19.017 Botschaft über die Genehmigung der Vereinbarung zwischen der Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein einerseits und der Europäischen Union andererseits zur Beteiligung dieser Staaten an der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen (eu-LISA) vom 13. Februar 2019

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf des Bundesbeschlusses zur Genehmigung der Vereinbarung zwischen der Europäischen Union einerseits und dem Königreich Norwegen, der Republik Island, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein andererseits zur Beteiligung dieser Staaten an der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

13. Februar 2019

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2018-3433

2119

Übersicht Die Botschaft vom 23. Mai 2012 und die Zusatzbotschaft vom 6. Juli 2016 bezweckten zum einen die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011. Zur effektiven Beteiligung der Schweiz an der Agentur eu-LISA haben die Schweiz und die drei weiteren an Schengen und Dublin assoziierten Staaten mit der Europäischen Union eine Vereinbarung ausgehandelt und abgeschlossen, in der die Modalitäten für deren Beteiligung an der Agentur festgelegt werden. Mit der vorliegenden Botschaft soll diese Vereinbarung den Eidgenössischen Räten zur Genehmigung unterbreitet werden.

Ausgangslage Die Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist von der Schweiz im Dezember 2016 als Weiterentwicklung des Schengen- und des «Dublin/Eurodac»-Besitzstands übernommen worden.

Sie sieht vor, «dass nach den einschlägigen Bestimmungen der jeweiligen Assoziierungsabkommen Vereinbarungen getroffen werden, um unter anderem Art und Umfang der Beteiligung der Länder, die bei der Umsetzung, Anwendung und Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands und Eurodac-bezogener Massnahmen assoziiert sind, an den Arbeiten der Agentur sowie detaillierte Vorschriften dafür, einschliesslich Bestimmungen zu Finanzbeiträgen, Personal und Stimmrechten, festzulegen.» Zu diesem Zweck ist eine Vereinbarung zwischen der Schweiz und den anderen assoziierten Staaten einerseits und der Europäischen Union andererseits ausgehandelt worden.

Die Tragweite des Bundesbeschlusses, der dem Parlament im Dezember 2016 unterbreitet worden ist, war auf die Übernahme des Grunderlasses, d. h. der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung der Agentur beschränkt. Die vollständige Umsetzung der Verordnung kann jedoch erst durch das formelle Inkrafttreten der ausgehandelten Zusatzvereinbarung erfolgen. Gegenstand dieser Botschaft ist somit die Genehmigung der Zusatzvereinbarung zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an der europäischen Agentur mit dem offiziellen Namen «eu-LISA».

Inhalt der Vorlage Die Zusatzvereinbarung umfasst fünfzehn Artikel und vier Anhänge, in denen die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz und der anderen assoziierten Staaten an der Agentur eu-LISA Punkt für Punkt geregelt sind.

In Bezug auf
die Mitspracherechte konnte die Schweiz insofern Rechte aushandeln, die insofern weiter gehen als die ordentlichen Rechte gemäss dem SchengenAssoziierungsabkommen (SAA) (d. h. das «decision shaping right»), als dass ihre Vertreterinnen und Vertreter für gewisse abschliessend aufgezählte Belange auch formelle Stimmrechte haben (d. h. «decision making rights»). Was die Berechnung der finanziellen Beiträge betrifft, steht die vorgeschlagene Lösung im Einklang mit

2120

dem Verhandlungsmandat. Gemäss der Zusatzvereinbarung wird für alle heutigen und künftigen von der Agentur betriebenen IT-Systeme, einschliesslich der Systeme in Verbindung mit Dublin, der Berechnungsschlüssel des SAA, der sogenannte Schengen-Schlüssel, angewendet. Davon ausgenommen ist der Beitrag für die Betriebskosten von «Eurodac», für die wie bisher der «Eurodac-Schlüssel» angewendet wird. Das Ergebnis der Verhandlungen als solches entspricht somit dem Verhandlungsmandat und den Erwartungen.

Die Zusatzvereinbarung enthält ferner Bestimmungen zur Rechtsstellung und Haftung der Agentur sowie zum Umfang der Gerichtsbarkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union hinsichtlich der Agentur. Ein Artikel regelt unter Verweis auf einen Anhang die Vorrechte und Immunitäten. Die Vereinbarung regelt überdies das Statut des Personals der Agentur, das Recht der Schweizer Staatsangehörigen, als Bedienstete der Agentur eingestellt zu werden, sowie das Regime für offiziell an die Agentur abgeordnete Schweizer Sachverständige und Vertreterinnen und Vertreter.

Weitere Bestimmungen organisieren durch den Verweis auf einen Anhang die Betrugsbekämpfung sowie das Verfahren zur Beilegung allfälliger Streitigkeiten zwischen den Parteien. Schliesslich werden auch das Inkrafttreten, die Gültigkeit der Vereinbarung sowie deren Beendigung festgelegt. Die vorgeschlagenen Regelungen sind in all diesen Punkten ähnlich wie jene für die Beteiligung der Schweiz an anderen EU-Agenturen und entsprechen folglich dem Verhandlungsmandat.

Der Inhalt der Vereinbarung ist ausgewogen und zufriedenstellend.

2121

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Handlungsbedarf und Ziele

Gegenstand der Botschaft Diese Botschaft bezieht sich auf die Genehmigung der Zusatzvereinbarung zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts mit dem offiziellen Namen «eu-LISA» (European Union large-scale Information Systems Agency, früher IT-Agentur genannt).

Die Agentur eu-LISA (im Folgenden: die Agentur) ist formell eine Institution der EU. Sie wurde durch die Verordnung (EU) Nr. 1077/20111 geschaffen. Die Agentur hat ihren Sitz in Tallinn (Estland). Sie hat ihre Arbeit am 1. Dezember 2012 aufgenommen.

Mit der Verordnung Nr. 1077/2011 wird das langfristige Betriebsmanagement des Visa-Informationssystems (VIS), von Eurodac, des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II), des Einreise-/Ausreisesystems (Entry Exit System, EES) und des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (European Travel Information and Authorization System, ETIAS) von der Europäischen Kommission auf die Agentur übertragen. Die Errichtung der Agentur hat einerseits konkret zur Folge, dass eine neue institutionelle Struktur geschaffen wird, da die mit dem Betrieb der Informationssysteme beauftragten Organe nun in die Agentur integriert werden und nicht mehr in der Europäischen Kommission angesiedelt sind; andererseits werden auch die Verantwortung und die Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betrieb der Systeme von der Kommission auf die Agentur übertragen.

Später könnte die Agentur auch mit der Entwicklung und dem anschliessenden Betrieb anderer IT-Systeme im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechtes beauftragt werden (Justiz und Inneres, JI), sofern diese neuen Systeme ordnungsgemäss durch einen neuen Rechtsakt der EU begründet werden. Die Agentur verfügt jedoch über keine normativen Kompetenzen. Denn der Hauptauftrag der Agentur besteht darin, das Betriebsmanagement der ihr übertragenen IT-Grosssysteme sicherzustellen, damit diese Systeme das ganze Jahr über rund um die Uhr funktionieren und somit einen stetigen, ununterbrochenen Datenaustausch gewährleisten.

1

Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (ABl. L 286 vom 1.11.2011, S. 1); zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) 2017/2226 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2017 über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES) zur Erfassung der Ein- und Ausreisedaten sowie der Einreiseverweigerungsdaten von Drittstaatsangehörigen an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten und zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zum EES zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken, ABl. L 327 vom 9.12.2017, S. 20.

2122

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Als assoziierter Staat des Schengen/Dublin-Raums beteiligt sich die Schweiz bereits an der Nutzung der Informationssysteme SIS, VIS, Eurodac und EES und dürfte sich demnächst über das Verfahren zur formellen Übernahme der Verordnung zur Errichtung des ETIAS als Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands am ETIAS beteiligen.

Die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 hatte für die Schweiz hauptsächlich zur Folge, dass ihre Beteiligung im Rahmen der neuen institutionellen Struktur gemeinsamen festgelegt wird. Sie erforderte aber auch, dass zwischen der EU einerseits und der Schweiz und den anderen assoziierten Staaten (Norwegen, Island, Liechtenstein) andererseits eine Zusatzvereinbarung abgeschlossen wird. In dieser Vereinbarung sollten Art und Umfang der Beteiligung der assoziierten Staaten an der Agentur sowie die diesbezüglichen Vorschriften detailliert festgelegt werden. Mit dieser Botschaft soll der Inhalt dieser Vereinbarung im Hinblick auf deren Genehmigung dargelegt werden.

