09.030 Botschaft über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Kolumbien sowie des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Kolumbien vom 6. März 2009

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung den Entwurf für einen Bundesbeschluss über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Kolumbien sowie des bilateralen Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Kolumbien.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

6. März 2009

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Hans-Rudolf Merz Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-0085

2353

Übersicht Die EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz) haben am 25. November 2008 in Genf ein umfassendes Freihandelsabkommen mit der Republik Kolumbien unterzeichnet. Das Abkommen umfasst den Handel mit Industrieprodukten (einschliesslich Fisch und andere Meeresprodukte) und mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten, den Handel mit Dienstleistungen, die Investitionen, den Schutz des geistigen Eigentums, das öffentliche Beschaffungswesen, den Wettbewerb sowie die technische Zusammenarbeit. Um den Besonderheiten der Landwirtschaftsmärkte und -politiken der einzelnen EFTA-Staaten Rechnung zu tragen, wird der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten in bilateralen Zusatzabkommen der EFTA-Staaten mit Kolumbien geregelt.

Das Freihandelsabkommen mit Kolumbien verbessert auf breiter Basis den Marktzugang und die Rechtssicherheit für die schweizerischen Waren- und Dienstleistungsexporte. Den Parteien werden zudem bei Investitionen Öffnungen und Rechtsgarantien eingeräumt (niederlassungsrechtliche Garantien für Unternehmen). In Bezug auf den Schutz von Rechten an geistigem Eigentum bestätigt oder verstärkt das Abkommen für gewisse Bereiche das Schutzniveau der bestehenden WTOVerpflichtungen. Die Vertragsparteien sind ausserdem Verpflichtungen zur Biodiversität eingegangen. In Bezug auf das öffentliche Beschaffungswesen haben sich die EFTA-Staaten und Kolumbien auf ein Verpflichtungsniveau geeinigt, das demjenigen des plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen nahekommt (Kolumbien ist im Gegensatz zur Schweiz und zu den übrigen EFTA-Staaten nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens). Damit Kolumbien vollumfänglich von den neuen Möglichkeiten des Freihandelsabkommens profitieren kann, sieht dieses Begleitmassnahmen und technische Unterstützung vor.

Kolumbien ist gegenwärtig bemüht, sein Netzwerk von Präferenzabkommen auszudehnen. Das vorliegende Abkommen ermöglicht den EFTA-Staaten, ihre Wirtschafts- und Handelsbeziehungen mit Kolumbien zu verstärken und besonders allfällige Diskriminierungen aus präferenziellen Abkommen zu beseitigen, die Kolumbien mit einigen unserer Hauptkonkurrenten, unter anderem mit den USA, Kanada und der EU, abgeschlossen hat oder aushandelt.

Kolumbien ist nach Brasilien und Mexiko unser drittgrösster Handelspartner
in Lateinamerika. Die kolumbianische Wirtschaft verfügt über ein erhebliches Wachstumspotenzial, das die Schweizer Wirtschaftsakteure dank dem vorliegenden Abkommen vermehrt werden nutzen können. Die Schweizer Exporte nach Kolumbien beliefen sich im Jahr 2008 auf insgesamt rund 310 Millionen Franken, die Warenimporte aus Kolumbien auf etwas mehr als 300 Millionen Franken.

2354

Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Ausgangslage und Würdigung des Abkommens

2357

2 Soziale und wirtschaftliche Lage Kolumbiens, Aussenwirtschaftspolitik und Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz 2359 3 Verlauf der Verhandlungen

2361

4 Inhalt des Freihandelsabkommens 4.1 Warenverkehr 4.1.1 Zollabbau und Handelsdisziplinen 4.1.2 Bestimmungen zu den verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten 4.1.3 Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterung 4.2 Dienstleistungen 4.2.1 Horizontale Bestimmungen 4.2.2 Finanzdienstleistungen 4.2.3 Telekommunikationsdienstleistungen 4.2.4 Anerkennung von Qualifikationen 4.2.5 Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung 4.2.6 Spezifische Verpflichtungen 4.3 Investitionen 4.4 Geistiges Eigentum 4.5 Öffentliches Beschaffungswesen 4.6 Wettbewerb 4.7 Wirtschaftliche Zusammenarbeit 4.8 Weitere Bestimmungen 4.8.1 Institutionelle Bestimmungen 4.8.2 Streitbeilegung 4.8.3 Präambel, Allgemeine Bestimmungen, Transparenz- und Schlussbestimmungen 4.9 Verständigungsprotokoll

2362 2363 2363 2365 2365 2366 2367 2367 2368 2369 2370 2370 2371 2373 2375 2376 2377 2378 2378 2379 2380 2382

5 Inhalt des bilateralen Landwirtschaftsabkommens Schweiz­Kolumbien 2382 6 Inkrafttreten

2383

7 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

2384

8 Volkswirtschaftliche Auswirkungen

2384

9 Legislaturplanung

2385

10 Bezug zur WTO und Verhältnis zum europäischen Recht

2385

11 Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

2385

12 Veröffentlichung der Anhänge zum Freihandelsabkommen EFTA-Kolumbien

2386

13

2386

Verfassungsmässigkeit

2355

Anhang 1: Bundesbeschluss über die Genehmigung des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Kolumbien sowie des Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Kolumbien (Entwurf)

2389

Anhang 2: Freihandelsabkommen zwischen der Republik Kolumbien und den EFTA-Staaten

2391

und Verständigungsprotokoll bezüglich des Freihandelsabkommens zwischen der Republik Kolumbien und den EFTA-Staaten

2472

Anhang 3: Abkommen über die Landwirtschaft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Kolumbien

2356

2475

Botschaft 1

Ausgangslage und Würdigung des Abkommens

Das am 25. November 2008 in Genf unterzeichnete Freihandelsabkommen zwischen Kolumbien und den EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz) umfasst den Handel mit Industriegütern (einschliesslich Fisch und andere Meeresprodukte) und mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten, den Handel mit Dienstleistungen, die Investitionen, den Schutz des geistigen Eigentums, das öffentliche Beschaffungswesen, den Wettbewerb sowie die technische Zusammenarbeit. Wie in den bisherigen EFTA-Freihandelsabkommen wird der Handel mit unverarbeiteten Landwirtschaftsprodukten in Landwirtschaftsabkommen geregelt, welche die einzelnen EFTA-Staaten und Kolumbien bilateral abgeschlossen haben, um den Besonderheiten der Landwirtschaftsmärkte und -politiken der EFTA-Staaten Rechnung zu tragen (Ziff. 5).

Das Freihandelsabkommen mit Kolumbien verbessert auf breiter Basis den Marktzugang und die Rechtssicherheit für die Schweizer Wirtschaftsakteure, vor allem in den Bereichen Warenhandel, Dienstleistungshandel und Investitionen. Für Industriegüter bringt das Abkommen die gegenseitige Zollbefreiung, wobei Kolumbien für gewisse sensible Produkte Übergangsfristen gewährt wurden. Bei den Dienstleistungen folgen die Regeln und Definitionen sowie die Liberalisierungsmethode dem Allgemeinen Abkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen (GATS).

Die Anhänge zu den Kapiteln des Freihandelsabkommens über die Finanzdienstleistungen, die Telekommunikationsdienste, die Anerkennung von Qualifikationen und die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung enthalten besondere sektorielle Regeln, die über den GATS-Standard hinausgehen. Die besonderen Verpflichtungen für den Zugang zum Schweizer Markt entsprechen weitgehend dem Niveau der Verpflichtungen, welche die Schweiz im Rahmen des Freihandelsabkommens zwischen der EFTA und Korea eingegangen ist, sowie ihrer Offerte im Rahmen der Doha-Runde. Kolumbien gewährt ein Verpflichtungsniveau, das über seine geltenden WTO-Verpflichtungen und über seine Offerten im Rahmen der Verhandlungen der Doha-Runde (insbesondere in den Sektoren Finanzdienstleistungen, Dienstleistungen für Unternehmen, Vertriebs- und Logistikdienstleistungen) hinausgeht. Das Verpflichtungsniveau Kolumbiens entspricht weitgehend demjenigen, das es in seinem Freihandelsabkommen mit den
USA eingegangen ist, insbesondere in den Bereichen, die für die Schweiz von Interesse sind. Ferner enthält das Abkommen besondere Bestimmungen zum elektronischen Handel (E-Commerce).

Bei den Investitionen basiert das Abkommen auf dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung für Investitionen bei ihrem Marktzugang. In Bezug auf den Schutz des geistigen Eigentums bestätigt das Abkommen das Niveau der bestehenden WTOVerpflichtungen oder verstärkt sie in gewissen Bereichen sogar. Um Umweltfragen stärker Rechnung zu tragen, ist die Schweiz zum Beispiel gewisse Verpflichtungen hinsichtlich der Biodiversität eingegangen, was für ein Freihandelsabkommen eine Neuerung darstellt. Im öffentlichen Beschaffungswesen ist das Abkommen mit Kolumbien mit dem Text des revidierten plurilateralen WTO-Abkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA) vergleichbar. So wird die Integration Kolumbiens, das nicht Mitglied des GPA ist, in einen fortgeschrittenen Liberalisierungsprozess ermöglicht. Um eine wirksame Umsetzung des Abkommens zu gewährleis2357

ten, sieht dieses für Kolumbien Begleitmassnahmen im Kontext der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der technischen Unterstützung durch die EFTA oder ihre Mitgliedstaaten vor.

Das Abkommen mit Kolumbien erweitert das Netz von Freihandelsabkommen, das die EFTA-Staaten seit Beginn der 1990er-Jahre mit Drittstaaten ausbauen. Es ist Teil der von den EFTA-Staaten verfolgten geografischen und inhaltlichen Ausweitung der EFTA-Freihandelspolitik. Nachdem sich die EFTA-Staaten zunächst vor allem um den Abschluss von Freihandelsabkommen für den Warenverkehr mit den Staaten Mittel- und Osteuropas sowie des Mittelmeerraums bemüht hatten, haben sie seit Ende der 1990er-Jahre ihr Netz von Freihandelsabkommen auch auf Partner in Übersee ausgedehnt und beziehen zusätzlich zum Warenhandel und zum geistigen Eigentum die Bereiche Dienstleistungen, Investitionen und öffentliches Beschaffungswesen in die Abkommen ein. Die Schweiz und die anderen EFTA-Staaten verfügen gegenwärtig über 15 Freihandelsabkommen1 mit Partnern ausserhalb der Europäischen Union. Freihandelsverhandlungen wurden ausserdem mit Kanada abgeschlossen (Abkommen unterzeichnet am 26. Jan. 2008), und weitere wurden mit den Mitgliedstaaten des Golf-Kooperationsrates2 und mit Peru finalisiert. Die Schweiz und die übrigen EFTA-Staaten stehen des Weiteren in Freihandelsverhandlungen mit Algerien, Indien und Thailand; Freihandelsverhandlungen mit Albanien, Indonesien, Russland, Serbien und der Ukraine sind in Vorbereitung. Auf bilateraler Ebene haben die Schweiz und Japan die Verhandlungen über ein Abkommen über Freihandel und wirtschaftliche Partnerschaft abgeschlossen (unterzeichnet am 19. Febr. 2009). Die Schweiz verfolgt ausserdem einen exploratorischen Prozess für ein mögliches Freihandelsabkommen mit China.

Für die Schweiz als stark exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, das überdies keiner grösseren Einheit wie der EU angehört, stellt der Abschluss von Freihandelsabkommen einen der drei Hauptpfeiler ihrer Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für den internationalen Handel dar; die beiden anderen Pfeiler sind die Zugehörigkeit zur WTO und die Beziehungen mit der EU. Der spezifische Beitrag der Freihandelsabkommen zu den Zielen der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz ist die Vermeidung oder
die rasche Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, welche unsere Handelspartner mit unseren Konkurrenten abgeschlossen haben.

Dies lässt sich nur durch den Abschluss von Präferenzabkommen mit diesen Handelspartnern erreichen. Mit dem Abschluss von Freihandelsabkommen (in der Regel im Rahmen der EFTA) zielt die Schweiz darauf ab, ihren Unternehmen einen Zugang zu den ausländischen Märkten zu verschaffen, der mindestens gleichwertig ist wie derjenige, von dem ihre wichtigsten Konkurrenten (wie die EU, die USA und Japan) profitieren. Gleichzeitig verbessern diese Abkommen auf breiter Basis die Rahmenbedingungen, die Rechtssicherheit und die Stabilität unserer Wirtschaftsbeziehungen mit den betroffenen Ländern. Auch dort, wo die Vermeidung von 1

2

Ägypten (SR 0.632.313.211), Chile (SR 0.632.312.141), Israel (SR 0.632.314.491), Jordanien (SR 0.632.314.671), Kroatien (SR 0.632.312.911), Libanon (SR 0.632.314.891), Marokko (SR 0.632.315.491), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), PLO/Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Südafrikanische Zollunion (SACU: Südafrika, Botsuana, Lesotho, Namibia, Swasiland) (SR 0.632.311.181) Tunesien (SR 0.632.317.581), Türkei (SR 0.632.317.613).

Golf Cooperation Council (GCC), bestehend aus: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate.

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Diskriminierungen nicht im Vordergrund steht, leisten Freihandelsabkommen einen Beitrag zur Diversifikation und zur Dynamisierung unserer Aussenwirtschaftsbeziehungen. In Lateinamerika ist Kolumbien nach Brasilien und Mexiko der drittgrösste Handelspartner der Schweiz.

Zu einem Zeitpunkt, da sich Kolumbien aktiv darum bemüht, sein Netzwerk von Präferenzabkommen zu erweitern, wird das vorliegende Freihandelsabkommen die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen der Schweiz mit diesem Land stärken und allfällige Diskriminierungen aus präferenziellen Abkommen, die Kolumbien mit einigen unserer Hauptkonkurrenten abgeschlossen hat oder aushandelt, beseitigen.

Kolumbien hat insbesondere Freihandelsabkommen mit Chile (Nov. 2006), den USA (Unterzeichnung des Abkommens im Nov. 2006, Ratifizierung durch den US-Kongress noch ausstehend) und Kanada (Unterzeichnung des Abkommens im November 2008) abgeschlossen. Die EU hat im Juni 2007 Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit der Andengemeinschaft aufgenommen. Angesichts der bisher bescheidenen Fortschritte mit dieser regionalen Organisation hat Kolumbien beschlossen, die Verhandlungen mit der EU auf bilateraler Basis fortzusetzen.

