Ablauf der Referendumsfrist: 9. Juli 2009

Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 20. März 2009

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 54 Absatz 1 und 166 Absatz 2 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 8. Dezember 20062, beschliesst: Art. 1 1 Das Fakultativprotokoll vom 18. Dezember 20023 zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe wird genehmigt.

2

Der Bundesrat wird ermächtigt, das Fakultativprotokoll zu ratifizieren.

Art. 2 Das nachstehende Bundesgesetz wird angenommen:

Bundesgesetz über die Kommission zur Verhütung von Folter vom 20. März 2009

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung4, in Ausführung des Fakultativprotokolls vom 18. Dezember 20025 zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche

1 2 3 4 5

SR 101 BBl 2007 265 SR ...; BBl 2007 287 SR 101 SR ...; BBl 2007 287

2006-0830

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Genehmigung und Umsetzung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. BB

oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 8. Dezember 20066, beschliesst: Art. 1 1

Gegenstand

Der Bund setzt eine Kommission zur Verhütung von Folter (Kommission) ein.

Die Kommission achtet darauf, dass die Schweiz die Verpflichtungen einhält, die ihr aus dem Übereinkommen vom 10. Dezember 19847 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe entstehen.

2

Art. 2

Aufgaben

Die Kommission hat folgende Aufgaben: a.

Sie überprüft regelmässig die Situation von Personen, denen die Freiheit entzogen ist, und besucht regelmässig alle Orte, an denen sich diese Personen befinden oder befinden könnten.

b.

Sie gibt Empfehlungen an die zuständigen Behörden ab mit dem Ziel: 1. die Behandlung und die Situation der Personen, denen die Freiheit entzogen ist, zu verbessern, 2. Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe zu verhüten.

c.

Sie unterbreitet Vorschläge und Bemerkungen zu geltenden Erlassen oder zu Erlassentwürfen.

d.

Sie verfasst jährlich einen Bericht über ihre Tätigkeit; dieser ist der Öffentlichkeit zugänglich.

e.

Sie unterhält Kontakte mit dem Unterausschuss für Prävention und dem Europäischen Ausschuss zur Verhütung von Folter, übermittelt den beiden Gremien Informationen und stimmt ihre Tätigkeiten mit ihnen ab.

Art. 3

Freiheitsentzug

Als Freiheitsentzug im Sinne dieses Gesetzes gilt jede Form des Festhaltens oder der Inhaftierung einer Person oder deren Unterbringung in einer öffentlichen oder privaten Einrichtung, die sie nicht nach Belieben verlassen darf, sofern dies auf Anordnung oder Veranlassung einer Behörde oder im Einverständnis mit einer Behörde geschieht.

6 7

BBl 2007 265 SR 0.105

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Genehmigung und Umsetzung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. BB

Art. 4

Status

1

Die Kommission erfüllt ihre Aufgaben unabhängig.

2

Die Mitglieder der Kommission üben ihr Amt persönlich aus.

Art. 5 1

Zusammensetzung

Der Kommission gehören zwölf Mitglieder an.

Sie setzt sich aus Fachleuten zusammen, die über die erforderlichen beruflichen und persönlichen Kompetenzen und Kenntnisse, insbesondere im medizinischen, psychiatrischen, juristischen oder interkulturellen Bereich oder im Bereich des Freiheitsentzugs und des Besuchs von Orten des Freiheitsentzugs verfügen.

2

Die beiden Geschlechter und die Sprachregionen müssen angemessen vertreten sein.

3

Art. 6

Vorschlagsrecht, Ernennung und Amtszeit

Der Bundesrat ernennt die Kommissionsmitglieder auf Antrag des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements und des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten.

1

Nichtregierungsorganisationen können dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement und dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten Kandidatinnen und Kandidaten vorschlagen.

2

Die Kommissionsmitglieder werden für vier Jahre ernannt. Sie können höchstens zweimal wiedergewählt werden.

