09.025 Botschaft über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Japan über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft sowie des Umsetzungsabkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Japan vom 6. März 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf für einen Bundesbeschluss zum Abkommen zwischen der Schweiz und Japan über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft sowie zum Umsetzungsabkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Japan.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. März 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-0084

2803

Übersicht Das umfassende Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft (FHWPA) mit Japan, das der Bundesrat dem Parlament mit der vorliegenden Botschaft zur Genehmigung unterbreitet, vertieft die bereits bisher engen schweizerisch-japanischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen. Das Abkommen mit Japan, der weltweit zweitgrössten Volkswirtschaft, ist das wirtschaftlich bedeutendste Freihandelsabkommen der Schweiz seit demjenigen mit der Europäischen Gemeinschaft von 1972.

Die Vorsteherin des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD) und der japanische Aussenminister haben am 19. Februar 2009 ein bilaterales Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft sowie das dazugehörige Umsetzungsabkommen unterzeichnet. Das Abkommen soll, vorbehaltlich der Ratifikation durch die Vertragsstaaten, noch im laufenden Jahr in Kraft treten. Das FHWPA hat einen sektoriell umfassenden Geltungsbereich. Es beinhaltet materielle Bestimmungen über den Warenhandel (Liberalisierung des Handels mit Industriegütern sowie mit ausgewählten verarbeiteten und unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten, Ursprungsregeln, Zollverfahren, Handelserleichterungen sowie Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse), den Handel mit Dienstleistungen, den grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen zu Geschäftszwecken, die Tätigung und den Schutz von Investitionen, den Schutz des geistigen Eigentums, die Förderung und Erleichterung des elektronischen Handels, den Wettbewerb sowie die Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen.

Das FHWPA verbessert auf breiter Basis den Marktzugang, die Rechtssicherheit und weitere Rahmenbedingungen für Schweizer Wirtschaftsakteure auf dem japanischen Markt. Für Japan handelt es sich um das erste derartige Abkommen mit einem europäischen Partner und um das erste Freihandelsabkommen (FHA) mit einem westlichen Industrieland. Das FHWPA erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft auf dem japanischen Markt, weil es Diskriminierungen abwendet, die sich aus bestehenden und künftigen Präferenzabkommen Japans mit Drittstaaten ergeben. Infolge der gegenwärtigen weltweiten Konjunkturabschwächung kommt der weiteren Öffnung von Märkten für unsere stark international ausgerichtete Wirtschaft zusätzliche Bedeutung zu. Mit dem Abschluss des FHWPA wird in wirtschaftlich unsicheren
Zeiten ein Signal für die Fortführung der erfolgreichen Politik der progressiven Liberalisierung der internationalen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen und gegen ein Wiedererstarken des Protektionismus gesetzt. Die Aushandlung und der Abschluss von Freihandelsabkommen ist auch Teil der Massnahmen zum verbesserten Zugang zu Weltmärkten, die der Bundesrat am 12. November 2008 zur Stützung der Auftrags- und Beschäftigungslage in der Schweiz beschlossen hat.

Bei diesem Abkommen handelt es sich um das wirtschaftlich bedeutendste FHA der Schweiz seit demjenigen mit der Europäischen Gemeinschaft (EG) von 1972.

Japan ist weltweit die zweitgrösste Volkswirtschaft ­ nach den USA ­ sowie der viertgrösste Handelspartner der Schweiz, nach der EU, den USA und China. 2008

2804

betrugen die Schweizer Exporte nach Japan 7,1 Milliarden Franken (3,3 % aller Schweizer Ausfuhren), die Importe beliefen sich auf 4,1 Milliarden Franken (2,1 % aller Einfuhren). Die wichtigsten Schweizer Exportprodukte im Handel mit Japan sind Chemie- und Pharmaerzeugnisse, Uhren sowie Maschinen. Importiert werden vor allem Motorfahrzeuge, Edelmetalle und Bijouteriewaren, Maschinen und Chemieprodukte. Bedeutend sind auch der Dienstleistungshandel (z.B. Finanz- und Ingenieurdienstleistungen, Tourismus) sowie die Schweizer Investitionen in Japan, sowohl im Industrie- als auch im Dienstleistungsbereich.

Im Gegensatz zu den meisten anderen FHA der Schweiz mit Drittstaaten ausserhalb der EU, die im Rahmen der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) abgeschlossen wurden, ist das FHWPA ein bilaterales Abkommen zwischen der Schweiz und Japan. Das Fürstentum Liechtenstein wird auf der Grundlage des schweizerisch-liechtensteinischen Zollvertrags1 von den Bestimmungen des FHWPA über den Warenhandel mit erfasst.

1

SR 0.631.112.514

2805

Inhaltsverzeichnis Übersicht

2804

1 Ausgangslage und Würdigung des Abkommens

2808

2 Wirtschaftslage und Aussenwirtschaftspolitik Japans, Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz mit Japan

2811

3 Verlauf der Verhandlungen

2812

4 Struktur des Abkommens

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5 Inhalt des Abkommens 5.1 Warenverkehr 5.1.1 Zollabbau und Handelsdisziplinen 5.1.2 Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterungen 5.1.3 Nichttarifäre Handelshemmnisse 5.2 Dienstleistungen 5.2.1 Horizontale Bestimmungen 5.2.2 Anhang über innerstaatliche Regelungen (Anhang IV) 5.2.3 Anhang über die Anerkennung von Qualifikationen (Anhang V) 5.2.4 Anhang über Finanzdienstleistungen (Anhang VI) 5.2.5 Anhang über Telekommunikationsdienstleistungen (Anhang VII) 5.2.6 Marktzugangsverpflichtungen 5.3 Grenzüberschreitender Personenverkehr 5.3.1 Horizontale Bestimmungen 5.3.2 Marktzugangsverpflichtungen im Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs natürlicher Personen (Anhang VIII) 5.4 Elektronischer Handel 5.5 Investitionen 5.6 Wettbewerb 5.7 Geistiges Eigentum 5.8 Öffentliches Beschaffungswesen 5.9 Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen 5.10 Weitere Bestimmungen 5.10.1 Streitbeilegung 5.10.2 Institutionelle Bestimmungen 5.10.3 Präambel, Eingangs- und Schlussbestimmungen

2815 2815 2815 2816 2817 2817 2818 2819 2819 2820 2821 2822 2824 2824

6 Inkrafttreten

2836

2825 2826 2828 2830 2831 2832 2833 2833 2833 2834 2834

7 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

2836

8 Volkswirtschaftliche Auswirkungen

2836

9 Legislaturplanung

2837

10 Bezug zur WTO und Verhältnis zum europäischen Recht

2837

11 Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

2837

2806

12 Veröffentlichung der Abkommensanhänge

2838

13 Verfassungsmässigkeit

2838

Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Japan über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft sowie des Umsetzungsabkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Japan (Entwurf)

2841

Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Japan

2843

Umsetzungsabkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung von Japan gemäss Artikel 10 des Abkommens über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Japan

3023

2807

Botschaft 1

Ausgangslage und Würdigung des Abkommens

Das am 19. Februar 2009 in Tokio von der Vorsteherin des EVD, Bundesrätin Doris Leuthard, und dem japanischen Aussenminister, Hirofumi Nakasone, unterzeichnete Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft (FHWPA) zwischen der Schweiz und Japan umfasst den Handel mit Industriegütern sowie ausgewählten verarbeiteten und unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten (inkl. Ursprungsregeln, Zollverfahren, Handelserleichterungen sowie nichttarifäre Handelshemmnisse), den Handel mit Dienstleistungen, den grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen, die Tätigung und den Schutz von Investitionen, den Schutz des geistigen Eigentums, die Förderung und Erleichterung des elektronischen Handels, den Wettbewerb (inkl. Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden beider Staaten) sowie die Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen.

Das FHWPA verbessert auf breiter Basis den Marktzugang, die Rechtssicherheit und weitere Rahmenbedingungen für Schweizer Wirtschaftsakteure auf dem japanischen Markt. Praktisch alle Industriegüter mit Schweizer Ursprung werden künftig zollfreien Zugang zum japanischen Markt erhalten, wodurch Schweizer Exporteure schätzungsweise ca. 100 Millionen Franken pro Jahr einsparen können. Ausgewählte Schweizer Landwirtschaftsprodukte, darunter Käsespezialitäten, Trockenfleisch, Wein und Schokolade, erhalten einen präferenziellen Zugang zum japanischen Markt. Die Schweizer Konzessionen für japanische Landwirtschaftsprodukte beschränken sich im Wesentlichen auf wenige japanische Spezialitäten und bewegen sich im Rahmen unserer Landwirtschaftspolitik. Die umfassenden Bestimmungen im Bereich der gegenseitigen Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen bauen auf dem WTO-Dienstleistungsabkommen (GATS) auf und gehen in gewissen Bereichen über dieses hinaus. Ausnahmen vom Marktzugang sowie von der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung sind in sogenannten «Negativlisten» aufgeführt. Ausserdem enthält das FHWPA Bestimmungen betreffend die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zu Geschäftszwecken. Die Bestimmungen im Bereich der Investitionen basieren auf den Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung; sie sollen die Tätigung sowie den Schutz von Schweizer Investitionen in Japan und von japanischen Investitionen in der Schweiz gewährleisten. Im Bereich
des geistigen Eigentums enthält das FHWPA unter anderem Bestimmungen zur Verbesserung des Schutzes der Urheberrechte, von Marken, Designs, Patenten, neuen Pflanzensorten, geografischen Herkunftsangaben, Testdaten in Marktzulassungsverfahren sowie betreffend den unlauteren Wettbewerb.

Ausserdem wurden Bestimmungen über die Rechtsdurchsetzung vereinbart. Das öffentliche Beschaffungswesen wird mit einem Verweis auf die Bestimmungen des entsprechenden plurilateralen WTO-Abkommens (GPA) sowie einer Entwicklungsklausel abgedeckt.

Das FHWPA enthält gegenüber früheren von der Schweiz abgeschlossenen Freihandelsabkommen (FHA) mehrere zusätzliche Elemente: So sind erstmals spezifische Bestimmungen über den Handel mit elektronischen Produkten und Dienstleistungen, digitale Signaturen sowie den Schutz von Online-Konsumentinnen und -Konsumenten vorgesehen. Im Bereich des Wettbewerbs wurden nebst den üblichen Bestimmungen gegen das Unterlaufen des Abkommens durch wettbewerbswidrige Abspra2808

chen zusätzliche detaillierte Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden beider Staaten vereinbart. Ausserdem wurde zur Pflege und Weiterentwicklung des Abkommens nebst dem üblichen Gemischten Ausschuss neu auch ein Forum geschaffen, mit dem konkrete Anliegen und Probleme des Privatsektors mit direkter Beteiligung von Wirtschaftsvertretern thematisiert werden können.

Für Japan handelt es sich um das erste derartige Abkommen mit einem europäischen Partner und um das erste Freihandelsabkommen mit einem westlichen Industrieland.

Das FHWPA erhöht die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Wirtschaft auf dem japanischen Markt nicht nur, weil es Diskriminierungen abwendet, die sich aus bestehenden und künftigen Präferenzabkommen Japans mit Drittstaaten ergeben; ein zusätzlicher Wettbewerbsvorteil ergibt sich auch aus der Tatsache, dass Schweizer Firmen auf dem japanischen Markt präferenziellen Zugang erhalten, ohne dass dies zurzeit für ihre Hauptkonkurrenten, zum Beispiel aus der EU und den USA, der Fall ist.

Japan ist ­ nach den USA ­ die weltweit zweitgrösste Volkswirtschaft und ­ nach der EU, den USA und China ­ der weltweit viertgrösste Handelspartner der Schweiz. Beim vorliegenden Abkommen handelt es sich demnach um das wirtschaftlich bedeutendste FHA der Schweiz seit demjenigen mit der Europäischen Gemeinschaft (EG) von 1972. Ziel der Freihandelspolitik der Schweiz ist es, die Rahmenbedingungen für die Wirtschaftsbeziehungen mit wirtschaftlich bedeutenden Partnern zu verbessern und den eigenen Wirtschaftsakteuren gegenüber ihren wichtigsten Konkurrenten einen möglichst diskriminierungsfreien Zugang zu ausländischen Märkten zu verschaffen. Freihandelsabkommen stellen neben den bilateralen Beziehungen zur EU und der Mitgliedschaft in multilateralen Wirtschaftsorganisationen (insbesondere WTO und OECD) einen der drei Hauptpfeiler der schweizerischen Politik zur Marktöffnung und zur Verbesserung der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit der aussenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Die Schweiz ist als stark exportabhängiges Land mit einem vergleichsweise kleinen Heimmarkt in besonderem Masse auf einen möglichst hindernisfreien Zugang zu den Weltmärkten angewiesen. Gleichzeitig ist die zunehmende reale oder potenzielle Diskriminierung, die sich aus der weltweit stark
wachsenden Zahl bilateraler und regionaler Freihandelsabkommen ergibt, für die Schweiz besonders gravierend.

Grundsätzlich ist den aussenwirtschaftlichen Interessen kleiner und mittlerer Volkswirtschaften am besten mit einer Handelsliberalisierung und Verbesserung der Rahmenbedingungen im multilateralen Rahmen gedient, weshalb die Schweiz die entsprechenden Anstrengungen der multilateralen Wirtschaftsorganisationen ­ insbesondere der WTO ­ in unvermindertem Mass aktiv unterstützt. Präferenzielle Handelsabkommen sind komplementär und stehen nicht im Widerspruch zu den schrittweisen Liberalisierungsbestrebungen im Rahmen der WTO und anderer multilateraler Organisationen. Vielmehr kann ihnen eine Vorreiterrolle für die Weiterentwicklung des multilateralen Regelwerks zukommen. Dies trifft insbesondere in Bereichen zu, in denen noch keine multilateralen Regeln bestehen, wie etwa bezüglich der Tätigung und des Schutzes von Investitionen.

Der Aussenhandel trägt massgeblich zur Prosperität der Schweizer Wirtschaft und somit zur Förderung des Wohlstands bei. Während einer konjunkturellen Abschwächung auf internationaler Ebene ist es daher umso wichtiger, den Schweizer Unternehmen einen möglichst offenen und diskriminierungsfreien Zugang zu den ausländischen Märkten zu garantieren. Die Aushandlung und der Abschluss von 2809

Freihandelsabkommen ist auch Teil der Massnahmen zum verbesserten Zugang zu Weltmärkten, die der Bundesrat am 12. November 2008 zur Stützung der Auftragsund Beschäftigungslage in der Schweiz beschlossen hat.

Mit dem Abschluss des FHWPA sprechen sich die Schweiz und Japan in wirtschaftlich unsicheren Zeiten für die Fortführung der erfolgreichen Politik der progressiven Liberalisierung der internationalen Handels- und Investitionsbeziehungen und gegen ein Wiedererstarken des Protektionismus aus. Damit setzt das Abkommen auch ein Zeichen für einen erfolgreichen Abschlusses der Doha-Runde der WTO.