Das Freihandelsabkommen mit Kolumbien ist für die EFTA-Staaten nach den Abkommen mit Mexiko (Abkommen in Kraft seit 1. Juli 2001), Singapur (1. Jan.

2003), Chile (1. Dez. 2004), Südkorea (1. Sept. 2006), der SACU3 (1. Mai 2008) und Kanada (Abkommen am 26. Jan. 2008 unterzeichnet) das siebte Freihandelsabkommen mit einem Partner ausserhalb Europas und des Mittelmeerraums und ausserdem das fünfte mit umfassendem Geltungsbereich.

Für Kolumbien ist dieses Freihandelsabkommen mit den EFTA-Staaten das erste mit europäischen Partnern.

2

Soziale und wirtschaftliche Lage Kolumbiens, Aussenwirtschaftspolitik und Wirtschaftsbeziehungen mit der Schweiz

Seit über 40 Jahren ist Kolumbien von einem internen bewaffneten Konflikt mit vielfältigen Ursachen betroffen. Neben ideologischen Gründen liegen die Wurzeln des Konflikts vorwiegend in den anhaltenden sozioökonomischen Ungleichheiten, zu denen erschwerende Faktoren wie der Drogenhandel und die damit zusammenhängenden illegalen Tätigkeiten kommen. Die komplexen Beziehungen, die sich im Laufe der Jahre zwischen diesen Faktoren entwickelt haben, wirkten sich negativ auf die Menschenrechtslage aus. 2002 hat die Regierung Kolumbiens eine Politik der «demokratischen Sicherheit» eingeleitet, um das Vertrauen und die soziale Kohäsion wiederherzustellen und die Menschenrechte besser zu schützen. Im Rahmen dieser Politik haben das Parlament und das Oberste Gericht namentlich im Juli 2005 das «Gesetz für Gerechtigkeit und Frieden» angenommen, das dem Demobilisierungsprozess der paramilitärischen Truppen einen rechtlichen Rahmen gibt. 2006 hat die Regierung zudem mit der Erarbeitung einer nationalen Menschenrechtspolitik begonnen, an der die Zivilgesellschaft beteiligt wurde. In jüngster Zeit hat sich die Regierung auch offiziell zur Förderung der Menschenrechte verpflichtet. Eine solche Verpflichtung ist im nationalen Entwicklungsplan 2007­2010 verankert, dessen 3

Southern African Customs Union oder Südafrikanische Zollunion, die folgende Länder umfasst: Südafrika, Botsuana, Lesotho, Namibia und Swasiland.

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Handlungsfelder im Bereich der Stärkung der Menschenrechte die Empfehlungen des UNO-Menschenrechtsbüros in Kolumbien aufnehmen. Bei der letzten universellen periodischen Überprüfung der Menschenrechtslage in Kolumbien, die im Dezember 2008 unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen durchgeführt wurde, begrüssten die Prüferstaaten die durchwegs kooperative Haltung, die Transparenz und die Bereitschaft der Regierung Kolumbiens, sich freiwillig dieser Prüfung zu unterziehen. Sie anerkannten ferner die positiven Massnahmen, die Kolumbien ergriffen hat, um die Menschenrechtslage zu verbessern und die Straflosigkeit in einem Umfeld von Gewalt und bewaffnetem Konflikt zu bekämpfen. Die Regierung Kolumbiens ist sich bewusst, dass weitere Anstrengungen in diesem Bereich nötig sind, und setzt sich entsprechend dafür ein.

Kolumbien ist die viertgrösste Wirtschaftsmacht in Lateinamerika nach Brasilien, Mexiko und Argentinien. Seine Wirtschaft ist stark diversifiziert. Als Land mit einer landwirtschaftlichen Tradition stützt sich Kolumbien immer noch auf eine starke Aktivität seines Primärsektors. Das Klima und die Topografie ermöglichen den Anbau einer grossen Vielfalt von Produkten wie Kaffee, Schnittblumen, Bananen, Zuckerrohr, Reis, Tabak, Baumwolle, tropische Früchte oder Kakao. Während Mitte der 1970er-Jahre der Kaffee 50 % der Ausfuhren Kolumbiens ausmachte, hat sich seit den 1990er-Jahren das Erdöl als wichtigstes Exportgut des Landes durchgesetzt und stellt heute die bedeutendste Devisenquelle dar. Die Exporte von Rohöl und Raffinerieprodukten machen heute rund 26 % der gesamten Ausfuhren des Landes aus. Neben dem Erdöl verfügt Kolumbien über bedeutende Mengen an vielfältigen Bodenschätzen wie Smaragde (das Land ist der grösste Produzent weltweit), Kohle, Erdgas, Eisenerz, Nickel oder Gold. Die industriellen Tätigkeiten konzentrieren sich namentlich auf die Produktion von Textilien und Kleidern, von chemischen und metallurgischen Produkten, von Zement sowie von Lebensmitteln. Gegenwärtig generiert der primäre Sektor 12,1 %, der sekundäre 33,6 % und der tertiäre 54,3 % des Bruttoinlandprodukts (BIP). Im Tertiärsektor machen die Finanzdienstleistungen allein 17,1 % des BIP aus. Laut der UNO-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) ist Kolumbien heute ausserdem die viertgrösste
Destination ausländischer Investoren in Lateinamerika, nach Brasilien, Mexiko und Chile.

Dank der Grösse seines Marktes (rund 45 Mio. Einwohner), der Vielzahl von Rohstoffen und der Tradition als vorbildlicher Schuldner (einziges lateinamerikanisches Land, das noch nie eine Neuverhandlung seiner Schulden beantragt hat), wies Kolumbien lange Zeit ein starkes Wachstum auf. Dieses hielt während der 1980erJahre an. Gegen Ende der 1990er-Jahre machte Kolumbien jedoch eine massive Wirtschafts- und Finanzkrise durch ­ die erste und einzige seit über 60 Jahren ­, überwand diese aber rasch. Seit 2002 ist das Land zu einem starken Wachstum zurückgekehrt. In den Jahren 2004­2006 betrug das durchschnittliche Wachstum Kolumbiens jährlich 5,5 % gegenüber durchschnittlich 3 % für die Jahre 1991­2003.

2007 erreichte die Wachstumsrate des BIP 7,5 % und damit das beste Ergebnis des Landes in den letzten 30 Jahren. Obwohl die wirtschaftlichen Aussichten Kolumbiens trotz der Verschlechterung der internationalen Konjunkturlage im Jahr 2008 insgesamt positiv bleiben, dürfte das BIP-Wachstum doch deutlich unter demjenigen des Vorjahres liegen.

Kolumbien verfolgt eine stark auf Öffnung ausgerichtete Wirtschaftspolitik und beabsichtigt, seine Integration in den internationalen Handel zu beschleunigen, der rund 40 % zu seinem BIP beiträgt. Neben der WTO stützt sich Kolumbien dabei auf regionale Organisationen wie die ALADI (Lateinamerikanische Integrationsverei2360

nigung) oder die Andengemeinschaft4 als wesentliche Instrumente seiner Aussenwirtschaftspolitik. Kolumbien ist gegenwärtig bestrebt, seine Stellung durch den Abschluss bilateraler Präferenzabkommen zu verstärken. Vor dem Freihandelsabkommen mit den EFTA-Staaten hat Kolumbien entsprechende Abkommen mit den USA (Nov. 2006), Chile (Nov. 2006), der Ländergruppe des nördlichen Dreiecks Zentralamerikas5 (Aug. 2007), Mexiko6 (Juli 2008) und Kanada (Nov. 2008) abgeschlossen. Angesichts der bescheidenen Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Andengemeinschaft wurde im November 2008 beschlossen, dass die Diskussionen zwischen der EU und Kolumbien beziehungsweise zwischen der EU und Peru fortgesetzt würden.

Kolumbien ist nach Brasilien und Mexiko der drittgrösste Handelspartner der Schweiz in Lateinamerika. 2008 beliefen sich die Schweizer Einfuhren aus Kolumbien auf 304 Millionen Franken (­33 % im Vergleich zum Vorjahr), wobei die wichtigsten eingeführten Güter Edelmetalle und Edelsteine (68 %) sowie Landwirtschaftserzeugnisse (Bananen, Kaffee) (27 %) waren. Die Schweizer Exporte nach Kolumbien beliefen sich 2008 auf 305 Millionen Franken (­0,6 %) und konzentrierten sich vorwiegend auf pharmazeutische Produkte (32 %), Maschinen (18 %) sowie chemische Produkte.

Der Bestand der Schweizer Direktinvestitionen in Kolumbien betrug 2007 mehr als 1,2 Milliarden Franken. Neben der Industrie sind zahlreiche Schweizer Dienstleistungsfirmen vor Ort vertreten, insbesondere Banken, Versicherungen, Logistikfirmen, Versandkontrollfirmen sowie Unternehmensdienstleister.

3

Verlauf der Verhandlungen

2005 bekundeten Peru und Kolumbien gegenüber den EFTA-Staaten ihr gemeinsames Interesse, Verhandlungen im Hinblick auf ein Freihandelsabkommen aufzunehmen. Die EFTA-Staaten schlugen Peru und Kolumbien vor, als ersten Schritt eine Zusammenarbeitserklärung zu unterzeichnen, um die Möglichkeiten einer intensiveren wirtschaftlichen Zusammenarbeit zu prüfen. Diese Erklärungen wurden mit Peru am 24. April 2006 in Genf und mit Kolumbien am 17. Mai 2006 in Bern unterzeichnet. Die mit den Zusammenarbeitserklärungen geschaffenen Gemischten Ausschüsse trafen sich zum ersten Mal am 3. Oktober 2006 in Lima (EFTA­Peru) beziehungsweise am 5. Oktober 2006 in Bogotá (EFTA­Kolumbien). An diesen Treffen bekräftigten die Behörden Perus und Kolumbiens ihr Interesse an der Aufnahme gemeinsamer Freihandelsverhandlungen mit den EFTA-Staaten. Nach technischen Gesprächen im Frühjahr 2007 wurden die Verhandlungen über ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Kolumbien beziehungsweise Peru am 4. Juni 2007 in Bogotá eröffnet.

Die Verhandlungen wurden in fünf Runden (4.­8. Juni 2007 in Bogotá, 27.­31. Aug. 2007 in Lima, 28. Okt.­3. Nov. 2007 in Genf, 1.­6. April 2008 in 4

5 6

Die Mitgliedstaaten der Andengemeinschaft sind: Kolumbien, Peru, Bolivien und Ecuador. Venezuela gab im November 2006 seinen Austritt bekannt. Argentinien, Brasilien, Uruguay, Paraguay und Chile sind assoziierte Mitglieder, während Mexiko und Panama den Status von Beobachterländern haben.

El Salvador, Guatemala und Honduras.

Vertiefungsabkommen des Freihandelsabkommens von 1993 der Gruppe der Drei (Kolumbien, Mexiko und Venezuela).

2361

Bogotá und 9.­12. Juni 2008 in Crans-Montana VS) geführt, wobei die letzte Runde nur noch zwischen der EFTA und Kolumbien stattfand. Aufgrund der unterschiedlichen Themen, die nach der vierten Verhandlungsrunde von April 2008 noch offen waren, hatten die EFTA-Staaten auf der einen sowie Kolumbien und Peru auf der anderen Seite nämlich vereinbart, die Verhandlungen getrennt weiterzuführen7.

Zwei Treffen auf Expertenebene fanden ausserdem zwischen den Runden statt, eines vom 17. bis 21. Dezember 2007 in Brüssel, das andere vom 11. bis 16. Februar 2008 in Genf. Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Kolumbien sowie die bilateralen Landwirtschaftsabkommen der einzelnen EFTA-Staaten mit Kolumbien wurden am 12. Juni 2008 in Crans-Montana (VS) paraphiert und am 25. November 2008 anlässlich des EFTA-Ministertreffens in Genf unterzeichnet.

In den Verhandlungen mit Kolumbien waren bedeutende Herausforderungen zu bewältigen, die sich aus den abweichenden Interessen der Parteien aufgrund der unterschiedlichen Traditionen und regionalen Bedingungen ergaben. Dies galt vor allem für den Handel mit Landwirtschaftsprodukten und für die Dienstleistungen, namentlich die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung und die Anerkennung der Qualifikationen. Die Schwierigkeiten wurden dadurch verstärkt, dass das vorliegende Freihandelsabkommen das erste Abkommen Kolumbiens mit europäischen Partnern ist und dass Kolumbien der Cairns-Gruppe angehört. Diese Gruppe verlangt in der WTO eine radikale Liberalisierung des Landwirtschaftssektors. Die kolumbianischen Behörden haben sich ausserdem bezüglich der Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung und der Anerkennung von Qualifikationen sehr offensiv gezeigt. Trotz dieser schwierigen Ausgangslage konnten die Verhandlungen innerhalb eines Jahres abgeschlossen werden, ohne dass die Schweiz Landwirtschaftskonzessionen eingehen musste, die ihre Landwirtschaftspolitik in Frage gestellt hätten. Bei der Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung und der Anerkennung der Qualifikationen ist es den EFTA-Staaten und Kolumbien gelungen, ihre jeweiligen Interessen in Einklang zu bringen.

4

Inhalt des Freihandelsabkommens

Das Freihandelsverhältnis zwischen der Schweiz und Kolumbien wird durch das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Kolumbien (Präambel und Art. 1.1­13.9) mit den dazugehörigen Anhängen (I­XX), dem Verständigungsprotokoll (Beilage 2 zu dieser Botschaft, s. Ziff. 4.9) und einem Briefwechsel zwischen Kolumbien und der EFTA-Präsidentschaft betreffend die Verwaltung kolumbianischer Pensionsfonds sowie durch das bilaterale Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Kolumbien (Art. 1­12, Anhänge I und II) begründet.

Das Freihandelsabkommen (Beilage 2 zu dieser Botschaft) besteht aus 13 Kapiteln (Allgemeine Bestimmungen, Warenverkehr, landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse, Dienstleistungshandel, Investitionen, Schutz des geistigen Eigentums, öffentliches Beschaffungswesen, Wettbewerbspolitik, Transparenz, Zusammenarbeit, Verwaltung des Abkommens, Streitbeilegung, Schlussbestimmungen). Das 7

Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Peru wurden am 31. Oktober 2008 in Lima abgeschlossen.

