08.080 Botschaft zur Volksinitiative «gegen die Abzockerei» und zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht) vom 5. Dezember 2008

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft beantragen wir Ihnen, die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» Volk und Ständen mit der Empfehlung auf Ablehnung zur Abstimmung zu unterbreiten. Gleichzeitig unterbreiten wir Ihnen mit dem Antrag auf Zustimmung einen indirekten Gegenvorschlag, nämlich eine Änderung des Obligationenrechts.

Die Vorlage ist als Zusatzbotschaft zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts (08.011) ausgestaltet.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

5. Dezember 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2008-2374

299

Übersicht Die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» will von den Initiantinnen und Initianten als überhöht empfundenen Vergütungen des obersten Managements von börsenkotierten Aktiengesellschaften Einhalt bieten. Dieses Ziel wird primär durch die Verbesserung der Corporate Governance angestrebt. Die Aktionärinnen und Aktionäre sollen vermehrt auf die Vergütungspolitik des obersten Kaders Einfluss nehmen können.

Zu diesem Zweck verlangt die Initiative ausschliesslich für börsenkotierte Aktiengesellschaften Folgendes: ­

Die Generalversammlung stimmt jährlich über die Gesamtsumme der Vergütungen des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates ab.

­

Das Präsidium, die Mitglieder sowie der Vergütungsausschuss des Verwaltungsrates werden jährlich und einzeln von der Generalversammlung gewählt.

­

Es ist nur noch eine unabhängige Stimmrechtsvertretung zulässig, Organund Depotstimmrechtsvertretung werden untersagt.

­

Pensionskassen berücksichtigen bei der Ausübung ihres Stimm- und Wahlrechts das Interesse der bei ihnen versicherten Personen und legen offen, wie sie abgestimmt und wen sie gewählt haben.

­

Um an der Generalversammlung nicht mehr persönlich teilnehmen zu müssen, können sich die Aktionärinnen und Aktionäre zur Ausübung ihres Stimm- und Wahlrechts elektronischer Kommunikationsmittel bedienen.

­

Organmitglieder erhalten keine Abgangsentschädigungen und Vergütungen im Voraus. Firmenkäufe und -verkäufe dürfen nicht mit zusätzlichen Prämien für die Organmitglieder honoriert werden.

­

In Konzernverhältnissen dürfen Organmitglieder nicht bei mehreren Konzernunternehmen gleichzeitig als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Beraterinnen und Berater tätig sein.

­

Die Führung der Gesellschaft darf nicht an eine juristische Person delegiert werden.

­

Die Statuten enthalten Bestimmungen über die Höhe der Kredite, Darlehen und Renten an Organmitglieder. Auch Erfolgs- und Beteiligungspläne werden in den Statuten geregelt. Die Dauer der Arbeitsverträge der Geschäftsleitungsmitglieder und die zulässige Anzahl externer Mandate der Organmitglieder werden ebenfalls aus den Statuten ersichtlich.

­

Widerhandlungen gegen die Vorschriften der Initiative werden mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und Geldstrafe in der Höhe von maximal sechs Jahresvergütungen bestraft.

­

Die Forderungen der Initiative sollen auf Gesetzesstufe innerhalb eines Jahres nach Annahme durch Volk und Stände umgesetzt werden.

300

Die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» verlangt für die Verbesserung der Corporate Governance erhebliche Eingriffe in die Privatautonomie, Sonderregelungen, Verbote und strafrechtliche Sanktionen. Angestrebt wird damit eine Reduktion der Vergütungen des obersten Managements.

Das Bedürfnis, die Corporate Governance zu verbessern, ist einer der Gründe, die den Anstoss zur laufenden Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts gaben.

Der Entwurf des Bundesrates vom 21. Dezember 2007 (Entwurf 1) enthält Neuerungen, die das Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Organen der Gesellschaft, eine erhöhte Transparenz bei den Vergütungen des obersten Managements und der gesellschaftsinternen Vorgänge sowie die Sicherung der Stellung der Aktionärinnen und Aktionäre als Eigentümerinnen und Eigentümer des Unternehmens bezwecken.

Im Vergleich zur Initiative ist die Revisionsvorlage umfangreicher und erfasst grundsätzlich sämtliche der rund 180 000 Aktiengesellschaften des schweizerischen Rechts, unabhängig davon, ob deren Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert sind oder nicht. In der vorliegenden Botschaft werden dem Parlament zudem weitergehende Gesetzesänderungen unterbreitet, die eine angemessene Antwort auf die Vergütungsproblematik liefern sollen und den Entwurf 1 ergänzen. (Dieser ergänzende Entwurf wird im Folgenden als Entwurf 2 bezeichnet.)

In mehreren Punkten stimmen der Entwurf zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts einschliesslich der Anträge, die in der vorliegenden Botschaft enthalten sind (ergänzter Entwurf) und Initiative überein. Wo Abweichungen bestehen, ist der ergänzte Entwurf insgesamt massvoller und weniger rigoros. Er verzichtet auf einengende Statutenbestimmungen, Verbote und Strafen. Dadurch bleibt den Aktionärinnen und Aktionären auch in Zukunft genügend Raum, um die Gesellschaft nach ihren Bedürfnissen zu gestalten. Angesichts dieser Ausführungen betrachtet der Bundesrat den ergänzten Entwurf als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «gegen die Abzockerei».

Gibt die Schweiz ihr liberales Gesellschaftsrecht zugunsten schwerfälliger und restriktiver Vorschriften auf, so verliert sie damit einen wichtigen Standortvorteil gegenüber dem Ausland. Die Folge wären vermehrte Gründungen im Ausland, Sitzverlegungen ins Ausland und weniger Zuzüge von Unternehmen
in die Schweiz.

Damit verbunden wären der Verlust von Arbeitsplätzen und Steuerausfälle.

Bei einer Annahme der Initiative drängte sich erneut eine vertiefte Überarbeitung des Aktienrechts auf. Als Folge davon müsste mit zeitlichen Verzögerungen und Rechtsunsicherheiten gerechnet werden. Die Umsetzung der Initiative würde zudem in verschiedenen Rechtsgebieten grössere Anpassungen nötig machen, da sich die geforderten Neuerungen nicht nahtlos in das System des geltenden Rechts einfügen.

Aufgrund dieser Überlegungen beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Gleichzeitig empfiehlt er den eidgenössischen Räten, dem indirekten Gegenvorschlag zuzustimmen.

301

Inhaltsverzeichnis Übersicht

300

1 Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative 1.1 Wortlaut der Initiative 1.2 Zustandekommen 1.3 Behandlungsfristen 1.4 Gültigkeit

304 304 305 305 305

2 Ausgangslage für die Entstehung der Initiative 2.1 Wirtschaftsskandale 2.2 Massnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance in der Schweiz 2.3 Kritik des Initiativkomitees 2.4 Umsetzung der Corporate Governance im Ausland 2.4.1 OECD-Grundsätze der Corporate Governance 2.4.2 Ausländische Corporate-Governance-Kodizes

306 306

3 Ziel und Inhalt der Initiative 3.1 Ziel 3.2 Inhalt

309 309 309

4 Der indirekte Gegenvorschlag 4.1 Grundzüge des indirekten Gegenvorschlags 4.1.1 Ausgangslage 4.1.2 Reformgeschichte 4.1.3 Die zentralen Revisionsanliegen 4.1.4 Umsetzung 4.1.5 Rechtliche Aspekte und Auswirkungen 4.2 Erläuterung der einzelnen Artikel 4.2.1 Klage auf Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungen 4.2.2 Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrates und der mit der Geschäftsführung befassten Personen 4.2.3 Regelung der Vergütungen 4.2.4 Übergangsbestimmungen 4.2.5 Änderung bisherigen Rechts

310 310 310 313 314 315 315 316 316 318 319 327 327

5 Würdigung der Initiative 5.1 Würdigung der Ziele der Initiative 5.2 Bereits erfüllte Forderungen der Initiative 5.3 Anderweitig berücksichtigte Forderungen der Initiative 5.4 Vorzüge und Mängel der Initiative 5.4.1 Vorzüge 5.4.2 Mängel 5.4.3 Vergleich mit dem indirekten Gegenvorschlag

328 328 328 330 335 335 335 336

302

306 308 308 308 308

5.5 Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme 5.5.1 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 5.5.2 Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden 6 Schlussfolgerungen

338 338 338 339

Bundesbeschluss über die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» (Entwurf) 341 Obligationenrecht (Aktienrecht) (Entwurf)

343

303

Botschaft 1

Formelle Aspekte und Gültigkeit der Initiative

1.1

Wortlaut der Initiative

Die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» hat folgenden Wortlaut: I Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert: Art. 95 Abs. 3 (neu) Zum Schutz der Volkswirtschaft, des Privateigentums und der Aktionärinnen und Aktionäre sowie im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensführung regelt das Gesetz die im In- oder Ausland kotierten Schweizer Aktiengesellschaften nach folgenden Grundsätzen:

3

a.

Die Generalversammlung stimmt jährlich über die Gesamtsumme aller Vergütungen (Geld und Wert der Sachleistungen) des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates ab. Sie wählt jährlich die Verwaltungsratspräsidentin oder den Verwaltungsratspräsidenten und einzeln die Mitglieder des Verwaltungsrates und des Vergütungsausschusses sowie die unabhängige Stimmrechtsvertreterin oder den unabhängigen Stimmrechtsvertreter. Die Pensionskassen stimmen im Interesse ihrer Versicherten ab und legen offen, wie sie gestimmt haben. Die Aktionärinnen und Aktionäre können elektronisch fernabstimmen; die Organ- und Depotstimmrechtsvertretung ist untersagt.

b.

Die Organmitglieder erhalten keine Abgangs- oder andere Entschädigung, keine Vergütung im Voraus, keine Prämie für Firmenkäufe und -verkäufe und keinen zusätzlichen Berater- oder Arbeitsvertrag von einer anderen Gesellschaft der Gruppe. Die Führung der Gesellschaft kann nicht an eine juristische Person delegiert werden.

c.

Die Statuten regeln die Höhe der Kredite, Darlehen und Renten an die Organmitglieder, deren Erfolgs- und Beteiligungspläne und deren Anzahl Mandate ausserhalb des Konzerns sowie die Dauer der Arbeitsverträge der Geschäftsleitungsmitglieder.

d.

Widerhandlung gegen die Bestimmungen nach den Buchstaben a­c wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und Geldstrafe bis zu sechs Jahresvergütungen bestraft.

1

304

SR 101

II Die Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung werden wie folgt ergänzt: Art. 197 Ziffer 8 (neu) 8. Übergangsbestimmung zu Art. 95 Abs. 3 Bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen erlässt der Bundesrat innerhalb eines Jahres nach Annahme von Artikel 95 Absatz 3 durch Volk und Stände die erforderlichen Ausführungsbestimmungen.

1.2

Zustandekommen

Die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» wurde am 17. Oktober 20062 von der Bundeskanzlei vorgeprüft und am 26. Februar 2008 mit den nötigen Unterschriften eingereicht.

Mit Verfügung vom 2. April 20083 stellte die Bundeskanzlei fest, dass die Initiative mit 114 260 gültigen Unterschriften zu Stande gekommen ist.

1.3

Behandlungsfristen

Die Initiative hat die Form eines ausgearbeiteten Entwurfs. Der Bundesrat unterbreitet dazu einen indirekten Gegenentwurf. Nach Artikel 97 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20024 (ParlG) hat der Bundesrat somit spätestens bis zum 26. August 2009 einen Beschlussentwurf und eine Botschaft zu unterbreiten.

Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG bis zum 26. August 2010 über die Volksinitiative zu beschliessen. Sie kann diese Frist um ein Jahr verlängern, wenn mindestens ein Rat über einen Gegenentwurf oder einen mit der Volksinitiative eng zusammenhängenden Erlassentwurf Beschluss gefasst hat (Art. 105 Abs. 1 ParlG).

1.4

Gültigkeit

Die Initiative erfüllt die Anforderungen an die Gültigkeit nach Artikel 139 Absatz 2 der Bundesverfassung5 (BV).

2 3 4 5

­

Sie ist als vollständig ausgearbeiteter Entwurf formuliert und erfüllt die Anforderungen an die Einheit der Form.

­

Zwischen den einzelnen Teilen der Initiative besteht ein sachlicher Zusammenhang. Die Initiative erfüllt somit die Anforderungen an die Einheit der Materie.

BBl 2006 8755 BBl 2008 2577 SR 171.10 SR 101

305

­

Die Initiative verletzt keine zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts.

Sie erfüllt somit die Anforderungen an die Vereinbarkeit mit dem Völkerrecht.

Die offensichtliche faktische Undurchführbarkeit einer Initiative gilt als einzige ungeschriebene materielle Schranke einer Verfassungsrevision. Die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» ist weder in rechtlicher Hinsicht unmöglich zu realisieren noch ist sie faktisch undurchführbar.

Die Initiative ist deshalb als gültig zu erklären.

2

Ausgangslage für die Entstehung der Initiative

2.1

Wirtschaftsskandale

In den vergangenen Jahren sorgten in der Schweiz mehrere Wirtschaftsskandale ­ namentlich der Swissair-Konkurs ­ für negative Schlagzeilen. Vor diesem Hintergrund gerieten insbesondere Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsmitglieder vorwiegend von börsenkotierten Aktiengesellschaften ins Zentrum der Kritik. Trotz erwirtschafteten Verlusten haben sie Vergütungen in beachtlicher Höhe bezogen.

Auf wenig Verständnis stiessen auch jene Kadermitglieder, die sich beim Ausscheiden aus der Unternehmung hohe Abgangsentschädigungen ausrichten liessen. Die Öffentlichkeit und die Medien haben solche Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsmitglieder als «Abzocker» wahrgenommen und dargestellt. Durch die gegenwärtige Finanzkrise ist dieses Thema erneut in den Vordergrund gerückt.

2.2

Massnahmen zur Verbesserung der Corporate Governance in der Schweiz

Anpassungen auf Gesetzesstufe Die in Ziffer 2.1 erwähnten Ereignisse führten zu einer Vielzahl von parlamentarischen Vorstössen6, die eine Verbesserung der Corporate Governance7 in der Schweiz anregten. Das Bundesamt für Justiz beauftragte im Jahr 2002 eine Expertengruppe mit der Ausarbeitung von Verbesserungsvorschlägen. Gestützt auf den

6

7

306

Statt vieler: 01.3153 Motion Leutenegger Oberholzer «Transparenz der Kaderlöhne und Verwaltungsratsentschädigungen», in Postulatsform überwiesen; 01.3329 Motion Walker «Corporate Governance in der Aktiengesellschaft», in Postulatsform überwiesen; 01.424 Parlamentarische Initiative Chiffelle «Transparenz bei börsenkotierten Firmen»; 02.406 Parlamentarische Initiative Fraktion der Schweizerischen Volkspartei «Offenlegung der Entschädigungen und der Beteiligungen der Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung»; 02.3019 Interpellation Reimann «Börsenkotierte Unternehmen. Offenlegungspflicht der Bezüge von VR- und GL-Mitgliedern. Depotstimmrecht der Banken»; 02.3086 Postulat Walker «Corporate Governance. Anlegerschutz»; 02.3698 Postulat Walker «Rahmenbedingungen für eine gesellschaftspolitisch legitimierte Wirtschaft».