Das FHWPA erweitert das Netz von Freihandelsabkommen (FHA), das die Schweiz (bislang primär im Rahmen der EFTA) seit Beginn der 1990er-Jahre mit Drittländern ausserhalb der EU aufbaut. Nachdem zunächst der Aufbau von Freihandelsbeziehungen für den Warenverkehrsbereich mit mittel- und osteuropäischen Transitionsstaaten sowie mit Partnern im Mittelmeerraum im Vordergrund stand, wurde seit Ende der 1990er-Jahre damit begonnen, das Freihandelsnetz der Schweiz zunehmend auf Staaten ausserhalb des Raumes Europa-Mittelmeer auszudehnen und zusätzlich zum Warenhandel und zum geistigen Eigentum auch Bereiche wie Dienstleistungen, Investitionen, öffentliches Beschaffungswesen und Wettbewerb einzubeziehen. Zurzeit verfügt die Schweiz über ein Netz von 15 EFTA-Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU bzw. der EFTA2. Weitere Freihandelsabkommen wurden mit Kanada (unterzeichnet am 26. Jan. 2008) und Kolumbien (unterzeichnet am 25. Nov. 2008) abgeschlossen; die fertig ausgehandelten Freihandelsabkommen mit den Staaten des Golfkooperationsrates3 und Peru sollen noch 2009 unterzeichnet werden. Die Schweiz und die übrigen EFTA-Staaten stehen des Weiteren in Freihandelsverhandlungen mit Algerien, Indien und Thailand; Freihandelsverhandlungen mit Albanien, Indonesien, Russland, Serbien und der Ukraine sind in Vorbereitung. Ausserdem haben die Schweiz und die Volksrepublik China für das zweite Halbjahr 2009 die Ausarbeitung einer gemeinsamen Studie über die Machbarkeit eines bilateralen Freihandelsabkommens beschlossen.

Im Gegensatz zu den meisten anderen FHA der Schweiz mit Drittstaaten ausserhalb der EU, die jeweils gemeinsam mit den EFTA-Mitgliedstaaten Island, Liechtenstein und Norwegen abgeschlossen wurden,
ist das FHWPA ein bilaterales Abkommen zwischen der Schweiz und Japan. Ein Einbezug der übrigen EFTA-Mitgliedstaaten war aufgrund der spezifischen Struktur des Warenhandels zwischen Japan und Island bzw. Norwegen nicht möglich. Das Fürstentum Liechtenstein wird auf der Grundlage des Vertrags vom 29. März 19234 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet von den Bestimmungen des FHWPA über den Warenhandel mit erfasst.

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3 4

Chile (SR 0.632.312.141), Kroatien (SR 0.632.312.911), Ägypten (SR 0.632.313.211), Israel (SR 0.632.314.491), Jordanien (SR 0.632.314.671), Libanon (SR 0.632.314.891), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Marokko (SR 0.632.315.491), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), PLO/Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Tunesien (SR 0.632.317.581), Türkei (SR 0.632.317.613), Südafrikanische Zollunion (SACU: Südafrika, Botswana, Lesotho, Namibia, Swasiland) (SR 0.632.311.181). Überdies besteht ein bilaterales Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und den Färöer-Inseln (SR 0.632.313.141).

Der Kooperationsrat für die arabischen Golfstaaten (GCC) umfasst Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.

SR 0.631.112.514

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Mit dem FHWPA werden die bestehenden Abkommen ergänzt und die bereits bisher engen schweizerisch-japanischen Handels- und Wirtschaftsbeziehungen auf eine neue, solide Basis gestellt und weiter vertieft. Der erste Handels- und Freundschaftsvertrag zwischen der Schweiz und Japan wurde im Jahr 1864 abgeschlossen, der 1911 durch einen Niederlassungs- und Handelsvertrag5 abgelöst wurde, der im Prinzip noch heute in Kraft ist. Sektorielle Abkommen mit Japan bestehen unter anderem in den Bereichen Luftverkehr (1956)6, Doppelbesteuerung (1971)7 sowie Wissenschaft und Technologie (2007)8.

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Wirtschaftslage und Aussenwirtschaftspolitik Japans, Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz mit Japan

Japan als zweitgrösste Wirtschaftsmacht der Welt nach den USA verfügt heute über einen Dienstleistungssektor, auf den 71,5 % seines BIP zurückgehen (2007). Der Rest des japanischen Wohlstands wird vornehmlich vom sekundären Sektor generiert, insbesondere vom verarbeitenden Gewerbe (Automobile, Elektronik), das trotz aufeinanderfolgender Auslagerungswellen weiterhin eine wichtige Rolle einnimmt.

Obwohl der Primärsektor (Landwirtschaft und Fischerei) mit einem Beitrag von 1,5 % zum BIP (2007) wirtschaftlich gesehen wenig bedeutsam ist, verfügt er doch über einen beträchtlichen politischen Einfluss. Japans Öffnungsgrad gegenüber dem Aussenhandel ist vergleichsweise klein.

Wie in der Schweiz spielen die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Japan eine wichtige Rolle: Fast die Hälfte der Industriegüter wird von 1 % der Firmen hergestellt. Diese sind mehrheitlich sehr wettbewerbsfähig und exportorientiert. Die andere Hälfte der Produktion wird von einer Vielzahl von KMU hergestellt, die oft Familienunternehmen und eher auf den Binnenmarkt ausgerichtet sind.

Während des «verlorenen Jahrzehnts» zwischen 1992 und 2002 lag das durchschnittliche japanische Wirtschaftswachstum bei unter 1 % pro Jahr. Seither hat sich die japanische Wirtschaft aus der hartnäckigen Wirtschaftsflaute der 1990er-Jahre gelöst. 2006 wuchs die Wirtschaft um real 2,2 % und damit im siebten Jahr in Folge. Damit handelte es sich um die längste Aufschwungphase in der japanischen Nachkriegsgeschichte. Allerdings hat sich Japans Wachstumspfad im Jahr 2007 wieder abgeflacht. Nach einem positiven ersten Quartal hat sich im Jahr 2008 die wirtschaftliche Entwicklung Japans im Zuge der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise verschlechtert.

Die ostasiatischen Volkswirtschaften verhalten sich in vielen Bereichen komplementär zueinander. Die japanischen Unternehmen sehen ihren komparativen Vorteil (ähnlich wie andere industrialisierte Volkswirtschaften in Ostasien wie die Republik Korea, Chinese Taipeh/Taiwan, Hongkong, Singapur) im Export von Halbfabrikaten in Länder wie China, Indien, Thailand, Malaysia, Indonesien oder die Philippinen, die in arbeitsintensiven Prozessen Endprodukte herstellen, um sie in den USA und Europa abzusetzen.

5 6 7 8

SR 0.142.114.631 SR 0.748.127.194.63 SR 0.672.946.31 SR 0.420.463.1

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Verhandlungen zur Sicherung der Absatzmärkte durch Freihandelsabkommen finden sowohl regional wie auch bilateral statt, wobei das japanische Netz von Freihandelsabkommen zurzeit noch primär auf den asiatisch-pazifischen Raum konzentriert ist.

Neben einem Freihandelsabkommen mit der ASEAN-Staatengruppe als ganzer bestehen Freihandelsabkommen (FHA) bzw. wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen (Economic Partnership Agreement, EPA) mit Singapur, Malaysia, den Philippinen, Thailand, Indonesien, Brunei sowie Vietnam. Ausserhalb Asiens unterhält Japan FHA bzw. EPA mit Mexiko und Chile. Mit der Republik Korea, dem GCC, Indien und Australien finden Verhandlungen über EPA/FHA statt.

Japan ist, als viertgrösster Handelspartner der Schweiz weltweit, einer der wichtigsten Auslandsmärkte für die Schweizer Wirtschaft und, nach China, der zweitgrösste Handelspartner der Schweiz in Asien. 2008 betrugen die Schweizer Exporte nach Japan 7,1 Milliarden Franken (3,3 % aller Schweizer Ausfuhren), die Importe beliefen sich auf 4,1 Milliarden Franken (2,1 % aller Einfuhren). Die wichtigsten Schweizer Exportprodukte im Handel mit Japan sind Chemie- und Pharmaerzeugnisse, Uhren, Edelmetalle, Bijouteriewaren und Maschinen. Importiert werden vor allem Edelmetalle, Motorfahrzeuge und Bijouteriewaren, Arzneiwaren, Maschinen und Chemieprodukte.

Bedeutend ist auch der Dienstleistungshandel zwischen der Schweiz und Japan. So sind Schweizer Dienstleistungsunternehmen auf dem japanischen Markt unter anderem in den Bereichen Finanz- und Ingenieursdienstleistungen, Tourismus und Handel tätig. Die Schweiz ist ein wichtiger Investor in Japan. Die meisten grossen, international tätigen Schweizer Firmen sind in Japan präsent (u.a. in den Bereichen Nahrungsmittel, Pharmazeutik, Feinchemikalien, Maschinen- und Anlagenbau, Uhren, Feinmechanik, Optik, Banken und Finanzdienstleistungen, Warenprüfung).

Gemäss Statistiken der Schweizerischen Nationalbank (SNB) belief sich der Kapitalbestand der Schweizer Direktinvestitionen in Japan Ende 2007 auf 13,7 Milliarden Franken oder 1,85 % der schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland. Von den gesamten ausländischen Direktinvestitionen in Japan stammen (nach japanischen Angaben) 2,9 % aus der Schweiz, womit die Schweiz unter den ausländischen Investoren in Japan auf Platz 7 liegt. 2007 erreichte
der Schweizer Direktinvestitionsfluss nach Japan mit rund 2,7 Mia. Franken ein neues Rekordniveau. Die Zahl der von Schweizer Firmen in Japan beschäftigten Personen beläuft sich auf 65 303, das sind rund 2,8 % der insgesamt von Schweizer Firmen im Ausland beschäftigten Personen. Hingegen sind die japanischen Investitionen in der Schweiz gering. Der Kapitalbestand der japanischen Direktinvestitionen in der Schweiz belief sich Ende 2007 auf weniger als eine Milliarde Franken (932 Mio. CHF, 2313 Beschäftigte).

Dies entspricht nur gerade 0,4 % aller ausländischen Direktinvestitionen in der Schweiz.

3

Verlauf der Verhandlungen

Mit Japan finden seit 1995 regelmässige bilaterale Wirtschaftskonsultationen statt.

In diesem und auch im Rahmen anderer bilateraler Kontakte wurden regelmässig die Möglichkeiten zur Verstärkung der Wirtschaftsbeziehungen diskutiert. In diesem Zusammenhang brachte die Schweiz mit Hinweis auf ihre im EFTA-Rahmen verfolgte und erfolgreiche Freihandelspolitik auch die Möglichkeit der Aushandlung eines umfassenden Freihandelsabkommens ein. Aufgrund der unterschiedlichen 2812

Handelsstrukturen zwischen Japan und den einzelnen EFTA-Staaten und der besonderen Sensibilitäten im Bereich des Fischs und der Meeresprodukte schloss die japanische Seite ein Vorgehen im Rahmen der EFTA aus, war aber bereit, die Frage intern weiter zu prüfen. In den Jahren 2003 und 2004 wurden von der Schweiz und Japan separate Machbarkeitsstudien9 zu einem bilateralen Freihandelsabkommen verfasst und ausgetauscht. Die japanische Studie wurde von der japanischen Handelsförderungsorganisation JETRO ausgearbeitet, die schweizerische vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO). Bundespräsident Joseph Deiss regte anlässlich seines Besuchs beim japanischen Premierminister Junichiro Koizumi in Tokio im Oktober 2004 weitere Schritte auf dem Weg zu einem bilateralen FHA an. Auf die Einsetzung einer gemeinsamen Studiengruppe auf der Ebene von Behördenvertretern einigte man sich dann am Gipfeltreffen zwischen Premierminister Koizumi und Bundespräsident Samuel Schmid in Tokio im April 2005. Der Bericht der gemeinsamen Studiengruppe wurde im Verlauf von fünf Treffen im Zeitraum von Oktober 2005 bis Dezember 2006 erstellt10.

Die Studiengruppe analysierte sämtliche normalerweise von einem umfassenden Freihandelsabkommen abgedeckten Bereiche und verglich die entsprechenden Ansätze Japans und der Schweiz. Auch weitere Bereiche möglicher Zusammenarbeit wurden in der Gruppe thematisiert. Der im Januar 2007 veröffentlichte Bericht kam zum Schluss, dass mit einem Freihandelsabkommen die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen (Warenverkehr, Dienstleistungen, Investitionen) wesentlich gefördert und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beider Länder gestärkt werden könnten. Der Bericht empfahl deshalb die rasche Aufnahme von entsprechenden Verhandlungen. Am 19. Januar 2007 nahmen Bundespräsidentin Micheline CalmyRey und der japanische Premierminister Shinzo Abe im Rahmen eines Telefongesprächs vom Bericht der Studiengruppe zustimmend Kenntnis und gaben die Eröffnung von Verhandlungen bekannt.

Auf dieser Grundlage trafen sich die schweizerische und die japanische Verhandlungsdelegation von Mai 2007 bis September 2008 zu insgesamt acht Verhandlungsrunden, die abwechslungsweise in Japan und in der Schweiz durchgeführt wurden11.

Hinzu kamen zwischen den offiziellen Verhandlungsrunden eine Reihe von Treffen auf Stufe
Delegationsleiter und Experten sowie eine grössere Zahl von Telefon- und Videokonferenzen. Am Ende der achten Verhandlungsrunde in Bern erzielten die Delegationen am 25. September 2008 eine grundsätzliche Einigung über den Inhalt des Abkommens, die mittels eines von den Delegationsleitern unterzeichneten Verständigungsprotokolls festgehalten wurde. Nach einer eingehenden rechtlichen und redaktionellen Bereinigung und der Klärung der verbliebenen technischen und administrativen Belange lagen Ende Januar 2009 die unterschriftsreifen Abkommenstexte vor. Am 19. Februar 2009 unterzeichneten die Vorsteherin des EVD, Bundesrätin Doris Leuthard, und der japanische Aussenminister Hirofumi Nakasone

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10 11

Report of the Feasibility Study Group on a Possible Free Trade Agreement (FTA) between Japan and Switzerland, Japan External Trade Organization (JETRO), 2004; Feasibility Study on a Possible Free Trade Agreement between Japan and Switzerland, SECO, 2004.

Report of the Joint Governmental Study Group for strengthening economic relations between Japan and Switzerland, January 2007.

14.­18. Mai 2007 in Tokio, 9.­13. Juli 2007 in Savognin (GR), 15.­19. Okt. 2007 in Yokohama, 26.­30. Nov. 2007 in Thun (BE), 4.­8. Febr. 2008 in Tokio, 19.­23. Mai 2008 in Cadro (TI), 23.­27. Juni 2008 in Tokio, 22.­25. Sept. 2008 in Bern.

2813

in Tokio das Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft und das Umsetzungsabkommen.

Anlässlich der Unterzeichnung des FHWPA wurde eine Gemeinsame Erklärung der Vorsteherin des EVD und des japanischen Aussenministers abgegeben. Diese enthält gewisse im Zusammenhang mit dem FHWPA relevante Elemente primär wirtschafts- und handelspolitischer Natur. Sie ist nicht Bestandteil des Abkommens und rechtlich für die Parteien nicht bindend.

