20.030 Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2021­2024 (Kulturbotschaft 2021­2024) Vom 26. Februar 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zu Änderungen der folgenden Bundesgesetze: 1

Kulturförderungsgesetz

2

Filmgesetz

3

Kulturgütertransfergesetz

4

Nationalbibliotheksgesetz

5

Sprachengesetz

Zudem unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, die Entwürfe zu folgenden Bundesbeschlüssen: 6

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des Bundesamtes für Kultur gestützt auf das Kulturförderungsgesetz in den Jahren 2021­2024

7

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Film in den Jahren 2021­2024

8

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Kulturgütertransfer in den Jahren 2021­2024

9

Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit im Bereich Baukultur in den Jahren 2021­2024

10 Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Sprachen und Verständigung in den Jahren 2021­2024 11 Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Schweizerschulen im Ausland in den Jahren 2021­2024

2019-3806

3131

12 Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für Pro Helvetia in den Jahren 2021­2024 13 Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für das Schweizerische Nationalmuseum in den Jahren 2021­2024 Gleichzeitig beantragen wir Ihnen, die folgenden parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben: 2017

P

15.4117

2019

M 17.4308

Bewertung von Bauwerken und Ortsbildern hinsichtlich Aufnahme ins Isos. Kriterien klären (N 19.9.2018, Regazzi; S 21.3.2019)

2019

P

Wenn Musik nicht nur Kultur oder Technorama und Verkehrshaus nicht nur Museum sind (N 27.9.2019, Quadranti)

19.3725

Allegra, Romanisch und Italienisch sollen leben!

(N 28.9.2017, Semadeni)

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

26. Februar 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

3132

Übersicht In dieser Botschaft formuliert der Bundesrat die strategische Ausrichtung der Kulturpolitik des Bundes in der Förderperiode 2021­2024: Die kulturpolitische Stossrichtung folgt der Kulturbotschaft 2016­2020. Die drei darin formulierten strategischen Handlungsachsen «Kulturelle Teilhabe», «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» sowie «Kreation und Innovation» sollen beibehalten werden. Die in der Förderperiode 2016­2020 eingeführten Massnahmen sollen fortgesetzt und punktuell weiterentwickelt werden. Die Kulturbotschaft 2021­2024 steht somit im Zeichen der Kontinuität. Zur Umsetzung der Kulturpolitik des Bundes in den Jahren 2021­2024 beantragt der Bundesrat Finanzmittel in der Höhe von insgesamt 934,5 Millionen Franken. Dies entspricht rund 0,3 Prozent der Bundesausgaben. Zudem beantragt der Bundesrat die Änderung von fünf Gesetzen im Kulturbereich.

Ausgangslage Das Kulturförderungsgesetz sieht eine mehrjährige Botschaft zur Finanzierung der Kulturförderung des Bundes (Kulturbotschaft) vor. Die erste Kulturbotschaft betraf die Förderperiode 2012­2015. Gegenstand der zweiten Kulturbotschaft war die Kulturpolitik des Bundes in den Jahren 2016­2020. Im Unterschied zur ersten Kulturbotschaft wurde bei der zweiten die Geltungsdauer einmalig auf fünf Jahre erweitert. Durch die Verlängerung wurde sichergestellt, dass ab der vorliegenden Botschaft zur Förderperiode 2021­2024 die Kulturbotschaften auf die Legislaturperioden abgestimmt sind. Die Kulturbotschaft umfasst die Transferausgaben des Bundesamtes für Kultur (BAK) sowie die Budgets von Pro Helvetia und des Schweizerischen Nationalmuseums (SNM).

Inhalt der Vorlage In der Kulturbotschaft 2016­2020 definierte der Bundesrat erstmals drei zentrale Handlungsachsen für die Kulturpolitik des Bundes: «Kulturelle Teilhabe», «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» sowie «Kreation und Innovation». Die Bestimmung dieser drei Handlungsachsen war das Ergebnis einer Umfeldanalyse, als deren Ergebnis der Bundesrat fünf Megatrends identifizierte, die den gesellschaftlichen Veränderungsprozess massgeblich beeinflussen: «Globalisierung», «Digitalisierung», «demografischer Wandel», «Urbanisierung» und «Individualisierung».

Diese fünf Megatrends haben sich in den letzten Jahren im Grundsatz bestätigt. Da sich die Megatrends und die damit verbundenen Herausforderungen
nicht grundsätzlich geändert haben, werden die drei bisherigen Handlungsachsen der Kulturpolitik des Bundes mit einem Akzent auf der Digitalisierung beibehalten. Die kulturpolitische Stossrichtung der vorliegenden Kulturbotschaft basiert somit weitgehend auf inhaltlicher Kontinuität. Die in der Förderperiode 2016­2020 eingeführten Massnahmen sollen fortgesetzt werden.

Die weitgehende inhaltliche Kontinuität wird mit einer punktuellen Weiterentwicklung bisheriger Massnahmen ergänzt. So will der Bundesrat beispielsweise in Zu-

3133

sammenarbeit mit den Kantonen und den Musikorganisationen ab 2021 eine Talentförderung im Bereich Musik einführen, um den Verfassungsartikel zur musikalischen Bildung (Art. 67a BV) auf Bundesebene weiter umzusetzen. Im Weiteren ist geplant, die schulischen Austauschaktivitäten zwischen den verschiedenen Sprachregionen zu verstärken. Zudem will der Bundesrat durch geeignete Massnahmen im Bereich Baukultur zu einer höheren Qualität der gebauten Umwelt beitragen. Im Bereich der Handlungsachse «Kreation und Innovation» soll insbesondere das in der Förderperiode 2016­2020 erfolgreich aufgebaute Programm «Kultur & Wirtschaft» mit den Förderschwerpunkten Design und interaktive Medien (Games) weiterentwickelt werden. Schliesslich will der Bundesrat das SNM in die Lage versetzen, seinen durch einen Neubau vergrösserten Betrieb durch hinreichende Finanzmittel erfolgreich weiterzuführen.

Die gesamten mit dieser Kulturbotschaft beantragten Zahlungsrahmen sowie der Rahmen-kredit belaufen sich auf 934,5 Millionen Franken. Dies entspricht im Vergleich zur ursprünglichen Finanzplanung einem Wachstum von durchschnittlich 2,6 Prozent pro Jahr (inklusive Teuerung). Im Vergleich zur ursprünglichen Finanzplanung führt dies zu einer realen Mittelaufstockung von insgesamt 34,7 Millionen Franken für die gesamte Förderperiode 2021­2024. Die beantragten Finanzmittel entsprechen auf Jahresbasis rund 0,3 Prozent der Bundesausgaben.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1

Ausgangslage und Rahmenbedingungen 1.1 Kulturpolitische Ausgangslage 1.1.1 Gegenstand der Vorlage 1.1.2 Entwicklung der Kulturförderung des Bundes 1.1.3 Ziele der Kulturförderung des Bundes 1.1.4 Finanzierung der Kulturförderung in der Schweiz 1.2 Akteure der Kulturpolitik des Bundes 1.2.1 Bundesamt für Kultur 1.2.2 Pro Helvetia 1.2.3 Schweizerische Nationalbibliothek 1.2.4 Schweizerisches Nationalmuseum 1.3 Nationale Zusammenarbeit in der Kulturpolitik 1.4 Kulturpolitik des Bundes 1.4.1 Evaluation der Kulturförderung 2016­2020 1.4.2 Kulturpolitik des Bundes 2021­2024 1.4.2.1 «Kulturelle Teilhabe» 1.4.2.2 «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» 1.4.2.3 «Kreation und Innovation» 1.4.3 Kulturpolitik des Bundes im Ausland 1.5 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates 1.6 Erledigung parlamentarischer Vorstösse

3139 3139 3139 3139 3141 3141 3142 3142 3144 3146 3147 3148 3149 3149 3154 3155 3156 3157 3158

2

Ergebnis der Vernehmlassung

3163

3

Die einzelnen Förderbereiche der Kulturpolitik 3.1 Professionelles Kunst- und Kulturschaffen im Allgemeinen 3.1.1 Nachwuchs 3.1.2 Künstlerisches Schaffen 3.1.3 Verbreitung, Promotion und Austausch im Inland 3.1.4 Schweizer Preise 3.1.5 Organisationen professioneller Kulturschaffender 3.2 Verbreitung von Schweizer Kultur im Ausland und internationaler Kulturaustausch 3.3 Die einzelnen Sparten und Förderbereiche 3.3.1 Visuelle Künste 3.3.2 Design und interaktive Medien 3.3.3 Darstellende Künste 3.3.4 Literatur 3.3.5 Musik

3165 3165 3166 3167 3168 3170 3172

3162 3162

3173 3177 3177 3181 3185 3189 3193

3135

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3.3.6

3.4

3.5 3.6

Film 3.3.6.1 Einleitung 3.3.6.2 Filmförderung 3.3.6.3 Filmkultur 3.3.6.4 Filmerbe der Schweiz 3.3.6.5 Internationale Zusammenarbeit Kulturerbe 3.4.1 Einleitung 3.4.2 Schweizerisches Nationalmuseum 3.4.3 Tätigkeiten des Bundesamtes für Kultur im Bereich Museen und Sammlungen 3.4.3.1 Betrieb von Museen und Sammlungen 3.4.3.2 Finanzhilfen an Museen und Sammlungen Dritter 3.4.3.3 Betriebsbeiträge an Netzwerke Dritter 3.4.3.4 NS-Raubkunst 3.4.3.5 Internationaler Kulturgütertransfer 3.4.4 Schweizerische Nationalbibliothek Baukultur Kultur und Gesellschaft 3.6.1 Kulturelle Teilhabe 3.6.2 Sprachen und Verständigung 3.6.3 Schweizerschulen im Ausland 3.6.4 Jenische, Sinti und nomadische Lebensweise

3196 3196 3197 3199 3200 3202 3203 3203 3204 3207 3208 3209 3210 3212 3213 3214 3217 3224 3224 3232 3239 3242

4

Erläuterungen zu den Gesetzesänderungen 4.1 Kulturförderungsgesetz (Vorlage 1) 4.2 Filmgesetz (Vorlage 2) 4.3 Kulturgütertransfergesetz (Vorlage 3) 4.4 Nationalbibliotheksgesetz (Vorlage 4) 4.5 Sprachengesetz (Vorlage 5)

3244 3244 3245 3251 3252 3253

5

Erläuterungen zu den Kreditbeschlüssen 5.1 Vorbemerkungen 5.2 Bundesamt für Kultur 5.2.1 Vorbemerkungen 5.2.2 Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des BAK gestützt auf das Kulturförderungsgesetz (Vorlage 6) 5.2.3 Zahlungsrahmen Film (Vorlage 7) 5.2.4 Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des BAK gestützt auf das Kulturgütertransfergesetz (Vorlage 8) 5.2.5 Rahmenkredit Baukultur (Vorlage 9) 5.2.6 Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung (Vorlage 10)

3253 3253 3254 3254

3136

3254 3256 3256 3257 3257

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5.2.7 5.3

5.4 5.5 5.6 6

7

Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 11) Pro Helvetia 5.3.1 Schwerpunkte mit Finanzmehrbedarf 5.3.2 Zahlungsrahmen Pro Helvetia in der Kulturbotschaft 2021­2024 (Vorlage 12) Schweizerisches Nationalmuseum (Vorlage 13) Finanzen im Überblick Finanzentwicklung

3258 3258 3258 3263 3264 3265 3265

Auswirkungen 6.1 Auswirkungen auf den Bund 6.1.1 Finanzielle Auswirkungen 6.1.2 Personelle Auswirkungen 6.1.3 Andere Auswirkungen 6.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 6.3 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft 6.4 Auswirkungen auf die Gesellschaft 6.5 Auswirkungen auf die Umwelt 6.6 Andere Auswirkungen

3266 3266 3266 3266 3266

Rechtliche Aspekte 7.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 7.2 Vereinbarkeit mit internationalem Recht 7.3 Erlassform 7.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 7.5 Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung 7.6 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

3268 3268 3269 3270 3270 3270 3276

3266 3267 3268 3268 3268

Abkürzungsverzeichnis

3277

Bundesgesetz über die Kulturförderung (Kulturförderungsgesetz, KFG) (Entwurf)

3279

Bundesgesetz über Filmproduktion und Filmkultur (Filmgesetz, FiG) (Entwurf)

3281

Bundesgesetz über den internationalen Kulturgütertransfer (Kulturgütertransfergesetz, KGTG) (Entwurf)

3287

Bundesgesetz über die Schweizerische Nationalbibliothek (Entwurf)

3289

Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften (Entwurf)

3291

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Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des Bundesamtes für Kultur gestützt auf das Kulturförderungsgesetz in den Jahren 2021­2024 (Entwurf)

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Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Film in den Jahren 2021­2024 (Entwurf)

3295

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Kulturgütertransfer in den Jahren 2021­2024 (Entwurf)

3297

Bundesbeschluss über einen Rahmenkredit im Bereich Baukultur in den Jahren 2021­2024 (Entwurf)

3299

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Sprachen und Verständigung in den Jahren 2021­2024 (Entwurf)

3301

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen im Bereich Schweizerschulen im Ausland in den Jahren 2021­2024 (Entwurf)

3303

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für Pro Helvetia in den Jahren 2021­2024 (Entwurf)

3305

Bundesbeschluss über einen Zahlungsrahmen für das Schweizerische Nationalmuseum in den Jahren 2021­2024 (Entwurf)

3307

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Botschaft 1

Ausgangslage und Rahmenbedingungen

1.1

Kulturpolitische Ausgangslage

1.1.1

Gegenstand der Vorlage

Das Kulturförderungsgesetz vom 11. Dezember 20091 (KFG) trat am 1. Januar 2012 in Kraft. Es definiert die Aufgaben des Bundes in der Kulturförderung und regelt die Zuständigkeiten zwischen dem Bundesamt für Kultur (BAK) und der Kulturstiftung Pro Helvetia sowie die Finanzierung und Steuerung der Kulturpolitik des Bundes.

Für die Finanzierung und Steuerung sieht das KFG eine mehrjährige Botschaft zur Finanzierung der Kulturförderung des Bundes (Kulturbotschaft) vor.

Die erste Kulturbotschaft nach diesem neuen Finanzierungs- und Steuerungsprozess betraf die Förderperiode 2012­2015. Gegenstand der zweiten Kulturbotschaft war die Kulturpolitik des Bundes in der Förderperiode 2016­2020. Im Unterschied zur ersten Kulturbotschaft 2012­2015 wurde die Geltungsdauer einmalig auf fünf Jahre erweitert. Durch diese Verlängerung wurde sichergestellt, dass ab der vorliegenden Botschaft zur Förderperiode 2021­2024 die Kulturbotschaften auf die Legislaturperiode abgestimmt sind und im gleichen Jahr wie die anderen bedeutenden mehrjährigen Finanzvorlagen des Bundes im Parlament beraten werden können.

1.1.2

Entwicklung der Kulturförderung des Bundes

Die Kulturförderung des Bundes setzte bald nach Gründung des modernen Bundesstaates ein. Bereits seit 1886 ist der Bund in den Bereichen Archäologie und Denkmalpflege tätig und richtet Finanzhilfen aus. Im Jahr 1898 wurde das Schweizerische Landesmuseum in Zürich eröffnet (heute: Schweizerisches Nationalmuseum) und im Jahr 1894 die Schweizerische Landesbibliothek (heute: Schweizerische Nationalbibliothek). Zur Unterstützung des Kunstschaffens trat im Jahr 1887 der Bundesbeschluss «betreffend die Förderung und Hebung der schweizerischen Kunst» in Kraft, der die erste Rechtsgrundlage zur Ausrichtung von Stipendien und zum Ankauf von Kunstwerken durch den Bund bildete.

Ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Entwicklung der Kulturförderung des Bundes wurde vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges erreicht: Die Bundesversammlung stimmte am 5. April 1939 der Gründung der Kulturstiftung Pro Helvetia zu. Sie war vorerst als «Arbeitsgemeinschaft» organisiert und sollte zur schweizerischen Kulturwahrung und Kulturwerbung beitragen und die Verteidigung gemeinsamer geistiger Werte der Schweiz gewährleisten, um auf diese Weise ein Gegengewicht zur staatlich organisierten Propaganda der Achsenmächte Deutschland und Italien zu bilden. 1949 wurde Pro Helvetia in eine Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt.

1

SR 442.1

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Die erwähnten Fördermassnahmen erfolgten lange Zeit ohne explizite Abstützung in der Bundesverfassung. Grundlage der kulturellen Aktivitäten des Bundes im Inland war eine ungeschriebene Kulturkompetenz, die sich stillschweigend respektive gewohnheitsrechtlich aus der Verfassung ableitete. Die kulturellen Aktivitäten des Bundes im Ausland wie auch der kulturelle Austausch mit dem Ausland wurden dagegen verfassungsrechtlich auf die grundsätzliche Zuständigkeit des Bundes für die Aussenpolitik abgestützt. Ende der 1950er-Jahre fanden erste, auf bestimmte Sachgebiete beschränkte Bestimmungen zur Kultur Eingang in die Bundesverfassung: im Jahr 1958 Artikel 27ter aBV (aktuell Art. 71 der Bundesverfassung, BV 2) zum Film; im Jahr 1962 Artikel 24sexies aBV (aktuell Art. 78 BV) zum Natur- und Heimatschutz; im Jahr 1966 Artikel 45bis aBV (aktuell Art. 40 BV) über die Beziehungen zu den Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern als Grundlage zur Unterstützung von Schweizerschulen im Ausland.

Gegen Ende der 1960er-Jahre entstanden Bestrebungen zum Aufbau einer umfassenderen Kulturpolitik des Bundes. Im Jahr 1969 beauftragte der damalige Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI) eine verwaltungsunabhängige Expertengruppe unter dem Vorsitz von Nationalrat Gaston Clottu, einen Bericht zu erstellen. Der Bericht sollte einen Überblick über die Fördermassnahmen des Bundes erstellen und Vorschläge für die weitere Ausgestaltung der Kulturpolitik vorlegen. Der im Jahr 1975 publizierte Bericht «Beiträge für eine Kulturpolitik in der Schweiz» ist ein Zeugnis weiträumigen Nachdenkens über die Rolle der öffentlichen Hand im Bereich der Kultur. Zu den wichtigsten Forderungen des Berichts gehört die Schaffung eines Kulturartikels in der Bundesverfassung, der dem Bund die notwendigen Kompetenzen für ein stärkeres kulturpolitisches Engagement einräumen sollte.

Es waren verschiedene Anläufe notwendig, bis die Kulturförderung des Bundes schliesslich mit der Totalrevision der Bundesverfassung im Jahr 1999 mit Artikel 69 BV eine explizite Verfassungsgrundlage erhielt (in Ergänzung zu den Bereichen Film, Natur- und Heimatschutz, Schweizerschulen im Ausland sowie dem im Jahre 1996 totalrevidierten Sprachenartikel 116 aBV [aktuell Art. 70 BV]). Für den Bereich der Kultur bleiben dabei grundsätzlich die Kantone
zuständig (Art. 69 Abs. 1 BV). Der Bund verfügt neu über eine generelle Kompetenz zur Förderung kultureller Bestrebungen von gesamtschweizerischem Interesse sowie zur Unterstützung der Künste, insbesondere im Bereich der Ausbildung (Art. 69 Abs. 2 BV).

Am 23. September 2012 haben Volk und Stände zudem eine neue Verfassungsbestimmung zur Förderung der musikalischen Bildung angenommen. Der neue Artikel 67a BV will die musikalische Bildung auf verschiedenen Ebenen stärken: In der Schule sollen Bund und Kantone für einen hochwertigen Musikunterricht sorgen (wobei die bisherige Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Schulbereich bestehen bleibt). Alle Kinder und Jugendlichen sollen die Möglichkeit haben, sich musikalisch zu betätigen, und junge Menschen mit besonderer musikalischer Begabung sollen speziell gefördert werden.

2

SR 101

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1.1.3

Ziele der Kulturförderung des Bundes

Die Kulturförderung des Bundes orientiert sich am Kulturbegriff der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO): «Die Kultur kann in ihrem weitesten Sinne als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schliesst nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen».3 Dem breiten Kulturbegriff der UNESCO entsprechend darf sich Kulturförderung nicht allein auf die Förderung des künstlerischen Schaffens und die Erhaltung des kulturellen Erbes beschränken. Sowohl im Verständnis der UNESCO wie auch der Kulturpolitik des Bundes ist Kultur ein zentraler Faktor des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Kultur lässt sich allerdings nicht als eigener Politikbereich fassen, wenn jedes menschliche Handeln als kulturell verstanden wird. In der Kulturförderungspraxis muss daher zwischen einem weiten soziologischen und einem engeren praktischen Kulturbegriff unterschieden werden. Diese Abgrenzung erfolgt erstens durch die Bundesgesetzgebung im Kulturbereich und zweitens ­ im Sinne einer kulturpolitischen und finanziellen Prioritätensetzung ­ durch die Kulturbotschaft.

1.1.4

Finanzierung der Kulturförderung in der Schweiz

In der Schweiz leistet die öffentliche Hand einen massgeblichen Beitrag an die Förderung der Kultur. Das Bundesamt für Statistik (BFS) publiziert regelmässig Daten zur öffentlichen Kulturfinanzierung.4 Gemäss den neusten verfügbaren Daten (Stichjahr 2017) belaufen sich die Kulturausgaben der öffentlichen Hand auf total rund 2,94 Milliarden Franken pro Jahr. Die wichtigsten Kulturförderer sind die Gemeinden mit einem Anteil von 50 Prozent (1,47 Mrd. Fr.). Die kantonalen Aufwendungen für die Kulturförderung betragen 39 Prozent (1,15 Mrd. Fr.) der Gesamtausgaben. Der Bund beteiligt sich mit 11 Prozent (322 Mio. Fr.) an der öffentlichen Finanzierung von Kultur in der Schweiz.

Die Kulturförderung durch Bund, Kantone, Städte und Gemeinden wird ergänzt durch die Kulturförderung von Privaten (Unternehmen, Stiftungen, Individuen usw.). Einen klaren gesetzlichen Auftrag zur Kulturförderung im Sinne des Service public hat dabei die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG SSR).

Von grosser Bedeutung für die Schweizer Kulturförderung sind im Weiteren die Lotterien. Den Kantonen fliessen aus den in der Schweiz bewilligten Lotterien jährlich Gelder in der Höhe von über 500 Millionen Franken zu, die von der jeweils zuständigen kantonalen Instanz (Regierungsrat, Parlament, Amt, Verteilkommission) auch zur Förderung kultureller Vorhaben ausgeschüttet werden. Kulturförderung 3

4

Deutsche UNESCO-Kommission (Hg.): Weltkonferenz über Kulturpolitik: Schlussbericht der von der UNESCO vom 26. Juli bis 6. August 1982 in Mexiko-Stadt veranstalteten internationalen Konferenz, München 1983, S. 121.

Kulturfinanzierung durch die öffentliche Hand, einsehbar unter: www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > 16 - Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Kultur > Kulturfinanzierung > Öffentliche Kulturfinanzierung

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durch Private ist für die Schweizer Kulturlandschaft von eminenter Wichtigkeit. So gibt es in der Schweiz über 13 000 gemeinnützige Stiftungen mit einem geschätzten Stiftungsvermögen von rund 100 Milliarden Franken.5 Die jährliche Ausschüttung der gemeinnützigen Stiftungen beläuft sich auf rund 2 Milliarden Franken pro Jahr.

Kultur gehört dabei neben Bildung und Forschung, Gesundheitswesen und Sozialem zu den wichtigsten Förder- und Aktivitätsbereichen der gemeinnützigen Stiftungen.6 In Ergänzung zu den gemeinnützigen Stiftungen fördern private Unternehmen die Kultur mit jährlich rund 370 Millionen Franken, wobei rund 50 Prozent des Gesamtbetrages auf Sponsoring entfällt.7

1.2

Akteure der Kulturpolitik des Bundes

Die Kulturpolitik und die Kulturförderung des Bundes beruhen im Wesentlichen auf dem Zusammenspiel folgender vier Institutionen: das Bundesamt für Kultur (BAK), die ihm organisatorisch zugeordnete Schweizerische Nationalbibliothek (NB), die Stiftung Pro Helvetia sowie das Schweizerische Nationalmuseum (SNM).

1.2.1

Bundesamt für Kultur

Mitarbeitende (Ende 2019): 100,8 Vollzeitstellen Jahresbudget (Voranschlag 2020 inklusive Eigenbereich): 199,3 Millionen Franken Das BAK ist nach Artikel 29 KFG die kulturpolitische Fachbehörde des Bundes. Es koordiniert die Aktivitäten der Kulturakteure des Bundes und nimmt die im engen Sinn staatlichen, das heisst bundeshoheitlichen Aufgaben wahr, namentlich die Gestaltung der institutionellen Rahmenbedingungen, die Ausarbeitung von Erlassen im Bereich der Kultur, die Vertretung des Bundes in nationalen Fachgremien und Arbeitsgruppen sowie ­ in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ­ die Pflege internationaler politischer Beziehungen im Kulturbereich. Als Fachbehörde ist das BAK auch zuständig für die Erarbeitung kulturpolitischer Grundlagen (Evaluationen, Studien, Aufbereitung von Kulturstatistiken). Die NB ist eine Institution des BAK (vgl. Ziff. 1.2.3).

Die Fördertätigkeit des BAK umfasst die Bereiche Baukultur, Film, Kultur und Gesellschaft, Kulturschaffen sowie Museen und Sammlungen, die in fünf Organisationseinheiten mit denselben Bezeichnungen organisiert sind: Baukultur Das BAK ist die Fachstelle des Bundes für Denkmalpflege, Archäologie und Ortsbildschutz und innerhalb des Bundes zuständig für den Bereich der zeitgenössischen 5 6 7

Der Schweizer Stiftungsreport 2018, Basel und Zürich 2018, S. 5ff.

Georg von Schnurbein: Der Schweizer Stiftungssektor im Überblick ­ Daten, Tätigkeiten und Recht, Basel 2009, S. 35ff.

Bundesamt für Statistik: Kulturfinanzierung durch die Unternehmen, Neuenburg 2003, S. 32ff.

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Baukultur. Neu werden die Bereiche Heimatschutz und Denkmalpflege sowie die zeitgenössische Baukultur unter dem gemeinsamen Titel «Baukultur» geführt. Das BAK koordiniert die interdepartementale Strategie für Baukultur. Es unterstützt im Verbund mit den Kantonen die Erhaltung, den Erwerb, die Pflege, die Erforschung und die Dokumentation von archäologischen Stätten, Denkmälern und Ortsbildern.

Es prüft, ob die Erfordernisse von Denkmalpflege, Archäologie und Ortsbildschutz bei Bundesaufgaben erfüllt sind, und erstellt Fachgutachten im Zusammenhang mit Objekten unter Bundesschutz. Das BAK unterhält dazu ein Netzwerk unabhängiger Expertinnen und Experten im Bereich Baukultur und erarbeitet Grundlagen zu baukulturellen Fragen von gesamtschweizerischem Interesse.

Film Das BAK fördert das Filmschaffen, den Zugang zur Filmkultur und die Erhaltung des Filmerbes. Der Schweizer Film wird in seiner nationalen und internationalen Ausrichtung mit Entwicklungs-, Produktions- und Vertriebsbeiträgen unterstützt und mit den Schweizer Filmpreisen gewürdigt. Das BAK setzt Anreize für Verleih- und Kinobetriebe, um eine vielfältiges und hochstehendes Angebot an Filmen in allen Sprachregionen zu gewährleisten.

Die Stärkung der filmkulturellen Teilhabe fokussiert auf Festivals, Publikationen und Vermittlung. Das filmische Erbe wird durch die Cinémathèque suisse bewahrt, restauriert und zugänglich gemacht. Weiterbildungsmassnahmen sowie die Filmpromotion im In- und Ausland vervollständigen die Fördermassnahmen.

Kultur und Gesellschaft Das BAK fördert die Teilhabe der Bevölkerung am kulturellen Leben. Dazu gehören Massnahmen in folgenden Bereichen: musikalische Bildung, Leseförderung, Laienkultur, immaterielles Kulturerbe. Es unterstützt teilhabeorientierte Projekte, Organisationen kulturell tätiger Laien sowie Anlässe und Projekte für ein breites Publikum und führt das Programm «Jugend und Musik». Im Sinne der Stärkung und Weiterentwicklung der sprachlichen und kulturellen Vielfalt ist das BAK zuständig für die Förderung der Minderheitensprachen Italienisch und Rätoromanisch sowie der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften, für die Vermittlung schweizerischer Bildung an den Schweizerschulen im Ausland sowie für die Unterstützung der Schweizer Jenischen und Sinti.

Kulturschaffen Das BAK ist zuständig für
die Schweizer Preise, die in den Sparten Kunst, Design, darstellende Künste, Literatur, Musik und Buchgestaltung vergeben werden, sowie für die Promotion der Preisträgerinnen und Preisträger in der Schweiz und im Ausland. Mit seinen Preisen würdigt der Bund die Exzellenz der Kulturschaffenden und ihrer Werke. Zudem richtet das BAK mehrjährige Strukturbeiträge an Verlage aus, die im Kulturbereich tätig sind. Um zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der Kulturschaffenden beizutragen, vergibt das BAK Strukturbeiträge an deren Organisationen.

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Museen und Sammlungen Das BAK betreibt vier Museen (Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz» in Winterthur, Museo Vincenzo Vela in Ligornetto, Museum für Musikautomaten in Seewen und Museum Kloster St. Georgen in Stein am Rhein) sowie die Kunstsammlungen des Bundes (Bundeskunstsammlung und Sammlung der Gottfried Keller-Stiftung).

Es unterstützt Museen, Sammlungen und Netzwerke Dritter, die nicht vom Bund geführt werden, mit Betriebsbeiträgen und vergibt Beiträge an Projekte zur Erhaltung des beweglichen kulturellen Erbes sowie an Versicherungskosten für Leihgaben an bedeutende Wechselausstellungen in der Schweiz.

Das BAK führt die Fachstelle Internationaler Kulturgütertransfer, die den Diebstahl, die Plünderung und die illegale Ein- und Ausfuhr von Kulturgütern bekämpft und Beiträge zur Erhaltung des besonders gefährdeten kulturellen Erbes vergibt. Im Weiteren leitet das BAK die Anlaufstelle Raubkunst als Kompetenzzentrum des Bundes für Fragen im Zusammenhang mit NS-Raubkunst.

1.2.2

Pro Helvetia

Mitarbeitende (Ende 2019): 78,9 Vollzeitstellen (davon 49,8 in der Schweiz und 29,1 im Ausland verteilt auf die sechs Länder Frankreich, Südafrika, Russland, China, Indien und Ägypten) Jahresbudget (Voranschlag 2020): 42,6 Millionen Franken Pro Helvetia wurde 1939 gegrundet und ist seit 1949 als öffentlich-rechtliche Stiftung des Bundes organisiert. Sie entscheidet unter Vorbehalt der strategischen Ziele des Bundesrates autonom über die Verwendung des Bundesbeitrages. Ergänzend zur Fördertätigkeit von Kantonen und Städten fördert die Stiftung das zeitgenössische Kunst- und Kulturschaffen in der Schweiz, setzt sich fur dessen Verbreitung und Promotion im In- und Ausland ein und pflegt den nationalen und internationalen Kulturaustausch.

Pro Helvetia ist mit Ausnahme des Films in allen kunstlerischen Disziplinen unterstützend tätig;8 ebenso werden interdisziplinäre und interkulturelle Projekte unterstützt. Grundsätzlich werden dabei nur Vorhaben von nationaler oder internationaler Bedeutung gefördert. Massgeblich sind die Kriterien der kunstlerischen Qualität und der kulturellen Vielfalt. Jährlich erhalten rund 1500 kulturelle Projekte in allen Sprachregionen der Schweiz eine Unterstutzung. Die Stiftung kann zudem eigene Projekte zu aktuellen kulturellen Themen initiieren.

Pro Helvetia sorgt für die Verbreitung der Werke und Projekte von Schweizer Kunstschaffenden im Ausland und unterstützt Promotionsmassnahmen, damit Kunstschaffende Kontakte zu ausländischen Veranstaltern und Fachleuten erhalten und ihre Netzwerke vergrössern können. Die Stiftung trägt mit ihren Aktivitäten 8

Architektur, bildende Kunst, Comics, Design, Fotografie, interaktive Medien, Jazz, klassische zeitgenössische Musik, Literatur, Musiktheater, Performance, Pop, Tanz und Theater inklusive zeitgenössischer Zirkus sowie innovative Volkskultur.

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massgeblich dazu bei, dass jährlich rund 5000 Schweizer Kulturereignisse in uber 120 Ländern präsentiert werden.

Die Verknupfung von Inland- und Auslandförderung ermöglicht Pro Helvetia eine kohärente und laufbahnorientierte Förderung von Kunst- und Kulturschaffenden. Sie erlaubt ihr gleichzeitig, einen wesentlichen Beitrag zum künstlerisch und gesellschaftlich bedeutsamen Austausch zwischen verschiedenen Kulturen zu leisten.

Der gesetzliche Auftrag von Pro Helvetia umfasst folgende Bereiche: ­

Nachwuchs: Die Nachwuchsförderung dient dem Erwerb und der Vertiefung erster beruflicher Erfahrungen und entsprechender Vernetzung. Sie umfasst drei Aspekte: Identifikation von Talenten, Entfaltung ihres Potenzials und Austausch mit einer kritischen Öffentlichkeit.

­

Kunstlerisches Schaffen: Werk- bzw. Produktionsbeiträge werden an Kunstund Kulturschaffende von überregionaler Geltung vergeben. Sie tragen dazu bei, dass herausragende und auch experimentelle Werke (Kreationen, Prototypen, Produkte u. a.) in den verschiedenen Sparten entstehen. Pro Helvetia unterstutzt insbesondere auch Projekte, die sich mit neuen Medien und Technologien auseinandersetzen.

­

Kulturaustausch im Inland: Pro Helvetia unterstützt künstlerische Projekte und Veranstaltungen, die zur Verbreitung von Werken und zur Verständigung zwischen den Regionen beitragen. Dies geschieht unter anderem in Form von Beiträgen an Inlandtourneen, Lesungen, Konzerte, Ausstellungen, Übersetzungen und Festivals.

­

Kulturaustausch, Verbreitung und Promotion von Schweizer Kultur im Ausland: Pro Helvetia betreibt und finanziert weltweit sechs Aussenstellen. Es sind dies die Verbindungsburos in Kairo, Johannesburg, Moskau, New Delhi und Shanghai und das von der Stiftung betriebene Centre culturel suisse in Paris. Die Verbindungsburos pflegen den Kontakt zu lokalen Partnern, wirken als Vermittler vor Ort und in den jeweiligen Regionen und bieten Residenz- und Austauschprogramme an. Zudem beteiligt sich Pro Helvetia finanziell am Istituto Svizzero di Roma, am Swiss Institute New York sowie an Swissnex San Francisco. Zur Erschliessung neuer Regionen und Märkte initiiert Pro Helvetia regelmässig internationale Austauschprogramme, wie zuletzt das Südamerika-Programm «Coincidencia», das insbesondere in Brasilien, Argentinien, Kolumbien und Chile neue Partnerschaften etablierte.

Zur Verbreitung von Schweizer Kunst und Kultur im Ausland sowie zur Förderung des Kulturaustauschs mit anderen Kulturräumen spricht Pro Helvetia Beiträge an Veranstaltungen, Projekte und Übersetzungen. Damit sich Schweizer Kunstschaffende in internationalen Netzwerken und Märkten besser positionieren können und von Veranstaltern im In- und Ausland stärker wahrgenommen werden, setzt die Stiftung Massnahmen zur internationalen Promotion um und finanziert verschiedene Schweizer Länderauftritte.

­

Thematische Initiativen: Mit spezifischen Förder- und Rechercheprogrammen trägt Pro Helvetia dazu bei, wesentliche Entwicklungen und Herausfor-

3145

BBl 2020

derungen in der Kulturförderung zu identifizieren und entsprechende Massnahmen zu entwickeln sowie Impulse und Raum für Innovation zu schaffen.