Corporate Governance ist ein angelsächsischer Begriff: Die Corporate Governance bezweckt ein funktionales Gleichgewicht zwischen den verschiedenen Organen der Gesellschaft (checks and balances), eine ausreichende Transparenz der gesellschaftsinternen Vorgänge und die Sicherung der Rechtsstellung der Aktionärinnen und Aktionäre.

Zwischenbericht der Expertengruppe wurde zunächst eine Gesetzesvorlage8 zur Transparenz der Vergütungen von Mitgliedern des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung von Publikumsgesellschaften ausgearbeitet. Die neuen Bestimmungen traten am 1. Januar 2007 in Kraft.9 Die neuen Offenlegungsvorschriften finden das erste Mal auf die Jahresrechnung 2007 Anwendung.

Der ausführliche Schlussbericht10 der Expertengruppe wurde im Herbst 2003 eingereicht und fand Eingang in die Revisionsvorlage des Aktien- und Rechnungslegungsrechts. Der Vorentwurf des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) zu einer Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts umfasste die Themengebiete Corporate Governance, Kapitalstrukturen und die Modernisierung der Generalversammlung. Ende 2005 wurde das Vernehmlassungsverfahren eröffnet. Die Vorschläge zur Corporate Governance wurden kontrovers aufgenommen.

Der Ausbau der Aktionärsrechte sowie die Neuregelung der institutionellen Stimmrechtsvertretung stiessen auf Widerstand von Seiten der Unternehmer. Die Bestimmungen betreffend die Vergütungen des obersten Managements und die jährliche Wahl des Verwaltungsrates waren ebenfalls umstritten. Das EJPD berücksichtigte diese Erkenntnisse bei der Ausarbeitung des Entwurfs und der Botschaft zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts11, die der Bundesrat am 21. Dezember 2007 verabschiedet hat (Entwurf 1).

Selbstregulierung der Schweizer Wirtschaft Losgelöst von den Massnahmen des Gesetzgebers strebt die Schweizer Wirtschaft eine Verbesserung der Corporate Governance durch Selbstregulierung an. Die Schweizer Börse, SWX Swiss Exchange, erliess Anfang 2002 eine Richtlinie betreffend Informationen zur Corporate Governance (Corporate-Governance-Richtlinie, RLCG)12. Dieser Richtlinie sind sämtliche Unternehmen unterstellt, deren Beteiligungspapiere an der Schweizer Börse kotiert sind. Die Richtlinie bezweckt, den Investoren Schlüsselinformationen zu verschaffen. Der Verband der Schweizer Unternehmen, economiesuisse, schuf ebenfalls im Jahr 2002 den «Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance»13. Dieser Kodex enthält Empfehlungen für Unternehmen und Organisationen zur Corporate Governance. Beide Werke werden laufend den aktuellen Entwicklungen angepasst.

8

9 10 11 12

13

Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Transparenz betreffend Vergütungen an Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung) vom 23. Juni 2004, BBl 2004 4471.

AS 2006 2629 Peter Böckli/Claire Huguenin/François Dessemontet, Expertenbericht der Arbeitsgruppe «Corporate Governance» zur Teilrevision des Aktienrechts, Zürich 2004.

BBl 2008 1589 Der Text ist im Internet abrufbar unter http://www.six-swiss-exchange.com/download/admission/regulation/guidelines/ swx_guideline_20070101-1_de.pdf Der Text ist im Internet abrufbar unter http://www.economiesuisse.ch/web/de/PDF%20Download%20Files/ pospap_swiss-code_corp-govern_20080221_de.pdf

307

2.3

Kritik des Initiativkomitees

Für das Initiativkomitee14 rund um Herrn Thomas Minder, Geschäftsführer der Trybol AG, geht der Entwurf 1 bezüglich der Verbesserung der Corporate Governance zu wenig weit. Es wurde geltend gemacht, dass von den Forderungen der Volksinitiative nur gerade das Verbot der Organ- und Depotstimmrechtsvertretung sowie die Einzelwahl der Verwaltungsratsmitglieder in den Entwurf aufgenommen worden seien. Zudem hätten die bereits geltenden Vorschriften zur Transparenz der Vergütungen zu keiner Mässigung der Gehälter geführt. Scharf kritisiert wird auch die economiesuisse, weil deren «Swiss Code of Best Practice for Corporate Governance» das Ziel der Selbstregulierung verfehlt haben soll.

2.4

Umsetzung der Corporate Governance im Ausland

2.4.1

OECD-Grundsätze der Corporate Governance

Die Regierungen der Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Cooperation and Development, OECD) verabschiedeten am 22. April 200415 die revidierte Fassung der OECDGrundsätze der Corporate Governance. Diese Grundsätze enthalten Empfehlungen betreffend die Stärkung der Aktionärsrechte, die Gleichbehandlung der Aktionärinnen und Aktionäre, die Rolle der Unternehmensbeteiligten, die Transparenz und Offenlegung sowie die Pflichten des Aufsichtsorgans. Die OECD-Grundsätze der Corporate Governance sind für die Mitgliedstaaten nicht verbindlich.

2.4.2

Ausländische Corporate-Governance-Kodizes

In zahlreichen Ländern wurden in den vergangenen Jahren Kodizes zur Corporate Governance erlassen. Das European Corporate Governance Institute (ECGI) hat einen Index16 dieser Kodizes erstellt und aktualisiert ihn laufend. Diese Kodizes sind mehrheitlich rechtlich unverbindlich und beinhalten lediglich Verhaltensempfehlungen und -anregungen. Es wird in diesem Zusammenhang von sogenanntem «Soft Law» gesprochen. Eine gewisse Verbindlichkeit erlangen jedoch beispielsweise der Combined Code on Corporate Governance aus dem Vereinigten Königreich und der Deutsche Corporate-Governance-Kodex (DCGK) durch die «Comply-or-explain»Erklärung. Die dem Kodex unterstellten Unternehmen haben jährlich darzulegen, ob sie den im Kodex festgehaltenen Empfehlungen entsprochen haben oder nicht. Sinn und Zweck dieser Entsprechungserklärung ist die Schaffung von Vertrauen bei den Anlegern und dem Kapitalmarkt, indem über den Standard der Corporate Governance aufgeklärt wird.

14 15 16

308

BBl 2006 8756 Der Text ist im Internet abrufbar unter http://www.oecd.org/dataoecd/57/19/32159487.pdf Der Index ist im Internet abrufbar unter http://www.ecgi.org/codes/all_codes.php.

3

Ziel und Inhalt der Initiative

3.1

Ziel

Die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» will die als überhöht erachteten Vergütungen des obersten Managements von börsenkotierten Aktiengesellschaften mässigen. Dieses Ziel soll ganz allgemein durch Verbesserung der Corporate Governance erreicht werden, indem die Stellung der Aktionärinnen und Aktionäre im Unternehmen gestärkt wird. Mit konkreten Massnahmen, wie der Abstimmung über die Gesamtsummen der Vergütungen, soll der Einfluss der Aktionärinnen und Aktionäre speziell auf die Vergütungspolitik des obersten Managements vergrössert werden.

Gleichzeitig werden gewisse vertragliche Vereinbarungen zwischen den Organmitgliedern und dem Unternehmen untersagt. Damit die geforderten Neuerungen in der Praxis tatsächlich angewendet werden, versucht die Initiative gleich selber mögliche Umgehungsformen auszuschliessen. Zusätzlich soll sich strafbar machen, wer den Forderungen der Initiative zuwiderhandelt.

3.2

Inhalt

Von der Volksinitiative werden nur Schweizer Aktiengesellschaften betroffen, deren Beteiligungspapiere an einer Schweizer oder an einer ausländischen Börse kotiert sind. Die Volksinitiative verlangt ausdrücklich, dass der Inhalt der neuen Verfassungsbestimmung zudem gesetzlich geregelt wird.

Der Inhalt des von den Initiantinnen und Initianten vorgeschlagenen neuen Absatzes 3 des Artikels 95 BV kann folgendermassen gruppiert werden: ­

Wahlen und Abstimmungen an der Generalversammlung Die Aktionärinnen und Aktionäre stimmen jährlich an der Generalversammlung über die Gesamtsumme aller Vergütungen des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates ab.

Die Mitglieder und die Präsidentin oder der Präsident des Verwaltungsrates sowie die Mitglieder des Vergütungsausschusses müssen sich jedes Jahr einzeln der Wiederwahl durch die Generalversammlung stellen.

Die Aktionärinnen und Aktionäre erhalten neu die Möglichkeit, ihre Stimmund Wahlrechte auf elektronischem Wege auszuüben, ohne persönlich an der Generalversammlung teilnehmen zu müssen.

Es gibt weder eine Organvertretung der Unternehmung selbst noch eine Depotstimmrechtsvertretung der Banken. Vorgesehen ist nur noch eine unabhängige Stimmrechtsvertretung, die jährlich durch die Generalversammlung gewählt wird.

Pensionskassen, die Aktionärinnen einer börsenkotierten Schweizer Aktiengesellschaft sind, müssen an der Generalversammlung im Interesse derjenigen Personen abstimmen, die bei ihr versichert sind. Im Anschluss an die Generalversammlung müssen die Pensionskassen offenlegen, wen sie gewählt und wie sie abgestimmt haben.

309

­

Unzulässige vertragliche Vereinbarungen Die Erbringung von Diensten darf den Organmitgliedern nicht im Voraus vergütet werden. Werden im Rahmen der Geschäftstätigkeit andere Unternehmen übernommen oder Teile des eigenen Unternehmens veräussert, so erhalten die Organmitglieder keine zusätzliche Prämie für die durchgeführte Transaktion. Es ist zudem unzulässig, den Organmitgliedern beim Ausscheiden aus der Unternehmung eine Abgangsentschädigung auszurichten.

­

Ausschluss von Umgehungsgeschäften Organmitglieder erhalten vom Unternehmen nur für ihre jeweilige Tätigkeit eine Vergütung. In Konzernverhältnissen dürfen die Organmitglieder nicht gleichzeitig von einer anderen Unternehmung des Konzerns als Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer angestellt oder als Beraterinnen oder Berater beauftragt werden. Die Delegation der Geschäftsführung an eine juristische Person wird ebenfalls als unzulässig erachtet.

­

Statutenbestimmungen im Zusammenhang mit den Vergütungen Kredite, Darlehen und Renten an Organmitglieder bedürfen einer statutarischen Grundlage. Ebenso müssen die Erfolgs- und Beteiligungspläne der Organmitglieder in den Statuten festgehalten werden. Weiter muss eine Statutenbestimmung angeben, wie viele externe Mandate die Organmitglieder ausserhalb des jeweiligen Konzernverhältnisses innehaben dürfen. Zudem muss die Dauer der Arbeitsverträge der Geschäftsleitungsmitglieder aus den Statuten ersichtlich sein.

­

Strafbestimmung Wer den Bestimmungen des neuen Absatzes 3 von Artikel 95 BV zuwiderhandelt, soll mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und Geldstrafe bis zu einer maximalen Höhe von sechs Jahresvergütungen bestraft werden.

­

Übergangsbestimmung Bis zum Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Bestimmungen muss der Bundesrat innerhalb eines Jahres nach der Annahme der Volksinitiative die erforderlichen Ausführungsbestimmungen erlassen.

4

Der indirekte Gegenvorschlag

4.1

Grundzüge des indirekten Gegenvorschlags

4.1.1

Ausgangslage

Regelung der Vergütungen gemäss geltendem Recht Eine Aktiengesellschaft kann ihre Verwaltungsrätinnen und -räte entweder in Form von Tantiemen oder in Form von Vergütungen entlöhnen.

Die Regelung der Tantiemen findet sich in Artikel 677 des Obligationenrechts (OR)17. Danach dürfen Gewinnanteile an Mitglieder des Verwaltungsrates aus17

310

SR 220

schliesslich dem Bilanzgewinn entnommen werden. Sie dürfen dem Bilanzgewinn nur entnommen werden, nachdem die Zuweisung an die gesetzliche Reserve gemacht und eine Dividende von 5 Prozent oder von einem in den Statuten festgesetzten höheren Ansatz an die Aktionärinnen und Aktionäre ausgerichtet worden sind.

Da Vergütungen im Gegensatz zu den Tantiemen erfolgswirksam als Aufwand verbucht werden können, sind sie steuerrechtlich interessanter und deshalb in der Praxis auch viel verbreiteter. Die Vergütungen des Verwaltungsrates sind im geltenden Aktienrecht nicht explizit geregelt. Entweder basieren sie auf einer Statutenbestimmung oder aber auf einem Arbeitsvertrag oder Auftrag der Gesellschaft. Auch die Entlöhnung der mit der Geschäftsführung betrauten Personen ist positivrechtlich nicht ausdrücklich geregelt. Diese wird in der Praxis grundsätzlich durch den Verwaltungsrat festgesetzt.

Seit dem 1. Januar 2007 gelten für Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien spezielle Transparenzvorschriften. Gemäss Artikel 663bbis OR müssen diese Gesellschaften alle Vergütungen, die sie direkt oder indirekt an die Mitglieder des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates ausgerichtet haben, im Anhang zur Bilanz offen legen.

Regelung der Vergütungen gemäss Entwurf 1 Der Entwurf 1 will unter anderem das funktionale Gleichgewicht zwischen den Organen verbessern und die Eigentumsrechte der Aktionärinnen und Aktionäre besser schützen. In Bezug auf die Vergütungen des Verwaltungsrates von Gesellschaften mit kotierten Aktien sieht der Entwurf 1 die folgenden Neuerungen vor: ­

Jährliche Einzelwahl des Verwaltungsrates Artikel 710 Absatz 1 E OR sieht vor, dass die Generalversammlung jährlich die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrates wählt. Das Aktionariat erhält damit die Möglichkeit, jedes Jahr die Leistungen der Verwaltungsratsmitglieder individuell zu «bewerten». Insbesondere kann es auf diese Weise indirekt zur Höhe der Vergütungen an den Verwaltungsrat Stellung nehmen.

Eine Wiederwahl bleibt selbstverständlich möglich.

­

Statutarische Kompetenz der Generalversammlung zur Festsetzung der Entschädigungspolitik der Gesellschaft Gemäss Artikel 627 Ziffer 4 E OR können die Statuten vorsehen, dass die Generalversammlung für die Festlegung der Vergütungen der Mitglieder des Verwaltungsrates und ihnen nahestehender Personen sowie betreffend die Ausrichtung von Aktien und Optionen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig ist.

­

Klage auf Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungen Neu sollen nach Artikel 678 E OR neben den Mitgliedern des Verwaltungsrates auch die Mitglieder der Geschäftsleitung zur Rückerstattung verpflichtet sein, soweit die Leistung der Gesellschaft (z.B. Vergütung) in einem offensichtlichen Missverhältnis zur erbrachten Gegenleistung und zur Ertragslage der Gesellschaft steht. Es ist zudem nicht mehr erforderlich, dass die Person, die sich bereichert hat, beim Bezug bösgläubig war.

311

­

Verbot kreuzweiser Einsitznahme in den Vergütungsausschüssen kotierter Unternehmen Der Entwurf 1 verbietet in Artikel 717b E OR, dass bei Gesellschaften mit kotierten Aktien Mitglieder des Verwaltungsrates oder der Geschäftsleitung, die zugleich dem Verwaltungsrat oder der Geschäftsleitung einer anderen Gesellschaft angehören, gegenseitig Einfluss auf die Festsetzung ihrer Vergütungen haben. Beschlüsse über die Höhe der Vergütungen, die unter Missachtung dieser Vorschrift getroffen werden, sind nichtig und bereits geleistete Vergütungen können zurückgefordert werden.

