Revision der Mittel- und Gegenständeliste Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 16. November 2018

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Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Mittel und Gegenstände, die auf ärztliche Anordnung von einer Abgabestelle abgegeben werden und von der versicherten Person selbst oder mit Hilfe einer nichtberuflich an der Untersuchung oder der Behandlung mitwirkenden Person angewendet werden, werden gemäss Artikel 20 bis 24 der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV)1 in Verbindung mit Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe b und Artikel 52 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung2 vergütet. Die in Betracht kommenden Produkte werden seit 1996 in der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) aufgeführt, ebenso wie der Höchstvergütungsbetrag für jeden Produkttyp. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) hat die Aufgabe, diese Liste zu führen und zu veröffentlichen. Es wird dabei unterstützt von einer ausserparlamentarischen Kommission (Eidgenössische Kommission für Analysen, Mittel und Gegenstände, EAMGK3). Im Mai 2018 umfasste die MiGeL rund 560 «Positionen» und 55 000 Produkte4, von Inhalations- und Atemtherapiegeräten über Inkontinenzprodukte und Prothesen hin zu Verbandsmaterial.

Die MiGeL sorgte in den vergangenen Jahren immer wieder für Diskussionen. In den Medien wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass einige Höchstvergütungsbeträge gemessen an den im Ausland üblichen Tarifen zu hoch angesetzt sind.5 Der Preisüberwacher kritisierte die Konzeption des MiGeL-Vergütungssystems sowie das Fehlen einer regelmässigen Überprüfung bestimmter Produktgruppen der Liste und verlangte die Anpassung mehrerer Beträge.6 2011 und 2016 übermittelte er dem 1

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Verordnung des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) vom 29. Sept. 1995 über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (KrankenpflegeLeistungsverordnung, KLV; SR 832.112.31).

Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10).

Die EAMGK umfasst 15 Mitglieder (Vertreterinnen und Vertreter der Versicherer, der Ärzteschaft, der Apotheken, der Hersteller, der Patientinnen und Patienten usw.).

Ihr Sekretariat ist dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) angegliedert. Sie hat die Aufgabe, neue und bestehende Positionen der MiGeL zu beurteilen. Auf der Grundlage von Abklärungen und Marktanalysen spricht die Kommission eine Empfehlung zuhanden des EDI aus, welches dann abschliessend entscheidet. Siehe BAG: Antragsprozesse Mittelund Gegenständeliste, www.bag.admin.ch, Themen > Versicherungen > Krankenversicherung > Bezeichnung der Leistungen > Antragsprozesse (Stand: 4. Sept. 2018).

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S, Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017. Eine Position entspricht einem Typ Mittel oder Gegenstand. Jede Position kann mehreren ähnlichen Produkten verschiedener Hersteller entsprechen.

Siehe insbesondere: Überteuerte Medizinalgeräte: Amtlich bewilligte Fantasiepreise.

In: Kassensturz, SRF, ausgestrahlt am 1. März 2016; Appareils médicaux hors de prix.

In: Le Nouvelliste, 18. Dez. 2017; Schweizer Patienten zahlen Fantasiepreise. In: Saldo, 7. März 2018.

Siehe hierzu: Preisüberwacher, medizinische Hilfsmittel, www.preisueberwacher.admin.ch > Themen > Gesundheitswesen > Medizinische Hilfsmittel (Stand: 10. Juli 2018).

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EDI eine Reihe von Empfehlungen zur Berechnung der Beträge und zum Vergütungssystem.7 Die MiGeL war zudem Gegenstand zahlreicher parlamentarischer Initiativen und Vorstösse, die entweder einzelne Produkte oder die Grundlagen der Liste als solche betrafen.8 Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) arbeitete Ende 2015 ein Konzept für eine systematische Revision der Struktur und der Vergütungsbeträge der MiGeL aus. 9 Gemäss BAG soll die «gesamte Liste [...] bis Ende 2019 überprüft und in den einzelnen Positionen an die Markt- und Preisentwicklung angepasst werden». 10 Die Revision sieht insbesondere die Einführung regelmässiger Überprüfungen11 und eine erleichterte Verwendung der MiGeL durch die Versicherer12 vor.

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) befasste sich im März 2016 mit diesem Dossier. Nach der Anhörung des Preisüberwachers sowie von Vertreterinnen und Vertretern des BAG richtete die SGK-S die Bitte an die Geschäftsprüfungskommission ihres Rates (GPK-S), verschiedene Aspekte der MiGeL-Revision zu vertiefen, namentlich den Zeitplan und das Sparpotenzial der Revision, die Angemessenheit des Systems der Vergütungsbeträge, die regelmässige Preisüberprüfung, die finanziellen Auswirkungen der MiGeL auf die Obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) und die Missbräuche bei der Preisfestsetzung.

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Empfehlung zur Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL), Schreiben des Preisüberwachers vom 20. Juni 2011 an den Vorsteher des EDI; Atemtherapiegeräte: Eine Untersuchung des Schweizer Marktes und Auslandpreisvergleich, Bericht des Preisüberwachers vom 20. Dez. 2016, www.preisueberwacher.admin.ch, Themen > Gesundheitswesen > Medizinische Hilfsmittel (Stand: 12. Juli 2018).

Siehe zum Beispiel: Mo. Clottu «Jährliche Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der Medizinprodukte, deren Kosten von der obligatorischen Krankenversicherung übernommen werden» vom 9. März 2016 (16.3069), Mo. Heim «Mittel- und Gegenständeliste. Preise sollen kostengünstiger werden» vom 17. März 2016 (16.3166), Pa.Iv. Humbel «Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste» vom 17. März 2016 (16.419), Ip. Bulliard-Marbach «Die Krückenausleihe soll weiterhin von der Grundversicherung abgedeckt sein» vom 28. Sept. 2017 (17.3851).

Für mehr Informationen zum Revisionsvorhaben und dem vorgesehenen Zeitplan siehe Eidgenössische Finanzkontrolle: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Arbeiten (Zusammenfassung, vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018).

Einsparungen durch Sofortmassnahmen in der Mittel- und Gegenständeliste, Medienmitteilung des BAG vom 13. Dez. 2016.

Periodische Überprüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit im Sinne von Artikel 32 Absatz 2 KVG.

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018).

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1.2

Arbeiten der GPK-S

Die GPK-S beauftragte ihre für dieses Dossier zuständige Subkommission EDI/ UVEK13, Untersuchungen zur MiGeL durchzuführen und ihr anschliessend Bericht zu erstatten.

Die Subkommission befasste sich zwischen April 2016 und Juli 2017 mehrfach mit diesem Dossier. Insbesondere nahm sie Kenntnis von verschiedenen Dokumenten des Preisüberwachers und von einem im Juli 2016 veröffentlichten Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) über die MiGeL-Revision14. Zudem erhielt sie Informationen von der Finanzdelegation (FinDel), darunter eine Stellungnahme des EDI-Vorstehers. Die Subkommission führte ausserdem einen Schriftwechsel mit dem BAG und hörte zweimal Vertreterinnen und Vertreter dieses Bundesamtes an (Juni 2016 und Juni 2017).

Auf der Grundlage der gesammelten Informationen richtete die GPK-S im August 2017 ein erstes Antwortschreiben an die SGK-S. Die Kommission entschied allerdings auch, bestimmte Aspekte des Dossiers weiter zu vertiefen, bei welchen sie zusätzliche Abklärungen für notwendig erachtete. Aus diesem Grund ersuchte die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S das BAG und andere Akteure im Gesundheitswesen zwischen September 2017 und Juni 2018 um zusätzliche Informationen.

Im Juni 2018 beschloss die Subkommission, einen Entwurf für einen Kurzbericht auszuarbeiten, um den ihr bekannten Sachverhalt zusammenzufassen und ihre Schlussfolgerungen darzulegen. Dieser Bericht umfasst die Informationen aus dem Schreiben von August 2017 an die SGK-S sowie die zusätzlichen Informationen aus den nachfolgenden Abklärungen. Er wurde den betroffenen Einheiten zur Stellungnahme vorgelegt. Die GPK-S beriet und genehmigte schliesslich an ihrer Sitzung vom 16. November 2018 die Endfassung des Berichts sowie die darin formulierten Empfehlungen und liess den Bericht dem Bundesrat sowie den SGK beider Räte zukommen. An derselben Sitzung beschloss sie zudem, diesen Bericht zu veröffentlichen.

1.3

Gegenstand und Aufbau des Berichts

Die Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte (GPK) üben gemäss Artikel 26 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 52 Absatz 1 des Parlamentsgesetzes (ParlG)15 die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte und der anderen Träger von Aufgaben des Bundes aus. Den Schwerpunkt ihrer Prüftätigkeit legen sie auf die Kriterien 13

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Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S setzt sich zusammen aus Ständerat Claude Hêche (Präsident), Ständerätin Géraldine Savary und den Ständeräten Joachim Eder, Peter Föhn und Werner Luginbühl.

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018).

Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG, SR 171.10).

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Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit (Art. 52 Abs. 2 ParlG). Bei der Oberaufsicht der GPK handelt es sich grundsätzlich um eine nachträgliche Aufsicht, allerdings kann sie auch begleitend sein, wenn aufgrund besonderer Umstände eine intensivere Mitwirkung durch parlamentarische Organe angezeigt ist.16 Die GPK-S fasst im vorliegenden Bericht die Informationen zusammen, die sie zur MiGeL-Revision gesammelt hat, und formuliert mehrere Empfehlungen. Da die Revision noch nicht abgeschlossen ist, beschränkt sich die Kommission auf allgemeine Betrachtungen, die Anstoss für künftige Verbesserungen geben sollen. Sie nimmt keine Stellung zu Detailfragen (wie zum Beispiel zu bestimmten MiGeLProdukten). In ihren Augen können einige Aspekte des Dossiers erst definitiv beurteilt werden, wenn die laufende Revision abgeschlossen ist, was Ende 2019 der Fall sein sollte.