­

Kunstvermittlung: Die Stiftung unterstutzt innovative Vorhaben mit Modellcharakter, die dem Publikum die Auseinandersetzung mit kunstlerischen Werken und Prozessen näherbringen und eine eigenständige, kritische Auseinandersetzung mit den Kunsten ermöglichen.

1.2.3

Schweizerische Nationalbibliothek

Mitarbeitende (Ende 2019): 146,7 Vollzeitstellen Jahresbudget (Voranschlag 2020): 36,3 Millionen Franken Die NB wurde 1895 gegründet. Sie ist eine Institution des BAK und wird seit Einführung des Neuen Führungsmodells Bund (NFB) mittels Ziel- und Ressourcenvereinbarung (ZRV) als dritte Leistungsgruppe des BAK geführt.

Die NB sammelt, erschliesst, erhält und vermittelt analoge und digitale Informationen, die einen Bezug zur Schweiz haben. Die Grundlage für ihre Tätigkeit bildet das Nationalbibliotheksgesetz vom 18. Dezember 19929 (NBibG). Die NB stellt sicher, dass Schweizer Publikationen der nationalen und internationalen Forschung zur Verfügung stehen und langfristig erhalten bleiben. Sie trägt damit zusammen mit weiteren Institutionen zum Gedächtnis der Schweiz bei. Sie arbeitet eng mit den Kantons- und Universitätsbibliotheken in der Schweiz zusammen, im Ausland insbesondere mit den europäischen Nationalbibliotheken. Die NB ist eine öffentliche Bibliothek und damit ohne Einschränkungen allen Personen zugänglich.

Sammlungen Die Sammlungen der NB umfassen über fünf Millionen Dokumente. Die grösste Sammlung ist die Helvetica-Sammlung, die aus rund 4 Millionen schweizerischen Publikationen besteht, überwiegend in gedruckter Form. Die NB verfügt über weitere wichtige Sammlungen (namentlich Schweizerisches Literaturarchiv, Graphische Sammlung, Centre Dürrenmatt Neuchâtel und Schweizerische Nationalphonothek).

Seit 2001 sammelt die NB neben gedruckten Publikationen auch Dokumente, die lediglich in digitaler Form im Internet oder auf Trägermedien publiziert sind. Bei der digitalen Langzeitarchivierung hat die NB im Bereich der Webseiten und der Tondokumente in der Schweiz eine anerkannte Führungsrolle übernommen.

Nutzung Die NB steht allen Personen während der Werktage vor Ort offen, ihre Kataloge können durchgehend online konsultiert werden. Soweit urheberrechtlich möglich, veröffentlicht die NB Text- und Bilddokumente auf verschiedenen gut frequentierten Plattformen und erhöht dadurch die Sichtbarkeit ihrer Sammlungen. Urheberrechtlich geschützte Tondokumente können an 56 audiovisuellen Arbeitsplätzen in der

9

SR 432.21

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BBl 2020

ganzen Schweiz konsultiert werden. Die Hauptnutzerinnen und -nutzer der NB sind Studierende und Forschende der Geschichts-, Literatur- und Kunstwissenschaften.

Das Schweizerische Literaturarchiv erschliesst und erforscht ausgewählte Bestände in Kooperation mit Partnerinstitutionen. Die Inventare werden online gestellt und die Forschungsergebnisse publiziert.

Die NB organisiert regelmässig Ausstellungen und Veranstaltungen zu aktuellen Fragen in Zusammenhang mit ihren Sammlungen.

1.2.4

Schweizerisches Nationalmuseum

Mitarbeitende (Ende 2019): 194 Vollzeitstellen Bundesbeiträge (Voranschlag 2020): 31,7 Millionen Franken Die historisch und kulturhistorisch ausgerichteten Museen des Bundes ­ das Landesmuseum Zürich, das Château de Prangins, das Forum Schweizer Geschichte Schwyz ­ sowie das zugehörige Sammlungszentrum in Affoltern am Albis bilden die Museumsgruppe des SNM. Das SNM ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt, die als dezentrale Einheit dem EDI angegliedert ist. Sie hat gemäss den Artikeln 4 und 7 des Museums- und Sammlungsgesetzes vom 12. Juni 200910 (MSG) den Auftrag, die Geschichte der Schweiz darzustellen, sich mit der vielfältigen Identität der Schweiz auseinanderzusetzen und ein Kompetenzort zu sein für die Konservierung, Konservierungsforschung sowie die Sammlungs- beziehungsweise Depotlogistik.

Betrieb In den Museen des SNM arbeiten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus unterschiedlichsten Berufszweigen, die neben dem Ausstellungs- und Sammlungswesen auch in den Bereichen Aufsicht, Bau, Bibliothek, Verkauf, Finanzen, Informatik, Recht, Marketing, Kommunikation, Personal, Reinigung, Technik, Veranstaltungen oder Vermittlung beschäftigt sind. Das SNM bietet auch Ausbildungsplätze für Lernende in verschiedenen Berufen an. Ebenso erhalten Praktikantinnen und Praktikanten die Möglichkeit, durch ihre Mitarbeit bei Ausstellungs- und Sammlungsprojekten einen Einblick in die Museumsarbeit zu gewinnen.

Sammlung Das Sammlungszentrum in Affoltern am Albis hat sich seit der Eröffnung 2007 etabliert und gilt heute als Referenz in Sachen Objektaufbewahrung, Objektmanagement und Objekterhaltung. Es beherbergt mit rund 860 000 Objekten von der Urgeschichte bis in die Gegenwart die grösste kulturhistorische Sammlung der Schweiz. An zwei Standorten, auf einer Fläche von insgesamt rund 25 000 m2, befinden sich Depots, Werkstätten und Labors für die Aufbewahrung, Konservierung und Restaurierung der Sammlung. In der Periode 2021­2024 ist die Zusammenlegung der aktuell zwei Standorte des Sammlungszentrums vorgesehen, wodurch die Sammlungsbewirtschaftung effizienter gestaltet werden kann. Die 10

SR 432.30

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Sammlungen bilden den Ausgangspunkt der Forschungs- und Ausstellungstätigkeit des SNM. Entscheidungsgrundlage für Neuzugänge ist ein jährlich aktualisiertes Sammlungskonzept.

Ausstellungen Ein wichtiges Ziel der Förderperiode 2016­2020 war das Erreichen neuer Publikumssegmente. Das Programm des SNM sieht Dauerausstellungen zur Schweizer Geschichte vor sowie wechselnde Ausstellungen zu Sammlungsbeständen oder zu kulturhistorischen Themen mit Gegenwartsbezug. Die Diversität der Themensetzung vermag neue Besuchergruppen anzusprechen und zu interessieren. Dank neuer räumlicher Möglichkeiten infolge Sanierung und Erweiterung ist insbesondere die Attraktivität des Landesmuseums in Zürich markant gestiegen.

Mit einem zeitgemässen Museumsbetrieb erreicht das SNM unterschiedliche Publikumskreise: Das Angebot für Familien wurde mit speziell konzipierten Ausstellungen erweitert. Für Schulklassen und Lehrkräfte wurden neue Formate wie halbtägige Workshops entwickelt, welche die Ausstellungen begleiten. Andere Veranstaltungsreihen sind besonders auf ein erwachsenes Publikum ausgerichtet.

Forschungs- und Bildungskooperationen Mit Partnerinstitutionen im In- und Ausland werden regelmässig Projekte in den Bereichen Ausstellungswesen, Konservierungsforschung und Objektanalyse durchgeführt. Diese Kooperationen, beispielsweise mit dem Deutschen Historischen Museum Berlin, mit der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana oder mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) vertiefen die nationale und internationale Vernetzung des SNM und ermöglichen partnerschaftliche Finanzierungen von Forschungs- und Ausstellungsvorhaben. Für Hochschulen werden auch Ausbildungsmodule über Kulturgüterhaltung und Museologie angeboten.

1.3

Nationale Zusammenarbeit in der Kulturpolitik

Die gemeinsame Plattform der verschiedenen Staatsebenen zur Diskussion kulturpolitischer Fragestellungen ist der im Jahr 2011 von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden gegründete «Nationale Kulturdialog». Er hat zum Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den Staatsebenen in der Kulturpolitik zu verstärken. Dies geschieht gemäss der entsprechenden Vereinbarung zwischen den Partnern einerseits durch den Austausch relevanter Informationen und andererseits durch die Abstimmung und Koordination von Massnahmen.11 Die Zusammenarbeit der verschiedenen Staatsebenen im Rahmen des «Nationalen Kulturdialogs» hat sich bewährt. Die Kulturbotschaft 2016­2020 unterstrich die Bedeutung dieser Zusammenarbeit. Für die Förderperiode 2016­2020 hat der «Nati11

Ziff. 1 der Vereinbarung zum «Nationalen Kulturdialog» vom 25. Okt. 2011, abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Themen > Nationaler Kulturdialog > Weitere Informationen > Dokumente

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onale Kulturdialog» ein Arbeitsprogramm verabschiedet, das zeitlich auf die Kulturbotschaft des Bundesrates abgestimmt ist. Bis Ende 2019 konnten im Rahmen des «Nationalen Kulturdialogs» wichtige Ergebnisse erzielt werden. So haben die Partner beispielsweise Elemente für eine Strategie zur koordinierten Stärkung der kulturellen Teilhabe in der Schweiz erarbeitet und zu diesem Thema im Jahr 2019 eine gemeinsame Publikation realisiert. Im «Nationalen Kulturdialog» wurden auch die Fördervoraussetzungen und Förderkriterien für die Ausrichtung von Betriebsbeiträgen an Museen durch das BAK im Hinblick auf die im Frühjahr 2017 erfolgte Ausschreibung diskutiert. Ende 2018 konnte gestützt auf die aktive Mitarbeit der Fachstellen in den Kantonen und Städten erstmals eine nationale Statistik zu Denkmalpflege und Archäologie publiziert werden. Im Weiteren verabschiedeten Bund, Kantone, Städte und Gemeinden gemeinsame Empfehlungen für eine bessere Koordination in der Leseförderung sowie in Bezug auf die Unterstützung von literarischen Übersetzungen und Autorenlesungen. Schliesslich wurde im Sommer 2019 das «Panorama Tanz» veröffentlicht, das eine Gesamtübersicht zur aktuellen Tanzförderung ermöglicht und eine wichtige Basis für die Diskussion der zukünftigen Tanzförderung in der Schweiz bietet.

In der Förderperiode 2021­2024 soll die Zusammenarbeit mit den Kantonen, Städten und Gemeinden im Rahmen des «Nationalen Kulturdialogs» fortgesetzt werden.

Das Arbeitsprogramm für diese Förderperiode wird im Laufe des Jahres 2020 gemeinsam diskutiert und festgelegt.

Ergänzend zur Zusammenarbeit zwischen den Staatsebenen im Rahmen des «Nationalen Kulturdialogs» werden die Kulturakteure des Bundes weiterhin den Informationsaustausch mit den Kulturverbänden pflegen. Ebenfalls soll der Austausch zwischen dem BAK, Pro Helvetia und dem Dachverband der privaten Förderstiftungen (SwissFoundations) institutionalisiert werden.

Weiter wird die Zusammenarbeit innerhalb der Bundesverwaltung bei thematischen Schnittstellen (Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, Gleichstellung von Frau und Mann, Kinder- und Jugendförderung, Migration und Integration usw.)

soweit erforderlich fortgesetzt.

1.4

Kulturpolitik des Bundes

1.4.1

Evaluation der Kulturförderung 2016­2020

Die Kulturbotschaft 2016­2020 brachte verschiedene Neuerungen mit sich, die auf drei strategische Handlungsachsen ausgerichtet waren: kulturelle Teilhabe, gesellschaftlicher Zusammenhalt sowie Kreation und Innovation. Im Mai 2018 liess das EDI den zuständigen Kommissionen des Parlaments einen Zwischenbericht zukommen, der die Umsetzung der Neuerungen seit dem 1. Januar 2016 zum Gegenstand hatte.12 Der Zwischenbericht hielt fest, dass die meisten Neuerungen gemäss Planung eingeführt wurden. Aufgrund der durch das Parlament beschlossenen Teuerungskorrekturen sowie des Stabilisierungsprogramms 2017­2019 konnten einige 12

Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Themen > Kulturbotschaft > Weitere Informationen

3149

BBl 2020

Neuerungen allerdings nicht oder nicht im ursprünglich vorgesehenen Umfang respektive nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt umgesetzt werden. Die im Zwischenbericht vom Mai 2018 angekündigten nächsten Schritte in Bezug auf die einzelnen Neuerungen konnten inzwischen eingeleitet werden. Nachfolgend wird auf sechs Themen spezifisch eingegangen, die in der Förderperiode 2016­2020 zum Teil mit erheblichen Zusatzmitteln ausgestattet waren. Abgesehen von diesen sechs Themen wurden verschiedene weitere Tätigkeiten während der laufenden Förderperiode einer Evaluation unterzogen. Die entsprechenden Evaluationen wurden durch die Bundesakteure selber vorgenommen, bei Dritten in Auftrag gegeben oder durch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) durchgeführt. Im 3. Kapitel wird ein Teil dieser Evaluationen aufgeführt.

13 14 15

­

Austausch von Schülerinnen und Schülern, Lernenden in der beruflichen Grundbildung und Lehrpersonen innerhalb der Schweiz (BAK): Gestützt auf das Sprachengesetz vom 5. Oktober 200713 (SpG) unterstützt der Bund den schulischen Austausch innerhalb der Schweiz. Austausch und Mobilität leisten einen grundlegenden Beitrag zur Verständigung zwischen den sprachlichen und kulturellen Gemeinschaften. Sie ermöglichen jungen Menschen, sich mit der kulturellen Vielfalt der Schweiz vertraut zu machen, ihre Sprachkenntnisse, ihre Sozialkompetenzen und nicht zuletzt ihre beruflichen Perspektiven zu verbessern. Der Bundesrat setzt sich zum langfristigen Ziel, dass «möglichst viele Jugendliche einmal in ihrer schulischen Laufbahn an einem nationalen Austauschprojekt teilnehmen». 14 Um die Kohärenz in der Förderung von Austauschaktivitäten zu verbessern, haben Bund und Kantone im Jahr 2016 die «Schweizerische Stiftung für die Förderung von Austausch und Mobilität» (SFAM) gegründet und im November 2017 eine gemeinsam entwickelte «Strategie Austausch und Mobilität» verabschiedet. 15 Damit wurden die strukturellen Voraussetzungen für eine qualitative und quantitative Stärkung von Austausch und Mobilität geschaffen. 2017 wurde dank zusätzlichen finanziellen Mitteln, die mit der Kulturbotschaft 2016­ 2020 für die Förderung des Binnenaustauschs zur Verfügung gestellt wurden, ein neues Austauschprogramm für Klassen eingerichtet. Im Jahr 2019 konnten bereits 9900 Schülerinnen und Schüler an diesem Programm teilnehmen. Die Nachfrage nach dem Programm zeigt den Bedarf an solchen Angeboten und die Notwendigkeit ihrer Unterstützung durch den Bund.

­

Filmstandortförderung (BAK): Die Filmstandortförderung Schweiz (FiSS) unterstützt Filmprojekte, die als internationale Koproduktionen mit Schweizer Beteiligung oder als «reine» Schweizer Filme anerkannt sind und deren Herstellung eine Wertschöpfung in der Schweiz erzielt. Von 2016 bis Ende 2019 konnte der Bund insgesamt 93 Filmprojekte mit einer Gesamtsumme von rund 22 Millionen Franken unterstützen. Diese Förderung führte bis Ende 2019 zu Zusatzinvestitionen von insgesamt 89 Millionen Franken für die Filmherstellung in der Schweiz. Insgesamt generierte die FilmstandortfördeSR 441.1 BBl 2015 497, hier 584 Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Sprachen > Sprachengesetz und Sprachenverordnung > Schulischer Austausch

3150

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rung 932 Drehtage in verschiedenen Schweizer Regionen. Gestützt auf diese Zahlen lässt sich festhalten, dass die Filmstandortförderung das Ziel einer erhöhten Wertschöpfung in der Schweiz grundsätzlich erreicht hat. Das positive Ergebnis ist aber teilweise zu relativieren: Durch die neue Filmstandortförderung ist es dem Bund bisher nicht ausreichend gelungen, die Herstellung minoritärer Koproduktionen vermehrt in die Schweiz zu bringen. Der Bund wird deshalb die Förderkriterien für minoritäre Koproduktionen vorteilhafter ausgestalten (vgl. Ziff. 3.3.6.2).

­

Programm «Jugend und Musik» (BAK): Am 23. September 2012 haben Volk und Stände eine neue Verfassungsbestimmung zur Förderung der musikalischen Bildung mit grossem Mehr angenommen. Der neue Artikel 67a BV will die musikalische Bildung stärken. Zur Umsetzung des neuen Verfassungsartikels wurde in der Kulturbotschaft 2016­2020 unter anderem das Programm «Jugend und Musik» (J+M) angekündigt. Es unterstützt Musiklager und Musikkurse für Kinder und Jugendliche und wurde in enger Zusammenarbeit mit den Musikorganisationen entwickelt. Seit 2016 wird das Programm etappenweise eingeführt. Bis Ende 2019 wurden 972 J+MLeitende zertifiziert und 1245 J+M-Kurse und -Lager durchgeführt. Insgesamt konnten mit dem Programm bis Ende 2019 rund 41 000 Kinder und Jugendliche erreicht werden. Das Programm befindet sich weiterhin im Aufbau, und die Nachfrage steigt kontinuierlich. Eine im Laufe des 2018 durchgeführte verwaltungsexterne Evaluation stellt dem Programm ein gutes Zeugnis aus und sieht nur in wenigen Punkten einen Optimierungsbedarf (vgl. Ziff. 3.6.1).

­

«Kultur und Wirtschaft» (Pro Helvetia): Zur Umsetzung ihrer diesbezüglichen Förderstrategie hat Pro Helvetia ein Unterstützungsmodell auf mehreren Ebenen entwickelt. Die Stiftung knüpft wichtige Kontakte mit Vertreterinnen und Vertretern von Privatwirtschaft und Industrie. Sie prüft deren Interesse und das Potenzial für eine Zusammenarbeit und Mitfinanzierung von Fördermassnahmen oder Projekten. Einige Partnerschaften mit interessierten Städten und Kantonen sowie mit Vertretern von Industrie und Technologie und mit anderen privaten Akteuren konnten bereits umgesetzt werden, andere sind in Vorbereitung. Die Unterstützung von innovativen, wirtschaftlich vielversprechenden Kunstprojekten wird durch Ausschreibungen sichergestellt. Die Stiftung schickt ausserdem Delegationen von Schweizer Designerinnen und Designern sowie Entwicklerinnen und Entwicklern an die wichtigsten internationalen Plattformen, um ihnen Präsenz und Sichtbarkeit sowie einen erleichterten Zugang zu den wichtigsten Märkten zu gewährleisten. Die internationale Positionierung der Labels «Swiss Games» und «Design Switzerland» wird auch durch spezifische Internetseiten gestärkt. In Beantwortung des Postulats 15.3114 Fehr anerkennt der Bundesrat in seinem Bericht «Games. Ein aufstrebender Bereich des Kulturschaffens» von 2018 das kulturelle Potenzial der interaktiven Medien und bietet einen Überblick über ihre aktuelle Situation und Förderung in der

3151

BBl 2020

Schweiz.16 Die Stiftung hat zudem die Integration dieser Fördermassnahmen in ihre regelmässige Tätigkeit geprüft und dazu eine externe Evaluation durchführen lassen, deren Resultate in die Konzeption und Implementierung der Massnahmen einfliessen.

­

Massnahmen zur Verbreitung der Kultur im Ausland (Pro Helvetia): Neben der Optimierung der bestehenden Instrumente hat Pro Helvetia in der Förderperiode 2016­2020 zusätzliche Massnahmen zur Stärkung der Schweizer Kultur im Ausland eingeführt: Regelmässige Präsenz an internationalen Plattformen: Mit den seit 2016 verfügbaren Zusatzmitteln unterstützt Pro Helvetia die Schweizer Präsenz an wichtigen internationalen Festivals und Veranstaltungen aller Sparten, um die Sichtbarkeit der Kunstschaffenden im Ausland zu stärken. Neu ermöglicht oder intensiviert wurden beispielsweise Gastlandauftritte und Schwerpunkte, mehrjährige Präsenzvereinbarungen oder verbesserte Präsentationen an Fachmessen. Jährlich werden so rund 30 Präsenzen mitfinanziert, die in der Folge zu zahlreichen Engagements für die vorgestellten Schweizer Kunstschaffenden führen.

Partnerschaften und Kooperationen: Zur Intensivierung und zum Neuaufbau von Kooperationen mit kulturellen Institutionen in Europa hat die Stiftung neue Partnerschaften initiiert, welche die Möglichkeiten der Zusammenarbeit für Schweizer Kunstschaffende und die Verbreitung ihrer Werke erhöhen. So beteiligt sich Pro Helvetia beispielsweise im Bereich der neuen Musik an einem gemeinsamen Förderprojekt mit französischen und deutschen Partnerinstitutionen, das den Austausch und die Verbreitung von neuen Werken zwischen den beiden Sprachräumen fördert. Darüber hinaus wurde 2017/2018 eine Ausschreibung durchgeführt, mit der zwölf grössere Kooperationsvorhaben von Schweizer Kulturakteuren verschiedener Disziplinen mit europäischen Partnern unterstützt wurden.

Wettbewerbsfähigkeit: Zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der darstellenden Künste führte die Stiftung Massnahmen ein, welche die Förderung von Gastspiel-Akquisitionen in Europa, Angebote zur Professionalisierung und Vernetzung von Tourneemanagern sowie die intensivierte Promotion bei internationalen Veranstaltern umfasst. 17 Dadurch konnte den international aktiven Gruppen und Compagnies eine verbesserte Ausgangslage in einem kompetitiven Umfeld ermöglicht werden.

Erschliessung neuer Regionen und Märkte: Zur Erschliessung neuer Auftritts- und Arbeitskontexte in einer kulturell dynamischen Weltregion hat die Stiftung 2017 ihr Südamerika-Austauschprogramm «Coincidencia» lanciert.

Sie hat dafür Netzwerke mit lokalen Institutionen und Kunstschaffenden geknüpft und ein Team in Zürich sowie lokale Koordinatoren in São Paulo,

16 17

Abrufbar unter: www.parlament.ch > 15.3114 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses Auf die erwähnten Fördermassnahmen verweist der Bundesrat in Beantwortung der Anfrage 15.1006 Ruiz («Hilfe für von der Frankenstärke tangierte freie Tanz- und Theatergruppen»).

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Buenos Aires, Bogotá und Santiago de Chile eingesetzt. Ab 2018 haben die fünf bestehenden Verbindungsbüros zudem mit einer schrittweisen Ausweitung ihres Aktionsradius auf weitere Länder in ihren jeweiligen Regionen die Erschliessung neuer Räume und Märkte für den kulturellen Austausch und die Verbreitung von Schweizer Kultur verstärkt.

Entwicklung eines Promotionsmodells: 2017 wurde in den Kulturmetropolen Berlin und London ein neues Promotionsmodell eingeführt, das Schweizer Kunstschaffenden zusätzliche Unterstützung bei der Entwicklung ihrer internationalen Verbreitung bietet: Vor Ort wurde je eine Koordinatorin mandatiert, um mit gezielten Promotions- und Vernetzungsaktivitäten der Schweizer Kunstproduktion erhöhte Sichtbarkeit und die Möglichkeit von Auftritten und Folgeengagements zu verschaffen (Bereiche Literatur, Tanz, Theater und Musik).

­

Erweiterung und Sanierung des Landesmuseums Zürich in der Periode 2016­2020 (SNM): Die zentrale Neuerung des SNM in der Förderperiode 2016­2020 war der Abschluss der Gesamtsanierung und Erweiterung des Landesmuseums Zürich: Die Bauetappen zur Sanierung des Kunstgewerbeschulflügels und Hofflügels sowie der Museumserweiterungsbau wurden im Sommer 2016 im Zeitplan fertiggestellt und schlossen unter dem veranschlagten Kostenrahmen ab. Die verbleibenden Sanierungen des West- und Ostflügels bewegen sich ebenfalls im Kostenrahmen. West- und Ostflügel werden 2019 bzw. 2020 in Betrieb genommen. Damit findet das Projekt «Gesamtsanierung und Erweiterung Landesmuseum Zürich» seinen geplanten Abschluss im Jahr 2020.

Ende 2020 werden somit alle denkmalgeschützten Flügelbauten im Einklang mit den behördlichen Auflagen betreffend Statik und Brandschutz ausgerüstet und mit zeitgemässer Haustechnik, modernen Klimavorrichtungen und behindertengerechten Installationen versehen sein. Im Erweiterungsbau sind ein Auditorium, eine Bibliothek und drei neue Ausstellungshallen untergebracht. Letztere sind multifunktionale Ausstellungflächen mit Hängevorrichtungen, Bodenraster für Elektroanschlüsse und einem modular einsetzbaren Wand- und Vitrinensystem. Dank diesen Bedingungen im Neubau können seit der Auftaktausstellung wieder prominente internationale Leihgeber gewonnen werden. Die Ausstellungen erreichen im In- und Ausland hohe Aufmerksamkeit. Der sanierte Altbau und der Neubau kommen bei den Besuchern und Gästen gut an und erfreuen sich hoher Frequenzen. Die erhöhte Aufmerksamkeit, die dem neuen Landesmuseum zuteilwird, strahlt auf die gesamte Museumsgruppe aus.

Vor Einweihung des Erweiterungsbaus empfing das Landesmuseum durchschnittlich 217 167 Besucherinnen und Besucher pro Jahr, seither waren es für die Jahre 2016­2019 durchschnittlich 292 601. Eine Steigerung zeigt sich auch bei den Führungen für Schulklassen, von durchschnittlich 1221 auf 1409. Auch die Zugriffe auf die Online-Sammlung vervierfachten sich innerhalb von vier Jahren, was deutlich macht, dass der Museumsgruppe auch losgelöst von Besuchen vor Ort ein höheres Interesse geschenkt wird. Ferner verdoppelte sich der Umsatz der Museumsboutique und verzehnfachten sich 3153

BBl 2020

die Umsätze der Gastronomie. Weil Zahlen alleine nicht aussagekräftig sind, evaluierte das SNM auch die Besucherzufriedenheit: Die Fragen, ob an der Kasse effizient bedient werde, ob Anliegen freundlich beantwortet würden und ob man sich im Landesmuseum Zürich willkommen und wohl fühle, bejahten die Befragten mit 82­89 Prozent. Dies verweist auf einen gelungenen Start, aber auch auf die Tatsache, dass die Dienstleistungsbereitschaft noch gesteigert werden kann.

1.4.2

Kulturpolitik des Bundes 2021­2024

In der Kulturbotschaft 2016­2020 definierte der Bundesrat erstmals drei zentrale Handlungsachsen für die Kulturpolitik des Bundes, die er aus einer vorgängig durchgeführten Umfeldanalyse ableitete.

Der Bundesrat identifizierte fünf Megatrends, die den gesellschaftlichen Veränderungsprozess massgeblich beeinflussen: Globalisierung, Digitalisierung, demografischer Wandel, Urbanisierung und Individualisierung. Diese fünf Megatrends haben sich in den letzten Jahren im Grundsatz bestätigt. Als besonders wirkmächtig erweist sich die Digitalisierung: Sie hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt und prägt inzwischen alle gesellschaftlichen Bereiche. In gewissen Kulturbereichen beeinflusst der digitale und damit verbundene technologische Wandel die gesamte Wertschöpfungskette. So erfolgt in den Bereichen Film, Musik und interaktive Medien die Produktion, Promotion, Vermittlung und Erhaltung der Kulturprodukte inzwischen zu grossen Teilen digital. Auch in anderen Sparten (z. B. Literatur) hat die Digitalisierung zumindest für einzelne Etappen der Wertschöpfung einen signifikanten Einfluss erreicht. Mit der Digitalisierung geht zudem eine Verschiebung der Mittelflüsse hin zu kommerziellen, global tätigen Plattformen einher. Die Chancen und Risiken, die für die Kulturbranche mit der Digitalisierung verbunden sind, wurden bereits in der Kulturbotschaft 2016­2020 dargestellt und gelten unverändert.

Da sich die Megatrends und die damit verbundenen Herausforderungen in den letzten Jahren bestätigt und teilweise akzentuiert haben, ist die Stossrichtung der Kulturpolitik des Bundes fortzusetzen. Die drei bestehenden strategischen Handlungsachsen «Kulturelle Teilhabe», «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» sowie «Kreation und Innovation» werden beibehalten und die in der aktuellen Förderperiode eingeführten Massnahmen fortgeführt bzw. weiterentwickelt.

Um der fortschreitenden Digitalisierung angemessen Rechnung zu tragen, legt die Kulturbotschaft 2021­2024 einen besonderen Akzent auf dieses Thema. Hintergrund der bisherigen und zukünftigen Massnahmen bildet dabei die Strategie «Digitale Schweiz» des Bundesrates vom 5. September 2018 und der daraus abgeleitete Aktionsplan.18 Die Strategie des Bundesrates in Bezug auf die Digitalisierung im Kulturbereich basiert auf einem doppelten Ansatz: Einerseits sollen
digitale Kanäle und Plattformen den Zugang zum Kulturerbe erleichtern. Anderseits soll die Entwicklung, Produktion und Vermittlung von digitalem Kunstschaffen gefördert werden.

Der Bund wird den Kantonen, Städten und Gemeinden vorschlagen, das Thema der 18

Abrufbar unter: www.bakom.ch > Digitale Schweiz und Internet > Digitale Schweiz

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Digitalisierung in das nächste Arbeitsprogramm des Nationalen Kulturdialogs aufzunehmen und relevante Fragestellungen gemeinsam zu bearbeiten.

Im Einzelnen ist vorgesehen, dass Pro Helvetia wie bisher in allen Disziplinen die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Förderinstrumente regelmässig überprüft und diese gegebenenfalls anpasst. Beispielhaft für Entwicklungen in den letzten Jahren sind die Öffnung der Förderinstrumente für künstlerische Werke, die nicht an physische Trägermedien gebunden sind (z. B. Online-Publikationen im Literaturoder Musikbereich), sowie verschiedene Online-Promotions-Plattformen, die von der Stiftung eingerichtet worden sind. Ebenso wird das seit 2016 erfolgreich aufgebaute Programm «Kultur und Wirtschaft» mit dem Förderschwerpunkt Design und interaktive Medien in die regulären Förderaktivitäten integriert. Es ist dabei die Absicht des Bundes, die entsprechenden Massnahmen in der nächsten Förderperiode zu intensivieren, um das grosse Potenzial insbesondere von jungen Entwicklerinnen und Entwicklern auszuschöpfen und ihre internationale Anerkennung zu festigen. Im Weiteren ist geplant, dass das BAK die digitale Erfassung der bedeutenden Werke seiner Museen und Sammlungen fortsetzt (vgl. Ziff. 3.4.3.1) und die von ihm geförderten Filme nach der Erstauswertung der Allgemeinheit online zugänglich macht (vgl. Ziff. 3.3.6). Das SNM, die Museen des BAK sowie die NB werden sich verstärkt des original digitalen Kulturguts («digitally born») annehmen und ihre 4D-Objekt- und Bilddatenbank weiterentwickeln, die das zentrale Arbeitsinstrument für die Registrierung und Inventarisierung, den Objektverleih, den Ausstellungsaufbau oder die Online-Recherche ist. Das SNM wird zudem die digitale Transformation in den Bereichen Marketing und Kommunikation vollziehen (vgl. Ziff. 3.4.2).

Die Nationalbibliothek wird den Ausbau ihrer eigenen digitalen Sammlung weiter vorantreiben und ihre Bemühungen für die kooperative Langzeiterhaltung und -verfügbarkeit des schweizerischen digitalen Kulturerbes fortführen (vgl.

Ziff. 3.4.4). Schliesslich wird das BAK auch prüfen, ob es in Zukunft Projektbeiträge für Digitalisierungsprojekte von Museen und Sammlungen ausrichtet (vgl.

Ziff. 3.4.3.2).

Die weitgehende inhaltliche Kontinuität wird in der nächsten Förderperiode mit einzelnen gezielten
Akzentuierungen verbunden. Die entsprechenden Änderungen sind im 3. Kapitel im Detail beschrieben. Zur besseren Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit werden die Änderungen mit Mehrmittelbedarf gegenüber der Kulturbotschaft 2016­2020 nachfolgend gebündelt entlang der kulturpolitischen Handlungsachsen ausgewiesen.

1.4.2.1

«Kulturelle Teilhabe»

Die Handlungsachse «Kulturelle Teilhabe» der Kulturpolitik des Bundes wird in der Förderperiode 2021­2024 wie folgt weiterentwickelt: ­

Musikalische Bildung (BAK): Das Programm «Jugend und Musik» wurde ab 2016 erfolgreich eingeführt. Es soll verstärkt werden, um die hohe Nachfrage zu decken. Bisher noch nicht umgesetzt wurde der Verfassungsauftrag in Bezug auf die Förderung musikalischer Talente. In Zusammenarbeit mit den Kantonen und Musikorganisationen soll ab 2021 im Musikbereich eine spe3155

BBl 2020

zifische Talentförderung eingeführt werden. Nach einer ersten Schätzung ist mit rund 1000 jungen Musiktalenten pro Jahr zu rechnen, die mittels einer «Talentkarte» gefördert werden können.

­

Chancengleichheit für Frauen und Männer im Kulturbereich (BAK und Pro Helvetia): Ziel der Kulturpolitik des Bundes sind eine angemessene Vertretung der Geschlechter in allen relevanten Bereichen (Ausbildung, Subventionierung, Programmierung, Vertretung in Kulturinstitutionen usw.) sowie entsprechende Förderinstrumente. Um den konkreten Handlungsbedarf festlegen zu können, sind in der nächsten Förderperiode weitere, darunter statistische Erhebungen vorgesehen.

­

Kunstvermittlung (Pro Helvetia): Die Förderung der Kunstvermittlung wird inhaltlich erweitert mit dem Ziel, eine verstärkte Förderung der kritischen Reflexion über das zeitgenössische Kunstschaffen zu etablieren. Zusammen mit Partnerinstitutionen (Hochschulen, Kulturinstitutionen, Verbände, Medien usw.) soll mit modellhaften Projekten die kritische Kunst- und Kulturreflexion gestärkt und dabei insbesondere die Bedeutung neuer Medien (digitales Schreiben und Publizieren) berücksichtigt werden.

1.4.2.2

«Gesellschaftlicher Zusammenhalt»

Die Handlungsachse «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» der Kulturpolitik des Bundes wird in der Förderperiode 2021­2024 wie folgt weiterentwickelt:

19

­

Baukultur (BAK): Gleichzeitig mit der vorliegenden Botschaft hat der Bundesrat die interdepartementale Strategie zur Baukultur verabschiedet.19 An der Erarbeitung der Strategie waren unter der Federführung des BAK verschiedene Bundesstellen beteiligt. Die Strategie erweitert die bestehende Politik des Bundes im Bereich des baulichen und archäologischen Kulturerbes zu einer umfassenden Berücksichtigung der Baukultur bei allen raumwirksamen Aufgaben des Bundes und enthält einen Aktionsplan mit entsprechenden Massnahmen der beteiligten Bundesstellen. Die Massnahmen des BAK betreffen namentlich die Vermittlung sowie die Kompetenzförderung im Bereich Baukultur und tragen als Teil der Gesamtstrategie im Zuge der fortschreitenden Urbanisierung zu einer höheren Qualität der baulichen Entwicklung der Schweiz bei.