­

Transparenz betreffend Vergütungen Bei Gesellschaften, deren Aktien nicht an der Börse kotiert sind, können jede Aktionärin und jeder Aktionär vom Verwaltungsrat Auskunft über die Vergütungen, Darlehen und Kredite gemäss Artikel 697quater E OR verlangen. Die Transparenz wird dadurch bei Privatgesellschaften erhöht. Zudem wird auch die Transparenzvorschrift bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind verbessert, indem die vereinbarte Dauer der Verträge (insbesondere Arbeitsverträge und Aufträge), die den Vergütungen zugrunde liegen, bekannt gegeben werden müssen.

Der Entwurf 1 führt auch in weiteren Bereichen zu einer Verbesserung der Corporate Governance: ­

Genehmigung von Verwaltungsratsentscheiden durch die Generalversammlung Es sind Situationen denkbar, in denen es im Interesse der Eigentümerinnen und Eigentümer der Unternehmung sein kann, zu Entscheiden des Verwaltungsrates Stellung zu nehmen. Daher kann nach Artikel 627 Ziffer 14 E OR in Verbindung mit Artikel 716b E OR in den Statuten vorgesehen werden, dass bestimmte Entscheide des Verwaltungsrates der Genehmigung durch die Generalversammlung unterstellt werden können. Entscheide, die naturgemäss durch den Verwaltungsrat als Geschäftsführungsorgan wahrgenommen werden müssen, sind allerdings von dem Genehmigungsvorbehalt ausgeschlossen.

­

Institutionelle Stimmrechtsvertretung Die Depot- und die Organvertretung werden sowohl für börsenkotierte als auch für nicht börsenkotierte Gesellschaften abgeschafft. Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien haben nach Artikel 689c E OR zwingend eine unabhängige Stimmrechtsvertreterin oder einen unabhängigen Stimmrechtsvertreter einzusetzen. Die Vertretung muss nicht nur subjektiv unabhängig sein, sondern es dürfen auch keine Umstände vorliegen, die den Anschein der Abhängigkeit erwecken. Bei Bedarf kann die unabhängige Stimmrechtsvertretung durch die Generalversammlung gewählt werden.

312

­

Modernisierung der Generalversammlung Die Aktionärinnen und Aktionäre sollen ihre Rechte an der Generalversammlung auf elektronischem Weg ausüben können (Art. 701c ff. E OR).

Insbesondere in Grossgesellschaften, aber auch in kleineren Gesellschaften, deren Aktionärinnen und Aktionäre weit voneinander entfernt wohnen, können elektronische Kommunikationsmittel Erleichterungen bringen und die Kosten verringern. Durch den Einsatz elektronischer Mittel dürfte sich zudem die aktive Beteiligung der Aktionärinnen und Aktionäre an der Generalversammlung fördern lassen. Dies stärkt die Funktion der Generalversammlung im Prozess der innergesellschaftlichen Willensbildung und dient somit einer guten Corporate Governance. Durch die Möglichkeit der Verwendung elektronischer Kommunikationsmittel wird es daher den Aktionärinnen und Aktionäre erleichtert, an der Generalversammlung auf die Vergütungspolitik der Gesellschaft Einfluss zu nehmen.

­

Neue Schwellenwerte für die Ausübung von Aktionärsrechten Für die Ausübung einzelner Aktionärsrechte, namentlich das Einberufungsund Traktandierungsrecht, die Sonderprüfung und die Klage auf Auflösung der Aktiengesellschaft, bedarf es einer Mindestbeteiligung am Aktienkapital.

Die Schwellenwerte haben sich in der Praxis als hohe Hürden herausgestellt.

Um die Ausübung der Aktionärsrechte zu erleichtern, werden die Schwellenwerte angepasst. In der Praxis weisen börsenkotierte Aktiengesellschaften ganz andere Beteiligungsverhältnisse als nicht börsenkotierte Aktiengesellschaften auf, deshalb sind hier unterschiedliche Schwellenwerte sachlich begründet. Namentlich sollen neu bei börsenkotierten Aktiengesellschaften 0,25 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen oder Aktien im Nennwert von einer Million Franken die Traktandierung eines Verhandlungsgegenstandes verlangen können, bei Aktiengesellschaften ohne börsenkotierte Aktien sind es 2,5 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen oder Aktien im Nennwert von 250 000 Franken. Eine Sonderuntersuchung sollen neu bei börsenkotierten Aktiengesellschaften 0,5 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen oder Aktien im Nennwert von mindestens einer Million Franken verlangen können, bei Aktiengesellschaften ohne börsenkotierte Aktien sind es 5 Prozent des Aktienkapitals oder der Stimmen oder Aktien im Nennwert von mindestens 250 000 Franken. Der bisherige Schwellenwert für eine Klage auf Auflösung der Aktiengesellschaft wird von 10 Prozent auf 5 Prozent des Aktienkapitals gesenkt.

4.1.2

Reformgeschichte

Angesichts der globalen Finanzkrise hat der Bundesrat am 22. Oktober 2008 beschlossen, die Aktienrechtsvorlage in zwei Punkten zu ergänzen. Einerseits soll die Generalversammlung börsenkotierter Gesellschaften die Vergütungen des Verwaltungsrates zwingend genehmigen, und andererseits soll die Klage auf Rückerstattung von Leistungen erleichtert werden.

Basierend auf diesen Vorgaben erarbeitete das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in der Folge einen Entwurf, der die laufende Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts in diesen Punkten ergänzt (Entwurf 2). Dieser Entwurf 313

wurde von Prof. Hans-Ueli Vogt, Zürich, in einer umfassenden schriftlichen Stellungnahme und von Prof. Peter V. Kunz, Bern, in einer Besprechung kritisch gewürdigt und dementsprechend teilweise komplettiert und angepasst. Prof. Peter Böckli, Basel, Prof. Peter Forstmoser, Zürich und Dr. iur. Gaudenz G. Zindel, Zürich haben sich ebenfalls zum Entwurf 2 geäussert.

4.1.3

Die zentralen Revisionsanliegen

Die Erfahrungen der letzten Monate und Jahre haben aufgezeigt, dass die Frage der Regelung der Vergütungspolitik eines Unternehmens nicht allein der Selbstregulierung überlassen bleiben kann. Der Entwurf 2 sieht daher neue Bestimmungen vor, welche die Klage auf Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungen erleichtern, die Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrates und der mit der Geschäftsführung befassten Personen in Bezug auf die Vergütungspolitik präzisieren sowie die Zuständigkeit für die Festlegung der Vergütungen des Verwaltungsrates regeln.

­

Vergütungen bei börsenkotierten Gesellschaften Der Entwurf 2 stärkt die Position der Aktionärinnen und Aktionäre in ihrer Stellung als Eigentümerinnen und Eigentümer der Gesellschaft in Bezug auf die Festlegung der Höhe der Vergütungen der Mitglieder des Verwaltungsrates. Er verbessert die Aktionärsrechte in mehreren Bereichen. Der Verwaltungsrat von börsenkotierten Gesellschaften hat ein Vergütungsreglement zu erlassen, das die Grundlagen und Elemente der Vergütungen und die Beteiligungsprogramme für die Mitglieder des Verwaltungsrates, der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und des Beirates sowie die Zuständigkeiten und das Verfahren zu deren Festsetzung regelt. Weiter muss der Verwaltungsrat einen schriftlichen Vergütungsbericht erstellen, in dem er Rechenschaft über die Einhaltung des Vergütungsreglements ablegt.

Schliesslich erhält die Generalversammlung zwingend die Kompetenz, den Gesamtbetrag der Vergütungen des Verwaltungsrates zu genehmigen. Dabei wird eine Zweiteilung vorgenommen: Die Grundvergütung ist von der Generalversammlung für die kommende Amtsdauer des Verwaltungsrates (prospektiv) zu genehmigen. Die zusätzliche Vergütung wird nach Abschluss des Geschäftsjahres (retrospektiv) genehmigt. Dieses Vorgehen erhöht die Rechtssicherheit und die Praktikabilität, denn es erlaubt eine zielgerichtetere Einflussmöglichkeit der Generalversammlung auf die verschiedenen Vergütungselemente und wirkt zudem prozesshemmend, indem der Verwaltungsrat auf sein Fixum zählen kann. Falls die beantragte Grundvergütung nicht genehmigt wird, ist davon auszugehen, dass er die Wahl nicht annehmen wird. Zudem wird die Generalversammlung konsultativ über den Gesamtbetrag der Vergütungen der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und gegebenenfalls der Mitglieder des Beirates befragt. Weiter wird für alle Aktiengesellschaften die Möglichkeit geschaffen, statutarisch vorzusehen, dass die Generalversammlung auch die Vergütungen der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und des Beirates festlegen kann.

314

­

Klage auf Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungen Voraussetzung für die Rückerstattungsklage gemäss Artikel 678 Absatz 2 E OR ist fortan nur noch das Missverhältnis zwischen der Leistung und der erbrachten Gegenleistung. Das Kriterium der «Offensichtlichkeit» sowie das Erfordernis des Missverhältnisses zwischen der Leistung und der Ertragslage der Gesellschaft werden gestrichen. Die Bösgläubigkeit wird neu weder für die Rückerstattung nach Artikel 678 Absatz 1 E OR noch nach Artikel 678 Absatz 2 E OR vorausgesetzt. Die Pflicht zur Rückerstattung entfällt hingegen, wenn die Empfängerin oder der Empfänger nachweist, dass sie oder er die Leistung in gutem Glauben empfangen hat und zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist. Die Aktivlegitimation wird sodann auch auf Gläubigerinnen und Gläubiger ausgedehnt. Weiter enthält der Entwurf 2 eine Neuerung, um das Prozesskostenrisiko der klagenden Partei zu reduzieren. Die Generalversammlung kann beschliessen, dass der Verwaltungsrat im Namen der Gesellschaft die Klage auf Rückerstattung erheben muss. Dadurch kann ein Parallelismus zwischen dem Prozesskostenrisiko und dem möglichen Erfolg der Klage hergestellt werden.

­

Sorgfaltspflicht Die Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrates und der mit der Geschäftsführung befassten Personen wird in Bezug auf die Festlegung der Vergütungen ausdrücklich erwähnt und präzisiert. Diese Vergütungen müssen demnach sowohl mit der wirtschaftlichen Lage als auch mit dem dauernden Gedeihen der Gesellschaft in Einklang stehen. Dieser konkretisierte Sorgfaltpflichtmassstab erleichtert eine allfällige Verantwortlichkeitsklage.

Diese neuen Bestimmungen führen zusammen mit den Neuerungen des Entwurfs 1 zu einer deutlichen Verbesserung der Corporate Governance, insbesondere im Bereich der Vergütungen des Verwaltungsrates.

4.1.4

Umsetzung

Für die Umsetzung des indirekten Gegenvorschlags müssen keine weiteren Erlasse angepasst werden.

4.1.5

Rechtliche Aspekte und Auswirkungen

Für die rechtlichen Aspekte sowie die Auswirkungen kann auf die Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht und Rechnungslegungsrecht sowie Anpassungen im Recht der Kollektiv- und der Kommanditgesellschaft, im GmbHRecht, Genossenschafts-, Handelsregister- sowie Firmenrecht) vom 21. Dezember 200718 verwiesen werden.

18

BBl 2008 1589 1745 1748

315

4.2

Erläuterung der einzelnen Artikel

4.2.1

Klage auf Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungen

Art. 678

Rückerstattung von Leistungen

Eine griffige und operable Regelung der Klage auf Rückerstattung ungerechtfertigter Leistungen, welche für kotierte wie auch nicht kotierte Gesellschaften gilt, ist für eine gute Corporate Governance von grosser Bedeutung, da dadurch ein ungerechtfertigter Mittelabfluss des Gesellschaftsvermögens verhindert werden kann. Diese Bestimmung schützt folglich die Eigentumsrechte der Aktionärinnen und Aktionäre und liegt letztlich auch im Interesse der Gläubigerinnen und Gläubiger der Gesellschaft. Durch die Verbesserung der Rückerstattungsklage soll auch die Rückforderung von exzessiven Vergütungen erleichtert werden.

Der Entwurf 1 weitet den Kreis der rückerstattungspflichtigen Personen auf Mitglieder der Geschäftsleitung aus. Mit dem Entwurf 2 wird nun in Absatz 1 der Ausdruck «Mitglied der Geschäftleitung» durch «mit der Geschäftsführung befasste Personen» ersetzt. Diese Differenzierung lehnt sich an Artikel 754 Absatz 1 OR an und bringt zum Ausdruck, dass durch Artikel 678 E OR nicht nur die formellen (Mitglieder des Verwaltungsrates) und die materiellen (Direktorinnen und Direktoren, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer usw.), sondern auch die faktischen Organe erfasst werden.19 Neu gehören zudem auch allfällige Mitglieder des Beirates zu den rückerstattungspflichtigen Personen.

Absatz 2 regelt die sogenannten verdeckten Gewinnausschüttungen, welche unter anderem vorliegen, wenn die Gesellschaft zu hohe Vergütungen für Arbeits- oder sonstige Dienstleistungen entrichtet.20 Diese Vergütungen beruhen zwar auf einem rechtsgültigen Vertrag, der jedoch zu nicht marktkonformen Konditionen abgeschlossen wurde.

Wie bereits im Vorentwurf vom 2. Dezember 2005 wird auf das Erfordernis verzichtet, dass die Leistung in einem Missverhältnis zur wirtschaftlichen Lage resp. Ertragslage des Unternehmens steht. Es genügt, dass ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht. Eine ungerechtfertigte Leistung soll auch dann zurückgefordert werden können, wenn es der Gesellschaft finanziell gut geht. Die wirtschaftliche Situation des Unternehmens vermag ein klares Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung nicht zu rechtfertigen.

Es wird neu, entgegen dem Entwurf 1, auf das Kriterium der Offensichtlichkeit verzichtet. Der Begriff des Missverhältnisses bringt bereits zum Ausdruck, dass
zwischen Leistung und Gegenleistung ein beträchtliches Ungleichgewicht bestehen muss. Der Wert der Gegenleistung der Empfängerin oder des Empfängers muss schon aufgrund der Voraussetzung eines Missverhältnisses weiterhin klar und zweifelsfrei unter dem Wert der Leistung der Gesellschaft liegen.

19 20

316

Botschaft über die Revision des Aktienrechts vom 23. Febr. 1983, BBl 1983 II 745 935.

Peter Kurer, in: Heinrich Hosell/Nedim Peter Vogt/Rolf Watter (Hrsg.), Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht II, Art. 530­1186 OR, 2. Aufl., Basel 2002, Art. 678 OR N15.

Absatz 4 erweitert die Aktivlegitimation, wie bereits im Vorentwurf vorgesehen, auch auf Gläubigerinnen und Gläubiger. Dies ist insofern angezeigt, als ungerechtfertigte Leistungen das Gesellschaftsvermögen und somit das Haftungssubstrat verringern. Diese Regelung bietet Gewähr, dass sich Gläubigerinnen und Gläubiger bereits auf gesellschaftsrechtlicher Ebene gegen ungerechtfertigte Leistungen wehren können, die unter Umständen im Einvernehmen zwischen Verwaltungsrat und Aktionariat gewährt wurden.