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Verständigungsprotokoll enthält Bestimmungen und Klärungen zum Kapitel über den Dienstleistungshandel (Kap. 4). Der Briefwechsel zwischen Kolumbien und der EFTA-Präsidentschaft zum Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens beinhaltet eine Verpflichtung Kolumbiens, den EFTA-Staaten im Bereich der Pensionsfondsverwaltung eine gleichwertige Behandlung zu gewähren wie diejenige, die das Land im Freihandelsabkommen mit den USA vereinbart hat. Die 20 Anhänge sind integraler Bestandteil des Abkommens (Art. 13.1). Die Landwirtschaftsabkommen zwischen den einzelnen EFTA-Staaten und Kolumbien (Abkommen über die Landwirtschaft zwischen der Schweiz und Kolumbien, Beilage 3 zu dieser Botschaft, s. Ziff. 5) sind für die betroffenen Parteien ein integraler Bestandteil der Instrumente für die Errichtung der Freihandelszone (Art. 13.6 des Freihandelsabkommens und Art. 12 des bilateralen Landwirtschaftsabkommens).

4.1

Warenverkehr

Der Geltungsbereich von Kapitel 2 (Warenverkehr) des Freihandelsabkommens umfasst die Industrieprodukte der Kapitel 25­97 des Harmonisierten Systems gemäss dem Internationalen Übereinkommen vom 14. Juni 19838 über das Harmonisierte System zur Bezeichnung und Codierung der Waren, Fisch und andere Meeresprodukte sowie landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte (Art. 2.2). Letztere Warenkategorie ist Gegenstand zusätzlicher Bestimmungen in Kapitel 3 des Abkommens.

4.1.1

Zollabbau und Handelsdisziplinen

Die Verpflichtungen der Vertragsparteien bezüglich Zollabbau (Art. 2.6 und Anhänge II, III, IV und VIII) sind asymmetrisch. Wie andere EFTAFreihandelsabkommen berücksichtigt das Abkommen somit das unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungsniveau der EFTA-Staaten und Kolumbiens. Mit Ausnahme einiger Tarifpositionen im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen Landwirtschaftspolitik (insbesondere Futtermittel, Anhang II) beseitigen die EFTA-Staaten mit Inkrafttreten des Abkommens die Zölle auf Industrieprodukten und Fisch vollumfänglich. Gleiches gilt für Kolumbien für 86 % seiner Tariflinien (gegenüber 80 % im Freihandelsabkommen mit den USA und 82 % im Freihandelsabkommen mit Kanada). Für die Beseitigung der übrigen Zölle wurden Kolumbien Übergangsfristen zwischen 5 und 10 Jahren zugestanden. Kolumbien hat besondere Sensibilitäten für einige Industrieprodukte wie Kunststoffprodukte, gewisse Kosmetika, Lederwaren und Schuhe sowie gewisse Typen von Motorrädern, Anhängern und Sattelanhängern geltend gemacht. Für den Bereich Fisch und andere Meeresprodukte enthält das Abkommen eine Revisionsklausel, wonach die Parteien Anstrengungen unternehmen werden, um den Zeitplan für den Abbau der übrigen Zölle zu beschleunigen (Anhang IV, Art. 5 Abs. 2).

Wie die anderen EFTA-Freihandelsabkommen enthält auch das vorliegende Abkommen Bestimmungen zum Verbot von Exportzöllen (Art. 2.8) sowie von mengenmässigen Beschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung beim Import und 8

SR 0.632.11

2363

Export (Art. 2.9). Das Abkommen sieht ausserdem die Anwendung der Inländerbehandlung vor (Art. 2.11). Anhang IX enthält Ausnahmen zum Verbot der Exportzölle, die Kolumbien erlauben, einige Massnahmen beizubehalten (Steuer auf Kaffee und auf exportierten Smaragden), um Entwicklungsfonds zu finanzieren. Anhang X enthält ausserdem Bestimmungen, die von der Inländerbehandlung und dem Verbot von mengenmässigen Beschränkungen und Massnahmen gleicher Wirkung abweichen. Aus Gründen der öffentlichen Gesundheit und des Umweltschutzes verbietet Kolumbien die Einfuhr von gewissen gebrauchten oder wiederaufbereiteten Produkten oder unterstellt sie der vorgängigen Bewilligungspflicht (z.B. gewisse Abfälle und toxische Substanzen, gebrauchte Autos und ihre Teile, namentlich runderneuerte Pneus). Für wiederaufbereitete Produkte, die in einer Liste von 120 Tarifpositionen enthalten sind, sieht das Abkommen allerdings vor, dass den EFTA-Staaten Inländerbehandlung gewährt wird, d.h. dass sie vom Mechanismus der Einfuhrlizenzen oder von anderen Massnahmen zur Beschränkung des Zugangs zum kolumbianischen Markt befreit werden. Diese Produkte kommen ebenfalls in den Genuss der Zollbefreiung und eines bevorzugten Marktzugangs. Eine spezifische Klausel sieht vor, dass die Liste spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens überprüft wird (Anhang X, Art. 5).

Für eine Reihe weiterer handelsrelevanter Massnahmen verweist das Freihandelsabkommen auf die einschlägigen Rechte und Pflichten im Rahmen der WTO. Dies ist der Fall für staatliche Handelsunternehmen (Art. 2.12), gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Massnahmen (SPS, Art. 2.13), technische Vorschriften (TBT, Art. 2.14), Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (Art. 2.15), Antidumping-Massnahmen (Art. 2.16), allgemeine Schutzmassnahmen (Art. 2.17), allgemeine Ausnahmebestimmungen, namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes (Art. 2.19 und2.20) sowie für Massnahmen bei Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art. 2.21).

Darüber hinaus sieht das Abkommen die Bestimmung von Kontaktstellen für Fragen zu den technischen Vorschriften (TBT) sowie im Bereich der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen (SPS) vor. Für letztere ist ausserdem die Einrichtung eines Forums
auf Expertenebene geplant. Was die Subventionen und Ausgleichsmassnahmen anbelangt, sieht das Abkommen über die WTORegeln hinaus vor, dass jede Vertragspartei Konsultationen verlangen kann, bevor eine Partei eine Untersuchung gemäss den Bestimmungen von Artikel 11 des WTOÜbereinkommens über Subventionen und Ausgleichsmassnahmen9 einleitet, um das Vorliegen, die Höhe und die Auswirkungen einer angeblichen Subvention festzustellen. Dieses Konsultationsverfahren lässt den beteiligten Parteien eine Frist von 30 Tagen, um eine beiderseits annehmbare Lösung zu finden und so das WTOVerfahren zu vermeiden. Ein analoger Konsultationsmechanismus mit zwingenden Fristen ist auch vorgesehen, bevor eine Antidumping-Untersuchung bei der WTO eingeleitet wird (Art. 2.16 Abs. 2). Sollte das Freihandelsabkommen zu Marktstörungen führen, so ermöglicht eine auf 10 Jahre ab Inkrafttreten des Abkommens beschränkte bilaterale Schutzklausel für die Industrieprodukte das Ergreifen zeitlich befristeter Schutzmassnahmen (Art. 2.18). Die WTO-Schutzklausel bleibt über diesen Zeitraum hinaus anwendbar (Art. 2.17).

9

SR 0.632.20, Anhang 1A.13

2364

4.1.2

Bestimmungen zu den verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten

Kapitel 3 (Landwirtschaftliche Verarbeitungserzeugnisse) des Freihandelsabkommens ergänzt die allgemeinen Bestimmungen zum Warenhandel. Üblicherweise behandelt die EFTA die Regeln für den Handel mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten im Kapitel über den Warenhandel. Da die landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse jedoch zugleich eine industrielle Komponente und eine Agrarrohstoff-Komponente enthalten, zog Kolumbien es vor, den Handel mit diesen Produkten nicht ausschliesslich dem System für die Industrieprodukte zu unterstellen. Die detaillierte Regelung des Handels mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten ist daher in diesem separaten Kapitel enthalten.

Für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte gewähren die EFTA-Staaten Kolumbien Konzessionen in Form einer präferenziellen Behandlung, die derjenigen für Produkte aus der EU per 1. Januar 2008 entspricht (Art. 3.3 Abs. 1 und Anhang III). Die EFTA-Staaten beseitigen das Industrieschutzelement der Zölle, behalten jedoch das Recht, auf Einfuhren Abgaben zu erheben und auf Ausfuhren Rückerstattungen auszurichten, um den Unterschied zwischen den Rohstoffpreisen auf den EFTAMärkten und auf dem Weltmarkt auszugleichen (Art. 3.2). Für andere verarbeitete Landwirtschaftsprodukte, die keine sensiblen Rohstoffe für die Landwirtschaftspolitik der EFTA-Staaten enthalten (zum Beispiel für Kaffee, Mineralwasser, Bier, Spirituosen und Essig), gewähren die EFTA-Staaten Kolumbien einen zollfreien Zugang zu ihren Märkten. Kolumbien gewährt im Gegenzug den EFTA-Staaten ab Inkrafttreten des Abkommens oder am Ende der Übergangsfrist von 5 bis 10 Jahren Konzessionen in Form von Zollbeseitigungen oder -senkungen auf denselben Produkten, für welche die EFTA-Staaten Kolumbien Konzessionen gewähren, zum Beispiel für Schokolade, Bonbons, gewisse Lebensmittelzubereitungen (insbesondere Suppen, Saucen), Erzeugnisse auf Kaffeebasis und Fertigfondue. Ausserdem verpflichten sich die Parteien zur Beseitigung aller Exportbeihilfen. Beschliesst eine Partei Rückerstattungen auf Ausfuhren von Produkten, die Gegenstand von Zollkonzessionen sind, so kann die andere Partei als Kompensation die Zollsätze auf den betroffenen importierten Produkten erhöhen (Art. 3.4). Kolumbien darf ausserdem sein Preisbandsystem beibehalten, das auf eine beschränkte Anzahl landwirtschaftlicher
Erzeugnisse anwendbar ist (Art. 3.5). Dieses System, das ein Instrument der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik der Andengemeinschaft darstellt, der Kolumbien angehört, ist ein Preisstabilisierungsmechanismus. Die Verbesserung des gegenseitigen Marktzugangs wird regelmässig im Rahmen einer besonderen Revisionsklausel geprüft (Art. 3.7).

4.1.3

Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterung

Die Ursprungsregeln (Art. 2.3 und Anhang V), deren Erfüllung Voraussetzung dafür ist, dass eine Ware unter die präferenziellen Regeln des Freihandelsabkommens bezüglich Zölle und Schutzmassnahmen fällt, übernehmen weitgehend das europäische Modell. Allerdings sind sie wie in den Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Mexiko beziehungsweise Chile bezüglich der Industrieprodukte inhaltlich etwas weniger restriktiv ausgestaltet. Dies entspricht den Interessen der 2365

Vertragsparteien, da ihre Unternehmen wegen der relativ kleinen Heimmärkte einen grösseren Anteil von Vorprodukten von ausserhalb der Freihandelszone beziehen müssen. Nicht vorgesehen ist hingegen die in den europäischen Abkommen enthaltene allgemeine Toleranz von 10 % für Verarbeitungen in Drittstaaten (outward processing). Die EFTA-Staaten haben auch auf das Verbot der Rückerstattung von Importzöllen auf zur Herstellung von Ursprungserzeugnissen verwendeten Vormaterialien (drawback) verzichtet. Die Direktversandregel ermöglicht es, ohne Ursprungsverlust der Waren Sendungen in Transitländern aufzuteilen (Anhang V, Art. 14). Diese Bestimmung erhöht die logistische Flexibilität der Schweizer Exportindustrie und erleichtert damit unsere Ausfuhren. Der Ursprungsnachweis ist aus den europäischen Übereinkommen übernommen, also das Formular «Warenbescheinigung EUR.1» und der Ursprungsnachweis auf der Rechnung, einschliesslich der möglichen Inanspruchnahme des «ermächtigten Ausführers».

Das Abkommen enthält auch Bestimmungen zur Amtshilfe in Zollangelegenheiten (Art. 2.3 und Anhang VI), die den Zollbehörden der Vertragsparteien erlauben, zur Gewährleistung der korrekten Anwendung der Zollgesetzgebung auf Amtshilfe zurückzugreifen. Im Sinne der Erleichterung des Handels enthält das Abkommen ausserdem Massnahmen zur Handelserleichterung (Art. 2.4 und Anhang VII). Diese verpflichten die Parteien insbesondere zur Einhaltung der internationalen Standards bei der Ausgestaltung der Zollverfahren. Ferner können die Exporteure ihre Zollerklärungen auf elektronischem Weg einreichen. Kolumbien erhält jedoch eine Frist von 2 Jahren ab Inkrafttreten des Abkommens, um die notwendigen Anpassungen vornehmen zu können.

Das Freihandelsabkommen setzt einen gemischten Unterausschuss für Fragen zu den Ursprungsregeln, den Zollverfahren und zur Handelserleichterung ein (s. Ziff. 4.8.1), der beauftragt ist, den Informationsaustausch über Zollfragen, die Regelung von Fragen zur Verwaltungszusammenarbeit und die Vorbereitung technischer Änderungen in Bezug auf den Handel wahrzunehmen (Art. 2.4 und Anhang V, Art. 34).

4.2

Dienstleistungen

Kapitel 4 des Freihandelsabkommens behandelt den Handel mit Dienstleistungen.

Die Definitionen und Regeln dieses Kapitels (insbesondere 4 Erbringungsarten, Meistbegünstigung, Marktzugang, Inländerbehandlung) folgen dem Allgemeinen Abkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen10 (GATS). Gewisse Bestimmungen konnten im Vergleich zum GATS präzisiert beziehungsweise dem bilateralen Kontext angepasst werden.

Die den Handel mit Dienstleistungen betreffenden Bestimmungen dieses Kapitels werden durch in Anhängen festgehaltene sektor- und themenspezifische Regeln ergänzt. Diese Anhänge behandeln Finanzdienstleistungen (Anhang XVI), Telekommunikationsdienstleistungen (Anhang XVII), die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung (Anhang XIII) und die Anerkennung der Qualifikationen der Dienstleistungserbringer (Anhang XII). Die Ausnahmen von der Meistbegünstigungspflicht werden in Anhang XI geregelt, und Anhang XV enthält die nationalen Listen der spezifischen Verpflichtungen.

