Rehabilitierung von Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern zur Zeit des Nationalsozialismus Bericht der Rehabilitierungskommission über ihre Tätigkeit in den Jahren 2004­2008 vom 2. März 2009

2009-0868

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Bericht 1

Ausgangslage

In den zwei vergangenen Jahrzehnten fanden vermehrt Debatten über die Flüchtlingspolitik der Schweiz während des Zweiten Weltkriegs und die Rückweisung von Flüchtlingen an der Grenze statt.1 Die Bundesversammlung beschloss deshalb am 13. Dezember 1996, eine unabhängige Expertenkommission einzusetzen, welche die Geschichte der Schweiz vor, während und unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg umfassend aufzuarbeiten hatte.2 Diese Expertenkommission (Bergier-Kommission) erhielt vom Bundesrat am 19. Dezember 1996 insbesondere auch den Auftrag, die Bedeutung der Flüchtlingspolitik im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen der Schweiz mit den Achsenmächten und den Alliierten zu untersuchen.3 Nach Veröffentlichung des Zwischenberichts der Bergier-Kommission vom Dezember 1999 gab der Nationalrat am 14. Dezember 2000 der parlamentarischen Initiative Paul Rechsteiner Folge,4 welche die Rehabilitierung der Flüchtlingshelfer und der Kämpfer gegen Nationalsozialismus und Faschismus verlangte.5 Am 20. Juni 2003 verabschiedete die Bundesversammlung das Bundesgesetz über die Aufhebung von Strafurteilen gegen Flüchtlingshelfer zur Zeit des Nationalsozialismus6 (nachfolgend Rehabilitierungsgesetz genannt). Es trat am 1. Januar 2004 in Kraft.

Mit Inkrafttreten des Rehabilitierungsgesetzes wurden alle Strafurteile gegen Personen aufgehoben, die zur Zeit des Nationalsozialismus verfolgten Menschen zur Flucht verholfen hatten.7 Diese Rehabilitierung bezweckt, die Verurteilungen von Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern, die heute als schwerwiegende Verletzung der Gerechtigkeit empfunden werden, im Sinne einer Wiedergutmachung aufzuheben.8 Das Rehabilitierungsgesetz setzt die Kommission für Begnadigungen und Zuständigkeitskonflikte der Bundesversammlung als Rehabilitierungskommission ein (nachfolgend Kommission genannt).9 Diese hat zur Aufgabe, im Einzelfall zu prüfen, ob eine Person im Sinne des Gesetzes rehabilitiert wurde, und diesen Entscheid 1 2

3

4 5

6 7 8 9

Unabhängige Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg: Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus, Bern 1999, Kapitel 1.

Bundesbeschluss vom 13. Dezember 1996 betreffend die historische und rechtliche Untersuchung des Schicksals der infolge der nationalsozialistischen Herrschaft in die Schweiz gelangten Vermögenswerte (AS 1996 3487).

Bundesratsbeschluss vom 19. Dezember 1996 «Historische und rechtliche Untersuchung des Schicksals der infolge der nationalsozialistischen Herrschaft in die Schweiz gelangten Vermögenswerte: Einsetzung der unabhängigen Expertenkommission» (nicht veröffentlicht; Art. 2.1.2. Abs. 2).

Amtliches Bulletin 2000 N 1590 99.464 Parlamentarische Initiative Paul Rechsteiner vom 22. Dezember 1999. Rehabilitierung der Flüchtlingshelfer und der Kämpfer gegen Nationalsozialismus und Faschismus.

Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 29. Oktober 2002 (BBl 2002 7781), Stellungnahme des Bundesrates vom 9. Dezember 2002 (BBl 2003 490).

SR 371 Art. 3 Rehabilitierungsgesetz.

Art. 1 Abs. 2 Rehabilitierungsgesetz.

Art. 6 Abs. 1 Rehabilitierungsgesetz; Art. 40 Parlamentsgesetz (SR 171.10).

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in geeigneter Weise bekanntzumachen.10 Der Auftrag der Kommission endet am 31. Dezember 2008;11 auf verspätet eingereichte Gesuche kann die Kommission noch bis am 31. Dezember 2011 eintreten.12 Mit dem vorliegenden Bericht legt die Kommission innert des vom Gesetzgeber gesetzten zeitlichen Rahmens von fünf Jahren gegenüber der Bundesversammlung und der Öffentlichkeit Rechenschaft über ihre Tätigkeit ab, insbesondere über die behandelten Gesuche und die von Amtes wegen aufgefundenen Fälle sowie über ihre Entscheide.

2

Auftrag der Kommission

Mit Inkrafttreten des Rehabilitierungsgesetzes am 1. Januar 2004 sind sämtliche rechtskräftigen Urteile der Militärjustiz sowie ziviler Strafgerichte des Bundes und der Kantone gegen Flüchtlingshelferinnen oder Flüchtlingshelfer zur Zeit des Nationalsozialismus aufgehoben worden. Alle von solchen Urteilen betroffenen Personen sind somit per Gesetz vollständig rehabilitiert. Die Aufgabe der Kommission ist es, auf Gesuch einer Person oder einer Organisation hin oder von Amtes wegen die Rehabilitierung mit einem Feststellungsentscheid zu bestätigen.13 Im konkreten Einzelfall prüft die Kommission, ob sich ein zur Zeit des Nationalsozialismus gefälltes Strafurteil im Sinne des Rehabilitierungsgesetzes gegen Personen richtete, die verfolgten Menschen bei der Flucht geholfen hatten oder sie beherbergten, ohne sie den Behörden zu melden.14 Kann dies bejaht werden, so stellt die Kommission in einem kostenlosen Verfahren die Aufhebung des Strafurteils als einzige Instanz fest und macht das Dispositiv des Entscheids in geeigneter Weise bekannt.15 Die Kommission beschloss zudem, nicht nur auf Gesuch hin, sondern auch selber tätig zu werden. Ein wesentlicher Teil der Tätigkeit der Kommission bestand deshalb in der Feststellung von Rehabilitierungen von Amtes wegen.16 Sie liess für die Zeitspanne von der Einführung des Straftatbestands der Fluchthilfe durch den Bundesratsbeschluss vom 25. September 194217 über die Abänderung des Bundesratsbeschlusses betreffend die teilweise Schliessung der Grenze (im Folgenden BRB vom 25. September 1942) bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die Akten der Militärgerichtsbehörden und allfällige Urteile in Sachen Fluchthilfe aufarbeiten. Damit erhöht sich die Chance ehemalige Flüchtlingshelferinnen- und helfer ausfindig zu machen, deren Fall weder Historikerinnen und Historikern noch Nachkommen oder Organisationen bekannt war.

10 11 12 13 14 15 16 17

Art. 6 Abs. 2 und Art. 11 Abs. 2 Rehabilitierungsgesetz.

Die Kommission kann gemäss Art. 8 Abs. 1 Rehabilitierungsgesetz auf Gesuche eintreten, die innert fünf Jahren seit Inkrafttreten des Gesetzes gestellt werden.

Art. 8 Abs. 2 Rehabilitierungsgesetz.

Art. 6 Abs. 1 Rehabilitierungsgesetz.

Art. 6 Abs. 1 Rehabilitierungsgesetz; Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 29. Oktober 2002, BBl 2002 7781.

Art. 11 Rehabilitierungsgesetz; vgl. unten Ziffer 5.4.

Art. 6 Abs. 1 Rehabilitierungsgesetz.

AS 58 (1942) 893

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3

Überblick über die Rehabilitierungsentscheide

Mit jedem Fall, den die Kommission behandelte, änderten sich das Profil der Flüchtlingshelferin oder des Flüchtlingshelfers und die Art ihrer Handlungen. Die Anwendung des Rehabilitierungsgesetzes rückte eine überraschende Vielfalt an Eigenschaften, Taten und Beweggründen der betroffenen Personen ins Licht. Ihre Handlungen zeugen von kreativem Geist und Anpassungsfähigkeit an die damaligen politischen, polizeilichen und militärischen Verhältnisse und Gefährdungssituationen. Eine umfassende Darstellung dieser Vielfalt würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen, sodass im Folgenden im Sinne eines Überblickes nur die wichtigsten Punkte herausgegriffen werden sollen.

3.1

Herkunft, Nationalität und Motive der Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer

Mit zunehmendem Druck, der in der Vorkriegszeit in Deutschland insbesondere auf jüdische Bürgerinnen und Bürger ausgeübt wurde, nahm deren Migration in Länder zu, in denen die Nationalsozialisten keinen oder wenig Einfluss hatten. Deutschlands Nachbarländer erschwerten darauf die Einreise jener Personen zunächst mit der Einführung der Visumpflicht. In der Schweiz erfolgte dies unter anderem mit dem Bundesratsbeschluss vom 4. Oktober 193818 über die Kontrolle der Einreisen der Flüchtlinge aus Deutschland, der die Visumpflicht für «deutsche Nichtarier» einführte. Eine weitere Erschwerung erfolgte dann mit dem Bundesratsbeschluss vom 5. September 1939 über Einreise und Anmeldung von Ausländern,19 der die Visumpflicht für die Einreise in die Schweiz und den Transit durch die Schweiz für alle Ausländer festsetzte. Nach Kriegsbeginn, als die teilweise Schliessung der Grenzen die Einreise erschwerte oder verunmöglichte, gewannen inoffizielle Beziehungsnetze an Wichtigkeit: Geschäfts- und Verwandtschaftsbeziehungen, Arbeits- und Besitzverhältnisse und die Zugehörigkeit zu religiösen und politischen Gemeinschaften boten Möglichkeiten für Kontakt zu Helferinnen und Helfern, die bei der illegalen Einreise mitwirken konnten. Die Auswertung der Dokumente der damaligen Zeit (Einvernahmeprotokolle, Polizeirapporte und Gerichtsurteile) erlaubt folgende kurze Zusammenfassung:

18 19

­

Nach der sozialen Herkunft finden sich als Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer Vertreter aller sozialen Kreise und Berufsgattungen: Arbeitslose, Juristen, Ärzte, Bauern, Berufsfischer, Zollbeamte, Soldaten, Händler und Personen, die berufsbedingt mit Flüchtlingen oder deren Helfer und Helferinnen in Kontakt kamen oder Möglichkeiten hatten, die Grenze legal zu überschreiten.

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Von der Staatszugehörigkeit her betrachtet, finden sich unter den Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern Personen verschiedenster Herkunft: Ausländer, die in der Schweiz wohnten; ehemalige Flüchtlinge, die Familienmitgliedern und Bekannten helfen wollten; schweizer Bürgerinnen und Bundesarchiv, Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 12, Dokumentennummer 416, 4. Oktober 1938, S. 944, Referenznummer 60 005 764.

Nicht publiziert; aufgeführt in «Die Flüchtlingspolitik der Schweiz seit 1933 bis 1955», Bericht an den Bundesrat zuhanden der eidgenössischen Räte, von Professor Dr. Carl Ludwig, Basel, 1957.

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Bürger; Heimatlose, die von den Behörden benachbarter Länder oft mit Gewalt und ausserhalb der Grenzübergänge aus deren Hoheitsgebiet in die Schweiz geführt wurden. Bei den 137 beurteilten Fällen ging es um Flüchtlingshelferinnen oder Flüchtlingshelfer folgender Nationalitäten: Schweiz (59), Frankreich (34), Italien (24), Staatenlose (6, früher Deutsche oder Österreicher), Polen (3), Deutschland (6, davon aus dem Elsass20), Tschechien (1), Ungarn (1) und Spanien (1).