Der Entwurf 2 hält neu ausdrücklich fest, dass die Generalversammlung beschliessen kann, dass die Gesellschaft die Klage auf Rückerstattung erheben muss (Abs. 5)21 Dies ermöglicht es den Aktionärinnen und Aktionären, eine Klage auf Leistung an die Gesellschaft in die Wege zu leiten, ohne dass sie selber das Prozesskostenrisiko tragen müssen. Um allfällige Interessenkonflikte zu vermeiden kann die Generalversammlung mit der Prozessführung anstelle des Verwaltungsrates eine Vertreterin oder einen Vertreter betrauen.22 Diese Bestimmung geht somit über die allgemeine Regel zum Interessenkonflikt (Art. 717a E OR) hinaus. Zur Sachverhaltsfeststellung können die Aktionärinnen und Aktionäre unter anderem ihr Auskunftsrecht geltend machen und eine Sonderuntersuchung beantragen.

Das geltende Recht nennt das Kriterium der Bösgläubigkeit nur in Artikel 678 Absatz 1 OR. In der Lehre führte dies zu Kontroversen, ob sich der böse Glaube nur auf Absatz 1 oder auch auf Absatz 2 bezieht.23 Der Entwurf 2 verzichtet nun gänzlich auf das Erfordernis der Bösgläubigkeit der Empfängerin oder des Empfängers der Leistung. Die Pflicht zur Rückerstattung nach Absatz 1 sowie Absatz 2 entfällt jedoch, wenn die Empfängerin oder der Empfänger der Leistung nachweist, dass sie oder er diese in gutem Glauben empfangen hat und zur Zeit der Rückforderung nicht mehr bereichert ist (Abs. 3).

Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass eine Genehmigung der Vergütungen des Verwaltungsrates nach Artikel 731e E OR einer allfälligen Rückforderungsklage nicht entgegen steht. Die von der Generalversammlung genehmigte Grundvergütung und die zusätzliche Vergütung können gestützt auf Artikel 678 Absatz 2 E OR zurückgefordert werden, sofern sie in einem Missverhältnis zur erbrachten Gegenleistung steht. Die Generalversammlung genehmigt zwar den
Gesamtbetrag der Vergütungen des Verwaltungsrates, spricht sich aber weder über die interne Verteilung dieses genehmigten Betrags auf die einzelnen Mitglieder des Verwaltungsrates noch über die Angemessenheit der einzelnen Vergütungen in Bezug auf die erbrachte Gegenleistung der jeweiligen Mitglieder des Verwaltungsrates aus. Die Überprüfung des Kriteriums des Missverhältnisses muss folglich stets möglich bleiben.

Art. 756 Abs. 2 Die in Artikel 693 Absatz 3 Ziffer 4 E OR bereits implizit enthaltene Möglichkeit, wonach die Generalversammlung beschliessen kann, dass die Gesellschaft die Verantwortlichkeitsklage erheben muss, wird entsprechend zur Rückerstattungsklage ausdrücklich positivrechtlich geregelt (s. dazu auch die Ausführungen zu Art. 678 Abs. 5 E OR).

21 22 23

Dies geht bereits implizit aus Art. 693 Abs. 3 Ziff. 5 E OR hervor.

Peter Forstmoser/Arthur Meier-Hayoz/Peter Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 36 N 18 ff.

Roger Dürr, Die Rückerstattungsklage nach Artikel 68 Abs. 2 OR im System der unrechtmässigen Vermögensverlagerungen, Diss. Zürich 2005, § 6 N 14.

317

4.2.2

Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrates und der mit der Geschäftsführung befassten Personen

Art. 717 Abs. 1a (neu)

Sorgfalts- und Treuepflicht

Zusätzlich zur allgemeinen Sorgfaltspflicht nach Absatz 1 konkretisiert der neue Absatz 1a für alle Aktiengesellschaften die spezifische Sorgfaltspflicht des Verwaltungsrates und der mit der Geschäftsführung befassten Personen in Bezug auf die Festlegung der Vergütungen. Sie haben demnach dafür zu sorgen, dass die von ihnen festgelegten Vergütungen sowohl mit der wirtschaftlichen Lage als auch mit dem dauernden Gedeihen des Unternehmens im Einklang stehen.

Absatz 1a verdeutlicht, dass der Verwaltungsrat und die mit der Geschäftsführung befassten Personen im Rahmen einer Verantwortlichkeitsklage ersatzpflichtig werden können, wenn sie durch Unsorgfalt bei der Festlegung der Vergütungen die Gesellschaft schädigen. Marktkonforme Vergütungen des Managements, die aufgrund des fehlenden Missverhältnisses zur erbrachten Gegenleistung nicht der Rückerstattungsklage nach Artikel 678 Absatz 2 E OR unterliegen, können trotzdem zu einer Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates führen, wenn diese Vergütungen nicht mit der wirtschaftlichen Lage und dem dauernden Gedeihen des Unternehmens im Einklang stehen.

Adressatinnen und Adressaten der Sorgfaltspflicht nach Absatz 1a sind die Mitglieder des Verwaltungsrates sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind (s. auch die Ausführungen zu Art. 678 Abs. 1 E OR). Der konkretisierte Sorgfaltspflichtmassstab nach Absatz 1a bezieht sich auf die Vergütungen, die sie festlegen oder festlegen müssten (namentlich die Vergütungen der Mitglieder des Verwaltungsrates, des allfälligen Beirates, der Geschäftsleitung und des oberen Managements).

Absatz 1a sieht vor, dass bei der sorgfältigen Festlegung von Vergütungen insbesondere zwei Kriterien zwingend zu berücksichtigen sind: einerseits die wirtschaftliche Lage des Unternehmens, andererseits das dauernde Gedeihen des Unternehmens.

Das Kriterium der wirtschaftlichen Lage bringt zum Ausdruck, dass die Vergütungen auch mit dem aktuellen Geschäftsgang des Unternehmens (als Kriterien fallen unter anderem die Kapitaldeckung, der Verschuldungsgrad, die Ertragslage oder der Cash Flow in Betracht) vereinbar sein müssen. So wäre es beispielsweise unsorgfältig, wenn der Verwaltungsrat oder die mit der Geschäftsführung befassten Personen Vergütungssysteme einführen, die selbst in Verlustsituationen den dafür verantwortlichen
Personen noch eine «leistungsabhängige» zusätzliche Vergütung gewähren.

Die Konkretisierung der Sorgfaltspflicht bei Vergütungen durch den Bezug auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens steht nicht im Widerspruch dazu, dass auf dasselbe Kriterium bei der Rückerstattungsklage nach Artikel 678 Absatz 2 E OR neu verzichtet wird. Bei Artikel 678 E OR geht es um den Schutz des Gesellschaftsvermögens. Dieses ist ungeachtet der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens vor verdeckten Gewinnentnahmen zu schützen. Demgegenüber verpflichtet Artikel 717 Absatz 1a E OR den Verwaltungsrat und die mit der Geschäftsführung befassten Personen zur Sorgfalt bei der Festlegung der Vergütungen. Es ist sachgerecht, dass sich diese konkrete Sorgfaltspflicht an der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auszurichten hat.

318

Der Begriff des dauernden Gedeihens des Unternehmens ist dem schweizerischen Aktienrecht nicht unbekannt (s. Art. 669 Abs. 3 und Art. 674 Abs. 2 Ziff. 2 OR sowie Art. 673 Abs. 2 und Art. 960a Abs. 4 E OR). In Bezug auf die Sorgfaltspflicht bei der Festlegung der Vergütungen soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass durch die Vergütungspolitik keine kurzfristige Gewinnstrebigkeit der Gesellschaft gefördert werden soll. Vielmehr soll durch diese Politik ein nachhaltiger, im langfristigen Interesse der Gesellschaft liegender Gewinn angestrebt werden.

Die Vergütungen sind dann sorgfältig festgelegt worden, wenn sie mit der wirtschaftlichen Lage und dem dauernden Gedeihen des Unternehmens im Einklang stehen. Dem Verwaltungsrat und den mit der Geschäftsführung befassten Dritten steht bei der Festlegung der Vergütungen demnach ein Ermessensspielraum zu; die Vergütungen müssen somit nicht starr gewissen wirtschaftlichen Kennzahlen folgen.

Es sind beispielsweise auch Situationen denkbar, in denen es trotz schlechter wirtschaftlicher Lage angezeigt sein kann, attraktive Löhne zu gewähren, um hoch qualifizierte Führungs- und Fachkräfte halten oder rekrutieren zu können.

Die konkretisierte Sorgfaltspflicht gemäss Artikel 717 Absatz 1a E OR bedeutet schliesslich nicht, dass Vergütungen, die von dieser Bestimmung nicht betroffen sind, unsorgfältig und entgegen dem Gesellschaftsinteresse festgelegt werden dürfen.

Unterstehen die fraglichen Arbeitsverhältnisse, auf denen die Vergütungen basieren, ausländischem Recht, so sind bei der Prüfung der Sorgfalt der Festsetzung dieser Vergütungen durch den Verwaltungsrat allfällige zwingende Vorgaben dieses Rechts zu berücksichtigen, soweit diese den Handlungsspielraum bei der Festlegung oder gar den Umfang der Vergütungen mittelbar oder unmittelbar beeinflussen. Zu berücksichtigen ist dabei auch der Umfang und die Ausgestaltung allfälliger sozialversicherungsrechtlicher Leistungen.

4.2.3

Regelung der Vergütungen

Art. 627 Ziff. 4 Zu ihrer Verbindlichkeit bedürfen der Aufnahme in die Statuten Bestimmungen über die Zuständigkeiten der Generalversammlung betreffend die Festlegung der Vergütungen der Mitglieder des Verwaltungsrates, der mit der Geschäftsführung betrauten Personen, der Mitglieder des Beirates und ihnen nahestehender Personen sowie betreffend die Ausrichtung von Aktien und Optionen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der sachliche Geltungsbereich entspricht demjenigen des Entwurfs 1. Zusätzlich werden mit dem Entwurf 2 aber alle mit der Geschäftsführung betrauten Personen und die Mitglieder eines allfälligen Beirates erfasst.

Der ergänzte Entwurf ist auf sämtliche Aktiengesellschaften anwendbar und nicht auf Gesellschaften beschränkt, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind. Er ist in sachlicher und personeller Hinsicht bewusst offen formuliert und ermöglicht damit verschiedene Formen von Zuständigkeiten und Mitwirkungen der Generalversammlung.

Bei einer Gesellschaft, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, kann die Generalversammlung in den Statuten vorsehen, dass der Gesamtbetrag der Vergütungen der 319

mit der Geschäftsführung betrauten Personen und der Beiräte von ihr genehmigt werden müssen, oder dass nicht nur über den Gesamtbetrag der Vergütungen, sondern über die einzelnen Vergütungen der Mitglieder des Verwaltungsrates abgestimmt wird. Die Statuten dürfen sogar einen Genehmigungsvorbehalt der Generalversammlung hinsichtlich des Vergütungsreglements und des Vergütungsberichts vorsehen (Art. 716b Abs. 1 E OR).

Die Generalversammlung einer Gesellschaft, deren Aktien nicht an einer Börse kotiert sind, kann in ihren Statuten vorsehen, dass der Verwaltungsrat vollständig oder nur teilweise die Vorgaben der Artikel 731c ff. E OR anzuwenden hat. Es besteht ein grösserer Handlungsspielraum als bei einer Gesellschaft, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, da die Vorgaben der Artikel 731c ff. E OR nur für diese zwingendes Recht bedeuten.

Verweigert die Generalversammlung die Genehmigung einzelner oder sogar sämtlicher Vergütungen und sind diese im Geschäftsbericht enthalten, z.B. als Aufwand in der Erfolgsrechnung, so darf sie den Geschäftsbericht nicht genehmigen und keinen Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns fassen (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 3 E OR und Ziff. 4 OR). Lehnt die Generalversammlung gestützt auf eine entsprechende statutarische Grundlage die Genehmigung des Vergütungsreglements oder des Vergütungsberichts ab, genehmigt aber trotzdem die vom Verwaltungsrat beantragten Vergütungen, so ist der Beschluss anfechtbar (Art. 706 OR).

Art. 716a Abs. 1 Ziff. 2a (neu) Der Verwaltungsrat ist für eine angemessene Vergütungspolitik verantwortlich (s. Art. 717 Abs. 1a E OR). Gestützt auf Artikel 716a Absatz 1 Ziffer 2a E OR wird ein Dreifaches klar gestellt: Börsenkotierte Gesellschaften haben zwingend ein Vergütungsreglement zu erlassen (s. Art. 731c E OR) und einen Vergütungsbericht (s. Art. 731e E OR) zu erstellen. Der Verwaltungsrat erlässt das Vergütungsreglement und erstellt den Vergütungsbericht. Der Erlass des Vergütungsreglements sowie die Erstellung des Vergütungsberichts gehören zu den unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates. Diese Pflicht zur Erstellung des Vergütungsreglements und des Vergütungsberichts kann somit weder der Geschäftsleitung, einem Verwaltungsratsausschuss oder einzelnen Mitgliedern noch der Generalversammlung zugewiesen werden.
Art. 716b Abs. 1 Die Statuten können vorsehen, dass der Verwaltungsrat der Generalversammlung bestimmte Entscheide zur Genehmigung vorlegen muss. Entscheide des Verwaltungsrates nach Artikel 716a Absatz 1 Ziffer 3 E OR sowie Ziffern 5-7 OR können jedoch nicht der Genehmigung durch die Generalversammlung unterstellt werden.

Aufgrund der Erweiterung des Anwendungsbereichs von Artikel 627 Ziffer 4 E OR auf die mit der Geschäftsführung betrauten Personen und die Mitglieder des Beirates bedarf Artikel 716b Absatz 1 E OR einer Anpassung. Neu darf auch im Bereich von Artikel 716a Absatz 1 Ziffer 4 OR in den Statuten ein Genehmigungsvorbehalt der Generalversammlung verankert werden, z.B. hinsichtlich der Genehmigung der Vergütungen der mit der Geschäftsführung betrauten Personen. Die Statuten können zudem vorsehen, dass der Verwaltungsrat das Vergütungsreglement und den Vergü-

320

tungsbericht (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 2a E OR) der Generalversammlung zur Genehmigung vorlegen muss.

Im Übrigen wird auf die Ausführungen in der Botschaft vom 21. Dezember 2007 verwiesen.24 Vergütungen bei Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien Die Artikel 731c und 731d E OR regeln die unübertragbare und unentziehbare Aufgabe des Verwaltungsrates von Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, zum Erlass des Vergütungsreglements und zur Erstellung des Vergütungsberichts.

Die Artikel 731e und 731f E OR statuieren die unübertragbare Befugnis der Generalversammlung von Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, den Gesamtbetrag der Vergütungen des Verwaltungsrates zu genehmigen und sich in einer Konsultativabstimmung über den Gesamtbetrag der Vergütungen der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und der Mitglieder des Beirates zu äussern.

In den Artikeln 731c bis 731f E OR werden sowohl Aufgaben des Verwaltungsrates als auch Befugnisse der Generalversammlung geregelt. Aus diesem Grund wurde im dritten Abschnitt zur Organisation der Aktiengesellschaft ein neuer Gliederungstitel mit dem Buchstaben E eingefügt.

Art. 731c (neu)

Vergütungsreglement

Der Verwaltungsrat von Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, erlässt gemäss Absatz 1 ein schriftliches Reglement über die Vergütungen (Vergütungsreglement), welches die Basis für die Festsetzung der Vergütungen des Verwaltungsrates, der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und des Beirates bildet.