10

SR 0.632.20, Anhang II.1B

2366

4.2.1

Horizontale Bestimmungen

Die im Dienstleistungskapitel enthaltenen Definitionen und Regeln folgen im Wesentlichen dem Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS). Entsprechend ist der Geltungsbereich des Dienstleistungskapitels identisch mit demjenigen des GATS (Art. 4.1). Auch die Definitionen sind vergleichbar mit denjenigen des GATS (Art. 4.2). Einzig die Definition der «juristischen Person einer anderen Vertragspartei» (Art. 4.2 Bst. p) ist angepasst worden. Neben den juristischen Personen, die in einer Vertragspartei ansässig und tätig sind, sind auch diejenigen juristischen Personen eingeschlossen, die in einem beliebigen anderen WTOMitgliedstaat ansässig und erwerbstätig sind. Dabei wird allerdings vorausgesetzt, dass die juristische Person im Besitz oder unter der Kontrolle einer natürlichen oder juristischen Person einer Vertragspartei des Freihandelsabkommens ist. Damit wird sichergestellt, dass die im Rahmen des GATS gewährten Rechte in Bezug auf juristische Personen auch im Rahmen des Freihandelsabkommens gewährt werden. Dank dieser Klausel kann auch verhindert werden, dass Einheiten von Drittstaaten vom Abkommen profitieren.

Die Bestimmungen über die innerstaatlichen Regelungen (Art. 4.7) und über die Anerkennung von Qualifikationen (Art. 4.8) sind dieselben wie im GATS, wobei zusätzliche spezifische Regelungen zur Anerkennung im Anhang zur Anerkennung von Qualifikationen enthalten sind (s. Ziff. 4.2.4).

Die Artikel über Zahlungen und Überweisungen sowie über allfällige diesbezügliche Beschränkungen (Art. 4.13 und 4.14) sehen vor, dass die Vertragsparteien für Überweisungen und Zahlungen für laufende Geschäfte auf Beschränkungen verzichten, soweit diese nicht die Zahlungsbilanz gefährden. Die in diesen Artikeln enthaltenen Bestimmungen über Kapitalbewegungen und Beschränkungen zum Schutz der Zahlungsbilanz sind weitgehend identisch mit den entsprechenden GATS-Regeln.

Die Bestimmungen über die Meistbegünstigungspflicht (Art. 4.3), den Marktzugang (Art. 4.4), die Inländerbehandlung (Art. 4.5), die zusätzlichen Verpflichtungen (Art. 4.6), die Transparenz (Art. 4.10), die Monopole und Dienstleistungserbringer mit ausschliesslichen Rechten (Art. 4.11), die Geschäftspraktiken (Art. 4.12), die allgemeinen Ausnahmen sowie die Ausnahmen zur Wahrung der Sicherheit (Art. 4.15 und 4.16) und die Bestimmungen über die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung (Art. 4.9) sind ebenfalls identisch mit denjenigen des GATS.

4.2.2

Finanzdienstleistungen

Um den Besonderheiten des Finanzsektors Rechnung zu tragen, werden die horizontalen Regeln des Dienstleistungskapitels (s. Ziff. 4.2.1) durch Anhang XVI ergänzt. Dieser übernimmt verschiedene Elemente des entsprechenden GATSAnhangs, so z.B. die Definitionen der Finanzaktivitäten (Bank-, Versicherungs- und Wertpapierdienstleistungen) und die Ausnahmen bezüglich der Geldpolitik und der Sozialversicherungssysteme. Ausserdem beinhaltet der Anhang mehrere Disziplinen, die in der Vereinbarung über Verpflichtungen bezüglich Finanzdienstleistungen der WTO enthalten sind. Kolumbien ist im Unterschied zur Schweiz und den anderen EFTA-Staaten nicht Partei dieser WTO-Vereinbarung. Es hat sich im Rahmen 2367

des vorliegenden Präferenzabkommens jedoch verpflichtet, sich einem Teil der in der Vereinbarung festgehaltenen Disziplinen zu unterstellen. Dabei verpflichtet sich Kolumbien insbesondere dazu, auf nichtdiskriminierende Art und Weise die Teilnahme ausländischer Finanzdienstleistungsanbieter an öffentlichen Zahlungs- und Clearingsystemen sowie an offiziellen Kreditfazilitäten ebenso wie die Teilnahme an Selbstregulierungsorganen und anderen Organisationen und Verbänden, die für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nötig sind, zu ermöglichen (Art. 3). Den Finanzdienstleistungsanbietern ist die Verarbeitung und Übertragung der für das Führen der laufenden Geschäfte nötigen Daten zu erlauben, allerdings unter Vorbehalt der von den Parteien getroffenen Massnahmen zum Schutz von persönlichen Daten (Art. 8). Vorgesehen ist weiter, dass neue Finanzdienstleistungen, die im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei erbracht werden, auch in den anderen Vertragsparteien des Abkommens erbracht werden können (Art. 2).

Die im GATS enthaltene weit gefasste Ausnahme für aufsichtsrechtliche Massnahmen konnte im Rahmen des vorliegenden Abkommens ausgewogener gestaltet werden, indem solche Massnahmen einem Verhältnismässigkeitstest unterworfen werden (Art. 6). Die Finanzmarktbehörden dürfen somit keine Massnahmen ergreifen, deren Auswirkungen auf den Dienstleistungsverkehr einschränkender sind, als dies für die Erfüllung des Aufsichtszwecks nötig ist. Weiter sollen solche Massnahmen nicht zu handelsrestriktiven Zwecken oder auf diskriminierende Art und Weise ergriffen werden. Gleichzeitig sind die Parteien gehalten, nach Möglichkeit die Prinzipien und Standards der wichtigsten einschlägigen internationalen Institutionen anzuwenden (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht, Internationale Vereinigung der Versicherungsaufseher und Internationale Organisation der Effektenhandelsaufseher).

Die Vertragsparteien vereinbaren darüber hinaus weitergehende Regeln im Bereich der Transparenz und Abwicklung von Genehmigungsverfahren (Art. 4 und 5). In Bezug auf die Transparenz sind die zuständigen Behörden der Vertragsparteien beispielsweise verpflichtet, auf Anfrage interessierten Personen Auskunft über die Anforderungen und das Verfahren zur Erlangung von Genehmigungen zu geben.

Weiter verpflichten sich die Parteien, den Zeitrahmen
anzugeben, der für die Ausstellung einer Lizenz normalerweise benötigt wird. In Bezug auf die zügige Abwicklung von Genehmigungsverfahren sind die zuständigen Behörden der Parteien gehalten, Gesuche rasch zu behandeln und eine Lizenz auszustellen, sofern alle Anforderungen erfüllt sind, wobei eine Lizenz spätestens 6 Monate nach Einreichung des Gesuchs ausgestellt werden muss.

4.2.3

Telekommunikationsdienstleistungen

Anhang XVII des Freihandelsabkommens enthält ergänzend zu den horizontalen Bestimmungen für den Dienstleistungshandel (s. Ziff. 4.2.1) zusätzliche Bestimmungen für den Telekommunikationssektor. Diese Regeln stützen sich vorwiegend auf das GATS-Referenzdokument. Im Unterschied zu diesem und zu den früher abgeschlossenen Freihandelsabkommen enthält dieser Anhang aber neue Verpflichtungen hinsichtlich des Schutzes der Vertraulichkeit und der persönlichen Daten bei der Interkonnektion (Art. 3 Abs. 6).

Anhang XVII enthält gewisse Wettbewerbsgrundsätze (Art. 2) sowie Mindeststandards für die Interkonnektion mit marktbeherrschenden Anbietern (Art. 3). Diese 2368

müssen den anderen Leistungserbringern die Interkonnektion in nichtdiskriminierender Weise und auf der Basis von kostenorientierten Preisen gewähren. Falls sich die Betreiber nicht auf eine Interkonnektionsvereinbarung einigen können, sind die Regulierungsbehörden gehalten, den Streit zu schlichten und nötigenfalls angemessene Interkonnektionsbedingungen und -preise festzulegen (Art. 8). Weiter haben die Parteien angemessene Massnahmen zu treffen, damit die Telekommunikationsdienstleistungserbringer bei der Interkonnektion die Privatsphäre der Personen schützen, was die Behandlung und die Verbreitung persönlicher Daten betrifft, und die Vertraulichkeit persönlicher Unterlagen sowie heikler kommerzieller Informationen wahren (Art. 3 Abs. 6 Bst. a­c). Wie das GATS enthält Anhang XVII Bestimmungen zum Universaldienst (Art. 4), sieht Verfahren vor, unter anderem transparente und nichtdiskriminierende Verfahren für die Zuteilung von seltenen Ressourcen (Art. 7) sowie Genehmigungen zur Erbringung der angestrebten Leistungen (Art. 5), und verpflichtet die Parteien, für die Unabhängigkeit der Aufsicht gegenüber den Erbringern von Basistelekommunikationsdiensten zu sorgen (Art. 6).

Schliesslich übernimmt er auch die im Anhang über Telekommunikation des GATS enthaltenen Transparenzregeln (Art. 9).

4.2.4

Anerkennung von Qualifikationen

Anhang XII des Freihandelsabkommens enthält ergänzend zu den horizontalen Bestimmungen für den Dienstleistungshandel (s. Ziff. 4.2.1) zusätzliche und über das GATS hinausgehende Bestimmungen für die Anerkennung von Qualifikationen.

Er findet auf die Anerkennung von im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei erworbenen Befähigungen Anwendung (Art. 1). Die Parteien ermutigen ihre zuständigen Behörden und Berufsverbände zur Anerkennung von Qualifikationen der anderen Vertragspartei (Art. 4). Neben den Anforderungen für die Genehmigung, Zulassung oder Beglaubigung von Dienstleistungsanbietern verpflichtet Anhang XII die Vertragsparteien auch, über Verfahren zu verfügen, die sicherstellen, dass ein Dienstleistungsanbieter die Anerkennung von Ausbildung, Berufserfahrung, Erfüllung von Qualifikations- oder Zulassungserfordernissen oder von im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei erworbenen beziehungsweise ausgestellten Beglaubigungen beantragen kann. Im Falle von Unzulänglichkeiten wird der Antragsteller darüber informiert, und es werden ihm Massnahmen für den Erhalt der Anerkennung vorgeschlagen, beispielsweise der Erwerb zusätzlicher Erfahrung unter Aufsicht eines Experten, eine zusätzliche Ausbildung oder das Ablegen einer Prüfung (Art. 2). Das Freihandelsabkommen sieht schliesslich vor, dass die Parteien Kontaktstellen errichten oder bezeichnen, bei denen die Dienstleistungserbringer Informationen zu Anforderungen und Verfahren für die Erteilung, Erneuerung oder Beibehaltung von Lizenzen und Qualifikationserfordernissen sowie Informationen zu den Verfahren für die Beantragung einer Anerkennung von Qualifikationen erhalten können (Art. 3).

2369

4.2.5

Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung

Die Schweiz legt erstmals in einem Freihandelsabkommen spezifische Bedingungen für die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung fest, die über die WTO-Regeln hinausgehen. Diese in Anhang XIII enthaltenen Bestimmungen gelten in Bezug auf nationale Massnahmen, welche die in der Verpflichtungsliste eingetragenen Personenkategorien betreffen (Art. 1). Den natürlichen Personen, die unter die spezifischen Verpflichtungen einer Vertragspartei fallen, ist es gestattet, Dienstleistungen gemäss dem Inhalt dieser spezifischen Verpflichtungen zu erbringen. Anhang XIII präzisiert die allgemeinen Regeln des Dienstleistungskapitels (s. Ziff. 4.2.1) und entspricht damit der präferenziellen Handelsbeziehung zwischen den Vertragsparteien; im Einklang mit den spezifischen Verpflichtungen der Parteien werden die Einreise und der vorübergehende Aufenthalt von natürlichen Personen erleichtert (Art. 2). Ausserdem enthält der Anhang Bestimmungen zur Verpflichtung der Parteien, die notwendigen Informationen bereitzustellen, insbesondere zu den Voraussetzungen (z.B. Visa, Arbeitsbewilligungen, erforderliche Unterlagen, Anforderungen, Einreichungsweise), zum Verfahren und zu den Bewilligungen für Einreise und vorübergehenden Aufenthalt sowie zur Arbeitsbewilligung und zur Erneuerung der vorübergehenden Aufenthaltsbewilligung (Art. 3). Artikel 5 schreibt vor, dass die Parteien sich zu einer raschen Bearbeitung der Gesuche für die Erteilung einer Bewilligung für die Einreise oder den vorübergehenden Aufenthalt verpflichten. Falls die zuständigen Behörden für die Bearbeitung eines Gesuchs zusätzliche Informationen benötigen, so benachrichtigen sie die gesuchstellende Person. Auf deren Ersuchen liefert die zuständige Behörde der anderen Vertragspartei ohne Verzögerung Informationen zum Status des Gesuchs. Die gesuchstellende Person wird über die Entscheidung zu ihrem Gesuch unverzüglich informiert. Im Fall einer positiven Antwort enthält die Notifikation die Aufenthaltsdauer sowie alle weiteren Anforderungen und Bedingungen im Zusammenhang mit dem Aufenthalt. Um den Zugang zur Information über die Einreise, den vorübergehenden Aufenthalt und die Arbeit für die Dienstleistungserbringer der anderen Vertragsparteien zu erleichtern, bezeichnet jede Vertragspartei eine Kontaktstelle (Art. 4).

Der Anhang
über die Grenzüberschreitung natürlicher Personen zur Dienstleistungserbringung wird die Bedingungen für Schweizer Dienstleistungserbringer in Kolumbien verbessern.

4.2.6

Spezifische Verpflichtungen

Ähnlich wie beim GATS sind diejenigen Sektoren in spezifischen Verpflichtungslisten aufgeführt, in denen die Vertragsparteien Marktzugangs- und Inländerbehandlungsverpflichtungen übernehmen (Art. 4.17 und Anhang XV). Ausserdem sind die Vertragsparteien wie im GATS Verpflichtungen auf der Grundlage von Positivlisten eingegangen. Gemäss der Methode der Positivlisten (sog. «bottom up»-Methode) bedeutet das Nichtaufführen eines Sektors in der Liste einer Vertragspartei, dass diese dort keine Marktzugangs- und Inländerbehandlungsverpflichtungen eingeht.