­

Nationale Austauschaktivitäten (BAK): Wie der Bundesrat in der Kulturbotschaft 2016­2020 festgehalten hat, sollen möglichst viele Jugendliche einmal in ihrer schulischen Laufbahn an einem nationalen Austauschprojekt mit einer anderen Sprachregion teilnehmen. Aktuell liegt der Austausch in der Volksschule und in den allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe II bei nur rund 2 Prozent der Schülerinnen und Schüler. Die Austauschaktivitäten sollen deshalb in Zukunft intensiviert werden. Die Verwendung der beantragten Zusatzmittel erfolgt gestützt auf die im November 2017 von Bund Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Baukultur > Strategie Baukultur

3156

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und Kantonen gemeinsam verabschiedeten Strategie zu Austausch und Mobilität.20 ­

Schweizerschulen im Ausland (BAK): Die Schweizerschule in Peking wurde im 2017 durch den Bundesrat provisorisch anerkannt. In der Aufbauphase bis Ende 2020 kann das BAK die Finanzhilfe an diese neue Schweizerschule aus dem bestehenden Kredit finanzieren. Mit der geplanten definitiven Anerkennung der Schweizerschule in Peking benötigt das BAK Mehrmittel in bescheidenem Umfang.

­

Halteplätze für Jenische, Sinti und Roma (BAK): Der Aktionsplan «Jenische, Sinti und Roma» aus dem Jahr 2016 hält insbesondere fest, dass zur Verbesserung der Situation der fahrenden Minderheiten in der Schweiz zusätzliche Halteplätze notwendig sind. Die Einrichtung dieser Plätze soll durch Beiträge des Bundes unterstützt werden.

­

Gewährleistung Museumsarbeit (SNM): Zu den zentralen Zielsetzungen der Förderperiode 2016­2020 gehörte für das SNM die Eröffnung des Neubaus am Standort Zürich: Die Museumserweiterung wurde im Sommer 2016 rechtzeitig fertiggestellt und schloss unter dem veranschlagten Kostenrahmen ab. Die erforderlichen Betriebsmittel für die Museumserweiterung standen dem SNM jedoch nicht in der ursprünglich gemäss Kulturbotschaft 2016­2020 vorgesehenen Höhe zur Verfügung. Die Sicherstellung einer nachhaltigen und gesamtheitlichen Museumsarbeit bedingt eine Erhöhung der Betriebsmittel auf den ursprünglich vorgesehenen Stand.

­

Kulturaustausch und Verbreitung von künstlerischen Werken (Pro Helvetia): Die bisherigen Massnahmen zur Förderung des kulturellen Austausches gemäss der Kulturbotschaft 2016­2020 sollen weitgehend fortgesetzt werden.

Um den Austausch zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen, kulturellen oder demografischen Gruppen künftig auch vermehrt innerhalb der Sprachregionen fördern zu können, wird der Bund prüfen, ob gemeinsam mit interessierten Städten und Kantonen spartenspezifische interregionale Netzwerke initiiert werden können, die zur verbesserten Verbreitung von künstlerischen Werken insbesondere aus den Bereichen Musik, Tanz und Theater beitragen.

1.4.2.3

«Kreation und Innovation»

Die Handlungsachse «Kreation und Innovation» der Kulturpolitik des Bundes wird in der Förderperiode 2021­2024 wie folgt weiterentwickelt: ­

20

Verbreitung, Marktzugang und Wettbewerbsfähigkeit (Pro Helvetia): Gezielte Verbreitungs- und Promotionsaktivitäten sind zur Erhöhung der Präsenz von Schweizer Kulturschaffenden auf Plattformen (wie Messen oder Festivals) im internationalen Kulturbetrieb von zentraler Bedeutung. Die in den Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Sprachen > Sprachengesetz und Sprachenverordnung > Schulischer Austausch

3157

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letzten Jahren aufgebauten Aktivitäten haben Wirkung entfaltet. Der gewachsenen Nachfrage nach Schweizer Kultur soll neben einer Intensivierung der Verbreitungsaktivitäten (verstärkte Förderung von Tourneen, Gastspielen und thematischen Schwerpunkten) auch so begegnet werden, dass die seit 2016 eingeführten Massnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, die sich bislang auf die Bereiche Tanz und Theater sowie auf die Präsenz im europäischen Ausland beschränken, in der nächsten Förderperiode inhaltlich auf den Bereich Musik und geografisch auf Regionen ausserhalb Europas ausgeweitet werden.

­

Internationale Kooperationen und Kulturaustausch (Pro Helvetia): Die meisten Schweizer Kulturschaffenden sind heute auch ausserhalb der Schweiz tätig. Um die Schweizer Kulturschaffenden international besser zu vernetzen, sollen internationale Kooperationsprojekte insbesondere in Europa verstärkt gefördert werden. Im Weiteren sollen Recherche- und Atelieraufenthalte den Aufbau individueller Netzwerke sowie neue Produktionsund Vermittlungserfahrungen ermöglichen.

­

Systematische Förderung von Kreation und Innovation (Pro Helvetia): Die Schnittstellen zwischen Kunst, Technologie und Wissenschaft sind von zunehmender Bedeutung und bergen ein grosses Potenzial für neue Zusammenarbeits- und Geschäftsmodelle insbesondere im Zusammenhang mit der Digitalisierung. So suchen etwa Hochschulen und die Industrie zunehmend die Kompetenzen von Kunstschaffenden, um neue Kreations-, Forschungsund Produktionsprozesse zu initiieren. Für die Kulturförderung gilt es, neue künstlerische Tendenzen aufzugreifen, entsprechende Projekte zu unterstützen und damit auch neue Wege der Kulturförderung zu erproben. Daher sollen Kulturschaffende in der laufenden Finanzierungsperiode vermehrt darin unterstützt werden, Kooperationen mit Institutionen aus dem Bereich Technologie und Wissenschaft wie zum Beispiel der ETH Zürich, der ETH Lausanne (EPFL) oder der Europäischen Organisation für Kernforschung CERN einzugehen und konkrete Projekte zu entwickeln.

1.4.3

Kulturpolitik des Bundes im Ausland

Die Kulturarbeit des Bundes im Ausland beruht auf zwei Achsen: erstens Massnahmen der institutionellen Zusammenarbeit und zweitens Massnahmen zur Vermittlung und Förderung von zeitgenössischer Schweizer Kunst und Kultur im Ausland.

Die erste Achse gehört in den Zuständigkeitsbereich des BAK und wird im vorliegenden Kapitel erläutert. Die zweite Achse wird in Ziffer 3.2 erläutert und gehört in den Zuständigkeitsbereich von Pro Helvetia. Das BAK konzentriert sein Engagement auf den politischen Austausch, die Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen und die Vertretung der Schweiz auf verschiedenen multilateralen Plattformen. Pro Helvetia ist vorwiegend für den kulturellen und künstlerischen Austausch zuständig.

Der Bereich Film stellt eine Ausnahme dar und gehört auch in Bezug auf den Kulturaustausch in den Zuständigkeitsbereich des BAK.

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In Ausübung seiner kulturpolitischen Aufgaben im Ausland arbeitet das EDI mit dem EDA zusammen. Das EDA stellt dabei sein Aussenstellennetz und verschiedene Promotionsplattformen zur Verfügung. Es kümmert sich im Weiteren um die institutionellen Kontakte zu den einschlägigen multilateralen Organisationen. Die inhaltliche Zuständigkeit liegt beim EDI. Mechanismen zur Koordination und zum regelmässigen Informationsaustausch stellen eine gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Departementen sicher.

Der Bund hat auf internationaler Ebene verschiedene Initiativen lanciert und Schwerpunkte zu wichtigen kulturellen Themen gesetzt: ­

Während der Förderperiode 2016­2020 wurde das Thema der Baukultur auf internationaler Ebene vertieft. Im Januar 2018 hat der Bund in Davos eine informelle Kulturministerkonferenz zum Thema der Baukultur organisiert.

Durch die Veröffentlichung der Erklärung von Davos für eine hohe Baukultur21, die von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz verabschiedet wurde, nimmt er in diesem Bereich eine Führungsrolle wahr. Der Bund will seine Pionierrolle in der Förderperiode 2021­2024 aufrechterhalten und sich auf internationaler Ebene weiterhin für die Baukultur einsetzen.

­

In Zusammenarbeit mit dem EDA hat das EDI eine Strategie zum Schutz des gefährdeten Kulturerbes entwickelt, die im 2019 durch den Bundesrat verabschiedet wurde. Diese Strategie hat das Ziel, die Schweiz zu positionieren in einem internationalen Kontext der zunehmenden Gefährdung des Kulturerbes aufgrund von bewaffneten Konflikten oder von Naturkatastrophen.

­

Schliesslich hat der Bund sektorielle internationale Strategien zur Einbettung der verschiedenen Förderbereiche der Kulturpolitik im Ausland entwickelt.

Dies gilt für die Filmförderung, die Schweizerschulen und den Kulturgütertransfer. Die Strategien legen Ziele und Prioritäten fest, an denen sich die Tätigkeiten der verschiedenen Bereiche auch während der Förderperiode 2021­2024 orientieren werden.

Bilaterale Ebene Während der Förderperiode 2016­2020 hat der Bund den Bestand an Abkommen zur allgemeinen und sektoriellen kulturellen Zusammenarbeit ausgebaut. Im Januar 2017 wurde ein allgemeines Kulturabkommen mit China unterzeichnet, das auf dem Memorandum of Understanding (MoU) über die kulturelle Zusammenarbeit von 1999 basiert. Es finden derzeit Verhandlungen mit Chile in Bezug auf ein MoU statt, das ungefähr 2020/2021 abgeschlossen werden soll. Der Bund hat im Weiteren technische sektorielle Abkommen zum Kulturgütertransfer (Peru und Mexiko), zur Koproduktion von Kinofilmen (Mexiko sowie Revision der Abkommen mit den französischsprachigen Gemeinschaften von Belgien und Kanada) und zu den Schweizerschulen im Ausland (Mexiko) abgeschlossen.

Ebenfalls in der Förderperiode 2016­2020 hat der Bund das Projekt «Internationales Panorama» lanciert mit dem Ziel, die bestehende kulturelle Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und dem Ausland auf kantonaler, regionaler und städteübergrei21

Abrufbar unter: www.davosdeclaration2018.ch.

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fender Ebene zu erheben und einen Überblick zu bieten. Die Kantone können in ihren Zuständigkeitsbereichen, zu denen die Kultur gehört, Verträge mit dem Ausland schliessen und mit untergeordneten ausländischen Behörden direkt verkehren (Art. 56 BV). Das Projekt soll zu einer grösseren Sichtbarkeit der kulturellen Auslandbeziehungen der Kantone, zu mehr Synergien und Koordination auf nationaler Ebene sowie zu einer besseren strategischen Planung führen.

In der Förderperiode 2021­2024 will der Bund der Entwicklung und der Erhaltung seiner kulturellen Beziehungen zu den Nachbarländern besondere Beachtung schenken. Er sieht namentlich eine grössere Regelmässigkeit der institutionellen Treffen mit Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien vor. An diesen Treffen sollen die bestehenden Beziehungen diskutiert und Themen für weiterführende Schritte identifiziert werden.

Multilaterale Ebene Auf multilateraler Ebene ist die Schweiz in folgenden Organisationen vertreten und arbeitet mit folgenden internationalen Plattformen zusammen:

22 23 24

­

Europäische Union (EU): Der wichtigste staatliche Akteur in der Kulturpolitik Europas ist die Europäische Union. Dies namentlich durch ihr Programm «Kreatives Europa» (Programme MEDIA und Kultur). Der Bundesrat hat sich dafür eingesetzt, mit der Europäischen Union ein Abkommen über eine Teilnahme an der Ausgabe 2014­2020 dieses Programms zu schliessen.

Dieses Ziel konnte aufgrund übergeordneter Fragestellungen in Bezug auf das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU nicht erreicht werden. Daher wurden auf nationaler Ebene Kompensationsmassnahmen eingerichtet (vgl. Ziff. 3.3.6). Die nächste Ausgabe des Programms läuft von 2021 bis 2027. Der Bundesrat wird eine Teilnahme an dieser Ausgabe prüfen und ein entsprechendes Verhandlungsmandat ausarbeiten. Die Teilnahme am Programm wird rechtliche Anpassungen im schweizerischen Audiovisionsrecht nötig machen, die in einer gesonderten Botschaft unterbreitet werden. Die während der vorausgegangenen Periode eingerichteten Kompensationsmassnahmen werden angepasst und verstetigt.

­

UNESCO: Die UNESCO sieht sich aufgrund des Austritts mehrerer Mitglieder gegenwärtig mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert. Sie muss sich in dieser schwierigen Situation stärker auf ihre Kernaufgabe konzentrieren, insbesondere auf die Verwaltung der Übereinkommen, die bei ihr hinterlegt sind. Der Bund setzt sich in diesem Sinn für die Umsetzung der Welterbekonvention22 sowie der Übereinkommen zum Kulturgütertransfer23, zur Vielfalt der kulturellen Ausdrucksformen24 sowie zum immateriellen Kul-

Übereinkommen vom 23. Nov. 1972 zum Schutz des Kultur- und Naturgutes der Welt, SR 0.451.41 Übereinkommen vom 14. Nov. 1970 über Massnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut, SR 0.444.1 Übereinkommen vom 20. Okt. 2005 über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen, SR 0.440.8

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turerbe25 ein, welche die Schweiz ratifiziert hat. Namentlich legt der Bund weiterhin regelmässig ein Kandidaturdossier für die repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit vor und beteiligt sich an einschlägigen multinationalen Kandidaturen. Während der Förderperiode 2016­ 2020 hat die Bundesversammlung der Ratifizierung des Übereinkommens vom 2. November 2001 über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes zugestimmt.26 Die Wahrnehmung der Tätigkeit der Schweiz in der UNESCO ist weitgehend positiv, was im November 2019 ihre Wahl in den Exekutivrat der UNESCO für die Jahre 2019­2023 erleichterte. In der Förderperiode 2021­2024 will der Bund seine Position konsolidieren und seine Kandidatur für Schlüsselstellen in einschlägigen zwischenstaatlichen Komitees einreichen. Damit soll ein Beitrag gegen die zunehmende Politisierung der Komitees geleistet werden.

25 26

27 28

­

Europarat: Der Europarat war mit finanziellen Schwierigkeiten konfrontiert, bedingt durch die Suspendierung von Beitragszahlungen durch Russland für die Jahre 2017­2019. Vor diesem Hintergrund erwägte der Europarat eine Konzentration seiner Arbeit auf seine Hauptaufgaben und Grundprinzipien.

Die entsprechenden Überlegungen sind auch nach erfolgter Wiederaufnahme der Zahlungen durch Russland weiterhin im Gang. Der Bund setzt sich dafür ein, dass der Kultur im Europarat weiterhin ein fester Platz eingeräumt wird.

Der Europarat ist ein wichtiges Forum des kulturellen Austauschs und der Zusammenarbeit in Europa. Der Bund engagiert sich darin im Lenkungsausschuss für Kultur, kulturelles Erbe und Landschaft sowie im Programm «Eurimages». 2019 wurden das Rahmenübereinkommen des Europarats über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft (Konvention von Faro) 27 sowie das revidierte Übereinkommen des Europarats über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen28 ratifiziert. Der Bund wird in der Förderperiode 2021­2024 prüfen, ob die Ratifizierung des Übereinkommens des Europarats über Straftaten im Zusammenhang mit Kulturgut (Konvention von Nikosia) opportun ist. Der Kulturfonds des Europarats «Eurimages» ist von massgeblicher Bedeutung für die Erleichterung und Unterstützung von Koproduktionen von Kinofilmen, für die Verbreitung der Werke und den technischen Austausch zwischen Angehörigen der Mitgliedstaaten. In der Förderperiode 2021­2024 will sich der Bund weiterhin für die erfolgreiche Anwendung der von ihm ratifizierten Übereinkommen des Europarats einsetzen.

­

«Organisation internationale de la Francophonie» (OIF): Der Bund engagiert sich auch in der OIF. Er nimmt an Ministerkonferenzen teil, und das Übereinkommen vom 17. Okt. 2003 zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes, SR 0.440.6 Bundesbeschluss vom 21. Juni 2019 über die Genehmigung des Übereinkommens über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes und über seine Umsetzung (Änderung des Kulturgütertransfer- und des Seeschifffahrtsgesetzes), BBl 2019 4561 Bundesbeschluss vom 21. Juni über die Genehmigung des Rahmenübereinkommens des Europarats über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft, BBl 2019 4565 Übereinkommen des Europarats vom 30. Jan. 2017 über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen, SR 0.443.3

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EDI begleitet die Umsetzung der kulturpolitischen Anliegen der Organisation. Am Gipfel der OIF im 2018 in Jerewan (Armenien) wurde auf Vorschlag der Schweiz eine Resolution zur kulturellen Teilhabe verabschiedet.

1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates

Die vorliegende Botschaft ist in der Botschaft29 über die Legislaturplanung 2019­ 2023 angekündigt. Sie ist mit folgenden Strategien des Bundesrates abgestimmt: ­

Strategie «Digitale Schweiz» vom 5. September 201830;

­

Interdepartementale Strategie zur Baukultur vom 26. Februar 202031;

­

Strategie zum Schutz des gefährdeten Kulturerbes vom 8. März 201932.

1.6

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit Überweisung der Kulturbotschaft können folgende Vorstösse abgeschrieben werden: Das Postulat 15.4117 Semadeni verlangt, dass eine Bilanz über die aktuelle Situation des Romanischen und des Italienischen in ihren angestammten Sprachgebieten und in der Schweiz vorgelegt und Möglichkeiten für eine Verbesserung ihrer Förderung aufgezeigt werden. Die vorliegende Botschaft gibt Antwort auf das Postulat (vgl.

Ziff. 3.6.2).

Die Motion 17.4308 Regazzi verlangt eine Klärung der Kriterien, die zur Aufnahme in das Inventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz führen. Die entsprechende Klärung ist durch eine Anpassung der Verordnung vom 9. September 198133 über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (VISOS) und Empfehlungen des EDI zu dessen Umsetzung erfolgt (vgl. Ziff. 3.5).

Das Postulat 19.3725 Quadranti verlangt eine Darstellung der möglichen Zusammenarbeit zwischen dem BAK und dem Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) bei Dossiers mit Schnittstellen zwischen Kultur und Bildung.

Die aufgeworfenen Fragen sind wie folgt zu beantworten: Die Kulturförderung des Bundes hat zahlreiche Schnittstellen mit anderen Politikbereichen, namentlich mit der Bildung. Das BAK und das SBFI pflegen darum einen engen Austausch. Dies betrifft etwa die Bereiche der musikalischen Bildung oder der Austauschförderung, aber auch die Unterstützung von Institutionen der Kultur und der Forschung, die von der einen oder anderen Stelle betreut werden. Das Finanzhaushaltgesetz vom 29 30 31 32 33

Abrufbar unter: www.bk.admin.ch > Dokumentation > Führungsunterstützung > Legislaturplanung Abrufbar unter: www.bakom.admin.ch > Digitale Schweiz und > Internet Digitale Schweiz Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Baukultur > Strategie Baukultur Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Aktuelles > Aktuelles 2019 SR 451.12

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7. Oktober 200534 (FHG) setzt der Zusammenarbeit gewisse Grenzen, insofern ein Vorhaben grundsätzlich nur durch eine Verwaltungseinheit finanziert werden kann (Art. 57 Abs. 4 FHG). Unterschiedliche Vorhaben derselben Organisation können aber von zwei Bundesstellen finanziert werden; dies ist beispielsweise bei der Stiftung «Swiss Science Center Technorama» in Winterthur der Fall, dessen museale Aktivitäten das BAK mitfinanziert, während die angewandte Forschung der Stiftung aus Mitteln des SBFI im Rahmen eines Mandats an die Akademien der Wissenschaften Schweiz unterstützt wird.

2

Ergebnis der Vernehmlassung

Am 29. Mai 2019 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zum Entwurf der Kulturbotschaft 2021­2024. Die interessierten Kreise konnten bis zum 20. September 2019 Stellung nehmen.

Innert Frist sind 304 Stellungnahmen eingegangen. Stellungnahmen haben eingereicht: alle Kantone sowie die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), sechs in der Bundesversammlung vertretene politische Parteien (BDP, CVP, Grüne, FDP, SP und SVP), drei gesamtschweizerische Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete (Schweizerischer Gemeindeverband [SGV], Schweizerischer Städteverband [SSV] und Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete [SAB]), zwei gesamtschweizerische Dachverbände der Wirtschaft (Schweizerischer Gewerbeverband [sgv] und Schweizerischer Gewerkschaftsbund [SGB]) sowie verschiedene Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche und eine Vielzahl von Organisationen vorwiegend aus dem Kulturbereich.

Die Äusserungen in den Stellungnahmen wurden im Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung35 zu sechs Kernthemen zusammengefasst. Diese Strukturierung entspricht dem Fragenkatalog zur Vernehmlassung. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich zu den Kernthemen im Wesentlichen wie folgt geäussert:

34 35

­

Die Umsetzung der Kulturbotschaft 2016­2020 wird allgemein positiv beurteilt. Vereinzelt werden die während der laufenden Periode erfolgten Finanzkürzungen kritisiert.

­

Die geplante Beibehaltung der drei Handlungsachsen der Kulturpolitik des Bundes wird breit begrüsst. Es wird betont, dass Kontinuität und Verlässlichkeit zum aktuellen Zeitpunkt wichtig seien. Der ergänzende Akzent auf die Digitalisierung wird ebenfalls begrüsst.

­

Die zwölf Massnahmen zur Weiterentwicklung der Kulturpolitik des Bundes werden überwiegend positiv beurteilt. Zu einzelnen Massnahmen gibt es kritische Äusserungen respektive Anpassungsvorschläge (vgl. im Einzelnen den Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung).

SR 611.0 Die Vernehmlassungsunterlagen und der Bericht über die Ergebnisse der Vernehmlassung sind zu finden unter www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2019 > Eidgenössisches Departement des Innern

3163

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­

Die Revision des Filmgesetzes vom 14. Dezember 200136 (FiG) wird kontrovers beurteilt: Kantone, mehrere Parteien (BDP, CVP, Grüne, SP) und die Mehrheit der Kulturverbände begrüssen die vorgeschlagenen neuen Verpflichtungen für Online-Filmeanbieter (Investitionspflicht und Quote für europäische Filme). Namentlich SRG SSR plädiert für eine Ausdehnung der Investitionspflicht auf ausländische Fernsehveranstalter mit Werbefenstern in die Schweiz. Mehrere Teilnehmende verlangen im Weitern, dass die bereits bisher für Schweizer Fernsehveranstalter bestehende Investitionspflicht neu im Filmgesetz geregelt und dessen Vollzug an das BAK übertragen wird. Ein Teil der Filmbranche verlangt, dass die Quote für europäische Filme durch eine Quote für Schweizer Filme ergänzt wird. Demgegenüber stossen die neuen Verpflichtungen für Online-Filmeanbieter bei FDP, SVP, sgv sowie den Verbänden und Unternehmen aus der Telekommunikationsbranche auf deutliche Ablehnung. Die ablehnenden Kreise machen insbesondere geltend, die Ausdehnung der Investitionspflicht auf OnlineFilmeanbieter sei nicht verfassungskonform, und die neuen Verpflichtungen liessen sich gegenüber Unternehmen mit Sitz im Ausland kaum durchsetzen, wodurch inländische Konkurrenten benachteiligt würden. Den vorgesehenen Ausschluss gewinnorientierter Unternehmen von der Filmkulturförderung begrüssen namentlich 25 Kantone sowie BDP, CVP, Grüne und SP. Unter anderem der Kanton Zürich, FDP, SSV, SAB und sgv lehnen den Ausschluss gewinnorientierter Unternehmen in der vorliegenden Form ab. Das Zugänglichmachen des Schweizer Filmerbes wird weitgehend begrüsst, wobei Grüne, SP und verschiedene Kulturverbände darauf hinweisen, dass der Zugang zwar niederschwellig, aber nicht kostenlos sein darf.

­

Die vorgeschlagenen weiteren Gesetzesanpassungen werden in der Mehrheit begrüsst. Einzig die Streichung der Kulturabgeltung an die Stadt Bern wird von einigen Teilnehmenden abgelehnt (Kantone Basel-Landschaft, Bern und Solothurn sowie Grüne, SP, SSV und einzelne Kulturverbände).

­

Die für die Förderperiode 2021­2024 vorgeschlagenen Finanzmittel stossen bei CVP und SGV auf Zustimmung. Die ganz grosse Mehrheit der Teilnehmenden begrüsst zwar die vorgesehene Erhöhung der Mittel im Grundsatz, beantragt aber eine Anhebung des Gesamtfinanzrahmens (darunter 25 Kantone, BDP, Grüne, SP, SVV, SAB, SGB und zahlreiche Kulturverbände).

FDP, SVP und sgv erachten die vorgesehenen Finanzmittel als zu hoch. Die FDP möchte das Ausgabenwachstum auf die Teuerung beschränken.

Der Bundesrat hat die in der Vernehmlassung geäusserten Bedenken in Bezug auf die Verfassungsmässigkeit der Investitionspflicht für Online-Filmeanbieter im Anschluss an die Vernehmlassung erneut geprüft und ist dabei zum Schluss gelangt, dass die Verfassungsmässigkeit gegeben ist (vgl. Ziff. 7.1); der Bundesrat hält deshalb an diesen neuen Verpflichtungen fest.

36

SR 443.1

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Gestützt auf das Ergebnis der Vernehmlassung hat der Bundesrat die Vorlagen in folgenden massgeblichen Punkten angepasst: ­

Die Revision des FiG wurde in vier Punkten angepasst (vgl. Ziff. 3.3.6 und 4.2): Erstens wurde die bestehende Investitionspflicht für Schweizer Fernsehveranstalter aus dem Bundesgesetz vom 24. März 200637 über Radio und Fernsehen (RTVG) herausgelöst und in das FiG übertragen. Zweitens wurde die Investitionspflicht auf lokale Schweizer Fernsehanbieter sowie auf ausländische Fernsehveranstalter mit Programm- oder Werbefenstern in der Schweiz ausgedehnt. Neu vollzieht das BAK die Überwachung der Investitionspflicht gegenüber allen Verpflichteten. Drittens wurde die Durchsetzbarkeit der Angebotsquote gegenüber Unternehmen mit Sitz im Ausland in der Vorlage erläutert. Viertens können Organisationen im Besitz gewinnorientierter Unternehmen weiterhin Finanzhilfen erhalten, sofern sie gewisse Transparenz- und Kontrollvorgaben einhalten.

­

Es wird festgehalten, dass die Alterslimite von 35 Jahren in der Nachwuchsförderung nicht zielführend ist. Der Bundesrat stellt in Aussicht, die strikte Altersbeschränkung aufzuheben (vgl. Ziff. 3.1.1).

­

Aufgrund der im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage zusätzlichen Aufgaben des BAK im Filmbereich wurde der Personalmehrbedarf von bisher 200 Stellenprozenten auf neu 300 Stellenprozente erhöht (vgl. Ziff. 6.1.2).

Gestützt auf ein Urteil des Bundesgerichts vom 13. Mai 201938 sollen im Weiteren drei Bestimmungen im Kulturgütertransfergesetz vom 20. Juni 200339 (KGTG) präzisiert werden (vgl. Ziff. 4.3). Diese Gesetzesänderungen waren nicht Gegenstand des Vernehmlassungsverfahrens.

Die verschiedenen Zahlungsrahmen und der Rahmenkredit wurden an die aktuelle Teuerungsprognose des Bundes von Dezember 2019 angepasst. Dies führte zu einem im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage tieferen Gesamtfinanzrahmen (vgl. Ziff. 6.1.1).

3

Die einzelnen Förderbereiche der Kulturpolitik

3.1

Professionelles Kunst- und Kulturschaffen im Allgemeinen

Kunst und Kultur sind zentrale Faktoren des gesellschaftlichen Selbstverständnisses und der Identitätsbildung, fördern den Dialog und stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Kunstformen ­ unter anderem Architektur, Design, Film, Fotografie, Kunst, interaktive Medien, Literatur, Musik, Tanz, Theater, Zirkus ­ entwickelt das individuelle ästhetische Empfinden sowie die persönliche Kommunikations-, Ausdrucks- und Urteilsfähigkeit. Das zeitgenössische Kunst- und Kulturschaffen setzt sich kritisch mit den 37 38 39

SR 784.40 Urteil 1C 447/2018 SR 444.1

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Grenzen der eigenen Wahrnehmung auseinander und fördert die Diskussion über individuelle und kollektive Werte.

Die Förderung des professionellen Kunst- und Kulturschaffens ist eine wichtige Aufgabe der staatlichen Kulturförderung. Eine Vielfalt von künstlerischen Ausdrucks-, Produktions- und Präsentationsformen trägt nicht nur zur Entfaltung und Bildung des Individuums bei, sondern ist auch ein Merkmal einer offenen Gesellschaft und kommt der Innovationsleistung des Staates zugute.

3.1.1

Nachwuchs

Die Schweiz verfügt in vielen Kunstsparten über bedeutende Ausbildungsstätten von internationalem Ruf. Der Übertritt von der Ausbildung ins Berufsleben ist eine wichtige Phase in jeder künstlerischen Laufbahn. Der Nachwuchsförderung kommt daher eine zentrale Rolle zu. Die Fördermassnahmen des Bundes (Pro Helvetia) bezwecken den Erwerb professioneller Praxis und künstlerischer Erfahrung sowie deren erste Vertiefung. Die Förderinstrumente reichen von der Werkförderung über Residenz- und Coachingprogramme bis zu Vernetzungs- und Promotionsangeboten.

Der Ausbau der Nachwuchsförderung war ein Schwerpunkt in der Finanzierungsperiode 2016­2020. Beispielhaft ist etwa die Beteiligung von Pro Helvetia als Hautpartnerin am Nachwuchswettbewerb «Premio», der in Zusammenarbeit mit 35 Theaterinstitutionen aus der ganzen Schweiz die Produktion und Verbreitung der Bühnenstücke von Nachwuchskünstlerinnen und -künstlern aller Sprachregionen ermöglicht. Im Bereich der visuellen Künste wurde ein neues Förderinstrument geschaffen, das Kuratorinnen und Kuratoren die Begegnung mit Schweizer Nachwuchskünstlerinnen und -künstlern ermöglicht. Weitere Beispiele von neuen Fördermassnahmen sind Residenzen an internationalen Kulturinstitutionen oder die Entwicklung eines neuen Mentoratsprogramms für junge Autorinnen und Autoren mit erstmaliger Werkpräsentation.

Entscheidende Erfolgsfaktoren in der Nachwuchsförderung sind Kontakte zu renommierten Partnern sowie die Unterstützung in verschiedenen Phasen des Kreationsprozesses. Für die Weiterentwicklung der Nachwuchsförderung ab 2021 sollen deshalb die Partnerschaften und Netzwerke im In- und Ausland ausgebaut und den Bedürfnissen und Potenzialen der jeweiligen Sparten entsprechend weiterentwickelt werden. Ziel ist eine nachhaltige Positionierung von jungen Kunstschaffenden im nationalen und internationalen Kontext. In diesem Zusammenhang ist für verschiedene künstlerische Berufe die in der Kulturförderungsverordnung vom 23. November 201140 (KFV) festgehaltene strikte Altersbeschränkung nicht zielführend. So sind beispielsweise Regie- und Choreografie-Berufe oft Zweitberufe, die im Alter von mehr als 35 Jahren nach einer Karriere als Interpretin oder Interpret angegangen werden. Vor diesem Hintergrund soll 2021 Artikel 4 KFV angepasst und die dort festgeschriebene Altersgrenze von 35 Jahren aufgehoben werden.

40

SR 442.11

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3.1.2

Künstlerisches Schaffen

Die Förderung des zeitgenössischen künstlerischen Schaffens durch den Bund betrifft sowohl die etablierten Kunstsparten als auch professionelle kreative Arbeit ausserhalb der traditionellen Disziplinen (z. B. performative Literatur und Comics, interaktive Medien sowie interdisziplinäre Kreations- und Zusammenarbeitsformen).

Die Werkförderung des Bundes trägt dazu bei, dass eine Vielfalt an hochstehenden Werken entsteht. Werkbeiträge sind ein zentrales Element einer systematischen Laufbahnförderung. Sie führen die Nachwuchsförderung fort und bieten herausragenden Kunstschaffenden die Möglichkeit, Werke für ein nationales und internationales Publikum zu realisieren.

Entwicklung Werkbegriff: Beeinflusst durch technologische Entwicklungen und transdisziplinäre Arbeitsweisen entwickelt sich der zeitgenössische Werkbegriff laufend weiter. Eine wesentliche Herausforderung für die Kulturförderung des Bundes besteht darin, diese Entwicklungen abzubilden und in allen Sparten die Förderinstrumente ständig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Förderung neuer digitaler Kreationen: Die Digitalisierung verändert die Rahmenbedingungen für das Kunst- und Kulturschaffen in allen Phasen der Wertschöpfung, von der Konzeption über die Produktion bis zur Distribution und Nutzung. Digitale Technologien können zu neuen Arten und Formen künstlerischer Werke führen, beispielsweise im Bereich der interaktiven Medien. Der Bund soll die Entstehung von genuin digitalen Kreationen unterstützen bzw. die bestehenden Fördermodelle wo nötig anpassen.

Innovative Zusammenarbeitsformen: Die Verbindungen zwischen Kunst, Wissenschaft und Technologie sind von wachsender Bedeutung für das Kulturschaffen.

Einerseits wecken technologische Entwicklungen etwa im Bereich der künstlichen Intelligenz oder der Robotik das Interesse von Kunstschaffenden. Andrerseits suchen Forschende das Wissen und die Kompetenzen von Kunstschaffenden, um an den genannten Schnittstellen neue Erkenntnis-, Kreations- und Produktionsprozesse zu initiieren. Die Schweiz bietet mit ihren Hochschulen ausgezeichnete Rahmenbedingungen für die Entwicklung und Erprobung entsprechender Produktions- und Zusammenarbeitsmodelle. Für die Kulturförderung des Bundes (Pro Helvetia) gilt es, die Potenziale zwischen den Bereichen Kunst, Technologie und Wissenschaft gezielt
zu nutzen. Hierzu wird die Einrichtung von spezifischen Förderinstrumenten angestrebt. Auch sollen gemeinsam mit Partnerinstitutionen aus Kultur, Forschung und Industrie neue Möglichkeiten der Mitwirkung von Nutzerinnen und Nutzern an Kreations- und Entscheidungsprozessen erprobt werden.

Einkommenssituation und Entschädigung von Kulturschaffenden: Die Einkommenssituation vieler Kunstschaffender ist trotz erfolgreicher Arbeit ungenügend. Zu selten erhalten hauptberuflich arbeitende Kunstschaffende für ihre insbesondere in institutionellen Kontexten (Kunstausstellungen, Lesungen in Literaturhäusern usw.)

erbrachten Arbeitsleistungen angemessene Entschädigungen. Grund dafür ist die systembedingte Praxis ungeregelter Arbeitsverhältnisse. Zwar gibt es verschiedene Honorar- oder Gagenempfehlungen von spartenspezifischen Interessensgemeinschaften, jedoch werden diese von Veranstaltern nicht oder nur teilweise umgesetzt.

Auch in Zukunft soll im Kulturbereich ein freier Markt zwischen Angebot und 3167

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Nachfrage bestehen. Jedoch wird der Bund dort, wo er Finanzhilfen spricht, künftig auf eine angemessene Entschädigung der Kulturschaffenden hinwirken. BAK und Pro Helvetia werden deshalb stufenweise ab 2021 ihre Finanzhilfen innerhalb der Schweiz mit der Bedingung verbinden, dass die Finanzhilfeempfänger die Richtlinien der relevanten Branchenverbände zur Entschädigung von Kulturschaffenden einhalten. Ausnahmen von diesem Grundsatz können sich in begründeten Fällen rechtfertigen (z. B. Kleinproduktionen von Nachwuchskünstlerinnen und künstlern). Wo es derzeit keine Empfehlungen der Branchenverbände gibt, werden BAK und Pro Helvetia in Zusammenarbeit mit der Szene sowie mit interessierten Kantonen und Städten eine Praxis zur Angemessenheit der Entschädigung entwickeln. Diese soll für die Schweiz gelten, während im Ausland den lokalen, landesüblichen Empfehlungen für die Höhe der Honorare gefolgt werden soll.