Der Begriff der Vergütungen entspricht demjenigen von Artikel 697quater Absatz 2 E OR. Insbesondere gehören auch Abgangsentschädigungen zu den Vergütungen (Art. 697quater Abs. 2 Ziff. 5 E OR). Darlehen und weitere Kredite, die an gegenwärtige oder frühere Mitglieder des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates gewährt werden, sind zwar im Anhang zur Jahresrechnung anzugeben (Art. 697quater Abs. 3 E OR). Sie bilden jedoch keine Vergütungen, solange sie marktüblichen Bedingungen entsprechen. Verzichtet der Verwaltungsrat auf eine Rückzahlungsforderung, so liegt eine Vergütung vor (Art. 697quater Abs. 2 Ziff. 7 E OR).

Der Verwaltungsrat hält im Vergütungsreglement gemäss Absatz 2 Ziffer 1 die Zuständigkeiten und das Verfahren zur Festlegung der Grundvergütung und der zusätzlichen Vergütung fest. Er muss insbesondere offenlegen, welche Mitglieder des Verwaltungsrates (unabhängige/abhängige, exekutive/nicht exekutive) und gegebenenfalls welche weiteren Personen (z.B. Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer, Beirätinnen und Beiräte, externe Beraterinnen und Berater) in welcher Form vorbereitend an der Entscheidfindung mitwirken und über welche Teilnahme- und Mitspracherechte die Empfängerinnen und Empfänger der Vergütungen verfügen.

24

Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht und Rechnungslegungsrecht sowie Anpassungen im Recht des Kollektiv- und der Kommanditgesellschaft, im GmbHRecht, Genossenschafts-, Handelsregister- sowie Firmenrecht) vom 21. Dez. 2007, BBl 2008 1589 1686 f.

321

Namen einzelner Personen müssen nicht genannt werden, da es auf Stufe Vergütungsreglement um die detaillierte Darlegung der funktionalen Abläufe geht.25 Im Vergütungsreglement sind Massnahmen zu ergreifen, um potenziellen Interessenkonflikten vorzubeugen (Art. 717a f. E OR)26. In gleicher Weise muss der Verwaltungsrat die Zuständigkeiten und das Verfahren zur Erstellung des jährlichen Vergütungsberichts (Art. 731d E OR) regeln.

Der Entwurf schreibt die Bildung eines Vergütungsausschusses nicht zwingend vor.

Ein Vergütungsausschuss, der sich aus überwiegend unabhängigen und nicht exekutiven Mitgliedern des Verwaltungsrates zusammensetzt, zeugt aber von der Sensibilisierung der Unternehmensführung bezüglich Interessenkonflikten und Vergütungen. Ausserdem wird eine vertiefte Auseinandersetzung mit allen Fragen rund um die Vergütungen ermöglicht.

In den Grundlagen gemäss Absatz 2 Ziffer 2 hält der Verwaltungsrat fest, welche Ziele er für die Ausgestaltung der Vergütungen berücksichtigt (z.B. Umsatz- und Ertragsziele, Kennzahlen, Lohnvergleiche, Aktienkursentwicklung, persönliche Ziele). Sodann gibt er an, wie er diese Ziele gewichtet und anhand welcher Beurteilungsmassstäbe die Zielerreichung gemessen wird. Auch das Verhältnis zwischen der Grundvergütung und der zusätzlichen Vergütung hat der Verwaltungsrat im Vergütungsreglement aufzuzeigen. Das Vergütungssystem und als Folge davon das Vergütungsreglement müssen klar und nachvollziehbar sein.

Das Vergütungsreglement enthält gemäss Absatz 2 Ziffer 3 Angaben über die einzelnen Elemente der Vergütungen. Der Verwaltungsrat legt dabei insbesondere fest, welche Arten von Vergütungen in der Gesellschaft angewandt werden sollen (Art. 697quater Abs. 2 E OR). Er zeigt zudem auf, wie sich die Grundvergütung und die zusätzliche Vergütung hinsichtlich der festen, leistungs- und erfolgsabhängigen Komponenten zusammensetzen sollen.

Allfällige Beteilungsprogramme zählen ebenfalls zu den Elementen der Vergütungen. Aufgrund der Verwässerungsgefahr, der zum Teil komplexen Ausgestaltung und der mehrjährigen Auswirkungen werden die Beteiligungsprogramme in Absatz 2 Ziffer 3 separat erwähnt. Der Verwaltungsrat hat im Vergütungsreglement besonders genau festzuhalten, welche Arten von Beteiligungs-, Wandel- und Optionsrechten als Vergütungen vorgesehen sind und welche
Voraussetzungen für die Zuteilung und die konkrete Ausgestaltung der Modalitäten berücksichtigt werden.

Das Vergütungsreglement unterliegt weder der Revisionspflicht noch der Genehmigung durch die Generalversammlung. Es ist aber zulässig, dass eine Gesellschaft eine Bestimmung in ihre Statuten aufnimmt, wonach das Vergütungsreglement von der Generalversammlung zu genehmigen ist (Art. 627 Ziff. 4 und Art. 716b Abs. 1 E OR).

Die Vergütungen teilen sich gemäss Absatz 3 in die Grundvergütung und die allfällige zusätzliche Vergütung auf (zu diesen Begriffen s. Art. 731e E OR).

25

26

322

SWX-Kommentar vom 20. Sept. 2007 zur Corporate Governance-Richtlinie, Ziffer 5.1.

Im Internet abrufbar unter: http://www.six-swiss-exchange.com/admission/being_public/governance_de.html.

Bereits in der Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Transparenz betreffend Vergütungen an Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung) vom 23. Juni 2004 werden die Interessenkonflikte, insbesondere hinsichtlich des sogenannten Selbstkontrahierens, explizit erwähnt (BBl 2004 4471 4475).

Gemäss Absatz 4 hat der Verwaltungsrat den Aktionärinnen und Aktionären und, sofern sie ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen, den Gläubigerinnen und Gläubigern der Gesellschaft auf Anfrage das Vergütungsreglement zuzustellen. Das schutzwürdige Interesse wird in der Praxis nicht leichthin angenommen. Vielmehr muss die Forderung in ihrer Einbringlichkeit konkret gefährdet sein und die Höhe der Forderung muss im Verhältnis zu den vermögensrechtlichen Verhältnissen der Gläubigerin oder des Gläubigers eine Einsichtnahme rechtfertigen (Art. 958e E OR).

Es steht der Gläubigerin oder dem Gläubiger jedoch auch offen, eine der börsenkotierten Aktien zu erwerben, um Aktionärin oder Aktionär zu werden.

Die Orientierung über den wesentlichen Inhalt des Vergütungsreglements, wie dies Artikel 716c Absatz 4 E OR für das Organisationsreglement vorsieht, reicht nicht aus. Der Verwaltungsrat erfüllt seine Pflicht zur Zustellung, wenn er der antragstellenden Person das vollständige und aktuelle Vergütungsreglement in Papierform zukommen lässt. Sehen die Statuten elektronische Formen der Mitteilungen vor (Art. 45 Abs. 1 Bst. s der Handelsregisterverordnung vom 17. Okt. 200727; HRegV), so kann die Zustellungspflicht mittels E-Mail, einer anderen internetbasierten Methode der Inhaltsverbreitung (z.B. eines Push-Dienstes) oder durch Veröffentlichung auf der Homepage der Gesellschaft erfüllt werden. Entscheidend ist, dass die antragstellende Person innert kurzer Zeit kostenlos auf das vollständige und aktuelle Vergütungsreglement zugreifen und es auch ausdrucken kann.

Art. 731d (neu)

Vergütungsbericht

Gemäss Absatz 1 erstellt der Verwaltungsrat jährlich den schriftlichen Vergütungsbericht. Er stellt darin die konkrete und detaillierte Umsetzung der Vorgaben des gesamten Vergütungsreglements (s. Art. 731c E OR) und gegebenenfalls der Statuten (Art. 627 Ziff. 4 E OR) dar.

Der Vergütungsbericht umfasst sowohl die zusätzliche Vergütung, die aufgrund des abgeschlossen Geschäftsjahrs geschuldet ist28, als auch die zukünftige Grundvergütung (zu diesen Begriffen s. Art. 731e E OR). Er unterscheidet zudem zwischen den Vergütungen an den Verwaltungsrat einerseits und denjenigen an den Beirat sowie die mit der Geschäftsführung betrauten Personen andererseits. Die personellen Angaben orientieren sich dabei an den Vorgaben von Artikel 697quater Absatz 4 E OR.

Der Verwaltungsrat erläutert im Vergütungsbericht sämtliche Vergütungen und die allfälligen Veränderungen gegenüber dem vorangehenden Geschäftsjahr. Die Angaben sind sauber nach ihren einzelnen Elementen zu gliedern (s. Art. 697quater Abs. 2 E OR). Je komplexer die Vergütung und ihre Modalitäten sind, desto eingehender hat sich der Verwaltungsrat dazu zu äussern. Dies gilt insbesondere für die konkrete Umsetzung von Beteiligungsprogrammen, wo er alle Modalitäten detailliert darzulegen hat (Basiswert, Zuteilungskriterien, allfällige Sperrfristen; zusätzlich bei Wandel- und Optionsplänen: Laufzeiten, Bezugsverhältnis, Ausübungspreis/-periode)29.

27 28

29

SR 221.411 Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Transparenz betreffend Vergütungen an Mitglieder des Verwaltungsrates und der Geschäftsführung) vom 23. Juni 2004, BBl 2004 4471 4491.

SWX-Kommentar vom 20. Sept. 2007 zur Corporate Governance-Richtlinie, Ziffer 5.1. Zu finden im Internet unter: http://www.six-swiss-exchange.com/admission/being_public/governance_de.html.

323

Bei einer Änderung des Vergütungsreglements erwähnt der Verwaltungsrat zudem seine diesbezüglichen Gründe und die daraus folgenden Auswirkungen auf die Vergütungen.

Der Vergütungsbericht stellt sicher, dass die Aktionärinnen und Aktionäre viele ihrer Kontrollrechte besser ausüben können. Hinsichtlich der Genehmigung seiner Vergütungen durch die Generalversammlung (Art. 731e E OR) und einer allfälligen Rückforderungsklage (Art. 678e E OR) liegt ein detaillierter Vergütungsbericht auch im vitalen Interesse des Verwaltungsrates.

Der Vergütungsbericht dient als fundierter Rechenschaftsbericht und im Hinblick auf die Vergütungen der Mitglieder des Verwaltungsrates zudem als qualifizierte Begründung des Antrags an die Generalversammlung gemäss Art. 731e E OR. Wie das Vergütungsreglement unterliegt auch der Vergütungsbericht weder der Revisionspflicht noch der Genehmigung durch die Generalversammlung. Es ist hingegen zulässig, dass eine Gesellschaft eine Bestimmung in ihre Statuten aufnimmt, wonach der Vergütungsbericht von der Generalversammlung zu genehmigen ist (Art. 627 Ziff. 4 E OR).

Die Regelung über die Bekanntgabe des Geschäftsberichts (Art. 696 Abs. 1 und 2 OR und Art. 696 Abs. 3 E OR) findet gemäss Absatz 2 entsprechend Anwendung auf die Bekanntgabe des Vergütungsberichts. Spätestens 20 Tage vor der Generalversammlung ist der Vergütungsbericht den Aktionärinnen und Aktionären am Gesellschaftssitz zur Einsicht aufzulegen. Eine Aktionärin oder ein Aktionär kann verlangen, dass ihr oder ihm unverzüglich eine kostenlose Ausfertigung des Vergütungsberichts zugestellt wird (zur Zulässigkeit der elektronischen Mitteilung s. Art. 731c Abs. 4 E OR). Namenaktionäre sind hierüber durch schriftliche Mitteilung zu unterrichten, Inhaberaktionäre durch Bekanntgabe im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) sowie in der von den Statuten vorgeschriebenen Form (Art. 696 Abs. 2 OR).

Jede Aktionärin und jeder Aktionär kann noch während eines Jahres nach der Generalversammlung von der Gesellschaft die kostenlose Zustellung des Vergütungsberichts in der von der Generalversammlung genehmigten Form verlangen (zur Zulässigkeit der elektronischen Mitteilung s. Art. 731c Abs. 4 E OR).

Art. 731e (neu)

Genehmigung der Vergütungen

Gemäss Ziffer 1 beschliesst die Generalversammlung bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, über die Genehmigung des vom Verwaltungsrat beantragten Gesamtbetrags seiner Grundvergütung für die kommende Amtsdauer.

Die Grundvergütung kann feste wie auch erfolgs- und leistungsabhängige Komponenten beinhalten. Die Generalversammlung muss aber über einen Maximalbetrag abstimmen können. Bei der Festlegung einer allfällig festen Komponente der Grundvergütung orientiert sich der Verwaltungsrat insbesondere an der potenziellen Belastung des einzelnen Mitglieds in funktionaler Hinsicht (z.B. Verwaltungsratspräsidium, Vize-Verwaltungsratspräsidium, Delegiertenaufgaben, Mitwirkung in einem Ausschuss oder Komitee).

Gestützt auf den Vergütungsbericht (Art. 731d E OR) stellt der Verwaltungsrat den Antrag an die ordentliche Generalversammlung (Art. 699 Abs. 2 OR), den Gesamtbetrag seiner Grundvergütung für die kommende Amtsdauer zu genehmigen. Werden einzelne Mitglieder des Verwaltungsrates anlässlich einer ausserordentlichen 324

Generalversammlung gewählt und bleibt der bereits genehmigte Gesamtbetrag der Grundvergütung unverändert, so muss kein neuer Vergütungsbericht erstellt werden.

Die Genehmigung oder Ablehnung des Gesamtbetrags der Grundvergütung ist eine unübertragbare Befugnis der Generalversammlung. Obschon diese die Mitglieder des Verwaltungsrates einzeln wählt (Art. 710 Abs. 1 E OR), genehmigt sie nur den Gesamtbetrag der Grundvergütung. Der Verwaltungsrat behält folglich einen ausreichenden Handlungsspielraum in der Ausgestaltung der Oberleitung und der Festlegung seiner internen Organisation. Er kann unter anderem Ausschüsse und Komitees während seiner Amtsdauer personell umgestalten, ohne dass er mit dem Beschluss der Generalversammlung in Konflikt geraten würde.

Lehnt die Generalversammlung den Gesamtbetrag der Grundvergütung ab, so können die zur Wahl stehenden Personen auf ihre Nomination verzichten. Ist die Wahl bereits erfolgt, so können die potenziellen Mitglieder des Verwaltungsrates die Annahme der Wahl verweigern.

Gemäss Ziffer 2 beschliesst die Generalversammlung von Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, über die Genehmigung des vom Verwaltungsrat beantragten Gesamtbetrags seiner allfälligen zusätzlichen Vergütung für das abgeschlossene Jahr. Die zusätzliche Vergütung beinhaltet leistungs- und erfolgsabhängige Komponenten. Sie ist jedoch keine Gewinnverwendung im Sinne des Artikels 677 OR, da sie bereits in den entsprechenden Aufwandkonten der von der Revisionsstelle ordentlich geprüften Jahresrechnung enthalten ist. Abgangsentschädigungen (Art. 697quater Abs. 2 Ziff. 5 E OR) gelten als zusätzliche Vergütung. Der Genehmigungsvorbehalt der Generalversammlung bezüglich der zusätzlichen Vergütung hat zur Folge, dass in den vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Mitgliedern des Verwaltungsrates und der Gesellschaft jene Elemente der Vergütungen suspensiv bedingt sein müssen, die als zusätzliche Vergütung nach Artikel 731e Ziffer 2 zu qualifizieren sind.