Als parlamentarisches Oberaufsichtsorgan über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung beschränkt sich die GPK-S in diesem Bericht darauf, das laufende Verfahren zur Revision der MiGeL zu analysieren und allfälliges Verbesserungspotenzial aufzuzeigen. Sie äussert sich nicht zur politischen Grundsatzfrage, ob das aktuelle System zur Vergütung der Mittel und Gegenstände angemessen ist. Mit dieser Frage befasst sich derzeit die SGK des Nationalrates (SGK-N) im Rahmen der Behandlung der parlamentarischen Initiative Humbel (16.419)17.

Aus Sicht der GPK-S könnten einige Punkte des vorliegenden Berichts für die Überlegungen der SGK-N dennoch von Nutzen sein.

Insgesamt thematisiert die GPK-S im Folgenden sieben Aspekte der MiGeL-Revision. Dabei fasst sie jeweils erst den ihr bekannten Sachverhalt zu jedem Aspekt zusammen, bevor sie dann ihre Beurteilung abgibt und Empfehlungen formuliert (Kapitel 2). Der letzte Teil des Berichts (Kapitel 3) enthält die Schlussfolgerungen der Kommission.

2

Sachverhalt und Beurteilung der GPK-S

2.1

Zeitplan für die MiGeL-Revision und Ressourcen des BAG

Wie bereits erwähnt (siehe Kapitel 1.1), wird über die Funktionsweise und die Revision der MiGeL bereits seit Jahren diskutiert. Diese Diskussionen wurden namentlich vom Preisüberwacher angestossen, der in dieser Sache bereits 2011 eine Reihe von Empfehlungen an den Vorsteher des EDI richtete. Das BAG nahm die Arbeiten zur Revision der MiGeL jedoch erst Ende 2015 auf. Die GPK-S wurde von der SGK-S gebeten, die Gründe für diesen späten Start der Revision zu untersuchen.

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Sägesser, Thomas (2014): Art. 26 Oberaufsicht. In: Graf, Martin / Theler, Cornelia / Wyss, Moritz von (Hrsg.): Parlamentsrecht und Parlamentspraxis der Schweizerischen Bundesversammlung, Kommentar zum Parlamentsgesetz vom 13. Dez. 2002. Basel: Helbing & Lichtenhahn Verlag, S. 235­236.

Pa.Iv. Humbel «Wettbewerbspreise bei Medizinalprodukten der Mittel- und Gegenständeliste» vom 17. März 2016 (16.419).

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Sachverhalt nach Kenntnis der GPK-S Die EFK hält in ihrem Bericht vom 20. Juli 2016 fest, dass sowohl das BAG als auch die anderen beteiligten Akteure die Notwendigkeit einer Totalrevision der MiGeL seit Längerem anerkennen und sich das BAG seit 2006 mit dieser Angelegenheit befasst. Da das Bundesamt jedoch mit anderen, für prioritär erachteten Dossiers konfrontiert worden sei, habe es seine Arbeiten damals aufgrund fehlender Ressourcen nicht fortsetzen können.18 2011 kündigte das EDI als Reaktion auf die Intervention des Preisüberwachers eine Gesamtrevision der MiGeL an, deren Abschluss für 2013 in Aussicht gestellt wurde.

Letztlich dauerte es aber bis 2014, ehe das BAG seine Arbeiten begann und einen ersten Vergleich mit den Preisen im Ausland vornahm. Die Gesamtrevision der MiGeL wiederum wurde 2015 in Angriff genommen. 19 Als der EDI-Vorsteher von der FinDel zu den Gründen für diese Verzögerungen befragt wurde, rechtfertigte er diese erneut damit, dass nicht genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, um sämtliche Aufgaben des BAG gleichzeitig zu erledigen.

Das Bundesamt teile die Ressourcen so effizient wie möglich ein und konzentriere sich auf die Bereiche mit dem grösstmöglichen Sparpotenzial. So sei anderen Dossiers (Überprüfung der Medikamentenpreise und Umsetzung der sogenannten «Hausarztinitiative») Vorrang gegeben worden.20 Seit 2015 scheint das BAG der MiGeL-Revision grössere Aufmerksamkeit zu schenken. Die GPK-S hat ausgehend von den ihr vorliegenden Informationen 21 den Eindruck, dass die Arbeiten inzwischen in Gange sind und ernsthaft vorangetrieben werden. Es wurden Arbeitsgruppen gebildet, welche sich mit den verschiedenen Grundsatzfragen zur Festlegung der Höchstvergütungsbeträge befassen, und die betroffenen Akteure wurden schriftlich konsultiert. Bei der Revision der verschiedenen Kapitel der MiGeL wurde den umsatzstärksten Produkten Priorität eingeräumt.

Das EDI hat am 1. August 2016, am 1. Januar 2017, am 1. Juli 2017, am 1. Januar 2018, am 1. März 2018, am 1. April 2018, am 1. Juli 2018 und am 1. Oktober 2018 Preisanpassungen vorgenommen, eine weitere ist für 1. Januar 2019 angekündigt.22 Die Dauer der MiGeL-Revision ­ drei Jahre ­ wurde ebenfalls kritisiert. Auf Verlangen der FinDel legte der Vorsteher des EDI im August 2016 einen vollständigen Zeitplan für die Revision
vor. Er erklärte, die Aktualisierung der MiGeL habe nun absolute Priorität, und bestätigte, dass vorgesehen ist, die Revision bis Ende 2019 abzuschliessen.23 Gegenüber der GPK-S betonte das BAG, dass es diesen Zeitplan 18

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«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018), S. 15 f.

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018), S. 15 f.

Schreiben der FinDel vom 20. Dez. 2016 an die GPK-S.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

BAG: Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL), www.bag.admin.ch, Themen > Versicherungen > Krankenversicherung > Leistungen und Tarife (Stand: 11. Juli 2018).

Schreiben der FinDel vom 20. Dez. 2016 an die GPK-S.

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unter Berücksichtigung der Komplexität der Revision, der zur Verfügung stehenden Ressourcen und der anderen in der betreffenden Abteilung gleichzeitig anfallenden Aufgaben für realistisch hält. Das Bundesamt gab zudem an, dass das derzeitige Revisionstempo gemeinsam mit den betroffenen Akteuren festgelegt wurde und diese gut damit zurechtkommen. Eine Intensivierung der Revisionsarbeiten wäre dem Bundesamt zufolge nicht realistisch.

Die GPK-S befasste sich eingehend mit den vom BAG für die MiGeL-Revision eingesetzten Ressourcen. Das Bundesamt informierte 24 die Kommission über die Zahl der für dieses Projekt eingesetzten Mitarbeitenden25, deren Profile sowie über die extern vergebenen Aufträge26. Das BAG gab gegenüber der GPK-S an, dass es die zur Verfügung stehenden Mittel in Anbetracht des Zeitplans als ausreichend erachtet.27 Beurteilung der GPK-S Die GPK-S kritisiert, dass das EDI und das BAG der MiGeL-Revision bis 2014 so wenig Priorität eingeräumt haben, obwohl von verschiedenen Akteuren mehrfach Fragen dazu aufgeworfen wurden. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass das Bundesamt damals der Meinung war, durch eine MiGeL-Revision könnten nur geringfügige Einsparungen erzielt werden, und es deshalb angesichts seiner begrenzten Ressourcen anderen Dossiers mit grösserem Sparpotenzial den Vorrang gab. Auch wenn das exakte Sparpotenzial der MiGeL-Revision umstritten ist (siehe Kapitel 2.2), anerkennt die GPK-S, dass es im Vergleich zu anderen Bereichen der OKP eher gering ist. Ihrer Ansicht nach rechtfertigt dies allein jedoch nicht, dass das EDI und das BAG der MiGeL über mehrere Jahre relativ wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben und insbesondere die Interventionen des Preisüberwachers und der SGK kaum beachtet haben.

Dennoch kann darauf hingewiesen werden, dass das EDI trotz Verzögerungen bei der Revision seit 2006 verschiedene punktuelle Anpassungen an der MiGeL vorgenommen hat (per 1. Januar 2006 und per 1. Januar 2011). Seit 2015 nimmt dieses Dossier einen wichtigeren Platz ein und wird vom BAG und vom EDI inzwischen als prioritär betrachtet, was die GPK-S begrüsst.

Die Kommission stellt positiv fest, dass die Revision nun ernsthaft vorangetrieben wird, und geht davon aus, dass der vorgesehene Zeitplan eingehalten wird. Das BAG hat der GPK-S transparent über die für die Revision zur Verfügung
stehenden Ressourcen Auskunft gegeben. Diese werden vom BAG als ausreichend betrachtet, um den vorgesehenen Zeitplan einzuhalten. Eine Erhöhung des Revisionstempos ist dem

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Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

3 Mitarbeitende, die 1,7 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) entsprechen, punktuell ergänzt durch weitere wissenschaftliche Mitarbeitende (0,5 VZÄ). Ausserdem fällt Steuerungsund Leitungsaufwand in Höhe von etwa 0,2 VZÄ an.

Gemäss BAG wurden 2017 externe Aufträge im Umfang von 245 000 Franken vergeben.

Dasselbe Volumen ist für 2018 vorgesehen. Gegenstand der betroffenen Gutachten ist die Festlegung der Preise oder die Erhebung der In- und Auslandpreise. Sie werden gemäss dem öffentlichen Beschaffungsrecht vergeben. Laut BAG werden die Aufgaben extern vergeben, wenn «sehr spezifisches Fachwissen zu einzelnen Medizinprodukten notwendig ist und [...] die internen Ressourcen nicht ausreichen».

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

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Bundesamt zufolge nicht realistisch, zumal dieses gemeinsam mit den betroffenen Akteuren festgelegt wurde und diese gut damit zurechtkommen.