4

Struktur des Abkommens

Das Freihandelsverhältnis zwischen der Schweiz und Japan wird durch zwei separate juristische Instrumente begründet: das eigentliche FHWPA (Hauptabkommen bzw. «Basic Agreement»: Präambel, Art. 1­154, Anhänge I­X) sowie ein Umsetzungsabkommen («Implementing Agreement»: Präambel, Art. 1­25).

Das Hauptabkommen (Anhang 2 dieser Botschaft) ist in 16 Kapitel gegliedert (1. Allgemeine Bestimmungen; 2. Warenverkehr; 3. Zollverfahren und Handelserleichterungen; 4. Sanitäre und phytosanitäre Massnahmen; 5. Technische Regulierungen, Normen und Konformitätsbewertungsverfahren; 6. Dienstleistungshandel; 7. Personenverkehr; 8. Elektronischer Handel; 9. Investitionen; 10. Wettbewerb; 11. Geistiges Eigentum; 12. Öffentliches Beschaffungswesen; 13. Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen; 14. Streitbeilegung; 15. Verwaltung des Abkommens; 16. Schlussbestimmungen). Die 10 Anhänge sowie die im Abkommenstext enthaltenen Anmerkungen (Notes) sind integraler Bestandteil des Abkommens (Art. 151).

Das Umsetzungsabkommen (Anhang 3 dieser Botschaft) besteht aus 5 Kapiteln (1. Allgemeine Bestimmungen; 2. Zollverfahren und Handelserleichterungen; 3. Wettbewerb; 4. Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen; 5. Schlussbestimmungen). Es enthält Details und Verfahren zu gewissen Bestimmungen des Hauptabkommens (zu den Themen Wettbewerb, Zollverfahren sowie Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen). Für dessen Abschluss und Umsetzung ist in Japan allein die Regierung, ohne Einbezug des Parlaments, zuständig, weshalb im Abkommenstitel die beiden Regierungen erwähnt werden. Völkerrechtlich bleibt dies für die Schweiz und auch für Japan unerheblich, stellt doch auch das Umsetzungsabkommen einen Staatsvertrag dar, der die Schweiz und Japan als Völkerrechtssubjekte bindet. Hauptabkommen und Umsetzungsabkommen können zudem nur gemeinsam in Kraft treten bzw. beendigt werden (Art. 10 des Hauptabkommens i.V.m. Art. 25 des Umsetzungsabkommens).

Weil das FHWPA bilateral zwischen der Schweiz und Japan und somit ausserhalb des EFTA-Kontexts ausgehandelt wurde, konnte auf das bei EFTA-Freihandelsabkommen übliche gesonderte bilaterale Landwirtschaftsabkommen verzichtet werden. Diese werden von den EFTA-Staaten jeweils bilateral abgeschlossen, um den Unterschieden ihrer Landwirtschaftspolitiken Rechnung zu tragen. Somit ist der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten, einschliesslich der gewährten Zollkonzessionen, vom FHWPA abgedeckt.

2814

5

Inhalt des Abkommens

5.1

Warenverkehr

Artikel 12 legt fest, dass alle zwischen den beiden Zollgebieten gehandelten Güter, die in eines der Kapitel des Internationalen Übereinkommens vom 14. Juni 198312 über das Harmonisierte System (HS) zur Bezeichnung und Codierung der Waren fallen, vom Abkommen erfasst werden. Das Zollgebiet der Schweiz umfasst auch das Fürstentum Liechtenstein (Art. 3 Bst. b)13.

5.1.1

Zollabbau und Handelsdisziplinen

Das Warenhandelskapitel enthält Bestimmungen zur Inländerbehandlung (Art. 14), ein Verbot, Exportzölle zu erheben (Art. 16), sowie eine Verpflichtung, keine in der WTO nicht erlaubten Handelsbeschränkungen einzuführen (Art. 18). Im Weiteren wird auf das Ausrichten von Exportsubventionen verzichtet (Art. 19), mit Ausnahme derjenigen Waren des HS-Kapitels 19 (Lebensmittelzubereitungen auf der Basis von Malz bzw. Mehl, Teigwaren, Cornflakes, Biskuits), für die Japan der Schweiz keine Konzessionen gewährt14. Bilaterale Schutzmassnahmen sind innerhalb gewisser Regeln möglich, dürfen jedoch nicht länger als zwei Jahre, unter besonders aussergewöhnlichen Umständen nicht länger als drei Jahre, dauern. Sie können erst nach einem Zeitraum, der gleich lang ist, wie derjenige, während dem die vorhergehende Schutzmassnahme in Kraft war, oder nach einem Jahr wieder aufgenommen werden, je nachdem, welcher dieser Zeiträume länger ist (Art. 20). Zudem sind dem Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen (GATT) entsprechende Ausnahmebestimmungen, namentlich Schutzklauseln bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art. 21) und zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes (Art. 22), vorgesehen. Zu Antidumping-Massnahmen enthält das Warenhandelskapitel keine eigenen Bestimmungen. Mit der anlässlich der Unterzeichnung des FHWPA abgegebenen, rechtlich nicht verbindlichen Gemeinsamen Erklärung (vgl. Ziff. 3) erklären die Schweiz und Japan aber, dass Antidumping-Massnahmen nicht zu protektionistischen Zwecken missbraucht werden sollten. Deshalb sollten solche Massnahmen nur bei Bedarf sowie auf transparente und nichtdiskriminierende Weise Anwendung finden. Insbesondere soll vor Eröffnung einer formellen Antidumping-Untersuchung eine Notifikation an den Partnerstaat ergehen und diesem die Möglichkeit zu einer Stellungnahme eingeräumt werden. Im Übrigen erklären die Schweiz und Japan in der Gemeinsamen Erklärung ihre Bereitschaft, im Rahmen der WTO zur Stärkung der Regeln über die Anwendung von Antidumping-Massnahmen zusammenzuarbeiten.

Das FHWPA regelt die Zollansätze, die bei der Einfuhr von Ursprungserzeugnissen (einschliesslich Rückwaren) der Schweiz und Japans anwendbar sind (Art. 15). Die entsprechenden Konzessionslisten Japans und der Schweiz sind in den Anlagen 1 und 2
zum Anhang I des Abkommens aufgeführt. Bei Inkrafttreten werden die japanischen Zölle auf Industriewaren mit wenigen, für die Schweizer Interessen unbedeutenden, Ausnahmen in den Bereichen Sperrholz, Pelz- und Lederwaren 12 13 14

SR 0.632.11 Vgl. auch Ziff. 11 Die Ausnahmen vom Verbot, Exportsubventionen auszurichten, sind in den Anmerkungen zur Schweizer Konzessionsliste (Abschnitt 1 von Anlage 2 zu Anhang I) festgehalten.

2815

sowie Schuhe abgebaut. Zudem nimmt die Schweiz, wie in FHA üblich, einzelne Waren zu Futterzwecken vom Zollabbau aus. Während die Schweiz Japan den vollständigen Zollabbau vom ersten Tag an gewährt, gilt für einzelne Waren aus der Schweiz bei der Einfuhr in Japan ein Zollabbau über 5, 7 oder 10 Jahre. Dies betrifft insbesondere gewisse Erdölerzeugnisse, chemische Grundstoffe, Kunststoffe in Primärformen, gewisse Lederwaren und Schuhe sowie gewisse Glas- und Schmuckwaren. Im Bereich der Landwirtschaft beschränken sich die Konzessionen beider Seiten auf eine geringe Anzahl ausgewählter Erzeugnisse mit Exportpotenzial. Japan erhält neben Konzessionen, die die Schweiz anderen Freihandelspartnern gewährt hat, präferenziellen Marktzugang für lebende Zierpflanzen (in Form von «Bonsai»), gesalzene Yamswurzeln, Zubereitungen auf der Grundlage von Rettich, als Geschenk aufgemachte Trauben, Pfirsiche und Nektarinen, Persimonen (Kaki), Fruchtschaumwein, Sake (Reiswein) sowie Zigaretten. Im Gegenzug gewährt Japan der Schweiz präferenziellen Marktzugang insbesondere für Schweizer Käsespezialitäten, mit Schweizer Fleisch hergestelltes Trockenfleisch, Schokolade, Wein und Zigaretten. Die Konzessionen für Zigaretten werden innert 2 Jahren nach Inkrafttreten des FHWPA neu verhandelt. Im fünften Jahr nach dem Inkrafttreten ist eine generelle Überprüfung der Bestimmungen des Abkommens bezüglich Warenverkehr, einschliesslich der Zollkonzessionen, vorgesehen (Art. 25).

Die durchschnittliche japanische Normalzollbelastung lag im Jahr 2006 bei 6,5 % (Landwirtschaftsgüter: 17,1 %; Industriegüter: 3,7 %). 41,7 % aller Tariflinien waren bereits zollfrei. Mit dem FHWPA wird ein Grossteil der Zölle auf Schweizer Exporten für Industriegüter nach Japan wegfallen. Auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass ein wichtiger Teil der Schweizer Exportgüter (vor allem Maschinen, Uhren, gewisse pharmazeutische Erzeugnisse) bereits heute zollfrei oder zu vernachlässigbaren Zollansätzen nach Japan gelangt, so können die jährlichen Zolleinsparungen für den Export von Schweizer Produkten auf die Grössenordnung von 100 Millionen Franken geschätzt werden.

5.1.2

Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterungen

Die Ursprungsregeln sind in Artikel 23 und Anhang II des FHWPA geregelt. Artikel IV von Anhang II sieht eine generelle Ursprungsregel vor, die als ursprungsbegründendes Kriterium einen mindestens 40 %-igen inländischen Wertschöpfungsanteil oder einen Wechsel der vierstelligen Tarif-Nummer vorsieht. Daneben wurde für bestimmte Produkte eine Liste mit produktspezifischen Ursprungsbestimmungen vereinbart (Anlage 1 zu Anhang II), die so ausgestaltet werden konnte, dass ein signifikanter präferenzieller Marktzugang möglich sein sollte. Im Übrigen gilt eine Toleranzregel, die ­ je nach Güterkategorie ­ 7 % bzw. 10 % Drittlandanteil zulässt (Art. VI von Anhang II). Die Direktversandregel ermöglicht das Aufteilen von Sendungen unter Zollkontrolle in Drittstaaten, ohne dass der Ursprung verloren geht (Art. XIV von Anhang II).

Als Ursprungsnachweis ist ein der Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 entsprechendes Zertifikat oder ­ zum ersten Mal in einem japanischen Freihandelsabkommen ­ für Ermächtigte Ausführer eine Rechnungserklärung vorgesehen (Art. XV­XXIII von Anhang II).

2816

Die Bestimmungen über die Zollverfahren und Handelserleichterungen ­ einschliesslich Regeln betreffend die Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden beider Seiten ­ sind in separaten Kapiteln des Hauptabkommens (Art. 26­32) sowie des Umsetzungsabkommens (Art. 3­8) geregelt. Zur effektiven Umsetzung der Ursprungsbestimmungen sowie von Kapitel 3 ist die Bildung eines Unterausschusses für Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterungen vorgesehen (Art. XXX von Anhang II).

5.1.3

Nichttarifäre Handelshemmnisse

Die Regeln über sanitäre und phytosanitäre Massnahmen (SPS) sind identisch mit denjenigen des WTO-Übereinkommens über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Massnahmen15 (Art. 34). Ergänzend ist die Möglichkeit der Durchführung bilateraler, auf wissenschaftlichen Kriterien beruhender Konsultationen zu SPS-Fragen vorgesehen (Art. 35).

Das Kapitel über Technische Regulierungen, Normen und Konformitätsbewertungen baut auf dem WTO-Abkommen über technische Handelshemmnisse16 auf (Art. 37).

Zusätzlich ist eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der technischen Regulierungen, der Normen und der Konformitätsbewertung vorgesehen, einschliesslich der Möglichkeit, gegebenenfalls sektorspezifische Vereinbarungen zu treffen (Art. 38).

Diese Zusammenarbeit soll sowohl bei der technischen Regulierung als auch bei der Konformitätsbewertung den Gebrauch internationaler Standards fördern. In Verstärkung der WTO-Regeln wird die Anerkennung der Akkreditierung auf der Basis von internationalen Standards verbessert (Art. 40). Schliesslich sind die Benennung von Auskunftsstellen (Art. 39) sowie die Einsetzung eines Unterausschusses zu TBTFragen vorgesehen (Art. 41). Sowohl für SPS als für TBT gilt weiterhin das Streitbeilegungssystem der WTO anstelle des allgemeinen Streitbeilegungssystems des Abkommens (Art. 36 und 42).

Im Rahmen der anlässlich der Unterzeichnung des FHWPA von der Schweiz und Japan abgegebenen Gemeinsamen Erklärung (vgl. Ziff. 3) bestätigen die beiden Länder ihre Absicht, ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der technischen Regulierung, der Normen und der Konformitätsbewertungen zu verstärken und auf diese Weise unnötige Handelshemmnisse zu beseitigen.

5.2

Dienstleistungen

Die Definitionen und Regeln des Dienstleistungskapitels (insbesondere Geltungsbereich, Meistbegünstigung, Inländerbehandlung) folgen dem Allgemeinen Abkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen17 (GATS). Gewisse Bestimmungen konnten im Vergleich zum GATS präzisiert beziehungsweise einem bilateralen Kontext angepasst werden. Die spezifischen Dienstleistungsverpflichtungen werden, im Unterschied zum GATS und zu den bisherigen von der Schweiz im

15 16 17

SR 0.632.20, Anhang 1A.4 SR 0.632.20, Anhang 1A.6 SR 0.632.20, Anhang 1B

2817

Rahmen von Freihandelsabkommen abgeschlossenen Dienstleistungskapiteln, auf der Basis eines Negativlistenansatzes festgehalten.

Die den Handel mit Dienstleistungen betreffenden Bestimmungen des Abkommens sind in Kapitel 6 enthalten und werden durch in Anhängen festgehaltene sektor- und themenspezifische Regeln ergänzt. Die sektor- und themenspezifischen Anhänge behandeln Finanzdienstleistungen (Anhang VI), Telekommunikationsdienstleistungen (Anhang VII), innerstaatliche Regelungen (Anhang IV) sowie die Anerkennung der Qualifikationen von Dienstleistungserbringern (Anhang V). Die Vorbehalte zur Meistbegünstigung, zum Marktzugang und zur Inländerbehandlung sind in Anhang III festgehalten.

5.2.1

Horizontale Bestimmungen

Im Allgemeinen folgen die im Dienstleistungskapitel enthaltenen Definitionen und Regeln dem GATS. Dementsprechend ist der Geltungsbereich des Dienstleistungskapitels mit demjenigen des GATS identisch (Art. 43). Auch die Definitionen sind materiell weitgehend identisch mit dem GATS (Art. 44). Auf Begehren Japans gilt für Japan die Definition der «natürlichen Person einer Vertragspartei» nur für natürliche Personen, welche die japanische Staatsbürgerschaft besitzen. Für die Schweiz hingegen sind ­ wie im GATS ­ vom Geltungsbereich des Kapitels auch natürliche Personen abgedeckt, die über eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz verfügen (entspricht dem C-Ausweis). Die juristische Person einer Vertragspartei (Art. 44 Bst. g) schliesst neben juristischen Personen, die in einer Vertragspartei domiziliert und tätig sind, auch diejenigen juristischen Personen ein, die in einer Vertragspartei domiziliert und in einem anderen WTO-Mitgliedstaat geschäftlich tätig sind. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass die juristische Person im Besitz oder unter der Kontrolle einer natürlichen oder juristischen Person einer Vertragspartei ist. Damit wird sichergestellt, dass die im Rahmen des GATS gewährten Rechte in Bezug auf juristische Personen auch im Rahmen des FHWPA gewährt werden.