2370

Im vorliegenden Abkommen hat Kolumbien sein Verpflichtungsniveau im Vergleich zu seiner bestehenden GATS-Verpflichtungsliste erheblich ausgeweitet. Die spezifischen Verpflichtungen Kolumbiens gehen auch über die in der WTO im Rahmen der Doha-Runde unterbreitete zweite Offerte hinaus. Kolumbien ist in allen für die Schweizer Exporte wichtigen Dienstleistungssektoren zusätzliche Verpflichtungen eingegangen. Ausserdem verpflichtet sich Kolumbien zu einem Niveau des Marktzugangs, das für die Schweizer Exporteure keine Diskriminierungen gegenüber ihren Hauptkonkurrenten verursacht, dies insbesondere angesichts des Freihandelsabkommens zwischen Kolumbien und den USA. Im Vergleich zu den bestehenden GATS-Verpflichtungen ist Kolumbien unter anderem in den für die Schweizer Dienstleistungsexportindustrie wichtigen Bereichen der Finanzdienstleistungen (u.a.

bezüglich der Eröffnung von Zweigstellen im Versicherungs- und Bankbereich sowie für grenzüberschreitende Vermögensverwaltungsgeschäfte), der Unternehmensdienstleistungen (z.B. Installation von Maschinen, Architekturdienstleistungen, Ingenieurdienstleistungen) sowie der Vertriebs- und Logistikdienstleistungen erweiterte Marktzugangsverpflichtungen eingegangen. Zusätzlich hat sich Kolumbien verpflichtet, die Einreise von natürlichen Personen aus der Schweiz zu gestatten, die Installations- und Wartungsdienste an Maschinen oder entsprechende Ausbildungsdienste erbringen. Ein Briefwechsel, der das Abkommen ergänzt, sieht zudem vor, dass Kolumbien der Schweiz im Bereich der Pensionsfondsverwaltung einen gleichwertigen Marktzugang wie den USA im Freihandelsabkommen zwischen den USA und Kolumbien gewährt.

Die von der Schweiz eingegangenen Marktzugangsverpflichtungen entsprechen weitgehend dem im Rahmen von früheren Freihandelsabkommen, insbesondere im Rahmen des Abkommens zwischen der EFTA und Südkorea, gewährten Marktzugangsniveau. Dieses Verpflichtungsniveau der Schweiz entspricht weitgehend ihrer im Rahmen der Doha-Runde eingegebenen zweiten Offerte. Auch die Schweiz hat somit ihre Verpflichtungen im Vergleich zu ihrer bestehenden GATS-Verpflichtungsliste ausgedehnt. Im Gegensatz zu früheren Freihandelsabkommen ist die Schweiz zudem eng begrenzte zusätzliche Verpflichtungen bezüglich natürlicher Personen, die im Rahmen von Leistungsverträgen Dienstleistungen
erbringen, eingegangen (z.B. integrierte Ingenieurdienstleistungen). Sie ist ferner neue Verpflichtungen für spezielle Luftverkehrsdienste eingegangen, wobei diese dem geltenden Recht entsprechen.

Das Abkommen enthält ausserdem eine Revisionsklausel (Art. 4.18), gemäss der die Listen der spezifischen Marktzugangsverpflichtungen von den Vertragsparteien im Hinblick auf die Erreichung eines höheren Liberalisierungsniveaus regelmässig zu überprüfen sind.

4.3

Investitionen

Die Investitionsbestimmungen (Kap. 5) des Freihandelsabkommens beziehen sich auf die Niederlassung von Unternehmen, anders gesagt den Marktzutritt für Direktinvestitionen (Phase des sog. «pre-establishment»). Sie ergänzen das von der Schweiz und Kolumbien am 17. Mai 2006 unterzeichnete bilaterale Abkommen über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen11, das ab seiner 11

BBl 2006 8513

2371

Ratifizierung durch Kolumbien die sogenannte «post-establishment»-Phase regeln wird. Gemeinsam decken das Freihandelsabkommen und das bilaterale Investitionsschutzabkommen den ganzen Investitionszyklus ab, vom Marktzutritt über den Betrieb bis zur Liquidation der Investition. Das Investitionsschutzabkommen findet auf einmal zugelassene Investitionen Anwendung und sieht für diese insbesondere eine diskriminierungsfreie Behandlung, völkerrechtliche Garantien bei Enteignung sowie den freien Transfer des Kapitals und damit zusammenhängender Zahlungen vor. Die Schweiz ist derzeit der einzige EFTA-Mitgliedstaat, der ein solches Investitionsschutzabkommen mit Kolumbien abgeschlossen hat.

Das Kapitel «Investitionen» gilt für alle Wirtschaftssektoren mit Ausnahme der Dienstleistungen (Art. 5.1). Letztere unterliegen den Regeln von Kapitel 4 (Dienstleistungen, s. Ziff 4.2). Das Freihandelsabkommen sieht vor, dass die Investoren aus den Vertragsparteien das Recht erhalten, in einer anderen Vertragspartei unter den gleichen Bedingungen wie Inländer ein Unternehmen zu gründen oder zu übernehmen (Art. 5.3). Der Grundsatz der Inländerbehandlung des Freihandelsabkommens erfasst die Gründung, den Erwerb und das Management von Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie von Zweigniederlassungen oder Vertretungen.

Als Investoren im Sinne des Abkommens gelten natürliche und juristische Personen aus einer Vertragspartei. Das Diskriminierungsverbot gilt grundsätzlich ohne Ausnahme. Die Vertragsparteien können allerdings Vorbehalte in Form einer Negativliste anbringen (Art. 5.4 und Anhang XVIII). Die Vertragsparteien haben solche Vorbehalte oder Ausnahmen (Ungleichbehandlung zwischen nationalen und ausländischen Investoren) in der einen oder anderen Form angewendet.

Die schweizerischen Vorbehalte beziehen sich auf den Erwerb von Grundstücken sowie auf gewisse Bestimmungen des Gesellschaftsrechts und auf gewisse Erlasse im Energiesektor. Die gegenwärtigen Vorbehalte Kolumbiens betreffen vor allem die Fischerei, Konzessionen für die Stromproduktion sowie einige Bestimmungen des Gesellschaftsrechts (namentlich die Anforderung eines gewissen Anteils inländischer Beschäftigter). Ferner behält sich Kolumbien das Recht vor, diskriminierende Massnahmen in mehreren Wirtschaftssektoren oder zugunsten von Personengruppen
einzuführen oder beizubehalten. Diese Massnahmen betreffen insbesondere das Eigentum von Grundstücken entlang der Landesgrenzen, der Meeresküste sowie auf zu Kolumbien gehörenden Inseln oder bezwecken den Schutz von benachteiligten Minderheiten oder ethnischen Gruppen. Das Hinzufügen nachträglicher Vorbehalte in der Negativliste bleibt möglich, um Änderungen in der internen Gesetzgebung Rechnung zu tragen. Jedoch darf das Verpflichtungsniveau der betreffenden Vertragspartei insgesamt nicht vermindert werden, und die anderen Vertragsparteien müssen informiert oder auf ihr Verlangen konsultiert werden (Art. 5.4 Abs. 4). Die EFTA-Staaten und Kolumbien haben die Vorbehalte periodisch im Hinblick auf deren Verminderung oder Beseitigung zu überprüfen (Art. 5.4 Abs. 3 und Art. 5.9).

Damit eine Vertragspartei in der Lage ist, in einer anderen Vertragspartei getätigte Investitionen zu verwalten, sieht eine Bestimmung zum Personal in Schlüsselpositionen vor, dass der Investor und sein Personal in Schlüsselpositionen (z.B. Führungskräfte, Beraterinnen und Berater, Experten) ins Gastland einreisen dürfen. Die nationalen Gesetzgebungen der Parteien über den Zugang zum Arbeitsmarkt bleiben jedoch ausdrücklich vorbehalten (Art. 5.5). Diese Bestimmung beinhaltet somit für die Schweiz keine Verpflichtung, die über ihre interne Gesetzgebung hinausgeht.

2372

Die für die Investitionen geltenden Regeln für Zahlungen und Überweisungen sind in Artikel 5.10 enthalten. Laufende Zahlungen dürfen grundsätzlich nicht beschränkt werden. Dasselbe gilt bezüglich des Transfers von Kapital im Zusammenhang mit Direktinvestitionen und anderen Investitionen. Wenn der Zahlungs- und Kapitalverkehr zu Zahlungsbilanzschwierigkeiten führt (Art. 5.11) oder in ausserordentlichen Situationen ernsthafte Schwierigkeiten für die Geld- oder Währungspolitik verursacht, kann er unter Einhaltung gewisser Bedingungen eingeschränkt werden.

Anhang XIV des Abkommens, der auch auf die Regeln für Zahlungen und Überweisungen in Kapitel 4 über die Dienstleistungen Anwendung findet, führt Massnahmen und Regelungen Kolumbiens auf (Instrumente der Zentralbank zur Sicherstellung der Währungsstabilität beziehungsweise des normalen inländischen und ausländischen Zahlungsverkehrs), die mit nichtdiskriminierenden Beschränkungen von Transfers und Kapitalbewegungen verbunden sein können. Diese Ausnahmen sind mit gewissen Grenzen und Bedingungen verbunden.

Für übliche Ausnahmen, namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der Gesundheit, gelten die Regeln von Artikel XIV GATS sinngemäss (Art. 5.8).

4.4

Geistiges Eigentum

Kapitel 6 (Schutz des geistigen Eigentums) verpflichtet die Parteien, einen effektiven Immaterialgüterrechtsschutz gemäss den spezifischen Bestimmungen des Freihandelsabkommens zu gewährleisten (Art. 6.1). Die Parteien sorgen dafür, dass die Rechte an geistigem Eigentum eingehalten werden; insbesondere sind geeignete Massnahmen gegen Fälschung und Piraterie vorzusehen. Die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gelten gemäss den relevanten Bestimmungen des TRIPS-Abkommens der WTO (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum12). Die Vertragsparteien anerkennen, dass der Schutz und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum zur Förderung der technischen Innovation sowie zu deren Transfer und deren Verbreitung beitragen und so das gesellschaftliche und wirtschaftliche Wohl fördern, indem ein Gleichgewicht der Rechte und Pflichten der Parteien respektiert wird (Art. 6.2). Die durch das Freihandelsabkommen geschützten Kategorien des geistigen Eigentums werden in Artikel 6.3 präzisiert.

In Artikel 6.4 bestätigen die Parteien ihre Verpflichtungen unter denjenigen internationalen Abkommen, welche die Grundpfeiler des heute international geltenden Immaterialgüterrechtsschutzes darstellen, namentlich der Pariser Verbandsübereinkunft13 zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert am 14. Juli 1967, der Berner Übereinkunft14 zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, revidiert am 24. Juli 1971, und dem Internationalen Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (RomAbkommen)15. Ausserdem verpflichten sich die Parteien, bis zum Inkrafttreten des Abkommens weiteren internationalen Abkommen zur Harmonisierung und zum Schutz des geistigen Eigentums beizutreten, namentlich dem Budapester Vertrag16 12 13 14 15 16

SR 0.632.20, Anhang II.1C SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.231.171 SR 0.232.145.1

2373

über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren, dem Internationalen Übereinkommen zum Schutz von Pflanzenzüchtungen17 sowie dem Vertrag vom 19. Juni 197018 über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens. Ferner treten die Parteien innert Jahresfrist nach Inkrafttreten des Abkommens dem WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger sowie dem WIPO-Urheberrechtsvertrag bei. Schliesslich verpflichten sich die Parteien, bis zum 1. Januar 2011 dem Protokoll vom 27. Juni 1989 zum Madrider Abkommen19 über die internationale Registrierung von Marken und so bald als möglich der Genfer Akte des Haager Abkommens20 über die internationale Eintragung gewerblicher Muster und Modelle beizutreten.

Zum ersten Mal in einem EFTA-Freihandelsabkommen wurden Bestimmungen zu den geistigen Eigentumsrechten an genetischen Ressourcen und zum traditionellen Wissen vereinbart (Art. 6.5). Die Rechte und Pflichten der EFTA-Staaten und Kolumbiens im Bezug auf den Zugang zu genetischen Ressourcen und auf die ausgewogene und gerechte Aufteilung der Vorteile, die sich aus der Nutzung dieser genetischen Ressourcen ergeben, werden im Übereinkommen vom 5. Juni 1992 über die Biologische Vielfalt (CBD)21 geregelt. Das Freihandelsabkommen anerkennt die Bedeutung und den Wert der biologischen Vielfalt und des dazugehörigen traditionellen Wissens. Die Parteien sind gehalten, die Bedingungen für den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen und Bestimmungen des geltenden Binnen- und Völkerrechts festzulegen. So sollen sie verlangen, dass Patentanmeldungen eine Deklaration der Herkunft oder Quelle einer genetischen Ressource enthalten, zu welcher der Erfinder oder Patentanmelder Zugang hatte. Die Parteien ergreifen ausserdem die geeigneten Massnahmen, um eine gerechte und ausgewogene Aufteilung der Vorteile sicherzustellen, die sich aus der Nutzung von genetischen Ressourcen oder traditionellem Wissen ergeben.

Weiter enthält das Abkommen materielle Schutzstandards bezüglich bestimmter Immaterialgüterrechtsbereiche. Im Bereich der Marken haben die Parteien unter anderem vereinbart, den Schutzumfang auf Klangmarken auszudehnen, und sie verpflichten sich zur Stärkung des Schutzes notorischer Marken sowie von Marken und
Kennzeichen im Internet durch die Übernahme der entsprechenden gemeinsamen Empfehlungen der WIPO (Art. 6.6). Betreffend geografische Herkunftsangaben gewährleistet das Abkommen einen Schutz vor der Verwendung und Registrierung von Bezeichnungen, welche geografische Angaben für Produkte oder Dienstleistungen verwenden, die nicht aus dem angegebenen Gebiet stammen, oder welche die Öffentlichkeit hinsichtlich der wirklichen Herkunft der Produkte und Dienstleistungen irreführen könnten (Art. 6.7). Bei den Urheberrechten werden die Persönlichkeitsrechte auf visuelle Darbietungen ausgedehnt (Art. 6.8). Im Bereich der Patente entspricht das durch das Freihandelsabkommen gewährte Schutzniveau den Standards und Verpflichtungen des TRIPS-Abkommens (Art. 6.9). Ferner wird bestimmt, dass die Parteien die Möglichkeit prüfen, einen Patentschutz für Pflanzen zu gewährleisten, falls in ihrer nationalen Gesetzgebung kein solcher besteht. Das Abkommen sieht ausserdem vor, dass die Parteien den Schutz von Arzneimittelpatenten über die übliche Schutzdauer hinaus verlängern können, um die Verkür17 18 19 20 21

SR 0.232.162 SR 0.232.141.1 SR 0.232.112.4 BBl 2000 2799 SR 0.451.43

2374

zung der tatsächlichen Patentdauer aufgrund der benötigten Zeit für das Marktzulassungsverfahren zu kompensieren (Art. 6.9 Abs. 5). Diese Bestimmung entspricht den Verpflichtungen, die Kolumbien in diesem Bereich im Freihandelsabkommen mit den USA eingegangen ist. Auch im Bereich des Schutzes vertraulicher Testergebnisse, die während des Marktzulassungsverfahrens vorzulegen sind, haben die Parteien das gleiche Schutzniveau vereinbart, das im Freihandelsabkommen zwischen Kolumbien und den USA festgelegt ist. So beträgt die Schutzdauer für vertrauliche Testergebnisse im Fall von agrochemischen Erzeugnissen 10 Jahre und im Fall von Arzneimitteln üblicherweise 5 Jahre, wobei eine kürzere Schutzdauer für letztere auf ausserordentliche Fälle beschränkt ist und in erster Linie durch öffentliche Gesundheitsinteressen zu begründen ist (Art. 6.11). Schliesslich bemüht sich Kolumbien, die Schutzdauer für gewerbliche Muster von 10 auf 15 oder mehr Jahre zu erhöhen (Art. 6.10).