Unterstützung von Mitwirkenden in künstlerischen Prozessen: Der zeitgenössische Kulturbetrieb kennt neben den Kunstschaffenden im engeren Sinne eine Reihe von begleitenden Tätigkeiten und Funktionen, die für das Gelingen eines künstlerischen Prozesses unabdingbar sind wie etwa Kuration, Lektorat, Dramaturgie, Mentoring, Diffusionsmanagement usw. Die Herausforderung für die Kulturförderung des Bundes besteht darin, auch diesen Tätigkeiten, die sich zugunsten des künstlerischen Schaffens und seiner Verbreitung auswirken, eine angemessene Unterstützung zukommen zu lassen. Ab 2021 wird die Förderung des Bundes vermehrt Funktionen und Tätigkeiten berücksichtigen, die den kreativen Prozess und die Verbreitung der künstlerischen Werke massgeblich mitprägen, auch wenn sie über eine enge Definition von Kunstschaffenden hinausgehen.

3.1.3

Verbreitung, Promotion und Austausch im Inland

Für ein aktives Kulturleben und die vertiefte Auseinandersetzung mit der eigenen und mit anderen Kulturen ist die Verbreitung und Promotion von Kunst und Kultur im Inland zentral. Der kulturelle Austausch zwischen den verschiedenen Landesteilen ist wichtig für die Verständigung in der mehrsprachigen Schweiz und birgt ein grosses Potenzial für die künstlerische Entwicklung in allen Sparten.

Austausch und Promotion Die bestehenden Instrumente des Bundes sind traditionell auf die Förderung des kulturellen Austausches zwischen den Sprachgemeinschaften ausgerichtet. Für den Austausch zwischen kulturellen, regionalen und gesellschaftlichen Gemeinschaften innerhalb der einzelnen Sprachregionen (z. B. zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen, kulturellen oder demografischen Gruppen oder zwischen regionalen und urbanen Kulturräumen) bestehen auf nationaler Ebene hingegen kaum geeignete Fördermassnahmen. Vor diesem Hintergrund wurden in der Finanzierungsperiode 2016­2020 rund 30 Festivals und Veranstaltungen aus allen Landesteilen und Sprachregionen verstärkt darin unterstützt, das Schweizer Kulturschaffen insbesondere in peripheren Regionen zu präsentieren. Es handelte sich um Festivals und Veranstaltungen aus allen Landesteilen und Sprachregionen mit gesamtschweizerischer Bedeutung und Ausstrahlung innerhalb der jeweiligen Sparte, meist ausserhalb der grossen urbanen Zentren gelegen.

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Diese Fördermassnahme für Festivals und Veranstaltungen soll weitergeführt werden. Um den Austausch zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Gruppen künftig auch vermehrt innerhalb einer Sprachregion fördern zu können, will der Bund (Pro Helvetia) darüber hinaus prüfen, ob gemeinsam mit interessierten Städten und Kantonen spartenspezifische interregionale Netzwerke initiiert werden können, die zur verbesserten Verbreitung von künstlerischen Werken beitragen. Dies betrifft insbesondere die Bereiche Musik, Tanz und Theater, in denen die vorhandenen Potenziale noch wenig ausgeschöpft werden.

Volkskultur Im Rahmen des Inlandaustausches unterstützt der Bund (Pro Helvetia) die schweizerische Volkskultur. Im Vordergrund stehen dabei Projekte, die sich in innovativer Weise mit der Tradition auseinandersetzen und die für die Weiterentwicklung der Schweizer Volkskultur von Bedeutung sind. Grössere Vorhaben können direkt von Pro Helvetia unterstützt werden, kleinere durch den «Volkskulturfonds Pro Helvetia», der im Auftrag der Stiftung von der Interessengemeinschaft Volkskultur Schweiz und Liechtenstein (IGV) verwaltet wird. Um die spezifischen Bedürfnisse der Volkskultur besser berücksichtigen zu können, wurden in der Förderperiode 2016­2020 die Vergabekriterien des «Volkskulturfonds» überarbeitet und die zur Verfügung gestellten Mittel erhöht. Durch eine laufende Überprüfung und Anpassung der Vergabekriterien soll in Zusammenarbeit mit der IGV auf neue Entwicklungen in der Volkskultur reagiert werden.

Interkulturalität Im Rahmen der Handlungsachse «Kulturelle Teilhabe» setzte sich die Stiftung Pro Helvetia in der Förderperiode 2016­2020 mit den Herausforderungen der interkulturellen Gesellschaft und deren Auswirkungen auf den professionellen Kulturbetrieb auseinander. Zu diesem Zweck hat Pro Helvetia in Abstimmung mit Städten und Kantonen ein Konzept mit verschiedenen Massnahmen entwickelt, die Kulturakteure für die Thematik und ihre Herausforderungen sensibilisieren, Netzwerke aufbauen sowie konkrete Förderaktivitäten und Pilotprojekte umsetzen. Herausforderungen bestehen dabei auf drei Ebenen: ­

Strukturelle Defizite des Kulturbetriebs: Dem Kulturbetrieb mangelt es an Erfahrung und Kompetenzen im Umgang mit den Auswirkungen der interkulturellen Gesellschaft. Gezielte Fördermassnahmen sollen institutionelle Prozesse der interkulturellen Sensibilisierung und Öffnung fördern (Personal, Programm, Kommunikation, Zielpublika usw.) und die Entwicklung von interkulturellen Kompetenzen unterstützen.

­

Mangelnder Erfahrungsaustausch: Der Austausch über den Umgang mit dem Thema findet unter Kulturakteuren und Förderern aus verschiedenen Gründen nicht oder nicht ausreichend statt. Der Bund (Pro Helvetia) trägt zu einer praxisnahen kulturförderpolitischen Debatte im Bereich Diversität bei und fördert die Unterstützung von geeigneten Instrumenten, Austauschformaten und Netzwerken.

­

Mangelnde Durchlässigkeit des Fördersystems: Die Förderung der kulturellen Teilhabe von Menschen mit Migrationserfahrung und die Auseinander3169

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setzung mit ihrem kulturellen Potenzial ist im öffentlichen Fördersystem noch nicht ausreichend berücksichtigt. Der Bund setzt sich deshalb verstärkt für die Förderung von Pilotprojekten und Instrumenten zum Umgang mit dem Thema Interkultur ein.

Chancengleichheit von Frauen und Männern im Kulturbereich Ziel der Kulturpolitik des Bundes sind eine angemessene Vertretung der Geschlechter in allen relevanten Bereichen (Ausbildung, Subventionierung, Programmierung, Vertretung in Kulturinstitutionen usw.) sowie die Entwicklung entsprechender Förderinstrumente. Unter anderem gestützt auf erste statistische Erhebungen aus dem Filmbereich zeigt sich, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Kulturförderung und im Kulturbetrieb noch nicht erreicht ist. Um den konkreten Handlungsbedarf festlegen zu können, sind in der nächsten Förderperiode ­ gemeinsam mit interessierten Städten, Kantonen sowie kulturellen Interessenvertretungen ­ vertiefte statistische Erhebungen durchzuführen. Gestützt auf die Ergebnisse der Datenerhebung sollen noch in der Förderperiode 2021­2024 konkrete Massnahmen entwickelt werden, die es den Förderinstanzen ermöglichen, ihre Aktivitäten im Sinne der Chancengleichheit zu überprüfen und entsprechend zu entwickeln.

Kunstvermittlung Für die Vermittlung und die Rezeption des zeitgenössischen Kunstschaffens aller Sparten ist eine öffentlich geführte Diskussion und individuelle Reflexion über Kunst und Kultur wesentlich. Die Entwicklungen in der Schweizer Medienlandschaft führen zu einem Rückgang der Kulturkritik in den traditionellen (Print)Medien. Gleichzeitig müssen entsprechende Diskussionsräume im digitalen Bereich noch weitgehend aufgebaut werden. Der Bund wird das Thema der Kulturberichterstattung für das nächste Arbeitsprogramm des Nationalen Kulturdialogs vorschlagen. Im Weiteren wird Pro Helvetia ab 2021 die bisherige Praxis der Unterstützung von kulturellen Vermittlungsprojekten in Richtung der kritischen Kunst- und Kulturreflexion weiterentwickeln. In Zusammenarbeit mit Partnern wie Kulturinstitutionen und -verbänden, Medien und Universitäten/Hochschulen sollen Massnahmen entwickelt werden, die mediale Vermittlungskompetenzen und entsprechende Angebote aufbauen, um die öffentliche kritische Reflexion über das zeitgenössische Kunstschaffen zu fördern und unterschiedliche
Publikumssegmente (z. B. ein traditionelles, junges oder interkulturelles Publikum) gezielt anzusprechen. Dabei gilt es, insbesondere die Bedeutung neuer Medien und Technologien (digitales Schreiben und Publizieren) zu berücksichtigen.

3.1.4

Schweizer Preise

Die Schweizer Preise entstanden 1899 mit der Schaffung der eidgenössischen Kunststipendien durch den Bund. 1919 folgten die eidgenössischen Stipendien für Design. Die Innovationen wurden durch die Integration des Wettbewerbs «Die schönsten Schweizer Bücher» und die Einrichtung des Jan-Tschichold-Preises im Jahr 1997 weitergeführt. Der Prix Meret Oppenheim und der Schweizer Grand Prix Design folgten 2001 respektive 2007. 2012 beauftragte das Parlament den Bundesrat 3170

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mit der Einrichtung von Schweizer Preisen in den Bereichen Theater, Tanz, Literatur und Musik, zusätzlich zu den bestehenden Preisen für Kunst, Design, Buchgestaltung und Film (für den Schweizer Filmpreis vgl. Ziff. 3.3.6).

Mit der Vergabe von Preisen würdigt der Bund Schweizer Kulturschaffende und macht auf nationaler und internationaler Ebene auf sie aufmerksam. Zusätzlich zur finanziellen Unterstützung für die Preisträgerinnen und Preisträger stellen die Schweizer Preise eine offizielle Anerkennung dar. Die Schweizer Preise sind somit Unterstützungs- und Promotionsinstrument zugleich. Es existieren zwei verschiedene Formate: Die Schweizer Preise zeichnen besonders innovative und originelle Werke aus, und die Grand Prix würdigen Karrieren von Kulturschaffenden. Sie sind im In- und Ausland ein Qualitätslabel für die ausgezeichneten Kulturschaffenden und ihre Werke. Die Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger erfolgt auf Empfehlung ausserparlamentarischer Kommissionen, die durch den Bundesrat ernannt werden (Kunst und Design) respektive durch das EDI ernannte eidgenössische Jurys (Theater, Literatur, Tanz, Musik). Die Jury für Die schönsten Schweizer Bücher wird durch das BAK bestimmt.

Die Schweizer Preise werden an öffentlichen Preisverleihungen in Anwesenheit der Preisträgerinnen und Preisträger vergeben, oft im Rahmen von wichtigen Veranstaltungen des betreffenden Bereichs. Die Schweizer Kunst- und Designpreise werden während der Art Basel verliehen, und die Schweizer Musikpreise werden alle zwei Jahre im Rahmen von LabelSuisse im Wechsel mit anderen Veranstaltungen vergeben. Durch diese Partnerschaften werden die Verleihungen der Schweizer Preise zu Plattformen für Treffen und Austausch.

Die Schweizer Preise und die dazugehörigen Promotionsmassnahmen werden laufend evaluiert und angepasst. 2014 wurden die Schweizer Literaturpreise von 9 auf 7 Preise reduziert, und ein Spezialpreis wurde gestrichen. Ebenfalls 2014 wurden die Schweizer Kunstpreise von 20 Preisen auf rund 10 reduziert und ein Schweizer Grand Prix Kunst / Prix Meret Oppenheim wurde aufgegeben. Während der Förderperiode 2016­2020 wurde die Benennung der Preise vereinheitlicht und ihre Dotierungen sowie die Kommunikation systematisiert. Für die Schweizer Kunstpreise wurde neben dem etablierten Schwerpunkt Kunst neu ein Akzent
auf die Kategorien Architektur und Kritik/Edition/Ausstellung gelegt.

Während der nächsten Förderperiode wird ein Spezialpreis Kinder- und Jugendliteratur zur Würdigung eines Gesamtwerks eingerichtet (vgl. auch Ziff. 3.6.1 zur «Leseförderung»). Die Analyse der Schweizer Theaterpreise und der Schweizer Tanzpreise hat die Notwendigkeit umfassender Anpassungen in diesen beiden Sparten aufgezeigt. Zum einen wird für den Tanz im Gegensatz zu den anderen Sparten aktuell lediglich alle zwei Jahre ein Preis vergeben. Zum andern wird die Grenze zwischen den Sparten immer durchlässiger, wie auch die Vereinigung des Schweizer Tanzarchivs und der Schweizerischen Theatersammlung zum Swiss Archive of the Performing Arts (SAPA) zeigt. Ab 2021 werden die Schweizer Tanzpreise und die Schweizer Theaterpreise deshalb neu jährlich gemeinsam unter dem voraussichtlichen Titel Schweizer Bühnenpreise vergeben. Die Bezeichnungen Schweizer Tanzpreise und Schweizer Theaterpreise werden weiterhin bestehen. Sie werden jedoch neu an einer einzigen Veranstaltung vergeben, die den darstellenden Künsten gewidmet ist und unter anderem auch Zirkus, Strassentheater, Performance oder Figu3171

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rentheater umfasst. Der Bund nimmt damit die Tradition des Hans-Reinhart-Rings wieder auf, mit dem Theater- und Tanzschaffende ausgezeichnet wurden. Das Schweizer Theatertreffen war während der Förderperiode 2016­2020 Partner der Schweizer Theaterpreise und wurde seit seiner ersten Ausgabe unterstützt. Die Preisverleihung der Schweizer Bühnenpreise wird ab 2021 im Herbst stattfinden und somit vom Schweizer Theatertreffen losgelöst. Eine Zusammenarbeit mit dem Schweizer Theatertreffen wird jedoch geprüft.41 Die aktuellen Massnahmen ­ Wettbewerbe, öffentliche Preisverleihungen und Ausstellungen in Verbindung mit wichtigen Veranstaltungen, gezielte Kommunikation, spartenspezifische Promotionsinstrumente ­ werden somit in der Förderperiode 2021­2024 in angepasster Form beibehalten.

3.1.5

Organisationen professioneller Kulturschaffender

In allen Kultursparten existieren Organisationen, die professionelle Kulturschaffende vertreten und sich für deren Interessen einsetzen. Solche Organisationen können durch den Bund auf der Grundlage einer Ausschreibung mit Strukturbeiträgen unterstützt werden.

Die Bedingungen für die Unterstützung wurden in der Förderperiode 2016­2020 überarbeitet und neu ausgerichtet. Die Unterstützung konzentriert sich seither auf Organisationen von nationaler Bedeutung, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ihrer Mitglieder einsetzen. Organisationen aus der gleichen Sparte wurden ermutigt, sich durch Fusionen anzunähern, um ihre Repräsentativität auf nationaler Ebene zu erhöhen. Neben den vom Bund finanzierten Dienstleistungen sind die Organisationen frei, beliebige weitere Aktivitäten zu entwickeln, sofern sie diese durch eigene Mittel oder durch Drittmittel zu finanzieren vermögen.

Insbesondere durch die umgesetzten Fusionen reduzierte sich die Anzahl der unterstützten Organisationen von bisher 18 in der Förderperiode 2012­2015 auf neu 11 in den Jahren 2016­2020. Aus den 2018 umgesetzten Fusionen entstanden SONART, ein Zusammenschluss von drei Organisationen aus dem Bereich Musik, sowie t. Theaterschaffende, ein Zusammenschluss von zwei Theaterorganisationen. Die nationale Bedeutung der beiden Organisationen konnte so gestärkt werden.

Das Prinzip der Unterstützung von Organisationen professioneller Kulturschaffender wird beibehalten. Für die Strukturbeiträge in der Förderperiode 2021­2024 wird erneut eine Ausschreibung durchgeführt. Der Schwerpunkt wird weiterhin auf der nationalen Ausrichtung der Organisationen und der Vertretung der Sprachgemeinschaften liegen. Neu wird auch die Disziplin «Interaktive Medien» berücksichtigt.

41

Vgl. die Antwort des Bundesrates auf die Interpellation 19.3873 Reynard «Schweizer Theatertreffen. Trauriges Ende nach grossem Erfolg?»

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3.2

Verbreitung von Schweizer Kultur im Ausland und internationaler Kulturaustausch

Kulturverbreitung und Kulturaustausch sind die beiden Kernaufgaben von Pro Helvetia im Ausland. Dahinter stehen unterschiedliche Ziele und Ansätze, die einander ergänzende Fördermassnahmen bedingen.

­

Verbreitung von Schweizer Kultur: Damit Schweizer Kulturschaffende im internationalen Kulturbetrieb bestehen können, fördert der Bund die Verbreitung ihrer Arbeiten im Ausland mit verschiedenen Massnahmen. Ziel ist die künstlerische Laufbahnförderung und die Etablierung im internationalen Kontext.

­

Internationaler Kulturaustausch: Kulturelle Austauschprojekte zwischen Kulturschaffenden verschiedener Kulturen berücksichtigen den jeweiligen kultur- oder gesellschaftspolitischen Kontext. Sie bedingen aufgrund struktureller Ungleichheiten mittel- und langfristige Aufbauarbeit zwischen den kulturellen Akteuren und müssen gezielt initiiert werden.

Für die Kulturverbreitung und den internationalen Kulturaustausch setzt Pro Helvetia verschiedene Instrumente ein: ­

Projektbeiträge: Dazu gehören u. a. Beiträge für öffentliche Präsentationen (Ausstellungen, Gastspiele, Tourneen, Festivals, Konzertreihen, Lesereisen), Auftritte an Plattformen, literarische Übersetzungen und die Förderung des internationalen Wissensaustausches.

­

Promotionsmassnahmen: Dazu gehören Präsentationen des Schweizer Kulturschaffens, die sich an internationale Veranstalter richten, Präsenzen an fachspezifischen Messen und Vernetzungsanlässen sowie die Bereitstellung von digitalen oder analogen Informations- und Promotionsmaterialien.

­

Aussenstellen im Ausland: Pro Helvetia unterhält ein Netz von Aussenstellen (vgl. Ziff. 1.2.2), um die Präsenz von Schweizer Kunstschaffenden bei wichtigen Anlässen und den Austausch mit lokalen Kulturinstitutionen (Festivals, Kunsträume, Konzerthallen, Museen, Theater usw.) zu fördern. Die Aussenstellen bieten auch Residenzprogramme an.

­

Internationale Austauschprogramme: Mit Austauschprogrammen erschliesst Pro Helvetia neue Netzwerke für Schweizer Kulturschaffende in Weltregionen, die von besonderem Interesse für die Schweizer Kulturszene sind.

Gleichzeitig ermöglicht sie dadurch internationalen Kulturakteuren Begegnungen mit dem Schweizer Kunst- und Kulturschaffen.

Das BAK und Swissfilm unterstützen die internationale Verbreitung von Werken aus dem Bereich Film, Pro Helvetia jene von Werken aus allen anderen Kunstsparten.

Zudem organisiert Pro Helvetia die Schweizer Auftritte an bedeutenden internationalen Veranstaltungen wie der Kunst- und Architekturbiennale von Venedig oder an Buchmessen. Das EDA mit der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit (DEZA), Präsenz Schweiz und seinen Vertretungen im Ausland sowie das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) mit swissnex ergänzen die

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erwähnten Tätigkeiten. Diese Zusammenarbeit trägt zu einer koordinierten Umsetzung der Massnahmen bei und gewährleistet eine optimale Nutzung der Ressourcen.

Ausgangslage und Herausforderungen In der Förderperiode 2016­2020 wurden zahlreiche Massnahmen umgesetzt, um die Verbreitung und den Kulturaustausch effektiver zu gestalten.

42

­

Verbreitung und Promotion: Um die Aufmerksamkeit von internationalen Entscheidungsträgern auf die Schweizer Kunst- und Kulturproduktion zu lenken, werden Kuratorinnen und Kuratoren aus dem Ausland gezielt zu wichtigen Anlässen in die Schweiz eingeladen, damit sie Vorstellungen, Konzerte, Lesungen oder Ausstellungen live erleben und sich mit den Künstlerinnen und Künstlern austauschen können. Diese persönlichen Begegnungen führen regelmässig zu Einladungen von Schweizer Kunst- und Kulturschaffenden und deren Werken ins Ausland und bestenfalls zu längerfristigen Zusammenarbeiten. Auch Online-Plattformen gewinnen für die internationale Verbreitung zunehmend an Bedeutung. Das Interesse an Schweizer Kunst und Kultur hat aufgrund ihrer hohen künstlerischen Qualität wie auch als Folge der intensivierten Promotionsmassnahmen des Bundes sichtbar zugenommen.

­

Internationale Wettbewerbsfähigkeit: Trotz ausgezeichneter Qualität sind Projekte aus der Schweiz oft finanziell nicht konkurrenzfähig, da die Kosten für die Produktion (Löhne und Gagen) und die Verbreitung von Werken im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sehr hoch sind. Viele ausländische Veranstalter sind aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, Schweizer Kunst- und Kulturschaffende und deren Werke einzuladen und zu zeigen. In der Förderperiode 2016­2020 führte der Bund daher zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der darstellenden Künste Massnahmen ein, von der Unterstützung von Tourneen in Europa über Angebote zur Professionalisierung und Vernetzung des Tourmanagements bis zu intensivierter Promotion bei internationalen Veranstaltern.

Dadurch konnte den international aktiven Gruppen eine verbesserte Ausgangslage in einem zunehmend kompetitiven Umfeld ermöglicht werden. 42 Die für diese Massnahmen in den Jahren 2016­2020 vorgesehenen Mittel standen aufgrund von Teuerungskorrekturen nicht in der ursprünglich vorgesehenen Höhe zur Verfügung.

­

Präsenz an internationalen Plattformen und Veranstaltungen im Ausland: Internationale Messen, Festivals und Konferenzen haben in der globalen Kunstwelt eine grosse Bedeutung als Treffpunkte und Verhandlungsorte.

Die regelmässige Präsenz an solchen Anlässen ist unverzichtbar für die Laufbahnentwicklung von Kunst- und Kulturschaffenden und dient dazu, neue Engagements zu akquirieren, persönliche Kontakte zu knüpfen, gemeinsam mit internationalen Partnern Projekte zu lancieren und den AusAuf die erwähnten Fördermassnahmen verweist der Bundesrat in Beantwortung der Anfrage 15.1006 Ruiz «Hilfe für von der Frankenstärke tangierte freie Tanzund Theatergruppen».

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tausch mit Programmverantwortlichen zu pflegen. Die in einem solchen Rahmen präsentierten Werke und Projekte erhalten in aller Regel besondere Aufmerksamkeit. Mit den vom Parlament für die Förderperiode 2016­2020 gesprochenen Zusatzmitteln unterstützte Pro Helvetia die Präsenz von Schweizer Kunst- und Kulturschaffenden an wichtigen internationalen Festivals und Veranstaltungen aller Sparten. Neu ermöglicht oder intensiviert wurden beispielsweise Gastlandauftritte und Schweiz-Schwerpunkte (wie am Theaterfestival Avignon oder bei jazzahead! Bremen), mehrjährige Präsenzvereinbarungen (mit verschiedenen Musikfestivals und Buchmessen) oder verbesserte Präsentationen an Fachmessen (z. B. Tanzmesse Düsseldorf). Jährlich konnten auf diesem Weg rund 30 Präsenzen mitfinanziert werden, die in der Folge zu zahlreichen Engagements für die vorgestellten Schweizer Kunstschaffenden führten.

­

Erschliessung neuer Regionen und Märkte für Kulturschaffende: Wirtschaftliche und geopolitische Entwicklungen führen zu laufend veränderten Wachstumsmärkten. Vor diesem Hintergrund hat Pro Helvetia im Jahr 2017 das Austauschprogramm «Coincidencia» zwischen der Schweiz und Südamerika lanciert. Sie hat für die Umsetzung ein Team in Zürich sowie Koordinatoren in São Paulo, Buenos Aires, Bogotá und Santiago de Chile eingesetzt und Netzwerke mit lokalen Institutionen und Kunstschaffenden etabliert. Die bereits bestehenden Verbindungsbüros von Pro Helvetia decken jeweils weite geografische Gebiete ab (z. B. südliches Afrika, arabische Länder), in denen das kulturelle und politische Umfeld teilweise starken Veränderungen ausgesetzt ist. Die Aufgaben und Zielsetzungen der Aussenstellen müssen daher regelmässig überprüft, dem regionalen Kontext angepasst und möglichst flexibel ausgestaltet werden. In der laufenden Periode haben die Verbindungsbüros mit einer bewussten Ausweitung ihres Aktionsradius auf weitere Länder die Erschliessung neuer Regionen und Märkte für den kulturellen Austausch und die Verbreitung von Schweizer Kultur weiter verstärkt.

­

Residenzen: Pro Helvetia bietet Schweizer Kulturschaffenden in Ländern mit Verbindungsbüros Recherche- und Atelieraufenthalte an. Die enge geografische Begrenzung entspricht nicht mehr den Bedürfnissen der Schweizer Kunst- und Kulturschaffenden.

­

Unterstützung internationaler Kooperationsprojekte: Zur Intensivierung und zum Neuaufbau von Kooperationen mit kulturellen Institutionen in Europa hat Pro Helvetia 2016­2020 neue Partnerschaften mit Partnerländern initiiert, welche die Möglichkeiten der Zusammenarbeit für Schweizer Kunstund Kulturschaffende und die Verbreitung ihrer Werke erhöhten. So beteiligte sich Pro Helvetia beispielsweise im Bereich der neuen Musik an einem gemeinsamen Förderprojekt mit französischen und deutschen Partnerinstitutionen, das den Austausch und die Verbreitung von neuen Werken zwischen den beiden Sprachräumen fördert. Darüber hinaus wurde 2018 eine einmalige Ausschreibung durchgeführt, mit der zwölf grössere Kooperationsvorhaben von Schweizer Kulturakteuren mit europäischen Partnern unterstützt wurden.

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­

Promotionsmodelle für europäische Metropolen: 2016­2020 wurden in den Kulturmetropolen Berlin und London neue Promotionsmodelle geschaffen, die Schweizer Kunst- und Kulturschaffenden zusätzliche Unterstützung bei der Entwicklung ihrer internationalen Verbreitung boten: Vor Ort wurden je eine Koordinatorin sowie verschiedene spartenspezifisch arbeitende Fachspezialisten mandatiert, um mit gezielten Promotions- und Vernetzungsaktivitäten den Schweizer Kunst- und Kulturschaffenden erhöhte Sichtbarkeit und die Möglichkeit von Auftritten und Folgeengagements zu verschaffen (Bereich Literatur, Tanz, Theater und Musik).

Ziele und Massnahmen Die bisherigen Fördermassnahmen werden weitergeführt. Den dargestellten Herausforderungen soll in der Finanzierungsperiode 2021­2024 wie folgt begegnet werden: ­

Verbreitung und Promotion: Dem laufend zunehmenden Interesse an Schweizer Kultur im Ausland soll mit zusätzlichen Mitteln für die Förderung von Tourneen, Gastspielen und Schwerpunkten begegnet werden. Einladungen von internationalen Programmverantwortlichen, Kuratoren, Verlegern usw. sollen ausgebaut und auf weitere Multiplikatoren ausgedehnt werden. Die in den letzten Jahren in den Bereichen Musik und performing arts lancierten Webseiten sollen als Promotionsinstrumente bzw. Informationsquelle für internationale Kontakte weiterentwickelt werden. Die Entwicklung von weiteren Online-Plattformen für Kunstbereiche, die bislang noch nicht über digitale Informations- und Promotionsplattformen verfügen, soll geprüft werden.

­

Internationale Wettbewerbsfähigkeit: Damit Schweizer Kunst- und Kulturschaffende im internationalen Vergleich konkurrenzfähig bleiben, bedarf es in allen Sparten einer stärkeren finanziellen und breiteren geografischen Unterstützung ihrer Projekte (Tourneen, Konzerte, Lesungen, Aufführungen usw.) im Ausland. Die 2016 eingeführten Massnahmen zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit werden daher in der nächsten Förderperiode auch auf andere Bereiche und Regionen ausserhalb Europas ausgedehnt.

­

Präsenz an internationalen Plattformen und Veranstaltungen im Ausland: Die in den letzten Jahren erfolgreich aufgebauten Präsenzen sollen auf weitere Zielregionen und Inhalte ausgeweitet werden. Um besser auf den internationalen Kunstbetrieb und die Promotionsbedurfnisse der Kunst- und Kulturschaffenden einzugehen, will Pro Helvetia die systematische Vertretung von Schweizer Werken an zentralen internationalen Plattformen sicherstellen.

­

Erschliessung neuer Regionen und Märkte für Kunst- und Kulturschaffende: Pro Helvetia prüft aufgrund der positiven Ergebnisse des Programms «Coincidencia» die Einrichtung eines Verbindungsbüros in Südamerika. Zudem werden die bisherigen Verbindungsbüros ihren Aktionsradius in den jeweiligen Regionen weiter schärfen und möglicherweise ausbauen. Die Vernetzung mit einer grösseren Anzahl relevanter Partner ermöglicht eine Verstär-

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kung des Austauschs und der Präsenz von schweizerischen Kunstprojekten in den jeweiligen Regionen.

­

Intensivierung und Flexibilisierung der Residenzen: Die Möglichkeiten für Atelieraufenthalte sollen geografisch erweitert und den Bedürfnissen der Kunst- und Kulturschaffenden angepasst werden. Einerseits sollen hierzu die Residenzangebote der Aussenstellen flexibilisiert werden, andererseits soll die Möglichkeit zur Unterstützung von selbstorganisierten Residenzaufenthalten auch ausserhalb von Ländern mit Verbindungsbüros von Pro Helvetia geschaffen werden.

­

Unterstützung internationaler Kooperationsprojekte: Aufbauend auf den Erfahrungen der einmaligen Unterstützung in der Periode 2016­2020 sollen internationale Kooperationsprojekte insbesondere mit Partnern in Europa verstärkt gefördert werden.

­

Weiterentwicklung von Promotionsmodellen für europäische Metropolen: Die für europäische Metropolen entwickelten Promotionsmodelle werden auf andere Zielregionen ausgeweitet und flexibilisiert. Damit soll in kulturell besonders dynamischen Regionen die Sichtbarkeit für Schweizer Kunst- und Kulturprojekte erhöht werden, um so die betreffenden Werke oder Kunstund Kulturschaffenden bei Programmverantwortlichen bekannt zu machen.

3.3

Die einzelnen Sparten und Förderbereiche

3.3.1

Visuelle Künste

Die Schweiz verfügt über eine vielfältige Kunstlandschaft mit herausragenden, international erfolgreichen Künstlerinnen und Künstlern sowie bedeutenden Kunstinstitutionen, die zeitgenössische Kunst zeigen. Der Bund unterstützt in den visuellen Künsten Projekte in den Disziplinen bildende Kunst, Fotografie, Medienkunst, Performance, Video, Architektur und Comics.

Ausgangslage und Herausforderungen Nachwuchs Siehe Ziffer 3.1.1.

Förderung des künstlerischen Schaffens Aufgrund der seit 2016 verfügbaren Zusatzmittel ist es Pro Helvetia möglich, auch Werkbeiträge im Bereich der visuellen Künste zu vergeben, womit eine wesentliche Lücke im Fördersystem geschlossen wurde. Die Stiftung hat ­ abgestimmt auf die Förderpraxis von Städten und Kantonen ­ drei Unterstützungskategorien entwickelt (Beiträge an Recherchen zu einer neuen künstlerischen Arbeit; Produktionsbeiträge; Beiträge zur Produktion eines Werks mit öffentlicher Präsentation). Diese Unterstützungsarten zielen auf unterschiedliche Momente in der Werkentstehung ab und gewährleisten eine konsistente Laufbahn- und Werkförderung. In den bisher erfolgten Ausschreibungsrunden konnten Vorhaben aus allen Landesteilen sowie aus allen 3177

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Bereichen der visuellen Kunst, einschliesslich Fotografie und Medienkunst, unterstützt werden.

Etabliert hat sich die Unterstützung von Kunsträumen mit Beiträgen an die Jahresprogramme sowie an Projekte, die dazu beitragen, dass junge Künstlerinnen und Künstler erste professionelle Ausstellungserfahrungen sammeln können. Bei der Unterstützung von internationalen Messepräsenzen hat sich die Öffnung auch für internationale Galerien als Gesuchsteller bewährt. Die an Messen präsentierten jungen Künstlerinnen und Künstler konnten unter anderem von Ankäufen ihrer Werke in wichtige Sammlungen sowie von Einladungen für Ausstellungen profitieren.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Förderung von künstlerischen Recherchen: Bis anhin wurden künstlerische Rechercheprozesse, die nicht zu einem Kunstwerk führen, sich jedoch qualitätssteigernd auf das künstlerische Schaffen auswirken, in der Förderung kaum berücksichtigt. Dazu gehören insbesondere künstlerische Arbeitsmethoden, denen eine vertiefte, oft wissenschaftliche Forschung zugrunde liegt.

­

Angemessene Honorare für Künstlerinnen und Künstler: In den visuellen Künsten fehlt weitgehend eine angemessene Entschädigung von Künstlerinnen und Künstlern bei Ausstellungsteilnahmen oder Publikationen.

­

Förderung von kuratorischer Arbeit: Die Tätigkeit von Kuratorinnen und Kuratoren, die sich vermittelnd zwischen Kunstschaffenden, Institutionen und Publikum bewegen, trägt massgeblich zur nationalen und internationalen Wahrnehmung und Vernetzung der Kunstszene bei. Es fehlt ihnen jedoch oft an finanziellen Mitteln sowie an der notwendigen Zeit, um sich gründlichen Recherchen zu widmen.

Ankäufe von Werken für die Bundeskunstsammlung Ankäufe von Werken werden seit 1887 getätigt. Die Werke werden auf Empfehlung der Eidgenössischen Kunstkommission erworben und in der Bundeskunstsammlung aufbewahrt.

Kunst am Bau Die Projekte von «Kunst am Bau» wollen die Kunst der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, indem sie in repräsentative, politisch wichtige und raumplanerisch geeignete Gebäude integriert wird. Wettbewerbe für «Kunst am Bau» werden unter der Leitung der Eidgenössischen Kunstkommission durch das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) in Zusammenarbeit mit dem BAK durchgeführt.

Austausch im Inland Die Schweizer Ausstellungslandschaft zeichnet sich durch eine grosse Vielfalt aus: Renommierte Kunstinstitutionen zeigen national und international bedeutende Ausstellungen, gleichzeitig werden in der Off-Szene neue Kunsträume eröffnet, die junge Künstlerinnen und Künstler entdecken, ihnen erste Ausstellungserfahrungen ermöglichen und einen Raum zum künstlerischen Experiment bieten.

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Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Interkantonale Netzwerke fördern: Das gegenseitige Wissen über das Schweizer Kunstschaffen in den verschiedenen Landesregionen ist von grosser Bedeutung. In Disziplinen wie Architektur, Comics und Performance ist die Präsenz über die eigene Sprachgrenze hinweg verglichen mit dem Potenzial mangelhaft und in der Regel schwierig zu erreichen.

­

Architektur: Architektur als künstlerische Disziplin beeinflusst unser Leben und das Funktionieren der Gesellschaft. Sie wirkt unmittelbar in die Gestaltung des öffentlichen Raums oder in soziokulturelle Bereiche hinein. Für die Kulturförderung des Bundes gilt es, ihre Bedeutung künftig noch fokussierter und durch gezielte Förderung von architektonisch relevanten Fragestellungen zu unterstützen.

