, Sandrine Brändle, Thomas Cascioni, Lorenzo Colombier, Carsten Curchod, Christoph Friedli, Thomas K.

Fürholz, Bernhard Giezendanner, Rolf Justen, Andreas Kapff, Lionel Mathys, Nicole Moser, Michael Roulin Perriard, Anne

Wissenschaftliche Adjunktin, Direktionsbereich Zuwanderung und Integration, Staatssekretariat für Migration, SEM Economic Adviser, Ökonomische Analyse und Beratung, Eidgenössische Finanzverwaltung, EFV Chef Sektion Strategische Führungsunterstützung, Bundeskanzlei, BK Economic Adviser, Ökonomische Analyse und Beratung, Eidgenössische Finanzverwaltung, EFV Leiter Migrationsanalyse, Abteilung Analysen und Services, Staatssekretariat für Migration, SEM Bereichsleiter Mathematik, Bundesamt für Sozialversicherungen, BSV Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Armeeorganisation und Bestandessteuerung, Führungsstab der Armee, FST A Stv. Leiter Sektion Grundlagen, Bundesamt für Raumentwicklung, ARE Verkehrsplaner, Sektion Grundlagen, Bundesamt für Raumentwicklung, ARE Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Direktionsbereich Planung und Ressourcen, Staatssekretariat für Migration, SEM Leiterin Sektion Grundlagen, Bundesamt für Raumentwicklung, ARE Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Sektion Finanzen, Amtsplanung, Controlling und Statistik, Staatssekretariat für Migration, SEM Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Sektion Strategische Führungsunterstützung, Bundeskanzlei, BK

Gruppeninterviews Kantonsbehörden Achermann, Marco Beurret, Bruno Blum, Michel Brunner, Christian

2008

Kantonsplaner, Amt für Raumentwicklung, Kanton Uri Chef de projet, Direction de la planification directrice cantonale et régionale, Canton de Genève Chef de projets, Service de la prévoyance sociale, Canton de Fribourg Wissenschaftlicher Mitarbeiter Statistik, Abteilung Controllerdienst u. Statistik, Amt für Finanzen, Kanton Solothurn

BBl 2019

Bucher, Hans-Peter

Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Demografie, Bevölkerungsprognosen, Statistisches Amt, Kanton Zürich Caille, Pierre Chef du Service de la statistique Sstat, Canton de Fribourg Clément, Martial Collaborateur scientifique, Service de la statistique Sstat, Canton de Fribourg Erni, Kurt Leiter Grundlagen / Verkehrsplanung, Amt für Verkehr und Tiefbau, Kanton Solothurn Furrer, Heinrich Leiter Fachstelle Statistik, Kanton Uri Hutter, René Kantonaler Raumplaner/Amtsleiter, Amt für Raumplanung, Kanton Zug Jacobi, Roxanne Aménagiste, Service des constructions et de l'aménagement, Canton de Fribourg Kälin, Emil Generalsekretär Volkswirtschaftsdirektion, Kanton Uri Meyer, Benjamin Teamleiter Stab Abteilung Raumplanung, Amt für Raumentwicklung, Kanton Zürich Moser, Peter Stv. Chef Statistisches Amt, Kanton Zürich Mottas, Hervé Collaborateur scientifique, Service de l'enseignement secondaire du deuxième degré, Canton de Fribourg Mouchet, Sophie Statisticienne, Office cantonal de la statistique, Canton de Genève Müller, Nicolas Chef de secteur planification et économie de la santé, Direction générale de la santé, Canton de Genève Nussbaum, Peter Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung Bildungsplanung, Kanton Zürich Planzer, Beat Abteilungsleiter Gesundheitsversorgung, Amt für Gesundheit, Kanton Uri Rietschin, Roland Directeur Office cantonal de la statistique, Canton de Genève Schelble, Brigitte Raumplanerin, Amt für Raumplanung, Kanton Solothurn Wicki Martin, Magdalena Collaboratrice scientifique, Service de la santé publique, Canton de Fribourg Villiger, Simon Leiter Fachstelle für Statistik, Amt für Raumplanung, Kanton Zug Wahl, Hannes Abteilungsleiter Kantonalplanung und Grundlagen, Amt für Raumplanung, Kanton Zug Interviews mit weiteren Akteuren Bopp, Matthias Can, Ensar

Projektleiter, Epidemiology, Biostatistics and Prevention Institute (EBPI), Universität Zürich Wissenschaftlicher Mitarbeiter Wirtschaftspolitik & Bildung, Economiesuisse (Telefoninterview)

2009

BBl 2019

Cotter, Stéphane D'Amato, Gianni Erhart, Thomas Häberling, Isabel Hanika, Alexander Hepenstrick, Christian Jäggi, Simon Kohli, Raymond Konrad, Hanspeter Lampart, Daniel Menthonnex, Jacques Moresi, Enrico Reichlmaier, Axel Rühli, Lukas Schwyn, Markus Sommer, Bettina Steiner, Ilka Tissot, Yvonne Tønnessen, Marianne Wanner, Philippe Weigel, Stefan

