Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung

Entwurf

vom ...

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 22. Mai 20191, beschliesst: I Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert:

1. Obligationenrecht2 Art. 329 Randtitel VIII. Freizeit, Ferien, Urlaub für Jugendarbeit, Mutterschafts- und Betreuungsurlaub 1. Freizeit

Art. 329b Abs. 3 Die Ferien dürfen vom Arbeitgeber auch nicht gekürzt werden, wenn: 3

1 2 3

a.

eine Arbeitnehmerin wegen Schwangerschaft bis zu zwei Monate an der Arbeitsleistung verhindert ist oder eine Mutterschaftsentschädigung nach den Artikeln 16b­16h des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 19523 (EOG) bezogen hat;

b.

eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer eine Betreuungsentschädigung nach den Artikeln 16i­16m EOG bezogen hat.

BBl 2019 4103 SR 220 SR 834.1

2019-0857

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Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung. BG

BBl 2019

Art. 329g 5. Urlaub für die Betreuung von Angehörigen

Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlten Urlaub für die Zeit, die zur Betreuung eines Familienmitglieds, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners mit gesundheitlicher Beeinträchtigung notwendig ist; der Urlaub beträgt jedoch höchstens drei Tage pro Ereignis und höchstens zehn Tage pro Jahr.

Art. 329h

6. Urlaub für die 1 Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Betreuung eines 4 wegen Krankheit Betreuungsentschädigung nach den Artikeln 16i­16m EOG , weil ihr oder Unfall oder sein Kind wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer gesundheitlich schwer beeinträch- beeinträchtigt ist, so hat sie oder er Anspruch auf einen Betreuungstigten Kindes urlaub von höchstens 14 Wochen.

Der Betreuungsurlaub ist innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten zu beziehen. Die Rahmenfrist beginnt mit dem Tag, für den das erste Taggeld bezogen wird.

2

Sind beide Eltern Arbeitnehmende, so hat jeder Elternteil Anspruch auf einen Betreuungsurlaub von höchstens sieben Wochen. Sie können eine abweichende Aufteilung des Urlaubs wählen.

3

4

Der Urlaub kann am Stück oder tageweise bezogen werden.

Der Arbeitgeber ist über die Modalitäten des Urlaubsbezugs sowie über Änderungen unverzüglich zu informieren.

5

Art. 336c Abs. 1 Bst. cbis Nach Ablauf der Probezeit darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nicht kündigen: 1

cbis. solange der Anspruch auf Betreuungsurlaub nach Artikel 329h besteht, längstens aber während sechs Monaten ab Beginn des Anspruchs auf das erste Taggeld; Art. 362 Abs. 1 Einleitungssatz und neue Aufzählungselemente Durch Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag darf von den folgenden Vorschriften nicht zuungunsten der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers abgewichen werden: 1

4

SR 834.1

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Artikel 329g:

(Urlaub für die Betreuung von Angehörigen)

Artikel 329h:

(Urlaub für die Betreuung eines wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigten Kindes)

2. Arbeitsgesetz vom 13. März 19645 Art. 36 Abs. 3 und 4 Der Arbeitgeber hat der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer gegen Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses Urlaub für die Betreuung eines Familienmitglieds, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners mit gesundheitlicher Beeinträchtigung zu gewähren; der Urlaub ist auf die für die Betreuung erforderliche Dauer begrenzt, beträgt jedoch höchstens drei Tage pro Ereignis.

3

Ausser bei Kindern beträgt der Betreuungsurlaub höchstens zehn Tage pro Jahr.

4

3. Bundesgesetz vom 20. Dezember 19496 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung Art. 29septies Abs. 1 Versicherte, welche Verwandte in auf- oder absteigender Linie oder Geschwister mit einem anerkannten Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung der AHV, der IV, der obligatorischen Unfallversicherung oder der Militärversicherung betreuen, haben Anspruch auf Anrechnung einer Betreuungsgutschrift, wenn sie die betreuten Personen für die Betreuung leicht erreichen können. Sie müssen diesen Anspruch jährlich schriftlich anmelden. Verwandten gleichgestellt sind Ehegatten, Schwiegereltern und Stiefkinder sowie Lebenspartnerinnen und -partner, die seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen mit den Versicherten einen gemeinsamen Haushalt führen.