In Bezug auf die Meistbegünstigung (Art. 45) folgt das Kapitel weitgehend der entsprechenden GATS-Bestimmung, wobei u.a. Freihandelsabkommen mit Drittstaaten, die im Rahmen von Artikel V GATS notifiziert werden, von der Meistbegünstigungspflicht ausgenommen werden. Darüber hinaus sichern sich die Vertragsparteien zu, die im Rahmen eines Freihandelsabkommens mit Drittstaaten gewährten Handelsvorteile zu notifizieren und auf Ersuchen einer Vertragspartei die Aufnahme wenigstens gleichwertiger Vorteile ins FHWPA auszuhandeln.

Die im Kapitel enthaltenen Bestimmungen zur Anerkennung (Art. 49) und zu innerstaatlichen Regelungen (Art. 48) entsprechen materiell dem GATS. In Bezug auf die innerstaatlichen Regelungen sind die Vertragsparteien zusätzlich bereit, künftige im Rahmen der WTO in diesem Zusammenhang erzielte Verhandlungsresultate (GATS Art. VI:5) zu berücksichtigen und sie allenfalls in das Abkommen aufzunehmen.

Weitergehende spezifische Regeln zur Anerkennung und zu den innerstaatlichen Regelungen sind im Anhang zur Anerkennung von Qualifikationen und im Anhang zu innerstaatlichen Regelungen enthalten (s. Ziff. 5.2.2 und 5.2.3).

2818

Ferner verpflichten sich die Vertragsparteien, bei internationalen Überweisungen und Zahlungen für laufende Geschäfte und für Kapitaltransaktionen auf Beschränkungen zu verzichten, sofern diese nicht zum Schutz der Zahlungsbilanz ergriffen werden (Art. 53 und 54).

Die Bestimmungen über den Marktzugang (Art. 46), die Inländerbehandlung (Art. 47), die Monopole und exklusiven Dienstleistungserbringer (Art. 51), die Geschäftspraktiken (Art. 52), die allgemeinen Ausnahmen sowie die Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit (Art. 55 und 56), die Transparenz (Art. 59) und über die Grenzüberschreitung natürlicher Personen (Art. 50) sind materiell mit dem GATS identisch.

5.2.2

Anhang über innerstaatliche Regelungen (Anhang IV)

Anhang IV zu innerstaatlichen Regelungen enthält Ergänzungen zu Artikel 48 des Dienstleistungskapitels. Es geht insbesondere um Regeln über Massnahmen betreffend Befähigungserfordernisse und -verfahren, technische Normen und Zulassungserfordernisse (Art. I). Die Parteien stellen sicher, dass diese Massnahmen im Voraus festgesetzt sowie objektiv und transparent angewendet werden. Die erforderlichen Verfahren dazu sollen einfach, angemessen und klar sein (Art. II). Die Vertragsparteien verpflichten sich im Rahmen des Gemischten Ausschusses oder in von ihm eingesetzten Gremien, einen Meinungsaustausch über die auf internationaler Ebene geführten Arbeiten betreffend Standards im Dienstleistungsbereich zu pflegen. Diese Standards oder die einschlägigen Teile derselben sollen zudem als Grundlage für die technischen Vorschriften von nationalen standardbezogenen Massnahmen verwendet werden. Dies gilt nicht, wenn derartige Vorschriften zur Erfüllung der eigenen legitimen politischen Ziele ungeeignet sind, zum Beispiel aufgrund wesentlicher klimatischer, geografischer, technologischer oder infrastruktureller Faktoren (Art. III). Weiter hält der Anhang die Parteien dazu an, technische Vorschriften betreffend die Dienstleistungen der anderen Partei als gleichwertig mit den eigenen anzuerkennen, soweit diese die eigenen legitimen politischen Ziele in angemessener Weise erfüllen (Art. IV). Auch soll jede Partei überprüfen, ob sie die Resultate des von der Gegenpartei erstellten Konformitätsbewertungsverfahrens einer Dienstleistung akzeptiert, sofern ein solches Verfahren Sicherheit bietet, dass die Dienstleistung den anwendbaren Normen entspricht (Art. V). Diese Bestimmungen gehen über das GATS hinaus und entsprechen somit einem hohen Ambitionsniveau. Schliesslich sollen die Parteien sich bemühen, die Bestimmungen des GATS betreffend die innerstaatlichen Regelungen im Sektor Buchführung (Accountancy Sector) zu implementieren (Art. VI).

5.2.3

Anhang über die Anerkennung von Qualifikationen (Anhang V)

Anhang V des FHWPA enthält ergänzend zu den horizontalen Bestimmungen für den Dienstleistungshandel zusätzliche und über das GATS hinausgehende Bestimmungen für die Anerkennung von Berufsqualifikationen. Der Anhang findet auf die Anerkennung von im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei erworbenen Qualifi2819

kationen Anwendung (Art. I). Die Parteien ermutigen ihre zuständigen Behörden und Berufsverbände zur Anerkennung von Qualifikationen von Dienstleistungserbringern der anderen Partei. Dies soll zur vollständigen oder teilweisen Erfüllung der Normen oder Kriterien für die Zulassung, Genehmigung oder Bescheinigung von Dienstleistungserbringern, vor allem im Sektor der beruflichen Dienstleistungen (Professional Services), beitragen (Art. IV). Die Vertragsparteien selbst stellen Verfahren zur Anerkennung von im Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei erworbenen Ausbildungen, Berufserfahrungen oder Zulassungen zur Verfügung. Im Falle eines ungenügenden Antrags wird die Antragstellerin oder der Antragsteller informiert, und es sollen ihr oder ihm nach Möglichkeit Anpassungs- bzw. Ergänzungsmöglichkeiten angeboten werden. Diese bestehen beispielsweise in der Gelegenheit, zusätzliche Erfahrungen unter Aufsicht eines Experten zu sammeln, zusätzliche Ausbildungen zu absolvieren oder Prüfungen nachzuholen (Art. II). Die Parteien errichten zudem eine Auskunftsstelle, bei der Dienstleistungserbringer Informationen bezüglich der Anerkennung von Diplomen, der Anerkennungsvoraussetzungen und der Verfahren zur Erteilung, Erneuerung oder Aufbewahrung von Lizenzen oder Qualifikationserfordernissen erhalten. Auf Ersuchen der anderen Partei sollen Konsultationen zwischen den Vertragsparteien betreffend Verfahren zur Anerkennung von Ausbildungen, Berufserfahrungen oder Zulassungen stattfinden (Art. III).

Auch dieser Anhang geht über das GATS hinaus, da sich der Geltungsbereich der Anerkennungsnormen auch auf Niedergelassene aus Drittstaaten erstreckt. Durch diesen Anhang werden die auf europäischer Ebene geltenden Anerkennungsverfahren teilweise auf das Verhältnis Schweiz­Japan angewendet.

5.2.4

Anhang über Finanzdienstleistungen (Anhang VI)

Um den Besonderheiten des Finanzsektors Rechnung zu tragen, werden die horizontalen Regeln des Dienstleistungskapitels durch Anhang VI des FHWPA ergänzt.

Dieser übernimmt verschiedene Elemente des entsprechenden GATS-Anhangs, so z.B. die Definition der Finanzaktivitäten (Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen) und die Ausnahmen für die Geldpolitik und die Sozialversicherungssysteme sowie die Bestimmung über die Anerkennung aufsichtsrechtlicher Massnahmen (Art. I und VII). Ausserdem beinhaltet der Anhang mehrere Disziplinen, die in der von beiden Vertragsparteien eingegangenen Vereinbarung über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen der WTO enthalten sind (Understanding on Commitments in Financial Services). Dabei verpflichten sich die Vertragsparteien u.a. dazu, die Teilnahme ausländischer Finanzdienstleistungsanbieter an öffentlichen Zahlungs- und Clearingsystemen sowie an offiziellen Kreditfazilitäten ebenso wie die Teilnahme an Selbstregulierungsorganen und anderen Organisationen und Verbänden, die für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nötig sind, auf nichtdiskriminierende Art und Weise zu ermöglichen (Art. III). Den Finanzdienstleistungsanbietern sind ferner die Verarbeitung und Übertragung der für das Führen der laufenden Geschäfte nötigen Daten zu erlauben, allerdings unter Vorbehalt der von den Parteien getroffenen Massnahmen zum Schutz von Personendaten (Art. VIII). Vorgesehen ist weiter, dass neue Finanzdienstleistungen, die von einem Dienstleistungsanbieter in einem WTO-Staat erbracht werden, auch in der anderen Vertragspartei erbracht werden können (Art. II).

2820

In Bezug auf aufsichtsrechtliche Massnahmen (Art. VI) sieht das Abkommen eine mit dem GATS identische Bestimmung vor, die den Vertragsparteien, ungeachtet von anderen Bestimmungen des Abkommens, das Recht zugesteht, aufsichtsrechtliche Massnahmen aufrechtzuerhalten oder zu treffen, einschliesslich Massnahmen, die zur Sicherung der Integrität und Stabilität des Finanzsystems oder zum Schutz von Investoren ergriffen werden. Ergänzend zum GATS halten die Vertragsparteien unter dieser Bestimmung fest, dass sie im Rahmen der OECD dazu verpflichtet sind, den Code of Liberalisation of Current Invisible Operations umzusetzen. Die Parteien sind zudem gehalten, nach Möglichkeit die Prinzipien und Standards der wichtigsten einschlägigen internationalen Institutionen anzuwenden (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Vereinigung der Versicherungsaufseher und Internationale Organisation der Effektenhandelsaufseher).

Die Vertragsparteien vereinbaren darüber hinaus weitergehende Regeln im Bereich der Transparenz und Abwicklung von Genehmigungsverfahren (Art. IV und V). In Bezug auf die Transparenz sind die zuständigen Behörden der Parteien gemäss Artikel IV verpflichtet, auf Anfrage interessierten Personen Auskunft über die Anforderungen und Verfahren zur Erlangung von Genehmigungen zu geben. Weiter verpflichten sich die Parteien, den Zeitrahmen anzugeben, der für die Ausstellung einer Lizenz normalerweise benötigt wird. In Bezug auf die zügige Abwicklung von Genehmigungsverfahren sind die zuständigen Behörden der Parteien gehalten, Gesuche ohne unangemessene Verzögerung zu behandeln und die Antragsteller im Falle einer unvollständigen Eingabe über die erforderlichen Daten zu informieren.

Ferner sind die zuständigen Behörden verpflichtet, eine Lizenz auszustellen, sofern alle Anforderungen erfüllt sind. Dies soll möglichst innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten geschehen.

Artikel IX sieht die Bildung eines Unterausschusses über Finanzdienstleistungen vor, der die Umsetzung der im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen stehenden Rechte und Pflichten des Abkommens gewährleistet und in dem Themen, die den Handel mit Finanzdienstleistungen (einschliesslich aufsichtsrechtlicher Massnahmen) betreffen, aufgebracht werden können.

5.2.5

Anhang über Telekommunikationsdienstleistungen (Anhang VII)

Anhang VII des FHWPA vervollständigt die horizontalen Bestimmungen im Bereich des Dienstleistungshandels (s. Ziff. 5.2.1) mit spezifischen zusätzlichen Regeln für den Telekommunikationssektor. Diese Regeln stützen sich hauptsächlich auf das entsprechende Referenzpapier des GATS. Im Vergleich zu diesem und zu früher abgeschlossenen FHA enthält dieser Anhang neue Verpflichtungen insbesondere zur Kollokation, zur Portabilität der Telefonnummern sowie zum Schutz von Konsumentinnen und Konsumenten sowie von Personendaten.

Anhang VII enthält gewisse Wettbewerbsgrundsätze und Mindeststandards für die Interkonnektion mit marktbeherrschenden Anbietern (Art. II). Diese müssen den anderen Anbietern die Interkonnektion diskriminierungsfrei und zu kostenorientierten Preisen gewähren (Art. III Abs. 2). Sie müssen zudem die Kollokation anbieten, die in der Möglichkeit besteht, an ihren Standorten die zur Interkonnektion erforderlichen Anlagen zu installieren (Art. III Abs. 3). Können sich die Betreiber nicht auf eine Interkonnektionsvereinbarung einigen, so sind die Regulierungsbehörden 2821

gehalten, den Streit zu schlichten und nötigenfalls angemessene Interkonnektionsbedingungen und -preise festzulegen (Art. III Abs. 7). Der Anhang übernimmt die im GATS enthaltene Anerkennung des Universaldienstes, sieht unparteiische, transparente und diskriminierungsfreie Verfahren zur Erteilung von Bewilligungen für die Erbringung der betreffenden Dienstleistungen vor und verpflichtet die Vertragsparteien zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden von Basistelekommunikationsanbietern (Art. IV­VI). Darüber hinaus stellt er im Gebiet jeder Vertragspartei die Portabilität der Telefonnummern in angemessener Frist und zu angemessenen Bedingungen sicher (Art. VIII). Zur Schaffung eines Vertrauensklimas, das der Nutzung von Telekommunikationsdienstleistungen förderlich ist, verpflichtet der Anhang zudem die Vertragsparteien dazu, angemessene Massnahmen zum Schutz von Personendaten und zur Bekämpfung von unverlangten Werbe-E-Mails zu ergreifen, und lädt sie zur Zusammenarbeit in diesem Bereich auf bilateraler Ebene und innerhalb multilateraler Foren ein (Art. IX). Schliesslich sieht der Anhang zwischen den Vertragsparteien den Austausch von Auskünften zu Telekommunikationsdienstleistungen vor (Art. X).

5.2.6

Marktzugangsverpflichtungen

Die im Rahmen des Abkommens eingegangenen Marktzugangsverpflichtungen im Dienstleistungsbereich folgen der Methode eines Negativlistenansatzes. Somit hat die Schweiz erstmals im Rahmen eines Freihandelsabkommens ihre Marktzugangsverpflichtungen im Dienstleistungsbereich in Form einer Negativliste festgehalten (Art. 57 sowie Anhang III). Sie folgt damit dem Ansatz, der bereits in früheren Freihandelsabkommen in Investitionskapiteln gewählt wurde. Auch im Rahmen des bestehenden Freihandelsabkommens EFTA­Mexiko ist vorgesehen, die in Aushandlung begriffenen Dienstleistungsverpflichtungen in Form von Negativlisten festzuhalten. Gemäss der Methode der Negativlisten fallen grundsätzlich alle Dienstleistungssektoren bzw. Massnahmen in den Geltungsbereich der Marktzugangs-, Inländerbehandlungs- und/oder Meistbegünstigungspflichten, sofern sie nicht von den Vertragsparteien mittels Vorbehalt in den Listen davon ausgenommen sind.