In der Zwischenzeit ist die Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 durch die von der EU am 14. November 2018 verabschiedete Verordnung (EU) 2018/17262 ersetzt worden. Die neue Verordnung wurde der Schweiz am 23. November 2018 als Weiterentwicklung des Schengen- und Dublin-Besitzstands notifiziert. Der Bundesrat hat den entsprechenden Notenaustausch an seiner Sitzung vom 14. Dezember 2018 genehmigt. Der Notenaustausch ist am selben Tag, zum Zeitpunkt der Notifikation durch die Schweiz, in Kraft getreten. Mit der neuen Verordnung werden das aktuelle System und die aktuelle Funktionsweise der Agentur modernisiert, und die Ausweitung des Aufgabenbereichs der Agentur wird genehmigt. Sie gewährt der Agentur auch die nötigen Befugnisse, damit diese eine wesentliche Rolle bei der Umsetzung und Interoperabilität der verschiedenen Informationssysteme im Bereich JI spielen kann. Es wird jedoch nicht erforderlich sein, aufgrund der Übernahme der neuen Verordnung den Inhalt des Entwurfs der am 18. November unterzeichneten Zusatzvereinbarung anzupassen.

Vorgeschichte Der Bundesrat verabschiedete am 23. Mai 2012 die Botschaft und den Entwurf für einen Bundesbeschluss zur Genehmigung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen
Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts3. Mit dieser ersten Botschaft wurde einerseits die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 beantragt; beantragt wurde andererseits eine Kompetenzdelegation an den Bundesrat im Hinblick auf den Abschluss einer Zusatzvereinbarung zwischen der Schweiz und der Europäischen Union, in der die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an der Agentur genauer festgelegt werden sollen. In der Sommer- bzw. in der Herbstsession 2012 beschloss das Parlament allerdings, die 2

3

Verordnung (EU) 2018/1726 vom 14. November 2018 über die Agentur der Europäischen Union für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA), zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 und des Beschlusses 2007/533/JI des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011, ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 99 BBl 2012 5875

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Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen, mit dem Auftrag, abzuklären, welche Auswirkungen die Übernahme der Verordnung und der Abschluss einer Zusatzvereinbarung auf die Schweiz haben. Die parlamentarische Beratung wurde somit eingestellt. Da es den assoziierten Staaten gemäss anerkannter Praxis erlaubt war, eine Schengen- oder Dublin-Weiterentwicklung gleichzeitig mit der Annahme der Zusatzvereinbarung zu übernehmen, d. h. die Übernahmefrist bis zum Abschluss einer Zusatzvereinbarung zu verlängern, konnte davon ausgegangen werden, dass die EU auch eine Verlängerung der Frist zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 akzeptiert. In der Zwischenzeit liess die EU jedoch verlauten, dass sie aus internen institutionellen Gründen diese Praxis nicht länger akzeptieren kann. So verlangte sie im Februar 2014 vom Bundesrat eine Erklärung dafür, warum die Schweiz die (am 8. November 2013 abgelaufene) Frist von höchstens zwei Jahren für die Übernahme der Verordnung nicht eingehalten hat. Aus einem Briefwechsel zwischen der Vorsteherin des EJPD und der zuständigen EU-Kommissarin geht hervor, dass die Paraphierung der Vereinbarung für die EU erst erfolgen kann, wenn alle assoziierten Staaten das gemäss deren verfassungsrechtlichen Voraussetzungen erforderliche parlamentarische Verfahren abgeschlossen und die Annahme der Verordnung bestätigt haben. Die Schweiz ihrerseits betonte, dass sie nicht bereit ist, die Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 dem Parlament zur Genehmigung zu unterbreiten, solange die EU ihr nicht bestätigt, dass der Wortlaut der Zusatzvereinbarung endgültig feststeht. Die Kommission bescheinigte den assoziierten Staaten deshalb mit Schreiben vom 21. April 2016, dass sie nicht beabsichtigt, den Wortlaut der Vereinbarung zu ändern. Auf diese Weise sollte sie den nationalen Parlamenten ermöglicht werden, die nationalen Übernahmeverfahren in voller Kenntnis der Sachlage abzuschliessen.

Der Bundesrat schlug darauf in einer Zusatzbotschaft4 vom 6. Juli 2016 vor, das ursprünglich im Jahr 2012 vorgesehene Verfahren anzupassen. Er beantragte dem Parlament, die Verordnung in Kenntnis des Inhalts des Vereinbarungsentwurfs zu übernehmen. Neben den Problemen mit dem Fristablauf hing die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Verfahrens somit auch mit der Blockade zusammen, die aus der Praxisänderung
der EU resultierte. Das vom Bundesrat gewählte neue Verfahren bot die Möglichkeit, die Blockade im Hinblick auf die Paraphierung und Unterzeichnung der Zusatzvereinbarung aufzuheben.

In seiner Zusatzbotschaft zeigt der Bundesrat detailliert auf, welche finanziellen und technischen Auswirkungen die Übernahme der Weiterentwicklung in Anbetracht des nunmehr bekannten Inhalts des Vereinbarungsentwurfs hat. Damit wurde der Auftrag des Parlaments des Jahres 2012 erfüllt, «zuerst die finanziellen, technischen und weiteren Auswirkungen auf die Schweiz abzuklären», wodurch dem Parlament ermöglicht wurde, in voller Kenntnis der Sachlage zur Übernahme der Verordnung Stellung zu nehmen.

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Notenaustauschs betreffend die Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 durch die Schweiz ist vom Parlament am 16. Dezember 20165 genehmigt worden. Die Referendumsfrist ist am 4 5

BBl 2016 6503 BBl 2016 8953; AS 2017 2633

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7. April 2017 ungenutzt abgelaufen. Die Schweiz hat die EU mit einer Note vom 11. April 2017 über die Erfüllung ihrer verfassungsrechtlichen Voraussetzungen unterrichtet. Der Notenaustausch ist am selben Tag in Kraft getreten.

Rechtfertigung für den Abschluss einer Vereinbarung Artikel 37 der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 sieht ausdrücklich Folgendes vor: «Nach den einschlägigen Bestimmungen der Abkommen über ihre Assoziierung werden Vereinbarungen ausgearbeitet, um unter anderem Art und Umfang der Beteiligung der Länder, die bei der Umsetzung, Anwendung und Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands und Eurodac-bezogener Massnahmen assoziiert sind, an den Arbeiten der Agentur sowie detaillierte Vorschriften dafür, einschliesslich Bestimmungen zu Finanzbeiträgen, Personal und Stimmrechten, festzulegen.» Da in der Zusatzvereinbarung die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an der Agentur festgelegt werden, ist ihr Abschluss unabdingbar, damit die Schweiz voll und ganz in der Agentur mitwirken kann, die für den Betrieb der IT-Systeme zuständig ist, an welchen sich die Schweiz seit ihrer Assoziierung an Schengen und Dublin beteiligt, und damit die Rechte der Schweiz aus den Schengen- und DublinAssoziierungsabkommen bestmöglich gewahrt werden. Ohne diese Vereinbarung bestünde es keine Rechtsgrundlage, die es den Vertreterinnen und Vertretern der Schweiz unter anderem den Einsitz als vollwertige Mitglieder in den Organen der Agentur sowie die Stimmbeteiligung zu ermöglichen.

Durch die Genehmigung der Zusatzvereinbarung werden daher die Rechte und Pflichten der Schweiz in der Agentur präzisiert und formalisiert. Der Schweiz (wie auch den anderen assoziierten Staaten) bietet sich dadurch im Gegensatz zur heutigen Situation insbesondere die Gelegenheit, formelle Stimmrechte zu erhalten, zumindest insoweit, als sich diese Rechte bloss auf rein operative Entscheidungen beziehen.

1.2

Verhandlungsverlauf und -ergebnis

Das Verhandlungsmandat der Schweiz wurde vom Bundesrat am 25. Mai 2011 verabschiedet, während der Beschluss des Rates der Europäischen Union zur Genehmigung der Eröffnung der Verhandlungen am 16. Juli 2012 gefasst wurde.

Die Verhandlungen wurden gemeinsam mit den anderen assoziierten Staaten, d. h.

Norwegen, Liechtenstein und Island, geführt. Die erste Verhandlungsrunde fand im Oktober 2012 statt. Darauf folgten fünf weitere Verhandlungsrunden sowie ein reger Austausch zwischen den Verhandlungsdelegationen bis Anfang 2016. Erwartungsgemäss konzentrierten sich die Gespräche zum einen auf den Umfang der Stimmrechte der Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz und der anderen assoziierten Staaten in den Organen der Agentur, namentlich die Bestimmung der Liste der Beschlüsse, über die die Schweiz und die anderen assoziierten Staaten abstimmen dürfen. Zum anderen stand die Festlegung des Berechnungsschlüssels und die Einzelheiten für ihre finanziellen Beiträge an die Agentur im Vordergrund. Die meisten anderen Punkte der Vereinbarung hingegen gaben nur zu wenig Diskussionen Anlass, sei dies, weil sich die Parteien einig waren, oder weil es sich um übliche Fragen 2125

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handelt, für die Standardlösungen bestehen, oder aber, weil die Punkte lediglich von untergeordneter Bedeutung sind.