Die GPK-S kommt auf der Grundlage der erhaltenen Informationen zum Schluss, dass aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht gegenwärtig kein direkter Handlungsbedarf besteht in Bezug auf den Zeitplan der MiGeL-Revision und auf die vom BAG für die MiGeL-Revision eingesetzten Ressourcen. Die Frage der Ressourcen wird sich allerdings ab 2020 im Zusammenhang mit der Schaffung eines Systems zur regelmässigen Überprüfung der MiGeL (siehe Kap. 2.7) stellen. Die Kommission wird sich dann abermals mit diesem Thema befassen. Es ist allerdings nicht Aufgabe der GPK, diesbezüglich aktiv zu werden, sondern eine klassische Führungsaufgabe der Verantwortlichen, hier allenfalls Korrekturen mittels interner Umschichtungen vorzunehmen.

2.2

Sparpotenzial der MiGeL-Revision

Die Meinungen über das Sparpotenzial der MiGeL-Revision gehen weit auseinander. Während das BAG dieses auf ungefähr 10 Millionen Franken schätzt, rechnet santésuisse, eine Branchenorganisation der Krankenversicherer, mit rund 100 Millionen Franken. Letztere Schätzung wurde vom Preisüberwacher übernommen. Im Jahr 2016 ersuchte die SGK-S die GPK-S, diesen Aspekt abzuklären.

Sachverhalt nach Kenntnis der GPK-S Das BAG teilte der GPK-S mit, dass der von der santésuisse und vom Preisüberwacher genannte Betrag von 100 Millionen Franken in seinen Augen nicht realistisch ist.28 Der Vorsteher des EDI bekräftigte dies gegenüber der FinDel und nannte diesen Betrag nicht nachvollziehbar.29 Auch die EFK bezeichnete die 100 Millionen Franken in ihrem Bericht vom Juli 2016 als «übertrieben».30 Das Bundesamt bestätigte der GPK-S, dass es das Sparpotenzial auf ungefähr 10 Millionen Franken pro Jahr schätzt.31 In ihrem Bericht vom Juli 2016 erachtet die EFK die Schätzung des BAG insofern als «grob», als das Amt nicht über die Datenbanken und Informationen verfügt, die für genauere Prognosen erforderlich sind. 32 Der Vorsteher des EDI betonte gegenüber der FinDel, «es sei wichtig, das maximale Sparpotenzial zu erreichen».33

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Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Schreiben der FinDel vom 20. Dez. 2016 an die GPK-S.

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018), S. 20 f.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018), S. 20 f.

Schreiben der FinDel an die GPK-S vom 20. Dez. 2016.

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Im Juni 2017 teilte das BAG der GPK-S mit, dass es von der santésuisse keine zufriedenstellende Antwort betreffend die von dieser verwendete Berechnungsmethode erhalten hat.34 Die GPK-S ersuchte die santésuisse deshalb, ihr zu erläutern, worauf die Schätzung der Organisation basiert. Die santésuisse schrieb der GPK-S35, dass der von ihr genannte Betrag von 100 Millionen Franken einerseits auf Annahmen zur Veränderung des Euro-Franken-Wechselkurses infolge der Aufgabe des Euro-Mindestkurses im Januar 201536 und andererseits auf der Hypothese eines längerfristigen Wertverlustes des Euro (diesen schätzt die Organisation beim Kurs der letzten Jahre auf 30 %) beruht. Die santésuisse gab zudem an, dass sie regelmässig die Preise verschiedener Produkte in der Schweiz mit den Preisen in der Europäischen Union vergleicht und dass sich ihrer Meinung nach «das Einsparpotenzial [der MiGeL-Revision] [...] noch substanziell erhöhen» könnte.

Die GPK-S ersuchte das BAG, zur Argumentation der santésuisse Stellung zu nehmen. Das Bundesamt meinte37, es könne dieser Argumentation insofern nicht folgen, als bei der Schätzung die in der Schweiz generierten Kosten (Patientenberatung, Vertriebskosten, Lohnkosten usw.) und die damit verbundene Wertschöpfung nicht berücksichtigt werden. In den Augen des BAG kann sich eine Wechselkursänderung nicht eins zu eins im Publikumspreis widerspiegeln.38 Ausserdem sei methodisch eine Extrapolation des bei einzelnen Produkten ermittelten Sparpotenzials auf die Gesamtheit der MiGeL-Produkte nicht zulässig, da die Höchstvergütungsbeträge nicht bei allen Produkten im gleichen Masse gesenkt werden könnten. Das Bundesamt machte zudem geltend, dass gemäss einer in seinem Auftrag durchgeführten Studie von 2014 die Höchstvergütungsbeträge der MiGeL «nicht systematisch höher sind als die Preise im Ausland und teilweise auch tiefer». Zusammengefasst untermauere das Schreiben von der santésuisse die früheren Aussagen des BAG, «wonach das Einsparpotenzial im MiGeL-Bereich wesentlich kleiner sein muss, als die von santésuisse genannten 100 Millionen Franken»39.

Was die bereits erzielten Einsparungen betrifft, teilte das BAG der GPK-S im Januar 201840 mit, dass die Senkung des Höchstvergütungsbetrags bei Blutzuckerteststreifen ­ dem Produkt mit dem höchsten Sparpotenzial ­ zu jährlichen Einsparungen
von rund 9 Millionen Franken führen dürfte. Bei den anderen Produkten der Liste rechnet das Bundesamt mit geringeren Einsparungen (die im Bereich von mehreren Zehntausend Franken liegen). Bei den Anpassungen für 2018 werde «von keinen substantiellen Einsparungen ausgegangen». Das Bundesamt ist im Grossen und 34 35 36

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Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Schreiben der santésuisse vom 4. Dez. 2017 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Die santésuisse machte diesbezüglich folgende Angaben (Schreiben an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S vom 4. Dez. 2017, S. 2): «Erstens geht diese Schätzung von der Annahme aus, dass der grösste Teil der in der Schweiz verkauften Produkte aus dem Euroraum in die Schweiz importiert wird. Zweitens wurde die hypothetische und isolierte Auswirkung der Aufhebung der fixen Mindestkursgrenze von CHF 1.20 pro Euro per 15. Januar 2015 auf die MiGeL-Preise berechnet. Unter der Annahme, dass sich diese Wechselkursanpassung vollständig auf die MiGeL-Preise auswirkt, ergibt sich ein Einsparpotential von rund CHF 100 Millionen (ausgehend von einem Gesamtvolumen der MiGeL von CHF 500 Millionen)».

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

zum Vergleich der Preise mit dem Ausland siehe Kapitel 2.6.

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

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Ganzen der Auffassung, dass das Sparpotenzial erst dann beziffert werden kann, wenn die Liste revidiert und an die Auslandpreise angepasst wurde. Gleichzeitig weist es darauf hin, dass die MiGeL kein Bereich ist, in dem Hunderte Millionen Franken eingespart werden können.41 Beurteilung der GPK-S Die GPK-S kann die Frage nach dem Sparpotenzial der MiGeL-Revision nicht beantworten. Ihrer Meinung nach beruht die Schätzung der santésuisse auf allgemeinen und eher optimistischen Annahmen. Die Schätzung des BAG wiederum ist sehr vorsichtig. Nach den bis anhin erzielten Einsparungen dürfte das Gesamtergebnis dennoch näher an der Schätzung des Bundesamtes als an derjenigen der santésuisse liegen. Allerdings hängt diese Summe weitgehend von den Modalitäten der vom Bundesamt durchgeführten Überprüfung ab.

Die Kommission ist wie das BAG der Auffassung, dass die Einsparungen erst beziffert werden können, wenn die laufende Revision abgeschlossen ist. Sie wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2020 gemeinsam mit dem Bundesamt ausführlich Bilanz ziehen.

Empfehlung 1

Bilanz der Einsparungen im Zusammenhang mit der MiGeL-Revision

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass im Rahmen der MiGeLRevision eine Bilanz der erzielten Einsparungen erstellt und nach dem Abschluss der laufenden Revisionsarbeiten, d. h. Anfang 2020, veröffentlicht wird.

Grundsätzlich fordert die GPK-S den Bundesrat auf, alles daranzusetzen, dass die Revision der MiGeL konsequent umgesetzt wird und zu Referenzbeträgen führt, die mit dem Ausland vergleichbar sind, aber auch den Eigenheiten des Schweizer Marktes Rechnung tragen. Die Kommission hält es in diesem Zusammenhang für äusserst wichtig, dass die Preise transparent berechnet werden und für die wichtigsten Produkte der MiGeL ein Kostenmonitoring eingeführt wird (siehe die nachfolgenden Punkte, Empfehlungen 2 und 3).

Die GPK-S weist zudem darauf hin, dass die Senkung der Referenzbeträge der MiGeL zwar zu niedrigeren Kosten für die OKP, aber nicht zwingend zu Einsparungen im gesamten Gesundheitssystem führt. Die Abgabestellen dürfen nach wie vor Verkaufspreise festlegen, die über dem Höchstvergütungsbetrag liegen. In solchen Fällen ist die entsprechende Differenz unmittelbar von den Nutzerinnen und Nutzern zu tragen.42

41 42

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Siehe diesbezüglich Kapitel 2.5.