3

Art. 7

Konstituierung und Arbeitsweise

1

Die Kommission konstituiert sich selbst.

2

Sie regelt ihre Organisation und ihre Arbeitsmethoden in einer Geschäftsordnung.

Im Rahmen ihres Budgets kann sie Fachleute sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher beiziehen.

3

4

Sie kann über ein ständiges Sekretariat verfügen.

Art. 8

Befugnisse

Die Kommission hat Zugang zu denjenigen Informationen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt, namentlich zu Informationen über:

1

a.

Zahl, Identität und Aufenthaltsort der Personen, denen die Freiheit entzogen ist;

b.

Zahl und Lage der Orte des Freiheitsentzugs;

c.

die Behandlung der Personen, denen die Freiheit entzogen ist, und die Bedingungen des Freiheitsentzugs.

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Genehmigung und Umsetzung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. BB

Sie hat Zugang zu allen Orten des Freiheitsentzugs und deren Anlagen und Einrichtungen. Sie kann diese Orte unangemeldet aufsuchen.

2

Sie kann mit Personen, denen die Freiheit entzogen ist, und mit jeder anderen Person, die sachdienliche Auskünfte erteilen könnte, ohne Zeuginnen und Zeugen direkt oder über eine Dolmetscherin oder einen Dolmetscher sprechen.

3

Art. 9

Obliegenheiten von Behörden

Der Bundesrat sorgt für die Veröffentlichung und Verbreitung des jährlichen Tätigkeitsberichts der Kommission.

1

Die zuständigen Behörden prüfen die Empfehlungen, die die Kommission an sie richtet, und nehmen zur möglichen Umsetzung Stellung.

2

Art. 10

Datenschutz

Die Kommission darf besonders schützenswerte und andere Personendaten nach dem Bundesgesetz vom 19. Juni 19928 über den Datenschutz bearbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist und diese Daten die Situation von Personen betreffen, denen die Freiheit entzogen ist.

1

Personendaten dürfen nur bekannt gegeben werden, wenn die betroffene Person ausdrücklich eingewilligt hat.

2

Art. 11

Amts- und Berufsgeheimnis

Die Kommissionsmitglieder und die von ihr beigezogenen Personen unterstehen dem Amtsgeheimnis nach Artikel 320 des Strafgesetzbuches9.

1

Die Kommission kann ihre Mitglieder und die von ihr beigezogenen Personen vom Amtsgeheimnis oder gegebenenfalls vom Berufsgeheimnis nach Artikel 321 des Strafgesetzbuches entbinden für Geheimnisse, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertraut worden sind oder die sie in diesem Rahmen wahrgenommen haben. In dringenden Fällen entscheidet die Präsidentin oder der Präsident der Kommission.

2

Art. 12

Finanzierung

Der Bund kommt für die Mittel auf, welche die Kommission für ihre Arbeit benötigt.

1

2

Die Kommissionsmitglieder haben Anspruch auf den Ersatz ihrer Auslagen.

3

Der Bundesrat regelt den Anspruch auf Entschädigung.

8 9

SR 235.1 SR 311.0

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Genehmigung und Umsetzung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. BB

Art. 13

Übergangsbestimmung

Die erste Präsidentin oder der erste Präsident der Kommission wird vom Bundesrat bestimmt.

Art. 3 Dieser Beschluss untersteht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum für Verträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert, nach den Artikeln 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 und 141a Absatz 2 der Bundesverfassung.

1

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten des in Artikel 2 aufgeführten Bundesgesetzes.

2

Ständerat, 20. März 2009

Nationalrat, 20. März 2009

Der Präsident: Alain Berset Der Sekretär: Philippe Schwab

Die Präsidentin: Chiara Simoneschi-Cortesi Der Sekretär: Pierre-Hervé Freléchoz

Datum der Veröffentlichung: 31. März 200910 Ablauf der Referendumsfrist: 9. Juli 2009

10

BBl 2009 2109

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