zu 03.428 Parlamentarische Initiative Name und Bürgerrecht der Ehegatten. Gleichstellung Bericht vom 22. August 2008 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 12. Dezember 2008

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 22. August 2008 der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates betreffend Name und Bürgerrecht der Ehegatten. Gleichstellung nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Dezember 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2008-2442

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Am 19. Juni 2003 reichte Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer eine parlamentarische Initiative ein. Dies mit dem Ziel, das Schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB)1 so zu ändern, dass die Gleichstellung der Ehegatten im Bereich der Namensund Bürgerrechtsregelung gewährleistet ist.

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) beschloss am 13. Oktober 2003, der Initiative Folge zu geben. Am 7. Oktober 2004 gab der Nationalrat der parlamentarischen Initiative gemäss Antrag der Kommission Folge.

Gestützt auf Artikel 21quater Absatz 1 des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG) beauftragte der Nationalrat die Kommission für Rechtsfragen (RK-N) mit der Ausarbeitung eines Gesetzesentwurfs. Diese beauftragte am 10. November 2005 eine Subkommission mit der Ausarbeitung eines Vorentwurfs zur Revision des ZGB.

Der Vorentwurf der Subkommission wurde am 1. Juni 2007 von der RK-N geprüft und mit 17 gegen 2 Stimmen angenommen. Die Ergebnisse des anschliessenden Vernehmlassungsverfahrens waren weitgehend positiv. Danach befasste sich die RK-N erneut mit dem Vorentwurf und nahm am 22. August 2008 den definitiven Entwurf mit 13 zu 5 Stimmen an.

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Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Name und Bürgerrecht der Ehegatten

Der Bundesrat befürwortet das Prinzip der Unveränderbarkeit des Namens sowie des Kantons- und Gemeindebürgerrechts der Ehegatten. Dies gewährleistet die Gleichstellung von Mann und Frau.

Brautleute, die ihre Zusammengehörigkeit im Namen zum Ausdruck bringen möchten, können wie bisher einen gemeinsamen Familiennamen bestimmen. Der Bundesrat teilt die Ansicht der RK-N, wonach nichts an der seit langem existierenden Gewohnheit, einen Allianznamen zu tragen, zu ändern ist. Es ist weder nötig noch wünschbar, diese Gewohnheit auf Gesetzesstufe zu regeln.

Anlässlich der Beratungen zum Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare wurde auf die Übertragung der im Eherecht in Bezug auf Namen und Bürgerrecht geltenden Regeln verzichtet, weil die Gleichberechtigung der Ehegatten darin nicht garantiert ist2. Dies ändert mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf. Der Bundesrat stellt deshalb den Antrag, die Möglichkeit der Wahl eines gemeinsamen Namens auch für die in eingetragener Partnerschaft lebenden Paare als zusätzlichen Artikel 12a im Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 20043 zu verankern und diese Bestimmung analog zu Artikel 160 Absatz 2 erster Satz E-ZGB 1 2 3

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SR 210 Botschaft zum Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare vom 29. November 2002, BBl 2003 VII 1288 , Ziff. 1.7.3 SR 211.231

wie folgt zu formulieren: «Die beiden Partnerinnen oder Partner können gegenüber der Zivilstandsbeamtin oder dem Zivilstandsbeamten erklären, dass sie den Ledignamen einer Partnerin oder eines Partners als gemeinsamen Namen tragen wollen.» Der Bundesrat weist darauf hin, dass das Prinzip, das Kantons- und Gemeindebürgerrecht grundsätzlich an den Namen zu binden, durchbrochen wird, wenn bei der Eheschliessung oder bei der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes ein gemeinsamer Familienname bestimmt wird. Da dieser Familienname mittels Erklärung nach Auflösung der Ehe wieder abgelegt werden kann und der Ledigname dann wieder auflebt, ist bei den Ehegatten ­ anders als bei den Kindern ­ davon abzusehen, die Übernahme des Familiennamens mit der Übernahme des Kantons- und Gemeindebürgerrechts zu koppeln. Der Bundesrat unterstützt das Prinzip der Unveränderbarkeit des Kantons- und Gemeindebürgerrechts der Ehegatten, auch wenn einer der Ehegatten den Namen des anderen annimmt.