Gründe für die Aufnahme von Dienstleistungssektoren oder Massnahmen in die Negativlisten sind einerseits innerstaatliche Rechtsvorschriften, die explizit in den Reservationslisten festgehalten wurden und somit selbst als Vorbehalte wirken. Die Vertragsparteien sind diese Vorbehalte auf der Grundlage ihrer geltenden Rechtslage eingegangen. Andererseits haben sie in den Negativlisten, ungeachtet der geltenden Rechtslage, zusätzliche Vorbehalte bezüglich bestimmter Dienstleistungsbereiche bzw. -erbringungsarten angebracht und sich somit das Recht vorbehalten, weiterhin marktzugangsbeschränkende oder diskriminierende Massnahmen in diesen Dienstleistungsbereichen bzw. -erbringungsarten aufrechtzuerhalten oder neu einzuführen.

Letztere Vorbehalte hat Japan in einer Anlage über künftige Massnahmen festgeschrieben. Die Schweiz hat diese Sektoren bzw. Erbringungsarten hingegen entsprechend gekennzeichnet und qualifiziert. So hat sie ihrerseits beispielsweise in diversen auf kantonaler Ebene regulierten Dienstleistungssektoren sowie z.T. auch in auf Bundesebene geregelten Bereichen, wie z.B. beim Transport, entsprechende Vorbehalte angebracht. Auch behält sich die Schweiz mit solchen Vorbehalten vor, nicht eindeutig bestimmten Sektoren zuweisbare Dienstleistungssektoren oder heutzutage noch unbekannte Dienstleistungen von den Marktzugangsverpflichtungen auszunehmen (s. Anhang III Anlage 2, Vorbehalte Nr. 102 und 103).

2822

Das Marktzugangsverpflichtungsniveau, das die Schweiz im Rahmen dieses Abkommens mit den Negativlisten eingegangen ist, bleibt im Rahmen der bestehenden Gesetzgebung. Materiell entspricht das von der Schweiz eingegangene Marktzugangsverpflichtungsniveau grösstenteils demjenigen neuerer umfassender Freihandelsabkommen der Schweiz (EFTA­Korea, EFTA­Kolumbien). Die Schweiz hat somit ihre Verpflichtungen im Vergleich zu ihrer bestehenden GATSVerpflichtungsliste ausgedehnt. Sie hat zudem, im Gegensatz zu früheren Freihandelsabkommen, ihr Marktzugangsverpflichtungsniveau auf der Grundlage der geltenden Rechtsordnung in folgenden Bereichen weiter vertieft: Im Bereich der Postdienstleistungen wird neu ein Marktzugangsniveau gewährt, das der im April 2004 geltenden Marktöffnung entspricht, also für internationale Postdienstleistungen, die sich ausserhalb der von der Schweizerischen Post erbrachten reservierten Dienste befinden (z.B. Beförderung adressierter Sendungen von über 1 kg). Im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung hat die Schweiz im Bereich der audiovisuellen Dienstleistungen Vorbehalte angebracht, wobei insbesondere den in der Rechtsordnung festgehaltenen Vorbehalten Rechnung getragen wird, beispielsweise im Bereich des Rundfunks (Radio und Fernsehen). In Bezug auf die Meistbegünstigungspflicht behält sich die Schweiz in diesem Bereich analog zu ihren GATSVerpflichtungen vor, bei Koproduktionsabkommen und im Bereich von Dienstleistungen, die im Zusammenhang mit dem MEDIA-Abkommen, dem Europäischen Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen und der Konzessionierung von Radio- und Fernsehveranstaltern erbracht werden, auch gegenüber Japan weiterhin diskriminierende Massnahmen aufrechtzuerhalten. Bei Finanzdienstleistungen gewährt die Schweiz zusätzlich zu ihren in der WTO offerierten GATSVerpflichtungen die Aufhebung der Anforderung an ausländische Versicherer, über eine mindestens dreijährige Geschäftserfahrung im Herkunftsland verfügen zu müssen. Weiter verpflichtet sich die Schweiz im Bereich der Unterhaltungs- und Freizeitdienstleistungen, zum Beispiel bei im Zusammenhang mit Sport erbrachten Dienstleistungen, wobei explizit ein Vorbehalt zu Spiel- und Kasinodienstleistungen gemacht wurde. Im Verkehrsbereich ist die Schweiz marginal über ihre Verpflichtungen im GATS hinausgegangen,
wobei auch hier die Verpflichtungen dem in der Schweiz geltenden Recht entsprechen.

Auch Japan verpflichtet sich gegenüber der Schweiz auf ein Marktzugangsverpflichtungsniveau, das über demjenigen im Rahmen des GATS gewährten Verpflichtungsniveaus liegt und z.T. auch über das von Japan im Rahmen anderer Freihandelsabkommen zugestandene Marktzugangsniveau hinausgeht. Im Vergleich zu seinen GATS-Verpflichtungen geht Japan zusätzliche Marktzugangsverpflichtungen bei unternehmensbezogenen Dienstleistungen, Finanz-, Telekommunikations-, Vertriebs-, Umwelt- und Transportdienstleistungen ein. So gewährt Japan beispielsweise im Bereich der Postdienstleistungen alle Leistungen, die nicht in den Bereich der in Japan reservierten Postdienste fallen. Auch im Bereich der Vertriebsdienstleistungen gewährt Japan neu eine vollumfängliche Inländerbehandlung gegenüber Schweizer Dienstleistungserbringern. Ferner geht Japan zusätzliche Marktzugangsverpflichtungen im Bereich der Hochseeschifffahrt und im Logistiksektor ein. Im Bereich der Finanzdienstleistungen ist Japan im Rahmen eines Freihandelsabkommens seine Marktzugangsverpflichtungen erstmals in Form einer Negativliste eingegangen. Zusätzlich zu seinen GATS-Verpflichtungen gewährt Japan neu Marktzugangsverpflichtungen im Rahmen der in Japan geltenden Rechtsordnung für den grenzüberschreitenden Wertschriftenhandel mit in Japan domizilierten Finanzinstituten. Japan gewährt zusätzlich auch einen nichtdiskriminierenden Marktzugang für 2823

den grenzüberschreitenden Vertrieb über einen in Japan domizilierten Finanzintermediär von Anteilsscheinen an in Japan zugelassenen Investmentfonds und damit verbundenen Anlageprodukten.

In Bezug auf die Reservationslisten sieht das Hauptabkommen in Artikel 58 zudem eine Artikel XXI GATS entsprechende Bestimmung über die Änderung der Reservationslisten vor. Entsprechend Artikel XXI GATS ist ein Ausgleichsmechanismus vorgesehen, der im Falle einer Verminderung des Marktzugangsniveaus durch eine Vertragspartei zur Anwendung kommt. Weiter verpflichten sich die Vertragsparteien, die Reservationslisten bzw. das Marktzugangsniveau alle zwei Jahre hinsichtlich möglicher Marktzugangsverbesserungen zu überprüfen (Art. 60).

5.3

Grenzüberschreitender Personenverkehr

5.3.1

Horizontale Bestimmungen

In diesem Abkommen sind die Regelungen betreffend die Einreise und den zeitlich befristeten Aufenthalt in einem neuen Kapitel zum grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen festgehalten. Die Rechte und Pflichten richten sich nach dem GATS-Anhang über den grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen zur Erbringung von Dienstleistungen. Ziel dieses Kapitels ist es, eine präferenzielle Handelsbeziehung zwischen den Parteien zu etablieren und durch transparente Kriterien und Verfahren den Personenverkehr zu erleichtern. Allerdings sollen mit diesem Kapitel auch die Grenze, die inländische Arbeitnehmerschaft und die Dauerarbeitsverhältnisse geschützt werden. Um all diese Ziele zu erreichen, kommen die Parteien überein, diesbezügliche Massnahmen schnell anzuwenden und übermässige Beeinträchtigungen oder Verzögerungen zu unterlassen (Art. 63). Die Regelungen betreffend Einreise und zeitlich befristeten Aufenthalt beruhen auf den geltenden Gesetzen und Verordnungen sowie auf der spezifischen Verpflichtungsliste, namentlich dem Anhang zum grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen (Art. 65). Das Verpflichtungsniveau im Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs natürlicher Personen stimmt mit dem anderer Schweizer Freihandelsabkommen (im Rahmen der Dienstleistungskapitel) überein.

Gemäss Abkommen sind insbesondere Massnahmen, welche Personen betreffen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt der anderen Vertragspartei suchen, sowie Massnahmen, die sich auf Staatsbürgerschaft, Aufenthalt oder dauerhafte Beschäftigung beziehen, erlaubt. Erlaubt sind auch Vorkehrungen zur Wahrung der Unversehrtheit der Landesgrenzen und zur Sicherstellung eines ordentlichen Grenzübertritts (z.B.

Visumspflicht). Diese Vorkehrungen dürfen allerdings nicht die spezifischen Liberalisierungsverpflichtungen der Parteien zunichte machen. Das bedeutet, dass geltende Beschränkungen des nationalen Einreise-, Aufenthalts- und Arbeitsmarktrechts unangetastet bleiben (Art. 62).

Ferner sieht dieses Kapitel auch Bestimmungen vor, welche die Beschaffung von Informationen betreffend allgemeingültige Massnahmen vorsehen, die für einen wirksamen grenzüberschreitenden Personenverkehr erforderlich sind. Die Bereitstellung kann über die Bekanntgabe relevanter Publikationen oder Internetseiten geschehen. Bei den Informationen geht
es um Auskünfte über die verschiedenen in der Schweiz bekannten Visumsarten und Arbeitsbewilligungen. Insbesondere sind Angaben betreffend die Voraussetzungen und das Anmeldeverfahren für die Ertei2824

lung von Visa und Arbeitsbewilligungen und die Erneuerung von Bewilligungen verlangt. Doch auch über die einzureichenden Gesuchsunterlagen und sonstigen Bedingungen werden Informationen erwartet. Diese Auskünfte sollen insbesondere Personen zugänglich sein, die sich gemäss Schweizer Verpflichtungsliste auf das FHWPA berufen können, also Kaderleute und Spezialisten, Geschäftsleute und Dienstleistungsverkäufer, vertragliche Dienstleistungserbringer sowie Installateure und Wartungs-/Servicemonteure (Art. 66). Die Parteien verpflichten sich zu einer zügigen Bearbeitung von Bewilligungsanträgen und -erneuerungen. Die Antragstellerin oder der Antragsteller wird umgehend über zusätzlich einzureichende Unterlagen, den Stand des Antrags und den Entscheid betreffend die Bewilligungserteilung informiert (Art. 67). Auch hier gehen die Bestimmungen über das GATS hinaus und setzen den Anspruch der Schweiz auf ein hohes Ambitionsniveau um.

5.3.2

Marktzugangsverpflichtungen im Bereich des grenzüberschreitenden Verkehrs natürlicher Personen (Anhang VIII)

Die Schweiz ist spezifische Verpflichtungen zur Einreise und zum vorübergehenden Aufenthalt japanischer Staatsangehöriger eingegangen. Diese Verbindlichkeiten sind, wie im GATS, in einer Positivliste festgehalten. Die Liste gliedert sich in zwei Teile: Dienstleistungen (Abschnitt 1) und Nicht-Dienstleistungen (Abschnitt 2).

Die Verpflichtungen der Schweiz im Dienstleistungssektor sind materiell identisch mit denjenigen früherer Freihandelsabkommen. Da sich die Schweiz durch das GATS nur für Kaderleute und Spezialisten, Geschäftsleute und Dienstleistungsverkäufer, vertragliche Dienstleistungserbringer sowie Installateure und Wartungs-/ Servicemonteure verpflichtet hat, besteht folglich auch für das FHWPA zwischen der Schweiz und Japan nur für diese Personenkategorien eine Verpflichtung (Art. II). Die Einreise und der befristete Aufenthalt von Personen dieser Kategorien unterliegen demzufolge auch weiterhin den Bestimmungen und Definitionen des Dienstleistungskapitels. Insbesondere gelten auch weiterhin die in der Ausnahmeliste der Schweiz eingetragenen Einschränkungen und Bedingungen (Art. III).

Kaderleute und Spezialisten können ihren Aufenthalt bis 5 Jahre verlängern, die übrigen Personenkategorien bis 90 Tage innerhalb eines Jahres. Die Schweizer Offerte für vertragliche Dienstleistungserbringer deckt 16 Sektoren ab.

Neue Verpflichtungen übernimmt die Schweiz im Abkommen mit Japan im NichtDienstleistungssektor (Abschnitt 2): Zusätzlich zu Kaderleuten und Spezialisten sowie Geschäftsleuten verpflichtet sich die Schweiz neu auch bezüglich Warenverkäufern (Art. V). Bei dieser Personengruppe kommen jedoch bei der Einreise und Zulassung zum Arbeitsmarkt die nationalen Normen zur Anwendung (Bundesgesetz vom 16. Dez. 200518 über die Ausländerinnen und Ausländer und dazugehörige Verordnungen) (Art. VI).

Japan verpflichtet sich in seiner Verpflichtungsliste betreffend Einreise und befristeten Aufenthalt für folgende natürlichen Personen: Geschäftsleute (90 Tage, verlängerbar) (Abschnitt 1); Kaderleute (1 oder 3 Jahre, verlängerbar) (Abschnitt 2); Investoren (1 oder 3 Jahre, verlängerbar) (Abschnitt 3); natürliche Personen, die sich mit beruflichen Dienstleistungen befassen (1 oder 3 Jahre, verlängerbar) 18

SR 142.20

2825

(Abschnitt 4) beziehungsweise die sich mit Geschäftsaktivitäten einer Dienstleistungserbringung aufgrund ihres fortgeschrittenen Wissens und eines Vertrags mit einer öffentlichen oder privaten Organisation in Japan befassen (1 oder 3 Jahre, verlängerbar) (Abschnitt 5).

Die im FHWPA enthaltenen Verpflichtungen Japans zu Kaderleuten, Geschäftsreisenden und vertraglichen Dienstleistungserbringern entsprechen grundsätzlich dem Niveau des GATS. Die Schweiz konnte jedoch auch einige über das GATS hinausgehende Elemente aushandeln. Diese in der Verpflichtungsliste Japans enthaltenen Verbesserungen betreffen Investoren, Finanzberater, Installateure und Wartungs-/ Servicemonteure sowie eine Erweiterung der Liste der möglichen Tätigkeitsbereiche. Es ist dies das erste Mal, dass Japan bereit war, eine solche Verpflichtung einzugehen.

5.4

Elektronischer Handel

Das Abkommen zwischen der Schweiz und Japan ist das erste Präferenzabkommen, dem die Schweiz angehört, welches materielle Bestimmungen zum elektronischen Handel enthält. Gleiches gilt auch für Japan. Im Gegensatz zu anderen Handelsregeln und -disziplinen des Abkommens können sich die Bestimmungen zum elektronischen Handel mangels eines multilateralen Abkommens zu diesem Thema nicht auf eine beiden Vertragsparteien gemeinsame Grundlage abstützen.