1

4. Bundesgesetz vom 19. Juni 19597 über die Invalidenversicherung Art. 42bis Abs. 4 Minderjährige haben nur an den Tagen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung, an denen sie sich nicht in einem Heim aufhalten.

4

5 6 7

SR 822.11 SR 831.10 SR 831.20

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5. Bundesgesetz vom 25. Juni 19828 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge Ersatz eines Ausdrucks Im ganzen Erlass wird «des Obligationenrechts» ersetzt durch «OR».

Art. 8 Abs. 3 erster Satz Sinkt der Jahreslohn vorübergehend wegen Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit, Mutterschaft oder aus ähnlichen Gründen, so behält der bisherige koordinierte Lohn mindestens so lange Gültigkeit, als die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nach Artikel 324a des Obligationenrechts9 (OR) bestehen würde oder ein Mutterschaftsurlaub nach Artikel 329f OR oder ein Betreuungsurlaub nach Artikel 329h OR dauert. ...

3

6. Bundesgesetz vom 20. März 198110 über die Unfallversicherung Art. 16 Abs. 3 Das Taggeld der Unfallversicherung wird nicht gewährt, wenn ein Anspruch auf ein Taggeld der Invalidenversicherung, eine Mutterschaftsentschädigung nach den Artikeln 16b­16h des Erwerbsersatzgesetzes vom 25. September 195211 (EOG) oder eine Betreuungsentschädigung nach den Artikeln 16i­16m EOG besteht.

3

7. Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952 12 Titel Bundesgesetz über den Erwerbsersatz (Erwerbsersatzgesetz, EOG) Ingress in Ausführung der Artikel 59 Absatz 4, 61 Absatz 4, 116 Absätze 3 und 4, 117 Absatz 1, 122 und 123 der Bundesverfassung13,

8 9 10 11 12 13

SR 831.40 SR 220 SR 832.20 SR 834.1 SR 834.1 SR 101

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Art. 16g Abs. 1 Bst. f 1

Die Mutterschaftsentschädigung schliesst den Bezug der folgenden Taggelder aus: f.

der Betreuungsentschädigung nach den Artikeln 16i­16m für dasselbe Kind.

Gliederungstitel vor Art. 16i

IIIb. Die Entschädigung für Eltern, die ein wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigtes Kind betreuen Art. 16i

Anspruchsberechtigte

Anspruchsberechtigt sind Eltern eines minderjährigen Kindes, das wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist, die: 1

a.

die Erwerbstätigkeit für die Betreuung des Kindes unterbrechen; und

b.

im Zeitpunkt der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit: 1. Arbeitnehmende im Sinne von Artikel 10 ATSG14 sind, 2. Selbstständigerwerbende im Sinne von Artikel 12 ATSG sind, oder 3. im Betrieb des Ehemanns oder der Ehefrau mitarbeiten und einen Barlohn beziehen.

2

Pro Krankheitsfall oder Unfall entsteht nur ein Anspruch.

3

Der Bundesrat regelt: a

den Anspruch von Pflegeeltern;

b.

die Anspruchsvoraussetzungen für Personen, die wegen Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit die Voraussetzungen nach Absatz 1 Buchstabe b nicht erfüllen.

Art. 16j

Gesundheitlich schwer beeinträchtigtes Kind

Ein Kind ist gesundheitlich schwer beeinträchtigt, wenn:

14

a.

eine einschneidende Veränderung seines körperlichen oder psychischen Zustandes eingetreten ist;

b.

der Verlauf oder der Ausgang dieser Veränderung schwer vorhersehbar ist oder mit einer bleibenden oder zunehmenden Beeinträchtigung oder dem Tod zu rechnen ist;

c.

ein erhöhter Bedarf an Betreuung durch die Eltern besteht; und

d.

mindestens ein Elternteil die Erwerbstätigkeit für die Betreuung des Kindes unterbrechen muss.