Gestützt auf den Vergütungsbericht (Art. 731d E OR) stellt der Verwaltungsrat den Antrag an die ordentliche Generalversammlung (Art. 699 Abs. 2 OR), den Gesamtbetrag seiner zusätzlichen Vergütung für das abgeschlossene Geschäftsjahr zu genehmigen. Die Generalversammlung genehmigt nur diesen Gesamtbetrag der zusätzlichen Vergütung
des Verwaltungsrates. Sachlich nicht begründete Strafaktionen gegen einzelne Mitglieder des Verwaltungsrates werden dadurch vermieden.

Aus dem Anhang zur Jahresrechnung und dem Vergütungsbericht (Art. 731d E OR) ist aber zumindest ersichtlich, wie viel das einzelne Mitglied des Verwaltungsrates vom Gesamtbetrag der zusätzlichen Vergütung erhalten soll (Art. 697quater Abs. 4 Ziff. 1 E OR).

Falls die ordentliche Generalversammlung den Antrag auf Genehmigung der zusätzlichen Vergütung des Verwaltungsrates ablehnt, darf sie den Geschäftsbericht nicht genehmigen und keinen Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns fassen (Art. 698 Abs. 2 Ziff. 3 E OR und Ziff. 4 OR). Die Generalversammlung darf auch keinen tieferen Gesamtbetrag der zusätzlichen Vergütung festlegen, sondern der Verwaltungsrat muss den Geschäftsbericht überarbeiten und der Revisionsstelle zur ordentlichen Revision vorlegen30. Zudem hat er einen neuen Vergütungsbericht 30

Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, Teilband V 5b, Die Generalversammlung, Zürich 2003, Brigitte Tanner zu Art. 698 OR, N. 122; Peter Forstmoser/ Arthur Meier-Hayoz/Peter Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 22 N. 40.

325

(Art. 731d E OR) zu erstellen. Anlässlich einer zweiten Generalversammlung müssen die Aktionärinnen und Aktionäre erneut über die Genehmigung oder Ablehnung des vom Verwaltungsrat beantragten neuen Gesamtbetrags der zusätzlichen Vergütung beschliessen. Diese zweite Generalversammlung gilt nicht als Fortsetzung der früheren, sondern als eine neue Generalversammlung. Bei ihrer Einberufung sind deshalb sämtliche gesetzlichen Vorschriften erneut zu beachten31.

Art. 731f (neu)

Konsultativabstimmung

Der Generalversammlung von Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, steht die unübertragbare Befugnis zu, sich im Rahmen einer Konsultativabstimmung gemäss Absatz 1 über den Gesamtbetrag der Vergütungen der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und gegebenenfalls des Beirates für das abgeschlossene Geschäftsjahr zu äussern. Das Abstimmungsergebnis führt weder zu einer rechtlichen Bindung noch zu einer Haftungsbefreiung des Verwaltungsrates, sondern ermöglicht den Aktionärinnen und Aktionären nur, sich im Rahmen der ordentlichen Generalversammlung positiv oder negativ zur Höhe der Vergütungen zu äussern32. Es ist aber zu erwarten, dass bereits die Aussicht, die Vergütungen in der Generalversammlung rechtfertigen zu müssen, zu einer Mässigung beiträgt.

Stimmt eine Aktionärin oder ein Aktionär den Vergütungen zu, so bedeutet das nicht, dass sie oder er damit auf die Möglichkeit zur Erhebung einer Klage auf Rückerstattung von Leistungen (s. Art. 678 E OR) oder einer Verantwortlichkeitsklage (s. Art. 754 f. OR) verzichtet.

Sehen die Statuten vor, dass die Generalversammlung den Gesamtbetrag der Vergütungen der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und der Mitglieder des Beirates sogar genehmigen muss (s. Art. 627 Ziff. 4 E OR), erübrigt sich eine diesbezügliche Konsultativabstimmung.

Die Rechtsansprüche der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und der Mitglieder des Beirates auf ihre Vergütungen bleiben gemäss Absatz 2 vom Ergebnis der Konsultativabstimmung unberührt. Dies ergibt sich aus der nicht bindenden Rechtsnatur des Ergebnisses der Konsultativabstimmung.

31 32

326

Kommentar zum schweizerischen Zivilgesetzbuch, Teilband V 5b/2, Die Generalversammlung, Zürich 1969, Wolfhart Bürgi zu Art. 698 OR, N. 54.

Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht II, 2. Auflage, Basel 2002, Dieter Dubs/Roland Truffer zu Art. 703 OR, N. 4b; Peter Forstmoser/ Arthur Meier-Hayoz/Peter Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 30 N. 72 f.; Felix Horber, Die Konsultativabstimmung in der Generalversammlung der Aktiengesellschaft, SJZ 101 (2005), S. 101, 109.

4.2.4 Art. 6 E UeB

Übergangsbestimmungen Wahl und Amtsdauer

Das geltende Recht geht in Artikel 710 Absatz 1 OR von einer Amtsdauer von drei Jahren aus, die aber durch die Statuten auf bis zu sechs Jahre festgelegt werden kann. Hat die Generalversammlung vor dem Inkrafttreten des Gesetzes die Mitglieder des Verwaltungsrates für mehrere Jahre gewählt, so würde dies die Anwendung der neuen Bestimmungen zur Festlegung der Vergütungen für diese Periode verunmöglichen. Aus diesem Grund sieht Artikel 6 der Übergangsbestimmungen vor, dass Artikel 710 E OR trotz eventuell laufenden Verwaltungsratsmandaten bereits an der ersten ordentlichen Generalversammlung (Art. 699 Abs. 2 OR) nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Anwendung findet. Ab diesem Zeitpunkt ist folglich jedes Mitglied des Verwaltungsrates einzeln für eine Amtsdauer von einem Jahr zu wählen.

Art. 7 E UeB

Vergütungen bei börsenkotierten Gesellschaften

Die Vorschriften betreffend Vergütungsreglement (Art. 731c E OR), Vergütungsbericht (Art. 731d E OR) und Genehmigung des Gesamtbetrags der Grundvergütung des Verwaltungsrates (Art. 731e Ziff. 1 E OR) finden gemäss Absatz 1 erstmals Anwendung an der ersten ordentlichen Generalversammlung (Art. 699 Abs. 2 OR) nach Inkrafttreten dieses Gesetzes.

Gemäss Absatz 2 finden hingegen die Vorschriften betreffend Genehmigung des Gesamtbetrags der zusätzlichen Vergütung des Verwaltungsrates (Art. 731e Ziff. 2 E OR) erstmals Anwendung für das erste Geschäftsjahr, das nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beginnt. Dadurch wird eine Rückwirkung auf Sachverhalte, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes stattfanden, vermieden.

Die Vorschriften betreffend Konsultativabstimmung über den Gesamtbetrag der Vergütungen der mit der Geschäftsführung betrauten Personen und gegebenenfalls der Mitglieder des Beirates (Art. 731f Abs. 1 E OR) finden gemäss Absatz 3 erstmals Anwendung an der ersten ordentlichen Generalversammlung (Art. 699 Abs. 2 OR) nach Inkrafttreten dieses Gesetzes. Dadurch wird zwar eine Rückwirkung auf Sachverhalte, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes stattfanden, erzielt. Sie ist jedoch unbedenklich, da die Konsultativabstimmung die Rechtsansprüche der mit Geschäftsführung betrauten Personen und der Mitglieder des Beirates auf ihre Vergütungen unberührt lässt (Art. 731f Abs. 2 E OR).

4.2.5

Änderung bisherigen Rechts

Art. 105 Entwurf zur Zivilprozessordnung (ZPO)

Verteilung nach Ermessen

Die Kostenverteilung bei aktienrechtlichen Klagen bestimmt sich ausschliesslich nach dem Zivilprozessrecht (Art. 102 ff. E ZPO)33. Entsprechend einem klassischen Grundsatz des Zivilprozessrechts werden die Kosten nach Massgabe des Obsiegens und Unterliegens verteilt (Art. 104 E ZPO). Diese Regel kann sich im Einzelnen als zu starr erweisen. Artikel 105 E ZPO sieht daher eine Billigkeitsnorm vor, die es 33

BBl 2006 7413

327

dem Gericht erlaubt, die Kosten nach Ermessen auf die klagende und die beklagte Partei zu verteilen. Hingegen verzichtete der Entwurf ZPO auf eine Regelung, wonach der Gesellschaft auch Kosten auferlegt werden können, wenn sie nicht selber Partei ist.

Artikel 105 Absatz 1bis E ZPO kehrt nun zum geltenden Rechtszustand zurück (vgl.

Art. 756 Abs. 2 OR). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass ein klagender Aktionär oder eine klagende Aktionärin bzw. ein klagender Gläubiger oder eine klagende Gläubigerin ein beträchtliches Kostenrisiko trägt, obschon ein allfälliger Prozesserfolg unmittelbar der Gesellschaft zugute kommt und häufig nicht zu einem spürbaren Wertzuwachs für die klagende Partei führt.

Die Bestimmung kommt nur bei Klagen auf Leistung an die Gesellschaft zum Zuge, namentlich für die Verantwortlichkeitsklage (Art. 756 OR) und die Rückforderungsklage (Art. 678 E OR). In den übrigen gesellschaftsrechtlichen Prozessen ist die Gesellschaft selber Partei, weshalb allenfalls Artikel 105 Absatz 1 E ZPO anwendbar ist.

Das Gericht muss bei seinem Entscheid über die Kostenverteilung alle relevanten Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Auf die Nennung expliziter Kriterien wird verzichtet (vgl. anders Art. 756 Abs. 2 OR).

5

Würdigung der Initiative

5.1

Würdigung der Ziele der Initiative

Die Initiative fordert «zum Schutz der Volkswirtschaft, des Privateigentums und der Aktionärinnen und Aktionäre sowie im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensführung» neue Regelungen zur Corporate Governance. Dabei fokussiert sich die Initiative fast ausschliesslich auf die Frage der Entlöhnung des obersten Managements bei Publikumsgesellschaften. Die Vergütungspolitik der Unternehmen ist erfolgswirksam. Übermässige Vergütungen können sich unmittelbar auf das Unternehmensergebnis auswirken. Die Aktionärinnen und Aktionäre müssen dadurch Werteinbussen hinnehmen, die Substanz der Aktie wird gefährdet und letztlich das Eigentum der Aktionärinnen und Aktionäre geschmälert. Die Aktionärinnen und Aktionäre sollen daher mitbestimmen können, wenn beachtliche Vergütungen an Personen ausgerichtet werden, die selber nur ein geringes wirtschaftliches Risiko tragen. Es gehört zu den Aufgaben des Staates, die Eigentumsrechte der Aktionärinnen und Aktionäre zu schützen. Dazu müssen die Stellung der Aktionärinnen und Aktionäre innerhalb der Gesellschaft verbessert und ihre Rechte gestärkt werden. In diesem Bereich verfolgt die Initiative damit grundsätzlich die gleichen Ziele wie der vorliegende Entwurf zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts.

5.2

Bereits erfüllte Forderungen der Initiative

Mehrere Forderungen der Initiative sind bereits Gegenstand des Entwurfs 1. Es handelt sich dabei um folgende Forderungen:

328

­

Abstimmung über die Gesamtsumme der Vergütungen des Verwaltungsrates In der heutigen Praxis ist es üblich, dass der Verwaltungsrat von börsenkotierten Gesellschaften unter Beizug eines Vergütungsausschusses seine eigene Vergütungen festsetzt. Diese Praxis ist nicht unbedenklich, da sie Züge eines Insichgeschäfts aufweist. Daher regelt Artikel 731e E OR die Genehmigung des Gesamtbetrags der Vergütungen des Verwaltungsrates durch die Generalversammlung. Als zusätzliche Massnahme wird der Verwaltungsrat verpflichtet, ein Vergütungsreglement (Art. 731c E OR) zu erlassen und einen Vergütungsbericht (Art. 731d E OR) zu erstellen.

Daneben gilt weiterhin die Transparenzvorschrift von Artikel 663bbis Absatz 1 Ziffer 1 OR. Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien haben im Anhang zur Bilanz alle Vergütungen anzugeben, die direkt oder indirekt an gegenwärtige Mitglieder des Verwaltungsrates ausgerichtet worden sind.

Artikel 663bbis OR wird im Entwurf durch Artikel 697quater E OR ersetzt. Es wurden nur punktuelle Anpassungen vorgenommen, inhaltlich sind die beiden Normen beinahe identisch.

­

Jährliche Einzelwahl der Mitglieder des Verwaltungsrates Neu sollen die Mitglieder des Verwaltungsrates jährlich und einzeln gewählt werden. Die Wiederwahl bleibt jedoch möglich. Sind die Aktionärinnen und Aktionäre mit den Leistungen einzelner Verwaltungsratsmitglieder unzufrieden oder werden deren individuelle Bezüge als zu hoch erachtet, so können die Aktionärinnen und Aktionäre anlässlich der Wiederwahl die Konsequenzen ziehen.

­

Abschaffung der Organ- und Depotstimmrechtsvertretung Haben nach heutiger Praxis die abwesenden Aktionärinnen und Aktionäre den Organ- oder Depotstimmrechtsvertretungen zu den Abstimmungsvorlagen keine ausdrücklichen Instruktionen erteilt, so folgen diese bei der Stimmabgabe mehrheitlich den Anträgen des Verwaltungsrates. Dies führt innerhalb der Unternehmung zu einer übermässigen Stärkung des Verwaltungsrates. Da mit der Revision des Aktienrechts die Aktionärsrechte gestärkt werden sollen, wird nur noch eine von der Unternehmung unabhängige Stimmrechtsvertretung zulässig sein.

­

Verwendung elektronischer Mittel an der Generalversammlung Bislang kam es häufig vor, dass Aktionärinnen und Aktionäre aus Zeitmangel oder aufgrund geografischer Gegebenheiten auf die Teilnahme an der Generalversammlung verzichten mussten. Mit den Möglichkeiten der heutigen elektronischen Kommunikationsmittel kann auf die persönliche Teilnahme der Aktionärinnen und Aktionäre an der Generalversammlung verzichtet werden. Im Entwurf 1 wird die Verwendung von elektronischen Mitteln zur Teilnahme an der Generalversammlung eingehend geregelt.

­

Keine Delegation der Geschäftsführung an eine juristische Person Gemäss Artikel 716a Absatz 1 Ziffer 4 OR ernennt der Verwaltungsrat die mit der Geschäftsführung betrauten Personen. In der Botschaft zur letzten

329

«grossen» Aktienrechtsrevision34 wurde erwähnt, dass der Verwaltungsrat Einzelpersonen ernennt und abberuft. Artikel 120 HRegV hält fest, dass u.a.

juristische Personen nicht als Leitungs- oder Verwaltungsorgane oder Zeichnungsberechtigte in das Handelsregister eingetragen werden. Zudem kann eine juristische Person selber nicht Mitglied des Verwaltungsrates werden. An ihrer Stelle können jedoch ihre Vertreterinnen und Vertreter, d.h.

natürliche Personen, gewählt werden (Art. 707 Abs. 3 OR). Daher finden sich in der Praxis kaum Hinweise auf Geschäftsführungsgesellschaften. Es ist nicht anzunehmen, dass sich dies künftig nur zu Umgehungszwecken ändern wird.