Die Verhandlungen sind offiziell seit Anfang 2016 abgeschlossen. Dies wurde von der Kommission mit Schreiben vom 21. April 2016 bestätigt. So konnte der Bundesrat dem Parlament die Zusatzbotschaft vom 6. Juli 2016 über die Übernahme der Verordnung unterbreiten. Nach einer gewissen Zeit im Jahr 2017, während der der Text formell auf den neusten Stand gebracht wurde, ist er am 15. Juni 2018 paraphiert worden. In der Folge hat der Bundesrat am 14. September 2018 beschlossen, die Unterzeichnung der Vereinbarung zu genehmigen. Diese erfolgte am 8. November 2018.

Der Bundesrat hielt im von ihm erteilten Verhandlungsmandat folgende Vorgaben fest: ­

möglichst umfassende Stimmrechte;

­

Beitragsberechnung gemäss Berechnungsschlüssel des Schengener Assoziierungsabkommens (SAA)6;

­

vergleichbare Beteiligungsmodalitäten der Schweiz wie in der Frontex-, Aussengrenzenfonds- oder Komitologie-Vereinbarung7.

Der Wortlaut der Zusatzvereinbarung, auf den sich die Verhandlungsführerinnen und -führer einigen konnten, räumt den assoziierten Staaten mehr Mitspracherechte ein, als die in den Assoziierungsabkommen normalerweise vorgesehenen Rechte («decision shaping rights»), da sie auch formelle Stimmrechte («decision making rights») für gewisse abschliessend aufgezählte Belange beinhalten. Für die Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz ist jedoch kein formelles Stimmrecht vorgesehen bei Fragen im Zusammenhang mit den Institutionen, den Verfahren, der Rechtsstellung und den Finanzen der EU.

In Bezug auf die Berechnung der finanziellen Beiträge steht die vorgeschlagene Lösung im Einklang mit dem Verhandlungsmandat. In der Vereinbarung ist für sämtliche von der Agentur betriebenen heutigen und künftigen Informationssysteme 6

7

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands; SR 0.362.31 Vgl. Vereinbarung vom 20. September 2009 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein einerseits sowie der Europäischen Gemeinschaft andererseits zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung dieser Staaten an der Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (Frontex-Vereinbarung; SR 0.362.313); Vereinbarung vom 19. März 2010 zwischen der Europäischen Gemeinschaft sowie der Republik Island, dem Königreich Norwegen, der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Fürstentum Liechtenstein über zusätzliche Regeln im Zusammenhang mit dem Aussengrenzenfonds für den Zeitraum 2007­2013 (Vereinbarung über den Aussengrenzenfonds; SR 0.362.312); Vereinbarung vom 22. September 2011 zwischen der Europäischen Union sowie der Republik Island, dem Fürstentum Liechtenstein, dem Königreich Norwegen und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Beteiligung dieser Staaten an der Arbeit der Ausschüsse, die die Europäische Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse in Bezug auf die Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands unterstützen (Komitologie-Vereinbarung; SR 0.362.11).

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einschliesslich der Systeme in Verbindung mit Dublin die Anwendung des sogenannten Schengen-Berechnungsschlüssels verankert. Davon ausgenommen ist der Beitrag für den Betriebsaufwand von «Eurodac», der weiterhin gemäss dem im Dublin-Assoziierungsabkommen (DAA)8 vorgesehenen Eurodac-Schlüssel berechnet wird. Obwohl die beiden Schlüssel auf dieselbe Weise berechnet werden, wird beim Schengen-Schlüssel als Koeffizient der Prozentsatz des Bruttoinlandproduktes der Schweiz zum Bruttoinlandprodukt aller teilnehmenden Staaten verwendet, der jährlich angepasst wird (Art. 11 Abs. 2 und 3 SAA), während der Koeffizient beim Eurodac-Schlüssel auf 7,286 Prozent der für das betreffende Haushaltsjahr vorgesehenen Haushaltsmittel festgelegt ist (Art. 8 Abs. 1 DAA).

Die übrigen Punkte waren Gegenstand von Gesprächen, die im Wesentlichen oder ausschliesslich formeller Natur waren. Dies trifft namentlich auf die Bestimmungen zu den Vorrechten und Immunitäten zu, deren Formulierung auf Antrag der EUDelegation grundlegend überarbeitet worden ist, wodurch die Verhandlungen deutlich in die Länge gezogen worden sind, obschon der Inhalt gegenüber den entsprechenden Bestimmungen der anderen bereits in Kraft getretenen Zusatzvereinbarungen materiell nicht geändert hat.

1.3

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 27. Januar 20169 über die Legislaturplanung 2015­2019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 201610 über die Legislaturplanung 2015­2019 angekündigt worden. Der Abschluss der Vereinbarung ist erforderlich, damit sich die Schweiz voll und ganz an der Agentur eu-LISA, einem zentralen Instrument der Schengen- und Dublin-Zusammenarbeit, beteiligen kann.

2

Verzicht auf ein externes Vernehmlassungsverfahren

Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Vernehmlassungsgesetzes vom 18. März 200511 (VlG) findet ein Vernehmlassungsverfahren statt bei den Vorbereitungsarbeiten zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen, die nach Artikel 140 Absatz 1 Buchstabe b oder nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 der Bundesverfassung (BV)12 dem Referendum unterliegen oder wesentliche Interessen der Kantone betreffen. Nach Artikel 3a Absatz 1 VlG kann jedoch auf ein Vernehmlassungsverfahren verzichtet werden, wenn das Vorhaben vorwiegend die Organisation oder das 8

9 10 11 12

Abkommen vom 26. Oktober 2004 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über die Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz gestellten Asylantrags (DAA); SR 0.142.392.68 BBl 2016 1105 BBl 2016 5183 Bundesgesetz vom 18. März 2005 über das Vernehmlassungsverfahren (VlG); SR 172.061.

SR 101

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Verfahren von Bundesbehörden oder die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bundesbehörden betrifft (Bst. a) oder keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind, weil die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind, insbesondere, weil über den Gegenstand des Vorhabens bereits eine Vernehmlassung durchgeführt worden ist (Bst. b).

Im Verfahren zur Übernahme der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 in den Jahren 2012 und 2016 war bereits auf eine Vernehmlassung verzichtet worden mit der Begründung, dass die zur Frage stehende Weiterentwicklung technischer Natur war, da es sich um eine institutionelle Umstrukturierung des Betriebsmanagements der IT-Systeme innerhalb der EU handelte, an denen sich die Schweiz im Rahmen ihrer Assoziierung an Schengen und Dublin bereits beteiligte. Die Kantone und die politischen Parteien waren bereits zum Grundsatz der Beteiligung der Schweiz an von der Agentur betriebenen Systeme konsultiert worden. Im Übrigen konnten die Kantone die Erarbeitung der zu übernehmenden Verordnung verfolgen, als die Schweiz ihr Recht wahrnahm, an der Ausarbeitung der Schengen-Weiterentwicklungen mitzuwirken. Sie konnten im Rahmen der üblichen Informationsverfahren in den Bereichen Schengen und Dublin auch den Verlauf der Verhandlungen zum Inhalt der Vereinbarung beobachten.

Im vorliegenden Fall wurde aus denselben Gründen ebenfalls auf die Durchführung einer Vernehmlassung zur Unterzeichnung der Vereinbarung sowie zur vorliegenden Botschaft verzichtet: Da sich seit 2016 keine wesentlichen Änderungen ergeben haben, sind die Positionen der interessierten Kreise bekannt und von einem Vernehmlassungsverfahren keine neuen Erkenntnisse zu erwarten. Der Inhalt der Vereinbarung war bereits in der Zusatzbotschaft des Bundesrates vom 6. Juli 2016 im Einzelnen beschrieben worden. Da die Zusatzbotschaft keinen Anlass zu Einwänden gegeben hatte, ist davon auszugehen, dass die Positionen der interessierten Kreise bekannt sind und folglich von einer Vernehmlassung im Sinne von Artikel 3a Absatz 1 Buchstabe b VlG keine neuen Erkenntnisse zu erwarten sind.

3

Grundzüge der Vereinbarung

Überblick über den Inhalt Die Vereinbarung umfasst fünfzehn Artikel und vier Anhänge, die Bestandteil der Vereinbarung sind (Art. 13). Anhang II zu den Vorrechten und Immunitäten enthält ebenfalls vier Anlagen, jeweils eine pro assoziierten Staat. Der Inhalt der Vereinbarung wurde bereits bei der Verabschiedung der Zusatzbotschaft des Bundesrates vom 6. Juli 2016 dargelegt. Die vorliegende Botschaft ergänzt und präzisiert die darin enthaltenen Informationen.