SR 830.1

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Art. 16k

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Rahmenfrist, Beginn und Ende des Anspruchs

Für den Bezug der Betreuungsentschädigung gilt eine Rahmenfrist von 18 Monaten.

1

2

Die Rahmenfrist beginnt mit dem Tag, für den das erste Taggeld bezogen wird.

3

Der Anspruch entsteht, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 16i erfüllt sind.

4

Er endet: a.

nach Ablauf der Rahmenfrist; oder

b.

nach Ausschöpfung der Taggelder.

Er endet vorzeitig, wenn die Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind; er endet jedoch nicht vorzeitig, wenn das Kind während der Rahmenfrist volljährig wird.

5

Art. 16l

Form und Anzahl der Taggelder

1

Die Betreuungsentschädigung wird als Taggeld ausgerichtet.

2

Innerhalb der Rahmenfrist besteht Anspruch auf höchstens 98 Taggelder.

3

Pro fünf Taggelder werden zusätzlich zwei Taggelder ausgerichtet.

Sind beide Eltern erwerbstätig, so hat jeder Elternteil Anspruch auf höchstens die Hälfte der Taggelder. Sie können eine abweichende Aufteilung wählen.

4

Art. 16m

Höhe und Bemessung der Betreuungsentschädigung

Das Taggeld beträgt 80 Prozent des durchschnittlichen Erwerbseinkommens, das vor Beginn des Anspruchs auf die Betreuungsentschädigung erzielt wurde.

1

Für die Ermittlung des Einkommens ist Artikel 11 Absatz 1 sinngemäss anwendbar.

2

3

Für den Höchstbetrag gilt Artikel 16f sinngemäss.

Art. 16n

Verhältnis zu Leistungen anderer Sozialversicherungen

Der Bezug der Betreuungsentschädigung geht folgenden Taggeldern oder Sozialversicherungsleistungen vor: 1

a.

der Arbeitslosenversicherung;

b.

der Invalidenversicherung;

c.

der Unfallversicherung;

d.

der Militärversicherung.

Das Taggeld entspricht mindestens dem bisher bezogenen Taggeld, wenn bis zum Beginn des Anspruchs auf die Betreuungsentschädigung Anspruch auf ein Taggeld nach Artikel 16b oder nach einem der folgenden Gesetze bestand: 2

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a.

Bundesgesetz vom 19. Juni 195915 über die Invalidenversicherung;

b.

Bundesgesetz vom 18. März 199416 über die Krankenversicherung;

c.

Bundesgesetz vom 20. März 198117 über die Unfallversicherung;

d.

Bundesgesetz vom 19. Juni 199218 über die Militärversicherung;

e.

Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 198219.

BBl 2019

Art. 20 Abs. 1 In Abweichung von Artikel 24 ATSG20 erlischt der Anspruch auf nicht bezogene Entschädigungen: 1

a.

für Dienstleistende fünf Jahre nach Ende des Dienstes, der den Entschädigungsanspruch ausgelöst hat;

b.

bei Mutterschaft fünf Jahre nach Ende des Anspruchs gemäss Artikel 16d;

c.

für Eltern, die ein wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigtes Kind betreuen, fünf Jahre nach dem letzten Tag des Betreuungsurlaubs.

8. Bundesgesetz vom 20. Juni 195221 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft Art. 10 Abs. 4 Während des Mutterschaftsurlaubs nach Artikel 329f des Obligationenrechts22 (OR) und des Betreuungsurlaubs nach Artikel 329h OR besteht weiterhin Anspruch auf die Familienzulagen.

4

II 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

15 16 17 18 19 20 21 22

SR 831.20 SR 832.10 SR 832.20 SR 833.1 SR 837.0 SR 830.1 SR 836.1 SR 220

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