2.2

Name und Bürgerrecht des Kindes

In Bezug auf die Namen der Kinder und deren Kantons- und Gemeindebürgerrecht weist der Bericht der RK-N (dortige Ziff. 5.1.6) darauf hin, dass bei verheirateten Eltern, die keinen gemeinsamen Familiennamen führen und die sich über die Namensführung der Kinder nicht einigen können, der Grundsatz der Gleichberechtigung an seine Grenzen stösst. Zur Lösung dieses Problems ist denkbar, dass das Gesetz den Namen des Vaters oder jenen der Mutter als Namen des Kindes bestimmt oder dass es das Los oder eine Behörde entscheiden lässt. Angezeigt ist in jedem Fall eine klare gesetzliche Regelung. Der Entwurf sieht für den Konfliktfall vor, dass das Kind den Namen der Mutter erhält. Damit verletzt die Vorlage die Gleichberechtigung der Ehegatten. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die von der RK-N für die vorgeschlagene Lösung genannten Gründe nicht von solcher Bedeutung sind, dass dafür vom Grundsatz der Gleichbehandlung abgesehen werden müsste. Die Möglichkeit des Losentscheides wurde vom Bundesrat bereits im Rahmen der parlamentarischen Initiative Sandoz verworfen mit der Begründung, dass ein solches Verfahren institutionalisierte Willkür darstelle und weder mit dem Kindeswohl noch mit der persönlichkeitsrechtlichen Bedeutung des Namens vereinbar wäre (BBl 1999 5312). Der Bundesrat stellt den Antrag, die Entscheidung bei Uneinigkeit einer gerichtlichen Instanz zu übertragen. Das Gericht überträgt das Bestimmungsrecht sodann einem Elternteil. Entscheidet dieser nicht fristgerecht, so erhält das Kind dessen Namen. Diese Variante bietet beiden Elternteilen die Möglichkeit, ihre Argumente für die gewünschte Namensführung dem Gericht darzulegen. Das Gericht kann ausserdem jederzeit versuchen, eine Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen. Dies umfasst auch die Möglichkeit des Losentscheides bei Einverständnis der Parteien.

Konkret beantragt der Bundesrat, Artikel 270 Absatz 2 E-ZGB zu streichen und einen neuen Artikel 270a E-ZGB mit folgendem Wortlaut einzufügen: «Können sich die Eltern nicht einigen, so bezeichnet das Gericht den Elternteil, der den Namen des Kindes bestimmen soll. Es setzt diesem Elternteil für die Bestimmung des Namens eine Frist. Ist die Frist unbenützt verstrichen, so erhält das Kind den Namen dieses Elternteils.»

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Die entsprechenden Randtitel sollen wie folgt lauten: Artikel 270 E-ZGB «A. Name; I. Kind verheirateter Eltern; a. Einigung» und Artikel 270a E-ZGB «b. Uneinigkeit».

Aufgrund der Ergänzung würden die nachfolgenden Artikel 270a und 270b E-ZGB zu den Artikeln 270b und 270c.

Um sicherzustellen, dass das Kind umgehend einen Namen erhält, beantragt der Bundesrat zusätzlich, Artikel 245 Buchstabe b des Entwurfs der Schweizerischen Zivilprozessordnung4 wie folgt zu ergänzen: «b. Familienrecht: 1. Zuweisung des Rechts zur Bestimmung des Namens des Kindes an einen Elternteil (Art. 270a ZGB), 2. Fristansetzung ...». Um einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung zu entziehen, beantragt der Bundesrat schliesslich die Ergänzung von Artikel 312 Absatz 4 der Zivilprozessordnung um einen Buchstaben c: «die Zuweisung des Bestimmungsrechts nach Artikel 245 Buchstabe b Ziffer 1.» Namensfragen sind von hoher emotionaler Bedeutung. Neben der vorgeschlagenen Neuordnung des Namens von Ehegatten und Kindern bleibt die Namensänderung nach wie vor möglich. Dem Bundesrat ist es ein Anliegen, dass die Namensführung von Kindern, die in sogenannten Patchworkfamilien aufwachsen, insbesondere unter dem Gesichtswinkel des Kindeswohls offen ausgelegt wird. So soll beispielsweise ein Kind, welches den Ledignamen des Elternteils trägt, bei dem es aufwächst, eine heiratsbedingte Änderung des Namens dieses Elternteils mittragen dürfen.