Die Artikel 1­3 behandeln den Umfang der Stimm- und Mitspracherechte der assoziierten Staaten im Verwaltungsrat («Management Board») und in den Beratergruppen («Advisory Groups»). Artikel 4 enthält Bestimmungen zu den finanziellen Beiträgen. Er wird durch Anhang I ergänzt, in dem die Formel zur Berechnung der Beiträge beschrieben wird. Die Artikel 5, 6 und 7 behandeln die Rechtsstellung und die Haftung der Agentur sowie den Umfang der ausschliesslichen Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union für die Agentur. Artikel 8 verweist in Bezug 2128

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auf die Vorrechte und Immunitäten auf Anhang II. Die Artikel 9 und 10 regeln das Statut des Personals der Agentur, das Recht der Staatsangehörigen der Schweiz und der anderen assoziierten Staaten, von der Agentur als Bedienstete eingestellt zu werden, sowie die Bestimmungen für von der Schweiz oder den anderen assoziierten Staaten offiziell an die Agentur abgeordnete Beamtinnen und Beamte sowie Sachverständige. Die Artikel 11 und 12 regeln durch Verweis auf Anhang III die Bekämpfung von Betrug zulasten der finanziellen Interessen der EU bzw. das Streitbeilegungsverfahren. Artikel 14 schliesslich enthält die Bestimmungen zum Inkrafttreten der Vereinbarung, Artikel 15 diejenigen zur Gültigkeit und Beendigung der Vereinbarung.

Die Vereinbarung ist so formuliert, dass sie auch für künftige neue Informationssysteme gelten kann, deren Betrieb der Agentur übertragen wird und an denen sich die Schweiz beteiligen will. Für die Beteiligung der Schweiz an neuen Informationssystemen ist jedoch auf jeden Fall eine formelle Übernahme der Rechtsakte der EU erforderlich, mit denen die Systeme errichtet und die betreffende Befugnisse der Agentur übertragen werden. Diese erfordert eine Genehmigung durch das Parlament und ein fakultatives Referendum in allen gesetzlich vorgesehenen Fällen . Die Vereinbarung muss hingegen nicht mehr angepasst werden, wenn eine solche Weiterentwicklung von der Schweiz übernommen wird.

Da sich die Vereinbarung darauf beschränkt, die Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an der Agentur im Einzelnen zu regeln, ohne das Schweizer Recht zu ändern, ist keine Umsetzung in nationales Recht erforderlich.

Würdigung Der Inhalt der Vereinbarung ist ausgewogen. Aufgrund der Gewährleistung von Mitspracherechten, die verständlicherweise eingeschränkter sind als jene der EUMitgliedstaaten, aber doch umfassender als jene, die den assoziierten Staaten durch ihre jeweiligen Schengen- und Dublin-Assoziierungsabkommen zugesichert werden, kann der Inhalt der Vereinbarung als Erfolg betrachtet werden.

Die Lösung zur Festlegung der finanziellen Beiträge der Schweiz für ihre Mitwirkung an einer Institution der EU (hauptsächlich «Schengen-Schlüssel», ausser für den Beitrag an den Betriebsaufwand von Eurodac, der gemäss dem «EurodacSchlüssel» berechnet wird) entspricht den Leitlinien des Verhandlungsmandats
und ist für die Schweiz die vorteilhafteste und zufriedenstellendste Lösung.

Ansonsten sind die erzielten Regelungen, wie im Verhandlungsmandat gefordert, zumindest ähnlich wie jene für die Beteiligung der Schweiz an anderen EUAgenturen.

2129

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4 Art. 1

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen der Vereinbarung Umfang der Beteiligung

In Artikel 1 der Vereinbarung ist der Grundsatz verankert, dass sich die Schweiz zu den in der Vereinbarung festgelegten Bedingungen in vollem Umfang an den in der Verordnung zur Errichtung der Agentur genannten Tätigkeiten beteiligt.

Art. 2

Verwaltungsrat

Artikel 2 Absatz 1 hält fest, dass die Schweiz im Verwaltungsrat der Agentur vertreten ist.

Im zweiten Absatz werden in einem ersten Unterabsatz die Beschlüsse des Verwaltungsrates genannt, bei denen die Vertreterin oder der Vertreter der Schweiz gleich wie die Vertreterinnen und Vertreter der EU-Mitgliedstaaten formell stimmberechtigt sind. Der Absatz ist so formuliert, dass die Stimmberechtigung auch dann noch besteht und angepasst werden kann, wenn die Verordnung in Zukunft zur Ausweitung der Kompetenzen der Agentur und des Verwaltungsrates angepasst werden sollte. Zur Sicherstellung einer effektiven Stimmberechtigung wird in einem zweiten Unterabsatz zudem ausdrücklich festgehalten, dass durch die Abstimmungsverfahren im Verwaltungsrat gewährleistet sein muss, dass die Schweiz über diese Beschlüsse abstimmen kann - dies auch dann, wenn sie im weiteren Zusammenhang mit dem Jahresarbeitsprogramm oder dem mehrjährigen Arbeitsprogramm gefasst werden.

Auf jeden Fall darf die Vertreterin oder der Vertreter der Schweiz im Verwaltungsrat zu allen Fragen, für die die Schweiz kein formelles Stimmrecht besitzt, gemäss dem allgemeinen Grundsatz nach den Artikeln 4 und 6 SAA und 2 DAA Stellungnahmen abgeben (Abs. 3).

Art. 3

Beratergruppen

Die Schweiz ist ferner in den Beratergruppen vertreten, die sich um die von der Agentur betriebenen Informationssysteme kümmern, an denen sich die Schweiz beteiligt. Die Schweiz verfügt zurzeit in vier Beratergruppen über eine Vertreterin oder einen Vertreter, eine Person pro Informationssystemen, an dem sie sich beteiligt: der Beratergruppe SIS II, der Beratergruppe VIS, der Beratergruppe EES und der Beratergruppe Eurodac. Sobald die Verordnung zum ETIAS formell übernommen worden ist, wird sie auch in der Beratergruppe ETIAS vertreten sein. Die Anzahl der Beratergruppen entwickelt sich somit abhängig davon, welche neuen Systeme der Agentur übertragen werden. Und die Anzahl der Beratergruppen, in denen Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz Einsitz haben, hängt davon ab, an welchen Systemen sich die Schweiz beteiligen will.

Nach Artikel 3 Absatz 2 verfügen die Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz in den Beratergruppen über formelle Stimmrechte hinsichtlich der Stellungnahmen der Beratergruppen zu den in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 1 (Verwaltungsrat) genannten Beschlüssen. Zu allen Fragen, für die die Schweiz kein formelles Stimm2130

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recht besitzt, dürfen die Schweizer Vertreterinnen und Vertreter in den Beratergruppen Stellungnahmen aus Sicht der Schweiz abgeben (Abs. 3).

Art. 4

Finanzielle Beiträge

Artikel 4 behandelt die finanziellen Beiträge der assoziierten Staaten zu den Einnahmen der Agentur. Dazu wird zunächst gemäss der Gliederung des Haushaltsplans der Agentur, der drei Titel umfasst, wie folgt unterschieden: einerseits die Verwaltungsaufwendungen entsprechend dem 1. Titel (Personalausgaben) und dem 2. Titel (Infrastruktur und Ausgaben für den Dienstbetrieb) des Haushaltsplans und andererseits die Ausgaben für den Dienstbetrieb gemäss dem 3. Titel des Haushaltsplans.

Des Weiteren wird unterschieden zwischen den verschiedenen von der Agentur betriebenen Systemen, d. h. dem SIS, dem VIS, dem EES, Eurodac und DubliNet, und allfälligen künftigen Systemen, die eine Weiterentwicklung des SchengenBesitzstands im Sinne des SAA oder neue Dublin- oder Eurodac-bezogene Massnahmen im Sinne des DAA darstellen.

Als neue Beiträge der Schweiz im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Agentur können ausschliesslich die Beiträge zu den Verwaltungsausgaben gemäss dem 1. und 2. Titel des Haushaltsplans der Agentur betrachtet werden (siehe Punkt iii unten). Die Beiträge an die Ausgaben für den Dienstbetrieb, d. h. den 3. Titel des Haushaltsplans der Agentur (siehe Punkt ii unten) werden von der Schweiz für jedes System, an dem sie beteiligt ist, bereits auf Grundlage des SAA und des DAA bezahlt.

i. Grundsatz In Artikel 4 Absatz 1 ist der Grundsatz verankert, wonach die Beiträge jedes assoziierten Staats jeweils auf die Informationssysteme begrenzt sind, an denen die einzelnen Länder beteiligt sind.

Artikel 4 verweist des Weiteren auf Anhang I der Vereinbarung, in dem die Formel zur Berechnung der Ausgaben für den Dienstbetrieb (Ziff. 1.1, 1.2 und 1.3) und der Verwaltungsausgaben (Ziff. 1.4 und 1.5) im Einzelnen dargelegt und die Zahlungsmodalitäten bestimmt werden.

ii. Ausgaben für den Dienstbetrieb Die Ausgaben für den Dienstbetrieb der Informationssysteme sind unter dem 3. Titel des Haushaltsplans der Agentur aufgeführt. Für die Schweiz handelt es sich dabei nicht um eigentlich neue Beiträge. Sie bezahlt diese bereits unabhängig vom Bestehen der Agentur auf der Grundlage des SAA und des DAA.