­

Was die Beweggründe für die Fluchthilfe betrifft, so zeigt sich, dass zahlreiche Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer aus humanitären Gründen handelten, einige auch aus patriotischen Motiven. Manche erhielten für ihre Dienste kleinere und grössere Geldsummen: Sei es, dass ihnen von den Flüchtlingen selber Geldbeträge angeboten wurden, oder sei es, dass sie ihre Tätigkeit aus wirtschaftlichem Interesse oder aus Not ausübten. Geld war in Zeiten grosser Arbeitslosigkeit unter Umständen ein wichtiger Beweggrund für die Flüchtlingshelferinnen oder Flüchtlingshelfer.21 Teilweise wurden die Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer aktiv, weil sie durch Angehörige oder Bekannte von Flüchtlingen in der Schweiz um ihre aktive Mithilfe bei der Organisation und Durchführung eines Grenzübertritts in die Schweiz gebeten wurden. Anderen waren frühere Fluchthilfen geglückt, weshalb sie gezielt wieder dafür angegangen wurden.

Als Zufallshelfer gelten solche, die sich anlässlich des eigenen illegalen Grenzübertritts bereit erklärten, unterwegs begegneten Flüchtlingen den illegalen Weg über die Grenze zu zeigen. Weitere wurden zu Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern, weil sie für ihre Schmuggeltätigkeit und die damit einhergehende gute Kenntnis der versteckten Schleichwege über die grüne Grenze bekannt waren. Einige Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer wurden deshalb angeheuert, weil sie ­ wie einige Bauern aus der Ostschweiz ­ ihre Felder im benachbarten Ausland bewirtschafteten und deshalb die Möglichkeit hatten, unbehelligt über die Grenze zu gehen. Meistens handelten sie alleine. Es fanden sich aber auch ganze Gruppen von Helferinnen oder Helfern, die organisiert und quasi professionell Flüchtlingen beim illegalen Grenzübertritt direkt oder indirekt behilflich waren.22

3.2

Die zahlreichen Formen der Hilfe

Die der Kommission vorgelegten Fälle umfassen das ganze Spektrum an möglichen Hilfeleistungen im Zusammenhang mit der Fluchthilfe: Die aktive Mithilfe beim illegalen Überqueren der Grenze (vom einfachen Begleiten bis zur Grenze oder ab der Grenze und die Fälle von Grenzübertritten in Richtung der Schweiz oder des Auslands), die Vermittlung von Flüchtlingshelferinnen oder Flüchtlingshelfern, die Vermittlung von echten oder gefälschten Pässen und Grenzpassierscheinen und die Beherbergung von Flüchtlingen nach ihrem Grenzübertritt. Fluchthilfe kam auch zufällig zustande, indem Schmuggler auf ihren versteckten Pfaden einem Flüchtling 20 21

22

Das Elsass war während dem Zweiten Weltkrieg deutsch besetzt.

Vgl. Die Fluchthelfer von Diepoldsau, Hansjürg Zumstein, 1997, in der Dokumentarfilmreihe «Spuren der Zeit», SF DRS (Biblio PD 9.29); siehe dazu RehaKo 04-21 Jakob Spirig und 04-26 Hans Weder.

RehaKo 04-35 Numa Etienne, 04-37 Blanche Girard und 04-38 Marius Girard.

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begegneten und diesem den Grenzübertritt ermöglichten. Einige Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer begleiteten Flüchtlinge lediglich innerhalb der Schweiz; in einem Fall wurde ein Flüchtling am Zoll entgegen den behördlichen Weisungen von einem Zollbeamten nicht zurückgewiesen.

Alle Feststellungsentscheide betreffen, je nach Zeitpunkt der Fluchthilfe, Strafurteile von Zivilgerichten aus Grenzkantonen und solche der Militärgerichte, zu deren Gerichtshoheit bestimmte Grenzregionen gehörten. Bei Flüchtlingen, die nach ihrem Grenzübertritt bereits tiefer ins Landesinnere vorgedrungen waren, existierte die Verbindung zur Flüchtlingshelferin oder zum Flüchtlingshelfer wohl meist nicht mehr, und die Flüchtlinge hatten bereits Kontakt mit der Bevölkerung geknüpft.

Dies erklärt wahrscheinlich den Umstand, dass keine Strafurteile aus nichtgrenznahen Kantonen bekannt sind.

3.3

Ausgewählte Fallbeispiele

Fluchthilfe erfolgte nicht nur auf verschlungenen Pfaden ausserhalb der offiziellen Zollübergänge. Der Einfallsreichtum der Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer war gross. Die meisten von ihnen bedienten sich bei ihrer Hilfeleistung derjenigen Wege und Mittel, die ihnen von ihrem Alltag her am geläufigsten waren: Für den Berufsfischer des Genfersees waren Transportmittel und Weg gegeben, für den Schmuggler aus der Bergregion oder im Jura ebenfalls. Die anderen Helferinnen und Helfer improvisierten, indem sie auch ihre Kenntnisse der Lage und der speziellen Situation in ihrer näheren Umgebung oder die Schwächen von Grenzwächtern nutzten. Die folgende Aufstellung soll Einblick in einige Fälle der Fluchthilfe gewähren.

Der erste Feststellungsentscheid, den die Kommission fällte, stellt einen im Sinne des Rehabilitierungsgesetzes atypischen Fall von Fluchthilfe dar: Aimée Stitelmann23 war eine junge Studentin, die sich als Flüchtlingshelferin betätigte: Zwischen 1942 und 1945 hatte sie bereits fünfzehn Kinder und Widerstandskämpfer in die Schweiz geführt. Diese Fluchthilfe wurde im Urteil des Territorialgerichts 1 vom 11. Juli 1945, das der Kommission vorlag, nicht erwähnt. Lediglich ihre im März 1945 geleisteten Dienste (sie begleitete mehrmals Flüchtlinge, welche sich vor dem Naziregime in die Schweiz geflüchtet hatten, beim heimlichen Grenzübertritt nach Frankreich) waren Gegenstand ihrer Verurteilung. Ausgelöst durch ihre Verhaftung anlässlich ihres eigenen illegalen Grenzübertritts nach Frankreich, befand sie das Gericht im weiteren Sinne der Fluchthilfe schuldig. Sie wurde strafrechtlich freigesprochen und zu einer disziplinarischen Arreststrafe verurteilt.

Fluchthilfe-Gemeinschaften entstanden manchmal zufällig, andere Male ganz bewusst, weil ein Komparse über bestimmte Kenntnisse oder Hilfsmittel verfügte.

Im folgenden Fall taten sich zwei Freunde zusammen, der eine wollte Familienmitglieder über die Grenze schmuggeln, der andere besass das dazu nötige Material:

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RehaKo 04-01 Aimée Stitelmann.

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Max Held24 wurde im Oktober 1944 verurteilt, weil er mit einem Faltboot seines Freundes Hans Althaus25, welcher ihn bis zum Rheinufer begleitet und ihm dort beim Zusammensetzen des Bootes geholfen hatte, bei Schweizerhalle über den Rhein setzte, um seine Schwester und seinen Schwager vom deutschen Ufer abzuholen und sie paddelnd und schwimmend zum Schweizer Ufer zu geleiten.

Die offiziellen Zollübergänge wurden oft gemieden, in einigen Fällen jedoch wurden den Grenzbeamten Ausweispapiere vorgelegt, die nicht den Flüchtenden gehörten, oder die Grenzbeamten wurden abgelenkt, wie im Fall des Flüchtlingshelfers, der in zwei kurz aufeinander folgenden Aktionen Personen an den Grenzbeamten vorbeischmuggelte: Josef Schupp26 wurde im Juni 1945 verurteilt, weil er 1944 zunächst seinem deutschen Bruder an einem offiziellen Zollübergang das Überschreiten der Grenze ermöglichte, indem er den deutschen Zöllner in ein Gespräch verwickelte und ablenkte. Wenig später versteckte er seine Schwägerin in einem Kasten, den er auf einem Handwagen von Deutschland in die Schweiz zügelte. Auf diese Weise gelangten sie durch die deutsche Grenzsperre. Auf der schweizerischen Seite setzte Josef Schupp bei der Deklaration die Zöllner in Kenntnis.

Dass Fluchthilfe mitunter auch mit Gefahren für Leib und Leben verbunden war, zeigt ein tragisch endender Fall der Fluchthilfe über den Genfersee: Noël Moille27, Fischer aus Thonon-les-Bains, hat am 11. September 1942 zusammen mit seinem Neffen Léon vier jüdische Flüchtlinge mit seinem Boot über den Genfersee in die Schweiz gerudert, wo er bei der Landung von einem Schweizer Zöllner angehalten wurde. Als der Neffe auf den Zöllner losging, wurde er durch einen Schuss aus der Waffe des Zöllners getötet.

Trotz der Gefahren, die im Grenzgebiet lauerten, setzten sich Flüchtlingshelferinnen oder Flüchtlingshelfer uneigennützig für die Flüchtenden ein, so im Fall des Helfers, der die Flüchtenden suchen ging, nachdem die Gruppe durch das Eingreifen einer deutschen Patrouille aufgeteilt worden war: Edmond Chrzanowski und Stanislaw Opiela28, verschwägerte Polen aus Aachen, führten am 7. November 1943 eine schweizerische jüdische Familie und eine polnische Jüdin aus Frankreich an die Schweizer Grenze, wo sie auf eine deutsche Patrouille stiessen, welche das Feuer eröffnete. Edmond Chrzanowski
flüchtete daraufhin in die Schweiz. Stanislaw Opiela, der die Flüchtlinge wieder fand, führte diese am nächsten Morgen in die Schweiz.

Neben den Taten zahlreicher ziviler Flüchtlingshelferinnen oder Flüchtlingshelfer gab es auch Beispiele von Fluchthilfe, die in Abweichung von ihrem offiziellen Auftrag durch Grenzbeamte ausgeübt wurde: Robert Matthey29, ein Zöllner, hat im Oktober 1942 während dem Dienst beim Zollamt La Louvière eine in die Schweiz geflüchtete österreichische Jüdin nicht über 24 25 26 27 28 29

RehaKo 05-32 Max Held.

RehaKo 05-31 Hans Althaus.

RehaKo 05-53 Josef Schupp.

RehaKo 04-39 Noël Moille.

RehaKo 06-37 Edmond Chrzanowski, 06-08 Stanislaw Opiela.

RehaKo 05-45 Robert Matthey.

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die Grenze zurückgeschickt, obwohl ihm befohlen worden war, sie nach Frankreich wegzuweisen.

Die Phasen des Kriegsgeschehens in Europa spiegelten sich auch in den Urteilen der Gerichte. So lassen sich in den ersten Kriegsjahren härtere Strafen erkennen. In einem Fall aus dem Jahr 1942 (der mangels Strafurteil nicht zu einem Feststellungsentscheid führte) zeigt sich, wie das Gericht offensichtlich bemüht war, einen klaren Fall von Fluchthilfe praktisch zu bagatellisieren: Die französischen Bürger F. und M. wurden im Herbst 1942 im Gebiet des Plateau d'Emosson verhaftet, als sie in Begleitung von zwei jüdischen Flüchtlingen aus Marseille unterwegs waren. Die Flüchtlinge wurden bei der Verhaftung sofort wieder über die Grenze nach Frankreich geschickt: Sie hatten, unter dem Vorwand einer Bergwanderung nach Vallorcine (F) mit F. und M. unterwegs, erst dann ihre wahre Fluchtabsicht in Richtung Schweiz bekanntgegeben, als die Gruppe des dichten Nebels wegen versehentlich auf Schweizer Gebiet geraten war und F. der Gruppe deshalb vorschlug, zurückzukehren. Die Flüchtlinge versprachen dabei F. und M. eine Belohnung, damit diese ihnen weiterhalfen. Das Angebot wurde angenommen. Das Gericht befand, dass F. und M. nicht bewusst auf Schweizer Gebiet geraten waren und ihnen keine Fahrlässigkeit angelastet werden könne. Zum Zeitpunkt, als sie ihr Versehen erkannten und weiterhin auf schweizerischem Gebiet verblieben, um in Richtung Emosson fortzuschreiten, sei die Grenze zur Schweiz bereits überschritten gewesen und die Straftat des illegalen Eintritts in die Schweiz deshalb gar nicht mehr möglich gewesen. Die beiden wurden freigesprochen.