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2.3

Monitoring der MiGeL-Kosten

Sachverhalt nach Kenntnis der GPK-S Das BAG gab im Rahmen des Schriftwechsels mit der GPK-S zum Sparpotenzial der MiGeL zu verstehen, dass ein Monitoring der Kosten im MiGeL-Bereich eingeführt werden soll43, erklärte aber, dass noch kein entsprechendes Konzept erarbeitet wurde, weil der laufenden Revision Vorrang eingeräumt wurde. Dieses Monitoring soll gemäss BAG in Zusammenarbeit mit den Versicherungsverbänden durchgeführt und die Ergebnisse sollen auf der Website des BAG veröffentlicht werden.44 Dem Monitoring sollen jedoch nur die MiGeL-Positionen und nicht alle entsprechenden Produkte unterzogen werden. Da jede Position zahlreichen Markenprodukten entsprechen kann, wird es dem BAG zufolge nicht möglich sein, die Kostenauswirkungen der Revision für die einzelnen Markenprodukte zu ermitteln. Im Übrigen werde sich die Evaluation der Kostenauswirkungen auf besonders kostenintensive MiGeLBereiche konzentrieren, da sich die Datenqualität je nach Produkt und Abgabestelle unterscheide.45 Beurteilung der GPK-S Die GPK-S begrüsst, dass das BAG ein öffentlich zugängliches Monitoring der MiGeL durchführen möchte. In ihren Augen ist ein solches Instrument sehr wichtig, um dem Bundesamt und den Akteuren im Gesundheitsbereich eine regelmässige Evaluation der Kostenentwicklung ­ zumindest bei den wichtigsten Produkten der Liste ­ zu ermöglichen. Für die Kommission ist es verständlich, dass sich dieses Monitoring nicht jedes Markenprodukt umfasst, sondern sich zunächst auf die kostenintensivsten MiGeL-Positionen beschränkt. Grundsätzlich hält es die Kommission indes für notwendig, möglichst alle Positionen in dieses Monitoring einzubeziehen.

Empfehlung 2

Monitoring der MiGeL-Kosten

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass ein öffentlich zugängliches Monitoring der Kosten der MiGeL-Positionen konzipiert und nach Abschluss der aktuellen Revision der Liste, d. h. ab Anfang 2020, durchgeführt wird.

Die Kommission wird sich weiterhin über die Einführung dieses Monitorings und dessen genaue Modalitäten informieren. Für die erfolgreiche Durchführung dieses Monitorings ist es allerdings unabdingbar, dass die Qualität der Daten, die dem Bundesamt zu den MiGeL-Kosten zur Verfügung stehen, verbessert wird (siehe folgendes Kapitel).

43 44 45

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

2031

BBl 2019

2.4

Kostenentwicklung und Datenqualität im MiGeL-Bereich

Sachverhalt nach Kenntnis der GPK-S Die Kommission befasste sich im Rahmen ihrer Arbeiten bereits mehrfach mit den steigenden Kosten in der Kostengruppe «Mittel und Gegenstände» der OKP-Statistik. Im Juni 2017 nahm die Kommission Kenntnis von den Zahlen für das Jahr 2015. Sie stellte fest, dass die Kosten in der genannten Kategorie innerhalb eines Jahres beträchtlich gestiegen waren, und zwar von 473 auf 612 Millionen Franken (+29,3 %).46 Im Jahr 2016 stiegen die Kosten erneut an und erreichten 658 Millionen Franken.47 Das BAG teilte der GPK-S mit48, dieser Kostenanstieg in der OKP-Statistik sei wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass «einige Versicherer die Aufteilung der Leistungen in den Kostengruppen im Jahr 2015 revidiert haben».49 Das BAG begründete den Anstieg zudem mit der Zunahme der ambulanten Behandlungen sowie damit, dass bestimmte Kosten, die früher im Pflegebereich verbucht wurden, nun der MiGeL zugewiesen werden. Aufgrund des Fehlens zuverlässiger Daten konnte es der GPK-S allerdings keine weiteren Angaben zu den Ursachen dieses Anstiegs machen.50 Die Unklarheit in Bezug auf die Kosten wird dadurch verstärkt, dass die beiden Statistiken zur Überwachung der MiGeL-Kosten, d. h. die Statistik der OKP und der Datenpool der SASIS AG51, für das Jahr 2015 eine erhebliche Differenz bei den Gesamtkosten aufwiesen (mehr als 60 Millionen Franken Unterschied).52 Die GPK-S beschloss, sich vertieft mit diesem Punkt zu befassen. Auf ihr Ersuchen hin gab das BAG detailliert Auskunft zu den beiden Datenquellen, über die es zur Überwachung der Kostenentwicklung im MiGeL-Bereich verfügt.53 Es informierte darüber, dass die beiden Quellen aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden und struktureller Anpassungen in den vorangehenden Jahren zu unterschiedlichen Ergebnissen kamen.54

46 47 48 49 50 51

52 53 54

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

BAG, Seite «Statistik der obligatorischen Krankenversicherung», www.bag.admin.ch, Service > Zahlen & Fakten > Statistiken zur Krankenversicherung (Stand:11. Juli 2018).

Schreiben des BAG vom 24. Mai 2017 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S und Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Laut dem BAG wurden gewisse Kosten, die früher unter der Kostengruppe «Spitalambulant» verbucht wurden, der Kostengruppe «Mittel und Gegenstände» zugeordnet.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Die SASIS AG ist eine Tochtergesellschaft der santésuisse (Branchenverband der Krankenversicherer) und betreibt und produziert in deren Auftrag die elektronischen Branchen-Applikationen im Bereich der Statistik, der Leistungserbringer-Verzeichnisse, der Tarifvertrags-Verzeichnisse und der Versichertenkarten. Insbesondere verwaltet sie den Datenpool, eine Branchenstatistik als Konsolidierung der Daten der teilnehmenden Krankenversicherer. Das BAG erhält einen Auszug dieser Daten für sein Monitoring der OKP-Kosten. Siehe SASIS AG, Firmenspiegel / Dienstleistungen und Kunden, www.sasis.ch, Organisation (Stand: 4. Sept. 2018).

Schreiben des BAG vom 24. Mai 2017 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 und vom 24. Mai 2017 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

2032

BBl 2019

Im Weiteren führte das Bundesamt aus, dass diese beiden Datenquellen keine detaillierten Schlussfolgerungen zu den Kosten der einzelnen MiGeL-Positionen zulassen, da sie keine Aufteilung nach Mengen und Preis der verschiedenen MiGeL-Positionen enthalten, sondern nur die Gesamtkosten.55 Der Tarifpool der SASIS AG enthalte eine Aufteilung der Kosten nach Produktegruppen, die Abdeckungsgrade würden je nach Leistungserbringer jedoch stark variieren. Das Bundesamt signalisierte, dass Angaben in unterschiedlicher Qualität von den Abgabestellen oder Lieferanten beschafft werden können. Diese Methode sei jedoch kostspielig und eine Kostenschätzung nur teilweise möglich.

Dem Bundesamt zufolge besteht eine weitere Unklarheit der Daten darin, dass bestimmte Kosten ausserhalb des Geltungsbereiches der MiGeL oftmals dennoch nach MiGeL-Positionen abgerechnet werden (vgl. dazu Kap. 2.5).56 Zusammenfassend hielt das BAG fest, dass «die Datenqualität [...] als ungenügend beurteilt werden» muss und dass «die eigentlichen Kosten im Geltungsbereich der MiGeL [...] tiefer sein» dürften. Es ist der Ansicht, dass für eine korrekte Analyse der Kostenentwicklung folgende zwei Kriterien erfüllt sein müssen: erstens eine klare Abgrenzung des MiGeL-Bereichs gemäss Artikel 20 KLV und zweitens eine Aufteilung der Gesamtkosten in Anzahl abgerechnete Produkte und vergütete Beträge pro MiGeL-Produkt.57 Das BAG erklärte, dass es mehr Daten von den Versicherern brauchen würde, um die Ursachen der Kostenentwicklung bestimmen zu können.58 Das Bundesamt habe die Hoffnung, mit der Einführung der Erhebung von anonymisierten Individualdaten der OKP (Projekt BAGSAN, lanciert im Jahr 2014) Daten von besserer Qualität zu erhalten. Wie detailliert und umfangreich die von den Versicherern übermittelten Daten in Zukunft ausfallen werden, hängt allerdings stark davon ab, wie die derzeit in der SGK-S hängige parlamentarische Initiative Eder 16.411 zum Persönlichkeitsschutz59 umgesetzt wird. Das BAG hält fest, es werde bis zum Abschluss der Beratung vorgenannter Initiative «im Rahmen von BAGSAN keine Daten zu MiGeL erheben».60 Beurteilung der GPK-S Die GPK-S ist äusserst besorgt über den starken Kostenanstieg im MiGeL-Bereich, auch wenn ihr bewusst ist, dass dieser Anstieg teilweise auf Probleme bei der statistischen Abgrenzung zurückzuführen
sein dürfte. Mangels zuverlässiger Daten ist es jedoch nicht möglich, die genauen Ursachen für diese Entwicklung zu benennen.

Die Kommission ist der Ansicht, dass das zuständige Bundesamt in der Lage sein sollte, die Situation umfassend zu analysieren. Dazu sollten ihm vollständige und zuverlässige Daten zur Verfügung gestellt werden.

Aus Sicht der Kommission ist die Qualität der dem BAG vorliegenden Daten zu den MiGeL-Kosten ungenügend und muss rasch verbessert werden. Es ist nachvollzieh55 56 57 58 59 60

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Pa. Iv. Eder «Für den Persönlichkeitsschutz auch in der Aufsicht über die Krankenversicherung» vom 15. März 2016 (16.411).

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

2033

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bar, dass die beiden verfügbaren Datenbanken gewisse Unterschiede aufweisen und eine Auswertung spezifischer Fragen zur MiGeL nicht immer individuell ermöglichen, da die Datenbanken auf unterschiedlichen Strukturen und Erhebungsmethoden basieren. Jedoch ist die GPK-S der Auffassung, dass die massiven Abweichungen in den Schätzungen der beiden Datenquellen (mehr als 60 Millionen Franken) nicht tolerierbar sind und auf ein grundlegendes Problem hinweisen. Laut der Kommission sollte dem BAG so bald wie möglich eine vollständige, zuverlässige und harmonisierte Übersicht der Kosten zulasten der OKP zur Verfügung stehen.

Daher ersucht die GPK-S den Bundesrat, nach Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Daten zu den MiGeL-Kosten zu suchen. Sie bittet den Bundesrat ausserdem, die Erwägungen der SGK-S zur parlamentarischen Initiative Eder 16.411 in seine Überlegungen einzubeziehen. Der diesbezügliche Vorentwurf und Bericht der SGK-S geht Mitte November 2018 bis zum 1. März 2019 in Vernehmlassung.

