09.012 Botschaft über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit der Volksrepublik Bangladesch vom 28. Januar 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des am 10. Dezember 2007 unterzeichneten Abkommens mit der Volksrepublik Bangladesch zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

28. Januar 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2006-3227

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Übersicht Am 10. Dezember 2007 wurde mit Bangladesch ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen unterzeichnet.

Dieses Abkommen enthält Normen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und bietet damit der Schweiz und der schweizerischen Wirtschaft bedeutende Vorteile hinsichtlich der Entwicklung des bilateralen Wirtschaftsbeziehungen; es wird dazu beitragen, schweizerische Direktinvestitionen zu erhalten und auszubauen.

Das Abkommen folgt im Wesentlichen dem Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der schweizerischen Abkommenspraxis.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Abkommens begrüsst.

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Botschaft 1

Grundzüge des Abkommens

1.1

Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Bangladesch erreichte am 16. Dezember 1971 nach der Trennung von Pakistan seine Unabhängigkeit als souveräner Staat. Das Land hat die Regierungsform einer parlamentarischen Demokratie. Es ist Mitglied diverser internationaler Organisationen, insbesondere der UNO und der WTO.

Bangladesch zählt eine Bevölkerung von 153,5 Millionen Menschen (Schätzung von Juli 2008), hat eine Fläche von 144 000 km2 und ist damit eines der am dichtesten besiedelten Länder der Welt.

Die wichtigsten Wirtschaftssektoren von Bangladesch sind die Landwirtschaft (diese umfasst rund 65 Prozent der Beschäftigten und steuert rund einen Fünftel des Bruttosozialprodukts bei) und die verarbeitende Industrie, insbesondere im Bereich Textilien. Gegenwärtig weist die bangladeschische Wirtschaft ein jährliches Wachstum von knapp 6 Prozent auf.

Der Entwurf eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und ein zugehöriger Protokollentwurf konnten nach zwei Verhandlungsrunden am 18. Februar 2003 in Bern paraphiert werden. Im Jahr 2005 verlangte Bangladesch einige Änderungen am englischen Abkommenstext, über die im April 2006 schliesslich Einigkeit erzielt werden konnte.

Nachdem sich die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise gegenüber dem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen sowie dem zugehörigen Protokoll zustimmend geäussert hatten, wurde das Abkommen samt Protokoll am 10. Dezember 2007 in Dhaka unterzeichnet.

1.2

Würdigung

Das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und Bangladesch ist relativ bescheiden und betrifft vor allem Maschinen, chemische und pharmazeutische Produkte (schweizerische Exporte) sowie Textilien und Bekleidung (schweizerische Importe).

Bereits am 14. Oktober 2000 haben die Schweiz und Bangladesch ein Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen abgeschlossen, das am 3. September 2001 in Kraft getreten ist (SR 0.975.216.7). Eine gewisse Anzahl Schweizer Unternehmen sind in Bangladesch tätig, insbesondere im Bereich der Chemie und Agroindustrie.

Das vorliegende Abkommen enthält insgesamt vorteilhafte Lösungen. Es erlaubt der Schweizer Wirtschaft, mögliche steuerliche Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Staaten, welche mit Bangladesch ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen haben, zu vermeiden. Die Rahmenbedingen die es setzt, sind geeignet, Direktinvestitionen zu erhalten und zu fördern, was der wirtschaftlichen Entwicklung beider Staaten förderlich ist. In einigen Punkten wurde der besonderen Situa1073

tion Bangladeschs als Entwicklungsland Rechnung getragen. Schliesslich schliesst das Abkommen auch eine Lücke im Abkommensnetz der Schweiz in Asien.

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Abkommens

Das Doppelbesteuerungsabkommen folgt sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht weitgehend dem von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeiteten Musterabkommen sowie der schweizerischen Abkommenspraxis auf diesem Gebiet. Die Erläuterungen beschränken sich deshalb auf zentrale Merkmale des Abkommens und auf die wesentlichsten Abweichungen vom Musterabkommen bzw. von der schweizerischen Abkommenspraxis.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Der sachliche Geltungsbereich des Abkommens umfasst ausschliesslich die Steuern auf dem Einkommen.