Die Systeme SIS, VIS, EES und jedes andere System, das eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes darstellt: Die Absätze 2 und 3 regeln den Schlüssel zur Berechnung der Beiträge aufgrund
der Kosten der Systeme SIS II und VIS sowie aufgrund der Kosten des Systems EES.

Für diese drei Systeme sowie jedes andere System, das eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellt, leistet die Schweiz einen Jahresbeitrag, der entsprechend dem Verhältnis des Prozentsatzes ihres BIP zum BIP aller an der Agentur teilnehmenden Staaten berechnet wird. Dies entspricht der in Ziffer 1.1 von An2131

BBI 2019

hang I der Vereinbarung gemäss der allgemeinen Regel nach Artikel 11 Absatz 3 SAA dargelegten Formel.

Eurodac-System: Nach Absatz 4 beteiligt sich die Schweiz an den Betriebsaufwendungen von Eurodac. Was dieses vierte System betrifft, ist vorgesehen, dass die Schweiz einen Jahresbeitrag leistet, der sich in Anwendung der spezifischen Regel nach Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 1 DAA gemäss der Formel in Anhang I Ziffer 1.2 berechnet, d. h. gestützt auf einen festen prozentualen Anteil von 7,286 Prozent.

DubliNet-System: Zum System DubliNet ist in Artikel 4 Absatz 5 und Anhang I Ziffer 1.3 die Regel festgehalten, nach welcher der Beitrag der Schweiz zu den Ausgaben für den Dienstbetrieb dieses Systems in Anwendung des Schlüssels nach Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 2 DAA berechnet wird. Dieser entspricht wie bei den anderen Systemen, an denen sich die Schweiz beteiligt (SIS, VIS, ESS, ausser Eurodac) dem üblichen Schlüssel nach Artikel 11 Absatz 3 SAA.

Fälligkeit der Beiträge an die Ausgaben für den Dienstbetrieb (Art. 4 Abs. 6 Unterabs. 2): Für die in den Absätzen 2­5 festgelegten Beiträge an die Ausgaben für den Dienstbetrieb ist der Stichtag entweder gestützt auf das SAA der 1. Dezember 2012 (für das SIS II und das VIS) oder der 29. Dezember 2017 (für das EES, sofern solche Ausgaben anfallen), d. h. der Tag, an dem die Agentur das Betriebsmanagement für das EES übernommen hat, oder gestützt auf das DAA der 1. Dezember 2012 (für Eurodac) oder der 31. Juli 2014 (für DubliNet), d. h. der Tag, an dem die technische Unterstützung für das DubliNet an die Agentur übertragen wurde.

iii. Verwaltungsausgaben Bei den Verwaltungsausgaben nach dem 1. und 2. Titel des Haushaltsplans handelt es sich um Ausgaben, die durch die Errichtung der Agentur entstanden sind. Einzig die von der Schweiz geschuldeten Beiträge an die Verwaltungsausgaben hängen mit ihrer Beteiligung an der Agentur zusammen und können deshalb als neue Beiträge betrachtet werden. Die Schweiz war davon vor der Inbetriebnahme der Agentur «befreit», da damals noch die Kommission dafür verantwortlich war.

SIS II, VIS, EES, Eurodac, DubliNet und künftige Systeme, die eine SchengenWeiterentwicklung oder Dublin- bzw. Eurodac-bezogene Massnahmen darstellen: Nach Artikel 4 Absätze 7 und 8 sowie Ziffer 1.4 von Anhang I werden die Beiträge der Schweiz
an die Verwaltungsausgaben (1. und 2. Titel) der Systeme SIS II, VIS, EES, Eurodac und DubliNet gemäss der ordentlichen Formel berechnet, d. h. dem Verhältnis des Prozentsatzes des nationalen BIP zum BIP aller an der Agentur teilnehmenden Staaten.

Umfang der Verwaltungsausgaben zulasten der Schweiz: In Bezug auf künftige Informationssysteme, für die der Agentur die Verantwortung übertragen wird, wird in den Absätzen 7 und 8 festgelegt, dass die Schweiz an die 2132

BBI 2019

Verwaltungsausgaben dieser Systeme nur dann einen Beitrag leisten muss, wenn sie im Sinne des SAA eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands oder neue Massnahmen im Sinne des DAA darstellen (siehe Anhang I Ziff. 1.5 im Umkehrschluss). Gegebenenfalls werden die Beiträge in Anwendung von Artikel 11 Absatz 3 SAA (SIS, VIS, EES) oder Artikel 8 Absatz 1 Unterabsatz 2 DAA (DubliNet) gleich berechnet (Prozentsatz im Verhältnis zum BIP) wie diejenigen für die Systeme SIS II, VIS, DubliNet und EES (vgl. Erläuterungen zu Abs. 2, 3 und 5 oben) Rückwirkende Beteiligung an Verwaltungsausgaben (Art. 4 Abs. 6 Unterabs. 1): Was die Verwaltungsausgaben der Agentur betrifft hält Artikel 4 Absatz 6 Unterabsatz 1 fest, dass die Beiträge nach den Absätzen 2 (SIS II und VIS) und 4 (Eurodac), seit dem 1. Dezember 201213 fällig sind, d. h. dem Tag, an dem die Agentur ihre Tätigkeit aufgenommen hat. Der Fälligkeitstag für den in Absatz 3 genannten Beitrag (EES) ist der 29. Dezember 2017, d. h. der Tag, an dem die Agentur das Betriebsmanagement für das EES übernommen hat. Der Stichtag für den in Absatz 5 genannten Beitrag ist der 31. Juli 2014, d. h. der Tag, an dem die technische Unterstützung für das DubliNet an die Agentur übertragen wurde. Die angefallenen finanziellen Beiträge sind jedoch erst ab dem Tag nach dem Inkrafttreten der Zusatzvereinbarung, der Rechtsgrundlage für diese Beiträge, fällig.

Beiträge nicht kumulierbar: Falls die Schweiz bereits über andere Finanzierungsinstrumente, an denen sie beteiligt ist, finanziell zur Entwicklung und zum Betriebsmanagement eines neuen Informationssystems beigetragen hat oder auch in den Fällen, in denen eine neue Schengen-Weiterentwicklung oder eine neue Dublin- oder Eurodac-bezogene Massnahme durch Gebühren oder andere zweckgebundene Einnahmen finanziert wird, werden die relevanten Beiträge der Schweiz nach Artikel 4 der Vereinbarung gemäss Artikel 4 Absatz 9 entsprechend angepasst.

Art. 5

Rechtsstellung

Nach Artikel 5 verpflichtet sich die Schweiz, der Agentur die Rechtspersönlichkeit nach schweizerischem Recht sowie die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit zuzuerkennen.

Art. 6

Haftung

Die zivilrechtliche Haftung der Agentur bestimmt sich nach Artikel 24 Absätze 1, 3 und 5 der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 (Art. 6).

Art. 7

Gerichtshof der Europäischen Union

Nach Artikel 7 verpflichtet sich die Schweiz, die Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) für die Agentur nach Massgabe von Artikel 24 Absätze 2 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 anzuerkennen. Dabei geht es um die 13

Da die Agentur jedoch erst seit März 2013 finanziell autonom ist, sollten ihr für das Jahr 2012 keine Beiträge für Verwaltungsaufwendungen überwiesen werden müssen.

2133

BBI 2019

Fälle, in denen in einem von der Agentur geschlossenen Vertrag eine entsprechende Schiedsklausel enthalten ist, sowie die Fälle, in denen die Agentur nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen verpflichtet ist, einen durch ihre Dienststellen oder Bediensteten in Ausübung ihres Amtes verursachten Schaden zu ersetzen. Diese Lösung erscheint kohärent und entspricht den Lösungen, die bereits in anderen vergleichbaren Vereinbarungen zwischen der Schweiz und der EU getroffen worden sind (vgl. z. B.

Art. 6 der Frontex-Vereinbarung).

Art. 8

Vorrechte und Immunitäten

Nach Artikel 8 verpflichtet sich die Schweiz, auf die Agentur und deren Personal die in Anhang II genau festgelegten Regeln über Vorrechte und Immunitäten anzuwenden, die sich aus dem Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Union ableiten. In diesem Protokoll werden die Personalangelegenheiten für die EU-Mitgliedstaaten umfassend geregelt.

In anderen Vereinbarungen zwischen der Schweiz und der EU, die bereits in Kraft sind, wurde in der betreffenden Bestimmung formell lediglich auf die einschlägigen Bestimmungen dieses Protokolls verwiesen. Die Lösung in Artikel 8 der vorliegenden Vereinbarung unterscheidet sich formell zwar von den anderen Vereinbarungen, denn es wird nicht auf das Protokoll selbst verwiesen, sondern auf einen Anhang, in dem die relevanten Bestimmungen des Protokolls ausdrücklich übernommen und entsprechend angepasst worden sind. Materiell unterscheidet sich der Inhalt jedoch nicht von demjenigen der anderen Vereinbarungen ähnlicher Art, die mit der EU abgeschlossen worden sind. Die formell neue Lösung wurde aufgrund EU-eigener institutioneller Gründen der EU gewählt.