Das Kapitel zum elektronischen Handel unterstreicht die Rolle des elektronischen Handels als Faktor des Wirtschaftswachstums, betont die Bedeutung, für seine Nutzung und Entwicklung keine Hindernisse zu errichten, und anerkennt die Notwendigkeit, ein Vertrauensumfeld für seine Nutzer zu schaffen (Art. 71 Abs. 1).

Darüber hinaus bestätigt es die derzeitige Praxis, auf elektronische Transaktionen keine Zölle zu erheben (Art. 76 Abs. 2). Auf diese Erwägungen allgemeiner Art hin will es den Handel erleichtern und die Geschäftsbedingungen nicht nur des elektronischen Handels, sondern auch des Waren- und Dienstleistungshandels verbessern.

Es gilt für Massnahmen, die den elektronischen Handel im Umfeld des Handels zwischen der Schweiz und Japan betreffen (Art. 70). Es ist von umfassender Tragweite und enthält insbesondere in den Bereichen digitale Erzeugnisse, elektronisch erbrachte Dienstleistungen und digitale Signaturen neue Verpflichtungen. Diese Verpflichtungen gehen über jedes andere Handelsabkommen der Vertragsparteien hinaus und stellen den eigentlichen Präferenzinhalt des Kapitels dar. Allerdings erfasst es weder das öffentliche Beschaffungswesen noch Subventionen oder fiskalische Massnahmen (Art. 71 Abs. 4). Im Fall einer Unvereinbarkeit mit anderen einschlägigen Kapiteln des Abkommens haben letztere gegenüber den Bestimmungen zum elektronischen Handel den Vorrang (Art. 71 Abs. 3). In diesem Zusammenhang definieren sich die digitalen Erzeugnisse als Erzeugnisse wie Computerprogramme, Texte, Pläne, Muster, Videos, Bilder oder Klangaufnahmen oder jegliche Kombination aus ihnen, die digital kodiert und elektronisch übermittelt sowie gewerbsmässig verkauft und vertrieben werden. Unterschieden wird zwischen digitalen Erzeugnissen, die elektronisch übermittelt werden, und solchen, die auf einem Trägermedium sind. Letztgenannte werden als Ware betrachtet und unterliegen dem Kapitel über den Warenverkehr (Art. 72 Abs. 1 Bst. a).

2826

In Bezug auf die Nichtdiskriminierungsverpflichtungen bezüglich digitaler Erzeugnisse (Art. 73), welche Inländerbehandlung und Meistbegünstigungsbehandlung (MFN) abdecken, verweist das Kapitel über den elektronischen Handel auf die Reservationslisten der Kapitel über den Dienstleistungshandel und über Investitionen (s. Ziff. 5.2.6 und 5.5). Das bedeutet, dass die Ausnahmen zur MFN-Klausel und die Beschränkungen der Inländerbehandlung bezüglich Dienstleistungserbringung und Investitionen sinngemäss für digitale Erzeugnisse gelten. Hingegen werden Vorteile, die Drittländern im Rahmen anderer Präferenzabkommen der Vertragsparteien gewährt werden und nicht die genannten Ausnahmen betreffen, von der MFN-Klausel erfasst und der anderen Vertragspartei automatisch eingeräumt.

Die Vertragsparteien haben absichtlich keine Kriterien zu Ursprungsregeln festgelegt und ziehen es vor, sich gemeinsam im Rahmen internationaler Foren für die Entwicklung solcher Kriterien einzusetzen und diese unter Umständen im Abkommen aufzunehmen (Art. 73 Abs. 4). Festgelegt ist hingegen ein Dispositiv zur Erkennung von Massnahmen, die diesen Verpflichtungen zuwiderlaufen würden.

Wegen der Neuartigkeit dieser Bestimmungen und in Erwartung entsprechender Entwicklungen auf multilateraler Ebene schreibt eine Klausel vor, dass diese Bestimmungen fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens revidiert werden können. Das Kapitel zum elektronischen Handel enthält auch eine Nichtdiskriminierungsverpflichtung für elektronisch erbrachte Dienstleistungen gegenüber anderen Erbringungsarten (Art. 74). Diesbezüglich anerkennen die Vertragsparteien den Grundsatz der Technologieneutralität (Art. 71 Abs. 2). Hingegen unterliegen diese Verpflichtungen den allgemeinen Ausnahmen sowie jenen zur Wahrung der Sicherheit (Art. 83) der Kapitel über Warenverkehr und Dienstleistungshandel, die sinngemäss übernommen werden. Es handelt sich unter anderem um Ausnahmen zur Ermöglichung von Massnahmen, die die öffentliche Ordnung und Gesundheit schützen und die Einhaltung von Gesetzen und Vorschriften zum Schutz der Nutzer des elektronischen Handels sicherstellen. Dies gilt auch für alle anderen Bestimmungen des Kapitels und zeigt sich bei der Anerkennung der Bedeutung des Schutzes von Online-Konsumentinnen und -Konsumenten sowie ihrer persönlichen Daten (Art. 80),
der Erhöhung ihres Vertrauens in Bezug auf den elektronischen Handel und der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien in diesem Bereich. Mit denselben Vorbehalten wie bei der Inländerbehandlung und der MFN-Klausel enthält das Kapitel Marktzugangsverpflichtungen (Art. 75), nach denen die Vertragsparteien Massnahmen, die den elektronischen Handel allgemein unangemessen einschränken oder verbieten, weder ergreifen noch beibehalten dürfen.

Das Kapitel über den elektronischen Handel enthält Bestimmungen über die innerstaatliche Regelung (Art. 77), welche alle Massnahmen regeln, die den elektronischen Handel betreffen. Es enthält Regeln zu elektronischen Signaturen und Zertifizierungsdiensten (Art. 78) für elektronische Transaktionen zwischen juristischen und natürlichen Personen der Vertragsparteien und legt die Grundlage für vereinfachte Verfahren zur Anerkennung von Zertifizierungsdienstleistern der anderen Vertragspartei. Es fördert eine papierlose Verwaltung (Art. 79) in Bezug auf den Handel und auf die Grenzüberschreitung natürlicher Personen. Es verlangt von den Vertragsparteien, einen Regulierungsrahmen zum elektronischen Handel sicherzustellen, der die Entwicklung des elektronischen Handels im bilateralen Handel unterstützt, und den Privatsektor dazu zu ermutigen (Art. 81), zur Unterstützung des elektronischen Handels Selbstregulierungen zu ergreifen.

2827

Das Kapitel über den elektronischen Handel sieht eine Zusammenarbeit der Vertragsparteien innerhalb internationaler Organisationen, insbesondere der WTO, zur Entwicklung eines multilateralen Rahmens für den elektronischen Handel vor, der unter anderem (und über die oben erwähnten Ursprungsregeln für digitale Erzeugnisse hinaus) eine rechtlich bindende Verpflichtung umfassen soll, auf elektronische Übermittlungen keine Zölle zu erheben (Art. 76 Abs. 1). Das Kapitel ist so aufgebaut, dass es bestehenden oder künftigen Übereinkommen im Rahmen der WTO nicht schadet. Überdies sieht es zu allem, was mit dem elektronischen Handel zusammenhängt, eine Zusammenarbeit (Art. 82) zwischen den Vertragsparteien vor.

5.5

Investitionen

Das Investitionskapitel gewährt Investoren das Recht auf Marktzutritt für Investitionen ausserhalb des Dienstleistungsbereichs im Gebiet des anderen Vertragsstaates und enthält, in Ergänzung der bestehenden Regeln zwischen den OECD-Staaten, umfassende Bestimmungen zum Schutz getätigter Investitionen. Zwischen der Schweiz und Japan bestand bisher kein bilaterales Investitionsschutzabkommen. Das Kapitel ist bezüglich Ansatz und Inhalt vergleichbar mit dem Investitionsabkommen, das von den EFTA-Staaten Schweiz, Island und Liechtenstein mit der Republik Korea abgeschlossen wurde19.

Ausgangspunkt des Kapitels ist ein weiter Investitionsbegriff, der zusätzlich zu Direktinvestitionen, die durch substanzielle Beteiligungen am stimmberechtigten Kapital von Unternehmen oder durch die Gründung von Tochtergesellschaften auf eine dauerhafte wirtschaftliche Beziehung vor Ort angelegt sind, auch Portfolioinvestitionen einschliesst (Art. 85). Die Anwendbarkeit des Kapitels erstreckt sich auf Investitionen, deren Eigentümerin eine natürliche Person (japanische Staatsangehörige und Schweizerbürgerinnen und -bürger bzw. in der Schweiz niedergelassene Ausländerinnen und Ausländer) oder eine juristische Person aus einem Vertragsstaat ist oder die unter kontrollierendem Einfluss durch solche Personen stehen.

Investoren aus den beiden Vertragsstaaten erhalten grundsätzlich den Anspruch, bezüglich Marktzutritt und Investitionsschutz gleich wie Inländer (Inländerbehandlung, Art. 87) oder wie Investoren aus Drittstaaten (Meistbegünstigungsbehandlung ­ MFN, Art. 88) behandelt zu werden, wobei präferenzielle Abkommen wie Freihandelsabkommen, Zollunionen oder ähnliche Abkommen von der MFN-Pflicht ausgenommen sind. Falls eine Partei Investoren aus einem Drittstaat in Anwendung eines präferenziellen Abkommens eine vorteilhaftere Behandlung angedeihen lässt, so ist diese verpflichtet, dies der anderen Partei zu notifizieren, deren Investoren nach Möglichkeit nicht weniger vorteilhaft zu behandeln und auf Ersuchen der Gegenseite in Verhandlungen über die Ausdehnung dieser Vorteile auf die Gegenpartei einzutreten (Art. 88). Für Investitionen im Dienstleistungsbereich haben die Bestimmungen des Dienstleistungskapitels bei allfälligen Überschneidungen mit dem Investitionskapitel Vorrang (Art. 84).

Beide Vertragsstaaten haben
Vorbehalte zur Verpflichtung der Inländer- und Meistbegünstigungsbehandlung in Form von sog. Negativlisten angebracht (Art. 90 und Anhang IX). Derartige Vorbehalte wurden von der Schweiz für den Erwerb von Immobilien, die Wohnsitzerfordernisse gemäss Gesellschaftsrecht und verschiedene 19

SR 0.975.228.1

2828

Sektoren im Energiebereich aufgeführt. Japan beansprucht u.a. Vorbehalte in den Bereichen Energie und Transport, Bergbau, Waffen- und Flugzeugindustrie sowie Immobilienerwerb. Beide Parteien haben zudem die Gemeindeebene ausgenommen und behalten sich vor, unter bestimmten Voraussetzungen neue Vorbehalte einzuführen. Alle Vorbehalte sind mit Blick auf deren Verminderung oder Beseitigung durch die Parteien periodisch zu überprüfen.

Die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gelten grundsätzlich auch in Sachen Besteuerung (Art. 100 Abs. 1), wobei davon abgewichen werden kann, wenn dies für die gerechte und effiziente Erhebung direkter Steuern erforderlich ist. Das Inländerbehandlungs- und das Meistbegünstigungsprinzip sind des Weiteren nicht auf Massnahmen anwendbar, welche in den Anwendungsbereich von Doppelbesteuerungsabkommen fallen (Art. 100 Abs. 2 und 3). Der Bereich der Besteuerung ist von der Investor-Staat-Streitbeilegung ausgenommen, ausser wenn es sich um Fälle konfiskatorischer Besteuerung handelt (Art. 100 Abs. 4 und 5).

Das Investitionskapitel enthält, analog zu modernen Investitionsschutzabkommen, eine Bestimmung über den Schutz und die allgemeine Behandlung von Investitionen (Art. 86). In Bezug auf Enteignungen und den internationalen Zahlungs- und Kapitalverkehr gelten spezifische Schutzbestimmungen. Enteignungen sind danach nur zulässig, wenn die Vertragsstaaten strikte Bedingungen erfüllen (Art. 91). Eine Bestimmung über Kapitaltransfers gewährleistet den freien Transfer von Beträgen, welche mit Investitionen im Zusammenhang stehen (Art. 89). Hinzu kommen eine Bestimmung über die Entschädigung von Verlusten im Fall von bewaffneten Konflikten, Unruhen oder ähnlichen Vorkommnissen (Art. 92) sowie ein Subrogationsartikel (Art. 93).

Das Kapitel sieht die Möglichkeit vor, dass ein betroffener Investor bei einem Streitfall direkt beim Gaststaat Konsultationen verlangen (Art. 94 Abs. 2) und, sofern keine Einigung erzielt wird, ein internationales Schiedsgericht anrufen kann (sog.

Investor-Staat-Streitbeilegung, Art. 94 Abs. 3). Bei Fragen des Investitionsschutzes, nicht aber beim Marktzutritt, ist die Einwilligung des Gaststaates zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit bereits gegeben (Art. 94 Abs. 4).

Bezüglich des Verbots von Leistungsauflagen wird auf das
Abkommen über handelsbezogene Investitionsauflagen20 (TRIMs) der WTO verwiesen (Art. 96).

Die Anwendung aufsichtsrechtlicher Massnahmen im Finanzdienstleistungsbereich gemäss Anhang VI bleibt zudem vorbehalten (Art. 98). Die Parteien dürfen auch bestimmte Formalitäten im Zusammenhang mit der Zulassung von Investitionen, wie etwa Registrierungs- und Wohnsitzvorschriften, vorsehen, soweit diese die Rechte der Investoren gemäss dem Investitionskapitel materiell nicht beeinträchtigen (Art. 99).

Das Kapitel enthält eine Ausnahmebestimmung zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der Umwelt, welche jedoch nur in Zusammenhang mit dem Marktzutritt angerufen werden kann (Art. 95 Abs. 1). Zudem sind Ausnahmen zum Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen (Art. 95 Abs. 1 und 2) und bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art. 97) möglich. Die Parteien anerkennen weiter, dass es unangebracht ist, zwecks Förderung von Investitionstätigkeiten Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltstandards oder Arbeitsnormen zu senken (Art. 101).

20

SR 0.632.20, Anhang 1A.7

2829

Der Rechtsrahmen für Investitionen, einschliesslich der Vorbehalte nach Artikel 90, sollte spätestens drei Jahre nach dem Inkrafttreten des Abkommens und danach in regelmässigen Abständen einer Prüfung unterzogen werden (Art. 102).

5.6

Wettbewerb

Das Kapitel über Wettbewerb im Hauptabkommen enthält ­ wie andere von der Schweiz abgeschlossene Freihandelsabkommen ­ eine Bestimmung, mit welcher die Parteien anerkennen, dass wettbewerbswidriges Verhalten die sich aus dem Abkommen ergebenden Vorteile mindern oder ganz zunichte machen sowie das Funktionieren der Märkte der Parteien beeinträchtigen kann. Die Parteien verpflichten sich deshalb, im Rahmen der jeweiligen Wettbewerbsgesetzgebung Massnahmen gegen solch wettbewerbswidriges Verhalten zu ergreifen (Art. 103) und, ebenfalls im Rahmen der jeweiligen nationalen Gesetzgebungen, zusammenzuarbeiten (Art. 104). Falls die Zusammenarbeitsmechanismen zu keiner befriedigenden Lösung führen, kann die betroffene Partei die Aufnahme formeller Konsultationen im Gemischten Ausschuss verlangen (Art. 105). Die Bestimmungen des FHWPA über die Streitbeilegung sind jedoch auf das Wettbewerbskapitel nicht anwendbar (Art. 106).