4

Praxis der Kommission zum Rehabilitierungsgesetz

Das Rehabilitierungsgesetz schreibt in Artikel 11 Absatz 1 vor, dass die Kommission «nach Recht und Billigkeit und in Würdigung der besonderen Umstände im Einzelfall» zu entscheiden hat. Dies bedeutet, dass die Kommission die verschiedenen offenen Rechtsbegriffe des Rehabilitierungsgesetzes nach dem Willen des heutigen Gesetzgebers auslegt, jedoch für die Beurteilung im Einzelfall die Bedeutung und Verwendung der Rechtsbegriffe in den Vorkriegs- und Kriegsjahren berücksichtigen muss. In dieser Zeit änderten sich sowohl die Rechtsgrundlagen im Zusammenhang mit Fluchthilfe in rascher Zeitfolge als auch die Wertung der Tatbestände durch die Gerichte. Der eigentliche Straftatbestand der «Fluchthilfe» wurde erst mit dem BRB vom 25. September 194230 eingeführt, sodass Fluchthilfefälle nicht nur aus dem Urteilsdispositiv, sondern auch aus dem Sachverhalt der Urteile eruiert werden mussten.

Bereits beim ersten Fall, den die Kommission zu beurteilen hatte, stellte sich die Frage: Wer fällt unter den Begriff «Flüchtlingshelferin» oder «Flüchtlingshelfer», und wer fällt unter den Begriff «Flüchtling»? Es galt zudem, die nur sehr allgemein umschriebene Zeitperiode des «Nationalsozialismus» für die Arbeit der Kommission zu bestimmen und die Urteile abzugrenzen, die das Rehabilitierungsgesetz aufheben wollte. Auch hatte die Kommission die Einzelheiten des Feststellungsverfahrens festzulegen und zu bestimmen, wer Gesuche um Feststellung der Aufhebung konkreter Strafurteile stellen kann.

30

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Diese Auslegungsentscheide mussten von Fall zu Fall differenziert werden, wie beispielsweise der Katalog von Auslegungsfragen zeigt, welcher der Kommission für ihre Sitzung vom 1. Februar 2006 vorgelegen hat: ­

Fallen italienische und deutsche Militärpersonen und aus ausländischen Lagern geflüchtete alliierte Kriegsgefangene sowie Personen, die sich durch die Flucht einem Aufgebot zu Arbeitsleistungen in Deutschland entzogen, unter den Flüchtlingsbegriff des Rehabilitierungsgesetzes?

­

Kommt ein Feststellungsentscheid auch dann infrage, wenn Fluchthilfe zwar nachgewiesen ist, die Strafe jedoch nur wegen des eigenen illegalen Grenzübertritts der Flüchtlingshelferin oder des Flüchtlingshelfers ausgesprochen wurde?

­

Wie sollen andere Straftaten im Hinblick auf einen Feststellungsentscheid gewichtet werden, wenn sie bei der Bemessung der Strafe mitberücksichtigt wurden?

­

Kann ein Verweis einem Strafurteil gleichgestellt und Gegenstand eines Feststellungsentscheids werden?

­

Sind ein zweifelhafter Ruf oder anderweitige Verurteilungen der Flüchtlingshelferin oder des Flüchtlingshelfers ein Grund, um einen Namen nicht zu publizieren?

Nachfolgend werden die Entscheide über die Auslegungsfragen thematisch zusammengefasst, um darzustellen, wie die Kommission ihren gesetzlichen Auftrag konkretisiert hat:

4.1

Fluchthilfe

Fluchthilfe wurde dann aktuell, als Flüchtlinge an den offiziellen Grenzübergängen nicht mehr legal einreisen konnten. Diese Situation trat ein, als die Schweiz ab dem Frühling 1938 sukzessive Einreisebeschränkungen einführte und verschiedene Flüchtlingskategorien der Visumpflicht unterstellte. Die Rechtslage war lange Zeit unklar: Die Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer wurden zu dieser Zeit wegen Verstosses gegen das Bundesgesetz vom 26. März 193131 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG) verurteilt.

Bis zum Kriegsausbruch am 1. September 1939 waren für die Beurteilung der Fluchthilfetatbestände nach ANAG die Kantone zuständig. Die 29 der Kommission vorgelegten Urteile aus dieser Zeit waren vom Strafgericht des Kantons Basel-Stadt,

31

Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) am 1. Januar 2008 aufgehoben [BS 1 121; AS 1949 221, 1987 1665, 1988 332, 1990 1587 Art. 3 Abs. 2, 1991 362 Ziff. II 11 1034 Ziff. III, 1995 146, 1999 1111 2262 Anhang Ziff. 1, 2000 1891 Ziff. IV 2, 2002 685 Ziff. I 1 701 Ziff. I 1 3988 Anhang Ziff. 3, 2003 4557 Anhang Ziff. II 2, 2004 1633 Ziff. I 1 4655 Ziff. I 1, 2005 5685 Anhang Ziff. 2, 2006 979 Art. 2 Ziff. 1 1931 Art. 18 Ziff. 1 2197 Anhang Ziff. 3 3459 Anhang Ziff. 1 4745, 2007 359 Anhang Ziff. 1].

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vom Bezirksamt Unterrheintal und vom Bezirksgericht Zürich gesprochen worden.32 In 17 dieser Fälle wurden Personen verurteilt, weil sie gültige Pässe oder echte sowie gefälschte Grenzpassierscheine an Unberechtigte übergaben, damit diese die Grenze unbehelligt passieren konnten.33 Nach dem Kriegsausbruch waren nicht mehr die Zivilgerichte zuständig. Mit dem Bundesratsbeschluss vom 13. Dezember 194034 betreffend die teilweise Schliessung der Grenze (im Folgenden BRB vom 13. Dezember 1940) wurde eine teilweise Grenzschliessung verfügt und jeglicher Grenzübertritt ausserhalb der Fahrstrassen untersagt. In Artikel 6 dieses Bundesratsbeschlusses wird für die entsprechende Sanktion auf die Artikel 107 und 108 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 192735 (MStG) verwiesen (Ungehorsam gegen allgemeine oder besondere Anordnungen).

Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer machten sich der Beihilfe zu einer Widerhandlung gegen diesen Bundesratsbeschluss schuldig. Mit diesen Strafdrohungen gemäss MStG wurde die Strafkompetenz fortan der Militärjustiz übertragen.

Der eigentliche Straftatbestand «Fluchthilfe» wurde erst mit dem BRB vom 25. September 194236 eingeführt, der den Artikel 3 des BRB vom 13. Dezember 194037 derart änderte, dass sich fortan strafbar machte, wer unter Umgehung der schweizerischen Grenzkontrolle das Land betrat oder verliess, ferner Anstalten dazu traf oder Personen bei der illegalen Ein- oder Ausreise behilflich war. Demnach wurden ab dem 28. September 1942 Personen, die bisher lediglich wegen Versuchs des illegalen Grenzübertritts oder wegen Gehilfenschaft dazu verurteilt worden waren als Haupttäter eines vollendeten Delikts bestraft. Die Sanktion entsprach derjenigen, die für Personen galt, welche die Grenze entgegen dem gesetzlichen Verbot tatsächlich überschritten.

Der Artikel 5 des Rehabilitierungsgesetzes sieht vor, dass bei Konkurrenz von Straftaten bei der Verurteilung auch die andern Straftaten (welche zwecks Begehung der Fluchthilfe oder anlässlich der Fluchthilfe begangen wurden) von der Aufhebung erfasst werden, sofern sie aufgrund einer Gesamtwürdigung als untergeordnet erscheinen. Im unveröffentlichten Fall eines Soldaten, der aus Angst vor den Konsequenzen der Fluchthilfe aus der Schweizer Armee desertierte und deshalb auch wegen diesem Delikt verurteilt wurde, stellte die Kommission die Aufhebung des Urteils nur für den Fluchthilfeteil fest.

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Urteile (wegen Verstosses gegen die Bestimmungen des ANAG aus den Jahren 1938 und 1939) des Strafgerichts des Kantons Basel-Stadt: RehaKo 04-06 Oskar Gablinger, 04-24 Adolf Studer, 04-32 Karl Fröhlich, 04-33 Ernst Müller; 08-01 Martha Bloch; 08-02 Rosa Wüst; 08-03 Emil Graf; 08-04 Walter Mollenkopf; 08-05 Amalie Kuttler; 08-06 Hanny Meury; 08-07 Maria Rohrer; 08-08 Martha Uehlinger; 08-09 Paul Uehlinger; des Bezirksamts Unterrheintal: RehaKo 04-09 Hermann Hutmacher, 04-20 Felix Sigismondi, 04-31 Josef Bell, 05-18 Jakob Hutter, 05-20 Emil Broger, 05-21 Eduard Hutter, 05-22 Jakob Spirig, 05-23 Ernst Bolliger, 05-24 Wilhelm Hutter, 05-25 Hermann Stalder, 05-26 Alexander Helg, 05-28 Rubin Markowitz, 05-29 Oskar Meier; des Bezirksgerichts Zürich: 07-02 Rosa Wessely, 07-03 Hermann Stern, 07-04 Marie Houdecek.

RehaKo 04-06 Oskar Gablinger, 04-09 Hermann Hutmacher, 04-24 Adolf Studer, 04-32 Karl Fröhlich, 04-33 Ernst Müller, 07-02 Rosa Wessely, 07-03 Hermann Stern, 07-04 Marie Houdecek; 08-01 Martha Bloch; 08-02 Rosa Wüst; 08-03 Emil Graf; 08-04 Walter Mollenkopf; 08-05 Amalie Kuttler; 08-06 Hanny Meury; 08-07 Maria Rohrer; 08-08 Martha Uehlinger; 08-09 Paul Uehlinger.

AS 56 (1940) 2001 AS 43 (1927) 359 AS 58 (1942) 893 AS 56 (1940) 2001

3332

4.2

Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer

Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer im Sinne des Rehabilitierungsgesetzes sind Personen, welche verurteilt worden sind, weil sie verfolgten Menschen zur Zeit des Nationalsozialismus zur Flucht verhalfen oder Flüchtlinge beherbergten, ohne sie den Behörden zu melden.38 Nicht als Flüchtlingshelferin oder als Flüchtlingshelfer anerkannt werden Personen, welche anlässlich der Fluchthilfe Flüchtlinge ausgenützt, im Stich gelassen oder anschliessend denunziert haben.39 Bei der Frage der Ausnützung verfolgter Menschen anlässlich der Fluchthilfe befand die Kommission am 1. Februar 2006, dass alleine die Annahme von Geld keinen Umstand darstellt, der gegen eine Feststellung der Rehabilitierung sprechen würde.

Insbesondere stellte sich diese Frage bei manchen Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern, bei denen die damaligen Gerichte den Vorwurf der Bereicherungsabsicht erhoben, weil sie für ihre Dienstleistung teilweise ansehnliche Geldbeträge erhielten.40 Die Kommission hatte darüber zu befinden, ob die Annahme eines hohen Geldbetrags nicht an sich schon auf eine Bereicherungsabsicht deutet.41 Die Kommission verneinte dies. Sie schloss in ihren Erwägungen mit ein, dass die illegalen Grenzübertritte mit organisatorischen Belastungen und mit Gefahren verbunden waren, für die gewisse Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer entschädigt werden wollten. Auch war aus den Unterlagen ersichtlich, dass es in einigen Fällen die Flüchtlinge selber waren, die hohe Summen anboten.42 Für einige Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer waren nicht primär moralische, sondern andere, eben auch finanzielle Überlegungen ausschlaggebend. Es herrschte zur damaligen Zeit eine hohe Arbeitslosigkeit, und manche suchten nach zusätzlichen Einnahmequellen. Die Kommission entschied, dass es nicht ihre Aufgabe ist, einer falschen, heroisierenden Vorstellung der Fluchthilfe Vorschub zu leisten oder das Handeln der Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer nach moralischen Aspekten zu beurteilen. Vielmehr bezweckt das Rehabilitierungsgesetz eine Wiedergutmachung aus der Sicht einer späteren Zeit. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass Fluchthilfe nicht nur in gemeinnütziger Form erfolgte.43 Vielmehr wollte er mit Artikel 2 Absatz 2 des Rehabilitierungsgesetzes die wirklich krassen Fälle von Ausnützung herausnehmen,
bei denen Flüchtlinge ausgenützt, im Stich gelassen oder gar denunziert wurden. Allein der Vorwurf der «Ausnützung» der Flüchtlinge in den Untersuchungsakten kann nicht genügen, um die Qualität als Flüchtlingshelferin oder Flüchtlingshelfer abzuerkennen.44

38 39 40 41

42

43 44

Art. 2 Abs. 1 Rehabilitierungsgesetz.