Art. 9

Personal der Agentur

Artikel 9 Absatz 1 weist rein deklaratorisch darauf hin, dass für Staatsangehörige der Schweiz, die von der Agentur eingestellt werden, die Bestimmungen zum Statut der Beamtinnen und Beamten sowie zu den Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union gelten.

Abweichend von den ordentlichen Bestimmungen des Statuts der Beamtinnen und Beamten der Europäischen Union und der für die anderen Bediensteten der Europäischen Union geltenden Beschäftigungsbedingungen können gemäss Artikel 9 Staatsangehörige der Schweiz zu denselben Bedingungen und Vorschriften im Personal der Agentur eingestellt werden wie die Staatsangehörigen der EUMitgliedstaaten. Wie die Kommission und die EU-Mitgliedstaaten kann auch die Schweiz für einen befristeten Zeitraum Beamtinnen und Beamte oder Sachverständige an die Agentur entsenden (Art. 9 Abs. 3). Es kann hingegen keine Staatsangehörige oder kein Staatsangehöriger der vier assoziierten Staaten zur Exekutivdirektorin bzw. zum Exekutivdirektor der Agentur ernannt werden (Art. 9 Abs. 4).

Art. 10

Abgeordnete Beamte und Sachverständige

Artikel 10 enthält einige Bestimmungen im Bereich der Steuern und der Sozialversicherungen, die spezifisch für Schweizer Sachverständige sowie Beamtinnen und 2134

BBI 2019

Beamte gelten, die an die Agentur abgeordnet worden sind (mit Ausnahme der von der Agentur eingestellten Schweizer Staatsangehörigen). Damit soll die Regelung für die abgeordneten Beamtinnen und Beamten sowie Sachverständigen an diejenige angeglichen werden, die für die abgeordneten Sachverständigen sowie Beamtinnen und Beamten der EU-Mitgliedstaaten gilt.

Art. 11

Betrugsbekämpfung

Artikel 11 betrifft die Bekämpfung von Betrug zulasten der finanziellen Interessen der EU sowie die Kontrollen, die das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) und der Rechnungshof durchführen können. Absatz 3, der sich auf die Schweiz bezieht, verweist auf Anhang III. Dieser enthält im Einzelnen die Regelungen, die für die Finanzkontrolle (Prüfungen, Kontrollen vor Ort) betreffend Teilnehmer aus der Schweiz an Tätigkeiten der Agentur gelten. Solche Teilnehmer können sein: an einem Programm der Agentur Beteiligte, aus Mitteln der Agentur oder der Union bezahlte Privatpersonen oder ihre Subunternehmer. Die Kontrollen entsprechen den Verpflichtungen, welche die Teilnehmer durch die Unterzeichnung der Projektverträge mit der Agentur eingegangen sind. In Anhang III werden auch die Verfahrensvorschriften, die Rechtshilfe und die verwaltungsrechtlichen Sanktionen festgelegt. Die Eidgenössische Finanzkontrolle wird dabei jeweils im Voraus informiert und kann an den Kontrollen und Nachprüfungen vor Ort teilnehmen.

Diese Lösung entspricht ebenfalls derjenigen in ähnlichen bereits abgeschlossenen Vereinbarungen zwischen der Schweiz und der EU, namentlich den Vereinbarungen zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung der Schweiz an den Agenturen Frontex und EASO.

Art. 12

Streitbeilegung

Artikel 12 regelt das Verfahren zur Beilegung allfälliger Streitigkeiten zwischen den Parteien über die Anwendung der Vereinbarung. Das Verfahren ist an das jeweilige Verfahren gemäss dem SAA und dem DAA angelehnt.

Derartige Streitigkeiten werden an den auf Ministerebene tagenden Gemischten Ausschuss herangetragen. Dieser verfügt ab dem Zeitpunkt der Annahme der Tagesordnung, auf die die Streitigkeit gesetzt wurde, über eine Frist von neunzig Tagen zur Beilegung des Streits. Kann eine Streitigkeit nicht innerhalb dieser Frist beigelegt werden, so ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Schengen-relevante oder eine Dublin-relevante Streitigkeit handelt. In ersterem Fall erhält der Gemischte Ausschuss eine weitere Frist von dreissig Tagen für die endgültige Beilegung.

Kommt es innerhalb dieser zusätzlichen Frist zu keiner Einigung, so wird die Vereinbarung in Bezug auf den betreffenden assoziierten Staat sechs Monate nach dem Ablauf der Frist von dreissig Tagen beendet. Im zweiten Fall wird dem Gemischten Ausschuss eine weitere Frist von neunzig Tagen für die endgültige Beilegung gesetzt. Kommt es zu keiner Einigung, gilt die Vereinbarung für den betreffenden assoziierten Staat mit Ablauf des letzten Tages dieser Frist als beendet.

2135

BBI 2019

Art. 13

Anhänge

Nach Artikel 13 sind die Anhänge der Vereinbarung Bestandteil dieser Vereinbarung.

Art. 14

Inkrafttreten

Artikel 14 regelt das Inkrafttreten der Vereinbarung, die vom Generalsekretär des Rates der EU verwahrt wird. Jede Partei der Vereinbarung genehmigt sie nach ihrem eigenen Verfahren. Damit die Vereinbarung in Kraft treten kann, muss sie von der EU und mindestens einem der vier assoziierten Staaten genehmigt worden sein.

Danach tritt die Vereinbarung für jede Vertragspartei der Vereinbarung am ersten Tag des ersten Monats nach Hinterlegung ihrer Genehmigungsurkunde beim Verwahrer in Kraft.

Art. 15

Gültigkeit und Beendigung

Die Vereinbarung wird auf unbestimmte Zeit geschlossen (Abs. 1).

Für die Schweiz (Abs. 3) tritt sie sechs Monate nach Kündigung des SAA durch die Schweiz oder durch Beschluss des Rates der EU ausser Kraft oder wenn das SAA gemäss den Verfahren von Artikel 7 Absatz 4, Artikel 10 Absatz 3 oder Artikel 17 SAA anderweitig beendet wird. Ferner tritt sie sechs Monate nach Beendigung oder Kündigung des DAA gemäss den Verfahren von Artikel 4 Absatz 7, Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 16 DAA ausser Kraft.

Die Vereinbarung ist in einer einzigen Urschrift in bulgarischer, dänischer, deutscher, englischer, estnischer, finnischer, französischer, griechischer, isländischer, italienischer, kroatischer, lettischer, litauischer, maltesischer, niederländischer, norwegischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, schwedischer, slowakischer, slowenischer, spanischer, tschechischer und ungarischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen für den Bund

5.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die Kostenschätzung in der Zusatzbotschaft vom 6. Juli 2016 kann nun auf der Grundlage des zwischenzeitlich verabschiedeten und veröffentlichten Budgets bzw.

der Finanzplanung der EU und der Agentur ergänzt werden.

Allerdings handelt es sich aus mehreren Gründen immer noch um geschätzte Zahlen: Das Verhältnis des Schweizer BIP zu dem an den verschiedenen Systemen teilnehmenden Staaten ändert ständig und muss jährlich bestimmt werden. Desgleichen schwankt der Wechselkurs zwischen Schweizerfranken und Euro, sodass auch der für die Leistung der Beiträge der Schweiz berücksichtigte Kurs jedes Jahr ändert.

Und schliesslich kommt es im Zuge der bisweilen recht deutlichen Anpassungen der jährlichen Budgetmittel für die Agentur zu regelmässigen Bereinigungen der jeweils 2136

BBI 2019

eingestellten Beträge. Die Anfang 2014 vorgenommenen Kostenschätzungen zum Beispiel, die in den Voranschlag 2015 des Bundes14 eingeflossen sind, konnten entsprechend nach unten korrigiert werden, weil namentlich im Laufe des Jahres die Budgetmittel für die Agentur auf der Grundlage neuer, nachgelieferter Daten angepasst wurden. Das Gleiche gilt für die Jahre 2015­2017.

Aufgrund der Migrations- und Sicherheitskrisen der letzten Jahre haben die Ministerinnen und Minister der Schengen- und Dublin-Staaten Ende 2016 und Anfang 2017 beschlossen, neue Instrumente und Informationssysteme zu entwickeln, um die Entwicklungen im Migrationsbereich zu bewältigen und die Terrorismusbekämpfung auf dem europäischen Kontinent erheblich zu stärken. Die Beschlüsse betreffen namentlich die Aufstockung der finanziellen Mittel für das Dublin-System und die Weiterentwicklung des Systems Eurodac,15 aber auch die Verbesserung der Leistung und der Funktionalitäten des SIS II16 und des VIS17 sowie die unverzügliche Umset-

14

15

16

17

Die finanziellen Mittel, die aufgrund der höheren Schätzungen von Anfang 2014 budgetiert wurden, sind zweckgebunden und dienen ausschliesslich für Kosten der Agentur euLISA.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der [Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist], für die Feststellung der Identität illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten (Neufassung), COM(2016) 272 final.