In Konkretisierung von Artikel 104 des Hauptabkommens sind in Kapitel 3 des Umsetzungsabkommens (UA) detaillierte Bestimmungen über die Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden der Parteien vorgesehen (in der Schweiz die Wettbewerbskommission, in Japan die Fair Trade Commission). Insbesondere ist vorgesehen, dass sich die Wettbewerbsbehörden gegenseitig über Rechtsdurchsetzungsmassnahmen notifizieren, welche wesentliche Interessen des jeweils anderen Landes betreffen (Art. 10 UA). Des Weiteren ist (soweit mit den jeweiligen nationalen Gesetzgebungen sowie wichtigen Interessen des jeweiligen Landes vereinbar) vorgesehen, dass sich die Wettbewerbsbehörden in Rechtsdurchsetzungsfragen gegenseitig unterstützen (Art. 11 UA) und zu diesem Zweck Informationen austauschen (Art. 12 UA). Eine Partei ist nicht verpflichtet, Informationen auszutauschen, wenn der Austausch gegen ihre interne Gesetzgebung oder wichtige Interessen verstossen würde (Art. 12 und 18 Abs. 1 UA). Das Abkommen enthält zudem eine Regelung betreffend den Umgang mit vertraulichen Informationen (Art. 18 UA). Es besteht keine Verpflichtung, Informationen, die nach der nationalen Gesetzgebung als Geschäftsgeheimnisse geschützt sind, auszutauschen. Des Weiteren ist die Möglichkeit einer Koordinierung von Rechtsdurchsetzungsaktivitäten der beiden Wettbewerbsbehörden vorgesehen (Art. 13 UA). Auch kann die Behörde eines Landes
der Behörde des anderen Landes beantragen, Rechtsdurchsetzungsmassnahmen gegenüber wettbewerbswidrigen Aktivitäten im anderen Land zu ergreifen, soweit wichtige Interessen der anfragenden Seite betroffen sind (Art. 14 UA). Die übrigen Bestimmungen des Wettbewerbskapitels im Umsetzungsabkommen betreffen die Vermeidung von Konflikten mit wichtigen Interessen der Gegenseite bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts (Art. 15 UA), Transparenzbestimmungen bezüglich der nationalen Gesetzgebungen und weiterer relevanter Publikationen im wettbewerbsrechtlichen Bereich (Art. 16 UA), Konsultationen zwischen den Wettbewerbsbehörden (Art. 17 UA), den Gebrauch von Informationen in Strafverfahren (Art. 19 UA), Durchführungsbestimmungen (Art. 20 sowie Art. 21 Abs. 1 UA) sowie das Verhältnis zu anderen Rechtsnormen, insbesondere internationalen Abkommen (Art. 21 Abs. 2ff. UA).

2830

5.7

Geistiges Eigentum

Das Kapitel über den Schutz des geistigen Eigentums enthält Bestimmungen zum Schutz der Urheberrechte und der verwandten Schutzrechte, von Marken, Designs, Patenten, Neuzüchtungen von Pflanzensorten, geografischen Herkunftsangaben, Testdaten in Marktzulassungsverfahren für pharmazeutische und agrochemische Produkte sowie Bestimmungen betreffend den unlauteren Wettbewerb. Sodann wurden Bestimmungen über die Rechtsdurchsetzung im administrativen (Massnahmen an der Grenze), zivil- und strafrechtlichen Bereich vereinbart.

Die Parteien verpflichten sich, einen effektiven Schutz des geistigen Eigentums gemäss den spezifischen Verpflichtungen des FHWPA und weiterer internationaler Abkommen, denen beide Staaten angehören, zu gewährleisten (Art. 107 Abs. 1).

Dabei gelten die Prinzipien der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung, wie sie auch in den relevanten Bestimmungen des TRIPS-Abkommens der WTO21 festgehalten sind (Art. 108 und 109). Die Parteien verpflichten sich zudem, geeignete Massnahmen zur Effizienzsteigerung der Verwaltungsverfahren im Bereich des geistigen Eigentums zu ergreifen (Art. 110).

In Artikel 107 Absatz 3 bekräftigen die Parteien ihre Verpflichtungen nach den 15 internationalen Abkommen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, in welchen Japan und die Schweiz Mitglied sind. Absatz 4 führt drei weitere multilaterale Abkommen auf, denen die Parteien, soweit dies noch nicht geschehen ist, nach Möglichkeit beitreten sollen.

In Ergänzung zu den genannten multilateralen Verträgen enthält das IPR-Kapitel materielle Schutzbestimmungen insbesondere bezüglich folgender Punkte: teilweise Ausdehnung der nach den Abkommen der WIPO auf akustische Darbietungen beschränkten Rechte auch auf visuelle Darbietungen (Art. 114 Abs. 2) sowie eine Regelung der Rechte von Sendeunternehmen (Art. 114 Abs. 3); eine Schutzdauer von Designs von (insgesamt) mindestens 20 Jahren (Art. 116); Patentschutz für biotechnologische Erfindungen sowie eine die Patentschutzdauer von 20 Jahren ergänzende Schutzfrist von bis zu 5 Jahren für innovative Produkte im Pharma- und Agrochemiebereich, die einem Marktzulassungsverfahren unterliegen (Art. 117); Schutz neuer Pflanzensorten gemäss UPOV-Konvention Fassung 199122 (Art. 118); Schutz geografischer Herkunftsangaben sowohl im Güter- wie im Dienstleistungsbereich,
einschliesslich der Landes- und (für die Schweiz) Kantonsnamen ebenso wie der Landesfahnen, -wappen und sonstiger Hoheitszeichen (Art. 119 Abs. 3).

Sodann nimmt Artikel 119 Absatz 4 Bezug auf Listen geografischer Herkunftsangaben der Schweiz und Japans in Anhang X des FHWPA. Japan führt fünf geografische Herkunftsangaben für regionale Spezialitäten im Bereich Sake und Spirituosen auf, die Schweiz über 40 im Handelskontext mit Japan relevante geografische Herkunftsangaben, darunter geschützte Ursprungsbezeichnungen (GUB/AOC) und geschützte geografische Angaben (GGA/IGP) für Landwirtschaftsprodukte wie Trockenfleisch, Emmentaler oder Gruyère, für Weine und Spirituosen wie Abricotine oder Zuger Kirsch, dann aber auch die wichtige Herkunftsbezeichnung Swiss/Schweiz für Schokolade, Uhren, Textilien, Maschinen, den Pharma- und 21 22

Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum, SR 0.632.20, Anhang 1C.

Das entsprechend revidierte Sortenschutzgesetz (SR 232.16) ist in der Schweiz am 1. September 2008 in Kraft getreten.

2831

Chemiebereich. Die Listen erleichtern den an den geografischen Herkunftsangaben Berechtigten die Durchsetzung ihrer Schutzansprüche vor nationalen Behörden und Gerichten.

Für den Schutz von Testdaten im Kontext der Marktzulassung von innovativen pharmazeutischen Produkten wurde eine Schutzdauer von mindestens sechs Jahren und von mindestens zehn Jahren für agrochemische Produkte vereinbart (Art. 121).

Die Bestimmungen bezüglich der Hilfeleistung/Massnahmen des Zolls zur Bekämpfung der Fälschung und Piraterie (Art. 122 ff.) entsprechen dem Niveau der in der Schweiz am 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Gesetzgebung und gehen damit klar über die multilateralen Mindestverpflichtungen des WTO/TRIPS-Abkommens hinaus. So sollen diese Hilfeleistungen der Zollbehörden nicht nur in Bezug auf Importe, sondern auch auf Güter für den Export oder im Transit zur Anwendung kommen. Zudem sollen diese Massnahmen für alle Immaterialgüterrechtsbereiche zur Verfügung stehen und nicht nur für marken- und urheberrechtsgeschützte Waren. Artikel 123 enthält im Weiteren auch Bestimmungen über die Möglichkeit zur Analyse von Proben und Mustern von am Zoll wegen Verdachts auf Fälschung und Piraterie zurückgehaltenen Waren, sowie zu deren vereinfachten Vernichtung.

In den Schlussbestimmungen des Kapitels (Art. 127 und 128) wird eine verstärkte Zusammenarbeit in Sachen Schutz des geistigen Eigentums auf nationaler und internationaler Ebene sowie ein Unterausschuss für die Umsetzung und Überprüfung der Bestimmungen des Abkommens im Bereich des geistigen Eigentums vorgesehen.

5.8

Öffentliches Beschaffungswesen

Japan und die Schweiz sind Mitglieder des plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen23 (GPA). In den Verhandlungen mit Japan wurde geprüft, ob im Rahmen des FHWPA eine Ausweitung des materiellen Deckungsbereichs gegenüber dem GPA möglich ist. Die Schweiz bot Japan weitgehend den Deckungsbereich des bilateralen Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweiz und der Europäischen Gemeinschaft über gewisse Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens24 an. Nachdem aber klar wurde, dass es Japan nicht möglich ist, der Schweiz einen Marktzugang anzubieten, der substanziell über das WTO/GPA-Niveau hinausgeht, einigten sich die Parteien darauf, die Bestimmungen über das öffentliche Beschaffungswesen im FHWPA auf eine Bestätigung der Rechte und Pflichten der Parteien unter dem GPA (Art. 130), die Benennung von Auskunftsstellen (Art. 131) sowie auf eine Verhandlungsklausel (Art. 132) zu beschränken. Mit letzterer wird festgehalten, dass im Falle, dass eine Partei einem Drittstaat einen über das GPA hinausgehenden Marktzugang vertraglich zugesteht, die andere Vertragspartei die Aufnahme von Verhandlungen über die Gewährung dieser Konzessionen auf reziproker Basis verlangen kann.

23 24

SR 0.632.231.422 SR 0.172.052.68

2832

5.9

Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen

Mit dem Kapitel über die Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen wird erstmals in einem von der Schweiz abgeschlossenen FHA eine Plattform für die Behandlung spezifischer Anliegen der Wirtschaft geschaffen. Artikel 134 des Hauptabkommens sieht vor, dass die Parteien im Bedarfsfall Konsultationen im Rahmen eines speziell zu diesem Zweck eingesetzten Unterausschusses abhalten, zu dessen Sitzungen Wirtschaftsvertreter beider Seiten beigezogen werden können. Zu den Hauptaufgaben des Unterausschusses gehört es insbesondere, Möglichkeiten zum Abbau von Handels- und Investitionsschranken sowie mögliche Formen der Zusammenarbeit zur Förderung von Handel und Investitionen zu diskutieren. Zu diesem Zweck kann der Unterausschuss dem Gemischten Ausschuss Empfehlungen für konkrete Massnahmen zukommen lassen. Um die Identifizierung von Themen für die Behandlung im Unterausschuss zu erleichtern, ist die Benennung von Kontaktpunkten vorgesehen, welche insbesondere als Anlaufstellen für Anliegen der Wirtschaft dienen sollen (Art. 135 i.V.m. Art. 22 des Umsetzungsabkommens).

5.10

Weitere Bestimmungen

5.10.1

Streitbeilegung

Kapitel 14 des FHWPA sieht ein detailliertes Streitbeilegungsverfahren vor, das ausgelöst werden kann, wenn eine Vertragspartei der Meinung ist, eine andere Partei verletze die Verpflichtungen des Abkommens oder beeinträchtige Vorteile, die aus der korrekten Umsetzung der Abkommensbestimmungen erwachsen würden.

Ein Streitfall, der sowohl Bestimmungen des FHWPA wie auch WTO-Bestimmungen betrifft, kann nach Wahl der klagenden Seite entweder dem Streitschlichtungsverfahren des FHWPA oder demjenigen der WTO unterstellt werden (Art. 138 Abs. 3). Ein späterer Wechsel des Verfahrens ist jedoch ausgeschlossen.

Bei Vorliegen eines Streitfalls müssen die Parteien zuerst versuchen, diesen mittels Konsultationen gütlich beizulegen (Art. 139). Alternativ oder ergänzend zum Streitbeilegungsverfahren können die Streitparteien auch auf Gute Dienste, Schlichtungsoder Mediationsmechanismen zurückgreifen (Art. 140). Falls eine gütliche Beilegung nicht binnen 60 Tagen gelingt oder die beklagte Partei Konsultationen verweigert, kann die streitführende Partei die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen (Art. 141). Dieses setzt sich aus drei Mitgliedern zusammen, wobei die klagende und die beklagte Seite je ein Mitglied ernennt. Das Mitglied, das den Vorsitz führt, wird von beiden Seiten zusammen ernannt. Können sich die Parteien nicht einigen, so wird der bzw. die Vorsitzende vom Generalsekretär des Ständigen Schiedshofs in Den Haag ernannt.

Das Schiedsgericht muss den Streitparteien grundsätzlich innert 90 Tagen einen Entscheidentwurf vorlegen; der definitive Schiedsentscheid ist nach weiteren 30 Tagen zu fällen (Art. 143). Dieser ist abschliessend und für beide Parteien rechtsverbindlich (Art. 142 Abs. 2). Falls die unterlegene Partei den Schiedsentscheid nicht umsetzt, kann die klagende Partei unter bestimmten Bedingungen kompensatorische Massnahmen aushandeln oder der anderen Partei gleichwertige Vorteile unter dem Abkommen entziehen (Art. 145). Ein solcher Entzug von Vorteilen kann von der betroffenen Partei wiederum einem Schiedsgericht unterbreitet werden.

2833

5.10.2

Institutionelle Bestimmungen

Um die Verwaltung sowie die ordnungsgemässe Anwendung des Abkommens sicherzustellen, wird ein Gemischter Ausschuss (GA) eingesetzt. Dieser setzt sich grundsätzlich aus Vertretern beider Parteien zusammen und wird von Chefbeamten der Schweiz und Japans gemeinsam präsidiert (Art. 148 Abs. 1). Der GA legt seine Verfahrensregeln selbst fest (Art. 148 Abs. 4); er fällt seine Beschlüsse nach dem Konsensprinzip. Der GA trifft sich normalerweise alle zwei Jahre, er kann bei Bedarf aber auch zu ausserordentlichen Sitzungen einberufen werden und zu diesem Anlass gegebenenfalls auch auf höherer (politischer) oder tieferer Stufe tagen (Art. 148 Abs. 5).

Der GA hat die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien zu überwachen sowie die Erweiterung und Vertiefung des Abkommens zu prüfen und gegebenenfalls entsprechende Empfehlungen an die Vertragsparteien abzugeben. Weiter soll der GA versuchen, allfällige Streitfälle bezüglich der Interpretation bzw. Anwendung des Abkommens beizulegen (vgl. Ziff. 5.10.1). Der GA beschliesst die im Artikel 24 sowie in Anhang II vorgesehenen Verfahrensbestimmungen (Operational Procedures) im Warenverkehrsbereich. Im Übrigen kann er weitere für das Funktionieren des Abkommens notwendige Beschlüsse fassen sowie zusätzliche Aufgaben übernehmen, die ihm durch das Abkommen bzw. durch die Parteien zugewiesen werden (Art. 148 Abs. 2). Anders als die Gemischten Ausschüsse anderer FHA, welche die Schweiz im Rahmen der EFTA abgeschlossen hat, hat der GA unter dem FHWPA mit Japan keine Kompetenz zur selbstständigen Abänderung bestimmter Abkommensteile bzw. Anhänge (vgl. Ziff. 5.10.3).