Art. 2 Abs. 2 Rehabilitierungsgesetz.

RehaKo 04-36 Charles Favre, 05-43 Ernst Ehrenkranz.

RehaKo 06-08 Stanislaw Opiela: In diesem Fall wurde von einer reichen Flüchtlingsfamilie der höchste Betrag an eine Flüchtlingshelferin oder an einen Flüchtlingshelfer bezahlt, dem die Kommission in den von ihr behandelten Fällen begegnete.

RehaKo 05-01 Pierre Besomi: Das Geld war für die französische Résistance bestimmt; 05-43 Ernst Ehrenkranz: weigerte sich, über die Geldverwendung Auskunft zu geben, um deren Empfänger zu schützen; 05-39 Robert Vincent.

Vgl. Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 29. Oktober 2002, BBl 2002 7785f.

RehaKo 05-38 Maurice-Marcel Lienhard.

3333

Unter den Begriff «Flüchtlingshelferin» beziehungsweise «Flüchtlingshelfer» fallen nach Auffassung der Kommission:

45

­

Personen, die bereits in der Schweiz sich aufhaltenden Flüchtlingen beim Grenzübertritt ins Ausland halfen (04-01 Aimée Stitelmann: Sie wurde verhaftet, weil sie Flüchtlinge, welche vor dem Naziregime in die Schweiz geflüchtet waren, über die Schweizer Grenze nach Frankreich begleitet hatte45) oder solchen Flüchtlingen innerhalb der Schweiz Hilfe zukommen liessen (04-30 Siegbert Daniel; 04-49 Lucien Cachat; 04-52 Pierre Wollmann und ein weiterer, unveröffentlichter Fall).

­

Personen, die organisiert Fluchthilfe betrieben und sich dabei die Aufgaben teilten, zum Beispiel als Kontaktperson, durch Hilfe beim Grenzübertritt, beim Gewähren von Unterkunft nach dem Grenzübertritt (04-35 Numa Etienne; 04-37 Blanche Girard; 04-38 Marius Girard; 05-46 Rose Baumgartner; 08-12 Pierre Amiel; 08-13 Claude Schropff).

­

Personen, die von den damaligen Gerichten wegen des eigenen illegalen Grenzübertritts bestraft wurden, weil der Sachzusammenhang mit einer Hilfeleistung an Flüchtlinge besteht: Die Begleitung der Flüchtlinge beim illegalen Grenzübertritt selber wurde nicht als strafbar betrachtet, auch wenn der Tatbeschrieb eindeutig war. Die Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer wurden lediglich für den eigenen Grenzübertritt bestraft (06-04 Gilbert Hugel: Er leistete Hilfe, indem er einen Mann über die Grenze begleitete, der seine Tochter zur Familie in die Schweiz brachte, bevor er wieder nach Frankreich zurückkehrte; 05-33 Ercole Stefanetti; 05-34 Andrea Stefanetti; 05-35 Lauretta Dionisi; 05-37 Giovanni Antonioli; 04-56 Mario Piroia; 05-36 Robert-Louis Dellasanta; 05-40 Massimo Schmit; 06-25 Adolphe Krebs).

­

Personen, die anlässlich ihres eigenen Grenzübertritts weiteren Personen zum Grenzübertritt verhalfen: der eigene Grenzübertritt diente der Erledigung privater Angelegenheiten, der Flucht vor der Verfolgung im Ausland oder der Umgehung eines Aufgebots in ein Arbeitslager (04-47 Samuel Dürrenmatt; 05-04 René Moritz).

­

Personen, die Vorbereitungen für eine Fluchthilfe trafen oder solche in Auftrag gaben, auch wenn die Fluchthilfe letztendlich nicht zustande kam (04-08 Heinz Hammerschlag; 05-43 Ernst Ehrenkranz).

­

Personen, die Fluchthilfe geleistet hatten und dafür verurteilt wurden, deren schlechter Leumund, beispielsweise wegen Bestechung von Zeugen, bei der Strafzumessung durch das Gericht mitberücksichtigt wurde (05-39 Robert Vincent).

Feststellungsentscheid vom 2. März 2004 betreffend Aimée Stitelmann, Ziffer 6: «... Da der Bundesratsbeschluss vom 25. September 1942 die Fluchthilfe zum selbständigen Tatbestand erhob und Frau Aimée Stauffer-Stitelmann wohl auch wegen ihrer Fluchthilfe verurteilt worden ist, kann festgestellt werden, dass das gegen sie ausgesprochene Urteil vom 11. Juli 1945 durch das Bundesgesetz aufgehoben worden ist, auch wenn der im Urteil dargelegte Sachverhalt sich nicht explizit auf die von Frau Aimée Stauffer-Stitelmann getätigte Fluchthilfe im Sinne des Gesetzes bezog.»

3334

­

Schweizer Militärpersonen im Grenzdienst und Zollbeamte im Dienst, die ihre Pflichten missachteten (05-52 François-Abel Roserens; 05-54 Jean ZenRuffinen; 05-45 Robert Matthey).

In einem Grundsatzentscheid vom 30. November 2005, beziehungsweise vom 1. Februar 2006 legte die Kommission fest, dass sie sich strikte an den Wortlaut des Gesetzes zu halten gedenke: in zwei Fällen verzichtete sie nach Absprache mit der Gesuchstellerin auf einen negativen Entscheid, da die ihr vorliegenden Fälle nicht Flüchtlingshelferinnen oder Flüchtlingshelfer betrafen, sondern Flüchtlinge, die für ihren illegalen Grenzübertritt bestraft worden waren.

4.3

Flüchtlinge

Artikel 2 Absatz 1 des Rehabilitierungsgesetzes umschreibt den Begriff des Flüchtlings als «verfolgten Menschen zur Zeit des Nationalsozialismus». Dieser Passus ist im Gesetz bewusst breit gefasst worden. Die Kommission hatte im Einzelfall zu prüfen, ob die Hilfe wirklich verfolgten Personen zukam oder nicht. Sie wendete entsprechend dem Willen des Gesetzgebers den Flüchtlingsbegriff auf eine grosse Anzahl von Personen an. Unter den Begriff fallen nach Auffassung der Kommission: ­

Zivile Einzelpersonen, Familien (auch fiktive, im Hinblick auf den Grenzübertritt aus einander unbekannten Personen zusammengestellte «Familien») oder Gruppen von Personen mosaischen Glaubens aus Deutschland, aus deutschbesetzten Gebieten oder aus Italien (04-28 Ernest Wittwer; 05-49 Luigi Morandi; 06-06 Robert Desroches; 06-07 René Perroton) und ferner Staatsangehörige von deutschbesetzten Ländern, wie beispielsweise Angehörige der französischen Résistance (04-12 Albert Mercier). Die Flüchtlingseigenschaft wurde ferner für Personen anerkannt, die unter anderem infolge der prekären Versorgungslage in Frankreich für eine kurze Zeit in die Schweiz kamen oder die durch die Schweiz reisten (06-04 Gilbert Hugel; 04-52 Pierre Wollmann; 06-25 Adolphe Krebs).

­

Zivilpersonen, die sich Aufgeboten zu militärischen Dienstleistungen in der Wehrmacht, zu Arbeitseinsätzen in der Organisation Todt, zu Einsätzen in Arbeitslagern oder dem Aufgebot einer deutschen Ortswehr entziehen wollten (04-59 Fernand Ménétré; 05-42 Johann Sutter; 05-04 René Moritz; 05-31 Hans Althaus; 05-32 Max Held).

­

Deutsche oder italienische Militärpersonen, die von den Alliierten angehalten und interniert worden waren, denen die Flucht gelungen war oder die von ihrer Truppe geflohen waren (05-40 Massimo Schmit); deutsche Militärpersonen, die einen Urlaub nutzten, um sich weiteren militärischen Einsätzen zu entziehen (05-53 Josef Schupp), oder die sich einer Versetzung an die Ostfront entziehen wollten (05-42 Johann Sutter).

­

Alliierte Militärpersonen (darunter befanden sich Belgier, Holländer, Inder, Polen, Russen, Südafrikaner usw.), die aus ihrem Land oder aus einem Internierungslager im benachbarten Ausland geflüchtet waren und über Schweizer Hoheitsgebiet wieder zu ihren Truppen stossen wollten (04-51 Antoine Tatu; 05-04 René Moritz), oder Militärpersonen, welche eine Internierung in der Schweiz anstrebten (05-07 Emilio Comina; 05-08 Leonardo 3335

Danda; 05-13 Luigi Ghibellini; 05-47 Tullio Berzi; 05-48 Innocente Delorenzi; 06-25 Adolphe Krebs).

­

Zivile Internierte jüdischen Glaubens, die im Januar 1945, noch in der Schweiz interniert waren, als Frankreich bereits zum grossen Teil befreit war: Ihre Ausreise aus der Schweiz war mit administrativen Demarchen verbunden. Dass sie in der Schweiz Zuflucht gesucht hatten, war eine direkte Folge der Verfolgungen durch die Nationalsozialisten (08-15 Herz-Henri Dratwa; 08-16 Gustave Michon).

4.4

Zeitspanne «Nationalsozialismus»

Die Zeit des Nationalsozialismus umfasst für den Historiker eine Zeitspanne, die je nach historischer Gewichtung und Interpretation der Ereignisse variieren wird. Das Rehabilitierungsgesetz setzt keine Anfangs- und Schlussdaten. Es regelt die Aufhebung von Strafurteilen gegen Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer, die «zur Zeit des Nationalsozialismus» verfolgten Menschen zur Flucht verholfen haben.

Bereits in den 1920er Jahren setzten sich bedrohte Personen aus Deutschland ab, als sich die völkisch-rassistischen Absichten der noch jungen nationalsozialistischen Partei entwickelten. Mit der Wahl Hitlers im Jahr 1933 begann die Stigmatisierung für die dem Regime nicht genehmen Bürgerinnen und Bürger. Erste Einreisen in die Schweiz sind bereits 1934 bekannt geworden.46 Das Jahr 1938, mit dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich (am 13. März) und der Reichskristallnacht (vom 9. auf den 10. November), führte zu einem vorher noch unbekannten Flüchtlingsstrom.47 Die Kommission legte keinen expliziten Zeitrahmen fest, sondern ging davon aus, dass die gesetzlich festgelegte Zeitspanne mit der Kapitulation Deutschlands 1945 aufhörte. Die ältesten Urteile, welche die Kommission im Hinblick auf die Feststellung der Rehabilitierung behandelte, gehen auf die zweite Hälfte des Jahres 1938 zurück.48 Den Hauptteil der Arbeit der Kommission bilden jedoch Urteile der Militärgerichte aus den Jahren 1943 und 1944, die im Auftrag der Kommission im Bundesarchiv recherchiert wurden. Das jüngste Urteil, dem ein Sachverhalt aus dem Jahre 1944 zugrunde lag, stammte aus dem Jahre 1946.49

46 47

48 49

Bericht der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates vom 29. Oktober 2002 (BBl 2002 7781 7785).