Verordnung (EU) 2018/1860 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Nutzung des Schengener Informationssystems für die Rückkehr illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, Fassung gemäss ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 1; Verordnung (EU) 2018/1861 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der Grenzkontrollen, zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen und zur Änderung und Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006, Fassung gemäss ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 14; Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission, Fassung gemäss ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 767/2008, der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, der Verordnung (EU) 2017/2226, der Verordnung (EU)
2016/399, der Verordnung (EU) 2018/XX [Interoperabilitäts-Verordnung] und der Entscheidung 2004/512/EG sowie zur Aufhebung des Beschlusses 2008/633/JI des Rates, COM(2018) 302 final.

2137

BBI 2019

zung des Systems EES («Entry-Exit-System»)18 und die rasche Entwicklung des neuen Systems ETIAS («European Travel Information and Authorisation System»)19, die vor allem dazu dienen, die Personenkontrollen an den Aussen- und Binnengrenzen des Schengen-Raums zu verschärfen und die unrechtmässige Zuwanderung zu vermindern. Schliesslich soll auch die Interoperabilität einzelnen Systeme verbessert werden20. Die Entwicklung und Umsetzung dieser neuen Systeme wurden der Agentur eu-LISA übertragen, respektive sollen ihr übertragen werden, weshalb der Voranschlag der Agentur für die Jahre 2017­2020 stark nach oben angepasst worden ist. Die vorliegende Botschaft fällt demnach in eine Phase wichtiger Entwicklungen bereits operativer oder noch zu schaffender Informatiksysteme im Bereich Schengen und Dublin. Es ist davon auszugehen, dass sich das Budget der Agentur nach dieser «Spitze» zumindest in den nächsten Jahren stabilisiert, sobald die Systeme entwickelt sind und im Wesentlichen nur noch Betriebskosten anfallen.

Vorbehalten bleiben selbstverständlich allfällige Weiterentwicklungen der bestehenden Systeme.

Auf jeden Fall ist festzuhalten, dass die Beiträge jedes assoziierten Staates nach Artikel 4 Absatz 1 der Vereinbarung jeweils auf die Informationssysteme begrenzt sind, an denen jedes dieser Länder gemäss innerstaatlicher Genehmigung beteiligt ist.

Nach dem Berechnungsschlüssel im Vereinbarungsentwurf ist für die Budgetjahre 2013­2020 mit Beiträgen an die Agentur (für die Verwaltungs- und die Betriebsaufwendungen) von insgesamt rund 33,5 Millionen Euro zu rechnen (siehe Tabelle unten, Bst. c). Ein grosser Teil dieses Gesamtbetrags wird für die Betriebsaufwendungen der Schengen- und Dublin-Informationssysteme aufgewendet (d. h. 3. Titel des Haushaltsplans der Agentur). Sie betreffen den Betrieb der Systeme, an denen sich die Schweiz bereits beteiligt. Diese Beiträge können folglich nicht als neu betrachtet werden, da sie auf Grundlage der bestehenden Assoziierungsabkommen 18

19

20

Verordnung (EU) 2017/2226 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2017 über ein Einreise-/Ausreisesystem (EES) zur Erfassung der Ein- und Ausreisedaten sowie der Einreiseverweigerungsdaten von Drittstaatsangehörigen an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten und zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zum EES zu Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecken und zur Änderung des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen sowie der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008 und (EU) Nr. 1077/2011, Fassung gemäss ABl. L 327 vom 9.12.2017, S. 20.

Verordnung (EU) 2018/1240 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2018 über ein Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem (ETIAS) und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1077/2011, (EU) Nr. 515/2014, (EU) 2016/399, (EU) 2016/1624 und (EU) 2017/2226, ABl. L 236 vom 19.9.2018, S. 1; Verordnung (EU) 2018/1241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. September 2018 zur Änderung der Verordnung (EU) 2016/794 für die Zwecke der Einrichtung eines Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS), Fassung gemäss ABl. L 236 vom 19.9.2018, S. 72.

Geänderter Vorschlag für eine des Europäischen Parlaments und des Rates zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen (Grenzen und Visa) und zur Änderung der Entscheidung 2004/512/EG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 767/2008, des Beschlusses 2008/633/JI des Rates, der Verordnung (EU) 2016/399, der Verordnung (EU) 2017/2226, der Verordnung (EU) 2018/XX [ETIAS-Verordnung], der Verordnung (EU) 2018/XX [Verordnung über das SIS im Bereich der Grenzkontrollen] und der Verordnung (EU) 2018/XX [eu-LISA-Verordnung], COM (2018) 478 final.

2138

BBI 2019

geschuldet sind und ab dem Zeitpunkt überwiesen werden müssen, ab dem sich die Schweiz am jeweiligen Informationssystem beteiligt, unabhängig von der Errichtung der Agentur und dem Inkrafttreten der vorliegenden Vereinbarung. Diese Beiträge an die Betriebskosten umfassen sowohl Gelder für Systeme, an denen die Schweiz bereits teilnimmt (SIS II, VIS, Eurodac, DubliNet, EES) als auch allfällige künftige Beträge, die die Schweiz für die Beteiligung an ETIAS bezahlen muss, sofern sie später, nach Übernahme der rechtlichen Grundlagen als Schengen- oder DublinWeiterentwicklungen, daran teilnimmt.

Folglich entspricht nur ein Teil des geschätzten Gesamtbetrags von 33,5 Millionen Euro, d. h. die neuen Beiträge an die Verwaltungskosten der Agentur (Verwaltungsaufwendungen gemäss dem 1. und 2. Titel des Haushaltsplans der Agentur), Beiträgen, die als neu eingestuft werden können. Diese Beiträge sind ab dem Inkrafttreten der vorliegenden Vereinbarung geschuldet und werden rückwirkend für die ab dem Inkrafttreten bereits abgelaufenen Jahre bezahlt.

So sind für die Jahre 2013­2017 auf ein Total von rund 10,4 Millionen Euro Beiträgen an die Agentur (Bst. c, Jahre 2013­2017) von rund 6,8 Millionen Euro für die Betriebskosten des SIS, des VIS und von Eurodac bereits bezahlt worden (Bst. d), sodass für diese Jahre noch ein Saldo für («neue») Verwaltungsaufwendungen von rund 3,6 Millionen Euro zu überweisen ist. Die Verwaltungsaufwendungen für die Jahre 2018­2020 sind sehr schwer genau einzuschätzen, denn die Haushaltspläne der Agentur können stark variieren und mehrmals pro Jahr angepasst werden. Gemäss dem Durchschnitt der letzten Jahre kann jedoch von neuen Kosten von rund einem Drittel der insgesamt von der Schweiz für diese Jahre geschuldeten Beiträge ausgegangen werden, also zwischen 7 und 8 Millionen Euro (siehe Bst. c der Tabelle unten).

Von den Beiträgen, die die Schweiz der Agentur für die Jahre 2013­2020 insgesamt schuldet, d. h. 33,5 Millionen Euro (Tabelle unten: Total, Bst. c), sind folglich die bereits bezahlten rund 6,8 Millionen Euro abzuziehen (Tabelle unten, Bst. d). Der noch zu leistende Saldo für die Jahre 2013­2020 beläuft sich schätzungsweise auf 26,7 Millionen Euro. Bei einem Wechselkurs von annahmeweise 1,20 Franken für 1 Euro entspricht dies einem Betrag von rund 32 Millionen Franken, die für den Zeitraum 2013­2020 noch auszurichten sind.

2139

BBI 2019

Tabelle Schätzung der Schweizer Beiträge an die Agentur In Millionen

2013

2014

2015

2016

2017

2018

2019

2020

Total

a) Zahlungen gemäss Budget 26, 7 eu-LISA (in )

64,9

67, 6

80,0

155,9

167, 9

228,4

182,9

974,3

b) Von eu-LISA vorgenommene 17,8 Zahlungen (in )

48,9

57,8

72,7

62,3

­

­

­

259,5

c) Beiträge Schweiz (geschätzt, in ) BIP von 4 %

0,7

2,0

2,3

2,9

2,5

(6,7)

(9,1)

Davon: d) Bereits bezahlte Beiträge (in )

0,4

1,3

1,5

2,2

1,4

­

­

(7,3) (33,5)21

­

6,8

Für den gesamten Zeitraum von 2013­2020 wurde ein relatives Durchschnitts-BIP von schätzungsweise 4 Prozent angenommen; dabei wurde nicht unterschieden zwischen dem Berechnungsschlüssel SIS, VIS, DubliNet und EES einerseits (der je nach Verhältnis des BIP der Schweiz zum BIP aller teilnehmenden Staaten variiert) und jenem von Eurodac andererseits (der gemäss Art. 8 Abs. 1 DAA bei 7,286 % liegt).22 Hinzu kommt, dass sich die Schweiz wie die anderen assoziierten Staaten künftig an sämtlichen Kosten der Agentur, also auch an den Verwaltungskosten der Agentur (1. und 2. Titel des Haushaltsplans der Agentur) für den Betrieb der betreffenden IT-Systeme beteiligen wird, wie dies bereits für Frontex oder EASO der Fall ist. Davon war sie vor der Inbetriebnahme der Agentur «befreit», da damals noch die Kommission dafür verantwortlich war. Im Übrigen wurden die Beträge, welche die Schweiz gegenwärtig bereits direkt der Kommission zur Beteiligung an den Kosten ihrer übriggebliebenen Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Unterhalt der Netzwerke der drei erwähnten Systeme überweist, bei der Schätzung der Beträge für euLISA selbstverständlich nicht eingerechnet. Die Rechnungen der Kommission für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Informationssystemen der Agentur sollten mit der Zeit wegfallen, da die Agentur diese Tätigkeiten schrittweise übernehmen wird.