­

Fotografie in ihrer gesamten Breite fördern: Die Vielfalt der Sparten der Fotografie ­ neben Kunstfotografie auch Dokumentarfotografie sowie angewandte Fotografie ­ wird von der Kulturförderung zu wenig berücksichtigt.

­

Kritische Reflexion: Siehe Ziffer 3.1.3.

Internationale Verbreitung und Promotion Die Präsenz von Schweizer Künstlerinnen und Künstlern an internationalen Plattformen konnte weiter ausgebaut werden, unter anderem durch regelmässige Partnerschaften mit wichtigen Biennalen. Dank zusätzlichen Promotionsmassnahmen konnten Schweizer Künstlerinnen und Künstler in Ausland ihre Werke präsentieren.

Im Einzelnen stellt sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderung: Für eine erfolgreiche Laufbahn ist es für Künstlerinnen und Künstler wesentlich, sich in institutionellen und internationalen Kontexten zu präsentieren und sich in einem beruflichen Netzwerk erfolgreich zu behaupten. Aufgrund der grossen internationalen Konkurrenz ist es anspruchsvoll und aufwendig, Schweizer Künstlerinnen und Künstler oder Architektinnen und Architekten im Ausland an Biennalen, Ausstellungen und Plattformen mit einer breiteren Wahrnehmung zu positionieren. Ebenso bedarf es besonderer Anstrengungen, um einen kritischen Wissensaustausch über Schweizer Kunst, Fotografie und Architektur an öffentlichen Veranstaltungen zu prägen.

Ziele und Massnahmen Zusätzlich zu den bisherigen Fördermassnahmen wird in der Finanzierungsperiode 2021­2024 den dargestellten Herausforderungen wie folgt begegnet.

Nachwuchs Siehe Ziffer 3.1.1.

Förderung des künstlerischen Schaffens ­

Förderung von künstlerischen Recherchen: Künstlerische Recherchen, die der Vertiefung eines künstlerischen Prozesses oder der Erweiterung einer künstlerischen Praxis dienen, werden verstärkt in die Förderung des Bundes aufgenommen.

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­

Angemessene Honorare für Künstlerinnen und Künstler: Der Bedeutung von angemessenen Entschädigungen für künstlerische Arbeit kommt der Bund durch entsprechende Massnahmen entgegen: Die Unterstützung von Ausstellungen und Publikationen wird künftig von der angemessenen Entschädigung der daran beteiligten Künstlerinnen und Künstler abhängig gemacht. In der Schweiz sollen die Richtlinien der relevanten Branchenverbände zur Entschädigung von Kunstschaffenden gelten. Zudem werden Anreizsysteme und Empfehlungen für Veranstalter oder Institutionen, den Künstlerinnen und Künstlern angemessene Honorare und Entschädigungen auszurichten, geprüft. Währenddessen soll im Ausland den lokalen, landesüblichen Empfehlungen für die Höhe der Honorare gefolgt werden.

­

Förderung von kuratorischer Arbeit: Der Relevanz von kuratorischer Arbeit soll Rechnung getragen werden, indem der Bund spezifische kuratorische Vernetzungs- und Arbeitsprozesse auf nationaler und internationaler Ebene unterstützt. Vertiefte inhaltliche Recherchearbeit von Kuratorinnen und Kuratoren, die massgeblich für monografische und thematische Ausstellungen notwendig ist, soll künftig gefördert werden.

Austausch im Inland ­

Interkantonale Netzwerke fördern: In ausgewählten Disziplinen, namentlich Comics, Performance und Architektur, sollen in Zusammenschluss mit interessierten Partnern interkantonale Netzwerke initiiert und unterstützt werden, die zu gesteigerter Verbreitung der Disziplinen und zu entsprechender Wissensbildung beitragen.

­

Architektur: Im Bereich der Architektur sollen verstärkt Projekte zur Architektur gefördert werden, die den Diskurs zwischen Architektur und Kunst und den internationalen Austausch zum Gegenstand haben. Wichtig ist dabei die thematisch gezielte Unterstützung von sorgfältig recherchierten Publikationen zur Schweizer Architektur und ihrer Bedeutung als künstlerische Disziplin.

­

Fotografie in ihrer gesamten Breite fördern: Die Fördermassnahmen in der Fotografie werden entsprechend der heutigen Entwicklung des Mediums angepasst, sodass Projekte aus allen Bereichen der Fotografie (insbesondere Dokumentar- und angewandte Fotografie) gefördert werden können.

­

Kritische Reflexion: Siehe Ziffer 3.1.3.

Internationale Verbreitung und Promotion Die Teilnahme und Präsenz an internationalen Plattformen ist für eine künstlerische Karriere unabdingbar. Die in den letzten Jahren erfolgreich lancierten Massnahmen sollen ausgebaut und weiterentwickelt werden.

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3.3.2

Design und interaktive Medien

In der Periode 2016­2020 hat der Bund unter dem Titel «Neue Zusammenarbeitsmodelle ­ Kultur und Wirtschaft» ein Fördermodell entwickelt, mit dem einer meist jungen Generation von Kreativen aus den Bereichen Design und interaktive Medien ermöglicht wurde, ihre hochwertigen und innovativen Projekte erfolgreich auf dem Markt zu positionieren. Entstanden ist ein mehrstufiges Fördermodell, das die Konzeptentwicklung, die Herstellung von Prototypen, die Produktion sowie die Verbreitung unterstützt. Pro Helvetia hat mehrere Ausschreibungen für Projektunterstützung durchgeführt. Dank Partnerschaften mit der Innovations- und Wirtschaftsförderung erhalten die Entwicklerinnen und Entwickler sowie die Designerinnen und Designer Zugang zu unternehmerischem Fachwissen. Gezielte Massnahmen zur Vernetzung mit internationalen Partnern der Industrie, mit Verlagen und Investorinnen und Investoren werden ergänzt durch Mentoring- und Coaching-Angebote mit internationalen Expertinnen und Experten.

Im Bereich Design hat der Bund, zusätzlich zur bisherigen Förderung von Ausstellungen und Publikationen, seine Aktivitäten auch auf Produktförderung ausgedehnt.

Im Bereich interaktive Medien unterstützt der Bund Inhalte, die ein nationales und internationales Marktpotenzial haben. Pro Helvetia subsummiert neben Computerspielen auch interaktive Comics sowie Inhalte in «Augmented und Virtual Reality» mit einem hohen Grad an Interaktivität für die Benutzerinnen und Benutzer unter dem Begriff «interaktive Medien». Durch die verstärkte Präsenz an nationalen und internationalen Messen und Festivals sowie durch die Einführung von digitalen Plattformen («SwissGames» und «DesignSwitzerland») ist es in beiden Bereichen gelungen, die Wahrnehmung der jungen Schweizer Kreativen im In- und Ausland zu verstärken. Zahlreiche von Pro Helvetia unterstützte Projekte wurden international ausgezeichnet und von der internationalen Presse gewürdigt.

In der Games-Industrie nimmt die Schweiz in kreativer und technologischer Hinsicht eine Vorreiterrolle ein. Der Bundesrat hat in seinem Bericht «Games. Ein aufstrebender Bereich des Kulturschaffens» den hochstehenden, in der Kulturförderung noch sehr jungen Bereich als nachhaltig unterstützungswürdig anerkannt.43 Ausgangslage und Herausforderungen Nachwuchs

43

­

Design: Siehe Ziffer 3.1.1.

­

Interaktive Medien: In der Schweiz sind Kreative aus dem Bereich interaktive Medien häufig ausgezeichnet ausgebildete Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen für Kunst und Design oder der technischen Hochschulen ETH Zürich und EPFL. Die im internationalen Vergleich noch relativ junge Schweizer Branche leidet jedoch unter einem Mangel an produktionsbezogenem und unternehmerischem Fachwissen sowie unter begrenzten, auf wenige Institutionen beschränkten FinanzierungsmöglichkeiBericht des Bundesrates in Erfullung des Postulats 15.3114 Fehr «Bericht uber das Potenzial der Schweizer Game-Industrie für Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft», www.parlament.ch > 15.3114 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

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ten. Die Schweiz verfügt weder über grössere Verlage noch andere Investorinnen und Investoren, welche die jungen Kreativen bei der Vorfinanzierung und der Markteinführung ihrer Produkte unterstützen.

Förderung des kreativen und künstlerischen Schaffens ­

Design: Das neue Fördermodell, das die verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette berücksichtigt, muss weiterentwickelt und den Bedürfnissen der Designschaffenden sowie den Bedingungen des Marktes angepasst werden.

­

Interaktive Medien: Die Werke von Schweizer Entwicklerinnen und Entwicklern zeichnen sich durch einen hohen inhaltlichen und gestalterischen Innovationsgrad aus. Die Entwicklung interaktiver Inhalte ist jedoch kostenintensiv, da sie sich arbeitsteilig zwischen verschiedenen Fachberufen über einen längeren Zeitraum erstreckt.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Recherche und Produktion im Bereich Design: Die hohen Kosten der Entwicklung und Produktion neuer Produkte gehören weiterhin zu den grossen Herausforderungen des Bereichs. Die Rechercheprozesse der künstlerischen und technologischen Innovation sind zeitaufwendig und komplex und erfordern Spezialistinnen und Spezialisten mit vielfältigen Kompetenzen.

­

Drittfinanzierungen für Designprojekte anregen: Die Produktion, beispielsweise einer Mode-Kollektion, und der Marktzugang sind nach wie vor kostspielig und erfordern zusätzliche Finanzierungen, die über die Verstärkung der Fördermassnahmen des Bundes hinausgehen.

­

Langfristiger und nachhaltiger Strukturaufbau des Bereichs interaktive Medien: Die Förderung für die Entwicklerinnen und Entwickler sollte mit der Erschliessung zusätzlicher Finanzierungsmöglichkeiten attraktiver gestaltet werden, um den Wegzug der Kreativen ins Ausland zu verhindern.

Austausch im Inland Begleitmassnahmen tragen zur Entwicklung unternehmerischer Fähigkeiten bei, die Kreative zur Umsetzung ihrer Projekte benötigen. Die Präsenz an Messen und Fachtagungen in der Schweiz erleichtert neuen Produkten den Zugang zu den Märkten. Der Bund unterstützt auch Rechercheprojekte im Bereich Design. Es handelt sich dabei um Ausstellungen, Austausch von Knowhow oder Publikationen, welche die ästhetischen und kulturellen Aspekte sowie die gesellschaftlichen Werte des Designschaffens thematisieren.

Im Einzelnen stellt sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderung: ­

Präsentation Design: Das Schweizer Design ist für seine Qualität und seine Innovation bekannt. Die Gelegenheiten, diese Qualität durch Ausstellungen oder Publikationen zu präsentieren, werden häufiger.

­

Vernetzung, Wissensaufbau und Professionalisierung der Schweizer Entwicklerinnen und Entwickler: Um die Rahmenbedingung für die einheimi-

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sche Produktion zu verbessern, ist die Stärkung von Plattformen wichtig (z. B. «Game Jams», Festivals und Konferenzen). Sie dienen der Vernetzung, dem Wissensaustausch und der Professionalisierung der Branche. Dabei werden Ideen getestet und kritisch diskutiert, Erfahrungen zu abgeschlossenen Projekten mit anderen Akteuren geteilt und neue Ideen generiert.

­

Kritische Reflexion: Siehe Ziffer 3.1.3.

Internationale Verbreitung und Promotion Design und interaktive Medien sind hervorragende Botschafter von technischem und ästhetischem Können sowie von Innovation, die traditionell als schweizerische Qualitäten gelten. In den äusserst kompetitiven internationalen Märkten müssen Sichtbarkeit und Wiedererkennung von Schweizer Design und interaktive Medien gefördert werden. Dank der Förderinstrumente, die in Zusammenarbeit mit dem EDA, mit Swissnex und mit Partnern aus Wirtschaft und Exportförderung geschaffen wurden, konnte diese Wirkung verstärkt werden.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Teilnahme an internationalen Plattformen fördern: Für Schweizer Kreative ist die Präsenz an internationalen Plattformen zwecks internationaler Sichtbarkeit und fachlichem Austausch von entscheidender Bedeutung. Zielgerichtete Vernetzungsaktivitäten (Match-Making) mit der internationalen Industrie führen zu Partnerschaften, die den Schweizer Entwicklerinnen und Entwicklern sowie den Designerinnen und Designern helfen, ihre Produkte zu realisieren und erfolgreich zu verbreiten.

­

Marktzugang fördern: Eine wesentliche Herausforderung für Entwicklerinnen und Entwickler sowie Designerinnen und Designer ist der Zugang zu international hart umkämpften Märkten. Zentral für die Erschliessung wichtiger neuer Märkte (z. B. Asien) ist bereits in der Projektentwicklungsphase der Wissensaufbau via Coaching- und Mentoringmassnahmen zur Steigerung der Kompetenzen in den Bereichen Publishing, Marketing oder Gewinnung von Communities.

Ankauf von Werken Auf Empfehlung der Eidgenössischen Designkommission erwirbt der Bund Werke, die im Musée de design et d'arts appliqués contemporains (MUDAC) in Lausanne und im Museum für Gestaltung Zürich aufbewahrt werden. Er wird diese Praxis auch in der nächsten Förderperiode fortsetzen.

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Ziele und Massnahmen Zusätzlich zu den bisherigen Fördermassnahmen und basierend auf Erkenntnissen der extern durchgeführten Evaluation des Fördermodells Kultur und Wirtschaft wird in der Finanzierungsperiode 2021­2024 den dargestellten Herausforderungen wie folgt begegnet: Nachwuchs ­

Langfristiger und nachhaltiger Strukturaufbau: Spezifische Mentoratsprogramme sowie die Vernetzung und Zusammenarbeit mit internationalen Akteurinnen und Akteuren aus dem Bereich der interaktiven Medien und der Designindustrie ermöglichen, den Nachwuchs verstärkt international zu positionieren und die beiden Bereiche nachhaltig weiterzuentwickeln.

Förderung des kreativen und künstlerischen Schaffens ­

Verstärkte Unterstützung von Forschung und Produktion in den Bereichen Design und interaktive Medien: In diesem Bereich gibt es eine junge, aufstrebende Schweizer Szene. Um das Experimentieren und das Eingehen von Risiken zu unterstützen und so ein innovatives Schaffen zu ermöglichen, muss der Bund die finanzielle Unterstützung zur Förderung von Recherche und Schaffen verstärken.

­

Drittfinanzierungen anregen: Massnahmen zur Verbesserung der Kontakte der Kreativen mit Herausgeberinnen und Herausgebern sowie Produzentinnen und Produzenten und der Zugang zu privaten Investitionen müssen weiterverfolgt und vertieft werden.

Austausch im Inland ­

Die Verbindungen zwischen Industrie und Designschaffenden stärken: Um die Entwicklung der Szene nachhaltig zu fördern, ist eine Förderung von zielgerichteten Vernetzungsaktivitäten zwischen Industrie und Designschaffenden sowie Entwicklerinnen und Entwicklern unerlässlich. Das Format des Match Makings wird weiterentwickelt und intensiviert; ebenso sollen bestehende Partnerschaften verstärkt und weiterentwickelt werden.

­

Vernetzung, Wissensaufbau und Professionalisierung: Der nationale Austausch sowie eine Systematisierung der Zusammenarbeit der Veranstalter soll unterstützt werden. Zudem sollen bereits existierende Schweizer Plattformen für die Promotion und Vernetzung von Kreativen stärker genutzt und ihre Entwicklung hin zu internationalen Referenzanlässen gefördert werden.

­

Kritische Reflexion: Siehe Kapitel 3.1.3.

Internationale Verbreitung und Promotion ­

3184

Teilnahme und Sichtbarkeit von Schweizer Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Designerinnen und Designern an internationalen Plattformen fördern: Die bisherigen Massnahmen, die Schweizer Studios im Bereich interaktive Medien und Design international sichtbarer machten und dazu dienten, deren

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Produkte international zu verbreiten, sollen konsolidiert und weiterentwickelt werden.

­

Marktzugang fördern: Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Designerinnen und Designern soll durch verschiedene Massnahmen der internationale Marktzugang erleichtert werden. Bereits bestehende Massnahmen (z. B.

Coaching- und Mentoringmassnahmen, Präsenz an Messen) werden konsolidiert und weiterentwickelt. Die entsprechenden Förderaktivitäten in den USA und in Europa werden vertieft und gleichzeitig auf neue Märkte (z. B.

in Asien) ausgeweitet.

3.3.3

Darstellende Künste

Der Bund unterstützt in den darstellenden Künsten die Schaffung von Werken der freien Szene, die Verbreitung und Promotion von Werken im In- und Ausland, die Übersetzung und Übertitelung von Werken sowie die internationale Vernetzung der Schweizer Akteure mit Veranstaltern und Koproduktionspartnern.

Ausgangslage und Herausforderungen Die öffentliche Förderung für die freie Szene konzentriert ihre Mittel auf die Produktion von neuen Werken. Für Wiederaufnahmen oder für intensivere Recherchen gibt es nur wenige Unterstützungsmöglichkeiten. Zudem wird zu wenig in die Verbreitung investiert, insbesondere innerhalb der Sprachregionen. Dies führt dazu, dass die meisten Stücke nur sehr begrenzt oder gar nicht ausgewertet werden und damit auch zu wenig Publikumsinteresse wecken können. Nachhaltiger wäre es, jene Projekte, die nationales und internationales Verbreitungspotenzial haben, gezielt zu fördern und stärker in deren Verbreitung zu investieren. Das vom Nationalen Kulturdialog in Auftrag gegebene «Panorama Tanz», eine Untersuchung über die 2017 in den Tanz investierten öffentlichen Mittel, bestätigt die Unausgewogenheit zwischen Produktions- und Verbreitungsförderung mit deutlichen Zahlen. Zum Theater liegen solche Zahlen derzeit nicht vor, die Verhältnisse dürften aber vergleichbar sein.

Nachwuchs Siehe Ziffer 3.1.1.

Förderung des künstlerischen Schaffens Pro Helvetia unterstützt die Schaffung von Werken (Produktionen) der freien Szene (freischaffende Akteure ohne festes Engagement an einem Haus). Diese Werkförderung trägt in Ergänzung zur kantonalen und kommunalen Förderung dazu bei, dass hochstehende Werke entstehen, die im In- und Ausland verbreitet werden können.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Werkförderung Musiktheater und zeitgenössischer Zirkus: Die Bereiche Musiktheater und zeitgenössischer Zirkus entwickeln sich dynamisch und finden Interesse bei Veranstaltern und Publikum. In der letzten Finanzierungs3185

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periode wurden deshalb durch temporäre Mittelumlagerungen erstmals Produktionen aus dem Bereich Musiktheater gezielt gefördert, im zeitgenössischen Zirkus jedoch nur punktuell. Für beide Bereiche fehlen die Mittel für eine längerfristige systematische Unterstützung.

­

Produktionsdruck in der freien Szene: Es gibt noch zu wenig Möglichkeiten, vertiefte Recherchen für neue Werke oder Wiederaufnahmeproben von erfolgreichen Werken zu finanzieren.

Austausch im Inland Pro Helvetia unterstützt Tourneen und Gastspiele in den jeweils anderen Sprachregionen. Für Tourneen innerhalb der Deutschschweiz und innerhalb der italienischen Schweiz gibt es allerdings kaum Fördermöglichkeiten ­ in der Romandie dagegen kann dank der Unterstützung der Commission romande de diffusion de spectacles (CORODIS) deutlich mehr getourt werden.

Im sprach- und textbasierten Theater bleibt die Verbreitung in den anderen Sprachregionen der Schweiz eine ständige Herausforderung. Pro Helvetia unterstützt deshalb Übersetzungen und Übertitelungen von Stücken und hat diese Unterstützung in der aktuellen Finanzierungsperiode intensiviert.

Im Tanz besteht die Herausforderung in der begrenzten Zahl an Theatern und Festivals, die regelmässig Tanz programmieren. Insbesondere ausserhalb der fünf grössten Städte gibt es nur wenige permanente Tanzveranstalter, die zudem meist finanziell schlecht ausgestattet sind. In den letzten Jahren wurde durch die Pilotprojekte von «Reso ­ Tanznetzwerk Schweiz» der Austausch zwischen den Zentren und peripheren Regionen initiiert. Die Projekte sind erfolgreich, bleiben aber punktuell.

Im zeitgenössischen Zirkus ist die Situation vergleichbar, wenn nicht sogar noch ungünstiger.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Sprachgrenzen: Im sprachbasierten Theater findet die Verbreitung in den anderen Sprachregionen noch nicht ausreichend statt. Für Theaterproduktionen ist es eine grössere Herausforderung, in einer anderen Sprachregion der Schweiz gezeigt werden zu können, als im nahen Ausland des eigenen Sprachraums aufzutreten.

­

Beschränkte Anzahl Spielorte für zeitgenössischen Tanz und Zirkus: Die Anzahl Spielstätten ausserhalb der urbanen Zentren ist sehr begrenzt, und sie sind zum grössten Teil finanziell nicht ausreichend ausgestattet, was die Tournee- und Gastspieltätigkeit erschwert.

­

Beschränkte öffentliche Mittel für die Verbreitung: Für die bessere Auswertung der produzierten Stücke und deren Verbreitung fehlen die Mittel, insbesondere innerhalb der Deutschschweiz und des Tessins.

Internationale Verbreitung und Promotion Zahlreiche Schweizer Gruppen sind erfolgreich, ihre Werke sind von hoher Qualität, und die internationale Nachfrage danach ist gross. Zwar nehmen die Tourneemöglichkeiten zu, jedoch reichen die dafür eingeplanten Fördermittel nicht mehr aus.

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Dazu kommen neue Bereiche wie Musiktheater und zeitgenössischer Zirkus, die in den letzten Jahren mit sehr bescheidenen Mitteln gefördert wurden und deren Tourneeförderung es nun zu konsolidieren gilt.

Pro Helvetia unterstützt Tourneen und Gastspiele im Ausland. Zudem unterstützt die Stiftung ausgewählte herausragende freie Tanz- und Theatergruppen durch dreijährige kooperative Fördervereinbarungen, die gemeinsam mit den jeweiligen Städten und Kantonen abgeschlossen werden. Diese haben insbesondere im Bereich Tanz viel zur Professionalisierung und zur internationalen Präsenz der Schweizer Gruppen beigetragen. Diesem Erfolg steht eine wachsende Szene gegenüber, für die nicht ausreichende Mittel zur Verfügung stehen.

In Europa, dem wichtigsten ausländischen Markt für darstellende Künste, wird sehr ausgeprägt in internationalen Netzwerken gearbeitet, was sich in den letzten Jahren durch die EU-Fördertätigkeit noch verstärkt hat. Schweizer Gruppen bleiben davon weitgehend ausgeschlossen. Eine weitere grosse Herausforderung für Schweizer Gruppen sind die hohen Lebenskosten im Inland und die vergleichsweise geringen Gagenangebote im Ausland. Pro Helvetia hat in der aktuellen Finanzierungsperiode deshalb zwei neue Massnahmen entwickelt: Zum einen wurden erstmals gezielt internationale Kooperationen zwischen Schweizer und europäischen Institutionen unterstützt, um den Gruppen den Zugang zu diesen Netzwerken zu erleichtern. Zum anderen wurde bei Tourneen in Europa die Diffusionsarbeit unterstützt, was zur Wettbewerbsfähigkeit und zur Professionalisierung der freien Gruppen und damit zur Stärkung ihrer Stellung im Markt beigetragen hat.

Das internationale Angebot von Produktionen und Werken wächst ständig, und es braucht gezielte Massnahmen, um Schweizer Gruppen die Aufmerksamkeit von ausländischen Programmverantwortlichen zu sichern. Pro Helvetia unterstützt deshalb Plattformen in der Schweiz (wie die «Swiss Dance Days») und Einladungen von Veranstaltern aus dem In- und Ausland. Ausserdem wurden in der aktuellen Finanzierungsperiode verschiedene neue Massnahmen im Ausland initiiert, etwa eine Plattform am Festival Avignon oder eine Präsenz an der Tanzmesse Düsseldorf.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Zunahme der internationalen Tourneetätigkeit: Die vorhandenen Mittel reichen nicht aus, das vorhandene Potenzial an Tourneetätigkeiten ausreichend zu fördern.

­

Eingeschränkter Zugang zu europäischen Netzwerken: Es fehlt eine kontinuierliche Förderung der Kooperationen zwischen Schweizer Gruppen / Compagnies und europäischen Institutionen.

­

Wettbewerbsfähigkeit international: Die neuen Massnahmen aus der aktuellen Finanzierungsperiode zur Stärkung der freien Gruppen sind derzeit auf Tourneen in Europa beschränkt und gemessen am Potenzial unterdotiert. Für eine nachhaltige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der freien Gruppen / Compagnies braucht es eine Erhöhung der zur Verfügung stehenden Mittel.

­

Sichtbarkeit in einem sich ständig wandelnden und erweiternden Umfeld: Erfolgreiche Massnahmen wie die «Sélection Suisse en Avignon» sind noch nicht für alle relevanten Regionen und Märkte eingeführt. Ausserdem stellt 3187

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sich die Herausforderung, flexibel auf neue Tendenzen (und Märkte) reagieren zu können.

Ziele und Massnahmen Zusätzlich zu den bisherigen Fördermassnahmen wird in der Finanzierungsperiode 2021­2024 den dargestellten Herausforderungen wie folgt begegnet: Nachwuchs Siehe Ziffer 3.1.1.

Förderung des künstlerischen Schaffens ­

Werkförderung Musiktheater und zeitgenössischer Zirkus: Die neue Werkförderung im Bereich Musiktheater soll fortgeführt und konsolidiert werden. Die Werkförderung im zeitgenössischen Zirkus soll systematisiert und in die bestehende Förderung im Tanz und Theater integriert werden.

­

Produktionsdruck in der freien Szene: Um die Möglichkeit und den Raum für künstlerisch ausgereiftere und länger entwickelte Werke zu bieten, soll geprüft werden, künftig auch Werkbeiträge in Form von Recherchebeiträgen zu vergeben.

Austausch im Inland ­

Sprachgrenzen: Der Bund unterstützt zwecks Verbreitung in anderen Sprachregionen vermehrt Übersetzungen und Übertitelungen von Theaterprojekten, die national auf Tour gehen.

­

Beschränkte Anzahl Spielorte für zeitgenössischen Tanz und Zirkus / beschränkte öffentliche Mittel für die Verbreitung: Um eine bessere Auswertung der Produktionen, insbesondere im Tanz und zeitgenössischen Zirkus zu erreichen, soll gemeinsam mit interessierten Städten und Kantonen geprüft werden, wie die Verbreitung von Produktionen auch innerhalb einer Sprachregion besser unterstützt werden kann.

Internationale Verbreitung und Promotion ­

Zunahme der internationalen Tourneetätigkeit: Die wachsende zeitgenössische Schweizer Tanz-, Theater-, Musiktheater- und Zirkus-Szene und das zunehmende Interesse an ihren Produktionen bedingen einen Ausbau der internationalen Tourneeförderung.

­

Eingeschränkter Zugang zu europäischen Netzwerken: Die in der aktuellen Finanzierungsperiode im Sinne eines Pilotprojekts eingeführte Unterstützung von Kooperationen zwischen Institutionen und Veranstaltern aus der Schweiz und Europa soll weitergeführt und verstetigt werden.

­

Wettbewerbsfähigkeit international: Die in der aktuellen Finanzierungsperiode erfolgreich eingeführten Massnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von freien Gruppen und Compagnies in Europa sollen auf Tourneen ausserhalb Europas ausgeweitet und mit entsprechenden Mitteln ausgestattet werden.

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­

Sichtbarkeit in einem sich ständig wandelnden und erweiternden Umfeld: Erfolgreiche Promotionsplattformen, wie beispielsweise die «Sélection suisse en Avignon», sollen konsolidiert werden. Zudem sind die Plattformpräsenzen auf weitere Anlässe mit hohem Potenzial für die Schweizer Szene auszuweiten: Zu prüfen ist beispielsweise eine Plattform am «Edinburgh Fringe Festival». Ebenso soll die Promotion der Bereiche «zeitgenössischer Zirkus» und «Werke für junges Publikum» entwickelt werden. Andere Massnahmen müssen laufend überprüft und allenfalls angepasst werden, um flexibel auf neue Trends, Regionen und Veranstaltungen reagieren zu können.

3.3.4

Literatur

Der Bund unterstützt Verlage, die Kreation von zeitgenössischen schriftstellerischen Werken, deren Übersetzungen, die Verbreitung und Promotion der Werke im Inund Ausland sowie Lesereisen und Residenzen von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, literarischen Übersetzerinnen und Übersetzern. Die Bedeutung der Buchhandlungen als Akteure wird in der Botschaft zur Förderung der Kultur in den Jahren 2016­2020 anerkannt und explizit erwähnt. Aufgrund seiner starken lokalen Verankerung kann dieser Tätigkeitsbereich auf nationaler Ebene jedoch nicht unterstützt werden.44 Ausgangslage und Herausforderungen Nachwuchs Siehe Ziffer 3.1.1.

Förderung des künstlerischen Schaffens Der Bund förderte zwischen 2016­2020 mit jährlich rund 20 Werkbeiträgen Autorinnen und Autoren bei der Schaffung eines literarischen Werks. Sämtliche Gattungen in allen vier Landessprachen konnten berücksichtigt werden. Dazu gehörte auch ein Pilotprojekt mit Werkbeiträgen für performative Literaturformen. Zusatzmittel in der vergangenen Förderperiode ermöglichten es, Übersetzerinnen und Übersetzer, die literarische Texte für einen anderen Sprach- und Kulturkreis erschliessen, mit Kreationsbeiträgen zu unterstützen.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen:

44

­

Innovative Literaturformen: Eine Herausforderung besteht in der angemessenen und kontinuierlichen Förderung von innovativen Literaturformen, die nicht nur eine textliche, sondern auch eine visuelle (u. a. Comics, Graphic Novels, illustrierte Kinderbücher) oder performative Ebene beinhalten und oft neue Zielgruppen ansprechen.

­

Aufwendige thematische oder formale Recherchen: Literaturschaffenden fehlt zu Beginn des Schreibprozesses oft der finanzielle Spielraum für ReVgl. die Antwort des Bundesrates auf die Interpellation 16.3603 Reynard «Buchhandlungen. Ist der Bund bereit, diesem wichtigen Akteur der Buchkette zu helfen?»

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cherchen thematischer oder stilistischer Art. Dieser für die künstlerische Entwicklung notwendige Teil des Schreibprozesses wird bislang vom Bund nicht gefördert.

­

Gleichstellung von Übersetzerinnen und Übersetzern mit Autorinnen und Autoren: Literarische Übersetzerinnen und Übersetzer, die im Gegensatz zu Autorinnen und Autoren bislang für ihre Auftritte im Literaturbetrieb kein angemessenes Honorar erhalten, sollen künftig Letzteren gleichgestellt und angemessen entschädigt werden.

Verlagsförderung Die Lebendigkeit der schweizerischen Verlagslandschaft ist eine grosse Stärke der Schweizer Kulturlandschaft. Sie manifestiert sich in einer grossen Anzahl vor allem kleinerer und mittlerer Verlage, die je nach Sprachregion über unterschiedliche Funktionsweisen und Traditionen verfügen. Diese Ausgangslage ist grundsätzlich ein Mehrwert für die Schweizer Literatur und den Sprachaustausch. Allerdings zwingen die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die Unsicherheit des Buchmarktes die Verlage dazu, ihre Investitionen und damit wichtige Phasen des verlegerischen Schaffens auf ein Minimum zu reduzieren: Grundlegende Tätigkeiten wie Recherchen, Lektorat, Überprüfung von Manuskripten, die Pflege der Beziehungen zu Autorinnen und Autoren oder die Vermittlung von Büchern werden aus Kostengründen in Frage gestellt, obwohl sie von grosser Wichtigkeit sind. Die Verlagsförderung des Bundes, die seit 2016 in Kraft ist, besteht aus Strukturbeiträgen an Schweizer Verlage, die eine hochstehende Editionsarbeit leisten und damit einen Gewinn für die gesamte Schweizer Kulturlandschaft darstellen. In der Förderperiode 2016­2020 haben 48 Verlage Strukturbeiträge erhalten. 2016­2018 wurden Förderprämien an 22 Verlage vergeben, 2019­2020 an 36 Verlage. Sämtliche Unterstützungsbeiträge wurden auf der Grundlage einer Ausschreibung ausgerichtet. Eine Umfrage des BAK zur Verlagsförderung fiel weitgehend positiv aus.45 Austausch im Inland Vom Bund unterstützte Festivals ermöglichen einen Austausch zwischen Schweizer Akteuren aus den Bereichen Buch und Literatur ebenso wie die Begegnung des Schweizer Publikums mit anderssprachiger Literatur aus den verschiedenen Landesteilen.

Übersetzungen tragen massgeblich zum Austausch zwischen den Schweizer Sprachregionen bei. Daher hat der Bund in der Förderperiode 2016­2020 im Austausch mit allen relevanten Akteuren den Ausbau und die Intensivierung seiner Übersetzungsund Übersetzerförderung vorangetrieben. Dabei wurden vier Ziele angestrebt: die Steigerung der Qualität, die Erhöhung der Quantität, die bessere Promotion und Verbreitung der übersetzten Werke sowie eine grössere Diversität des Angebots und eine Ausweitung des Portfolios über literarische Übersetzungen hinaus. Die neuen Förderinstrumente haben sich bewährt und sollen weitergeführt werden.

45

Erste Umfrage zum neuen Förderungskonzept 2016­2020, einsehbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturschaffen > Literatur > Verlagsförderung

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Internationale Verbreitung und Promotion Auch im internationalen Kontext spielt die Übersetzungsarbeit eine entscheidende Rolle. Dazu gehören die Unterstützung von Vermittlungsaktivitäten im Lizenzbereich sowie Zuschüsse an Übersetzungshonorare für internationale Verlage, die Schweizer Bücher in Übersetzung publizieren. Zudem beteiligt sich der Bund an internationalen Übersetzungsnetzwerken wie beispielsweise «Traduki» (für Übersetzungen im südosteuropäischen Raum).

Mit Blick auf die internationale Promotion fördert der Bund Auftritte von Schweizer Verlagen an internationalen Plattformen, namentlich an Buchmessen. Diese sorgen für Sichtbarkeit und stärken die Verbindung von Schweizer Autorinnen und Autoren mit der internationalen Literaturszene. Daher hat Pro Helvetia mit den Schweizer Verlegerverbänden eine Leistungsvereinbarung abgeschlossen, die ihnen den Besuch von internationalen Messe-Destinationen erlaubt. Schweizer Gastlandauftritte («Francfort en Français» an der Frankfurter Buchmesse 2017; Internationale Kinderbuchmesse Bologna 2019) verschafften der Schweizer Literatur internationale Aufmerksamkeit. In Ergänzung zu den Buchmessen fördert der Bund auch thematische oder genrespezifische Promotionsvorhaben zugunsten des Schweizer Buchs im Ausland. Seit 2018 fördert der Bund zudem verstärkt die Promotion bestehender Übersetzungen (z. B. gemeinsame Auftritte von Autorinnen und Autoren mit Übersetzerinnen und Übersetzern; Präsenz an internationalen Übersetzungsfestivals und Veranstaltungsreihen).

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Wettbewerbsnachteil der Schweizer Akteure im internationalen Buch- und Literatursektor: Schweizer Autorinnen und Autoren sind darauf angewiesen, dass ihre Verlage den internationalen Markt für sie erschliessen. Für die meist kleineren und mittelgrossen Schweizer Verlage besteht die Herausforderung darin, ihren Betrieb hinsichtlich Marketing- und Promotionsmassnahmen trotz ökonomisch angespannter Situation zu professionalisieren.

Schweizer Übersetzerinnen und Übersetzer, deren Arbeit im internationalen Vergleich kostspielig ist, sollen wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben.