Die Bestimmungen des Kapitels zu den Verfahren für den Erwerb, die Aufrechterhaltung und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum entsprechen grundsätzlich dem Standard des TRIPS-Abkommens. Das Freihandelsabkommen enthält zudem eine Bestimmung zur Förderung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation zwischen den Parteien (Art. 6.18).

Das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Kolumbien geht im Bereich des geistigen Eigentums in verschiedener Hinsicht über das TRIPSAbkommen der WTO hinaus und stellt somit auch in diesem Bereich einen Fortschritt gegenüber dem multilateralen System dar. Die Schweiz verfügt im internationalen Vergleich über ein sehr gut ausgebautes System für den Schutz der geistigen Eigentumsrechte, das ein hohes Schutzniveau gewährleistet. Die entsprechenden Abkommensbestimmungen enthalten somit keine Verpflichtungen, die über die innerstaatlichen Rechtsvorschriften hinausgehen.

4.5

Öffentliches Beschaffungswesen

Kapitel 7 (Öffentliches Beschaffungswesen) regelt die Bedingungen und Verfahren für den Zugang zu den öffentlichen Märkten zwischen den Vertragsparteien. Es übernimmt die Grundbestimmungen des revidierten plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen (Government Procurement Agreement, GPA22). Dies gilt insbesondere für den Anwendungs- und Geltungsbereich (Art. 7.1), die Grundsätze der Inländerbehandlung und Nichtdiskriminierung (laut denen jede Vertragspartei den Waren und Dienstleistungen sowie den Anbietern der anderen Vertragsparteien eine Behandlung gewährt, die nicht weniger günstig ist als jene, die sie ihren inländischen Waren, Dienstleistungen und Anbietern gewährt, Art. 7.4), das Verbot von Kompensationsgeschäften (sog. «offsets», Art. 7.4), die Informationen über die Angebots- und Vergabesysteme (Art. 7.5 und 7.6), die Teilnahmebedingungen (Art. 7.7), die Vergabeunterlagen (Art. 7.8), die Fristen (Art. 7.9), die Angebote und die Zuschlagserteilung (Art. 7.10 und 7.12­ 7.14), die Transparenz und die Weitergabe von Informationen (Art. 7.15 und 7.16), die Beschwerdeverfahren (Art. 7.17) sowie die Ausnahmeklauseln (Art. 7.3 Abs. 2).

22

Die Parteien des plurilateralen WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen sind sich seit Dezember 2006 über den Entwurfstext des revidierten GPA einig. Die Verhandlungen über die spezifischen Verpflichtungen der einzelnen Länder sind jedoch noch im Gang.

2375

Marktzugang wird denselben Beschaffungsstellen, Waren, Dienstleistungen und Bauaufträgen wie in den Verpflichtungen der Schweiz nach dem GPA vom 15. April 199423 gewährt, mit Ausnahme gewisser der Privatisierung unterworfener Sektoren und der beiderseits ausgenommenen Finanzdienstleistungen (Art. 7.1 Abs. 3 Bst. b).

Wie schon im GPA gegenüber den anderen EFTA-Staaten und der EU sowie im Fall des Freihandelsabkommens zwischen den EFTA-Staaten und Chile hat die Schweiz auch gegenüber Kolumbien auf Gegenseitigkeit die Gemeindeebene den relevanten Bestimmungen des Abkommens unterstellt. Bei den Schwellenwerten gelten für die Schweiz diejenigen des GPA, während Kolumbien deutlich niedrigere Schwellenwerte anwendet (die Schwellenwerte seines Freihandelsabkommens mit den USA).

Die Schwellenwerte bestimmen, ab welchem Betrag eine Beschaffung dem Abkommen unterstellt ist und grundsätzlich ausgeschrieben werden muss. Um die Reziprozität in diesem Bereich sicherzustellen, haben die EFTA und Kolumbien eine Bestimmung vereinbart, welche die Bedeutung der Teilnahme von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aus Kolumbien an den Märkten der EFTA-Staaten festhält. Allerdings ergeben sich daraus weder neue Verpflichtungen noch eine Diskriminierung für die Schweiz (Art. 7.19).

Weitere Bestimmungen betreffen die Verwendung von elektronischen Kommunikationsmitteln (Art. 7.11), die Änderung der Listen der Beschaffungsstellen (Art. 7.18), die technische Zusammenarbeit (s. Ziff. 4.7), vor allem im Hinblick auf ein besseres Verständnis der jeweiligen öffentlichen Beschaffungssysteme sowie auf die Teilnahme von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU, Art. 7.20) sowie die Möglichkeit für die Parteien, unter sich die Ausdehnung der Konzessionen, die eine Partei nach Inkrafttreten des Abkommens einem Drittstaat gewähren könnte, auszuhandeln (Art. 7.21).

Mit den Bestimmungen des Freihandelsabkommens zum öffentlichen Beschaffungswesen erreichen die EFTA-Staaten und Kolumbien ein Niveau des gegenseitigen Marktzugangs, das weitgehend demjenigen des WTO-Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen und, für die EFTA, dem von Kolumbien den USA gewährten Niveau entspricht. Dieses Resultat ist umso bedeutender, als Kolumbien im Gegensatz zu den EFTA-Staaten noch nicht Mitglied des GPA ist und zumindest zu diesem Zeitpunkt den Beitritt zu diesem Übereinkommen nicht in Betracht zieht.

4.6

Wettbewerb

Die Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs und der Auslandinvestitionen kann durch wettbewerbsbehindernde Praktiken von Unternehmen beeinträchtigt werden. Daher sehen die EFTA-Freihandelsabkommen in der Regel Bestimmungen zum Schutz des Wettbewerbs vor, welche wettbewerbsbehindernden Verhalten und Praktiken entgegenwirken sollen; jedoch bezwecken sie keine Harmonisierung der Wettbewerbspolitiken der Vertragsparteien.

Die kolumbianische Verfassung anerkennt das Recht eines jeden auf freien Wettbewerb und verpflichtet den Staat, dafür zu sorgen, dass kein Hindernis oder keine Beschränkung die Wirtschaftsfreiheit beeinträchtigt, und allfällige Missbräuche durch Personen oder Unternehmen, die über eine dominierende Marktstellung ver23

SR 0.632.231.422

2376

fügen, zu verhindern. Diese Grundprinzipien werden durch Gesetze zum Schutz des Wettbewerbs gewährleistet. Die Anwendung der Wettbewerbsdisziplinen lässt allerdings einige Ausnahmen zu, wenn es um für die allgemeine Wohlfahrt der Bevölkerung notwendige Güter oder Dienstleistungen wie Gesundheit, Unterkunft oder Bildung geht. Mit Ausnahme solcher Umstände fallen alle Wirtschaftssektoren und Tätigkeitsbereiche Kolumbiens unter den Wettbewerbsschutz.

In Kapitel 8 (Wettbewerbspolitik) anerkennen die Parteien, dass wettbewerbswidrige Geschäftspraktiken oder andere abgestimmte Verhaltensweisen mit dem guten Funktionieren des Freihandelsabkommens unvereinbar sind (Art. 8.1). Sie verpflichten sich, ihre nationale Wettbewerbsgesetzgebung transparent, nichtdiskriminierend und gerecht anzuwenden, damit keine solchen Praktiken die aus dem Abkommen erwachsenden Vorteile einschränken (Art 8.2 Abs. 2). Ausdrücklich erwähnt sind in dieser Hinsicht horizontale oder vertikale Abreden, die den Wettbewerb behindern, abgesprochene Praktiken oder der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 8.2 Abs. 1). Solche Praktiken fallen in der Schweiz unter das Kartellgesetz vom 6. Oktober 199524.

Ausserdem enthält das Abkommen eine Reihe von Regeln zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Parteien zur Durchsetzung ihres Wettbewerbsrechts (Art. 8.3). Zu erwähnen ist dabei die gegenseitige Notifizierung von Vollzugsmassnahmen im Bereich des Wettbewerbsrechts, welche die Interessen einer anderen Vertragspartei berühren können (Art. 8.3 Abs. 2), die Möglichkeit, zu Massnahmen einer anderen Partei Stellung zu nehmen (Art. 8.3 Abs. 3), oder zu verlangen, dass Letztere Praktiken, die den Wettbewerb behindern und die Interessen der ersten Partei beeinträchtigen, unterlässt (Art. 8.3 Abs. 4), die Ermutigung zum Informationsaustausch (Art. 8.3 Abs. 5) und die Möglichkeit für die Parteien, Zusammenarbeitsabkommen auf diesem Gebiet abzuschliessen (Art. 8.3 Abs. 6). Der Informationsaustausch bleibt den nationalen Vertraulichkeitsbestimmungen unterworfen.

Ferner sieht das Abkommen die Möglichkeit vor, Konsultationen in dem durch das Abkommen geschaffenen Gemischten Ausschuss abzuhalten (Art. 8.4, s. Ziff. 4.8.1).

Die Wettbewerbsdisziplinen des Abkommens gelten für alle vom Abkommen erfassten Wirtschaftsaktivitäten und
beziehen sich auf das Verhalten sowohl privater als auch öffentlicher Unternehmen (Art. 8.5). Streitigkeiten über die Anwendung der Regeln von Kapitel 8 werden dem in Kapitel 12 beschriebenen Streitbeilegungsmechanismus nicht unterstellt (Art. 8.6, s. Ziff. 4.8.2).

4.7

Wirtschaftliche Zusammenarbeit

Wie andere EFTA-Freihandelsabkommen mit Partnern, deren Entwicklungsstand von dem der EFTA-Staaten abweicht, enthält dieses Abkommen Bestimmungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit und zur technischen Unterstützung. Diese sind in Kapitel 10 (Zusammenarbeit) enthalten. Diese Zusammenarbeit konzentriert sich auf Bereiche, die dem guten Funktionieren des Abkommens und der Umsetzung seiner Ziele dienen sollen (Art. 10.1). Ausdrücklich erwähnt werden in dieser Hinsicht die Festigung und Weiterentwicklung der Handelsbefähigung, die Schaffung neuer Handels- und Investitionsmöglichkeiten, die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Innovation, die Unterstützung des Wirtschaftswachstums sowie die Armuts24

KG, geändert am 20. Juni 2003; SR 251

2377

bekämpfung. Um die Wirksamkeit der Hilfe sicherzustellen, werden die Kooperationsmassnahmen von den nationalen Strategien und Prioritäten der Parteien abhängig sein. Gewisse abkommensspezifische Projekte werden durch das EFTASekretariat durchgeführt, gewisse andere bilateral durch die Mitgliedstaaten (Art. 10.2).

Die Schweiz beabsichtigt darüber hinaus, gezielt technische Zusammenarbeitsmassnahmen in der Grössenordnung von einer Million Franken pro Jahr zur Verfügung zu stellen (trade capacity building). Die Massnahmen sollen es Kolumbien erlauben, vollumfänglich von den neuen Gelegenheiten zu profitieren, die das Freihandelsabkommen bietet, und seine Integration in die Weltwirtschaft fördern. Die Projekte erfolgen im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklungszusammenarbeit zugunsten dieses Landes, das zu den sieben prioritären Ländern für die bilateralen Tätigkeiten des SECO in diesem Bereich zählt. Die vom SECO entwickelten und verwalteten Projekte werden im Rahmen der Kredite für die wirtschaftliche Entwicklungszusammenarbeit für die Periode 2009­201225 durchgeführt.

Kontaktstellen in beiden Parteien erleichtern die Umsetzung der Massnahmen und Projekte (Art. 10.3).

4.8

Weitere Bestimmungen

4.8.1

Institutionelle Bestimmungen

Um das einwandfreie Funktionieren des Abkommens sowie die ordnungsgemässe Anwendung der Abkommensregeln sicherzustellen, wird nach Kapitel 11 (Verwaltung des Abkommens) ein Gemischter Ausschuss eingesetzt (Art. 11.1). Dieser Ausschuss, der sich aus Vertretern aller Vertragsparteien zusammensetzt, hat insbesondere die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen der Vertragsparteien zu überwachen (Art. 11.1 Abs. 2 Bst. a), die Möglichkeit der Erweiterung und Vertiefung der Verpflichtungen zu prüfen (Art. 11.1 Abs. 2 Bst. c) und bei allfälligen Problemen der Anwendung des Abkommens Konsultationen abzuhalten. In gewissen Fällen überträgt das Abkommen dem Gemischten Ausschuss ausserdem Entscheidungskompetenzen.

So überträgt das Abkommen dem Gemischten Ausschuss die Kompetenz, neben dem Unterausschuss für Fragen zu den Ursprungsregeln, den Zollverfahren und zur Handelserleichterung (s. Ziff. 4.1.3) weitere Unterausschüsse oder Arbeitsgruppen einzusetzen, um ihn bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen (Art. 11.1 Abs. 3 Bst. a). Diese arbeiten im Auftrag des Gemischten Ausschusses oder, im Fall des Unterausschusses für Fragen zu den Ursprungsregeln, den Zollverfahren und zur Handelserleichterung, auf der Grundlage des im Abkommen festgelegten Mandats.