Unabhängige Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg: Die Schweiz und die Flüchtlinge zur Zeit des Nationalsozialismus, Bern 1999, Kapitel 1.2 in fine, und: Franco Battel, Wo es hell ist, dort ist die Schweiz. Flüchtlinge und Fluchthilfe an der Schaffhauser Grenze zur Zeit des Nationalsozialismus, Chronos Verlag, Zürich, 2000.

ISBN 3-905314-05-3, S. 47ff.

RehaKo 04-24 Adolf Studer, 04-20 Felix Sigismondi, 04-31 Josef Bell, 04-06 Oskar Gablinger, 05-18 Jakob Hutter.

Dieses Urteil datiert vom 25. März 1946: Es erfolgte im Jahr nach dem Niedergang des nationalsozialistischen Deutschlands für eine im Jahr 1944 begangene Tat aufgrund einer Bestimmung, wonach alle hängigen Verfahren weiterzuführen seien: Bundesratsbeschluss vom 3. August 1945 betreffend die Aufhebung des Aktivdienstzustandes, Artikel 17 Abs.z 1, AS 61 (1945) 571): RehaKo 05-02 Friedrich Albert Roth.

3336

4.5

Strafurteile

Die Aufhebung betrifft sämtliche rechtskräftigen Strafurteile militärischer und ziviler Strafgerichte des Bundes und der Kantone gegen Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer.50 Die Kommission betrachtete aus heutiger Sicht auch die von den damaligen Gerichten (in einem Fall vom Kommandanten eines Territorialkreises) ausgesprochenen Disziplinarstrafen (Verweis, Disziplinarbusse, Arrest) als Strafurteile im Sinne des Rehabilitierungsgesetzes und stellte deren Aufhebung fest.51 In zwei Fällen sind keine Strafurteile auffindbar, der Vollzug von Strafen jedoch in amtlichen Dokumenten derart dokumentiert, dass eine Bestrafung als erwiesen angenommen werden kann.52 In zwei weiteren Fällen konnte aus den Unterlagen festgestellt werden, dass die betroffenen Personen ohne Urteil über den Strafantrag von zehn Tagen Haft hinaus mehr als zwei Monate inhaftiert waren, weil die Behandlung des Falls bei den eidgenössischen Behörden verzögert wurde.53 Die Kommission setzte die lange Inhaftierung einer Verurteilung gleich und traf einen Feststellungsentscheid nach «Recht und Billigkeit und in Würdigung der besonderen Umständen im Einzelfall» im Sinne von Artikel 11 des Rehabilitierunsgesetzes.

Im zweiten Jahr ihrer Tätigkeit hatte sich die Kommission zu einer Eingabe der Paul-Grüninger-Stiftung betreffend sieben Personen zu äussern, gegen die im Jahr 1941 wegen «Emigrantenschmuggels» lediglich eine Strafuntersuchung geführt, dann aber von einem Strafurteil abgesehen worden war. Die Stiftung hatte angeregt, es seien die damals ausgesprochenen Kostenauflagen für das Verfahren aufzuheben und die Kosten den Betroffenen angemessen zurückzuerstatten. Ergänzend sei zu prüfen, ob für diese Personen eine Ehrenerklärung der Kommission möglich sei. Die Kommission erachtete am 30. November 2005 das Erfordernis der Fluchthilfe als wahrscheinlich erfüllt, verneinte aber das Vorliegen eines Strafurteils. Eine förmliche Feststellung im Sinne des Rehabilitierungsgesetzes wurde deshalb abgelehnt.

Dem Begehren auf Rückerstattung der Kosten wurde mangels rechtlicher Grundlage nicht entsprochen.

4.6

Gesuchsteller

Gesuche um Feststellung der Aufhebung von konkreten Strafurteilen können nach Artikel 7 des Rehabilitierungsgesetzes gestellt werden von damals verurteilten Personen oder, nach deren Tod, von ihren Angehörigen (Art. 110 Abs. 1 des Strafgesetzbuches54, StGB) sowie von Organisationen mit Sitz in der Schweiz. Diese Organisationen müssen schweizerisch beherrscht sein und sich dem Schutz der Menschenrechte oder der schweizerischen Geschichte zur Zeit des Nationalsozia-

50 51

52 53 54

Art. 3 Rehabilitierungsgesetz.

RehaKo 04-30 Siegbert Daniel, 04-52 Pierre Wollmann, 05-31 Hans Althaus und 05-32 Max Held, die beide zu einem Verweis verurteilt worden waren, 05-36 Robert-Louis Dellasanta.

RehaKo 04-31 Josef Bell, 08-11 Victor Rebholz.

RehaKo 08-12 Pierre Amiel, 08-13 Claude Schropff.

SR 311.0, Fassung gemäss Artikel 37 Ziffer 1 des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004, in Kraft seit dem 1. Januar 2007 (SR 211.231): Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre eingetragene Partnerin oder ihr eingetragener Partner, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern, ihre Adoptivgeschwister und Adoptivkinder.

3337

lismus widmen.55 Sie sind nicht berechtigt, ein Gesuch gegen den Willen der verurteilten Person oder, nach deren Tod, gegen den Willen der Angehörigen zu stellen.56 Mit der Anerkennung einer Organisation als Gesuchstellerin, stellvertretend für Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer, konnte die Kommission davon ausgehen, dass die Zustimmung der Betroffenen oder von deren Angehörigen zur Publikation der Feststellungsentscheide vorlag.57 Die Legitimation im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 des Rehabilitierungsgesetzes wurde für die Paul-Grüninger-Stiftung mit Sitz in St. Gallen anerkannt, die sich dem Andenken des ehemaligen Sankt-Galler Polizeikommandanten und Flüchtlingsretters Paul Grüninger widmet und «Personen, Organisationen und Institutionen» ehrt und fördert, «die mit ihrem Engagement besondere Menschlichkeit und besondere Zivilcourage zeigen», und die sich unter anderem «für die Wiedergutmachung von begangenem Unrecht und für die Verhinderung von neuem Unrecht einsetzt».58 Demgegenüber wies die Kommission am 28. Mai 2004 die Anfrage eines Anwalts um Anerkennung des Cercle d'études historiques de la société jurassienne d'émulation als Gesuchsteller mit der Begründung ab, weil die Statuten der Vereinigung keinen Zweckartikel beinhalten, der sich mit den Anforderungen des Rehabilitierungsgesetzes deckt.

5

Organisation der Kommissionsarbeiten

5.1

Verfahren der Kommission und Zusammenarbeit mit anderen Behörden

Nach Artikel 6 des Rehabilitierungsgesetzes ist die Kommission für Begnadigungen und Zuständigkeitskonflikte der Vereinigten Bundesversammlung zuständig, die Aufhebung der Stafurteile und damit die Rehabilitierungen festzustellen. Sie setzt sich aus zwölf Mitgliedern des Nationalrates und fünf Mitgliedern des Ständerates zusammen.59 Insgesamt führte die Kommission vierzehn Sitzungen durch. Eine Sitzung diente der Konstituierung der Kommission, zehn Sitzungen dienten für die Feststellungsentscheide, eine diente der detaillierten Präsentation unklarer Fälle und eine weitere zur

55 56 57 58 59

Art. 7 Abs. 2 Rehabilitierungsgesetz.

Art. 7 Abs. 3 Rehabilitierungsgesetz.

Vgl. unten Ziffer 5.4.1.

Kanton St. Gallen ­ Öffentliche Urkunde über die Stiftungserrichtung Paul-GrüningerStiftung in St. Gallen vom 24. November 1998.

Art. 39 Abs. 4 ParlG; in der 47. Legislaturperiode (2003­2007) waren Mitglieder der Kommission: Nationalrat: Elmar Bigger, Martine Brunschwig Graf, André Daguet, Brigitta M. Gadient, Valérie Garbani, Vreni Hubmann, Otto Ineichen, Walter Jermann, Josef Lang, Yvan Perrin, Jürg Stahl, Reto Wehrli; Ständerat: Françoise Saudan (Präsidentin), Madeleine Amgwerd, Jean Studer, Christiane Brunner (ersetzt ab 2006 Jean Studer), Trix Heberlein, Hans Lauri. In der Wintersession 2007 wurden für die 48. Legislaturperiode (2007­2011) in die Kommission gewählt: Nationalrat: André Daguet (Präsident), Luc Barthassat, Esther Egger-Wyss, Edi Engelberger, Yvonne Gilli, Hansjörg Hassler, Bea Heim, Hugues Hiltpold, Felix Müri, André Reymond, Jean-Charles Rielle, Jürg Stahl; Ständerat: Verena Diener (Vizepräsidentin), Robert Cramer, Konrad Graber, Hans Hess, Werner Luginbühl.

3338

Beschlussfassung über die Weiterführung der amtlichen Suche60. Eine für die Abnahme des Berichts vorgesehene Sitzung nach dem Ablauf der Einreichungsfrist von fünf Jahren diente ebenfalls der Beschlussfassung über 21 weitere, fristgerecht eingereichte Fälle.

Anlässlich der konstituierenden Sitzung vom 18. Dezember 2003 legte die Kommission fest, in welchem Verfahren und auf welchen Grundlagen die Feststellungsentscheide ergehen.61 Die Fluchthilfeakten werden dem Bundesamt für Justiz unterbreitet, das im Auftrag der Kommission die entsprechenden Dossiers und die Feststellungsentscheide vorbereitet, die Untersuchungsakten bereitstellt, allfällige weitere Recherchen vornimmt und die Übersetzungen liefert. Das Bundesamt für Justiz ist an allen Sitzungen der Kommission vertreten und stellt dort die einzelnen Fälle vor. Die Kommission hat Einsicht in sämtliche Akten und kann bei Bedarf Zusatzabklärungen bei den Gesuchstellern und bei Behörden in Auftrag geben. Die Kommission prüft und berät jeden ihr vorgelegten Fall einzeln und beschliesst darüber.

Neben dem Bundesamt für Justiz und dem Bundesarchiv nahmen keine weiteren Bundesbehörden Aufgaben im Auftrag der Kommission wahr. Kantonale Behörden wurden nur dann in Anspruch genommen, wenn es darum ging, den Kontakt zu Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern und deren Angehörigen herzustellen, indem Einwohnerkontrollen und Zivilstandsämter gestützt auf Artikel 13 Buchstabe b der Verordnung vom 27. Oktober 199962 über die Gebühren im Zivilstandswesen um kostenlose Unterstützung gebeten wurden (Erlass von Gebühren und Auslagen, wenn die Dienstleistung im öffentlichen Interesse erfolgt).

Die Feststellungsentscheide wurden in deutscher und französischer Sprache verfasst, in den Fällen von Verurteilten aus dem Kanton Tessin, aus Italien oder in Fällen, die das damals für den Kanton Tessin zuständige Territorialgericht 4 beurteilt hatte, auch in italienischer Sprache.

5.2

Nachforschungen im Bundesarchiv

Die Kommission beschloss am 28. Mai 2004 auf Anregung der Paul-GrüningerStiftung63 und nach Einsicht in den Bericht des Bundesamts für Justiz vom 13. Mai 2004, im Bundesarchiv gezielt nach Urteilen von militärischen Gerichten wegen Fluchthilfe zu suchen. Dadurch erhöhte sich die Chance, die Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer zu rehabilitieren, deren Fall weder Historikerinnen und Historikern noch Nachkommen oder Organisationen bekannt war. Gleichzeitig sah die Kommission davon ab, den Kantonen den Auftrag zu erteilen, in ihren Staatsarchiven nach weiteren Urteilen zu suchen, weil dies nicht in der Kompetenz der Kommission liegt.

60

61 62 63

Daten der Beschluss-Sitzungen: 2. März 2004, 28. Mai 2004, 21. Sept. 2004, 1. Juni 2005, 21. Sept. 2005, 30. Nov. 2005, 1. Feb. 2006, 7. Juni 2006, 6. Dez. 2006, 5. März 2008, 2. März 2009 (Bericht, Beschlüsse). Weitere Sitzungsdaten: 18. Dez. 2003 (Konstituierung), 11. Juni 2006 (Besprechung fraglicher Fälle), 11. Juni 2007 (Weiterführung oder Abbruch der amtlichen Suche).