Empfehlung 3

Datenqualität im MiGeL-Bereich

Die Kommission ersucht den Bundesrat, alle geeigneten Möglichkeiten zur Verbesserung der Qualität der Daten zu den MiGeL-Kosten zu prüfen und sie darüber zu informieren, welche Massnahmen er diesbezüglich umzusetzen gedenkt.

2.5

Missbräuche bei der Anwendung der MiGeL, Kostenabgrenzung, Beaufsichtigung der Abgabestellen

Die SGK-S bat die GPK-S in ihrem Schreiben von April 2016, sich mit den Missbräuchen bei der Anwendung der MiGeL ­ namentlich in den Abgabestellen ­ und mit den finanziellen Auswirkungen dieser Praktiken auf die Gesundheitskosten zu befassen.

Sachverhalt nach Kenntnis der GPK-S Der EFK-Bericht von Juli 2016 hält fest, dass bestimmte Alters- und Pflegeheime sowie Heimpflegeorganisationen Leistungen gemäss der MiGeL abrechnen, die normalerweise nach anderen Pauschalen abgerechnet werden müssten. 61 Einige Abgabestellen fakturieren laut der EFK ausserdem systematisch den in der MiGeL vorgesehenen Höchstbetrag, selbst wenn der Beschaffungspreis niedriger ist, oder geben die vom EDI beschlossenen Senkungen nicht weiter.62

61

62

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018), S. 21.

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018), S. 21.

2034

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Das BAG bestätigte der GPK-S in der Anhörung63, dass es Fälle missbräuchlicher Anwendung gibt, hauptsächlich in zwei Formen: die Abrechnung von Kosten über die MiGeL, die gar nicht in deren Geltungsbereich fallen (Problem der Kostenabgrenzung), und die systematische Fakturierung des MiGeL-Höchstvergütungsbetrags anstatt des niedrigeren Marktpreises.

In Bezug auf das Problem der Kostenabgrenzung erklärte das BAG, dass seiner Ansicht nach in den letzten Jahren Kosten in der Höhe «von einem dreistelligen Millionenbetrag»64 zu Unrecht über MiGeL-Positionen abgerechnet wurden, was eine der Hauptursachen für den Anstieg der MiGeL-Kosten in der OKP-Statistik sei (siehe vorheriges Kapitel). Die Problematik der Kostenabgrenzung zeigt sich hauptsächlich in folgenden drei Situationen:

63 64 65 66 67 68

69

­

Das alte TARMED-Tarifsystem verwies für die Verrechnung der im Rahmen von ambulanten ärztlichen Leistungen verwendeten Verbrauchsmaterialien auf die MiGeL. In der seit 1. Januar 2018 geltenden Tarifstruktur ist dies nicht mehr der Fall. Gemäss BAG wird diese «Tarifanpassung [...] zu einer Verbesserung hinsichtlich wirtschaftlicher Verrechnung und statistisch besserer Abgrenzung der MiGeL-Kosten führen».65

­

In einigen Fällen wurde ein Teil des in Pflegeheimen verwendeten Pflegematerials über die MiGeL verrechnet, was rechtlich jedoch nicht so vorgesehen ist. Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) kam in seinem Urteil vom 1. September 201766 zum Schluss, dass die Materialien zur Anwendung durch Pflegefachpersonen nicht unter das MiGeL-System fallen. Das BAG ist der Ansicht, dass dieses Urteil des BVGer seine bisher vertretene Position bestätigt und zur Klärung der Abgrenzungsproblematik beiträgt.67 Das BVGer-Urteil zog heftige Reaktionen seitens zahlreicher Akteure des Gesundheitsbereichs (namentlich Kantone, Gemeinden, Organisationen der Krankenpflege und der Hilfe zu Hause und Pflegeheime) nach sich. 68 Am 11. April 2018 fand diesbezüglich ein Austausch zwischen dem BAG und den betroffenen Akteuren statt. Im Übrigen wird auch das Parlament zu diesem Thema Stellung zu beziehen haben, da die SGK-N Anfang Juli 2018 einstimmig eine Motion angenommen hat, wonach die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen sind, dass die Erbringer von Pflegeleistungen die in der MiGeL aufgeführten Produkte sowohl für die Selbstanwendung der versicherten Person als auch für die Anwendung durch eine Pflegefachperson in Rechnung stellen können.69

­

Einige Tarifvereinbarungen zwischen Versicherern und Abgabestellen sehen eine Vergütung von medizinischen oder Pflegeleistungen gemäss MiGeL Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Urteil des BVGer C-3322/2015 vom 1. Sept. 2017.

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Kassen bezahlen nicht mehr für Pflaster. In: Neue Zürcher Zeitung, 26. Jan. 2018; Streit um Materialkosten entbrannt. In: Luzerner Zeitung, 6. März 2018; Mehrausgaben in Millionenhöhe für Gemeinden. In: Neue Zürcher Zeitung, 19. Juni 2018.

Mo. SGK-N «MiGeL-Produkte. Inrechnungstellung durch Erbringer von Pflegeleistungen» vom 6. Juli 2018 (18.3710).

2035

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vor, was jedoch nach Ansicht des BAG ausserhalb des Geltungsbereichs der MiGeL liegt. Laut dem Bundesamt ist der «Höchstvergütungsbetrag [...] für die Einzelabgabe berechnet» und nicht für eine solche Verrechnung geeignet.70 Das BAG «hat die Versicherer [...] mehrfach darauf hingewiesen, dass diese Praxis dem Wirtschaftlichkeitsgebot des KVG nicht entspricht». 71 Allgemein verweist das BAG darauf, dass das Bundesamt und der Bundesrat «bestrebt [sind], bei Tarifgenehmigungen und -festsetzungen eine Praxis anzuwenden, welche der besseren Abgrenzung der MiGeL-Kosten Rechnung trägt».72 Das BAG plant zudem, «die Versicherer mittels Informationsschreiben zu kontaktieren, um sie auf die zentralen Grundsätze des Genehmigungsverfahrens im Allgemeinen und die Abgrenzung der MiGeL-Kosten im Besonderen hinzuweisen».73 Die Praxis der Abgabestellen, den MiGeL-Höchstvergütungsbetrag zu verrechnen, auch wenn der Beschaffungspreis niedriger ist, wird vom BAG als missbräuchlich angesehen. Selbst wenn die MiGeL einen höheren Höchstvergütungsbetrag vorsehe, «haben sich die Leistungserbringer an das Gebot der Wirtschaftlichkeit zu halten».

Laut Kenntnis des BAG handelt es sich bei solchen Missbräuchen allerdings um Einzelfälle. Das Bundesamt erinnerte zudem daran, dass die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit «grundsätzlich die Aufgabe der Versicherer» ist. 74 Es ist der Auffassung, dass die regelmässige Anpassung der Höchstbeträge an die Marktentwicklung, namentlich durch einen Auslandpreisvergleich, die beste Lösung ist, um derartigen Missbräuchen entgegenzuwirken.75 Das Bundesamt präzisierte gegenüber der GPK-S, dass es nicht die Befugnis hat, die Abgabestellen direkt zu beaufsichtigen. Das Krankenversicherungsaufsichtsgesetz 76 regelt zwar die Aufsicht über die Krankenkassen, nicht aber jene über die Leistungserbringer. Das BAG ist der Ansicht, dass es grundsätzlich «die Aufgabe der Versicherer [ist], die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit im Rahmen von Artikel 56 KVG vorzunehmen»77. «Eine zusätzliche Beaufsichtigung der Abgabestellen würde in der Umsetzung administrativ komplex und aufwändig, was hinsichtlich Aufwand und

70 71

72 73 74 75

76 77

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017, Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 und vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Die GPK-S hat das BAG in diesem Zusammenhang aufgefordert, Stellung zu nehmen zur Empfehlung des Preisüberwachers, die Verträge zwischen Krankenversicherern und Abgabestellen in den gesetzlichen Rahmen der KVG-Tarifverträge gemäss Artikel 46 KVG zu integrieren. Das BAG hat hierzu angegeben, dass der Abschluss von Verträgen bereits heute erforderlich ist und dass in diesen eine tiefere Vergütung als der MiGeL-Höchstvergütungsbetrag vorgesehen werden kann. Allerdings werde diese Möglichkeit relativ wenig genutzt (Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017).

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017, Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S. Diese Ansicht vertrat 2011 auch der Preisüberwacher.

Bundesgesetz vom 26. Sept. 2014 betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung (Krankenversicherungsaufsichtsgesetz, KVAG; SR 832.12).

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

2036

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Nutzen als nicht sinnvoll erachtet wird». 78 Schwierig wäre eine solche Beaufsichtigung insbesondere aufgrund der Vielzahl und Vielfalt der Abgabestellen. 79 Das Bundesamt wies aber auch darauf hin, dass im KVG Sanktionsmöglichkeiten bestehen für den Fall einer Verletzung der Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit der Leistungen und dass der Bundesrat in einem ersten Massnahmenpaket im Rahmen des am 28. März 2018 beschlossenen Kostendämpfungsprogramms die Stärkung der Rechnungskontrolle sowie die Einführung eines nationalen Tarifbüros für den ambulanten Bereich prüft.80 Wie bereits erwähnt, ist das BAG der Ansicht, dass das geeignetste Mittel zur Verhinderung von Missbräuchen in den Abgabestellen die periodische Überprüfung der Höchstvergütungsbeträge und deren Anpassung an die Preisentwicklung des Marktes ist.81 Beurteilung der GPK-S In den Augen der Kommission muss der Geltungsbereich der MiGeL klar abgegrenzt sein und von allen Beteiligten genauestens eingehalten werden. Die diesbezüglich bereits ergriffenen Massnahmen (z. B. im Bereich TARMED) sollten die Genauigkeit der künftigen Statistiken über die MiGeL-Kosten erhöhen.

