zu 07.417 Parlamentarische Initiative Grenzkontrollen und Tiertransporte Bericht vom 7. Mai 2009 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 2. September 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 7. Mai 2009 der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

2. September 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-1763

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Mit Schreiben vom 7. Juli 2009 unterbreitet die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) dem Bundesrat den Bericht der Kommission zur Parlamentarischen Initiative Grenzkontrollen und Tiertransporte (07.417) zur Stellungnahme.

Die Parlamentarische Initiative wurde am 23. März 2007 von Nationalrätin Barbara Marty Kälin eingereicht. Sie fordert ein Verbot des Transports von lebenden Schlachttieren durch die Schweiz sowie verstärkte Grenzkontrollen bei Tiertransporten.

Die WBK-N gab der Initiative am 2. November 2007 einstimmig Folge. Am 21. Januar 2008 entschied die ständerätliche Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-S) jedoch mit 6 zu 4 Stimmen, dem Beschluss ihrer Schwesterkommission nicht zuzustimmen. Einerseits zog die WBK-S in Zweifel, ob der Weg der parlamentarischen Initiative für das Anliegen zweckmässig sei. Andererseits hielt sie den Zeitpunkt der Umsetzung der Initiative für ungünstig, da sie befürchtete, dass eine Gesetzesänderung die damals laufenden Verhandlungen mit der EU belasten könnte.

Am 26. Juni 2008 befand die WBK-N erneut über die Initiative und beantragte ihrem Rat, dieser Folge zu geben. Diesem Beschluss stimmte der Nationalrat am 3. Oktober 2008 diskussionslos zu. Am 13. Oktober 2008 folgte die ständerätliche Kommission mit 8 zu 3 Stimmen dem Entscheid des Nationalrates.

Als erstberatende Kommission beschloss die WBK-N am 19. Februar 2009 das Anliegen der parlamentarischen Initiative auf Gesetzesstufe zu verankern. Gestützt auf Artikel 112 Absatz 1 ParlG erarbeitete sie mit technischer Unterstützung des Bundesamtes für Veterinärwesen eine Gesetzesvorlage.

Schliesslich wurden auch mehrere gleichlautende Standesinitiativen eingereicht, die den Bundesrat ersuchten, den Transport lebender Schlachttiere durch die Schweiz zu verbieten (vgl. Bericht der WBK-N Ziff. 1.2).

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Stellungnahme des Bundesrates

Mit dem provisorischen Inkrafttreten des Abkommens vom 23. Dezember 20081 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Änderung des Anhangs 11 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen am 1. Januar 2009 wurden die Grenzkontrollen veterinärtechnischer Art abgeschafft. Tierische Lebensmittel, Tiere und tierische Nebenprodukte werden infolge der Angleichung der Gesetzgebung im Tierseuchenund Lebensmittelrecht beim Verkehr zwischen der Schweiz und der EU keinen Grenzkontrollen veterinärtechnischer Art mehr unterzogen. Der Bundesrat begrüsst es, dass eine Wiedereinführung der Grenzkontrollen nicht zur Diskussion steht.

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ABl. L 352 vom 31.12.2008, S. 24

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Dem vorliegenden Entwurf für eine Änderung des Tierschutzgesetzes (SR 455) kann der Bundesrat zustimmen. Er bestätigt damit die Haltung, die bereits in Artikel 175 der Tierschutzverordnung (SR 455.1) zum Ausdruck kommt und nach harten und schwierigen Verhandlungen im Rahmen des Gemischten Veterinärausschusses (GVA) am 23. Dezember 2008 Niederschlag in Anhang 11 des bilateralen Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und der EU gefunden hat: Ein Vermerk im Abkommen erlaubt es der Schweiz, vorderhand am Strassentransitverbot nach Artikel 175 TSchV festzuhalten2, wobei jedoch explizit festgehalten ist, dass die Frage durch den GVA erneut geprüft werden wird. Wie im Bericht der WBK-N erwähnt, wird das Strassentransitverbot auch im Rahmen der Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EU im Agrar-, Lebensmittel- und Gesundheitsbereich zur Diskussion stehen. Eine Weiterführung der bestehenden Sonderregelung wird von der Schweiz angestrebt, diese gegenüber der EU durchzusetzen dürfte aber ausgesprochen schwierig sein. Durch die Festschreibung des Verbots auf Gesetzesstufe werden diese Verhandlungen zusätzlich belastet.

Auch innerhalb der EU finden laufend Diskussionen über eine Verschärfung der Transportbestimmungen statt und eine Revision der entsprechenden Verordnung ist vorgesehen.

Die heutige Regelung entspricht Absatz 1 des vorliegenden Entwurfs für eine Änderung des Tierschutzgesetzes und hat faktisch ein Strassentransitverbot für Schweine, Rinder, Schafe und Ziegen zur Folge. Damit soll aus Tierschutzgründen vermieden werden, dass die Tiere zu lange Zeit in engen Transportfahrzeugen zubringen müssen.

Im Entwurf ist, abweichend von der Regelung auf Verordnungsebene, eine Ausnahme vorgesehen für Tiere, die an Ausstellungen verbracht werden. Da davon ausgegangen werden kann, dass diese Tiere schonend transportiert werden, erscheint dem Bundesrat diese Ausnahme sinnvoll. Auch Tiere, die zur Zucht bestimmt sind, werden vermutungsweise behutsam transportiert. Der Bundesrat schlägt deshalb eine Änderung des Absatzes 2 in dem Sinne vor, dass auch für Zuchttiere Ausnahmen gemacht werden können.

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Antrag

Der Bundesrat stellt folgenden Antrag: Das Tierschutzgesetz (Entwurf der WBK-N) sei wie folgt zu ändern: Art. 15a Abs. 2 Für Tiere, die zur Zucht bestimmt sind oder an Ausstellungen verbracht werden, kann der Bundesrat die Durchfuhr auf der Strasse erlauben, sofern dadurch die Transportdauer verkürzt wird.

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Anlage 5 Kap. V Bst. B Ziff. 2e des gemäss Beschluss 1/2008 des GVA geänderten Anhang 11 (ABl. L 6 vom 10.1.2009, S. 89)

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