2.3

Minderheitsanträge

Eine Minderheit (Reimann Lukas, Schwander, Geissbühler, Kaufmann) beantragt, dass die Brautleute bei der Eheschliessung als gemeinsamen Familiennamen den Namen, den die Braut oder der Bräutigam bei der Eheschliessung trägt, bestimmen können. Die Kommissionsmehrheit hat sich dagegen ausgesprochen, dass ein durch frühere Ehe erworbener Name von den Brautleuten als gemeinsamer Familienname gewählt werden kann. Eine solche Regelung würde dem Kerngedanken der Unveränderbarkeit des Namens widersprechen. Der Bundesrat unterstützt den Antrag der Kommissionsmehrheit, wonach die Wahl des gemeinsamen Familiennamens auf die Ledignamen der Brautleute zu beschränken ist.

Eine weitere Minderheit (Reimann Lukas, Schwander, Geissbühler, von Graffenried, Kaufmann) bevorzugt eine Regelung, wonach das Kind im Konfliktfall die Namen beider Elternteile erhält, wobei der Name der Mutter an erster Stelle steht. Zum Zeitpunkt der Mündigkeit soll das Kind einen der beiden Namen wählen. Der Bundesrat lehnt diese Lösung ab. Sie steht nicht im Interesse des Kindes und trägt dem Grundsatz der Unveränderbarkeit des Namens nicht Rechnung. Bei Erreichen der Mündigkeit wird das Kind vor die schwierige Entscheidung gestellt, sich für den Namen der Mutter oder des Vaters entscheiden zu müssen. Nicht geregelt ist sodann der Fall, wonach sich das Kind bei Mündigkeit weigert, zwischen einem der beiden Namen zu wählen.

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BBl 2006 7413

2.4

Übergangsbestimmungen

Der Schlusstitel sieht eine Übergangsbestimmung für den Namen von Kindern nicht verheirateter Eltern vor. Der Bundesrat beantragt im Sinne der Gleichbehandlung, auch für Kinder miteinander verheirateter Eltern eine auf ein Jahr befristete übergangsrechtliche Bestimmung für den Fall vorzusehen, dass die Eltern aufgrund einer Erklärung nach Artikel 8a SchlT keinen gemeinsamen Familiennamen mehr führen.

Er schlägt vor, diese Bestimmung wie folgt zu formulieren: «Führen die Eltern nach Inkrafttreten der Änderung vom ... des Zivilgesetzbuches aufgrund einer Erklärung nach Artikel 8a Schlusstitel keinen gemeinsamen Familiennamen mehr, so können sie binnen Jahresfrist seit Inkrafttreten des neuen Rechts erklären, dass das Kind den Ledignamen des Elternteils erhält, der diese Erklärung abgegeben hat.» Der Bundesrat beantragt, diese Formulierung als Artikel 13d Absatz 1 Schlusstitel E-ZGB einzufügen und die in der Vorlage vorgesehenen Absätze 1 und 2 nachfolgen zu lassen. Der entsprechende Randtitel soll wie folgt lauten: «IVquater. Name des Kindes».

2.5

Nichteintreten auf die Vorlage (Minderheit A; Schwander, Freysinger, Geissbühler, Kaufmann, Reimann Lukas)

Der Bundesrat lehnt es ab, die vorliegende parlamentarische Initiative abzuschreiben. Eine Revision des Zivilgesetzbuches ist notwendig, um die Gleichstellung der Ehegatten im Bereich der Namens- und Bürgerrechtsregelung zu gewährleisten.

2.6

Rückweisung des Geschäfts an die Subkommission mit dem Auftrag, ausschliesslich die durch das EMRK-Urteil vom 22. Februar 1994 (Burghartz gegen Schweiz) absolut notwendigen Schritte vorzuschlagen (Minderheit B; Reimann Lukas, Aeschbacher, Chevrier, Freysinger, Geissbühler, Hochreutener, Kaufmann, Schwander)

Der Bundesrat lehnt es ab, die vorliegende parlamentarische Initiative an die Subkommission zurückzuweisen, nachdem der Gesetzesentwurf in der Vernehmlassung grossmehrheitlich befürwortet worden ist.

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