5.3

Anderweitig berücksichtigte Forderungen der Initiative

Auf den ersten Blick stimmen die Vorschläge des indirekten Gegenvorschlags mit einzelnen Forderungen der Initiative nicht überein. Daraus darf nicht geschlossen werden, dass die Probleme nicht erkannt und keine Lösungen erarbeitet worden sind.

Die Umsetzungen im ergänzten Entwurf basieren teilweise auf anderen Ansätzen und zudem wurden die generellen Auswirkungen der Änderungen auf die Mechanismen und Grundprinzipien des Aktienrechts in die Überlegungen miteinbezogen.

In der nachfolgenden Übersicht werden die bereits geltenden und die entworfenen Normen im Kontext mit den jeweiligen Forderungen der Initiative erläutert: ­

Abstimmung über die Gesamtsumme der Vergütungen der Geschäftsleitung Zwischen dem Unternehmen und den Mitgliedern der Geschäftsleitung besteht in der Regel ein arbeitsvertragliches Verhältnis. Die Ernennung der Geschäftsleitung gehört nach geltendem Recht zu den unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates. Durch die gemäss Initiative zusätzlich erforderliche Genehmigung der Gesamtsumme der Vergütungen der Geschäftsleitung durch die Generalversammlung würde es unmöglich, den Lohn als wesentlichen Vertragsbestandteil im Voraus verbindlich festzulegen. Als Folge davon müsste das oberste Management für einen zumindest teilweise im Voraus unbekannten Lohn arbeiten. Sofern die Geschäftsleitungsmitglieder nicht gleichzeitig dem Verwaltungsrat angehören, liegt bei der Festlegung der Vergütungen ohnehin kein Insichgeschäft vor. Das vielkritisierte Doppelmandat ist bereits heute in der Praxis selten geworden.

Damit die Vergütungen der Geschäftsleitung dem Einfluss der Generalversammlung nicht entzogen bleiben, kann gemäss Artikel 627 Ziffer 4 E OR in den Statuten die Zuständigkeit der Generalversammlung für die Festlegung der Vergütungen der mit der Geschäftsleitung betrauten Personen vorgesehen werden. Zusätzlich sieht Artikel 731f E OR für börsenkotierte Gesellschaften neu zwingend eine Konsultativabstimmung über die Vergütungen der Geschäftsleitung an der Generalversammlung vor. Um die Transparenz zu wahren, verlangen Artikel 663bbis Absatz 1 Ziffer 2 OR und im Entwurf Artikel 697quater Absatz 1 Ziffer 2 E OR von Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien im Anhang zur Bilanz die Angabe von allen Vergütungen, die

34

330

Botschaft über die Revision des Aktienrechts vom 23. Febr. 1983, BBl 1983 II 745 922.

direkt oder indirekt an Personen ausgerichtet wurden, welche vom Verwaltungsrat ganz oder zum Teil mit der Geschäftsführung betraut worden sind.

­

Abstimmung über die Gesamtsumme der Vergütungen des Beirates Der Beirat bestimmt üblicherweise sein Gehalt nicht selber. Insofern handelt es sich nicht um ein problematisches Insichgeschäft. Dennoch kann gemäss Artikel 627 Ziffer 4 E OR in den Statuten die Zuständigkeit der Generalversammlung für die Festlegung der Vergütungen der Mitglieder des Beirates vorgesehen werden. Ausserdem verlangt bereits Artikel 663bbis Absatz 1 Ziffer 3 OR resp. neu Artikel 697quater Absatz 1 Ziffer 3 E OR von Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien im Anhang zur Bilanz die Angabe von allen Vergütungen, die direkt oder indirekt an gegenwärtige Mitglieder des Beirates ausgerichtet worden sind.

­

Jährliche Wahl der Verwaltungsratspräsidentin oder des Verwaltungsratspräsidenten Unter dem geltenden Recht bestimmt der Verwaltungsrat seine Präsidentin oder seinen Präsidenten selber, ausser die Statuten weisen diese Kompetenz der Generalversammlung zu (Art. 712 Abs. 2 OR). Die von der Initiative geforderte zusätzliche Wahl der Präsidentin oder des Präsidenten durch die Generalversammlung ändert materiell wenig. Ist den Aktionärinnen und Aktionären eine Person als Verwaltungsratspräsident oder Verwaltungsratspräsidentin unerwünscht, so können sie diese bereits als Verwaltungsratsmitglied nicht wiederwählen.

­

Jährliche Wahl der Mitglieder des Vergütungsausschusses Der Verwaltungsrat kann aus seiner Mitte Ausschüsse bilden. Folglich sind die Mitglieder des Vergütungsausschusses auch gleichzeitig Mitglieder des Verwaltungsrates. Der vorgesehenen jährlichen Einzelwahl müssen sie sich somit in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Verwaltungsrates stellen. Auch um die Vergütungsausschüsse transparenter zu machen, verlangt bereits Ziffer 3.5 der RLCG von den ihr unterstellten Aktiengesellschaften Angaben über die personelle Zusammensetzung, die Aufgaben, die Kompetenzabgrenzung und die Arbeitsweise sämtlicher Verwaltungsratsausschüsse. Interessenkonflikte des Vergütungsausschusses werden zudem neu durch Artikel 717b E OR verhindert. Personen, die zugleich dem Verwaltungsrat oder der Geschäftsleitung einer anderen börsenkotierten Gesellschaft angehören, dürfen nicht gegenseitig Einfluss auf die Höhe der Vergütungen nehmen.

­

Jährliche Wahl der unabhängigen Stimmrechtsvertretung Können Aktionärinnen oder Aktionäre an der Generalversammlung einer börsenkotierten Gesellschaft nicht persönlich teilnehmen, so erhalten sie die Möglichkeit, eine von der Unternehmung unabhängige Person zu beauftragen, ihre Stimm- und Wahlrechte wahrzunehmen. Die Vertreterinnen und Vertreter müssen nicht nur subjektiv von der Gesellschaft unabhängig sein, sondern es dürfen keine Umstände vorliegen, die den Anschein der Abhängigkeit erwecken. Die Ernennungsmodalitäten der Vertretung spielen dabei eine untergeordnete Rolle ­ ausser man will allen potenziellen Stimmrechtsvertreterinnen und Stimmrechtsvertretern unterstellen, dass sie sich in Ausübung ihres Amtes zum Vorteil des Verwaltungsrates treuwidrig verhalten 331

werden. Der Entwurf sieht in Artikel 689c E OR vor, dass die unabhängige Stimmrechtsvertretung grundsätzlich von der Gesellschaft eingesetzt wird.

Bei Bedarf kann aber auch beschlossen werden, dass die unabhängige Stimmrechtsvertretung durch die Generalversammlung gewählt wird.

Die Regel, wonach die unabhängige Stimmrechtsvertretung bei nicht angekündigten Anträgen den Empfehlungen des Verwaltungsrates folgt, kommt nur subsidiär zur Anwendung. Die vertretene Aktionärin oder der vertretene Aktionär kann für diesen Fall andere Weisungen erteilen.

­

Sonderregelung für Pensionskassen Mit den Vorschriften für Pensionskassen führt die Initiative auch Neuerungen auf Seiten der Aktionärinnen und Aktionäre ein. So werden einem bestimmten Teil des Aktionariats zusätzliche Pflichten auferlegt; sie müssen ihr Abstimmungsverhalten offenlegen. Die Pensionskassen sollen zudem im Interesse der Versicherten abstimmen. Diese Anträge sind durchaus unterstützungswürdig, sie dürften jedoch bei der Umsetzung massgebliche Schwierigkeiten bereiten. Es ist nämlich fraglich, ob sich das Interesse der Versicherten ohne Weiteres bestimmen lässt. Unklar ist auch die Haftung der Organe der Pensionskasse, wenn zwar im Interesse der Versicherten, nicht aber im Interesse der Pensionskasse abgestimmt wird. Die Ausübung der Aktionärsrechte der Pensionskassen wird vom geltenden Recht in Artikel 49a Absatz 2 der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge vom 18. April 198435 (BVV 2) geregelt. Es ist Sache der Vorsorgeeinrichtung die Regeln aufzustellen, die bei der Ausübung der Aktionärsrechte zur Anwendung gelangen sollen. Den Stimmentscheid fällen die Mitglieder des paritätisch zusammengesetzten obersten Organs.36

­

Unzulässige vertragliche Vereinbarungen Das geltende Recht sieht in Artikel 677 OR nur bei den Tantiemen eine Beteiligung der Mitglieder des Verwaltungsrates am Bilanzgewinn vor. Die übrigen Vergütungen an die Organmitglieder wurden von der Praxis aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Gesellschaft und den Organmitgliedern eingeführt. Ebenso beruhen die Art, die Höhe und die Auszahlungsmodalitäten von Vergütungen auf einem Konsens zwischen den Parteien. Die Forderung der Initiative, vertragliche Vereinbarungen zu verbieten, führen zu einer erheblichen Einschränkung der Vertragsfreiheit.

Sollten die vereinbarten Leistungen in einem Missverhältnis zur Gegenleistung stehen, so kann das Geleistete auch nachträglich noch zurückgefordert werden (Art. 678 E OR).

35 36

332

SR 831.441.1 Mitteilungen des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) über die berufliche Vorsorge Nr. 59 vom 10. Dez. 2001, Rz. 367.

­

Keine zusätzlichen Berater- oder Arbeitsverträge für Organmitglieder von anderen Gesellschaften der Gruppe Zur Wahrung der Transparenz sind nach geltendem Recht im Anhang zur Bilanz auch Vergütungen, die «indirekt»37 von einer Konzerngesellschaft ausgerichtet werden, anzugeben (Art. 663bbis Abs. 1 OR). Diese Vorschrift wird in Artikel 697quater Absatz 1 E OR beibehalten.

Damit die Forderungen der Initiative in der Praxis nicht bedeutungslos werden, versuchten die Initiantinnen und Initianten, «Hintertüren» für die Ausrichtung von Vergütungen zu schliessen. Das Schweizerische Konzernrecht weist bewusst eine geringe Gesetzesdichte auf. Die personelle Zusammensetzung des Konzerns liegt deshalb in der Verantwortung der Organe der beteiligten Gesellschaften. Es wäre zudem systemfremd, eine konzernrechtliche Norm einzuführen, nur um an einem anderen Ort eine «Hintertür» teilweise zu schliessen.

­

Statuten regeln die Höhe der Kredite, der Darlehen und der Renten an die Organmitglieder Bereits nach geltendem Recht (Art. 663bbis Abs. 3 Ziff. 1 OR) sind alle Darlehen und Kredite, die den gegenwärtigen Mitgliedern des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates gewährt wurden, im Anhang zur Bilanz anzugeben. Ebenso müssen Vergütungen an frühere Mitglieder des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und des Beirates im Anhang zur Bilanz offengelegt werden (Art. 663bbis Abs. 1 Ziff. 4 OR). Die gleichen Bestimmungen finden sich auch im Entwurf (Art. 697quater E OR). Damit die Aktionärinnen und Aktionäre ihre Kontrollfunktion wahrnehmen können, ist entscheidend, dass die Beträge offengelegt werden.

­

Statuten regeln die Erfolgs- und Beteiligungspläne der Organmitglieder Beteiligungsprogramme sind ebenfalls im Vergütungsreglement (Art. 731c E OR) zu regeln. Im Vergütungsbericht (Art. 731d E OR) hat sich der Verwaltungsrat zur konkreten Umsetzung der Beteiligungsprogramme zu äussern. Gemäss Artikel 627 Ziffer 4 E OR kann in den Statuten festgelegt werden, dass die Generalversammlung für die Ausrichtung von Aktien und Optionen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig ist. Nach Ziffer 5.1 der RLCG muss im Vergütungsreglement auch angegeben werden, worauf die Entschädigungen und die Beteiligungsprogramme gründen, woraus sie bestehen und wer sie nach welchem Verfahren festsetzt.

­

Statuten regeln die Anzahl Mandate der Organmitglieder ausserhalb des Konzerns Die Initiative legt die Anzahl der zulässigen Mandate nicht fest, der Gesellschaft steht es frei, in den Statuten ein beliebiges Maximum zu fixieren.

Doch bereits durch die Kumulation weniger Mandate ­ auch innerhalb des Konzerns ­ können Interessenkonflikte und eine übermässige zeitliche Inanspruchnahme entstehen. Mit einer Beschränkung der Anzahl Mandate werden die Probleme nicht beseitigt.

37

BBl 2004 4471 4489

333

Artikel 717a E OR regelt neu das Vorgehen bei Interessenkonflikten von Mitgliedern des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung und verlangt von den betroffenen Personen, dass sie in Ausstand treten. Die Ziffern 3.2 und 4.2 der RLCG verlangen für jedes Mitglied des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung die Angabe von Tätigkeiten in Führungs- und Aufsichtsgremien bedeutender schweizerischer und ausländischer Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des privaten und des öffentlichen Rechts, von dauernden Leitungs- und Beraterfunktionen für wichtige schweizerische und ausländische Interessengruppen sowie von amtlichen Funktionen und politischen Ämtern. Für Geschäftsleitungsmitglieder, die in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zur Gesellschaft stehen, sind zudem die Bestimmungen über das Konkurrenzverbot zu beachten (Art. 340 ff. OR).

­

Statuten regeln die Dauer der Arbeitsverträge der Geschäftsleitungsmitglieder Die Dauer der Verträge der Geschäftsleitungsmitglieder wird neu gemäss Artikel 697quater Absatz 1 Ziffer 2 E OR im Anhang zur Jahresrechung angegeben werden müssen. Mit dieser Regelung wird dem Informationsbedürfnis der Aktionärinnen und Aktionäre entsprochen. Die von der Initiative geforderte Statutenbestimmung geht zu weit, da es nicht Aufgabe der Generalversammlung ist, Modalitäten der Arbeitsverträge festzulegen.

­

Strafbestimmung Die geforderten Strafen passen nicht in das System des kürzlich revidierten allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches38. Die möglichen strafbaren Handlungen werden nicht einzeln und konkret aufgeführt, sondern allgemein als Widerhandlungen umschrieben. Dadurch bleibt unklar, wer sich genau mit welchem Verhalten strafbar macht. Die Umsetzung einer derartigen Verfassungsbestimmung auf Gesetzesstufe würde weitere schwierige Präzisierungen notwendig machen, um allfälligen Rechtsunsicherheiten vorbeugen zu können.

­

Übergangsbestimmung Die Bundesversammlung hat nach Artikel 100 ParlG grundsätzlich bis zum 26. August 2010 über die Volksinitiative zu beschliessen. Diese Behandlungsfrist kann jedoch gemäss Artikel 105 Absatz 1 ParlG um ein Jahr verlängert werden. Im Anschluss hat der Bundesrat in Anwendung von Artikel 74 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 17. Dezember 197639 über die politischen Rechte zehn Monate Zeit, um die Volksinitiative der Volksabstimmung zu unterbreiten. Die neue Ziffer 8 von Artikel 197 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung räumt dem Bundesrat ein weiteres Jahr ein, um Ausführungsbestimmungen bis zum Inkrafttreten neuer gesetzlicher Bestimmungen zu erlassen. Und schliesslich muss das ordentliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen werden.

Demzufolge könnte sich bei einer Annahme der Initiative die Umsetzung der Forderungen noch verzögern. Da die Rechtskommission des Ständerates mit

38 39

334

SR 311 SR 161.1

der Behandlung der Revisionsvorlage des Aktienrechts bereits begonnen hat und der dringende Handlungsbedarf bei der Regelung der Vergütungen erkannt wurde, ist anzunehmen, dass die revidierten Bestimmungen des Obligationenrechts noch vor der allfälligen Umsetzung der Initiative in Kraft treten würden.