­

Wettbewerb um internationale Aufmerksamkeit: Auftritte der Schweizer Verlage an internationalen Buchmessen und anderen Plattformen sorgen für Sichtbarkeit und stärken die Verbindung der Autorinnen und Autoren mit der internationalen Literaturszene. Schweizer Gastlandauftritte («Francfort en Français» 2017, Bologna 2019) verschaffen der Schweizer Literatur grosse Aufmerksamkeit und steigern ihre Marktchancen. Diese Auftritte bedürfen auch künftig bedeutender finanzieller Mittel.

­

Konkurrenz auf dem Lizenzmarkt: Im Kontext der internationalen Verbreitung spielt die Übersetzungsarbeit eine entscheidende Rolle. Internationale Verlage, die Schweizer Bücher in Übersetzung publizieren, können vom Bund eine Förderung in der Höhe der landesüblichen Übersetzerhonorare erhalten. Dieser finanzielle Anreiz wird zunehmend wichtiger, damit Schweizer Literatur auf dem internationalen Lizenzmarkt attraktiv bleiben kann.

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Ziele und Massnahmen Zusätzlich zu den bisherigen Fördermassnahmen wird in der Finanzierungsperiode 2021­2024 den dargestellten Herausforderungen wie folgt begegnet: Nachwuchs Siehe Ziffer 3.1.1.

Förderung des künstlerischen Schaffens ­

Innovative Literaturformen: Für Literaturformen, die Bild, Text oder neue Medien integrieren, sollen künftig Werkbeiträge vergeben werden. Den besonderen Entstehungsbedingungen performativer literarischer Formate soll künftig mit einer Flexibilisierung und Öffnung der Förderinstrumente Rechnung getragen werden.

­

Aufwendige thematische oder formale Recherchen: Recherchen, die der Vorbereitung eines literarischen Prozesses oder der Erweiterung der künstlerischen Praxis dienen, werden in die Förderung des Bundes aufgenommen.

­

Gleichstellung von Übersetzerinnen und Übersetzern mit Autorinnen und Autoren: Der Bund beabsichtigt auch für Übersetzerinnen und Übersetzer angemessene Auftrittshonorare zu garantieren.

Verlagsförderung Die Fördermassnahmen werden fortgesetzt mit einer einzigen Ausschreibung für die gesamte Periode, sowohl für die Strukturbeiträge als auch für die Förderprämien.

Des Weiteren werden die unterstützten Verlage dazu verpflichtet, der NB kostenlos Exemplare ihrer während der Förderperiode veröffentlichten Werke einzureichen.

Die Verordnung des EDI vom 25. November 201546 über das Förderungskonzept 2016­2020 zur Verlagsförderung wird entsprechend angepasst.

Austausch im Inland Die seit 2016 neu geschaffenen Massnahmen zur Übersetzungsförderung (u. a.

Mentorate für den Nachwuchs, Beiträge an Übersetzungslektorate, Workshops, Promotionsinstrumente) sollen weiterentwickelt und verstetigt werden. Schweizer Nachwuchsübersetzerinnen und -übersetzer werden dabei besonders gefördert.

Internationale Verbreitung und Promotion

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­

Wettbewerbsnachteil der Schweizer Akteure im internationalen Buch- und Literatursektor: Die Schweizer Verlagsszene soll im Bereich der internationalen Promotion unterstützt werden, um ihre Auftritte weiter zu professionalisieren. Übersetzerinnen und Übersetzer sollen für ihre Arbeit angemessen entschädigt werden.

­

Wettbewerb um internationale Plattformen: Die internationale Promotion in Form von Messe- und Gastland-Auftritten sowie in Form innovativer Promotionsformate soll verstärkt gefördert werden.

SR 442.129

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­

Konkurrenz auf dem Lizenzmarkt: Der Bund wird seine Massnahmen zugunsten der internationalen Übersetzung von Schweizer Werken verstetigen und die Mitwirkung an internationalen Übersetzungsnetzwerken verstärken.

3.3.5

Musik

Der Bund unterstützt im Bereich der zeitgenössischen Musik, des Jazz, des Pop und der Volksmusik die Entstehung neuer Werke sowie deren Verbreitung im In- und Ausland. Dies mit dem Ziel, die Vielfalt und die nationale sowie internationale Wahrnehmung der Schweizer Musikszenen zu erhöhen und die Musikschaffenden in ihrer professionellen Laufbahn konsequent zu unterstützen.

Ausgangslage und Herausforderungen Nachwuchs Siehe Ziffer 3.1.1.

Förderung des künstlerischen Schaffens Pro Helvetia vergibt Werkbeiträge an Komponistinnen und Komponisten und fördert die Entstehung von neuen Werken mit Beiträgen an Uraufführungen im Rahmen von wichtigen Festivals und Konzertreihen. In den Bereichen Pop und Jazz unterstützt Pro Helvetia die Erarbeitung und Verbreitung von neuem musikalischen Repertoire mit Beiträgen an Tonträger (digital und analog). Dem in der Kulturbotschaft 2016­ 2020 formulierten Handlungsbedarf, interdisziplinäre Kunstformen adäquat zu fördern, begegnete die Stiftung mit der Einführung einer koordinierten Förderung neuer Formen des Musiktheaters.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Ausweitung des Werkbegriffs: Zahlreiche innovative Formate des Musikschaffens wie ortsspezifische oder kollektive Arbeiten, Klanginstallationen und andere Formen der Klangkunst, multimediale Arbeiten oder internationale Kollaborationen werden von der Werkförderung bisher nicht umfassend berücksichtigt, da diese auf eine eindeutig personenbezogene Autorschaft, auf Reproduzierbarkeit und den Aufbau eines neuen Repertoires ausgerichtet ist. Zudem werden künstlerische Arbeitsprozesse, die eine vertiefte Recherche beinhalten, bisher in der Förderung kaum berücksichtigt.

­

Werkbeiträge Musiktheater: Die 2016 eingeführten Werkbeiträge ermöglichen es, herausragende Projekte mit nationalem und internationalem Verbreitungspotenzial zu fördern. Die strukturellen Rahmenbedingungen für Musiktheaterproduktionen sind im internationalen Vergleich aber nach wie vor schwach.

Austausch im Inland Neben der Werk- und Uraufführungsförderung unterstützt Pro Helvetia sowohl in urbanen Zentren wie auch in peripheren Regionen Festivals und Konzertreihen, die

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in ihrer Programmierung dem Musikschaffen aus anderen Sprachregionen einen besonderen Platz geben.

Im Einzelnen stellt sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderung: Der Austausch von musikalischen Projekten zwischen den verschiedenen Sprachregionen der Schweiz findet nur in begrenztem Masse statt. Für viele Musikschaffende bedeutet es eine grössere Herausforderung, in einer anderen Sprachregion der Schweiz auftreten zu können, als eine Tournee im nahen Ausland des eigenen Sprachraums zu realisieren.

Internationale Verbreitung und Promotion Pro Helvetia fördert Tourneen von Schweizer Bands, Ensembles und Orchestern ebenso wie Aufführungen von zeitgenössischen Schweizer Kompositionen durch ausländische Ensembles und Orchester. In Zusammenarbeit mit internationalen Festivals unterstützt Pro Helvetia programmatische Schwerpunkte mit Schweizer Musik. Während der vergangenen Finanzierungsperiode wurde aus der Erfahrung mit dem Pilotprojekt «OEuvres Suisses» eine kontinuierliche Orchesterförderung mit Schwerpunkt auf der Pflege des zeitgenössischen Schweizer Werkschaffens sowie einer verstärkten internationalen Präsenz der Orchester eingeführt. Zudem unterhält Pro Helvetia Kooperationen mit internationalen Förderinstitutionen und Veranstalternetzwerken, wie beispielsweise mit dem «Fonds Impuls neue Musik» und der französischen «Association Jazzé Croisé» zum Zweck der Verbreitung des Schweizer Musikschaffens. Im Rahmen des Förderprogramms «Prioritäre Jazzförderung» werden aufstrebende Schweizer Bands in der Entwicklung ihrer internationalen Laufbahn unterstützt. Die entsprechenden Fördermassnahmen beinhalten Tourneeförderung, Coachings und Promotionshilfen. In Zusammenarbeit mit der FONDATION SUISA unterstützt Pro Helvetia Schweizer Musikschaffende aller Genres dabei, sich an internationalen Fachmessen zu präsentieren. Die Stiftung ergänzt deren Promotionsarbeit unter anderem durch Sampler-CDs sowie digitale Plattformen und trägt durch die Einladung von internationalen Veranstaltern an Schweizer Festivals zur weltweiten Wahrnehmung und Verbreitung des Schweizer Musikschaffens bei. Im Bereich Pop beteiligt sich Pro Helvetia finanziell an den Aktivitäten von Swiss Music Export.

Im Einzelnen stellen sich für die Periode 2021­2024 folgende Herausforderungen: ­

Tourneeförderung und internationale Festivals: Bisherige Promotionsmassnahmen haben in den letzten Jahren eine spürbare Wirkung gezeigt, was insgesamt zu einem erhöhten Interesse an Schweizer Musik und entsprechend einer höheren Anzahl von internationalen Einladungen und Engagements geführt hat. Dieser Tendenz ist Rechnung zu tragen.

­

Wettbewerbsfähigkeit: Nachteilig auf die internationale Verbreitung des Schweizer Musikschaffens wirken sich die oftmals prekäre Gagensituation im Ausland beziehungsweise die im Vergleich dazu hohen Lebenskosten in der Schweiz aus.

­

Promotion: Für Schweizer Musikschaffende ist es von entscheidender Bedeutung, ihr Wirkungsfeld auf das Ausland ausweiten zu können. Die regelmässige Präsenz von Schweizer Musikschaffenden an Messen und Show-

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case-Festivals im Ausland ist wirkungsvoll und unverzichtbar für deren Laufbahnentwicklung. Die Verbreitung des Schweizer Musikschaffens erfordert weiterhin eine zielgerichtete Promotionsarbeit.

­

Kooperationen: Kooperationen mit internationalen Institutionen verhelfen Schweizer Musikschaffenden zu neuen Auftrittsmöglichkeiten und der Schweizer Musik zu erhöhter Aufmerksamkeit. Im Sinne einer nachhaltigen Förderung sind neue, auf weitere Regionen ausgerichtete Kooperationen von grosser Bedeutung.

Ziele und Massnahmen Zusätzlich zu den bisherigen Fördermassnahmen wird in der Finanzierungsperiode 2021­2024 den dargestellten Herausforderungen wie folgt begegnet: Nachwuchs Siehe Ziffer 3.1.1.

Förderung des künstlerischen Schaffens ­

Ausweitung des Werkbegriffs: Formate, die dem bisher im Musikbereich angewandten Werkbegriff nicht entsprechen, sowie Prozesse, die eine vertiefte Recherche erfordern, sollen zukünftig im Rahmen der Werkförderung berücksichtigt werden.

­

Musiktheater: Die Werkförderung Musiktheater soll konsolidiert und weiterentwickelt werden, wobei insbesondere Massnahmen zu deren interkantonaler Verbreitung und internationaler Präsenz ergriffen werden sollen.

Austausch im Inland ­

Austausch über die Sprachregionen: Um die Wahrnehmung der Musikszenen aus anderen Sprachregionen verstärkt fördern zu können, soll zusätzlich auch der Austausch unter Veranstaltern innerhalb der Schweiz unterstützt werden.

Internationale Verbreitung und Promotion ­

Tourneeförderung und internationale Festivals: Dem zunehmenden Interesse an Schweizer Musik im Ausland soll mit entsprechenden zusätzlichen Mitteln für deren Verbreitung (Förderung von Tourneen, Gastspielen, Schweizer Schwerpunkte an internationalen Festivals) begegnet werden.

­

Wettbewerbsfähigkeit: Mit geeigneten Massnahmen, wie einer Beteiligung an den Kosten für Booking und Diffusionsarbeit, soll die Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Musikschaffenden bezüglich internationaler Tourneen erhöht werden.

­

Promotion: Die in den letzten Jahren aufgebauten Plattformen und neu lancierten Massnahmen sollen weitergeführt, flexibilisiert und auf weitere Regionen ausgeweitet werden. Die Einladungen von Veranstaltern aus dem Ausland sollen ausgebaut und auf weitere Multiplikatoren und Kooperationspartner ausgedehnt werden.

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­

Kooperationen: Neue Kooperationen mit internationalen Akteuren wie beispielsweise Förderinstitutionen oder Veranstalternetzwerken sollen Schweizer Musikschaffenden eine bessere Vernetzung ermöglichen und den Zugang zu neuen Kreations- und Auftrittsmöglichkeiten schaffen.

3.3.6

Film

3.3.6.1

Einleitung

Die Schweiz verfügt über ein breites Filmschaffen und über eine lebendige Filmkultur. Von den weltweit jährlich rund 10 000 produzierten Spielfilmen starten pro Jahr in der Schweiz um die 500 in den Kinos. Die Besucherzahlen in den Schweizer Kinos waren 2016 und 2017 mit rund 13,5 Millionen Eintritten stabil, sanken jedoch 2018 auf rund 11,7 Millionen Eintritte, um im 2019 erneut leicht auf 12,4 Millionen Eintritte anzusteigen. Die Leinwände der Multiplex-Kinos, auf die rund 40 Prozent der Besucherzahlen entfallen, werden vorwiegend von amerikanischen Grossproduktionen dominiert. Im Vergleich zum europäischen Umland verfügt die Schweiz jedoch in allen Regionen noch über eine grosse Anzahl an kleinen und mittleren Kinos mit einer vielfältigen Programmation. Durch die Digitalisierung der Vorführtechnik haben kleine und ländliche Kinos im Gegensatz zu früher den gleichen Zugang zu allen Filmen wie Kinos in grösseren Zentren.

Die Filmpolitik des Bundes hat zum Ziel, das Schweizer Filmschaffen sowie die Vielfalt und Qualität des Filmangebots zu fördern, die Schweizer Filmkultur zu stärken sowie das Filmerbe zu bewahren und zugänglich zu machen. Sie basiert auf drei Säulen: Filmförderung (Herstellung und Auswertung), Filmkultur (Festivals, Weiterbildung, Promotion) sowie Filmerbe. Die Filmförderungskonzepte des Bundes werden periodisch von einer externen Firma evaluiert, um die Förderinstrumente auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen und um allfällige Anpassungen für die anstehende Periode vornehmen zu können.47 Die Digitalisierung des Filmmarkts von der Produktion über die Filmauswertung bis hin zur Langzeitarchivierung sowie die rasante Veränderung des Medienkonsumverhaltens sind die prägenden Einflussfaktoren für das Schweizer Filmschaffen. Alle Akteure, von den Kinos bis zu den Verleihunternehmen, müssen mit den technischen Entwicklungen und veränderten Konsumgewohnheiten Schritt halten. Nicht zuletzt spielen Filmfestivals in der Schweiz eine immer grössere Rolle für die Angebotsvielfalt, für die Promotion und die Vermittlung sowie für die Auswertung von Filmen. Die Festivals tragen zur kulturellen Teilhabe bei und sind für den Publikumserfolg der Filme entscheidend.

47

Schwenkel, Christof; Hertig, Vera; Thévenaz, Muriel; Oechslin, Lukas; Ritz, Manuel: Evaluation der Filmförderungskonzepte des Bundes 2017­2020. Bericht zuhanden des Bundesamts für Kultur. Luzern/Zürich 2019 (abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturschaffen > Film > Statistiken und Publikationen > Weitere Publikationen)

3196

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3.3.6.2

Filmförderung

Ausgangslage und Herausforderungen Die Filmförderung des Bundes beruht auf drei Förderinstrumenten: der selektiven Filmförderung, der erfolgsabhängigen Filmförderung sowie der Filmstandortförderung. Das selektive Instrument berücksichtigt die Vielfalt und Qualität des Schweizer Filmschaffens und der Filmauswertung. Das erfolgsabhängige Förderinstrument berücksichtigt den Erfolg an der Kinokasse und an internationalen Filmfestivals. Die Standortförderung stärkt die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Audiovisionsplatzes Schweiz.

Der Schweizer Filmmarkt ist aufgrund seiner sprachkulturellen Aufteilung zu klein, um nach einer rein marktwirtschaftlichen Logik bestehen zu können. Der Bund spielt daher als primärer Förderpartner eine zentrale Rolle. Die SRG SSR spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in der Koproduktion von unabhängigen Schweizer Filmen («Pacte de l'audiovisuel»). Auch die ubrigen nationalen und sprachregionalen Fernsehveranstalter, die in ihrem Programm Filme ausstrahlen, sind verpflichtet, einen Beitrag zur Förderung des Schweizer Films zu leisten. Bei grossen Onlinediensten, die Filme anbieten, fehlt zurzeit eine entsprechende Förderpflicht für das einheimische Filmschaffen.

Auf regionaler Ebene unterstützen verschiedene kantonale und interkantonale Förderstellen wie etwa die Zürcher Filmstiftung, die Westschweizer Stiftung «Fondation Romande pour le Cinéma (Cinéforom)» und die Berner oder Basler Filmförderung die Entwicklung und Herstellung von Schweizer Filmen.

Während der Periode 2016­2020 wurde die Filmförderung des Bundes in verschiedenen Bereichen angepasst. Das Instrument der Filmstandortförderung wurde neu eingeführt. Diese setzt finanzielle Anreize, damit grenzüberschreitende Koproduktionen mit Schweizer Beteiligung und «reine» Schweizer Filme vermehrt in der Schweiz hergestellt werden und hier ihre Wertschöpfung erzielen (vgl. Ziff. 1.4.1).

Die 2012 eingeführte Förderung von Treatments (Vorstufe zu einem Drehbuch) wurde infolge des Stabilisierungsprogrammes des Bundes per 2017 eingestellt. Für die Begutachtung der Fördergesuche wurden Ausschüsse eingeführt, deren Besetzung im Zweijahresrhythmus ändert. Gesuche für minoritäre Koproduktionen (minderheitlich aus der Schweiz finanziert) wurden ab 2019 in Einzelexpertisen mit einem Punktesystem begutachtet, bei dem die
produktionellen Aspekte verstärkt gewichtet werden.

Besondere Beachtung wurde der Frage des gleichberechtigten Zugangs zur Förderung (Geschlechter und Nachwuchs) geschenkt: In der selektiven Filmförderung werden seit 2016 bei gleicher Qualität Projekte von Frauen und NachwuchsFilmschaffenden bevorzugt.

Filme werden in den nächsten Jahren noch stärker als bisher über OnlinePlattformen bezogen und auf mobilen Geräten konsumiert. Das klassische Kino wird aber auch in Zukunft als Ort des gemeinschaftlich erlebten Filmtheatererlebnisses eine wichtige Rolle spielen. Aufgrund der immer kürzeren Erstauswertungsspanne von Filmen wird der langfristige und breite Zugang zu Filmen für die Öffentlichkeit eine Herausforderung darstellen. Zur Verbesserung der Visibilität des Schweizer 3197

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Filmschaffens ist die internationale Kooperation zu verstärken. Dabei wird insbesondere das Gleichgewicht zwischen minoritären und majoritären, also minderheitlich beziehungsweise mehrheitlich aus der Schweiz finanzierten Filmproduktionen zu beachten sein.

Die Filmförderung muss sich nach dem Gesagten in den nächsten Jahren namentlich folgenden Herausforderungen stellen: ­

Die Abnahme der grenzüberschreitenden minoritären Koproduktionen in den letzten Jahren gefährdet die Herstellung von majoritären Koproduktionen mit dem Ausland. Die Einführung der Filmstandortförderung ab Mitte 2016 konnte diesen Trend bisher nicht aufhalten. Die Standortförderung setzt zurzeit noch zu wenig Anreize, Dreharbeiten für minoritäre Koproduktionen in der Schweiz durchzuführen.

­

Im Bereich der Förderinstrumente hat sich die Einführung von spezifischen Kriterien zur Förderung des gleichberechtigten Zugangs zur Filmförderung bewährt. Die Chancengleichheit bleibt aber über längere Zeiträume zu beobachten.

­

Bei der internationalen Projektentwicklung schaffen noch zu wenig Schweizer Spielfilme den Sprung über die Sprach- und Landesgrenzen. Internationale Projekte müssen bereits im Stadium der Projektentwicklung gemeinsam vorbereitet werden können.

­

Die immer kürzere Auswertungsdauer von Filmen bei gleichzeitig immer mehr Filmstarts und einer immer stärkeren Konkurrenz im Onlinebereich erfordert eine Neuaufstellung der Verleihförderung.

­

Onlineanbieter von Filmen haben zurzeit im Unterschied zu Fernsehunternehmen keine Förderpflicht für das einheimische Filmschaffen. Weil sich der Filmkonsum zunehmend auf die Online-Kanäle verschiebt, ist in Bezug auf die Förderpflicht eine Gleichbehandlung der Akteure anzustreben.

­

Die zunehmende Konvergenz der Medienlandschaft und die Verschränkung zwischen linearen und nichtlinearen Formaten stellt eine Herausforderung in Bezug auf die Umsetzung von Aufsichtsstandards dar.

Ziele und Massnahmen Die bisherigen Fördermassnahmen werden mit punktuellen Anpassungen in der Periode 2021­2024 weitergeführt. Den vorstehend dargestellten Herausforderungen soll wie folgt begegnet werden: ­

Im Bereich der Filmförderung soll die Standortförderung stärkere Anreize für minoritäre Koproduktionen setzen, damit mehr Dreharbeiten aus dem Ausland in die Schweiz geholt werden können. Im Bereich der erfolgsabhängigen Filmförderung sollen auch Eintritte bei inländischen Filmfestivals sowie der Filmkonsum im Onlinebereich berücksichtigt werden können.

­

Die Filmförderung soll chancengleich ausgestaltet sein. Die aktuellen Kriterien zur Nachwuchsförderung und zur Stärkung der weiblichen Filmschaffenden sollen weiterverfolgt und dokumentiert werden.

3198

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­

Die internationale Zusammenarbeit im Stadium der Drehbuch- und Projektentwicklung im Spielfilm soll mittels geeigneter Fördermassnahmen gestärkt werden. Die Verleihförderung soll stärker am Beitrag der Verleihunternehmen zur Angebotsvielfalt ausgerichtet werden (vgl. Ziff. 4.2). Kinos und Verleihunternehmen leisten gerade im digitalen Zeitalter einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Teilhabe und lokalen Verankerung des Films.

­

Die heute für Fernsehveranstalter geltende Reinvestitionspflicht für den Ankauf oder die Produktionsfinanzierung von Schweizer Filmen soll vom RTVG ins Filmgesetz transferiert und auf Online-Filmeanbieter ausgedehnt werden (vgl. Ziff. 4.2).

­

Die Angebotsvielfalt im Internet soll durch die Einführung von Quoten für europäische Filme gestärkt werden. Dies erfordert entsprechende gesetzliche Anpassungen (vgl. Ziff. 4.2). In der Vernehmlassung wurde von Teilen der Filmbranche verlangt, dass innerhalb der europäischen Quote auch ein angemessener Anteil aus Schweizer Filmen bestehen müsse. Um keinen Widerspruch zur EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste48 (AVMDRichtlinie) entstehen zu lassen, müsste sich eine solche nationale Quote nach dem Modell von Frankreich oder Ungarn auf landessprachliche Filme beschränken. Ob sich eine solche Vorschrift für die Angebotsvielfalt und das Schweizer Filmschaffen tatsächlich vorteilhaft auswirken würde, ist aufgrund der attraktiven nachbarschaftlichen Filmkonkurrenz aus Italien, Frankreich oder Deutschland jedoch sehr ungewiss. Deshalb wird darauf verzichtet eine entsprechende Subquote vorzuschreiben.

3.3.6.3

Filmkultur

Ausgangslage und Herausforderungen Der Bund fördert im Bereich der Filmkultur erstens Organisationen, die zur Promotion des Schweizer Films an Filmfestivals im In- und Ausland beitragen, sowie zweitens Institutionen, welche die Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für das Medium Film zum Ziel haben. Drittens werden Filmpublikationen und die Weiterbildung der Filmschaffenden unterstützt. Der Bereich der Filmkultur umfasst auch die Unterstützung der wichtigsten Schweizer Filmfestivals. Zur Filmkultur gehört ferner die Ausrichtung des Schweizer Filmpreises in Zusammenarbeit mit der SRG SSR und den Städten Zürich und Genf sowie dem Kanton Genf. Der Bereich Filmkultur wurde für die Periode der Kulturbotschaft 2016­2020 über vierjährige Leistungsvereinbarungen gesteuert. Die Förderung von Einzelprojekten wurde infolge des Stabilisierungsprogramms des Bundes eingestellt.

Es stellen sich im Bereich der Filmkultur folgende Herausforderungen: ­ 48

Die zunehmende Medien- bzw. Unternehmenskonzentration und neue Finanzierungsmodelle haben die bisherigen, nicht gewinnorientierten OrganiRichtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste, ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1.

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sationsstrukturen insbesondere von Filmfestivals verändert. Die inhaltliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit der Filmfestivals muss auch in Zukunft eine Fördervoraussetzung bleiben.

­

Die Entwicklung des Filmkonsums über verschiedene Plattformen stellt die Filmvermittlung für Kinder und Jugendliche sowie für weitere Zielgruppen vor Herausforderungen.

Ziele und Massnahmen Die bisherigen Fördermassnahmen werden mit punktuellen Anpassungen in der Periode 2021­2024 weitergeführt. Den vorstehend dargestellten Herausforderungen soll wie folgt begegnet werden: ­

Die Rahmenbedingungen der Förderung von Filmfestivals sind so anzupassen, dass Gewinne aus subventionierten Tätigkeiten ausschliesslich für den festgelegten Förderzweck verwendet werden können (vgl. Ziff. 4.2). Subventionierte Institutionen und Unternehmen sind zur Transparenz verpflichtet.

­

Der Bereich der Filmvermittlung für Kinder und Jugendliche sowie weiterer spezifischer Zielgruppen wird in die Strategie des BAK zur kulturellen Teilhabe eingebunden und mit den Kantonen koordiniert. Bei der Erarbeitung der Förderkriterien werden die neuen digitalen Konsumgewohnheiten berücksichtigt.

3.3.6.4

Filmerbe der Schweiz

Ausgangslage und Herausforderungen Die Erhaltung des Schweizer Filmerbes gehört zu den Kernaufgaben des Bundes.

Damit auch künftige Generationen einen Zugang zum Schweizer Filmerbe erhalten können, fördert der Bund seit über sechzig Jahren die Stiftung Cinémathèque Suisse mit Sitz in Lausanne und dem Archivstandort in Penthaz. Die Sammlung der Cinémathèque gehört zu den weltweit bedeutendsten Filmarchiven. Ihre historischen Bestände umfassen zum grossen Teil analoge Filmrollen. Seit 2012 kommen rein digital produzierte Filme dazu. Zu den Grundaufgaben der Cinémathèque gehören die Sammlung, Erhaltung, Erschliessung und Vermittlung von nationalen und internationalen Filmen mit Bezug zur Schweiz (Helvetica). Ein entsprechendes Sammlungskonzept mit klarer Priorisierung auf Helvetica wurde in der Förderperiode 2016­2020 erstellt.

Die Periode 2016­2020 umfasst in finanzieller Hinsicht neben den ordentlichen Betriebsbeiträgen des Bundes eine Zusatzfinanzierung (7,2 Mio. CHF) für den Bau und den Betrieb eines digitalen Filmarchivs der Cinémathèque. Aufgrund der weltweiten Umstellung auf digitale Filmproduktion ab 2012 wurde eine neue digitale Infrastruktur unumgänglich. Dank diesem Archiv können die Archivierung von digitalen Filmen und der Zugang zum Filmerbe auch in Zukunft sichergestellt werden.

3200

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Dem Bund stellen sich im Bereich des Filmerbes folgende Herausforderungen: ­

Der Umgang mit dem Filmerbe wird aufgrund der Digitalisierung immer anspruchsvoller, weil einerseits die Anzahl der hergestellten Filme sowie die Datenmengen exponentiell zugenommen haben. Das Risiko von Datenverlusten ist gegenüber dem analogen Film gestiegen. Andererseits müssen auch die analogen fotochemischen Filmbestände weiterhin gepflegt werden.

Die schiere Menge an digitalem Material und die Begrenzung der finanziellen und personellen Ressourcen stellt die Archivare vor schwierige Herausforderungen.

­

Aktuell verfügen die Filmarchive noch über keine gefestigten Standards, um digitale Filminformationen über mehrere Jahrzehnte bzw. Jahrhunderte zu konservieren. Filme im analogen Format (Filmrollen) mit einer Haltbarkeit von weit über 100 Jahren gelten deshalb heute noch als die sicherste, aber kurzfristig kostspieligste Art der Aufbewahrung. Die digitale Langzeitarchivierung von Filmen steht noch am Anfang der Entwicklung und erfordert eine klare Strategie.

­

Der Zugang zu Filmen für die breite Öffentlichkeit ist eine weitere Herausforderung. Filme sind nach Abschluss der Auswertung häufig nur schwer aufzufinden. In dieser Hinsicht ist der öffentliche Zugang des Filmerbes über Online-Plattformen sicherzustellen. Dieser Zugang kann in Kooperationen mit bestehenden Plattformen eingerichtet werden. Eine mögliche Umsetzung soll mit der SRG SSR und der Cinémathèque geprüft werden.

­

Die Bedeutung des audiovisuellen Erbes bei Filmfestivals im In- und Ausland nimmt stetig zu. Mit einem Gesamtanteil von rund 20 Prozent des restaurierten und digitalisierten Filmerbes in Programmen von Filmfestivals erschliessen sich dadurch neue Märkte und Zielpublika.

Ziele und Massnahmen Die bisherigen Fördermassnahmen werden mit punktuellen Anpassungen in der Periode 2021­2024 weitergeführt. Den vorstehend dargestellten Herausforderungen soll wie folgt begegnet werden: ­

Die Cinémathèque muss ihre Sammlung kontinuierlich digitalisieren, um den Zugang zu den Filmen für die verschiedenen Zielpublika (Öffentlichkeit, Schulen, Forschung, Filmfestivals usw.) zu verbessern. Aufgrund der Menge an Filmen muss die Digitalisierung von der Cinémathèque nach klaren Kriterien durchgeführt werden, namentlich nach der Dringlichkeit der Bewahrung und der Nachfrage. Dabei sind auch die fotochemischen Bestände im Rahmen der gleichen Priorisierungen zu pflegen. Die Cinémathèque passt ihr Sammlungskonzept den neuesten Standards und technischen Entwicklungen an.

­

Im Bereich der Langzeitarchivierung muss die Cinémathèque nachhaltige und international gültige Standards, die einen gewissen Investitionsschutz für die Bundesbeiträge bieten, definieren und sicherstellen. Die gesetzlichen Grundlagen sind anzupassen, damit Filme, die massgeblich mit Bundesmit-

3201

BBl 2020

teln hergestellt wurden, auch nach der Erstauswertung für die Öffentlichkeit zugänglich bleiben (vgl. Ziff. 4.2).

­

3.3.6.5

Bei der Restauration von Filmen ist aufgrund der grossen Anzahl von Filmen und der limitierten Ressourcen eine Priorisierung im Rahmen des Sammlungskonzeptes unumgänglich. Dabei soll auch das in der Schweiz vorhandene Restaurationswissen genutzt bzw. verstärkt werden.

Internationale Zusammenarbeit

Ausgangslage und Herausforderungen Die internationale Zusammenarbeit ist für das Filmschaffen essenziell. Filmkoproduktionen zwischen zwei oder mehreren Ländern ermöglichen eine bessere Finanzierung eines Projekts und erreichen aufgrund der gegenseitigen Anerkennung als nationale Filmproduktionen einen besseren Marktzugang im jeweiligen Land. Koproduktionen mit Schweizer Beteiligung werden doppelt so häufig in ausländischen Kinos gezeigt wie «reine» Schweizer Filme. Aus diesem Grund hat die Schweiz mit allen Nachbarländern sowie mit Kanada, Luxemburg und Belgien (Communauté Française de Belgique) bilaterale Koproduktionsabkommen abgeschlossen. 2018 ist ein neues bilaterales Abkommen zwischen der Schweiz und Mexiko hinzugekommen. Viele der heute in der Schweiz hergestellten Filme werden koproduziert.

Die Präsenz des Schweizer Films bei in- und ausländischen Filmfestivals beschränkt sich nicht nur auf das zeitgenössische Filmschaffen, sondern erfährt in den vergangenen Jahren eine Ausweitung auf das reichhaltige Filmerbe der Schweiz. Dadurch wird die Visibilität der Filmkultur und der Zugang dazu gestärkt. Dies fördert die Wahrnehmung der Schweiz als Filmland im Ausland und befördert indirekt die Herstellung von Koproduktionen.

Die Schweiz ist Mitglied des Filmförderfonds für europäische Koproduktionen «Eurimages» des Europarates. Dieser Fonds fördert die Herstellung von international koproduzierten Filmen. Die jährlichen Rückflüsse aus diesem Programm übertrafen in den letzten Jahren jeweils den Beitrag des Bundes.

Zwischen 2006 und 2013 nahm die Schweiz am MEDIA-Programm der EU teil. Seit 2014 hat die EU die zuvor eigenständig existierenden Unterprogramme MEDIA (zur Förderung der Filmbranche) und «Kultur» (zur Förderung der Kultur- und Kreativbranche) in das Rahmenprogramm «Kreatives Europa» zusammengefasst. Nach der Abstimmung vom 9. Februar 2014 über die Volksinitiative «Gegen die Masseneinwanderung» wurden die Gespräche über eine Schweizer Teilnahme am Programm Kreatives Europa 2014­2020 von der EU vorläufig sistiert und im Frühjahr 2014 auf technischer Verhandlungsebene wiederaufgenommen. Aufgrund offener Punkte kam es jedoch zu keinem Abschluss der Verhandlungen. Unter anderem stellt die Angleichung an die AVMD-Richtlinie eine Voraussetzung für eine Teilnahme der Schweiz am Programm «Kreatives
Europa» dar. Die EU macht die Teilnahme zudem vom Abschluss eines institutionellen Abkommens abhängig. Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit ist eine Teilnahme am aktuellen Programm nicht mehr realistisch, da die Programmperiode Ende 2020 ausläuft. Eine Teilnahme für die nächste Programmpe3202

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riode 2021­2027 wird aktuell geprüft. Seit 2014 bestehen nationale Ersatzmassnahmen, welche die grössten Nachteile der Nichtteilnahme am MEDIA-Programm abfedern. Verschiedene neue Fördermassnahmen, die im MEDIA-Unterprogramm 2014­2020 erstmals enthalten sind ­ wie die Förderung von Games und Medien ­, werden durch die Ersatzmassnahmen nicht kompensiert. Es ist derzeit nicht vorgesehen, die bisherigen MEDIA-Ersatzmassnahmen inhaltlich auszubauen.

Es stellen sich in Bezug auf die internationale Zusammenarbeit im Filmbereich folgende Herausforderungen: ­

Die Schweiz nimmt seit Ende 2013 nicht mehr am Filmförderungsprogramm MEDIA der EU teil. Auch wenn die finanziellen Nachteile der Schweizer Filmbranche durch die rasche Einführung nationaler Ersatzmassnahmen ab Sommer 2014 zu einem Teil kompensiert werden können, erfordert der Wegfall der europäischen Netzwerke eine Neupositionierung der Schweiz im internationalen Kontext.

­

Die effektive Gestaltung und Umsetzung von schlanken Rahmenbedingungen für die internationale Kooperation erfordert einen Austausch mit den wichtigsten Förderinstitutionen in den jeweiligen Vertragsstaaten.

Ziele und Massnahmen Die bisherigen Fördermassnahmen werden mit punktuellen Anpassungen in der Periode 2021­2024 weitergeführt. Den vorstehend dargestellten Herausforderungen soll wie folgt begegnet werden: ­

Die Teilnahme am EU-Programm «Kreatives Europa» bzw. die Erneuerung der Teilnahme am Unterprogramm MEDIA ab 2021 wird weiterhin angestrebt.