Auch das Urteil des BVGer von September 2017 über die Fakturierung in Pflegeheimen trägt zur besseren Abgrenzung des Geltungsbereichs der MiGeL bei. Die GPK-S nimmt aber auch zur Kenntnis, dass dieses Urteil stark umstritten ist und Fragen zur Übernahme der Pflegekosten in Pflegeheimen aufgeworfen hat. Die Kommission ersucht das BAG, gemeinsam mit den betroffenen Akteuren aktiv nach einer klaren Lösung zu letzterem Punkt zu suchen. Angesichts des Urteils des BVGer erfordert eine Änderung des Geltungsbereichs der MiGeL eine Revision der einschlägigen Rechtsgrundlagen, worüber im Rahmen der Beratung der von der SGK-N eingereichten Motion 18.3710 diskutiert werden wird. Die GPK-S verweist in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass eine Erweiterung der Kostenübernahme für MiGeL-Produkte durch den Einbezug der von Pflegepersonal verwendeten Produkte das in Artikel 20 KLV definierte Grundprinzip der MiGeL (Vergütung an Mittel und Gegenstände, die von der versicherten Person selbst oder mit Hilfe einer nichtberuflich mitwirkenden Person angewendet werden) in Frage stellen und zahlreiche Unbekannte hinsichtlich der Abgrenzung und der künftigen Kontrolle der MiGeL-Kosten mit sich
bringen würde.

Die Beaufsichtigung der Abgabestellen sowie die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Leistungen obliegt derzeit den Versicherern. Die Kommission erachtet diese Aufgabenteilung für angemessen. Sie ist wie das BAG der Ansicht, dass eine zusätzliche Kontrolle durch das Bundesamt kompliziert und teuer wäre.

Vor dem Hintergrund der oben erwähnten Missbrauchsfälle kommt die Kommission allerdings zum Schluss, dass die derzeitige Aufsicht nur wenig wirksam ist und es ihr zudem an Transparenz fehlt. Dies liegt unter anderem am komplexen Abgabesystem mit einer Vielzahl von Abgabestellen und Produkten, das nur schwer zu überbli78 79 80 81

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

2037

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cken ist. In den Augen der Kommission muss die Beaufsichtigung der Abgabestellen deshalb verbessert werden.

Die GPK-S teilt die Auffassung des BAG, dass eine regelmässige Anpassung der MiGeL-Höchstvergütungsbeträge ­ namentlich durch einen Auslandpreisvergleich ­ einen unerlässlichen ersten Schritt zur Missbrauchsbekämpfung darstellt, unter der Voraussetzung natürlich, dass diese Anpassungen korrekt umgesetzt werden. Auch die vom Bundesrat im Rahmen des Kostendämpfungsprogramms im Gesundheitswesen angekündigten Massnahmen gehen in die richtige Richtung. Die Kommission begrüsst des Weiteren die Bemühungen des BAG und des Bundesrats zur stärkeren Sensibilisierung der betroffenen Akteure und fordert dazu auf, diese Bemühungen fortzusetzen.

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, zu prüfen, welche Massnahmen im Rahmen der bestehenden Aufgabenverteilung möglich wären, um für eine bessere Beaufsichtigung der Abgabestellen zu sorgen und entsprechende Anreize zu setzen. Insbesondere empfiehlt sie, in den Rechtsgrundlagen die Aufsichtspflicht der Versicherer sowie die Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzung der Anforderungen bezüglich Wirtschaftlichkeit zu präzisieren. Ausserdem ersucht sie den Bundesrat, zur Klärung des Vertriebssystems zu prüfen, ob eine stärkere Konzentration der zugelassenen Abgabestellen oder weitere Optionen sinnvoll wären.

Die GPK-S erinnert daran, dass es gemäss geltendem Recht den Versicherern obliegt, sicherzustellen, dass der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit im Bereich der MiGeL konsequent angewendet wird. Vor diesem Hintergrund ist die Kommission der Ansicht, dass die Versicherer ihrer Kontrolle über die Abgabestellen mehr Beachtung schenken sollten.

Auch wenn es sich um Einzelfälle handelt, so werfen die Missbräuche bei den Abgabestellen doch grundsätzliche Fragen auf: Sind die MiGeL-Vergütungsbeträge als Fixpauschalen oder als Höchstbeträge zu verstehen? Werden sie von den betroffenen Akteuren korrekt ausgelegt82? Die Kommission ersucht die SGK-N, diese Fragen bei ihren Arbeiten zur parlamentarischen Initiative Humbel 16.419 zu berücksichtigen.

82

Gemäss BAG sind für die Verrechnung zulasten der Krankenversicherung die Marktpreise der einzelnen Produkte massgebend. «Der Höchstvergütungsbetrag der MiGeL dient lediglich als Obergrenze der Vergütung durch die Krankenversicherung» (Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017). Der Preisüberwacher kam in seinem Bericht von 2011 (Schreiben des Preisüberwachers an den Vorsteher des EDI vom 20. Juni 2011) allerdings zum Schluss, dass die Höchstvergütungsbeträge von den Mittel- und Gegenständelieferanten nicht als solche betrachtet werden, sondern vielmehr als «Preisempfehlungen».

Diese Interpretation wirke sich aber schädlich auf den Wettbewerb aus.

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Empfehlung 4

Beaufsichtigung der Abgabestellen

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, zu prüfen, wie die Aufsicht über die Abgabestellen der MiGeL-Produkte verbessert werden kann, und sie über seine entsprechenden Überlegungen zu informieren.

Sie empfiehlt ihm in diesem Zusammenhang, in den Rechtsgrundlagen die Pflicht der Versicherer zur Beaufsichtigung der Abgabestellen und nötigenfalls auch die Sanktionsmöglichkeiten bei Verletzung der Anforderungen bezüglich der Wirtschaftlichkeit der Leistungen zu präzisieren.

Ausserdem ersucht sie den Bundesrat, die Zweckmässigkeit einer stärkeren Konzentration der zugelassenen Abgabestellen zu prüfen und ihr gegebenenfalls mitzuteilen, wie eine solche Konzentration erreicht werden kann.

2.6

Überprüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit, Berücksichtigung der Auslandpreise

Das 2015 vom BAG verabschiedete Konzept zur Revision der MiGeL sieht ausdrücklich vor, die in der Liste aufgeführten Mittel und Gegenstände erneut auf die Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu überprüfen.83 Die SGK-S bat die GPK-S in ihrem Schreiben von April 2016, kritisch zu hinterfragen, ob die vom EDI und vom BAG angewendete Methodik zur Preisfestlegung diesen Kriterien genügt.

Sachverhalt nach Kenntnis der GPK-S Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S vertiefte diesen Aspekt im Juni 2017 mit den Vertreterinnen und Vertretern des BAG. 84 Was die Kriterien der Wirksamkeit und der Zweckmässigkeit anbelangt, hielt das BAG fest, dass diese im Rahmen der laufenden Revision für alle Produktegruppen «anhand eines Formulars dokumentiert» und «umstrittene Themen identifiziert [werden], die anschliessend mittels HTA-Bericht vertieft abgeklärt werden» (Health Technology Assessment, Englisch für «Gesundheitstechnologie-Bewertung»). Dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit werde mit der Überprüfung des Höchstvergütungsbetrags, dem Herzstück der laufenden Revision, Rechnung getragen.

Das BAG erläuterte der GPK-S, wie bei der Überprüfung der einzelnen Kapitel und Gruppen der MiGeL vorgegangen wird. So wurden spezifische Expertengruppen mit Vertreterinnen und Vertretern der Abgabestellen, der Hersteller, der Ärzteschaft, der Gesundheitsberufe und der Versicherer geschaffen, welche die Kriterien der Wirksamkeit und der Zweckmässigkeit überprüfen, die Preise der jeweiligen Produkte 83

84

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittelund Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018), S. 17. Zu den Kriterien siehe Art. 32 Abs. 1 KVG.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

2039

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im In- und Ausland erheben und dann einen Höchstvergütungsbetrag pro MiGeLPosition vorschlagen. Jeder Vorschlag wird der EAMGK zur Beratung und anschliessend dem EDI zum Entscheid vorgelegt. 85 Das BAG informierte die GPK-S auch darüber, dass es über einen Kredit für externe Expertisen zur Überprüfung der Kriterien der Wirksamkeit, der Zweckmässigkeit und der Wirtschaftlichkeit und zur Zuordnung von Produkten zu den MiGeL-Positionen sowie für Erhebungen von Publikumspreisen im In- und Ausland verfügt.86 Die Aufgaben werden laut BAG extern vergeben, wenn «sehr spezifisches Fachwissen zu einzelnen Medizinprodukten notwendig ist und [...] die internen Ressourcen nicht ausreichen»87. Das EDI präzisierte dabei, dass das BAG für die Erhebung der Preise im In- und Ausland grundsätzlich auf die Expertise von externen Unternehmen angewiesen ist, und dass es diese Erhebungen nicht selbst durchführt.88 Die Organisation santésuisse kritisierte in einer Stellungnahme zuhanden der GPK-S, dass es «keine transparente nachvollziehbare Methodik für die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung der MiGeL-Preise gibt»89. Die Kommission befasste sich mit diesem Aspekt und namentlich damit, wie die Auslandpreise bei der Prüfung der MiGeL-Vergütungsbeträge berücksichtigt wurden.90 Das BAG erläuterte der GPK-S seine Methode zur Berechnung der Höchstvergütungsbeträge sowie die Modalitäten des Auslandpreisvergleichs91. Das Bundesamt unterstrich in diesem Zusammenhang, wie wichtig es ist, beim Auslandpreisvergleich darauf zu achten, dass identische Leistungen verglichen und «die unterschiedlichen Kosten der jeweiligen Distributionskanäle im Ausland und der Schweiz» 92 berücksichtigt werden. Deshalb enthalte der Auslandpreisvergleich eine «Kostenkorrektur», welche die Vertriebs- und Abgabekosten in der Schweiz einbezieht. Zur genauen Bestimmung dieser Kostenkorrektur werde eine Studie in Auftrag gegeben93. Das BAG verwies noch darauf, dass der Auslandvergleich nicht massgebend

85 86 87 88 89 90

91

92 93

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Schreiben des BAG vom 9. Jan. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S; siehe auch Kapitel 2.1.