Nach Art. 6 des Rehabilitierungsgesetzes legt die Kommission die Einzelheiten des Verfahrens fest. Das Verfahren ist kostenlos (Art. 12 des Rehabilitierungsgesetzes).

SR 172.042.110.

Schreiben der Paul-Grüninger-Stiftung vom 9. Januar 2004.

3339

Im Auftrag der Kommission erfolgten somit in den Jahren 2004 und 2005 Nachforschungen im Bundesarchiv durch das Kommissionssekretariat, das durch das Bundesamt für Justiz unterstützt wurde. Von rund 32 000 zwischen 1942 und 1945 durch Militärgerichte gefällten Strafurteilen wurden ungefähr 3500 einer genaueren Prüfung unterzogen, die möglicherweise auf Fluchthilfe lauten.

Als Suchkriterien galten bei der Durchsicht der auf die Strafurteile weisenden Karteikarten: ­

Hinweise auf das Bundesgesetz vom 26. März 193164 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG).

­

Hinweise auf den Bundesratsbeschluss vom 13. Dezember 194065 betreffend die teilweise Schliessung der Grenze oder Bezug auf Artikel 107 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 192766 (MStG).

­

Hinweise auf den BRB vom 25. September 194267.

­

Vorkommen folgender Stichworte auf den Archivkarten: Fluchthilfe, Schliessung der Grenze, Beihilfe zur Flucht oder zur illegalen Einreise, illegaler Grenzübertritt, verbotener Grenzübertritt, Ungehorsam gegen allgemeine Anordnungen im Sinne von Artikel 107 MStG68, Passfälschung, Überlassen von Identifikationspapieren oder Passierscheinen, Schlepperdienst, Missbrauch von Ausweispapieren, Emigrantenschlepperei, Judenschlepperei.

5.3

Anzahl Entscheide

Die Nachforschungen im Bundesarchiv waren erfolgreich. Von den insgesamt 137 festgestellten Rehabilitierungen der Kommission stammen 68 Fälle aus diesen Nachforschungen. Weitere 63 Feststellungsentscheide erfolgten aufgrund von vier Gesuchen der Paul-Grüninger-Stiftung69, und drei Gesuche stammten von den damals Verurteilten beziehungsweise von deren Angehörigen oder Rechtsvertretern 64

65 66 67 68 69

Mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG; SR 142.20) am 1. Januar 2008 aufgehoben [BS 1 121; AS 1949 221, 1987 1665, 1988 332, 1990 1587 Art. 3 Abs. 2, 1991 362 Ziff. II 11 1034 Ziff. III, 1995 146, 1999 1111 2262 Anhang Ziff. 1, 2000 1891 Ziff. IV 2, 2002 685 Ziff. I 1 701 Ziff. I 1 3988 Anhang Ziff. 3, 2003 4557 Anhang Ziff. II 2, 2004 1633 Ziff. I 1 4655 Ziff. I 1, 2005 5685 Anhang Ziff. 2, 2006 979 Art. 2 Ziff. 1 1931 Art. 18 Ziff. 1 2197 Anhang Ziff. 3 3459 Anhang Ziff. 1 4745, 2007 359 Anhang Ziff. 1].

AS 56 (1940) 2001 AS 43 (1927) 359 AS 58 (1942) 893 SR 321.0 Erstes Gesuch der Paul-Grüninger-Stiftung, St. Gallen, vom 9. Januar 2004 (26 Fälle): RehaKo 04-02, 04-03, 04-04, 04-05, 04-06, 04-07, 04-08, 04-09, 04-10, 04-11, 04-12, 04-13, 04-14, 04-15, 04-16, 04-17, 04-18, 04-19, 04-20, 04-21, 04-22, 04-23, 04-24, 04-25, 04-26, 04-27. Zweites Gesuch der Paul-Grüninger-Stiftung, vom 30. Juni 2004 (zwölf Fälle): RehaKo 04-31, 04-34, 04-35, 04-36, 04-37, 04-38, 04-39, 04-40, 04-41, 04-42, 04-43, 04-44. Drittes Gesuch der Paul-Grüninger-Stiftung, vom 16. August 2005 (zwölf Fälle, wovon zwei zurückgezogen wurden): RehaKo 05-18, 05-20, 05-21, 05-22, 05-23, 05-24, 05-25, 05-26, 05-28, 05-29. Viertes Gesuch der Paul-Grüninger-Stiftung, vom 29. Oktober 2008 (21 Fälle, wovon einer bereits früher durch die Kommission behandelt wurde): 08-01, 08-02, 08-03, 08-04, 08-05, 08-06, 08-07, 08-08, 08-09, 08-10, 08-11, 08-12, 08-13, 08-15, 08-16.

3340

(im ersten Fall von der Flüchtlingshelferin selber70, im zweiten Fall von der Witwe und vom Sohn,71 im dritten Fall von der Witwe des Flüchtlingshelfers72). Drei weitere Fälle wurden anlässlich von Abklärungen des Kommissionssekretariats im Staatsarchiv Zürich gefunden. Mit einer vierten, kurz vor Ablauf der Frist eingereichten Eingabe der Paul-Grüninger-Stiftung wurden der Kommission 21 weitere Gesuche um Feststellung der Rehabilitierung unterbreitet, die zu 15 Feststellungsentscheiden der Kommission führten.

5.4

Information

5.4.1

Information der Betroffenen und Angehörigen sowie der Öffentlichkeit

Die betroffenen Personen oder deren Angehörige wurden vor dessen Publikation über den getroffenen Feststellungsentscheid informiert: Eine Flüchtlingshelferin und drei Flüchtlingshelfer konnten noch zu ihren Lebzeiten über die Feststellung ihrer Rehabilitierung in Kenntnis gesetzt werden: Aimée Stitelmann,73 Pierre Wollmann74 und zwei weitere Flüchtlingshelfer, die den Wunsch äusserten, dass der sie betreffende Feststellungsentscheid nicht publiziert wird. Keine Nachforschungen nach Überlebenden oder den Angehörigen von Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern wurden durchgeführt, wenn die Gesuche von einer anerkannten Organisation stammten.75 Nachdem die Kommission am 6. Januar 2004 in einer ersten Pressemitteilung das Inkrafttreten des Rehabilitierungsgesetzes und den Beginn ihrer Arbeit zum Jahresbeginn bekanntgegeben hatte, wurde der erste durch die Kommission behandelte Fall am 3. März 2004 an einer Pressekonferenz erläutert. Die weiteren Rehabilitierungsfälle wurden mit einer Medienmitteilung in der Öffentlichkeit bekannt gemacht.

Die Frage der Publikation der Entscheide wurde Gegenstand eines Grundsatzentscheids der Kommission, als sich im Lauf des Jahres 2004 zeigte, dass die amtliche Suche nach Urteilen im Bundesarchiv Erfolg versprach. Bisher wurden im Sinne von Artikel 11 des Rehabilitierungsgesetzes die auf Gesuch hin gefällten Feststellungsentscheide unter Nennung der Namen der betroffenen Personen mittels Pressemitteilung und auf der Internetseite der Bundesversammlung veröffentlicht. Dabei konnte davon ausgegangen werden, dass die Zustimmung zur Publikation vonseiten der Betroffenen oder deren Angehörigen vorlag. In Fällen aber, welche die Kommission auf eigene Initiative aufgriff, war die Zustimmung der betroffenen Personen oder ihrer Angehörigen zur Publikation nicht mehr gesichert. Am 21. September 2004 beschloss die Kommission, an ihrer bisherigen Publikationspraxis festzuhalten, da die Arbeit der Kommission ihres Sinnes entleert würde, wenn keine Publikation der Entscheide mehr möglich wäre. Nur sollte dabei für jeden Einzelfall abgeklärt 70

71 72 73 74 75

RehaKo 04-01 Aimée Stitelmann; der Fall hatte bereits früher durch einen Film Bekanntheit erreicht: Aimée S., emprisonnée en 1945, Daniel Künzi, 2000, Société Productions Maison, Genève.

RehaKo 04-28 Ernest Wittwer.

RehaKo 04-30 Siegbert Daniel.

RehaKo 04-01.

RehaKo 04-52.

Vgl. Ziffer 4.6.

3341

werden, ob irgendwelche Interessen gegen eine integrale Publikation des Entscheids sprechen könnten. Dazu mussten allfällige Überlebende und ihre nächsten Verwandten gesucht werden. Diese Suche erfolgte durch Nachforschungen des Sekretariats und über Nachfragen bei den Einwohnerkontrollen und Zivilstandsämtern der Orte, die in den Urteilen aufgeführt waren. Dabei hat sich herausgestellt, dass die Familienregister von ins Ausland ausgewanderten Schweizern in den Heimatgemeinden meist nicht mehr nachgeführt werden. Eine Suche im Ausland erschien der Kommission insbesondere auch angesichts der zahlreichen anstehenden Fälle ausländischer Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer als zu aufwendig, hätte sie doch nur über die schweizerischen Botschaften oder Gesandtschaften erfolgen können.

Am 1. Juni 2005 beschloss deshalb die Kommission angesichts des Suchaufwands, nur in der Schweiz nach überlebenden Betroffenen oder deren Nachkommen zu suchen, um deren Einwilligung zur Publikation zu erhalten.

5.4.2

Information der Behörden

Gleichzeitig mit der Publikation der Pressemitteilungen wurden jeweils die Regierungen der Heimat- und Wohnkantone der Personen informiert, deren Rehabilitierung festgestellt worden war. Direkte Reaktionen vonseiten der Kantone sind mit einer Ausnahme der Kommission nicht zugegangen. Im Fall von Aimée Stitelmann76 wurde wenige Monate nach der Feststellung ihrer Rehabilitierung bekannt, dass der Flüchtlingshelferin die Médaille de Genève überreicht worden war und dass seit 2005, dem Jahr, das ihrem Tode folgte, in Plan-les-Ouates ein Schulhaus nach ihr benannt ist (Ecole de commerce Aimée-Stitelmann).

5.5

Weiteres Vorgehen

Die Kommission hat an ihrer Sitzung vom 1. Juni 2005 bereits festgestellt, dass es nicht ihre Aufgabe ist, die Geschichte wissenschaftlich aufzuarbeiten. Jedoch sollen zu diesem Zweck die Akten der Kommission nach Abschluss der Arbeiten der Geschichtsforschung im Bundesarchiv zugänglich gemacht werden.

Des Weiteren nahm die Kommission am 11. Juni 2007 vom Abschluss der Nachforschungen auf Bundesebene Kenntnis. Gleichzeitig hatte sie darüber zu befinden, ob die Nachforschungen in den kantonalen Staatsarchiven weitergeführt werden sollen.

Zu Beginn des Jahres 2007 fragte sie schriftlich die Staatsarchive der Grenzkantone77 an, ob diese eine Übersicht über die Quellenlage und die mögliche Aufarbeitung von Strafurteilen der Kantons- und Bezirks- respektive Amtsgerichte im Zusammenhang mit der Fluchthilfe in den Jahren 1938 bis 1941 erstellen könnten.

Diese Zeitspanne wurde gewählt, weil 1938 die ersten Einreisebeschränkungen eingeführt wurden und die kantonalen Gerichte zuständig für die Verurteilungen nach ANAG waren.78

76 77

78

RehaKo 04-01.

Aargau, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern, Genf, Graubünden, Jura, Neuenburg, Schaffhausen, Tessin, Thurgau, Waadt, Wallis und Zürich; der Kanton St. Gallen wurde nicht angeschrieben.

Vgl. Ziff. 4.1.