­

Die Fortführung der nationalen Ersatzmassnahmen soll in der Zwischenzeit die finanziellen Nachteile aus der Nichtteilnahme an diesem Programm abfedern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Filmschaffenden erhalten.

­

Die Promotion des Schweizer Filmschaffens im Ausland (über die Stiftungen Swissfilms und Cinémathèque Suisse) sowie die internationale Weiterbildung (über die Stiftung FOCAL) soll gezielter auf die internationale Strategie des Bundes abgestimmt werden.

3.4

Kulturerbe

3.4.1

Einleitung

Das Gefühl von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit beruht auf einem gemeinsamen Kulturerbe. Kulturerbe umfasst materielle, immaterielle und digitale Kulturgüter und entsteht aus der Interaktion der Menschen untereinander sowie mit ihrer Umwelt und orientiert sich an deren Erinnerungsbedürfnissen.

2018 beteiligte sich die Schweiz am Europäischen Jahr des kulturellen Erbes. Der Bund unterstützte diese Initiative massgeblich und setzte eigene Projekte um. Über 3203

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1500 meist zivilgesellschaftlich organisierte Veranstaltungen boten die Gelegenheit, sich mit dem kulturellen Erbe in seiner ganzen Vielfalt auseinanderzusetzen. Innovative und digitale Formate erlaubten, ein neues, auch jüngeres Publikum anzusprechen. Die Initiative des Europäischen Jahres machte deutlich, dass es ein Bedürfnis gibt, am kulturellen Erbe der Schweiz teilzuhaben. Das von der Schweiz 2019 ratifizierte Faro-Konvention hat ebendiese Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe im Bereich des Kulturerbes zum Ziel (vgl. Ziff. 3.5). Seine Umsetzung soll die Erkenntnisse des Europäischen Jahres des kulturellen Erbes nachhaltig weiterführen.

Der Bund verfügt über sektorspezifische Strategien, um das Kulturerbe der Schweiz zu schützen, zu pflegen, zu vermitteln und zugänglich zu machen. Die folgenden Kapitel behandeln die Museen und Sammlungen des Bundes sowie die Nationalbibliothek. Weitere Aspekte des kulturellen Erbes werden in den entsprechenden Sachkapiteln dargestellt (vgl. namentlich Ziff. 3.3.6.4 zum Filmerbe der Schweiz).

3.4.2

Schweizerisches Nationalmuseum

Unter dem Dach des Schweizerischen Nationalmuseums (SNM) sind drei Museen ­ das Landesmuseum Zürich, das Château de Prangins, das Forum Schweizer Geschichte Schwyz ­ sowie das zugehörige Sammlungszentrum in Affoltern am Albis vereint. Die drei Bundesmuseen präsentieren Schweizer Geschichte von den Anfängen bis heute und erschliessen ­ mit permanenten und temporären Ausstellungen ­ die schweizerischen Identitäten sowie die Vielfalt der Geschichte und Kultur unseres Landes.

Ausgangslage und Herausforderungen Die Sammlungsbestände des SNM widerspiegeln das Handwerk und Kunsthandwerk sowie die Kulturgeschichte der Schweiz. Sie sind im öffentlich zugänglichen Sammlungszentrum untergebracht und dienen als Quelle und Ausgangspunkt jeder Forschungs- und Ausstellungstätigkeit. Das Sammlungszentrum hat sich zu einem über die Schweizer Grenzen hinaus renommierten Kompetenzzentrum für Depotstrukturierung, Objekterhaltung, Materialanalytik und Konservierungsforschung entwickelt. Seine Depots und Ateliers befinden sich an zwei Standorten in Affoltern am Albis. In seiner Berichterstattung über die Erfüllung der strategischen Ziele der verselbstständigten Einheiten des Bundes49 stellt der Bundesrat fest, dass das SNM den Auftrag gemäss MSG und den daraus abgeleiteten strategischen Zielen des Bundesrates erfüllt.

Das meistbesuchte kulturhistorische Museum der Schweiz ist das Landesmuseum Zürich; es präsentiert in seinen Dauerausstellungen die Schweizer Geschichte von der Ur- und Frühgeschichte bis ins 21. Jahrhundert. Das Château de Prangins ­ das grösste noch öffentlich zugängliche Schweizer Schloss aus dem 18. Jahrhundert mit Park und historischem Gemüsegarten am Genfersee bei Nyon ­ macht für die Besucherinnen und Besucher die Zeit der Aufklärung aus der Perspektive eines Barons 49

Abrufbar unter: www.efv.admin.ch > Themen > Finanzpolitik > Grundlagen > Corporate Governance > Berichterstattung des Bundesrates

3204

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und seiner Schlossdomäne erlebbar. Das Forum Schweizer Geschichte Schwyz ist eines der bedeutendsten kulturhistorischen Museen im Alpenraum; es ist ein modernes, dem Diskurs verpflichtetes Geschichtsmuseum und stellt mit einer permanenten Ausstellung die Entstehungsgeschichte der ersten Landsgemeinden vor.

Standortinfrastruktur Das Sammlungsdepot des SNM in Affoltern am Albis ist auf zwei Standorte verteilt (Lindenmoosstrasse und Zeughausstrasse). Um das Liegenschaftsportfolio des Bundes und den Betrieb des Sammlungszentrums zu optimieren, ist die Zentralisierung und entsprechende Erweiterung am Standort Lindenmoosstrasse geplant.

Rund 20 Jahre nach der Eröffnung des Westschweizer Sitzes des SNM sind die Ausstellungsräume im Château de Prangins technisch nicht mehr auf dem Stand anderer Standorte und haben vermeidbare erhöhte Betriebsaufwendungen zur Folge.

Digitales im Museum Dank der Digitalisierung der Sammlung ist deren Zugänglichkeit auf OnlinePortalen wie der «Sammlung online» des SNM oder diversen nationalen und internationalen Museums- und Forschungsportalen markant erhöht worden. Ein Teil der Sammlungen kann auch in den Studienzentren in Zürich und Prangins konsultiert werden. Dieses Angebot richtet sich insbesondere an Berufsleute als Inspirationsquelle, aber auch an Hochschulen für die Ausbildung am Objekt.

Das SNM kommuniziert über zahlreiche Kanäle (on- und offline), die von den entsprechenden Zielgruppen genutzt werden. Mit dem Ausbau der Kommunikationsleistungen wird auch die Überprüfung der Zielgruppenrelevanz immer wichtiger.

Um diese Kontrolle sicherzustellen, ist das SNM bestrebt, mehr und mehr Inhalte auf den eigenen digitalen Kanälen zu verbreiten. Dies macht eine schrittweise Verschiebung der Ressourcen von analogen zu digitalen Aktivitäten von Marketing und Kommunikation erforderlich.

Besuchersegmente Zu den zentralen Aufgaben der kommenden Jahre gehört selbstredend das Erreichen neuer Zielgruppen. Der andauernde Wandel der Gesellschaft zeigt seine Auswirkungen. Die Erwartungen und Ansprüche von Museumsbesucherinnen und -besuchern haben sich verändert, sie steigen stetig an und werden zunehmend heterogener. Die Ausstellungspolitik des SNM hat die ganze Bevölkerung der Schweiz sowie die Besuchenden aus dem Ausland im Auge.

Gesamtheitliche Museumsarbeit Im Hinblick auf
den vergrösserten Betrieb wurde eine Betriebsanalyse erstellt, die von 6 Millionen Franken an gebäude- und nutzerspezifischen Mehrkosten pro Jahr in Zusammenhang mit der Museumserweiterung ausging. Im Rahmen der Kulturbotschaft 2016­2020 hat das Parlament für den erweiterten Museumsbetrieb schliesslich 4,46 Millionen Franken pro Jahr gesprochen. Tatsächlich stehen dem SNM in der laufenden Finanzierungsperiode aufgrund erfolgter Teuerungsanpassungen insgesamt 6,5 Millionen Franken weniger zur Verfügung als ursprünglich im Rahmen der Kulturbotschaft 2016­2020 vom Parlament beschlossen. Die entspre3205

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chenden Anpassungen gehen zulasten der Bereiche Ausstellungswesen und Sammlungsbewirtschaftung.

Ziele und Massnahmen Das Schweizerische Nationalmuseum wird per Ende 2020 alle Etappen des Gesamtprojekts «Neues Museum» ­ darin eingeschlossen die Überführung in die neue Rechtsform einer öffentlich-rechtlichen Anstalt, die Erweiterung und Sanierung des Landesmuseums Zürich sowie die Umzüge sämtlicher Sammlungsbestände von den dezentralen Lagern in die Depots nach Affoltern am Albis ­ abgeschlossen haben.

Nach Abschluss dieses Gesamtprojektes wird das SNM ab dem Jahr 2021 von der Aufbauphase in eine Konsolidierungsphase übergehen.

Standortinfrastruktur Die zwei Standorte des Sammlungszentrums in Affoltern am Albis werden zusammengelegt. Dies erlaubt dem SNM die Zusammenführung aller Aktivitäten des Sammlungszentrums an einem einzigen Standort und der Eidgenossenschaft die Umnutzung der geräumten Liegenschaft.

Die Ausstellungsräume im Château de Prangins sind nach Massgabe der verfügbaren Mittel zu sanieren und nachzurüsten. Die Anpassungen sollen es dem SNM mittelfristig erlauben, eine technisch adäquate und nachhaltige Ausstellungstätigkeit zu betreiben, hochkarätige Leihgaben auszustellen und Kooperationen mit international renommierten Museen einzugehen.

Digitales im Museum Der Megatrend der Digitalisierung hatte für das SNM bereits zu Beginn der 2000erJahre Folgen. Die Anfänge der «Sammlung Online» gehen auf das Jahr 2003 zurück.

Für die Zukunft wird die Sammlungspolitik des SNM darauf abzielen, auch original digitales («digitally born») Kulturgut aufzubewahren.

Besuchersegmente Angesichts der Segmentierung unserer Gesellschaft sind besondere Anstrengungen im Bereich Bildung und Vermittlung angezeigt, namentlich für Lehrerinnen und Lehrer sowie Dozentinnen und Dozenten der Volksschulen, Berufsfachschulen, Gymnasien, Fachhochschulen und Universitäten. Das SNM wird im Rahmen von nationalen Austauschprogrammen mit der Agentur Movetia zusammenarbeiten.

Gesamtheitliche Museumsarbeit Zur Sicherstellung einer nachhaltigen Museumsarbeit haben die vier Häuser des SNM Zielorte zu sein für die Aneignung von Wissen über Geschichte und Identität der Schweiz. Die Vielseitigkeit des Landes und die permanente Gegenwärtigkeit heutiger Diskurse erfordern thematisch anziehende und abwechslungsreiche
Ausstellungskonzepte, die jeder Ausstellung vorausgehenden Arbeiten an der Sammlung von Konservatoren und Restauratoren sowie die Vernetzung mit in- und ausländischen Kooperationspartnern. Die Profile der Ausstellungen sind ständig neu zu schärfen, um die Attraktivität der Häuser zu erhöhen, die entsprechende Publikumsfrequenzen nach sich zieht.

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Die generellen und alles übergreifenden Zielsetzungen des SNM in der Förderperiode 2021­2024 sind, mit zeitgemässer und engagierter Museumsarbeit den eingeschlagenen Weg ­ die kulturelle Teilhabe und Kohäsion, auch mit dem Austausch zwischen den Sprach- und Kulturregionen der Schweiz ­ mit Erfolg fortzuschreiten und neue Potenziale frühzeitig zu erkennen und zu nutzen.

3.4.3

Tätigkeiten des Bundesamtes für Kultur im Bereich Museen und Sammlungen

Mit 1118 Museen verfügt die Schweiz über eine sehr dichte und vielfältige Museumslandschaft mit bedeutenden Sammlungen. Seit 2017 erstellt der Bund einen jährlichen Überblick über die unterschiedlichen Einrichtungen und ihre Kennzahlen.50 Das Angebot der Museen stösst mit durchschnittlich 13,3 Millionen Besucherinnen und Besuchern pro Jahr und den vielfältigen Beiträgen zur Bewahrung, Erforschung und Vermittlung des kulturellen Erbes auf eine grosse Resonanz.51 Die Museen sind Bindeglieder zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart. Sie bewahren das materielle und immaterielle kulturelle Erbe und schaffen Räume für zukunftsgerichtete, gesellschaftliche Diskurse. Mit ihrer Arbeit tragen die Museen als Bildungs- und Forschungsinstitutionen aktiv zur Kulturvermittlung und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei. Dabei beschreiten sie kreative und innovative Wege und stellen einen relevanten Wirtschaftsfaktor dar.

Der Bund nimmt im Bereich der Museen und Sammlungen eine wichtige Funktion wahr: Zunächst führt er eigene Museen und Sammlungen. Ferner unterstützt er ausgewählte Museen, Sammlungen und Netzwerke Dritter von gesamtschweizerischer Bedeutung mit finanziellen Beiträgen. Er führt im Weiteren die Anlaufstelle NS-Raubkunst als Kompetenzzentrum des Bundes, damit für Werke der NSRaubkunst gerechte und faire Lösungen gefunden werden, und trägt mit den Arbeiten der Fachstelle internationaler Kulturgütertransfer zur Bekämpfung des illegalen Handels mit gestohlenen und geplünderten Kulturgütern bei.

Aufgrund gesellschaftlicher und technologischer Entwicklungen bestehen für die Museen und Sammlungen in der Schweiz vielfältige Herausforderungen. Diese betreffen prioritär die Digitalisierung, die Ausgestaltung der Vermittlungstätigkeit, die Sammlungspolitik und die Betriebsführung. Eine weitere Herausforderung ist der rechtlich und ethisch verantwortliche Umgang mit dem kulturellen Erbe, welcher insbesondere im Bereich der NS-Raubkunst, der archäologischen Kulturgüter aus Raubgrabungen und der Kulturgüter aus einem kolonialen Kontext von grosser Relevanz ist.

50 51

www.bfs.admin.ch > Statistiken finden > Kultur, Medien, Informationsgesellschaft, Sport > Schweizerische Museumsstatistik www.bak.admin.ch > Themen > Kulturstatistiken > Taschenstatistik Kultur in der Schweiz 2018

3207

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3.4.3.1

Betrieb von Museen und Sammlungen

Ausgangslage und Herausforderungen Für die vier Museen des BAK (Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz» in Winterthur, Museo Vincenzo Vela in Ligornetto, Museum für Musikautomaten in Seewen und Museum Kloster St. Georgen in Stein am Rhein) sowie für die «Kunstsammlungen des Bundes» (bestehend aus der Bundeskunstsammlung und der Sammlung der Gottfried-Keller-Stiftung) sind folgende Herausforderungen hervorzuheben: ­

Digitalisierung: Die Kunstsammlungen des Bundes umfassen rund 28 100 Werke. Bis 2020 werden in Erfüllung des Postulates 12.4055 Bulliard mindestens 1000 Werke, davon 200 mit Erläuterungstext in drei Landessprachen kostenlos online für die Öffentlichkeit abrufbar gemacht. Diese Arbeiten decken jedoch erst einen Bruchteil der gesamten Sammlungsbestände des Bundes ab.

­

Vermittlungstätigkeit: Die Gestaltung eines attraktiven und partizipativen Vermittlungsangebotes für unterschiedliche und neue Besuchergruppen bleibt eine Kernaufgabe der Museen des Bundes.

­

Infrastruktur: Die Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz» kann in den bestehenden Räumen lediglich einen Teil der Sammlung präsentieren und verfügt insbesondere über keine freien Flächen für Wechselausstellungen.

Dem Bund liegt ein Schenkungsangebot vor, das den südwestlichen Teil des Parks mit denkmalgeschützter Badeanlage umfasst (derzeit in Privateigentum). Die Annahme des Schenkungsangebots könnte einen Mehrwert für eine zeitgemässe museale Nutzung darstellen und einen Beitrag zum Erhalt dieses Baudenkmals erbringen.

­

Sammlungskonzept und Betriebsführung: Die Museen und Kunstsammlungen des Bundes haben in den Jahren 2018 und 2019 ihre «Sammlungs- und Betriebskonzepte» nach einheitlichen Vorgaben erneuert und untereinander sowie mit Dritten abgestimmt. Für die Kunstsammlungen des Bundes wurde im Jahr 2018 auf Empfehlung der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) ein neues Konzept zur Kontrolle der Sammlungsbestände eingeführt.52 Die Konzepte sind umzusetzen und periodisch an künftige Rahmenbedingungen anzupassen.

­

Verantwortlicher Umgang mit dem kulturellen Erbe: Die Einhaltung der für einen ethisch und rechtlich einwandfreien Umgang mit dem kulturellen Erbe wegweisenden Rahmenbedingungen ist für die bundeseigenen Museen und Sammlungen des BAK bindend und verpflichtend.

Ziele und Massnahmen ­

52

Digitalisierung: Die digitale Erfassung der bedeutenden Werke der bundeseigenen Museen und Sammlungen des BAK wird fortgesetzt, um sie online Der Bericht der EFV ist abrufbar unter: www.efv.admin.ch > Publikationen > Kultur und Sport

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einer breiten Öffentlichkeit kostenlos zugänglich zu machen. Zusätzlich zu den Werktexten sollen auch aktualisierte Angaben zur Provenienz der Kunstwerke digital abrufbar sein.

­

Vermittlungstätigkeit: Für die Ausgestaltung der Vermittlungsangebote stehen neben Wechselausstellungen mehrsprachige Angebote für unterschiedliche Besuchergruppen wie Schulklassen, Menschen mit Migrationshintergrund, Betagte sowie für Personen mit erschwertem Zugang zu musealen Angeboten besonders im Vordergrund.

­

Infrastruktur: Für die Sammlung Oskar Reinhart «Am Römerholz» ist es das Ziel, die Rahmenbedingungen für dessen Vermittlungstätigkeiten zu verbessern. Dazu wird über das Schenkungsanbot gestützt auf die vorliegende Machbarkeitsstudie des BBL zu entscheiden sein. Eine allfällige Annahme der Schenkung wäre mit Folgekosten verbunden, für die gegebenenfalls im Rahmen der zivilen Baubotschaft separat Antrag gestellt würde, sollten die erwarteten Kosten dies erfordern.

­

Sammlungskonzept und Betriebsführung: Die Sammlungs- und Betriebskonzepte der bundeseigenen Museen und Kunstsammlungen werden umgesetzt.

Dies beinhaltet eine jährliche Überprüfung sowie die periodische Anpassung der Vorgaben an allfällige Entwicklungen.

­

Verantwortlicher Umgang mit dem kulturellen Erbe: Die bundeseigenen Museen und Sammlungen des BAK setzen die gesetzlichen und deontologischen Vorgaben zum Umgang mit Kulturgütern um und berücksichtigen dabei jeweils die neusten Erkenntnisse.

3.4.3.2

Finanzhilfen an Museen und Sammlungen Dritter

Ausgangslage und Herausforderungen Mit Betriebsbeiträgen an Museen und Sammlungen Dritter fördert der Bund Museen von gesamtschweizerischer Bedeutung. Sie dienen der Finanzierung von Massnahmen zur Erhaltung, Bewahrung und Vermittlung des kulturellen Erbes.

2017 fand erstmals eine öffentliche Ausschreibung der Betriebsbeiträge an Museen und Sammlungen statt. Darauf gestützt bestimmte der Bund dreizehn Museen für eine finanzielle Unterstützung.53 Die Beiträge bewegen sich im Bereich von 5­ 7 Prozent des Betriebsaufwandes der unterstützten Museen. Die Frage einer allfälligen Ablösung der Betriebsbeiträge durch Projektbeiträge wurde von der Arbeitsgruppe «Museumspolitik» des Nationalen Kulturdialogs geprüft und verworfen, da Betriebsbeiträge gegenüber Projektbeiträgen schwieriger mit Drittmitteln zu finanzieren sind.

Neben Betriebsbeiträgen richtet der Bund im Museumsbereich zwei weitere Arten von Finanzhilfen aus: Mit Beiträgen an Versicherungsprämien unterstützt der Bund Drittmuseen bei der Versicherung von Leihgaben für bedeutende Ausstellungen.

53

Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Aktuelles > Medieninformation > Archiv > Medienmitteilungen 2017 > Der Bund unterstützt zukünftig 13 Museen mit Betriebsbeiträgen

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Aufgrund der Wertsteigerung von herausragenden Kunstwerken wurden die Versicherungsprämien für viele Museen in den letzten Jahren zu einer erheblichen zusätzlichen finanziellen Belastung. Das BAK hat die Praxis der Vergabe von Beiträgen an Versicherungsprämien im Rahmen eines Berichtes vom 22. Dezember 2016 zuhanden der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-S) geprüft.54 Der Bericht kommt zum Schluss, dass das aktuelle Modell zielführender ist als die Einführung einer Staatsgarantie und daher weitergeführt werden soll.

Projektbeiträge dienen der Erhaltung des kulturellen Erbes, wobei die unterstützte Thematik vom Bund periodisch festgelegt wird. In der vergangenen Kulturbotschaft wurden damit Projekte unterstützt, die der Abklärung und Publikation der Provenienzen von Kunstwerken dienen, insbesondere im Bereich der NS-Raubkunst.

Ziele und Massnahmen Die Betriebsbeiträge an Museen und Sammlungen Dritter werden auch für die Folgeperiode öffentlich ausgeschrieben. Dies unter Beibehaltung der bisherigen Förderkriterien. Die Ausschreibung erfolgt im Jahr 2020 mit Wirkung ab 2023.

Damit bleibt den Museen ein genügender zeitlicher Vorlauf zwischen dem Förderentscheid und dessen Wirksamkeit.

Die Beiträge an Versicherungsprämien werden für die Periode 2021­2024 erneut ausgeschrieben. Auch die Projektbeiträge werden im 2021 erneut ­ zunächst für eine zweijährige Periode ­ für die Thematik der «Provenienzforschung» ausgeschrieben. Sofern der Bedarf an Unterstützung gegeben ist, wird die Provenienzforschung auch in der zweiten Hälfte der Förderperiode unterstützt. Ansonsten werden in der zweiten Hälfte der Förderperiode neu Projekte zur Thematik der «Digitalisierung im Museumskontext» gefördert werden.

3.4.3.3

Betriebsbeiträge an Netzwerke Dritter

Ausgangslage und Herausforderungen Mit Betriebsbeiträgen an Netzwerke Dritter fördert der Bund Kompetenzzentren, die seit 2018 wie folgt definiert werden: Ein Netzwerk erbringt national und international anerkannte Expertiseleistungen zugunsten anderer Kulturinstitutionen in den Bereichen Erschliessung, Erhaltung oder Vermittlung des kulturellen Erbes. Die Tätigkeit eines Netzwerkes muss gesamtschweizerisch ausgerichtet sowie national und international vernetzt sein.

Die vom Bund auf dieser Basis aktuell unterstützten Netzwerke umfassen den Verband der Museen der Schweiz (unterstützt seit 2014), den Schweizer Museumspass (unterstützt seit 2014) und das Alpine Museum der Schweiz (als Netzwerk unterstützt seit 2019). Dazu kommen die vom Bund geförderten Netzwerke im Bereich 54

Bericht des BAK vom 22. Dezember 2016 zuhanden der WBK-S zur Prüfung einer «Staatsgarantie» des Bundes für Kunstwerke im Leihverkehr zwischen Museen: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Museen, kulturelle Institutionen, Sammlungen > Aktuelles

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des audiovisuellen Erbes: Es handelt sich um den Verein Memoriav (unterstützt seit 2010), die SAPA55 (unterstützt vom BAK seit der Fusion 2017, wobei bereits die Vorgängerinstitutionen ­ das Schweizerische Tanzarchiv und das Schweizerische Theaterarchiv ­ vom Bund unterstützt wurden) und die Schweizerische Stiftung für die Photographie (Fotostiftung, vom Bund unterstützt seit ihrer Gründung 1971).

Für die vom Bund unterstützten Netzwerke im Bereich des audiovisuellen Erbes (Memoriav, SAPA und Fotostiftung) stellen sich folgende Herausforderungen: ­

Digitalisierung und Zugang: Beim audiovisuellen Erbe erfordert insbesondere der Bereich der digitalen Archivierung neue Fachkompetenzen, um das bedeutende Erbe besser zu erschliessen und der Öffentlichkeit im In- und Ausland zugänglich zu machen.

­

Langzeitarchivierung: Die Institutionen im Bereich des audiovisuellen Erbes werden in den kommenden Jahren mit Fragestellungen der digitalen Langzeitarchivierung konfrontiert sein. Diese Fragestellungen betreffen die Bereiche Auswahl, Technik und Finanzierung.

­

Sammlung: Es gilt, die Sammlungen gezielt und unter Berücksichtigung der beschränkten Ressourcen zu entwickeln und zu pflegen.

­

Institutionelle Zusammenarbeit: Der Umgang mit dem audiovisuellen Erbe erfordert eine intensive Zusammenarbeit mit weiteren spezialisierten Institutionen.

Ziele und Massnahmen Der Bund wird in der Periode 2021­2024 die bis anhin geförderten thematischen Netzwerke weiterhin unterstützen. Neu ist die Unterstützung des Verbandes «Bibliosuisse» ab 2021 geplant, da dieser eine wesentliche Rolle bei der Setzung von Standards im Bereich des Bibliothekswesens sowie der Vernetzung spielt. Für die Netzwerke des audiovisuellen Erbes wird eine eigene Förderkategorie geschaffen. In diesem thematischen Bereich wird der Bund weiterhin den Verein Memoriav, SAPA und die Fotostiftung unterstützen. Für Netzwerke des audiovisuellen Erbes gelten insbesondere die folgenden Ziele und Massnahmen:

55

­

Digitalisierung und Zugang: Es gilt die digitalen Fachkompetenzen zu stärken und eine kohärente Zugangspolitik im Sinne einer möglichst weitgehenden Teilhabe der Bevölkerung an den vom Bund unterstützten Sammlungsinstitutionen zu erarbeiten.

­

Langzeitarchivierung: Durch geeignete Massnahmen ist die Langzeitarchivierung des audiovisuellen Erbes zu gewährleisten. Dabei ist insbesondere die Abstimmung mit den weiteren in diese Thematik involvierten Institutionen sicherzustellen.

­

Sammlung: Der Sammlungsauftrag ist aufgrund von einheitlichen Kriterien auf Helvetica zu fokussieren. Die Archivierung von analogen Dokumenten muss inhaltlich priorisiert werden. Bei der Fotostiftung ist sodann die Neuorganisation und Restrukturierung der heutigen Räumlichkeiten notwendig, Stiftung SAPA, Schweizer Archiv der Darstellenden Künste

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zumal das Archiv bereits heute Kapazitätsprobleme hat und absehbar ist, dass in den kommenden Jahren bedeutende Bestände der Fotostiftung übergeben werden.

­

Institutionelle Zusammenarbeit: Die Netzwerke arbeiten mit in- und ausländischen Institutionen zusammen, damit die bestmöglichen Sammlungs-, Bewahrungs- und Vermittlungspraktiken ressourcenschonend erarbeitet und weiterentwickelt werden können.

Die Neuaufnahme von «Bibliosuisse» zu den vom Bund geförderten Netzwerken ab 2021 und der zusätzliche Finanzbedarf der Fotostiftung im Bereich der Räumlichkeiten und der analogen Archivierung erfordern eine Umverteilung der verfügbaren Mittel. Dabei wird die Finanzhilfe des Bundes an den Verein Memoriav gekürzt, da dessen Aufgaben zu Gunsten der SRG SSR aufgrund einer Anpassung des RTVG wegfallen.

3.4.3.4

NS-Raubkunst

Ausgangslage und Herausforderungen Das BAK betreibt die Anlaufstelle Raubkunst, das Kompetenzzentrum für Fragen im Zusammenhang mit der NS-Raubkunst auf Bundesebene. Das EDI und das EDA haben die Arbeiten des Bundes im NS-Raubkunstbereich im Zeitraum von 2011­ 2016 letztmals analysiert und die Ergebnisse publiziert.56 Der Bericht hält folgenden Handlungsbedarf fest: (1) Die Provenienzen sind von den Institutionen systematisch auf einen Handwechsel im Zeitraum 1933­1945 zu untersuchen. (2) Die Resultate der Provenienzforschung sind zu publizieren und die Zugänglichkeit der Archive ist zu verbessern. (3) Bei NS-Raubkunstfällen sind gerechte und faire Lösungen im Sinne der massgebenden internationalen «Richtlinien der Washingtoner Konferenz in Bezug auf Kunstwerke, die von den Nazis konfisziert wurden» (Richtlinien der Washingtoner Konferenz) zu erreichen. Ausschlaggebend für die Einordnung eines Kunstwerks als NS-Raubkunst ist für den Bund, ob der Handwechsel im Zeitraum 1933­1945 eine konfiskatorische Wirkung hatte.

Der Bund hat die Provenienzforschung für die von ihm geführten eigenen Museen und Sammlungen zwischen 2017 und 2020 aktualisiert und die entsprechenden Resultate sollen publiziert werden. Es ist dem Bund ein Anliegen, dass auch die öffentlichen und privaten Eigentümer von Kulturgütern ihre Provenienzforschung weiterhin vorantreiben und die dafür notwendigen Mittel bereitstellen. Er hat darum im Zeitraum 2016­2020 Museen und Sammlungen Dritter 2 Millionen Franken für die Abklärung und Publikation der Provenienzen von Kunstwerken, insbesondere im Bereich der NS-Raubkunst, zur Verfügung gestellt (vgl. Ziff. 3.4.3.2). Dies ermög-

56

Bericht EDI/EDA vom 19. Okt. 2016 über den Stand der Arbeiten des Bundes im Bereich der NS-Raubkunst im Zeitraum von 2011­2016, einsehbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Raubkunst

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lichte die Durchführung von 27 Projekten. Die Resultate wurden publiziert und sind online abrufbar.57 Ziele und Massnahmen Der Bund setzt sich mit den Arbeiten der Anlaufstelle Raubkunst weiterhin dafür ein, dass die Sammlungsbestände in der Schweiz systematisch auf Kunstwerke mit einem Handwechsel im Zeitraum 1933­1945 untersucht und die entsprechenden Resultate von den Museen publiziert werden, um so die Vorkriegseigentümer oder ihre Erben ausfindig zu machen. Diese Provenienzforschung unterstützt der Bund auch weiterhin finanziell mit Projektbeiträgen (vgl. Ziff. 3.4.3.2). Er engagiert sich für die Verbesserung der Zugänglichkeit der Archive und den Austausch mit dem Kunsthandel und den privaten Sammlern. Bei NS-Raubkunstfällen sollen gerechte und faire Lösungen im Sinne der massgebenden internationalen Richtlinien erzielt werden.58

3.4.3.5

Internationaler Kulturgütertransfer

Ausgangslage und Herausforderungen Die Arbeiten im Bereich des internationalen Kulturgütertransfers haben die Erhaltung des beweglichen kulturellen Erbes im In- und Ausland zum Ziel. Sie sollen gewährleisten, dass die Schweiz nicht als Umschlagplatz für den illegalen Kulturgütertransfer missbraucht wird. Mit dem Kulturgütertransfergesetz vom 20. Juni 200359 (KGTG) verfügt die Schweiz über die dafür notwendige gesetzliche Grundlage, die auf dem Übereinkommen vom 14. November 197060 über Massnahmen zum Verbot und zur Verhütung der rechtswidrigen Einfuhr, Ausfuhr und Übereignung von Kulturgut basiert.

In der Förderperiode 2016­2020 schloss der Bund zur Sicherung des kulturellen Erbes bilaterale Vereinbarungen mit Peru und Mexiko über die Einfuhr und die Rückführung von Kulturgut ab. Er unterstützte ferner in den Jahren 2016­2020 Projekte zum Schutz von Kulturgütern, die besonders bedroht waren (z. B. Workshops für arabische Länder betreffend Schutzmassnahmen für das kulturelle Erbe bei Konflikten und Naturkatastrophen). Der Abschluss von bilateralen Vereinbarungen sowie die Unterstützung von Projekten zur Erhaltung des bedrohten kulturellen Erbes machten im internationalen Kontext deutlich, dass sich die Schweiz für den legalen Kulturgüteraustausch engagiert und sich gegen illegale Aktivitäten in diesem Bereich aktiv einsetzt.

57 58 59 60

Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Raubkunst > Provenienzforschung in der Schweiz > Provenienzforschung Dritter Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Raubkunst > Internationale Grundlagen SR 444.1 SR 0.444.1

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Ziele und Massnahmen In einem Entscheid vom 13. Mai 201961 äusserte sich das Bundesgericht zur «rechtswidrigen Einfuhr» sowie zur «unrichtigen Deklaration» von Kulturgut im Sinne des KGTG. Es hielt fest, dass die unrichtige oder fehlende Deklaration von Kulturgut nach geltendem Recht nur dann strafbar ist, wenn es sich um ein Objekt handelt, das unter eine bilaterale Vereinbarung zwischen der Schweiz und einem anderen Staat über die Einfuhr und die Rückführung von Kulturgut fällt. Das BAK ­ so wie auch die kantonalen Strafverfolgungsbehörden ­ gingen dagegen bis anhin gestützt auf den Wortlaut der Strafbestimmung des KGTG davon aus, dass die unrichtige und fehlende Deklaration von Kulturgut allgemein strafbar ist ­ unabhängig vom Bestehen einer bilateralen Vereinbarung. Sollte aber für Kulturgüter aus aktuellen Krisengebieten mangels bilateraler Vereinbarung keine Deklarationspflicht bestehen, könnte die Schweiz in den Ruf einer Handelsplattform von gefährdeten Kulturgütern geraten, was ihrem internationalen Ansehen schaden würde. Um dies zu verhindern, ist eine Anpassung des KGTG notwendig (vgl. Ziff. 4.3). Im Rahmen dieser Anpassung kann gleichzeitig dem Antrag des Bundesrates in der Vorlage «Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht»62 gefolgt und der Strafrahmen des KGTG mit dem neuen Sanktionenrecht harmonisiert werden.

Die vorerwähnte Entscheidung des Bundesgerichts erfolgte wenige Tage vor Eröffnung der Vernehmlassung zur Kulturbotschaft 2021­2024. Die Revision war deshalb nicht Gegenstand der Vernehmlassungsvorlage.

Bilaterale Vereinbarungen sind weiterhin gezielt und nach Dringlichkeit geordnet abzuschliessen. Die Beiträge zu Erhaltung des beweglichen kulturellen Erbes werden weitergeführt und jährlich ausgeschrieben. Es sind prioritär Projekte zu unterstützen, die dem Schutz und Erhalt von besonders gefährdeten beweglichen Kulturgütern dienen. Projekte in oder mit Ländern, mit denen die Schweiz eine bilaterale Vereinbarung über die Einfuhr und die Rückführung von Kulturgut abgeschlossen hat, haben dabei Priorität.

3.4.4

Schweizerische Nationalbibliothek

Die NB ist eine Gedächtnisinstitution des Bundes. Sie überliefert gedruckte und digital gespeicherte Texte, Bilder und Töne, die einen Bezug zur Schweiz haben.

Gemeinsam mit anderen Bibliotheken, Archiven und Museen trägt sie zur Erhaltung des kulturellen Erbes der Schweiz bei.