2010

Chef Sektion Demografie und Migration, Bundesamt für Statistik, BFS Professeur et directeur de l'Institut Forum suisse pour l'étude des migrations et de la population, Université de Neuchâtel Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Amt für Statistik, Liechtenstein Senior Consultant, Wüest Partner AG (Telefoninterview) Bereichsleiter, Direktion Bevölkerung, Analyse und Prognose, Statistik Austria Senior Economist, Economic Analysis, Schweizerische Nationalbank SNB (Telefoninterview) Ressortleiter Wachstum und Wettbewerbspolitik, Staatssekretariat für Wirtschaft, SECO (Telefoninterview) Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Section Démographie et Migration, Bundesamt für Statistik, BFS Direktor Schweizerischer Pensionskassenverband ASIP (Email-Austausch) Chefökonom, Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB (Telefoninterview) Pensionierter Demograf Leiter Bereich Bevölkerung, Wirtschaft, Raum & Register, Statistik Luzern LUSTAT Leiter Ressort Projekte und Grundlagen, Santésuisse Senior Fellow, Avenir Suisse (Telefoninterview) Abteilungsleiter Bevölkerung und Bildung, Bundesamt für Statistik, BFS Referatsleiterin Demografische Analysen und Methoden, Vorausberechnungen, Geburten, Sterbefälle, DESTATIS Statistisches Bundesamt, Deutschland Scientific collaborator, Institut de Démographie et Socioéconomie, Université de Genève Angebotsplanung, SBB Personenverkehr, Schweizerische Bundesbahnen SBB Senior Adviser, Statistics Norway Professeur, Institut de Démographie et Socioéconomie, Université de Genève Fachspezialist Verkehrsökonomie und Statistik, Schweizerische Bundesbahnen SBB

BBl 2019

Anhang 1

Vorgehensweise der Evaluation Ziele der Politik:

Mit den Szenarien der Bevölkerungsentwicklung der Schweiz werden plausible Entwicklungen der ständigen Wohnbevölkerung der Schweiz in den nächsten Jahrzehnten beschrieben.

Diese sollen verschiedenen Bereichen der Politik eine elementare Planungsgrundlage liefern.


Dies wird erreicht durch:

Im Auftrag des Bundesrates und in Zusammenarbeit mit weiteren Bundesämtern erstellt das BFS periodisch Szenarien der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung in der Schweiz.

Dies geschieht auf Basis bestimmter Hypothesen über die Entwicklung der Fruchtbarkeit, der Sterblichkeit und der Migration, wodurch mit Hilfe der Fortschreibungsmethode der jährliche zukünftige Bevölkerungsstand ermittelt wird.


Fokus der Evaluation:

Fragestellungen der Evaluation:

Aufgrund der Kritik an der Genauigkeit der Szenarien und an der Unabhängigkeit des BFS bei der Szenarienerarbeitung beleuchtet die Evaluation die Rolle der verschiedenen Akteure im Erarbeitungsprozess der Szenarien 2015 und die Angemessenheit der nationalen und der kantonalen Szenarien für die Nutzenden. Zudem wurden die Abweichungen der Szenarien des BFS aus den Jahren 2002, 2005 und 2010 einerseits über die Zeit genauer analysiert und andererseits mittels internationalen Vergleichen die Genauigkeit der Szenarien jener von vier Vergleichsländern gegenübergestellt.







Ist die Genauigkeit der nationalen und der kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS angemessen?

Ist der Erarbeitungsprozess der nationalen und der kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS geeignet?

Sind die nationalen und die kantonalen Bevölkerungsszenarien des BFS angemessen?


Durchgeführte Analysen:

­ ­ ­ ­

Statistische Analyse Dokumentenanalyse Interviews Internationaler Vergleich

2011

BBl 2019

Anhang 2

Erarbeitung von Szenarien in der Schweiz und in den vier Vergleichsländern Schweiz

Deutschland

Liechtenstein

Norwegen

Österreich

Organisationseinheit

Bundesamt für Statistik (BFS)

DESTATIS, Statistisches Bundesamt

Amt für Statistik, Fürstentum Liechtenstein

Statistisk sentralbyrå / Statistics Norway

STATISTIK AUSTRIA Bundesanstalt Statistik

Unabhängigkeit

Fachlich unabhängig nach Art. 3 Abs. 1 BStatG

Unabhängig nach § 1 BStatG

Fachlich unabhängig nach StatG Art. 5

Unabhängig nach Act No. 54 of June 16 1989

Objektivität nach § 14 BstatG, als Bundesanstalt unabhängig

Vorgehen nationale Szenarien

Als erstes erarbeitet das BFS eine Analyse der historischen Daten. Die Ergebnisse werden im Anschluss mit Expertinnen/Experten (Fertilität/Mortalität und Migration) diskutiert. Daraus werden Hypothesen abgeleitet, die mit der Begleitgruppe der Bundesverwaltung diskutiert werden. Berechnung der Modelle im Anschluss durch das BFS.