3342

In einigen kantonalen Archiven erwies sich die Aktenlage als übersichtlich, indem die damaligen Urteile in Jahresbänden registriert sind. Die dazugehörenden Untersuchungsakten sind meist nicht mehr vorhanden. In andern Staatsarchiven liegen nur wenige oder keine Akten vor, da diese noch bei den Bezirks- oder Amtsgerichten aufbewahrt werden. Das Sekretariat führte zur Abschätzung des Arbeitsaufwandes Stichproben in den Staatsarchiven der Kantone Genf und Zürich durch. Es kam zum Schluss, dass bei guter Aktenlage mit einem Aufwand von mindestens vier Tagen pro Staatsarchiv gerechnet werden müsste.

Aufgrund der Antworten der Kantone und des Berichts des Sekretariats beschloss die Kommission, dass die Aufarbeitung der Aktenlage der kantonalen Staatsarchive nicht Aufgabe der Kommission sein kann. Sie verzichtete auf Nachforschungen in den Staatsarchiven, empfahl jedoch den Kantonen, in ihren Archiven nach Strafurteilen zu suchen, die im Zusammenhang mit der Fluchthilfe zur Zeit des Nationalsozialismus stehen, damit diese noch innerhalb der vom Rehabilitierungsgesetz vorgeschriebenen ausserordentlichen Frist (31. Dezember 2011) geprüft werden könnten.79 Die Bedeutung solcher Nachforschungen, zeigt das nachfolgende Beispiel: Im Rahmen einer Seminararbeit zum Thema «Flucht, Fluchthilfe, Wiedergutmachung: Jüdische und schweizerische Fallgeschichten aus der Zeit vor und nach dem Nationalsozialismus» am Historischen Seminar der Universität Basel im Herbstsemester 2007 erfolgten Recherchen im Staatsarchiv Basel-Stadt: diese führten zu neun weiteren Fällen, die in ein viertes Gesuch der Paul-Grüninger-Stiftung aufgenommen wurden.80 Die Kommission hält deshalb an ihrer Empfehlung an die Kantone weiterhin fest, die Akten in Zusammenhang mit Fluchthilfe zur Zeit des Nationalsozialismus aufzuarbeiten.

6

Das Rehabilitierungsgesetz in der Anwendung

Das Rehabilitierungsgesetz hat die Rehabilitierung in Form eines zweiphasigen Prozesses eingeführt, dessen erster Teil aus der allgemeinen und abstrakten Rehabilitierung (Aufhebung aller Strafurteile per Gesetz), während der zweite Teil aus der individuellen und konkreten Feststellung dieser Rehabilitierung besteht. Es ist dies eine relativ schwerfällige Umsetzung des Willens des Gesetzgebers: der Weg der Verfügungen verlangt einen grossen Arbeitsaufwand und verursacht hohe Kosten.

Für die Hälfte der Feststellungsentscheide wurden für die Suche in Archiven an die 600 Arbeitsstunden aufgewendet. Dazu kommen für alle der Kommission vorgelegten Fälle der Aufwand für das Zusammenstellen der Arbeitsdokumente und die Vorbereitung der Entscheide, für das Erstellen der Übersetzungen durch das Bundesamt für Justiz, die Arbeit des Kommissionssekretariats sowie die Sitzungen der Kommission.

79 80

Schreiben vom 28. Juni 2007 an die Kantonsregierungen; Medienmitteilung vom 12. Juni 2007.

«Durch derartige Delikte wird der von der Schweiz unter grossen Kosten organisierte verstärkte Grenzschutz illusorisch gemacht...» ­ Fälle von Flucht und Fluchhilfe vor dem Strafgericht Basel in den Jahren 1938/39, Rafael Scherrer und Mario Seger, 20. Februar 2008.

3343

Das aufwendige Verfahren rechtfertigt sich aber im Zweck des Gesetzes, durch die Rehabilitierung ein erlittenes Unrecht wieder gut zu machen. Allein aufgrund der Geschichtsforschung konnte nicht festgestellt werden, wie viele Personen verurteilt wurden. Mit der Feststellung der Rehabilitierung im Einzelfall und der Publikation dieser Fälle konnte das Thema Flüchtlingshilfe zur Zeit des Nationalsozialismus immer wieder in Erinnerung gerufen werden, insbesondere konnten aber auch Personen in Erfahrung gebracht werden, die abseits von der Öffentlichkeit im Sinne des Gesetzes ehrbar gehandelt haben.

7

Schlussfolgerungen

In elf Beschluss-Sitzungen hat die Kommission die Rehabilitierung von insgesamt 137 Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern festgestellt, die zwischen 1938 und 1945 Flüchtlingen zur Einreise in die Schweiz verholfen haben. Die Fälle lagen ihr aufgrund von individuellen Eingaben oder von solchen von Institutionen sowie auch aufgrund eigener Recherchen in Archiven vor.

Die amtliche Suche auf Bundesebene führte zu Gerichtsurteilen, die hauptsächlich in der Zeitspanne von der Grenzschliessung im Dezember 1940 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges von Militärgerichten gefällt worden waren (Territorial- und Divisionsgerichte). Der Entscheid der Kommission, von Amtes wegen nach Fluchthilfefällen zu forschen, konnte dank der guten Aktenlage im Bundesarchiv innert nützlicher Frist umgesetzt werden. Dort wurden die Urteile gefunden, die zur Hälfte aller Feststellungsentscheide führten.

Bei der Beurteilung der ihr vorgelegten Fälle ist die Kommission von einer breiten Auslegung des Rehabilitierungsgesetzes ausgegangen. So konnte sie die Rehabilitierung möglichst vieler Personen feststellen. Diese, sowohl überlebende Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer als auch deren Nachkommen, waren in den allermeisten Fällen mit der erfolgten Aufarbeitung ihrer Vergangenheit oder der ihrer Vorfahren durch die Kommission zufrieden und stimmten der Publikation zu. Lediglich drei Personen wünschten, dass der Feststellungsentscheid nicht publiziert wird.

Zahlreiche in der Folge der Mitteilungen der Kommission zu ihren Feststellungsentscheiden erschienene Presseartikel zeugen vom Interesse der Öffentlichkeit an dieser Wiedergutmachung und von der Anerkennung, die den bisher anonym gebliebenen Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfern für ihre Menschlichkeit und ihren Mut gebührt.

3344

Die Kommission darf mit Genugtuung feststellen, dass ihre Arbeit notwendig gewesen ist. Ihr gesetzlicher Auftrag war es, festzustellen und öffentlich bekanntzumachen, wer damals ehrbar gehandelt hat und deshalb rehabilitiert wird. Diese Feststellung ergab sich nicht einfach aus dem Studium der Protokolle und Urteile aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, sondern konnte nur durch eine umsichtige Analyse der damaligen Wertvorstellungen aus heutiger Sicht erfolgen. Dass nach mehreren Jahrzehnten Geschichtsforschung 137 Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer rehabilitiert und deren Namen in den allermeisten Fällen publiziert werden konnten, ist für die Betroffenen und ihre Angehörigen wichtig. Viele der in den vergangenen fünf Jahren aufgegriffenen Fälle waren nicht bekannt, oder sie waren in Vergessenheit geraten. Mit der Arbeit der Kommission konnte ein wichtiger Teil der Geschichte unseres Landes aufgearbeitet werden, der von Personen geschrieben wurde, die nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit standen.

2. März 2009

Im Namen der Kommission Der Präsident: André Daguet

3345

Anhang Namen der Verurteilten und Herkunft der Dossiers: G = Grüninger- Stiftung A = Archiv E = Eigengesuch F = Gesuch der Familie

Althaus Hans (A), Schweizer Amiel Pierre (G), Franzose Antonioli Giovanni Antonio (A), Italiener Baumgartner Rose (A), Schweizerin Bell Josef (G, F), Schweizer Berzi Tullio (A), Italiener Besomi Pierre (A), Schweizer Bloch Martha (G), Schweizerin Bolliger Ernst (G), Schweizer Bottinelli Angelo (A), Italiener Broger Emil (G), Schweizer Cachat Lucien (A), Franzose Charlet Joseph (G), Franzose Choirat Roger (G), Franzose Chrzanowski Edmond (A), Pole Cilveti-Iraizoz Joaquin (A), Spanier Cini Gioachino (A), Italiener Comina Emilio (A), Italiener Cretton Bernard (G), Franzose Crivelli Carlo (G), Franzose Danda Leonardo (A), Italiener Daniel Siegbert (F), staatenlos, früher Deutscher

3346

Datum der Feststellungsentscheide

Nr.

Verurteilung aufgrund von:

Helfergruppen

07.06.2006

05-31

BRB 13.12.40, 25.09.42 05-32

02.03.2009

08-12

07.06.2006

05-37

08-13 Keine Verurteilung bekannt BRB 13.12.40, 25.09.42

07.06.2006

05-46

21.09.2004

04-31

07.06.2006

05-47

01.06.2005

05-01

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42

02.03.2009

08-01

ANAG

08-02

30.11.2005

05-23

ANAG

05-24, 05-25

21.09.2005

05-06

30.11.2005

05-20

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 ANAG 05-21, 05-22

21.09.2005

04-49

BRB 25.09.42, MStG 107

28.05.2004

04-02

04-03

02.03.2009

08-10

BRB 13.12.40, MStG 107 BRB 13.12.40

06.12.2006

06-37

06-08

07.06.2006

05-44

21.09.2005

05-14

21.09.2005

05-07

28.05.2004

04-03

28.05.2004

04-04

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, MStG 107 BRB 25.09.1942

21.09.2005

05-08

21.09.2004

04-30

BRB 13.12.40, 25.09.42, 05-44 MStG 107 ANAG 04-20

05-46 05-09, 05-10, 05-11, 05-12 05-08 04-02

04-16, 04-17, 04-18 BRB 13.12.40, 25.09.42, 05-07 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42 04-52 , 05-05

Namen der Verurteilten und Herkunft der Dossiers: G = Grüninger- Stiftung A = Archiv E = Eigengesuch F = Gesuch der Familie

Dellasanta Robert-Louis (A), Schweizer Delorenzi Innocente (A), Italiener DeMonti Faustino (A), Italiener Desroches Robert (A), Franzose Dionisi Lauretta (A), Italiener Dratwa Herz-Henri (G), Pole Dreher Eugen (A), Franzose Dreher Pierre (A), Franzose Dubail Michel (A), Franzose Ducret Léon (G), Franzose Dürrenmatt Samuel Louis (A), Schweizer Ehrenkranz Ernst (A), staatenlos Etienne Numa (G), Schweizer Favre Charles (G), Franzose Fert Marcel (G), Franzose Fröhlich Karl (A), Deutscher Gablinger Oskar (G), Schweizer Gelpi Domenico (A), Italiener Gelpi Francesco (A), Italiener Gelpi Gerolamo (A), Italiener Gelpi Leopoldo (A), Italiener Genet Robert-Henri (A), Franzose Ghibellini Luigi (A), Italiener

Datum der Feststellungsentscheide

Nr.

Verurteilung aufgrund von:

Helfergruppen

07.06.2006

05-36

07.06.2006

05-48

21.09.2005

05-03

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42

06.12.2006

06-06

07.06.2006

05-35

02.03.2009

08-15

06.12.2006

06-15

BRB 13.12.40, 25.09.42, 08-16 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42 06-16, 06-17

06.12.2006

06-16

BRB 13.12.40, 25.09.42 06-15, 06-17

21.09.2005

04-60

BRB 13.12.40, 25.09.42

21.09.2004

04-34

01.06.2005

04-47

BRB 13.12.40, 04-36 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42

07.06.2006

05-43

BRB 13.12.40, 25.09.42

21.09.2004

04-35

21.09.2004

04-36

28.05.2004

04-05

21.09.2004

04-32

BRB 13.12.40, MStG 107 BRB 13.12.40, MStG 107 BRB 13.12.40, MStG 107 ANAG

28.05.2004

04-06

ANAG

21.09.2005

05-09

21.09.2005

05-10

21.09.2005

05-11

21.09.2005

05-12

21.09.2005

04-50

21.09.2005

05-13

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107

BRB 13.12.40, 25.09.42, 06-07 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42

04-37, 04-38 04-34

04-33

05-10, 05-11, 05-12, 05-14 05-09, 05-11, 05-12, 05-14 05-09, 05-10, 05-12, 05-14 05-09, 05-10, 05-11, 05-14

3347

Namen der Verurteilten und Herkunft der Dossiers:

Datum der Feststellungsentscheide

Nr.