Brief des EDI vom 5. Nov. 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S im Rahmen der Verwaltungskonsultation zum vorliegenden Bericht.

Schreiben der santésuisse vom 4. Dez. 2017 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Dieser Aspekt war mehrfach Gegenstand der Empfehlungen des Preisüberwachers.

Siehe «Atemtherapiegeräte: Eine Untersuchung des Schweizer Marktes und Auslandpreisvergleich», Bericht des Preisüberwachers vom 20. Dez. 2016, www.preisueberwacher.admin.ch, Themen > Gesundheitswesen > Medizinische Hilfsmittel (Stand: 12. Juli 2018).

Gemäss Angaben des BAG (Schreiben vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S) wird der Höchstvergütungsbetrag bei MiGeL-Positionen, die international handelbare Güter sind, «als Median der Schweizer Publikumspreise bestimmt, er darf jedoch nicht höher angesetzt werden, als der Vergleichspreis aus dem Auslandpreisvergleich. Der Auslandpreisvergleich wird als Median der um die Mehrwertsteuer bereinigten Auslandpreise plus eine Kostenkorrektur für Vertrieb und Abgabe in der Schweiz berechnet» (vgl. Fussnote 93).

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Bis zum Vorliegen der Studie wird die Kostenkorrektur vom BAG vereinfachend als eine Erhöhung von 20 Prozent auf dem Auslandvergleichspreis angenommen (Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S).

2040

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ist für Produkte, die individuell auf Mass hergestellt werden oder die ­ wie Instruktions- und Wartungspauschalen ­ hauptsächlich aus Dienstleistungen bestehen.94 Auf Wunsch der Kommission übermittelte das BAG auch Informationen zu den Anträgen auf Anpassung der Höchstvergütungsbeträge, die ihm von der santésuisse95 und dem Preisüberwacher96 auf der Grundlage von deren eigenen Auslandpreisvergleichen eingereicht worden waren. Aus diesen Informationen geht hervor, dass das BAG diese Anträge in seine Revisionsarbeiten einbezogen hat und bereits Anpassungen erfolgt bzw. in Prüfung sind.

Die Kommission ersuchte das Bundesamt ausserdem, zu zwei Empfehlungen des Preisüberwachers Stellung zu nehmen. Dieser hatte zum einen empfohlen, eine generelle Vergütungspflicht für im Ausland gekaufte Mittel und Gegenstände einzuführen, und zum anderen, die Vertreiber per Verordnung zu verpflichten, den Bundesbehörden Daten über die Auslandpreise zu liefern.97 Was die im Ausland gekauften Produkte angeht, teilte das BAG mit, dass der Bundesrat die Einführung einer generellen Vergütungspflicht ablehnt98, er aber bereit ist, im Rahmen der MiGeLRevision eine Differenzierung zwischen Produkten, die im Ausland eingekauft werden können, und solchen, bei denen dies nicht möglich ist, zu prüfen. Das BAG erklärte, dass ein Bericht zu diesem Thema in Vorbereitung ist99. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Datenlieferung gab das BAG an, dass es diese Informationen von den Vertreibern bereits verlangt, es jedoch für unrealistisch hält, diesen Grundsatz in die Verordnung aufzunehmen.100

94 95

Schreiben des BAG vom 14. Mai 2018 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S.

Senkung des Höchstvergütungsbetrags für aufsaugende Inkontinenzprodukte, Blutzuckermessprodukte und für Beatmungsgeräte, Anträge der santésuisse vom 20. April 2017 (Schreiben von santésuisse vom 4. Dez. 2017 an die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S).

96 Anpassung des Höchstvergütungsbetrags für Geräte zur Behandlung von Schlafapnoe und Geräte für die mechanische Heimventilation; siehe «Atemtherapiegeräte: Eine Untersuchung des Schweizer Marktes und Auslandpreisvergleich», Bericht des Preisüberwachers vom 20. Dez. 2016, www.preisueberwacher.admin.ch, Themen > Gesundheitswesen > Medizinische Hilfsmittel (Stand: 12. Juli 2018).

97 Empfehlungen betreffend die MiGeL-Liste, Schreiben des Preisüberwachers an den EDI-Vorsteher vom 20. Juni 2011. Preisüberwacher, Medizinische Hilfsmittel, www.preisueberwacher.admin.ch, Themen > Gesundheitswesen (Stand: 10. Juli 2018).

98 In seiner Stellungnahme zur von Nationalrätin Bea Heim am 17. März 2016 eingereichten Motion 16.3169 («Vergütungspflicht der Krankenkassen für im Ausland eingekaufte medizinische Mittel und Gegenstände») begründet der Bundesrat diese Haltung insbesondere damit, dass für OKP-Leistungen das Territorialitätsprinzip gilt und bei «einem Erwerb der Mittel und Gegenstände im Ausland [...] weder persönliche Anpassungen noch Anwendungsinstruktionen durch den Leistungserbringer sichergestellt werden» können. Ausserdem verweist er darauf, dass «die Höchstvergütungsbeiträge (HVB) der auf der MiGeL aufgeführten Produkte [...] nicht systematisch höher als die Auslandspreise» sind.

99 Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017; siehe auch Antwort des Bundesrates auf die Motion Heim «Vergütungspflicht der Krankenkassen für im Ausland eingekaufte medizinische Mittel und Gegenstände» vom 17. März 2016 (16.3169).

100 Als Grund nennt das BAG die zahlreichen Abgabekanäle und Vergütungssysteme im Ausland, aber auch die Tatsache, dass die Preise nicht von den Vertreibern, sondern von den Abgabestellen oder anhand von Vereinbarungen mit den Beitragszahlern festgelegt werden (Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017).

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BBl 2019

Beurteilung der GPK-S Die GPK-S ist angesichts der erhaltenen Informationen der Auffassung, dass das BAG die Einhaltung der drei im KVG vorgesehenen Kriterien offenbar angemessen überprüft und sich dabei nicht auf einen blossen Preisvergleich beschränkt. Die Verfahren zur Überprüfung der Kriterien, zur Festlegung der Höchstvergütungsbeträge und zum Vergleich mit den Auslandpreisen wurden transparent dargelegt. Das BAG wies gegenüber der GPK-S auf keine rechtlichen Unzulänglichkeiten hin, welche die laufende Überprüfung der MiGeL behindern würden.

Allgemein ist die Kommission allerdings der Ansicht, dass sich das System zur Überprüfung der MiGeL-Produkte auf die drei im KVG vorgesehenen Kriterien hin noch im Anfangsstadium befindet. Sie wird deshalb erst im ersten Halbjahr 2020 ­ wenn alle MiGeL-Positionen ein erstes Mal überprüft sein werden ­ eine definitive Lagebeurteilung vornehmen.

Aus Sicht der Kommission muss die Festlegung der MiGeL-Höchstvergütungsbeträge unbedingt anhand eines harmonisierten Verfahrens und objektiver Kriterien erfolgen. Ausserdem muss das BAG die Öffentlichkeit transparent darüber informieren, mit welcher Methode es die Wirksamkeit, die Zweckmässigkeit und die Wirtschaftlichkeit der MiGeL-Produkte überprüft.

Empfehlung 5

Überprüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit

Die GPK-S fordert den Bundesrat auf, sicherzustellen, dass ­ sofern nicht bereits geschehen ­ die Verfahrensschritte zur Festlegung der Höchstvergütungsbeträge (Überprüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit) schnellstmöglich definiert und dokumentiert werden und alle wichtigen Informationen laufend auf der Website des BAG veröffentlicht werden.

Die Kommission hält fest, dass das BAG konsequent Auslandpreisvergleiche durchführt und somit eine vom Preisüberwacher vor Langem geäusserte Empfehlung erfüllt. Sie ist sich bewusst, dass bei diesen Vergleichen allfällige zusätzliche Kosten berücksichtigt werden müssen, die sich aus bestimmten Besonderheiten des Schweizer Marktes ergeben, verlangt aber, dass die Berechnung dieser Zusatzkosten wissenschaftlich fundiert ist und nicht den freien Wettbewerb beschränkt. In diesem Sinne ersucht die GPK-S das BAG, die Frage der «Kostenkorrektur» schnellstmöglich abklären zu lassen und die entsprechenden Erkenntnisse dann der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Schliesslich nimmt die Kommission erfreut zur Kenntnis, dass das BAG die Anträge auf Anpassung der Höchstvergütungsbeträge, die ihr von verschiedenen externen Akteuren auf der Grundlage von deren eigenen Auslandpreisvergleichen unterbreitet wurden, in die laufende Revision einbezogen hat.

2042

BBl 2019

2.7

Künftige periodische Überprüfung der MiGeL-Positionen

Das BAG sieht in seinem Revisionskonzept für die MiGeL vor, diese in regelmässigen Abständen zu überprüfen und zu aktualisieren101, um so die Höchstvergütungsbeträge an die Marktpreise anzupassen. Eine solche periodische Überprüfung wird vom Preisüberwacher bereits seit Längerem gefordert102.