21 22

Total für die Jahre 2013­2017: 10,4 Millionen Euro; Total 2018­2020: 23,1 Millionen Euro; Total 2013­2020: 23,1 + 10,4 = 33,5 Millionen Euro.

Der berücksichtigte Prozentsatz (4 %; siehe Tabelle, Bst. c) entspricht einem gerundeten Wert der jährlichen relativen Durchschnitts-BIP im Verhältnis zum BIP aller teilnehmenden Staaten im jeweils betrachteten Jahr.

2140

BBI 2019

Die Zahlen für 2013­2017 entsprechen den tatsächlichen Zahlungen, die die Agentur gemäss ihrer Rechnungslegung geleistet hat (siehe Tabelle, Bst. c, in Verbindung mit Bst. b der Tabelle).

Die Zahlen für die Beiträge der Schweiz in den folgenden Jahren (2018­2020) sind in der Tabelle kursiv und in Klammern gesetzt, da sie auf Grundlage der für die Agentur vorgesehenen Kredite (siehe Tabelle, Bst. c, in Verbindung mit Bst. a) berechnet werden und nicht auf Basis der tatsächlichen Aufwendungen (siehe Tabelle, Bst. b). Die Schweiz wird auf jeden Fall unabhängig vom ursprünglich budgetierten Betrag (siehe Bst. a der Tabelle) nur ihren Anteil am von der Agentur tatsächlich gezahlten Betrag für das betreffende Jahr zahlen (siehe Bst. b der Tabelle), sobald dieser endgültig bekannt ist.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Beiträge der Schweiz nach Artikel 4 Absatz 9 der Vereinbarung entsprechend angepasst werden, falls sie «bereits über andere Finanzierungsinstrumente der Union zu der Entwicklung und dem Betriebsmanagement eines IT-Grosssystems beigetragen haben, oder die Entwicklung und/oder das Betriebsmanagement eines IT-Grosssystems durch Gebühren oder andere zweckgebundene Einnahmen finanziert wird». Diese Regel wird zum Beispiel nach 2020 für die Beträge gelten, die für die Beteiligung am System ETIAS geschuldet sind, da die Kosten dieses Systems durch Gebühren gegenüber den Drittstaatsangehörigen gedeckt werden müssen, die der ETIAS-Meldepflicht unterstehen.

Die Zusatzvereinbarung sieht vor, dass sich die Schweiz rückwirkend an den Kosten der Agentur beteiligt, und zwar ab der Aufnahme der Tätigkeit durch die Agentur, soweit die assoziierten Staaten seit der Errichtung von eu-LISA deren Leistungen beanspruchen.23 Die ab diesem Zeitpunkt geschuldeten und noch nicht bezahlten Beträge (d. h. nach dem 1. und 2. Titel; siehe die Erläuterung zu Art. 4 oben) sind fällig und zahlbar, sobald die Zusatzvereinbarung voraussichtlich Anfang 2020 in Kraft tritt. Daraus folgt, dass die tatsächlich zu leistenden Zahlungen 2020 höher ausfallen werden als im Durchschnitt, da in diesem Jahr rückwirkend die für die Jahre ab Errichtung der Agentur bis 2019 geschuldeten, aber von der Schweiz noch nicht geleisteten Beiträge entrichtet werden. In der Folge sind sämtliche Beiträge jährlich geschuldet.

Die erforderlichen Mittel sind im Voranschlag 2019 und im integrierten Aufgabenund Finanzplan 2020­2022 eingestellt worden.

5.1.2

Auswirkungen auf den Personalbestand

Die Auswirkungen auf den Personalbestand wurden in der Botschaft vom 23. Mai 201224 thematisiert. Gemäss Artikel 13 Absatz 5 der Verordnung zur Errichtung von eu-LISA entsendet die Schweiz eine Vertreterin oder einen Vertreter und eine Stellvertreterin oder einen Stellvertreter in den Verwaltungsrat der Agentur. Sie entsen23 24

Unter Vorbehalt der finanziellen Autonomie der Agentur, die im April 2013 erreicht wurde.

BBl 2012 5875 5893

2141

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det auch jeweils ein Mitglied in die Beratergruppen der IT-Systeme, an denen sie beteiligt ist (Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 3 der Verordnung). Was die Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz in den Beratergruppen anbelangt, nehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Verwaltungseinheiten des Bundes, die vor der Errichtung der Agentur Einsitz in den entsprechenden Arbeitsgruppen der EU (SIS, VIS, Eurodac, EES, ETIAS) hatten, ihre Funktion in der neuen Struktur seit 2012 weiterhin wahr. Somit müssen keine neuen Stellen geschaffen werden.

Die Funktion der Vertreterin oder des Vertreters der Schweiz im Verwaltungsrat der Agentur ist hingegen neu. In der Verwaltungseinheit, die eine Vertretung nach Tallinn entsenden wird, d. h. im Generalsekretariat des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (GS-EJPD), ist daher eine zusätzliche halbe Stelle vorzusehen.

Die Funktion ist zwar neu, sie wird seit 2012 jedoch auf temporärer Basis bereits durch einen Vertreter des GS-EJPD wahrgenommen. Dieser zusätzliche Personalbedarf kann innerhalb des EJPD kompensiert werden. Aus personeller Sicht konnten die bisherigen Anstrengungen ohne Auswirkungen auf den Personalkredit unternommen werden.

5.2

Auswirkungen für die Kantone

Die Beteiligung der Schweiz an der Agentur eu-LISA hat keine Auswirkungen auf die Kantone.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Der Bundesbeschluss über die Genehmigung der Zusatzvereinbarung zur Festlegung der Modalitäten der Beteiligung der Schweiz und der anderen assoziierten Staaten an der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA) beruht auf Artikel 54 Absatz 1 BV, gemäss dem auswärtige Angelegenheiten Sache des Bundes sind.

Gemäss Artikel 184 Absatz 2 BV ist der Bundesrat für die Unterzeichnung und Ratifizierung von völkerrechtlichen Verträgen zuständig. Artikel 166 Absatz 2 BV schliesslich räumt der Bundesversammlung die Kompetenz ein, völkerrechtliche Verträge zu genehmigen; ausgenommen sind die Verträge, für deren Abschluss auf Grund von Gesetz oder völkerrechtlichem Vertrag der Bundesrat zuständig ist (siehe ebenfalls die Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200225 [ParlG] und Art. 7a Abs. 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199726 [RVOG]).

25 26

SR 171.10 SR 172.010

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6.2

Erlassform

Die vorliegende Vereinbarung kann gekündigt werden (Art. 15). Sie sieht überdies keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Sie untersteht somit nicht dem Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffern 1 und 2 BV.

Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen völkerrechtliche Verträge dem fakultativen Referendum, wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Gemäss Artikel 22 Absatz 4 ParlG sind unter rechtsetzenden Normen jene Bestimmungen zu verstehen, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten schliesslich Bestimmungen, die im innerstaatlichen Recht auf der Grundlage von Artikel 164 Absatz 1 BV in der Form eines Bundesgesetzes erlassen werden müssen.

Im vorliegenden Fall enthält die Zusatzvereinbarung zwischen der Schweiz und den anderen assoziierten Staaten sowie der EU wichtige rechtsetzende Bestimmungen wie beispielsweise die Bestimmungen zur Betrugsbekämpfung (Art. 11). Wenn diese Bestimmungen im Landesrecht erlassen werden müssten, so würde dies auf Stufe Gesetz erfolgen. Demzufolge muss der Bundesbeschluss über die Genehmigung gestützt auf Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV dem Referendum unterstellt werden.

Die Bundesversammlung genehmigt völkerrechtliche Verträge, die dem Referendum unterliegen, in der Form eines einfachen Bundesbeschlusses (Art. 24 Abs. 3 ParlG).

6.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Die Vorlage untersteht nicht der Ausgabenbremse nach Artikel 159 Absatz 3 BV, da sie weder Subventionsbestimmungen noch die Grundlage für die Schaffung eines Verpflichtungskredites oder Zahlungsrahmens enthält, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich zögen.

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