Zur Unterstützung seiner Arbeit kann der GA weitere Unterausschüsse und Arbeitsgruppen einsetzen (Art. 148 Abs. 3). Hinzu kommen bereits fest im Abkommen vorgesehene Unterausschüsse für Zoll- und Ursprungsfragen, technische Handelshemmnisse, geistiges Eigentum sowie der Unterausschuss zur Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen.

Zudem wird jede Partei einen Kontaktpunkt bezeichnen, der die Kommunikation zwischen den Parteien über Fragen im Zusammenhang mit dem Abkommen vereinfachen soll (Art. 149).

5.10.3

Präambel, Eingangs- und Schlussbestimmungen

Die Präambel und der Zielsetzungsartikel (Art. 1) des Hauptabkommens legen den Rahmen und die generellen Ziele des FHWPA fest. Mittels der Präambel bestätigen beide Parteien unter anderem ihr Bekenntnis zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit sowie zu den Menschen- und Grundrechten, wie sie insbesondere in der Charta der Vereinten Nationen und in der Universellen Erklärung der Menschenrechte festgehalten sind. Ferner unterstreichen die Parteien die Wichtigkeit der Sicherheit im internationalen Handel ohne den Aufbau von unnötigen Handelsschranken und bekräftigen, ihre Zusammenarbeit in diesem Bereich weiter vertiefen zu wollen. Des Weiteren bekräftigen die Parteien ihre Entschlossenheit, bei der Umsetzung des Abkommens den Umweltschutz und die Schonung der natürlichen Ressourcen zu beachten. Als Hauptziele des Abkommens werden insbesondere die Liberalisierung und Erleichterung des Güter- und Dienstleistungshandels, der Schutz des geistigen 2834

Eigentums, die Förderung von Investitionsmöglichkeiten und des Investitionsschutzes sowie die Zusammenarbeit und die Koordination bei der Durchsetzung der Wettbewerbsgesetzgebung genannt.

Das Abkommen gilt, soweit es nichts Anderweitiges vorsieht, im Hoheitsgebiet der Vertragsparteien (Art. 2). Die Parteien bestätigen die Rechte und Pflichten, die ihnen aus der WTO-Mitgliedschaft und anderen internationalen Abkommen erwachsen (Art. 7). Im Falle eines Konflikts zwischen dem FHWPA und anderen völkerrechtlichen Vereinbarungen haben die Parteien unverzüglich Konsultationen aufzunehmen, um eine gegenseitig befriedigende Lösung zu finden. Dabei haben sie die allgemeinen Prinzipien des Völkerrechts zu berücksichtigen.

Artikel 4 regelt die Informationspflichten der Parteien. Einerseits müssen diese ihre für das FHWPA relevanten Gesetze, Verordnungen, Verwaltungsverfahren, Gerichtsurteile und allgemein anwendbaren Verwaltungsentscheide veröffentlichen oder sonstwie zugänglich machen. Die Parteien verpflichten sich, innert nützlicher Frist Anfragen der Gegenseite hierzu zu beantworten. Sodann sollen sie sich bemühen, Kontaktadressen für Auskünfte auszutauschen und die Gegenseite über Änderungen von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsverfahren zu informieren, soweit diese die Anwendung des Abkommens betreffen.

Artikel 6 Absatz 1 rekapituliert die Bestimmungen des Abkommens, die für steuerliche Massnahmen relevant sind. Artikel 6 Absatz 2 bestimmt, dass, unbeschadet der Bestimmungen der Kapitel 6 (Dienstleistungen), 9 (Investitionen) sowie 11 (Schutz des geistigen Eigentums), die Bestimmungen von Doppelbesteuerungsabkommen im Konfliktfall denjenigen des FHWPA vorgehen.

Erstmals in einem von der Schweiz abgeschlossenen FHA ist ein eigener Artikel über die Förderung des Handels mit umweltfreundlichen Gütern und Dienstleistungen vorgesehen (Art. 9). Die Parteien verpflichten sich, den Handel und die Verbreitung von Gütern und Dienstleistungen, die den Zugang zu umwelt- und entwicklungsrelevanten Technologien befördern, zu unterstützen. Die Umsetzung dieser Bestimmung soll im Gemischten Ausschuss regelmässig überprüft werden.

Das FHWPA, einschliesslich seiner Anhänge und des Umsetzungsabkommens, kann durch Vereinbarung zwischen den Parteien abgeändert werden (Art. 152). Für Japan gilt ­ mit Ausnahme des
Umsetzungsabkommens ­ der Grundsatz, dass das Parlament einer Abkommensänderung zustimmen muss. Ein vereinfachtes Verfahren ist aber für die Änderung von Teilen des Anhangs I, der Anlagen 1­3 von Anhang II, der Anlage 2 von Anhang III sowie von Anhang X des Abkommens vorgesehen, wo die japanische Regierung das Recht hat, eine Änderung durch einen einfachen diplomatischen Notenaustausch vorzunehmen.

Im internen Verfahren der Schweiz wird die Frage der Kompetenz zur Genehmigung von Änderungen auf der Basis des Inhalts der betroffenen Änderungen beurteilt. Die dem vereinfachten Verfahren unterstellten Änderungen fallen in der Schweiz üblicherweise in die Genehmigungskompetenz des Bundesrates (s. Art. 7a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes25). Über solche Änderungen informiert der Bundesrat die Bundesversammlung im Rahmen der jährlichen Berichterstattung über von ihm abgeschlossene völkerrechtliche Verträge. Die Anhänge und Protokolle der von der Schweiz abgeschlossenen Freihandelsabkommen werden regelmässig aktualisiert, insbesondere um Entwicklungen im interna25

SR 172.010

2835

tionalen Handelssystem (z.B. WTO, Weltzollrat oder im Rahmen anderer Freihandelsabkommen von EFTA-Staaten oder ihrer Partner) Rechnung zu tragen.

6

Inkrafttreten

Das FHWPA tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Austausch diplomatischer Noten, die bestätigen, dass die notwendigen innerstaatlichen Verfahren abgeschlossen sind, in Kraft (Art. 153). Eine provisorische Anwendung ist nicht vorgesehen. Das Umsetzungsabkommen tritt automatisch am selben Datum wie das FHWPA in Kraft (Art. 25 UA).

7

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

Die finanziellen Auswirkungen bestehen aus dem zu erwartenden Ausfall von Zöllen auf Einfuhren aus Japan. 2007 betrug der Zollertrag aus den Einfuhren aus Japan rund 15,6 Millionen Franken (davon 0,46 Mio. auf Landwirtschaftsprodukten).

Davon ausgehend, dass für ca. 80 % der Einfuhren von japanischen Industriegütern künftig die präferenzielle Behandlung unter dem FHWPA in Anspruch genommen werden dürfte und ca. 20 % der Agrarerzeugnisse aus Japan künftig zu Präferenzzöllen eingeführt werden können, werden sich die jährlichen Zolleinnahmen der Schweiz voraussichtlich um rund 12 Millionen Franken verringern. Die finanziellen Auswirkungen halten sich somit in Grenzen und sind in Beziehung zu den positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen für den Standort Schweiz zu setzen, insbesondere zu den weit höheren zu erwartenden Zolleinsparungen für Schweizer Exporte nach Japan (vgl. Ziff. 5.1.1).

Personelle Auswirkungen beim Bund ergeben sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiterzuentwickelnder FHA. Diese Auswirkungen sind innerhalb der Bundesverwaltung auszugleichen. Für die Kantone und die Gemeinden hat das Abkommen mit Japan keine finanziellen und personellen Auswirkungen.

8

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Das FHWPA verbessert auf breiter Basis den Marktzugang bzw. die Rechtssicherheit für die schweizerischen Exporte sowohl von Waren als auch von Dienstleistungen und garantiert Schutz für Niederlassung und Nutzung von Investitionen sowie für Rechte an Geistigem Eigentum. Ausserdem stärkt das Abkommen generell die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaftsbeziehungen mit Japan.

Dank dem Zollabbau sowie der Garantie des diskriminierungsfreien Marktzugangs für Investitionen sowie zahlreiche Dienstleistungen wirkt sich das FHWPA mit Japan auf Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz und in Japan positiv aus. Insbesondere wird der Wegfall japanischer Einfuhrzölle die schweizerischen Exporte nach Japan begünstigen (vgl. Ziff. 5.1.1). Auch die Konsumentinnen und Konsumenten sowie die Unternehmen in der Schweiz werden bei

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der Einfuhr von Waren aus Japan durch den Wegfall oder die Reduktion der schweizerischen Zölle entlastet.

Da die Zugeständnisse der Schweiz im Agrarsektor entweder schon anderen Freihandelspartnern oder Entwicklungsländern im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems zugestanden worden sind und im Rahmen der WTO-Zollkontingente (soweit vorhanden) gewährt werden, sind keine nennenswerten Auswirkungen auf die schweizerische Landwirtschaft zu erwarten.

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Legislaturplanung

Der Abschluss des FHWPA mit Japan fällt unter die Massnahme «Ausbau des Netzes von Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU», die in der Botschaft vom 23. Januar 200826 über die Legislaturplanung 2007­2011 und im Bundesbeschluss vom 18. September 200827 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt ist.

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Bezug zur WTO und Verhältnis zum europäischen Recht

Die Schweiz und Japan gehören der Welthandelsorganisation (WTO) an. Beide Vertragsparteien sind der Auffassung, dass das vorliegende Abkommen im Einklang mit den aus der WTO-Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen steht. Freihandelsabkommen unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

Der Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten steht weder mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union noch mit den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch. Es werden namentlich keine Rechte und Pflichten im Verhältnis zur Europäischen Union berührt.

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Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein ist nicht Vertragspartei des FHWPA. Hingegen wird das Hoheitsgebiet Liechtensteins aufgrund des Vertrags vom 29. März 192328 zwischen der Schweiz und Liechtenstein über den Anschluss des Fürstentums Liechtenstein an das schweizerische Zollgebiet von den Bestimmungen des FHWPA über den Warenhandel mit erfasst (Art. 3 Bst. b i.V.m. Art. 12 des Hauptabkommens).

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BBl 2008 753 784 BBl 2008 8543 SR 0.631.112.514

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Veröffentlichung der Abkommensanhänge

Die Anhänge zum FHWPA umfassen insgesamt mehrere hundert Seiten. Es handelt sich zur Hauptsache um Bestimmungen technischer Natur. Nach den Artikeln 5 und 13 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200429 sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 17. November 200430 kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Vertrieb Publikationen, 3003 Bern31 bezogen werden und sind auf der Internetseite des SECO32 verfügbar. Eine Übersetzung der Schweizer Konzessionsliste im Warenbereich (Anlage 2 zu Anhang I des FHWPA) wird in der Amtlichen Sammlung publiziert. Übersetzungen des Anhangs II des FHWPA über die Ursprungsregeln und Zollverfahren werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung elektronisch publiziert33.

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Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung34 (BV) sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung für die Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen sowie solche, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das FHWPA kann unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist von einem Jahr jederzeit gekündigt werden (Art. 154). Das Umsetzungsabkommen tritt in diesem Fall gleichzeitig mit dem FHWPA automatisch ausser Kraft (Art. 25 des Umsetzungsabkommens). Es liegt kein Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

Für die Umsetzung des Abkommens sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Die Umsetzung des Abkommens wird einzig die Anpassung der Verordnung vom 27. Juni 199535 über die Zollansätze für Waren im Verkehr mit Staaten, mit denen Freihandelsabkommen bestehen (ausgenommen EG und EFTA) erfordern. Es ist vorgesehen, diese Verordnung auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens zu ändern.

Das Abkommen enthält rechtsetzende Bestimmungen (Zollkonzessionen, Gleichbehandlungsgebote). Zur Frage, ob es sich dabei um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV handelt (vgl.

auch Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes36), ist einerseits festzuhalten, dass die Abkommensbestimmungen im Rahmen der Verordnungskompetenzen, die das 29 30 31 32 33 34 35 36

SR 170.512 SR 170.512.1 http://www.bundespublikationen.admin.ch/ http://www.seco.admin.ch/ http://www.ezv.admin.ch/ SR 101 SR 632.319 SR 171.10

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Zolltarifgesetz37 dem Bundesrat in Bezug auf Zollkonzessionen einräumt, umgesetzt werden können. Andererseits sind sie nicht als grundlegend einzustufen. Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die nationale Gesetzgebung. Obwohl das Abkommen von grosser wirtschaftlicher Bedeutung ist, bewegen sich die Verpflichtungen des Abkommens im Rahmen anderer von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen. Inhaltlich sind sie vergleichbar ausgestaltet wie andere von der Schweiz abgeschlossene Freihandelsabkommen.

Die bilaterale Form des Abkommens ändert im Vergleich zu den Abkommen, welche die Schweiz im Rahmen der EFTA abgeschlossen hat, wenig, enthalten doch auch diese Abkommen im Wesentlichen bilaterale Verpflichtungen der Schweiz gegenüber den jeweiligen Vertragsparteien. Die in einzelnen Bereichen festzustellenden Unterschiede (einschliesslich der Aufnahme von Kapiteln über die Grenzüberschreitung natürlicher Personen, über den elektronischen Handel und über die Förderung engerer Wirtschaftsbeziehungen sowie detaillierter Bestimmungen betreffend die Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden beider Staaten) betreffen nicht den Kernbereich des Abkommens und haben im Vergleich zum Inhalt von früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz zur Folge.

Anlässlich der Beratung der Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 22. April 2004 sowie der Beratungen der Botschaften zu den Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Chile, der Republik Tunesien, der Republik Korea, den Mitgliedstaaten der Südafrikanischen Zollunion (SACU) sowie Ägypten haben beide Räte die Haltung des Bundesrates unterstützt, wonach internationale Abkommen, die diesen Kriterien entsprechen, nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen.

Beim vorliegenden Abkommen handelt es sich um ein politisch nicht bestrittenes Abkommen ohne wesentlichen neuen Inhalt. Bei dieser Kategorie wird aufgrund von Artikel 2 des Vernehmlassungsgesetzes38 auf eine Vernehmlassung verzichtet: Der Inhalt des FHWPA stimmt im Wesentlichen mit jenem vergleichbarer Abkommen, insbesondere der im Rahmen der EFTA abgeschlossenen FHA mit Mexiko, Singapur, Chile und der Republik Korea,
überein und die politische Akzeptanz wurde im Rahmen der Konsultation des Verhandlungsmandates bei den zuständigen parlamentarischen Kommissionen39 und der Konferenz der Kantonsregierungen sowie im Rahmen der Information interessierter Kreise, insbesondere von Wirtschaftsverbänden und Nichtregierungsorganisationen, geklärt.

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SR 632.10 SR 172.061 Folgende Parlamentskommissionen wurden konsultiert: Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (29. März 2007); Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (3. April 2007); Aussenpolitische Kommission des Ständerates (19. April 2007).

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