Art. 5

Betriebstätten

Entsprechend der Schweizer Abkommenspolitik gegenüber Staaten mit vergleichbarem Entwicklungsstand sieht Absatz 3 vor, dass Bauausführungen oder Montagen bereits ab einer Dauer von sechs Monaten als Betriebstätte gelten.

Ausserdem präzisiert Absatz 4 ausdrücklich, dass die Werbung, die Übertragung von Information und die wissenschaftliche Forschung als Tätigkeiten vorbereitender Art oder Hilfstätigkeiten anerkannt werden und folglich keine Betriebstätte begründen.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Ziffer 1 des Protokolls zum Abkommen bekräftigt den im Musterabkommen der OECD festgelegten Grundsatz, dass eine Betriebstätte nur für diejenigen Gewinne besteuert werden darf, die ihrer Tätigkeit zugerechnet werden können.

Art. 10

Dividenden

Dividenden, die an eine Gesellschaft bezahlt werden, die an der ausschüttenden Gesellschaft eine Beteiligung von mindestens 20 Prozent hält, können im Quellenstaat einer Steuer von höchstens 10 Prozent des Bruttobetrags der Dividende unterstellt werden. In allen anderen Fällen darf die Besteuerung durch den Quellenstaat 15 Prozent des Bruttobetrags der Dividende nicht übersteigen.

Art. 11

Zinsen

Der Quellenstaat der Zinsen ist in der Regel berechtigt, eine Steuer von höchstens 10 Prozent des Bruttobetrags der Zinszahlung zu erheben (Abs. 2). Werden die Zinsen jedoch aufgrund eines Finanzierungsvertrags oder aufgrund des Verkaufs industrieller, kommerzieller oder wissenschaftlicher Ausrüstungen oder im Zusammenhang mit der Errichtung industrieller, kommerzieller oder wissenschaftlicher Installationen bezahlt, so kommt das Besteuerungsrecht ausschliesslich dem Ansäs1074

sigkeitsstaat des Empfängers zu. Gleiches gilt für Zinszahlungen, die an den anderen Staat oder an dessen politische Unterabteilungen oder lokale Behörden ausgerichtet werden.

Art. 12

Lizenzgebühren

Lizenzgebühren können im Quellenstaat mit höchstens 10 Prozent besteuert werden.

Dies entspricht der Regelung in zahlreichen schweizerischen Abkommen mit weniger entwickelten Staaten. Entsprechend dem Musterabkommen der OECD präzisiert Ziffer 2 des Protokolls, dass Leasinggebühren als Teil des Unternehmensgewinns gelten und nicht unter den Begriff der Lizenzgebühren fallen.

Das Protokoll erhält in Ziffer 3 zugunsten der in der Schweiz ansässigen Personen eine automatisch wirkende Meistbegünstigungsklausel für den Fall, dass Bangladesch in der Zukunft mit einem Drittstaat eine günstigere Behandlung für Lizenzgebühren vereinbaren sollte.

Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Nach Absatz 4 dieser Bestimmung können ­ wie in anderen schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen ­ Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an einer Gesellschaft, deren Vermögen unmittelbar oder mittelbar hauptsächlich aus in einem Vertragsstaat gelegenem unbeweglichem Vermögen besteht, in diesem Staat besteuert werden. Für die Schweiz hält der Artikel über die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Art. 22) fest, dass die Schweiz solche Gewinne nur dann von den schweizerischen Steuern befreien muss, wenn deren Besteuerung in Bangladesch nachgewiesen wird.

Art. 14

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

Wie in anderen schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen, wurde, alternativ zur festen Einrichtung, die Dauer des Aufenthalts als Kriterium für eine steuerliche Anknüpfung eingeräumt. Die Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Quellenstaat der Einkünfte während mindestens 183 Tagen innerhalb einer Zwölfmonatsperiode führt zu einer wirtschaftlichen Anknüpfung und damit zu einer beschränkten Steuerpflicht für die selbständige Erwerbstätigkeit.

Art. 18 und 19

Private Ruhegehälter und öffentlicher Dienst

Ziffer 4 des Protokolls bestätigt ausdrücklich die schweizerische Praxis, wonach der Begriff «Ruhegehalt» sowohl auf periodische Zahlungen als auch auf Kapitalleistungen Anwendung findet.