5.4

Vorzüge und Mängel der Initiative

5.4.1

Vorzüge

Die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» hat durch die aktuelle Finanzkrise in der Öffentlichkeit noch mehr Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Die Vergütungen des obersten Managements werden jetzt in breiten Kreisen der Bevölkerung und in verschiedenen politischen Lagern diskutiert. Heute herrscht Einigkeit darüber, dass in der Vergütungsfrage gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Demzufolge stossen heute Lösungen auf Zuspruch, die noch vor wenigen Jahren vehement bekämpft worden wären. Die Initiantinnen und Initianten der Volksinitiative «gegen die Abzockerei» haben diesbezüglich eine Vorreiterrolle übernommen und die Bevölkerung für das Thema sensibilisiert. Auch wenn die meisten Forderungen der Initiantinnen und Initianten schon vor der Lancierung der Initiative bekannt waren, kann der Initiative eine gewisse inspirierende Wirkung nicht abgesprochen werden.

5.4.2

Mängel

Drohende Überregulierung Die Initiative selber äussert sich nicht zur konkreten Umsetzung auf Gesetzesstufe.

Das Aktienrecht weist viele Verknüpfungen auf, dementsprechend können schon kleine Eingriffe weitreichende Konsequenzen auslösen. Man kann es nicht dabei belassen, den Text von Artikel 95 neuer Absatz 3 BV wörtlich ins Obligationenrecht zu übertragen. Es drängen sich um die geforderten Neuerungen herum erhebliche Anpassungen auf, damit sich die Forderungen überhaupt in das System des geltenden Rechts einbetten lassen. Im Vordergrund stehen Änderungen und zusätzliche Ergänzungen im Aktienrecht. Die Annahme der Initiative könnte auch neue Vorschriften im Vertragsrecht, namentlich bei Arbeitsverträgen von Geschäftsleitungsmitgliedern, erforderlich machen. Durch die besonderen Vorschriften für Pensionskassen werden zudem Änderungen im Recht der beruflichen Vorsorge nötig.

Auch börsenkotierte Aktiengesellschaften sind privatrechtliche Rechtssubjekte, sie unterstehen der Privatautonomie. Die Initiative greift mit etlichen Verboten und einer sehr unbestimmten Strafandrohung stark in die von Verfassungs wegen geschützte Wirtschafts- und Vertragsfreiheit ein. Zusammen mit den zwingenden Statutenbestimmungen verkommt das in vielen Bereichen bewährte Aktienrecht in Bezug auf die Vergütungen der Organe zu einem starren Gebilde mit sehr geringem Handlungsspielraum. In diesem Punkt verfolgt die Initiative ihr Ziel die Stellung der Aktionärinnen und Aktionäre zu verbessern nicht konsequent. Wenn es dem Aktionariat überlassen wird, die Höhe der Vergütungen festzulegen, sollte für die Aktionärinnen und Aktionäre auch genügend Raum für die innere Ausgestaltung der Gesellschaft bleiben.

335

Aktionärinnen und Aktionäre müssen tätig werden Es ist unsicher, ob die Initiative das eher passive Verhalten der Aktionärinnen und Aktionäre ändern wird. Bislang haben die Aktionärinnen und Aktionäre weder durch die Verweigerung der Décharge, noch durch die Verweigerung der Genehmigung des Geschäftsberichts noch durch die Abberufung von Verwaltungsratsmitgliedern Einfluss auf die Vergütungen des obersten Managements genommen. Um eine Mässigung der Vergütungen zu erzielen, ist in erster Linie ein Sinneswandel auf Seiten des Aktionariats erforderlich. Ohne entsprechendes Handeln der Aktionärinnen und Aktionäre wird die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» ihr Ziel nicht erreichen können. In diesem Zusammenhang ist es irreführend, wenn von der Verbesserung der «Aktionärsdemokratie» gesprochen wird. Der massgebliche Einfluss an der Generalversammlung bestimmt sich nach dem eingesetzten Kapital. Die einzelnen Aktionärinnen und Aktionäre verfügen dementsprechend als Individuen über unterschiedlich grosse Stimmkraft. Zudem können die Aktionärinnen und Aktionäre gerade bei Gesellschaften mit börsenkotierten Aktien auf einfache Weise zusätzliche Stimmen in Form von Aktien erwerben.

5.4.3

Vergleich mit dem indirekten Gegenvorschlag

Neuerungen der vorliegenden Botschaft Wie in den Ziffern 5.2 und Ziffer 5.3 dargelegt, wurde mit dem indirekten Gegenvorschlag den grundsätzlichen Forderungen der Initiative entsprochen. Der Entwurf beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Festlegung der Vergütungen des obersten Managements, sondern regelt das Aktienrecht in ganzheitlicher Weise neu. Daher darf die hängige Änderung des Obligationenrechts auch als «grosse» Aktienrechtsrevision bezeichnet werden. Verglichen mit der Initiative hat der ergänzte Entwurf aber auch im Bereich der Vergütungen weitergehende Massnahmen vorgesehen.

Namentlich erwähnt seien die Verbesserung der Rückforderungsklage, die Einführung eines Vergütungsreglements und eines Vergütungsberichts sowie die Konkretisierung der Sorgfalts- und Treuepflicht. Im Unterschied zur Initiative betreffen etliche Neuerungen nicht nur börsenkotierte Aktiengesellschaften, sondern sämtliche Aktiengesellschaften schweizerischen Rechts.

Unterschiedlicher Stand des Verfahrens Da mittels Volksinitiative nur eine Revision der Bundesverfassung erreicht werden kann, verlangen die Initiantinnen und Initianten bereits im Verfassungstext systematisch richtig die Umsetzung der Initiative auf Gesetzesstufe. Der Entwurf zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts ist aufgrund der verfahrensbedingten zeitlichen Verschiebung der Initiative bereits mehrere Schritte voraus. Die Beratungen des Entwurfs 1 in der parlamentarischen Kommission haben bereits begonnen, sodass die Normen in absehbarer Zukunft in Kraft treten könnten. Dagegen muss die Initiative zunächst noch den «Umweg» über die Volksabstimmung nehmen.

Zur konkreten Umsetzung auf Gesetzesstufe gibt die Initiative keine Hinweise.

Bereits bei der Ausarbeitung des vorliegenden Entwurfs sind systembedingte Probleme und essenzielle Fragen aufgetaucht, zu denen sich die Initiative in keiner Art und Weise äussert. In Anbetracht der besonderen Umstände wurde versucht, das Aktienrecht effizient aber schonend zu verändern. Daraus ergeben sich auch die teils abweichenden Interpretationen der Forderungen der Initiative im Entwurf. Bei einer 336

Annahme der Initiative wird man sich bei der Umsetzung zeitlich verzögert mit den gleichen Problemen und Fragen auseinandersetzen müssen. Es ist sehr ungewiss, ob dereinst Normen erlassen werden können, die es den Gerichten erlauben, in vollkommener Übereinstimmung mit der Volksinitiative «gegen die Abzockerei» Recht zu sprechen.

Grenzübergreifende Aspekte Die Initiative hat zwar versucht im Aktienrecht selber einige Hintertüren zu schliessen, die internationalen Aspekte wurden jedoch völlig ausser Acht gelassen. Eine Sitzverlegung von der Schweiz ins Ausland bedeutet nicht automatisch die Einstellung der Geschäftstätigkeit in der Schweiz.

Aktiengesellschaften unterstehen in der Schweiz dem Recht des Staates, «nach dessen Vorschriften sie organisiert sind». In der Schweiz nach schweizerischem Recht gegründete Aktiengesellschaften unterstehen dem Obligationenrecht. Die Schweiz folgt dem sogenannten Inkorporationsprinzip, das im Übrigen aufgrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als Ausdruck der Dienstleistungsfreiheit nunmehr EU-weit vorherrschend ist. Ein Unternehmen in Europa kann nach dem Recht eines beliebigen Staates gegründet und faktisch von einem anderen Staat aus verwaltet werden, damit es vom Gesellschaftsrecht dieses Staates und allfälligen sich daraus ergebenden Vorteilen profitieren kann. Das Gesellschaftsrecht ist zu einem vom Unternehmer wählbaren wirtschaftlichen Standortfaktor geworden.

Damit sich Aktiengesellschaften nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise ausländischem Recht unterstellen können, hat das Bundesgesetz vom 18. Dezember 198740 über das Internationale Privatrecht (IPRG) Sonderanknüpfungen vorgesehen. So sorgt etwa die zwingende Anwendung schweizerischen Firmenrechts für Transparenz bezüglich der Herkunft eines Unternehmens (Art. 157 IPRG). Dritte, die aufgrund des Rechtsscheins einer in der Schweiz tätigen, aber nach ausländischem Recht inkorporierten Gesellschaft auf die Anwendbarkeit schweizerischen Rechts vertraut haben, sind in dieser Erwartung geschützt. Sie können sich gegenüber der formell ausländischen Gesellschaft auf die Haftungsnormen des schweizerischen Rechts berufen (Art. 159 IPRG). Die im Entwurf vorgesehene indirekte Verschärfung des Sorgfaltsmassstabs (Art. 717 Abs. 2 E OR) kommt so über Artikel 159 IPRG und Artikel 754 OR auch
international zum Tragen.

Würdigung des indirekten Gegenvorschlags Der Entwurf vom 21. Dezember 2007 und die vorliegenden Ergänzungen verfolgen grundsätzlich die gleichen Ziele wie die Initiative, nehmen aber nicht für sich in Anspruch, um jeden Preis eine Senkung der Vergütungen herbeizuführen. Eine konsequente Reduktion der Vergütungen wäre nur mit der Einführung von Vergütungslimiten zu bewerkstelligen. Es ist Aufgabe des Staates, die Rechte der Aktionärinnen und Aktionäre als Eigentümerinnen und Eigentümer der Gesellschaft zu schützen und zu stärken. Allerdings ist bei staatlichen Eingriffen in die private Wirtschaft Zurückhaltung geboten; es besteht oftmals die Gefahr, mit Regulierungen über das Ziel hinauszuschiessen. Dem verfassungsmässigen Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist stets Rechnung zu tragen. Mit dem Entwurf hat der Bundesrat die Rahmenbedingungen zur Verbesserung der Corporate Governance geschaffen. Es wurde dabei grossen Wert darauf gelegt, dass die Aktionärinnen und Aktionäre als 40

SR 291

337

mündige Personen selber entscheiden können, wie sie ihre Gesellschaft gestalten wollen. Darum respektiert der ergänzte Entwurf - nicht nur bei den Vergütungen - den Willen der obsiegenden Mehrheit bei Abstimmungen an der Generalversammlung.

5.5

Auswirkungen der Initiative bei einer Annahme

5.5.1

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Annahme der Initiative führt für börsenkotierte Aktiengesellschaften zu weniger Handlungsspielraum und zu starren Regelungen bei der Vertragsgestaltung. Potenzielle Zuzügerinnen und Zuzüger könnte dies davor abschrecken ihren Sitz in die Schweiz zu verlegen. Der Wirtschaftsstandort Schweiz würde an Attraktivität einbüssen.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei einer Annahme der Volksinitiative gewisse schweizerische Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind, ihren Sitz ins Ausland verlegen und sich somit ausländischem Recht unterstellen, um den Wirkungen der Initiative zu entgehen. Ob nun ausländische Unternehmen im Ausland bleiben oder schweizerische ihren Sitz ins Ausland verlegen, beides führt zum Verlust von Arbeitsplätzen in der Schweiz. Denkbar ist auch, dass Aktiengesellschaften ihre Beteiligungspapiere von der Börse zurückziehen mit dem Ziel, sich den Änderungen zu entziehen. Dies kann sich nachteilig auf den Finanzplatz Schweiz auswirken.

Die zwingende Festlegung der Vergütungen der Geschäftsleitungsmitglieder mittels eines Generalversammlungsbeschlusses, verbunden mit dem Risiko, dass der Lohn nach Abschluss des Geschäftsjahres noch angepasst werden kann, dürfte einige Kandidatinnen und Kandidaten für Kaderpositionen vom Abschluss der entsprechenden Arbeitsverträge abhalten. Diese Schmälerung der bereits engen Auswahl an potenziellen Kadern wird sich direkt auf die Professionalität des obersten Managements auswirken. Es könnte künftig schwieriger werden, qualifizierte Leute auf dem internationalen Arbeitsmarkt zu rekrutieren.

5.5.2

Auswirkungen auf den Bund, die Kantone und die Gemeinden

Die Initiative führt zu keinen zusätzlichen Kosten (z.B. für Personal, Informatik etc.)

für den Bund, die Kantone und die Gemeinden.

Die unter Ziffer 5.5.1 erwähnten Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und insbesondere allfällige Sitzverlegungen ins Ausland resp. der Verzicht von ausländischen Unternehmungen, ihren Sitz in die Schweiz zu verlegen, wären aber mit nicht bezifferbaren Steuerausfällen verbunden. Einerseits gäbe es Ausfälle auf Ebene der Unternehmen, andererseits fehlten auch Einnahmen aus der Besteuerung von natürlichen Personen (Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer).

338

6

Schlussfolgerungen

Im ergänzten Entwurf zur Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts hat der Bundesrat die Mängel des geltenden Aktienrechts bezüglich der Corporate Governance berücksichtigt. Anders als die Initiative erfasst der ergänzte Entwurf in wesentlichen Punkten auch die grosse Mehrzahl der nicht börsenkotierten Aktiengesellschaften.

Die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» verlangt für die Verbesserung der Corporate Governance erhebliche Eingriffe in die Privatautonomie, Sonderregelungen, Verbote und strafrechtliche Sanktionen. Angestrebt wird damit eine Reduktion der Vergütungen des obersten Managements. Es wird davon ausgegangen, dass die Aktionärinnen und Aktionären nur angemessene Gehälter genehmigen werden. Die Initiative kann jedoch keine Gewähr dafür bieten, dass sich diese Vermutung bewahrheiten wird.

In mehreren Punkten decken sich die im ergänzten Entwurf vorgeschlagenen Neuerungen mit den Forderungen der Initiative. Wo Abweichungen bestehen, ist der ergänzte Entwurf insgesamt massvoller und weniger rigoros. Anstelle von einengenden Statutenbestimmungen bleiben den Aktionärinnen und Aktionären mehr Freiheiten bei der inneren Ausgestaltung der Gesellschaft. Die Privatautonomie wird moderater eingeschränkt, es werden keine Sonderbestimmungen für Pensionskassen eingeführt, auf Verbote und strafrechtliche Sanktionen wird gänzlich verzichtet.

Angesichts dieser Ausführungen betrachtet der Bundesrat den ergänzten Entwurf als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «gegen die Abzockerei».

Bei einer Annahme der Initiative drängt sich eine erneute Überarbeitung des Aktienrechts auf, es drohen Verzögerungen und Rechtsunsicherheiten. Die Umsetzung der Initiative wird in verschiedenen Rechtsgebieten grössere Anpassungen nötig machen, da sich die geforderten Neuerungen nicht nahtlos in das System des geltenden Rechts einfügen.

Aufgrund dieser Überlegungen beantragt der Bundesrat den eidgenössischen Räten, die Volksinitiative «gegen die Abzockerei» Volk und Ständen zur Ablehnung zu empfehlen. Gleichzeitig empfiehlt er den eidgenössischen Räten, dem indirekten Gegenvorschlag zuzustimmen.

339

340