Die Entwicklung der Geburten, der Sterblichkeit und der Migration werden analysiert und daraus ein Trend abgeleitet. Die Annahmen werden mit einem Expertenkreis besprochen. Daraus ergeben sich Szenarien, die erstens für Deutschland und in einem 2. Schritt für die Bundesländer berechnet werden.

Die Ausgangsdaten für die Szenarien umfassen Geburtenraten, Sterberate (vom BFS der Schweiz) und den Migrationssaldo. Für das Trendszenario wurden die verschiedenen Komponenten aus der Vergangenheit weitergerechnet.

Die weiteren Szenarien wurden in einem Workshop mit Ministerien festgelegt. Die drei erstellten Szenarien unterscheiden sich einzig hinsichtlich der Migration.

Statistics Norway berechnet Daten aus der Vergangenheit zur Fertilität, Mortalität und Migration und erarbeitet Modelle für die Zukunft.

Diese werden mit Referenzgruppen für Fertilität, Mortalität und Migration besprochen. Anschliessend werden für jede der Komponente fünf Annahmen getroffen, die sich zu 15 Szenarien kombinieren lassen.

Basis für die Szenarien bilden Modelle für Fertilität, Mortalität und Migration (eigene und solche der Akademien). Hypothesen für Fertilität und Mortalität sind eher datengeleitet, während jene für die Migration stärker auf Expertenmeinungen abstützen.

Vorgehen subnationale Szenarien

Aus den nationalen werden die kantonalen Hypothesen abgeleitet welche mit Vertretenden der Kantone diskutiert werden.

Für die Länder gelten dieselben Grundannahmen plus ein Modell für die Binnenmigration.

Eine Regionalisierung der Szenarien wird nicht vorgenommen.

Für die Regionen gibt es eine Kombination der nationalen Annahmen mit regionalen Daten.

Für die Regionen: Gemischter Ansatz. Migration Top-down, Fertilität mit nationalen und regionalen Modellen, dann wird dies angepasst bis der Durschnitt passt. Mortalität wiederum Top-down.

Einbezogene Akteure

Expertinnen/Experten zur Fertilität/Mortalität und Migration, Mitarbeitende der Bundesverwaltung und der Kantone.

Expertenkreis mit Personen mehrheitlich aus der Wissenschaft wird zur Beratung beigezogen.

Workshop mit verschiedenen Ministerien.

Expertinnen/Experten. Verwaltung nicht einbezogen im Prozess, jedoch vereinzelt Expertinnen/Experten aus der Verwaltung.

Verschiedene Expertengruppen mit Vertretenden der Ministerien, der Länder, Interessenvertretern und der Wissenschaft.

Modell

Kohorten-Komponenten-Modell

Kohorten-Komponenten-Modell

Kohorten-Komponenten-Modell

Kohorten-Komponenten-Modell

Kohorten-Komponenten-Modell

Offizielle Entscheidungshoheit

Bundesamt für Statistik

DESTATIS

Konsens der Begleitgruppe

Statistics Norway

Statistik Austria

2012

BBl 2019

Schweiz

Deutschland

Liechtenstein

Norwegen

Publikationszyklus

5 Jahre

3 Jahre

10 Jahre (zukünftig 5)

2 Jahre, teils jährlich

3­4 Jahre, jährlich aktualisiert

Anzahl Szenarien

3 (+ 8 Varianten)

8 (+ 3 Modellrechnungen)

3

15

3

0,39 %

0,47 %

­0,63 %

0,35 %

0,3 % (2000­2015)

0,5 % (2009­2015)

0,6 % (2000­2015)

0,5 % (2000­2015)

Durchschn. Abweichung ­0,86 % der Szenarien Durchschn. Anteil des Wanderungssaldo im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung

0,8 % (2000­2015)

Bemerkung

Zum Referenzszenario wurden zusätzlich 8 Varianten erarbeitet, bei welchen jeweils die Hypothese einer Komponente (Mortalität, Fertilität, Migration) verändert wurde.

2005 wurden die Szenarien für Liechtenstein noch vom Kanton ZH erarbeitet, 2015 die ersten eigenen.

Österreich

Mittlere Variante wird als Prognose angesehen.

2013

BBl 2019

Impressum Durchführung der Untersuchung Dr. Felix Strebel (Projektleitung) Elodie Sierro (wissenschaftliche Mitarbeit) Dr. Nicolas Grosjean (wissenschaftliche Mitarbeit) Andreas Tobler (wissenschaftliche Mitarbeit) Dank Die PVK dankt dem Bundesamt für Statistik für die Bereitstellung von Dokumenten und Daten sowie für seine Auskünfte. Ein Dank gilt zudem allen Gesprächspartnerinnen und -partnern vom Bund, von Kantonen und aus weiteren Kreisen für ihre bereitwillige Teilnahme an den Interviews und für die erteilten Auskünfte.

Kontakt Parlamentarische Verwaltungskontrolle Parlamentsdienste CH-3003 Bern Tel. +41 58 322 97 99 E-Mail: pvk.cpa@parl.admin.ch www.parlament.ch > Organe > Kommissionen > Parlamentarische Verwaltungskontrolle Originalsprache des Berichts: Deutsch

2014