Art. 21

Übrige Einkünfte

Das Abkommen enthält hinsichtlich der übrigen Einkünfte eine Zuteilungsregel zugunsten des Ansässigkeitsstaates des Empfängers. Der schweizerischen Abkommenspraxis folgend, fällt die schweizerische Verrechnungssteuer auf Spiel- und Lotteriegewinnen nicht unter die Zuteilungsregel dieses Artikels. Gleiches gilt für die Spiel- und Lotteriegewinne aus Bangladesch.

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Art. 22

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Bangladesch vermeidet die Doppelbesteuerung mittels der Anrechnungsmethode.

Die Freistellungsmethode mit Progressionsvorbehalt gilt zudem in Fällen, in welchen die Schweiz über ein ausschliessliches Besteuerungsrecht verfügt.

Die Schweiz wendet die Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt an und gewährt für die nicht rückforderbaren Quellensteuern auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren die pauschale Steueranrechnung.

Art. 25

Informationsaustausch

Dieser Artikel sieht einen auf die richtige Durchführung des Doppelbesteuerungsabkommens beschränkten Austausch von Informationen vor. Solche Auskunftsklauseln wurden bereits mit anderen Nichtmitgliedstaaten der OECD vereinbart. Die übermittelten Informationen dürfen nur für die Veranlagung und die Erhebung der vom Abkommen erfassten Steuern verwendet werden. Ausgeschlossen ist der Austausch von Informationen, die ein Handels-, Geschäfts-, Bank-, gewerbliches oder Berufsgeheimnis oder ein Geschäftsverfahren betreffen.

Art. 27

Inkrafttreten

Das Abkommen tritt mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. Die Bestimmungen des Abkommens sind anwendbar: ­

in Bangladesch: auf Einkommen, das in Steuerjahren erzielt wird, die am oder nach dem 1. Juli des Jahres beginnen, in dem das Abkommen in Kraft tritt;

­

in der Schweiz: auf Einkommen, das in Steuerjahren erzielt wird, die am oder nach dem 1. Januar des Jahres beginnen, in dem das Abkommen in Kraft tritt.

3

Finanzielle Auswirkungen

Mit dem Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens verzichten beide Vertragsstaaten im Interesse der Vermeidung der Doppelbesteuerung auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer und durch die Anrechnung der Steuern, die in Bangladesch auf Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren gestützt auf die Artikel 10, 11 und 12 erhoben werden. Da Investitionen aus Bangladesch in der Schweiz bisher kaum getätigt wurden, dürften die erstgenannten Einbussen nicht wesentlich ins Gewicht fallen. Die pauschale Steueranrechnung wird ihrerseits eine leichte Verminderung der Fiskaleinnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden nach sich ziehen. Mangels statistischer Angaben kann das Ausmass jedoch nicht beziffert werden.

Den steuerlichen Auswirkungen sind die Vorteile gegenüberzustellen, die sich für die schweizerische Wirtschaft aus der Förderung des Handels zwischen den beiden Staaten und der Erleichterung der schweizerischen Direktinvestitionen in Bangladesch ergeben. Das Abkommen beseitigt Doppelbesteuerungen und vermeidet mögliche steuerliche Nachteile im Vergleich zu anderen Ländern, die über Doppel1076

besteuerungsabkommen mit Bangladesch verfügen. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und dass sie zur Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beitragen, die eines der Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik ist.

4

Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das vorliegende Abkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV; SR 101), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Zuständig für die Genehmigung des Abkommens ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV die Bundesversammlung. Das Abkommen ist zwar auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatesvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. September 2003 über ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel in Aussicht gestellt, dem Parlament künftig zu empfehlen, internationale Abkommen nicht dem fakultativen Referendum zu unterstellen, sofern sie für die Schweiz keine neuen Verpflichtungen enthalten.

Das vorliegende Abkommen schafft insbesondere in Bezug auf die Besteuerung von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren vorteilhafte Bedingungen. Die zugestandene Amtshilfe zur ordnungsgemässen Durchführung des Abkommens entspricht der traditionellen Abkommenspraxis der Schweiz. Das Abkommen bringt für die Schweiz keine neuen, als wichtig zu bezeichnenden Verpflichtungen im Sinn von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV, die über die Verpflichtungen hinausgehen, die die Schweiz gegenüber anderen Staaten eingegangen ist. Der Bundesbeschluss über den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Bangladesch unterliegt daher nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 BV.

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