Ausserdem kann der Gemischte Ausschuss Abkommensänderungen formulieren und ausarbeiten (Art. 11.1 Abs. 3 Bst. c). Im Allgemeinen werden diese Vorschläge den Vertragsparteien zur Genehmigung und Ratifizierung gemäss ihren jeweiligen internen Verfahren vorgelegt. Änderungen gewisser technischer Anhänge und Appendizes des Abkommens kann der Gemischte Ausschuss hingegen selbstständig vornehmen. Diese Kompetenz wird ihm übertragen, um das Verfahren für techni25

Bundesbeschluss vom 8. Dez. 2008 über die Finanzierung der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit; BBl 2009 443

2378

sche Anpassungen zu vereinfachen und so die Verwaltung des Abkommens zu erleichtern. Mehrere Anhänge der EFTA-Freihandelsabkommen werden regelmässig aufdatiert, insbesondere um Entwicklungen im internationalen Handelssystem (z.B.

WTO, Weltzollrat, andere Freihandelsbeziehungen der EFTA-Staaten und ihrer Partner) Rechnung zu tragen. Folgende technische Anhänge des Abkommens sind von dieser Kompetenzdelegation erfasst (Art. 11.1 Abs. 3 Bst. b): Anhang II (vom Kapitel über den Warenhandel ausgenommene Erzeugnisse), Anhang IV (Behandlung von Fisch und anderen Meeresprodukten), Anhang VIII (Abbau der kolumbianischen Zölle auf Industrieerzeugnissen), die spezifischen Ursprungsregeln in Anhang V (Ursprungsregeln und gegenseitige Verwaltungszusammenarbeit in Zollangelegenheiten) und die Liste der Stellen in den Appendizes 1­3 zu Anhang XX zum öffentlichen Beschaffungswesen (Allgemeine Anmerkungen).

Solche Beschlüsse des Gemischten Ausschusses fallen in der Schweiz üblicherweise in die Genehmigungskompetenz des Bundesrates.26 Der Bundesrat informiert die Bundesversammlung über diese Änderungen im Rahmen seiner jährlichen Berichterstattung über die von ihm in eigener Kompetenz abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge.

Als paritätisches Organ fasst der Gemischte Ausschuss seine Beschlüsse durch Konsens (Art. 11.1 Abs. 7). Diese sind somit nur bindend, wenn alle Parteien ihr Einverständnis abgegeben haben. Der Gemischte Ausschuss kann ebenfalls Empfehlungen zuhanden der Vertragsparteien abgeben.

Jede Partei bezeichnet eine Kontaktstelle, die das Sekretariat dieses Abkommens wahrnimmt (Art. 11.2 Abs. 1).

4.8.2

Streitbeilegung

Kapitel 12 (Streitbeilegung) sieht ein detailliertes Konsultations- und Schiedsverfahren vor (Art. 12.1­12.17), das ausgelöst werden kann, wenn eine Vertragspartei eine Massnahme einer anderen Vertragspartei als eine Verletzung der Pflichten aus diesem Abkommen betrachtet (Art. 12.2). Falls der Streitfall sowohl Bestimmungen des Freihandelsabkommens als auch WTO-Bestimmungen betrifft, kann er nach Wahl der klagenden Seite entweder dem Streitschlichtungsverfahren des Freihandelsabkommens oder demjenigen der WTO unterstellt werden (Art. 12.3 Abs. 2). Ein späterer Wechsel des Verfahrens ist jedoch ausgeschlossen.

Artikel 12.5 regelt die formellen Konsultationen, welche die Parteien abhalten müssen, bevor sie die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangen können. Die Partei, welche die Konsultationen veranlasst, informiert auch die am Streit nicht beteiligten Vertragsparteien über ihr Begehren. Die Konsultationen finden im Gemischten Ausschuss statt, ausser wenn eine Streitpartei damit nicht einverstanden ist. In letzterem Fall bleiben die Konsultationen bilateral (zwischen Kolumbien auf der einen Seite und dem oder den EFTA-Staaten auf der anderen Seite). Im Fall einer einvernehmlichen Lösung des Streitfalls werden die anderen Vertragsparteien darüber informiert (Art. 12.5 Abs. 8).

26

Im Sinne von Art. 7a Abs. 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (RVOG); SR 172.010

2379

Falls der Streitpunkt nicht innerhalb von 60 Tagen (in dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 45 Tagen) mittels des erwähnten Konsultationsverfahrens bereinigt werden kann oder falls die Konsultationen nicht innerhalb der im Abkommen festgelegten Fristen abgehalten werden (in dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 30 Tagen, innerhalb von 45 Tagen für alle anderen Angelegenheiten, es sei denn, die Parteien hätten sich auf eine andere Frist geeinigt) oder aber, falls die um Konsultationen ersuchte Vertragspartei dem entsprechenden Antrag nicht innerhalb von 15 Tagen nach dessen Erhalt entsprochen hat, kann die beschwerdeführende Vertragspartei die Einsetzung eines Schiedsgerichts beantragen (Art. 12.6). Wie in anderen EFTA-Freihandelsabkommen können die Vertragsparteien, die nicht am Streit beteiligt sind, unter gewissen Bedingungen als interessierte Parteien am Schiedsverfahren teilnehmen (Art. 12.7).

Das Schiedsgericht setzt sich aus drei Mitgliedern zusammen, wobei die klagende und die beklagte Seite je ein Mitglied ernennt (Art. 12.9 Abs. 1 und 2). Das Mitglied, das den Vorsitz führt, wird von beiden Seiten zusammen ernannt, die je bis zu 4 Kandidatinnen oder Kandidaten für den Vorsitz vorschlagen dürfen. Können sich die Streitparteien nicht einigen, so wird die Ernennung dem Generalsekretär des Ständigen Schiedshofes (in Den Haag) gemäss dem Abkommen zur friedlichen Erledigung internationaler Streitfälle übertragen. Die Auswahl der Mitglieder des Schiedsgerichts erfolgt in einer objektiven und unparteiischen Art und Weise; sie müssen über die erforderliche Sachkenntnis und Erfahrung verfügen, um ihre Aufgabe zu erfüllen (Art. 12.8). Spätestens 90 Tage (in dringlichen Angelegenheiten innerhalb von 50 Tagen) nach seiner Einsetzung legt das Schiedsgericht seinen ersten Bericht vor. Die Streitparteien können innert 14 Tagen dazu Stellung nehmen (Art. 12.13 Abs. 1). Das Schiedsgericht legt den Streitparteien innert 30 Tagen nach Vorlage des ersten Berichts den Schlussbericht vor (Art. 12.13 Abs. 2). Die Entscheide des Schiedsgerichts sind endgültig und für die Streitparteien bindend (Art.

12.16 Abs. 1). Die Berichte werden veröffentlicht, sofern die Streitparteien nichts anderes bestimmen (Art. 12.10 Abs. 4). Die Streitparteien treffen die geeigneten Massnahmen zur Umsetzung der Entscheide. Falls
die Parteien sich nicht auf die zu treffenden Massnahmen verständigen können oder falls eine Partei sich nicht an die vereinbarte Umsetzung hält, halten die Parteien neue Konsultationen ab (Art. 12.16 Abs. 3). Falls keine Vereinbarung erreicht wird, kann die klagende Vertragspartei der beklagten Partei Vorteile, die nach dem Abkommen gewährt werden, aussetzen (Art. 12.17 Abs. 1). In diesem Fall muss die vorübergehende Aussetzung solcher Vorteile in gleichwertigem Ausmass erfolgen wie die Vorteile, die von den Massnahmen betroffen sind und die das Schiedsgericht für abkommenswidrig befunden hat.

4.8.3

Präambel, Allgemeine Bestimmungen, Transparenz- und Schlussbestimmungen

Die Präambel hält die allgemeinen Ziele der Zusammenarbeit zwischen den Parteien im Rahmen des Freihandelsabkommens fest, indem diese in den grösseren Zusammenhang ihrer Beziehungen und der Förderung der Beziehungen zwischen Europa und Südamerika gestellt werden. Die Parteien unterstreichen und bestätigen die Bedeutung, die sie der Achtung der Grundrechte und der Prinzipien der Demokratie, der Menschenrechte, der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sowie der Arbeitnehmerrechte, den völkerrechtlichen Verpflichtungen ­ insbesondere der 2380

Charta der Vereinten Nationen27 und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte beziehungsweise den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) ­ sowie dem Umweltschutz und der nachhaltigen Entwicklung beimessen.

Die Präambel übernimmt auch die in Artikel 1.2 (Zielsetzung) festgehaltenen Ziele, d.h. die WTO-konforme Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen, die Förderung der Investitionen und des Wettbewerbs, die auf Gegenseitigkeit beruhende Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens, den Schutz des geistigen Eigentums und die Ausweitung des Welthandels. Ferner bekräftigen die Parteien ihre Unterstützung der Prinzipien der Unternehmensführung des UN Global Compact28 und ihre Absicht, Transparenz zu fördern sowie Korruption zu verhindern und zu bekämpfen.

Artikel 1.1 des Kapitels 1 (Allgemeine Bestimmungen) hält fest, dass die EFTAStaaten und Kolumbien durch den Abschluss des Freihandelsabkommens und der bilateralen Zusatzabkommen über den Handel mit Landwirtschaftsprodukten eine Freihandelszone errichten. Das Freihandelsabkommen gilt für das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und ihrem innerstaatlichen Recht (Art. 1.3). Das Abkommen hat für die Rechte und Pflichten zwischen den EFTA-Staaten keine Wirkung (Art. 1.5) und schränkt die Steuerhoheit der Parteien nicht ein (Art. 1.7). Vorbehalten sind in dieser Hinsicht allerdings die Disziplinen zur Sicherstellung des Grundsatzes der Inländerbehandlung (Art. 2.11, 4.5 und 5.3) sowie des Prinzips der Meistbegünstigung (Art. 4.3) in den betroffenen Bereichen. Um der wachsenden Bedeutung des elektronischen Handels bei der Entwicklung des internationalen Handels im Allgemeinen Rechnung zu tragen, enthält das Freihandelsabkommen einen Artikel (Art. 1.8) und einen Anhang (Anhang I) zu diesem Thema. In diesem Artikel anerkennen die Parteien einerseits die wachsende Bedeutung des elektronischen Handels für den Handel zwischen ihnen, andererseits verpflichten sie sich, ihre Zusammenarbeit in diesem Bereich zu verstärken, um die Bestimmungen des Abkommens zum Warenhandel (s. Ziff 4.1) und zum Dienstleistungshandel (s. Ziff. 4.2) zu festigen. Die Modalitäten dieser Zusammenarbeit, die in erster Linie auf einem Informationsaustausch und der Einrichtung einer Kontaktstelle zur
Förderung dieses Austauschs basiert, werden im Anhang geregelt. Im Anhang anerkennen die Parteien auch die Bedeutung, keine Hindernisse für die Nutzung und die Entwicklung des elektronischen Handels zu errichten, sowie das Bedürfnis, ein vertrauenswürdiges Umfeld für die Nutzerinnen und Nutzer zu schaffen. Schliesslich bestätigen die Parteien ihre Absicht, ihre Anstrengungen fortzusetzen, um den elektronischen Handel zwischen ihnen zu fördern und das multilaterale Handelssystem zu stärken.

Kapitel 9 (Transparenz, Art. 9.1 und 9.2) regelt die Informationspflichten der Parteien. Einerseits müssen diese ihre Gesetze, Vorschriften und allgemein anwendbaren Verwaltungsentscheide veröffentlichen oder zugänglich machen, ebenso internationale Abkommen und, soweit verfügbar, Gerichtsentscheide, die einen Einfluss auf die Umsetzung des Freihandelsabkommens haben. Zu dieser allgemeinen Verpflichtung kommt die Pflicht hinzu, im Rahmen des in der nationalen Gesetzgebung Zulässigen Informationen zur Verfügung zu stellen und spezifische Fragen im Zusammenhang mit Massnahmen zu beantworten, welche die Anwendung des Abkommens berühren. Innert 90 Tagen nach dessen Inkrafttreten bezeich27 28

SR 0.120 http://www.unglobalcompact.org/languages/french/index.html

2381

net jede Vertragspartei ihre für diesen Informationsaustausch zuständige Behörde und gibt diese den übrigen Vertragsparteien bekannt.

Kapitel 13 (Schlussbestimmungen) regelt das Inkrafttreten des Abkommens (Art. 13.2, s. Ziff. 6), die Änderungen (Art. 13.3, s. Ziff. 4.8.1), den Rücktritt einer Partei oder das Erlöschen des Abkommens (Art. 13.5), das Verhältnis zwischen dem Hauptabkommen und den Zusatzabkommen (Art. 13.6, s. Ziff. 5) sowie die Aufnahme neuer Parteien. Das Abkommen ermöglicht ­ auf Einladung des Gemischten Ausschusses und zu Bedingungen, die mit den Parteien ausgehandelt werden müssen ­ den Beitritt neuer Parteien (Art. 13.4). Artikel 13.7 hält fest, dass die Vertragsparteien diesem Freihandelsabkommen ohne Vorbehalte im Sinne des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge29 beitreten. Im Fall von Abweichungen zwischen dem verbindlichen englischen und spanischen Wortlaut des Freihandelsabkommens geht der englische Text vor (Art. 13.8). Die Regierung Norwegens ist Depositar des Abkommens (Art. 13.9).

4.9

Verständigungsprotokoll

Die Parteien haben parallel zum Freihandelsabkommen ein Verständigungsprotokoll abgeschlossen, das Präzisierungen zur Auslegung gewisser Bestimmungen des Abkommenskapitels über den Dienstleistungshandel (s. Ziff. 4.2) enthält.

5

Inhalt des bilateralen Landwirtschaftsabkommens Schweiz­Kolumbien

Angesichts der Tatsache, dass die schweizerischen Importe aus Kolumbien zu einem nicht vernachlässigbaren Teil aus Landwirtschaftsprodukten bestehen (s. Ziff. 2), gestalteten sich die bilateralen Agrarverhandlungen recht schwierig. Dennoch konnten die wichtigsten Erwartungen Kolumbiens bezüglich Konzessionen der Schweiz für den Handel mit Landwirtschaftsprodukten im Wesentlichen erfüllt werden, ohne dass die Schweiz Konzessionen machen musste, die ihre Landwirtschaftspolitik in Frage stellen.

Die bilateralen Landwirtschaftsabkommen der einzelnen EFTA-Staaten mit Kolumbien decken den Handel mit Landwirtschaftsprodukten ab, die vom Freihandelsabkommen nicht erfasst werden (Art. 2). Die bilateralen Abkommen sind rechtlich mit dem Freihandelsabkommen verbunden (Art. 12, s. Ziff. 4.8.3) und können keine eigenständige Rechtswirkung erlangen. Das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Kolumbien (Anhang 3 zu dieser Botschaft) ist auch auf das Fürstentum Liechtenstein anwendbar (Art. 1 Abs. 2).