Sachverhalt nach Kenntnis der GPK-S Das BAG bestätigte gegenüber der GPK-S, dass es ein System zur regelmässigen Überprüfung der MiGeL-Positionen erarbeitet103. Das Bundesamt hob allerdings hervor, dass ein Auslandpreisvergleich bei Mitteln und Gegenständen aufgrund der Grösse des Marktes (rund 55 000 Produkte) und der zahlreichen Abgabekanäle viel komplexer ist als bei Medikamenten.104 Im Juni 2017 gab das BAG der GPK-S bekannt, dass noch nicht feststeht, in welchem Abstand die Überprüfungen künftig stattfinden werden. Dem Bundesamt zufolge wäre es jedoch nicht zweckmässig, für sämtliche MiGeL-Positionen die gleiche Überprüfungshäufigkeit vorzusehen, da sich der Markt für gewisse Produkte viel schneller entwickelt als für andere.105 Das BAG teilte der Kommission mit, dass es anhand seiner Feststellungen eine Differenzierung nach Produkten vornehmen wird. Ein entsprechender Bericht wurde für den Abschluss der Revision, das heisst für 2019, in Aussicht gestellt.106 Beurteilung der GPK-S Die GPK-S entnimmt den Aussagen des BAG, dass dieses der Einführung von periodischen Überprüfungen grosse Bedeutung beimisst. Insbesondere erhofft sich das Bundesamt, durch diese Überprüfungen Missbräuche in den Abgabestellen zu verhindern (vgl. Kapitel 2.5). Auch die GPK-S ist der Auffassung, dass direkt nach Abschluss der laufenden Gesamtrevision ein System zur regelmässigen MiGeLAktualisierung eingeführt werden sollte.

Angesichts der Menge und der Vielfalt der betroffenen Produkte, der Marktkomplexität und der begrenzten Ressourcen des BAG erachtet die Kommission eine jährliche Komplettüberprüfung der MiGeL als unrealistisch. Ausserdem teilt sie die Meinung des BAG, dass es nicht zweckmässig wäre, für sämtliche MiGeL-Positionen dasselbe Überprüfungsintervall zu wählen, da sich die Preise für die einzelnen Mittel und Gegenstände äusserst unterschiedlich entwickeln. Aus Sicht der GPK-S ist es aber erforderlich, dass für jedes Produkt oder für jede Produktgruppe 101

102 103 104 105 106

«Révision de la liste des moyens et appareils, État de la situation» (vollständiger Bericht nur auf Französisch verfügbar, Zusammenfassung auf Deutsch: Revisionsentwurf der Mittel- und Gegenständeliste, Stand der Dinge), 20. Juli 2016, www.efk.admin.ch > Publikationen > Gesundheit (Stand: 10. Juli 2018), S. 17.

Der Preisüberwacher empfahl zunächst, die Höchstvergütungsbeträge alle drei Jahre zu überprüfen (2011). Später empfahl er eine jährliche Überprüfung (2016).

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

Anhörung des BAG vom 29. Juni 2017.

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BBl 2019

klar definiert wird, in welchen Mindestabständen eine Überprüfung vorzunehmen ist, und dass das BAG den vorgegebenen Rhythmus anschliessend konsequent einhält.

Weiter hält die Kommission fest, dass eine regelmässige Anpassung der Höchstvergütungsbeträge nur dann tatsächlich Wirkung zeigt, wenn sich die Abgabestellen anschliessend konsequent an die angepassten Beträge halten und die Fakturierung in geeigneter Weise überprüft wird. Sie verweist diesbezüglich auf die entsprechende Einschätzung in Kapitel 2.5.

Da das BAG auf Ende 2019 einen Bericht zur periodischen Überprüfung der MiGeL angekündigt hat, wird die GPK-S diesen abwarten und die Fragen, die in diesem Bereich dann noch offen sind, in der ersten Jahreshälfte 2020 mit dem Bundesamt besprechen.

3

Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

Ausgehend von im April 2016 formulierten Fragen der SGK-S hat sich die GPK-S intensiv mit den Aspekten der laufenden MiGeL-Revision befasst, die für die parlamentarische Oberaufsicht über die Geschäftsführung relevant sind. Im Rahmen ihrer Arbeiten hat sie zahlreiche Dokumente ausgewertet, eine Reihe von Personen angehört und Schriftwechsel mit den verschiedenen Beteiligten geführt. Im vorliegenden Bericht hat sie die Ergebnisse ihrer Arbeiten zusammengefasst und ihre Beurteilung zu sieben wichtigen Aspekten der Revision dargelegt sowie davon ausgehend fünf Empfehlungen an den Bundesrat formuliert.

Die Abklärungen der GPK-S haben gezeigt, dass das EDI und das BAG der MiGeLRevision anfangs keine hohe Priorität einräumten. Die Kommission hält jedoch positiv fest, dass sich die Situation seit 2015 verbessert hat. Das Bundesamt behandelt dieses Dossier nun prioritär und treibt die Arbeiten ernsthaft voran. Die für die Revision aufgewendeten Ressourcen werden vom BAG als ausreichend betrachtet, sodass der vorgesehene Zeitplan eingehalten werden kann.

Die GPK-S war nicht in der Lage, eine Antwort auf die umstrittene Frage des Sparpotenzials der MiGeL-Revision zu finden. Sie hält fest, dass das BAG in seinen Prognosen sehr vorsichtig ist, wohingegen die Schätzungen der Krankenversicherer auf allgemeinen und eher optimistischen Annahmen beruhen. Die Kommission ist der Ansicht, dass die möglichen Einsparungen erst beziffert werden können, wenn die derzeit laufende Revision abgeschlossen ist. Sie erwartet vom Bundesrat, dass er nach Abschluss der Revision auch tatsächlich entsprechend Bilanz zieht. In den Augen der GPK-S braucht es im Bereich der MiGeL künftig unbedingt ein effektives Kostenmonitoring. Sie begrüsst die diesbezüglichen Verpflichtungen des BAG und ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass ein solches Monitoring eingeführt wird.

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BBl 2019

Die Statistik der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zeigt, dass die MiGeLAusgaben in den letzten Jahren deutlich angestiegen sind. Aufgrund der ungenügenden Datenlage ist das BAG jedoch nicht in der Lage, die Gründe für diese Entwicklung eindeutig nachzuvollziehen. Die Kommission findet dies überaus besorgniserregend. In ihren Augen muss die Qualität der statistischen Daten über die MiGeLAusgaben schnellstens verbessert werden, damit das Bundesamt einen zuverlässigen, vollständigen und harmonisierten Überblick über die Situation erhält. Die Kommission ist zudem der Ansicht, dass der Anwendungsbereich der MiGeL klar abgegrenzt und von allen Beteiligten strengstens eingehalten werden muss. Sie begrüsst die entsprechenden Bemühungen des Bundesrates.

Hinsichtlich der Missbrauchsfälle bei der Anwendung der MiGeL ist die GPK-S der Ansicht, dass die derzeitige Aufsicht über die Abgabestellen nur teilweise wirksam ist und verstärkt werden muss. Die Kommission ersucht den Bundesrat, zu prüfen, welche Massnahmen über die regelmässige Überprüfung der Vergütungsbeträge hinaus getroffen werden können. Zu prüfen ist namentlich, ob in den Rechtsgrundlagen die Aufsichtspflicht der Versicherer und die allfälligen Sanktionen bei Nichtwahrnehmung dieser Pflicht präzisiert werden sollten und ob eine stärkere Konzentration der Abgabestellen sinnvoll wäre. Sie ruft die Versicherer dazu auf, ihrer Aufsichtsfunktion noch mehr Beachtung zu schenken und sicherzustellen, dass der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit in allen MiGeL-Bereichen konsequent angewendet wird.

Die GPK-S hat sich ausserdem damit befasst, wie das BAG bei der MiGeL-Revision die Einhaltung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit überprüft. In ihren Augen wird diese Prüfung in angemessener Weise durchgeführt, auch wenn sich das System derzeit noch im Anfangsstadium befindet und eine definitive Bilanz erst nach Abschluss der Revision gezogen werden kann. Sie ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass die Festlegung der MiGeL-Höchstvergütungsbeträge auf der Grundlage harmonisierter Verfahren und objektiver Kriterien erfolgt und der Öffentlichkeit vom BAG transparent kommuniziert wird. Die GPK-S hält fest, dass das BAG konsequent Auslandpreisvergleiche durchführt, sieht aber noch Klärungsbedarf bei der Berücksichtigung
bestimmter Besonderheiten des Schweizer Marktes.

Schliesslich ist die GPK-S der Meinung, dass die MiGeL auch nach Abschluss der derzeitigen Gesamtrevision regelmässig überprüft werden muss, erachtet es aber für unrealistisch, die Liste jährlich einer vollständigen Revision zu unterziehen oder für alle darin enthaltenen Produkte ein einheitliches Überprüfungsintervall festzulegen.

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, zu den Erwägungen und Empfehlungen dieses Berichts bis zum 28. Januar 2019 Stellung zu nehmen und ihr mitzuteilen, mit welchen Massnahmen und bis wann er ihre Empfehlungen umsetzen wird.

2045

BBl 2019

Die GPK-S plant, nach Abschluss der laufenden MiGeL-Gesamtrevision Bilanz zu ziehen, insbesondere über folgende Aspekte: revisionsbedingte Einsparungen, System zur Überprüfung der Kriterien Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit, Kostenmonitoring, künftige periodische Überprüfung der MiGeL-Positionen und Ressourcen des BAG.

16. November 2018

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Die Präsidentin: Anne Seydoux-Christe Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EDI/UVEK: Claude Hêche Der Sekretär der Subkommission EDI/UVEK: Nicolas Gschwind

2046

BBl 2019

Abkürzungsverzeichnis BAG

Bundesamt für Gesundheit

BVGer

Bundesverwaltungsgericht

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

FinDel

Finanzdelegation der eidgenössischen Räte

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

HTA

Health technology assessment, GesundheitstechnologieBewertung

KLV

Verordnung des EDI über Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (KrankenpflegeLeistungsverordnung; SR 832.112.31)

KVAG

Bundesgesetz vom 26. September 2014 betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung (Krankenversicherungsaufsichtsgesetz; SR 832.12)

KVG

Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10)

MiGeL

Mittel- und Gegenständeliste

MWST

Mehrwertsteuer

OKP

Obligatorische Krankenpflegeversicherung

ParlG

Bundesgesetz vom 13 Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10)

SGK-N

Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates

SGK-S

Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates

SR

Systematische Rechtssammlung

UVEK

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

VZÄ

Vollzeitäquivalent

2047

BBl 2019

2048