Verurteilung aufgrund von:

Helfergruppen

21.09.2004

04-37

04-35, 04-38

21.09.2004

04-38

02.03.2009

08-03

BRB 13.12.40, MStG 107 BRB 13.12.40, MStG 107 ANAG

28.05.2004

04-07

01.06.2005

04-45

28.05.2004

04-08

Held Max (A), Schweizer Helg Alexander (G), Schweizer Houdecek Marie (A), vermutlich Schweizerin Hugel Gilbert (A), Franzose Hutmacher Hermann (G), Schweizer Hutter Eduard (G), Schweizer Hutter Jakob (G), Schweizer Hutter Wilhelm (Willy)/ 1 (G), Schweizer

07.06.2006

05-32

BRB 13.12.40, 04-14 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 04-10, 04-11, MStG 107 04-21, 04-22, 04-23, 04-26 BRB 13.12.40, 25.09.42 05-31

30.11.2005

05-26

ANAG

05-28, 05-29

05.03.2008

07-04

ANAG

07-02, 07-03

06.12.2006

06-04

BRB 13.12.40, 25.09.42

28.05.2004

04-09

ANAG

30.11.2005

05-21

ANAG

30.11.2005

05-18

ANAG

28.05.2004

04-10

BRB 13.12.40, MStG 107

Hutter Wilhelm (Willy)/ 2 (G), Schweizer Jeanneret Fritz-Robert (A), Schweizer Krebs Adolphe (A), Schweizer Kühnis Hermann (G), Schweizer

30.11.2005

05-24

ANAG

01.06.2005

04-54

06.12.2006

06-25

28.05.2004

04-11

Küng Paul (A), 01.06.2005 Schweizer/Franzose Kuttler Amalie (G), 02.03.2009 Deutsche Lienhard Maurice-Marcel 07.06.2006 (A), Schweizer Markowitz Rubin (G), 30.11.2005 staatenlos

04-48

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 04-08, 04-10, MStG 107 04-21, 04-22, 04-23, 04-26 BRB 13.12.40, MStG 107

08-05

ANAG

05-38

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 ANAG 05-26, 05-29

G = Grüninger- Stiftung A = Archiv E = Eigengesuch F = Gesuch der Familie

Girard Blanche (G), Schweizerin Girard Marius (G), Schweizer Graf Emil (G), Schweizer Grand-Jux François (G), Franzose Haeberli Gaston (A), Schweizer Hammerschlag Heinz (G), staatenlos

3348

05-28

04-35, 04-37 08-04

05-20, 05-22

04-08, 04-11, 04-21, 04-22, 04-23, 04-26 05-23, 05-25

08-06, 08-07, 08-08, 08-09

Namen der Verurteilten und Herkunft der Dossiers: G = Grüninger- Stiftung A = Archiv E = Eigengesuch F = Gesuch der Familie

Marthaler Hans (A), Schweizer Matthey Robert (A), Schweizer Meier Oskar (G), Schweizer Ménétré Fernand (A), Elsässer Mercier Albert (G), Franzose Merguin Lucien-Jules (G), Schweizer/Franzose Mermet René (G), Franzose Meury Hanny (G), Schweizerin Michon Gustave (G), Schweizer Moille Noël (G), Franzose Mollenkopf Walter (G), Schweizer Morandi Giovanni (A), Italiener Morandi Luigi (A), Italiener Moret André (G), Franzose Moritz René (A), Franzose Müller Ernst (A), Schweizer Opiela Stanislaw (A), Pole Parnisari Giovanni (A), Italiener Pasteur Roger (G), Franzose Perroton René (A), Franzose Pillet Albert (G), Franzose Pillet André (G), Franzose Piroia Mario (A), Italiener

Datum der Feststellungsentscheide

Nr.

Verurteilung aufgrund von:

Helfergruppen

06.12.2006

06-03

07.06.2006

05-45

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 MStG 72

30.11.2005

05-29

ANAG

07.06.2006

04-59

BRB 13.12.40, 25.09.42

28.05.2004

04-12

BRB 13.12.40, 25.09.42

28.05.2004

04-13

28.05.2004

04-14

02.03.2009

08-06

02.03.2009

08-16

21.09.2004

04-39

02.03.2009

08-04

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 04-07 MStG 107 ANAG 08-05, 08-07, 08-08, 08-09 BRB 13.12.40, 25.09.42, 08-15 MStG 107 BRB 13.12.40, MStG 107 ANAG 08-03

21.09.2005

05-15

07.06.2006

05-49

28.05.2004

04-15

21.09.2005

05-04

21.09.2004

04-33

06.12.2006

06-08

07.06.2006

05-50

28.05.2004

04-16

06.12.2006

06-07

28.05.2004

04-17

28.05.2004

04-18

07.06.2006

04-56

05-26, 05-28

BRB 13.12.40, 25.09.42, 05-16, 05-17 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, 05-50 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42 04-19, 04-25 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 ANAG 04-32 BRB 13.12.40, 25.09.42, 06-37 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, 05-49 MStG 107 BRB 25.09.1942 04-04, 04-17, 04-18 BRB 13.12.40, 25.09.42, 06-06 MStG 107 BRB 25.09.1942 04-04, 04-16, 04-18 BRB 25.09.1942 04-04, 04-17, 04-18 BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107

3349

Namen der Verurteilten und Herkunft der Dossiers:

Datum der Feststellungsentscheide

Nr.

Verurteilung aufgrund von:

02.03.2009

08-11

unbekannt

02.03.2009

08-07

ANAG

07.06.2006

05-52

MStG 72

01.06.2005

05-02

BRB 25.09.42, MStG 107

21.09.2005

04-46

28.05.2004

04-19

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42 04-15, 04-25

21.09.2004

04-40

07.06.2006

05-40

02.03.2009

08-13

07.06.2006

05-53

21.09.2004

04-41

21.09.2004

04-42

21.09.2004

04-43

28.05.2004

04-20

01.06.2005

04-53

28.05.2004

04-21

Spirig Jakob/2 (G), Schweizer Spirig Johann (G), Schweizer

30.11.2005

05-22

28.05.2004

04-22

BRB 13.12.40, MStG 107

Spirig Philipp (G), Schweizer

28.05.2004

04-23

BRB 13.12.40, MStG 107

Stalder Hermann (G), Schweizer Stefanetti Andrea (A), Italiener Stefanetti Ercole (A), Italiener

30.11.2005

05-25

ANAG

07.06.2006

05-34

BRB 13.12.40, 25.09.42 05-33

07.06.2006

05-33

BRB 13.12.40, 25.09.42 05-34

G = Grüninger- Stiftung A = Archiv E = Eigengesuch F = Gesuch der Familie

Rebholz Victor (G), Deutscher Rohrer Maria (G), Schweizerin Roseren François-Abel (A), Schweizer Roth Friedrich Albert (A), Schweizer Rouge Charles-Ernest (A), Franzose Ruffin Urbain (G), Franzose Savoy Henri (G), Schweizer Schmit Massimo (A), Italiener Schropff Claude (G), Franzose Schupp Josef Hermann Karl (A), Schweizer Seemann Johann (G), Deutscher Servoz Jean-Louis (G), Franzose Servoz Paul (G), Franzose Sigismondi Felix (G), Italiener Simon Marc (A), Schweizer Spirig Jakob/1 (G), Schweizer

3350

Helfergruppen

08-05, 08-06, 08-08, 08-09 05-51, 05-54

BRB 13.12.40, 04-42, 04-43 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42 Keine Verurteilung bekannt BRB 25.09.42

08-12

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, MStG 107 BRB 13.12.40, MStG 107 ANAG

04-44 04-40, 04-43 04-40, 04-42 04-31

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 04-08, 04-10, MStG 107 04-11, 04-22, 04-23, 04-26 ANAG 05-20, 05-21 04-08, 04-10, 04-11, 04-21, 04-23, 04-26 04-08, 04-10, 04-11, 04-21, 04-22, 04-26 05-23, 05-24

Namen der Verurteilten und Herkunft der Dossiers: G = Grüninger- Stiftung A = Archiv E = Eigengesuch F = Gesuch der Familie

Stern Hermann (A), Schweizer Stitelmann Aimée (E), Schweizerin/Französin Studer Adolf (G), Schweizer Sutter Johann (A), Elsässer Tatu Antoine (A), Franzose Uehlinger Martha (G), Schweizerin Uehlinger Paul (G), Schweizer Vaucher Pierre (G), Franzose Vincent Robert (A), Franzose Weder Hans (G), Schweizer Weinberger Edmond (G), Tscheche Wermuth Victor (A), Franzose Wessely Rosa (A), Ungarin Wittwer Ernest (F), Schweizer Wolf Nathan (G), staatenlos, früher Deutscher Wollmann Pierre (A), Schweizer Wüst Rosa (G), Schweizerin Zanotta Battista (A), Italiener Zanotta Francesco (A), Italiener Zen-Ruffinen Jean (A), Schweizer ZZ.A. (A), Schweizer (Name nicht veröffentlicht)

Datum der Feststellungsentscheide

Nr.

Verurteilung aufgrund von:

Helfergruppen

05.03.2008

07-03

ANAG

07-02, 07-04

02.03.2004

04-01

28.05.2004

04-24

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 ANAG

06.12.2006

05-42

BRB 13.12.40, 25.09.42

21.09.2005

04-51

02.03.2009

08-08

02.03.2009

08-09

28.05.2004

04-25

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 ANAG 08-05, 08-06, 08-07, 08-09 ANAG 08-05, 08-06, 08-07, 08-08 BRB 13.12.40, 25.09.42 04-15, 04-19

07.06.2006

05-39

28.05.2004

04-26

28.05.2004

04-27

BRB 13.12.40, 25.09.42, MStG 107 BRB 13.12.40, 04-08, 04-10, MStG 107 04-11, 04-21, 04-22, 04-23 BRB 13.12.40, 25.09.42

06.12.2006

06-17

BRB 13.12.40, 25.09.42 06-15, 06-16

05.03.2008

07-02

ANAG

28.05.2004

04-28

BRB 13.12.40, 25.09.42

21.09.2004

04-44

BRB 13.12.40, 25.09.42, 04-41 MStG 107

01.06.2005

04-52

02.03.2009

08-02

BRB 13.12.40, 25.09.42, 04-30, 05-05 MStG 107 ANAG 08-01

21.09.2005

05-16

21.09.2005

05-17

07.06.2006

05-54

01.06.2005

05-05

07-03, 07-04

BRB 13.12.40, 25.09.42, 05-15, 05-17 MStG 107 BRB 13.12.40, 25.09.42, 05-15, 05-16 MStG 107 MStG 72 05-51, 05-52 BRB 13.12.40, 25.09.42, 04-30, 04-52 MStG 107

3351

Namen der Verurteilten und Herkunft der Dossiers: G = Grüninger- Stiftung A = Archiv E = Eigengesuch F = Gesuch der Familie

ZZ.B. (A), Schweizer (Name nicht veröffentlicht) ZZ.C. (A), staatenlos, früher Deutscher (Name nicht veröffentlicht) ZZ.D. (A), Schweizer (Name nicht veröffentlicht) ZZ.E. (A), Schweizer (Name nicht veröffentlicht)

3352

Datum der Feststellungsentscheide

Nr.

Verurteilung aufgrund von:

Helfergruppen

07.06.2006

04-57

BRB 13.12.40

04-58

07.06.2006

04-58

BRB 13.12.40

04-57

07.06.2006

05-30

BRB 13.12.40, 25.09.42

07.06.2006

05-51

MStG 72

05-52, 05-54