Im nichttarifären Bereich wird auf die relevanten Regeln der WTO (Art. 9) beziehungsweise auf diejenigen des Freihandelsabkommens (Art. 6) verwiesen. Dies gilt auch für die Schutzmassnahmen bei Marktstörungen. Bei Streitfällen kann entweder das Streitbeilegungsverfahren der WTO oder dasjenige des Freihandelsabkommens (s. Ziff. 4.8.2) angerufen werden. Zur Verwaltung und Weiterentwicklung des Landwirtschaftsabkommens wird ein bilateraler Landwirtschaftsausschuss eingesetzt 29

SR 0.111

2382

(Art. 7). Er wird voraussichtlich gleichzeitig mit den Sitzungen des Gemischten Ausschusses des Freihandelsabkommens tagen.

Im tarifären Bereich gewähren sich die Parteien Zollkonzessionen für ausgewählte Produkte. Kolumbien gewährt der Schweiz Zollkonzessionen oder einen zollfreien Zugang u.a. für Trockenfleisch, Apfelsaft, Traubenmost und Wein sowie, auf Gegenseitigkeit beruhend, für Zigaretten und andere Tabakerzeugnisse. Zudem räumt Kolumbien der Schweiz ein zollfreies Kontingent von jährlich 100 Tonnen Frischkäse ein, dessen Limitierung nach 17 Jahren aufgehoben wird. Kolumbien gewährt ferner zwei Zollfreikontingente von 200 Tonnen, das erste für Schmelzkäse und das zweite für Weich-, Halbhart- und Hartkäse (z.B. Gruyère, Emmentaler, Vacherin fribourgeois, Walliser Raclette), die je innerhalb eines Zeitraums von 17 Jahren schrittweise auf 500 Tonnen angehoben werden. Neben den Zollfreikontingenten wird der Schweiz eine Senkung der Zollsätze um 20 % gewährt (Anhang I).

Die von der Schweiz eingeräumten Konzessionen (Anhang II) bestehen in der Reduktion oder Beseitigung der Einfuhrzölle für ausgewählte Landwirtschaftsprodukte, für die Kolumbien ein besonderes Interesse geltend gemacht hat (z.B. Bananen, tropische Früchte und gewisse Blumen). Soweit anwendbar bewegen sich die Zugeständnisse der Schweiz im Rahmen der WTO-Zollkontingente und der saisonalen Einschränkungen. Ausserdem konsolidiert die Schweiz vertraglich nahezu 95 % der Konzessionen, die sie Kolumbien bisher autonom im Rahmen ihres Allgemeinen Präferenzsystems (APS) gewährt hat. Für die restlichen Produkte, die bisher ebenfalls einen vergünstigten Zugang nach APS genossen haben, wird die Schweiz die Anwendung des APS autonom verlängern, solange sie ihr APS-System aufrechterhält und Kolumbien darunter fällt. Die Situation im Bereich Agrarhandel für die Produkte, die weiterhin autonom vom APS abgedeckt werden, wird nach Abschluss der Umsetzungsphase der Doha-Runde oder spätestens 8 Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens überprüft.

Die Ursprungsregeln (s. Ziff. 4.1.3) und die Bestimmungen zu den Zollverfahren des Freihandelsabkommens gelten für den Handel mit Landwirtschaftsprodukten gemäss dem bilateralen Landwirtschaftsabkommen (Art. 5).

Die Schweiz hat keine Zugeständnisse gemacht, die sie nicht bereits anderen Freihandelspartnern
gewährt oder autonom im Rahmen des APS zugestanden hat. Der Zollschutz für Produkte, die für die Schweizer Landwirtschaft sensibel sind, bleibt aufrechterhalten. Das Abkommen hat auch keine Auswirkungen auf bestehende multilaterale Verpflichtungen der Schweiz.

6

Inkrafttreten

Artikel 13.2 Absatz 2 des Freihandelsabkommens legt fest, dass dieses für Kolumbien und einen EFTA-Staat am ersten Tag des dritten Monats, nachdem Kolumbien und dieser EFTA-Staat ihre Ratifikationsurkunden hinterlegt haben, in Kraft tritt.

Für EFTA-Staaten, die ihre Ratifikationsurkunden nach Inkrafttreten des Abkommens hinterlegen, tritt das Abkommen am ersten Tag des dritten Monats nach der Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunden in Kraft. Das Landwirtschaftsabkommen tritt nach Artikel 13.6 Absatz 1 des Freihandelsabkommens und nach Artikel 12 Absatz 1 des bilateralen Landwirtschaftsabkommens gleichzeitig mit dem Freihandelsabkommen in Kraft.

2383

Da diese Abkommen in Kolumbien nicht nur vom Parlament, sondern auch vom Verfassungsgericht genehmigt werden müssen, ist ihr Inkrafttreten nicht vor Anfang 2010 zu erwarten.

7

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

Die Schweiz gewährt Kolumbien schon bisher im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS) auf autonomer Basis einseitige Zollzugeständnisse in weitgehend gleichem Umfang wie gemäss dem neuen Abkommen (s. Ziff. 4.1.1). Da ein Grossteil der Einfuhren aus Kolumbien bereits im Rahmen des APS zollbefreit ist, werden die Zolleinnahmen nur in dem (beschränkten) Masse zurückgehen, in dem die Zugeständnisse des Abkommens über diejenigen des APS hinausgehen (z.B. für Bananen oder Kaffee). 2008 betrugen die auf den Einfuhren aus Kolumbien erhobenen Zölle insgesamt rund 2,2 Millionen Franken. Der aus dem Freihandelsabkommen resultierende Rückgang der Zolleinnahmen ist zudem in Beziehung zur Verbesserung der Absatzperspektiven für die Schweizer Exporte auf dem kolumbianischen Markt zu setzen.

Die Begleitmassnahmen (Wirtschaftszusammenarbeit und technische Unterstützung) im Zusammenhang mit der Umsetzung des Freihandelsabkommens mit Kolumbien erfolgen im Rahmen der bestehenden Kredite und Finanzmittel in diesem Bereich (s. Ziff. 4.7).

Personelle Auswirkungen beim Bund können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und zu verwaltender Freihandelsabkommen ergeben. Diese Auswirkungen sind innerhalb der Bundesverwaltung auszugleichen. Für Kantone und Gemeinden haben die Abkommen mit Kolumbien weder finanzielle noch personelle Auswirkungen.

8

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Dank dem Freihandelsabkommen werden die EFTA-Staaten auf der Grundlage der Gegenseitigkeit den diskriminierungsfreien Marktzugang für Industrieprodukte auf dem kolumbianischen Markt erhalten (insbesondere gegenüber unseren Hauptkonkurrenten aus den USA, Kanada und der EU, die mit Kolumbien ebenfalls Präferenzabkommen abgeschlossen haben oder ein solches zurzeit aushandeln). Weiter erreichen die EFTA-Staaten und Kolumbien einen Zugang zu öffentlichen Beschaffungsmärkten, dessen Verpflichtungsniveau weitgehend vergleichbar ist mit demjenigen des plurilateralen WTO-Abkommens über das öffentliche Beschaffungswesen.

Bezüglich des geistigen Eigentums wird der Schutz über den WTO/TRIPS-Standard hinaus gefestigt und verbessert. Die Freihandelspartner erhalten schliesslich Öffnungen und Rechtsgarantien für Investitionen und zahlreiche Dienstleistungssektoren (u.a. niederlassungsrechtliche Garantien für die Unternehmen).

Dank dem Zollabbau sowie der Garantie des diskriminierungsfreien Marktzugangs für Investitionen, in zahlreichen Dienstleistungssektoren und zum öffentlichen Beschaffungswesen wirken sich die Abkommen mit Kolumbien auf Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz und in Kolumbien positiv aus. Insbesondere wird der Wegfall kolumbianischer Einfuhrzölle die schweizeri2384

schen Exporte nach Kolumbien begünstigen. Auch wenn sich die Zollentlastung der Importe aus Kolumbien angesichts des schon heute tiefen schweizerischen Zollniveaus in Grenzen hält (s. Ziff. 7), werden die Konsumentinnen und Konsumenten in der Schweiz sowie die Unternehmen unseres Landes, die Vorprodukte aus Kolumbien einführen, ebenfalls entsprechend entlastet. Aus all diesen Elementen resultiert eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schweiz.

Da die Zugeständnisse der Schweiz an Kolumbien im Bereich der Landwirtschaft entweder schon anderen Freihandelspartnern oder Entwicklungsländern im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems zugestanden worden sind und durchwegs im Rahmen der WTO-Zollkontingente (soweit vorhanden) gewährt werden, sind keine nennenswerten Auswirkungen auf die schweizerische Landwirtschaft zu erwarten (s. Ziff. 5).

9

Legislaturplanung

Das Freihandelsabkommen mit Kolumbien und das bilaterale Landwirtschaftabkommen fallen unter die Massnahme «Ausbau des Netzes von Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU», die in der Botschaft vom 23. Januar 200830 über die Legislaturplanung 2007­2011 und im Bundesbeschluss vom 18. September 200831 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt sind.

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Bezug zur WTO und Verhältnis zum europäischen Recht

Die Schweiz und die übrigen EFTA-Staaten sowie Kolumbien sind Mitglieder der WTO. Die Vertragsparteien sind der Auffassung, dass das vorliegende Abkommen im Einklang mit den aus der WTO-Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen steht. Freihandelsabkommen unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

Der Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten steht weder mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen noch mit den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch. Es werden namentlich keine Rechte und Pflichten im Verhältnis zur Europäischen Union berührt.

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Geltung für das Fürstentum Liechtenstein

Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Unterzeichnerstaat des Freihandelsakommens mit Kolumbien. Aufgrund des Vertrags vom 29. März 1923 zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein (Zollvertrag32), wendet die Schweiz die im Freihandelsabkommen enthaltenenen Bestimmungen über den Warenverkehr auch auf Liechtenstein an. Aufgrund des Zollvertrags gilt auch das 30 31 32

BBl 2008 784 817 BBl 2008 8544 SR 0.631.112.514

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bilaterale Landwirtschaftsabkommen mit Kolumbien für das Fürstentum Liechtenstein (Art. 1 Abs. 2 des Landwirtschaftsabkommens).

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Veröffentlichung der Anhänge zum Freihandelsabkommen EFTA-Kolumbien

Die Anhänge zum Freihandelsabkommen umfassen insgesamt mehrere hundert Seiten. Es handelt sich zur Hauptsache um Bestimmungen technischer Natur. Nach den Artikeln 5 und 13 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200433 sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 17. November 200434 kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Vertrieb Publikationen, 3003 Bern35 bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariats verfügbar36. Übersetzungen von Anhang V des Freihandelsabkommens über die Ursprungsregeln und Zollverfahren werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung elektronisch publiziert37.

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Verfassungsmässigkeit

Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung38 (BV) sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV. Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen sowie solche, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das Freihandelsabkommen kann unter Einhaltung einer Vorankündigungsfrist von sechs Monaten jederzeit gekündigt werden (Art. 13.5 des Freihandelsabkommens).

Eine Kündigung des Abkommens bewirkt die automatische Beendigung des Landwirtschaftsabkommens (Art. 13.6 Abs. 2 des Freihandelsabkommens und Art. 12 Abs. 2 des Landwirtschaftsabkommens). Es liegt kein Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Für die Umsetzung der Abkommen sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Die vorliegenden Abkommen enthalten verschiedene rechtsetzende Bestimmungen (Zollkonzessionen, Gleichbehandlungsgebote usw.). Zur Frage, ob es sich dabei um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV handelt (vgl. auch Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes39), ist einerseits festzuhalten, dass die Abkommensbestimmungen im Rahmen der Verordnungs-

33 34 35 36 37 38 39

SR 170.512 SR 170.512.1 http://www.bundespublikationen.admin.ch/de.html?

http://www.efta.int/content/free-trade/fta-countries/colombia http://www.ezv.admin.ch/index.html?lang=de SR 101 SR 171.10

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kompetenzen, die das Zolltarifgesetz40 dem Bundesrat für Zollkonzessionen einräumt, umgesetzt werden können. Andererseits sind die Bestimmungen nicht als grundlegend einzustufen. Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die Schweizer Gesetzgebung. Die Verpflichtungen dieser Abkommen bewegen sich im Rahmen anderer von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen. Inhaltlich sind sie vergleichbar ausgestaltet wie andere in den letzten Jahren im EFTA-Rahmen abgeschlossene Drittlandabkommen und sind von ähnlichem rechtlichem, wirtschaftlichem und politischem Gewicht. Die in einzelnen Bereichen festzustellenden Unterschiede (z.B. in den Bereichen der Handelserleichterung oder der Biodiversität) haben im Vergleich zum Inhalt von früher abgeschlossenen Abkommen keine zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz zur Folge.

Anlässlich der Beratung der Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 22. April 2004 sowie bei den Beratungen der Botschaften zu den Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Chile, der Republik Tunesien, der Republik Korea, den SACU-Mitgliedstaaten und Ägypten haben beide Räte die Haltung des Bundesrates unterstützt, wonach internationale Abkommen, die diesen Kriterien entsprechen, nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen.

Bei den vorliegenden Abkommen handelt es sich um politische eindeutig akzeptierte Abkommen ohne wesentlich neuen Inhalt. Bei dieser Kategorie wird aufgrund von Artikel 2 des Vernehmlassungsgesetzes41 auf eine Vernehmlassung verzichtet: Inhaltlich stimmen das Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Kolumbien und das Landwirtschaftsabkommens zwischen der Schweiz und Kolumbien im Wesentlichen mit vergleichbaren Abkommen ­ insbesondere mit den im Rahmen der EFTA abgeschlossenen Freihandelsabkommen mit Mexiko, Singapur, Chile und der Republik Korea ­ überein, und ihre politische Akzeptanz wurde im Rahmen der Konsultation über das Verhandlungsmandat bei den zuständigen parlamentarischen Kommissionen42 und der Konferenz der Kantonsregierungen sowie im Rahmen der Information interessierter Kreise, insbesondere von Wirtschaftsverbänden und Nichtregierungsorganisationen, geklärt.

40 41 42

SR 632.10 SR 172.061 Die Konsultationen fanden am 29. Januar 2007 für die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates und am 1. Februar 2007 für die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates statt.

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