Ausgangslage und Herausforderungen Gebäude Im ehemaligen Bücherturm des 1931 erbauten Gebäudes wurden nach der Erstellung der Tiefenmagazine Ost und West in den Jahren 1997 und 2009 Arbeitsplätze für das Publikum und die Mitarbeitenden sowie Lesesäle für die Spezialsammlungen eingerichtet. 2017 stellte sich aufgrund von Messungen heraus, dass dieser Mittelteil 61 62

Urteil 1C 447/2018 BBl 2018 3009

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des Gebäudes nicht den heute geltenden Normen bezüglich Erdbebensicherheit entspricht und umfassende Sanierungsmassnahmen notwendig sind. In einer Interimsphase bis mindestens Ende 2023 ist die Benutzung des Gebäudes nur eingeschränkt möglich. Für mehr als 50 Büroarbeitsplätze sowie die Lesesäle mit Sammlungen und Infrastrukturen mussten alternative Lösungen gefunden werden, danach wird eine Nutzung des gesamten Gebäudes während mehrerer Jahre ganz ausgeschlossen sein. Es konnte bereits ein geeigneter, zentraler Ersatzstandort in der Stadt Bern gefunden werden: Der ganze Betrieb wird provisorisch in das aktuell noch vom Bundesamt für Informatik und Telekommunikation (BIT) genutzten Gebäude an der Monbijoustrasse 74 ausgelagert, und auch die Dienstleistungen für das Publikum werden dort so umfassend wie möglich erbracht werden.

Digitale Sammlung Das Volumen der digital veröffentlichten Informationen übersteigt heute das Volumen der gedruckten Informationen bei Weitem. Die Antwort auf diese Entwicklung besteht im Aufbau der digitalen Sammlung «e-Helvetica». Gesammelt werden digitale Publikationen, die ausschliesslich online konsultiert und nicht auf einem physischen Träger vermittelt werden. Beispiele dafür sind Websites, E-Books, elektronische Zeitschriften oder Tondokumente. Digitale Publikationen treten in immer neuen, komplexen, dynamischen Formen auf, was eine kontinuierliche Anpassung der Sammlungstätigkeit und der technischen Speicherungsarbeiten erfordert. Heute wird erst ein verschwindend kleiner Teil der digitalen Publikationen gesammelt. Der Ausbau der digitalen Sammlung ist mit grossem Aufwand und beachtlichen Kostenfolgen verbunden.

In Bezug auf die analogen Dokumente besteht die Erwartung, dass diese jederzeit und überall online konsultiert werden können. Ein Digitalisierungsprogramm ermöglicht der interessierten Bevölkerung den Online-Zugang zu einer wachsenden Menge an digitalisierten Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, Bild- und Tondokumenten.

Dank enger Zusammenarbeit mit den Kantonsbibliotheken und den Verlagen konnten bisher über 31 000 Bände bzw. fast 20 Millionen Seiten digitalisiert werden.

Trotz hohem Mitteleinsatz der NB und ihrer kantonalen sowie privaten Partner ist heute erst zirka 1 Prozent der analogen Sammlung digitalisiert. Die Digitalisierung des analogen Kulturerbes
erfordert auch zukünftig beachtliche personelle und finanzielle Mittel.

Digitale Langzeitarchivierung Die Nutzung digitaler Informationen gehört heute zu unserem Alltag. Nicht selbstverständlich sind die langfristige Erhaltung und Nutzbarkeit dieser Daten. Angesichts der immensen Datenmenge muss zusammen mit den Akteuren aller föderalen Ebenen geklärt werden, welche Daten von wem erhalten werden sollen. Die Gewährleistung der langfristigen Erhaltung und Nutzbarkeit digitaler Daten ist komplex. Aufgrund der hohen Kosten ist diese Aufgabe nur kooperativ zu bewältigen.

Hier sind neben Kantonsbibliotheken und Staatsarchiven auch die NB und das

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Schweizerische Bundesarchiv als Gedächtnisinstitutionen des Bundes in der Pflicht.63 Ziele und Massnahmen Zusätzlich zu den bisherigen Massnahmen wird in der Finanzierungsperiode 2021­ 2024 den dargestellten Herausforderungen wie folgt begegnet: Gebäude Unter der Federführung des Bundesamtes für Bauten und Logistik (BBL) sind grundsätzliche Überlegungen zur zukünftigen Unterbringung der NB zu lancieren.

Während des Provisoriums gilt es, den Betrieb und die Nutzung der Sammlungen vor Ort und online bestmöglich aufrechtzuerhalten. Die grundsätzlichen Überlegungen über die NB im 21. Jahrhundert werden als Chance begriffen, die Bibliothek in die Zukunft zu führen. Die Erhaltung und Vermittlung des eindrücklichen baulichen Kulturerbes an der Hallwylstrasse 15 wird dabei in nachhaltiger Art und Weise umgesetzt.

Digitale Sammlung Die in Erarbeitung begriffene «Digitale Strategie NB 2019 und darüber hinaus» soll die Eckwerte der NB im Umgang mit der digitalen Transformation festlegen. Dabei geht es darum, die Sammlungspolitik bei den original digitalen Publikationen zu definieren, die Schwerpunkte in der Digitalisierung des analogen Kulturerbes festzulegen, den Ausbau digitaler Geschäftsprozesse voranzutreiben, eine «Open Data Policy» zu verabschieden und den Umgang mit urheberrechtlichen bzw. datenschutzrechtlichen Bestimmungen zu regeln. Um den Ausbau der digitalen Sammlung voranzutreiben, wird die Einführung einer Pflichtabgabe für digitale Publikationen («dépôt légal») geprüft. Die erwähnte Strategie soll nach ihrer Finalisierung in der Förderperiode 2021­2024 fortlaufend umgesetzt werden.

Digitale Langzeitarchivierung Seit 2017 engagiert sich der Bund zusammen mit den kantonalen Akteuren für den Aufbau eines spartenübergreifenden Netzwerks, das die Langzeiterhaltung und verfügbarkeit des schweizerischen digitalen Kulturerbes sichert. Diese Bemühungen werden angesichts der Dringlichkeit der Massnahmen für die Erhaltung des digitalen Gedächtnisses der Schweiz auch in der kommenden Förderperiode 2021­2024 intensiv weitergeführt. Um ihre eigene digitale Sammlung langfristig zu verwalten, zu vermitteln und zu erhalten, nimmt die NB in der Förderperiode 2021­2024 ein Langzeitarchivierungssystem in Betrieb.

63

D. Burda, A. Dungga Winterleitner und B. Estermann: Digitale Langzeitarchivierung in der Schweiz. Ergebnisse einer Studie im Auftrag der Schweizerischen Nationalbibliothek, Bern 2017.

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3.5

Baukultur

Denkmäler, Ortsbilder und archäologische Stätten gelten als Ressource für Gesellschaft und Wirtschaft. Unser Kulturerbe trägt dazu bei, dass sich die Bevölkerung verwurzelt und heimisch fühlen kann. Schöne Altstädte, intakte Quartiere und gut erhaltene Dörfer und Kulturlandschaften sind auch ein wichtiger Erfolgsfaktor für den Schweizer Tourismus. Wie wir mit dem Baubestand in unserem Land umgehen, ist für die zukünftige Entwicklung unseres Lebensraumes entscheidend. Die gesellschaftliche Bedeutung des kulturellen Erbes und der Nutzen seiner Erhaltung werden als Teil einer umfassenden qualitativen Betrachtung der gesamten gebauten Umwelt an Sinn gewinnen. Es ist deshalb eine neue und erweiterte, kulturelle Sicht auf die gebaute Umwelt nötig. Dieses Konzept «Baukultur» versteht die Erhaltung und Pflege des kulturellen Erbes zusammen mit dem zeitgenössischen Schaffen als Einheit. Baukultur umfasst alle menschlichen Tätigkeiten, die den gebauten Lebensraum verändern. Die gemeinsame Anstrengung für eine bewusste, debattierte und qualitätsvolle Gestaltung aller baulichen Zeugnisse ist ein Ausdruck von hoher Baukultur einer Gesellschaft. Alle Resultate raumwirksamen Handelns, vom handwerklichen Detail über die Architektur und von der denkmalpflegerischen Restaurierung bis zur Planung landschaftsprägender Infrastrukturbauten, sind Ausdruck von Baukultur. Baukultur betrifft auch die Prozesse der Gestaltung und daher neben der architektonischen und konstruktiven Gestaltung von Hoch- und Ingenieurbauten auch planerische und bauliche Massnahmen im Siedlungsbau sowie der Landschaftsgestaltung. Das übergeordnete Ziel ist eine hohe Baukultur, welche die Qualität unserer gebauten Umwelt als Ganzes verbessert. Dieses umfassende Verständnis von Baukultur wurde im Januar 2018 in der Erklärung von Davos für eine hohe Baukulturverankert, welche die europäischen Kulturministerinnen und Kulturminister auf Einladung der Schweiz an einer Kulturministerkonferenz im Rahmen des World Economic Forum WEF im Januar 2018 verabschiedet haben. Es liegt der zukünftigen Kulturerbepolitik des Bundes zugrunde.

Die konservatorischen und wissenschaftlichen Anliegen von Denkmalpflege und Archäologie gewinnen unter dem Leitbild einer umfassenden Baukulturpolitik an Stellenwert, da Schutz und Erhaltung des kulturellen Erbes als nachhaltige
Entwicklungsstrategie verstanden wird. Um die hochwertige Weiterentwicklung des Siedlungsraums für die Zukunft zu garantieren, reicht eine Fokussierung auf historische Werte allein jedoch nicht aus. Dazu braucht es eine ganzheitliche, auf Qualität ausgerichtete Betrachtung des gesamten gestalteten Lebensraums. Hohe Baukultur ist dabei weit mehr als gute Architektur: Sie bedeutet einen bewussten, ressourcenschonenden und qualitätsorientierten Umgang mit Gebäuden, Infrastrukturen, öffentlichen Räumen und Landschaften. Dabei stehen die Menschen und ihre funktionalen, aber auch sozialen und kulturellen Bedürfnisse im Zentrum. Verschiedene globale Entwicklungen werden die gebaute Umwelt in besonderem Masse betreffen.

Die Effekte des Klimawandels, der massive Verlust an Biodiversität, die Digitalisierung, die zukünftige Energieversorgung und auch der demografische Wandel werden vor dem Hintergrund einer zunehmend verletzlichen Umwelt grossen Einfluss auf die Art und Weise des Bauens in der Schweiz haben und innovative und suffiziente Ansätze nötig machen. Eine hohe Baukultur versteht sich vor diesem Hintergrund auch als Beitrag zur umfassenden Erfüllung der Agenda 2030 für nachhaltige 3217

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Entwicklung der UNO und ihrer Ziele für nachhaltige Entwicklung («Sustainable Development Goals»).

Ausgangslage und Herausforderungen Die Schweiz zeichnet sich durch eine grosse kulturelle und natürliche Vielfalt aus.

Bezogen auf die gebaute Umwelt, auf die Kulturlandschaften, Dörfer und Städte ist jedoch bei allen regional unterschiedlichen ökonomischen, gesellschaftlichen und politischen Realitäten eine beunruhigende Tendenz unübersehbar: Ihre bauliche Qualität ist abnehmend, wie der Bundesrat in seinem Bericht in Erfüllung des Postulats 16.4028 Fluri «Schweizer Ortsbilder erhalten»64 dargelegt hat. Während einzelne herausragende Beispiele der zeitgenössischen Architektur und des Ingenieurwesens entstehen, ist andernorts eine Trivialisierung des Gebauten zu beobachten.

Weite Teile der alltäglichen Schweiz leiden unter gestalterisch anspruchslos bebauten Gebieten. Dieses Problem betrifft nicht nur städtische Gebiete, sondern vor allem auch den ländlichen Raum und die Agglomerationen. Der Bund hat namentlich auf die fortschreitende Zersiedelung mit der Revision des Raumplanungsrechts reagiert und verfolgt damit auch das Ziel, dieser negativen Entwicklung mit der Forderung nach einer qualitätsvollen Siedlungsentwicklung nach innen entgegenzuwirken. Für die angestrebte Verbesserung der Qualität der gebauten Umwelt müssen baukulturelle Aspekte gegenüber einer heute stark auf technische und ökonomische Logiken ausgerichteten Bau- und Planungspraxis in eine bessere Balance gebracht werden.

Kulturelle Aspekte müssen in der Entwicklung und Beurteilung der gebauten Umwelt gerade in Zeiten der schnellen, globalen Veränderungen wieder ins Zentrum rücken, um den gesellschaftlichen Ansprüchen an das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Bevölkerung langfristig genügen zu können.

Interdepartementale Strategie für Baukultur Die Kulturbotschaft 2016­2020 hat das Konzept «Baukultur» eingeführt und die Erarbeitung einer interdepartementalen Strategie zur Förderung der Baukultur angekündigt. Unter der Leitung des BAK wurde zur Erarbeitung der Strategie eine interdepartementale Arbeitsgruppe mit den fünfzehn betroffenen Bundesstellen einberufen. In der neuen Strategie legt der Bundesrat strategische Ziele und Massnahmen vor, wie auf der Ebene des Bundes die Baukultur verbessert werden kann. Im Bereich des
baukulturellen Erbes und der Archäologie verfügt der Bund über robuste Grundlagen und eine bewährte, seit über 100 Jahren entwickelte Praxis. Für eine Umsetzung des ganzheitlichen Verständnisses von Baukultur muss im Bereich des zeitgenössischen Schaffens eine solche Praxis hingegen noch gefestigt werden. Die interdepartementale Strategie fokussiert daher auf diesen Aspekt. Der Entwurf der Strategie lag zeitgleich mit der Vernehmlassungsvorlage der Kulturbotschaft zur informellen Anhörung auf.65 In der laufenden Legislatur soll der Massnahmen- und Aktionsplan der Strategie des Bundes für den Bereich der zeitgenössischen Baukultur von allen beteiligten Bun64

65

Bericht des Bundesrates vom 15. Dez. 2016 in Erfüllung des Postulats 16.4028 Fluri «Schweizer Ortsbilder erhalten», www.parlament.ch > 16.4028 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Strategie-Baukultur

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desstellen umgesetzt und die Strategie für die folgende Periode 2024­2027 weiterentwickelt werden. Die Strategie des Bundes zielt gemäss Entwurf mit Massnahmen von allen beteiligten Bundesstellen insbesondere auf: ­

die Institutionalisierung der interdepartementalen Arbeitsgruppe zur Förderung der Baukultur im BAK;

­

einen umfassenden Aufbau von Kompetenzen in baukulturellen Fragen, und zwar sowohl bei Behörden als auch bei Bauherrschaften, Planenden, Ausführenden und der breiten Öffentlichkeit;

­

eine nachhaltige Verbesserung der Bau- und Planungsqualität;

­

eine Stärkung der multisektoriellen und interdisziplinären Zusammenarbeit;

­

eine Stärkung der gesellschaftlichen Teilhabe.

Die konkreten Massnahmen und die dafür benötigten Mittel fliessen gemäss Strategieentwurf und unter Vorbehalt der Zustimmung des Bundesrates für jede Bundesstelle separat in die jeweiligen Finanzierungsbotschaften und Voranschläge ein. Die vorliegende Kulturbotschaft 2021­2024 enthält nur die Massnahmen des BAK.

Diese umfassen namentlich Anstrengungen für den Aufbau von Kompetenzen bei Behörden, die Förderung einer breiten allgemeinen baukulturellen Bildung, die Förderung des Diskurses und die Stärkung der interdisziplinären Forschung zur Baukultur.

Forschung, Wissen, Vermittlung Die Kulturbotschaft 2016­2020 konstatierte eine Tradierungskrise im Bereich Kulturerbe. Mit dem Begriff «Tradierungskrise» wird die abnehmende Bereitschaft für eine differenzierte Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und in der Folge die fehlende Akzeptanz für Massnahmen zum Schutz des kulturellen Erbes bezeichnet. Der Bund setzte als Gegenmassnahme einen Schwerpunkt «Öffentlichkeitsarbeit und Wissen». Dazu wurden Grundlagen erarbeitet, wie die vom BFS im Auftrag des BAK erstellte Denkmalstatistik66 oder die Bereitstellung von GoodPractice-Beispielen sowie eine vertiefte Analyse zu Fragen der Kommunikation und der Teilhabe.67 Repräsentative Umfragen lieferten Erkenntnisse zum gesellschaftlichen Stellenwert von zeitgenössischer und historischer Baukultur.68 Der Bund unterstützte praxisrelevante Forschungsprojekte, Pilotprojekte und Publikationen. Er war zudem massgeblich beteiligt an den Sensibilisierungskampagnen Gartenjahr 2016 sowie Europäisches Kulturerbejahr 2018.

66 67

68

Bundesamt für Statistik BFS: Denkmäler in der Schweiz: erste Ergebnisse.

Denkmalstatistik 2016 und Statistik des Kulturverhaltens, Neuchâtel 2018 Bundesamt für Kultur BAK: Situationsanalyse zur Kommunikation in den Bereichen Denkmalpflege, Archäologie und Ortsbildschutz in der Schweiz, Bern 2017, einsehbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Heimatschutz und Denkmalpflege > Grundlagen > Kommunikationsstrategie Bundesamt für Kultur BAK: Baukultur für alle?, Bern 2018; Bundesamt für Kultur BAK: Umfrage zu Heimat ­ Identität ­ Denkmal, Bern 2015; Bundesamt für Kultur BAK zur Bedeutung des Kulturerbes in der Schweiz, Bern 2014. Alle einsehbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Heimatschutz und Denkmalpflege > Grundlagen > Umfragen

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Die Strategien und Ziele einer umfassenden Baukulturpolitik wurden in den vergangenen Jahren in verschiedenen Texten unterschiedlicher Natur formuliert. Parallel dazu ist es auch notwendig, die zur Umsetzung benötigten Grundlagen wissenschaftlich zu vertiefen. Die Bedeutung und die Leistungen der Baukultur für die Gesellschaft sollen klarer herausgearbeitet und das umfassende Verständnis für baukulturelle Qualitäten gefördert werden. Die Vermittlung von Sinn und Zweck der Erhaltung von Denkmälern und Erforschung von archäologischen Stätten trägt zu diesem umfassenden Raumqualitätsverständnis ebenso bei wie der Zugang zu zeitgenössischer Architektur und innovativen Bauweisen. Gleichzeitig will der Bund der Bevölkerung auch in diesem Bereich mehr Teilhabe ermöglichen und damit auch wichtige Anliegen der Faro-Konvention umsetzen.

Gutachten und Beratung Die Stellungnahmen des Bundes zu zahlreichen Bau- und Ausbauprojekten tragen zur Entwicklung einer hohen Baukultur bei. Die zunehmende Begleitung von Projekten ab den ersten Entwicklungsphasen ist eine positive Tendenz, die im Hinblick auf eine bessere Planung weiterverfolgt werden soll. Auch dank den rund 200 Gutachten, die den Kantonen in der letzten Förderperiode zur Verfügung gestellt wurden, konnte die Qualität von Arbeiten in den Bereichen Archäologie und Erhaltung des gebauten Kulturerbes in der ganzen Schweiz sichergestellt werden. Angesichts des zunehmenden Drucks auf das Kulturerbe durch die starke Bautätigkeit bleibt die Aktivität des Bundes in diesem Bereich wichtig. Der Dialog mit den verschiedenen betroffenen Sektoren muss im Hinblick auf eine bessere Berücksichtigung der denkmalpflegerisch relevanten Werte der Städte und Dörfer in der Schweiz verstärkt werden. Im Bereich des Welterbes der UNESCO (Kulturstätten) hat der Bund gemeinsam mit dem EDA und dem Bundesamt für Umwelt (BAFU) den Aktionsplan Welterbe 2016­202369 erstellt, der auf die vorbildliche Erhaltung der bestehenden Schweizer Welterbestätten ausgerichtet ist und der weiter umgesetzt werden soll.

Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (ISOS) Das ISOS katalogisiert und analysiert die baukulturell bedeutendsten Ortsbilder der Schweiz. Das Inventar erhebt nicht einzelne Denkmäler, sondern ganze Ortsbilder.

Es präsentiert eine umfassende
Analyse des Baubestandes und berücksichtigt Strassen, Plätze, Gärten und andere Grünflächen sowie die Verbindung des Gebauten zu seiner Umgebung. Die Aufnahme eines Ortsbildes in das ISOS weist darauf hin, dass es die ungeschmälerte Erhaltung in besonderem Mass verdient. Als weltweit einziges Ortsbildinventar, das die gesamte Fläche eines Staates abdeckt, trägt das ISOS zur Erhaltung der Architekturvielfalt der Schweiz bei. Es stärkt das Verständnis für Entwicklung und Identität der Ortsbilder und fördert eine hohe Baukultur.

Das Inventar hält fest, was schützenswert ist. Es ist keine absolute Schutzmassnahme, stellt aber dennoch eine Entscheidungsgrundlage dar. Kantone und Gemeinden 69

Bundesamt für Kultur BAK, Bundesamt für Umwelt BAFU, Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten, Politische Direktion: UNESCO Welterbe, Aktionsplan Schweiz 2016­2023. Einsehbar unter: www.bak.admin.ch >Kulturerbe >UNESCO Welterbe > Rapport Périodique

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verfügen über Handlungsspielraum und sind angehalten, das Inventar bei ihren Planungen zu berücksichtigen.

Um die Akzeptanz und Anwendungskompetenz des ISOS als Planungsgrundlage zu verbessern, traf der Bund in den letzten Jahren verschiedene Massnahmen. Er publizierte Materialien zum ISOS: Die Frage der Vereinbarkeit des ISOS mit den im Raumplanungsgesetz erteilten Aufträgen der Innenentwicklung wurde 2015 im Auftrag des Bundesrates untersucht und in einem vom ARE publizierten Bericht bestätigt.70 Für 2020 sieht der Bund die Publikation konkreter Empfehlungen vor, wie mit den Qualitäten der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz bei der Siedlungsentwicklung nach innen umgegangen werden soll. Schliesslich organisierte der Bund Diskussionsforen und Tagungen und bietet seit 2019 in Zusammenarbeit mit EspaceSuisse eine spezifische Schulung zum ISOS an. Das touristische Potenzial der ISOS-Ortsbilder wird seit 2019/2020 in der Kampagne «Verliebt in schöne Orte» von Schweiz Tourismus erfolgreich vermarktet.

Wie in der Kulturbotschaft 2016­2020 angekündigt, wurde das bis dahin extern erarbeitete ISOS 2016 in die Verwaltung integriert. Die Integration hat sich bewährt und bringt bezüglich der Leistungen sowie in organisatorischer, logistischer und finanzieller Hinsicht Vorteile.

Seit 2017/2018 wird das Bundesinventar für die Kantone Graubünden und Genf revidiert. Die ISOS-Aufnahmemethode wurde in einem partizipativen Prozess modifiziert und die Darstellungsweise des Inventars an die neuen technischen und digitalen Standards angepasst. Die VISOS wird 2019 ebenfalls revidiert und präzisiert. Sie enthält neu die für die Auswahl der Objekte massgebende Grundsätze.

Die differenzierte Auseinandersetzung mit dem Baubestand bleibt eine grosse Herausforderung, und das ISOS ist für die Interessenabwägung eine geeignete Grundlage. Die Anstrengungen zur Stärkung der Information über Ziele und Sinn des ISOS sowie zur Förderung entsprechender Teilhabe müssen deshalb fortgeführt werden.

Finanzhilfen für die Erhaltung von schützenswerten Objekten und archäologische Massnahmen In seinem Bericht in Erfüllung des Postulats 16.4028 Fluri «Schweizer Ortsbilder erhalten» sowie in seiner Tourismusstrategie vom 17. Dezember 201771 unterstreicht der Bundesrat die Bedeutung der Erhaltung des baukulturellen Erbes. Ohne Beiträge
der öffentlichen Hand ist es jedoch oftmals nicht möglich, historische Gebäude sachgerecht zu restaurieren und deren Erhaltung langfristig sicherzustellen.

Bereits in den Kulturbotschaften 2012­2015 und 2016­2020 wurde gestützt auf einen Expertenbericht dargelegt, dass deutlich mehr Finanzmittel der öffentlichen Hand erforderlich wären, um massgebliche Verluste des baulichen und archäologischen Erbes der Schweiz zu verhindern. Alleine der Bedarf an Bundesmitteln wurde

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Bundesamt für Raumentwicklung ARE: ISOS und Verdichtung, Bericht der Arbeitsgruppe, Bern 2016, einsehbar unter: www.are.admin.ch > Medien und Publikationen > Publikationen > Städte und Agglomerationen Abrufbar unter: www.seco.admin.ch: > Standortförderung > Tourismuspolitik > Tourismusstrategie des Bundes

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dabei auf über 100 Millionen Franken pro Jahr geschätzt.72 Diese Situation hat sich nicht verändert, insbesondere die raumplanerische Prämisse der Siedlungsentwicklung nach innen hat für die Kantone die Kosten für archäologische Massnahmen erhöht. Die in den nächsten Jahren aufgrund des grösseren Bestandes häufiger zu erwartenden Restaurierungsaufgaben für das jüngere Kulturerbe werden ebenfalls die Nachfrage nach Finanzhilfen erhöhen. Die Effizienz und Organisation der Ausrichtung von Bundesbeiträgen für denkmalpflegerische und archäologische Massnahmen wurde im Rahmen des nationalen Kulturdialogs evaluiert. Der Bericht 73 attestiert dem Bund eine effiziente und sachgerechte Umsetzung der Aufgabe. Punktuelle Optimierungen werden in der kommenden Periode umgesetzt.

Internationales Die Schweiz hat in der Periode 2016­2020 ihre aktive Beteiligung an der internationalen Debatte im Bereich der Baukultur fortgeführt und verstärkt. Insbesondere die unter der Federführung des Bundes erfolgte Verabschiedung der Erklärung von Davos 2018 für eine hohe Baukultur und das nachfolgende Engagement in diesem Bereich haben international grosse Beachtung gefunden. Die Teilnahme der Schweiz an der Initiative des Europäischen Kulturerbejahres 2018 hat die internationale Visibilität der Schweiz als glaubwürdige und fachkompetente Partnerin gestärkt.

Im Bereich des Welterbes der UNESCO hat die Schweiz 2017 ihre Liste indicative revidiert. Am 30. November 201874 hat der Bundesrat dem Parlament das Rahmenübereinkommen des Europarates vom 27. Oktober 2005 über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft (Konvention von Faro) sowie das Übereinkommen vom 2. November 2001 über den Schutz des Unterwasser-Kulturerbes (UNESCO-2001) zur Genehmigung unterbreitet. Die Bundesversammlung hat die beiden Abkommen am 21. Juni 2019 genehmigt.75 Mit der Ratifikation dieser beiden Instrumente fördert die Schweiz eine moderne Kulturerbepolitik und stärkt die internationale Rechtssicherheit. Das von der Schweiz in diesem Bereich aufgebaute Netzwerk und ihre hohe Reputation muss durch eine stetige Präsenz und aktive Teilnahme an internationalen Diskussionen und Entscheidungen gepflegt werden, damit es für die Stärkung der Schweizer Interessen und die Kommunikation Schweizer Positionen nutzbar bleibt. Im Zusammenhang mit den knappen zur
Verfügung stehenden Ressourcen müssen jedoch Prioritäten gesetzt werden.

Zusammenfassend und über alle Tätigkeitsgebiete gesehen sind in der nächsten Periode folgende Herausforderungen zu meistern: ­

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Umfassendes Verständnis von Baukultur konsolidieren: Dem konstatierten fortschreitenden Verlust an baukultureller Qualität in weiten Teilen der Maurer, Philipp: Heimatschutz und Denkmalpflege 2012ff., Arbeitsbericht zuhanden des BAK, Bausatz, Zürich 2010, einsehbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Heimatschutz und Denkmalpflege > Finanzhilfen Schwenkel, Christof; Duarte, Marcelo; Rieder, Stefan: Untersuchung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich Heimatschutz und Denkmalpflege.

Bericht zuhanden des BAK, Interface Politikstudien Forschung Beratung, Luzern 2018, einsehbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Heimatschutz und Denkmalpflege > Finanzhilfen BBl 2019 67 und 467 BBl 2019 4561 und 4565

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Schweiz soll mit der Förderung eines umfassenden Verständnisses von Baukultur und entsprechenden Massnahmen zur Vermittlung und Bildung begegnet werden.

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Überwinden der Tradierungskrise für das kulturelle Erbe: Die Anerkennung des kulturellen Erbes als Ressource und die Akzeptanz der entsprechenden Schutzinstrumente sind weiterhin ungenügend. Entsprechende Massnahmen zur Verbesserung müssen fortgeführt und gestärkt werden, wie namentlich die Umsetzungshilfen zur Anwendung des Bundesinventars ISOS und die Stärkung der Zusammenarbeit mit Planenden und Bauenden.

­

Priorisierungen der Massnahmen: Aufgaben und Mittel der Fachbehörde des Bundes stehen angesichts der steigenden Ansprüche in einem Spannungsverhältnis. Sowohl in der Vergabe von Finanzhilfen sowie in der gutachterlichen Tätigkeit muss eine stärkere Fokussierung auf Vorhaben von gesamtschweizerischem Interesse erfolgen.

Ziele und Massnahmen Die Periode 2021­2024 steht im Zeichen der Entwicklung des Bereichs Heimatschutz und Denkmalpflege zum Bereich Baukultur. Entsprechend werden die bestehenden Aufgaben weitergeführt und mit Massnahmen im Sinne der neuen Ausrichtung für eine umfassende Baukulturförderung ergänzt.

Forschung, Wissen, Vermittlung Die Förderung von Forschung, Wissen und Vermittlung des Bundes umfasst alle baukulturellen Aspekte und priorisiert Vorhaben, welche die Ziele der FaroKonvention unterstützen.

Folgende neuen Massnahmen werden umgesetzt: ­

Baukulturelle Vermittlung: Auf der Grundlage der im Rahmen der Kulturbotschaft 2016­2020 erarbeiteten Kommunikations- und Teilhabestrategie sowie einer Bestandes- und Bedarfsanalyse zur baukulturellen Bildung entwickelt der Bund Massnahmen, um die baukulturelle Vermittlung umfassend zu fördern. Er kann entsprechende Vorhaben Dritter unterstützen.

­

Plattformen für den baukulturellen Diskurs: Der Bund festigt ein dialogisches Baukulturverständnis, indem er den Austausch zwischen Fachleuten und Laien aktiv fördert und partizipative Formate und Netzwerke unterstützt.

­

Transversale und multisektorielle Zusammenarbeit: Der Bund fördert neue Formate und Formen der Zusammenarbeit zwischen Behörden, dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft, die alle Beteiligten in die Verantwortung für die Baukultur ziehen.

Gutachten und Beratung Aufgrund der begrenzten Ressourcen muss eine Priorisierung der gutachterlichen und beratenden Tätigkeit nach gesamtschweizerischen Fragen und Interessen vorgenommen werden. Der Bund führt das den Kantonen zur Verfügung gestellte Exper3223

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tenwesen fort. Neu engagiert er sich zusätzlich mit der Förderung von Beratungsangeboten für Gemeinden in baukulturellen Fragen; die Gemeinden verfügen über einen beachtlichen Spielraum in der Behandlung von baukulturellen Fragen und in der Anwendung qualitätssichernder Verfahren, wissen diesen aber oftmals nicht vollständig auszunützen.

Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung ISOS Die Inventarisierungsarbeiten des ISOS werden weitergeführt und die digitalen Nutzungsmöglichkeiten verbessert. Zur Stärkung des politischen und gesellschaftlichen Verständnisses für das ISOS und seiner sachgerechten Anwendung werden entsprechende Bildungs- und Informationsmassnahmen durchgeführt.

Finanzhilfen Die Finanzhilfen für denkmalpflegerische und archäologische Massnahmen werden in der bewährten Form über Programmvereinbarungen mit den Kantonen und Einzelverfügungen weitergeführt. Der Bund unterstützt weiterhin Organisationen und Projekte von gesamtschweizerischem Interesse. Die begrenzten Mittel machen jedoch eine striktere Priorisierung notwendig.

Internationales Die Teilnahme des Bundes an Foren auf internationaler Ebene (UNESCO, Internationale Studienzentrale für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut ICCROM, Europarat und weitere europäische Gremien) wird fortgeführt.

Es werden namentlich folgende Massnahmen durchgeführt: ­

Internationale Baukulturpolitik: Das mit der Erklärung von Davos 2018 etablierte Verständnis von Baukultur wird auf europäischer Ebene vertieft und bleibt als Initiative der Schweiz erkennbar. Der Bund führt die 2018 eingeleitete politische und wissenschaftliche internationale Initiative fort und formalisiert die Ergebnisse im Rahmen einer zweiten Ministerkonferenz.

­

Kandidatur für das Welterbe: Der Bund begleitet die Erarbeitung der Kandidatur der Salginatobel-Brücke (Schiers/GR) für das Welterbe und reicht diese bei der UNESCO ein.

3.6

Kultur und Gesellschaft

3.6.1

Kulturelle Teilhabe

Die Teilhabe einer möglichst breiten Bevölkerung am Kulturleben zu ermöglichen, ist eine von drei strategischen Handlungsachsen der Kulturpolitik des Bundes.

Kulturelle Teilhabe meint die aktive und passive Teilnahme möglichst vieler am

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Kulturleben und am kulturellen Erbe.76 Kulturelle Teilhabe zu stärken, bedeutet, die individuelle und kollektive Auseinandersetzung mit Kultur, die aktive Mitgestaltung des kulturellen Lebens und den kulturellen Selbstausdruck anzuregen. Wer am kulturellen Leben teilnimmt, wird sich der eigenen kulturellen Prägungen bewusst, entwickelt eine eigene kulturelle Identität und trägt so zur kulturellen Vielfalt der Schweiz bei. Das Ziel der Förderung der kulturellen Teilhabe ist ­ analog zur Förderung der politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Teilhabe ­ die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

Ausgangslage und Herausforderungen Für die Umsetzung einer Politik zur Stärkung der kulturellen Teilhabe braucht es die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen den verschiedenen Staatsebenen und den verschiedenen Politikbereichen, die für Inklusion und Teilhabe relevant sind (Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, Gleichstellung von Frau und Mann, Kinder- und Jugendförderung, Alter, Migration und Integration, Schutz vor Diskriminierung usw.).

Im Rahmen des Nationalen Kulturdialogs wurde zur Weiterentwicklung der kulturellen Teilhabe eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Diese hat zum Ziel, die Förderstellen von Bund, Kantonen und Städten für das Thema der kulturellen Teilhabe zu sensibilisieren und aufzuzeigen, wie diese gestärkt werden kann. Unter der Ägide der Arbeitsgruppe wurde 2017 und 2019 je eine nationale Fachtagung durchgeführt, begleitet von der Publikation eines Handbuchs (2019). Parallel dazu haben verschiedene Städte und Kantone dieses kulturpolitisch relevante Thema in ihre Förderstrategien und Fördermassnahmen aufgenommen und im Rahmen eigener Veranstaltungen behandelt. Ausgehend von diesen Arbeiten und Reflexionen ist es gelungen, das Handlungsfeld «kulturelle Teilhabe» auch auf internationaler Ebene zu positionieren. Die Konferenz der Kulturminister der frankophonen Länder 2017 in Abidjan (Côte d'Ivoire) hat die gesellschaftliche Relevanz einer inklusiven Kulturpolitik in ihrer Schlussdeklaration betont; am Gipfel der «Organisation internationale de la Francophonie» 2018 in Jerewan (Armenien) wurde auf Vorschlag der Schweiz eine Resolution zur kulturellen Teilhabe verabschiedet.

Gegenstand der folgenden Ausführungen sind jene Förderbereiche, die das nichtprofessionelle
Kulturschaffen und somit ganz spezifisch die kulturelle Betätigung einer breiten Bevölkerung betreffen: Laienkultur, Projektförderung «Kulturelle Teilhabe», Leseförderung, musikalische Bildung sowie immaterielles Kulturerbe.

Massnahmen zur Stärkung der kulturellen Teilhabe in anderen Bereichen, etwa Museen oder Bibliotheken, sind in den entsprechenden Ziffern erwähnt.

Laienkultur Die Laienkultur und das Vereinswesen ermöglichen eine breite und aktive kulturelle Teilhabe und Mitgestaltung des Kulturlebens. Sie bilden die Basis für eine lebendige und vielfältige Kulturlandschaft und sind wichtig für die Bewahrung und Weiterentwicklung von Alltagskultur und Traditionen. Musik- und Gesangsvereine, Thea76

Eine eingehende Begriffsbestimmung findet sich im Positionspapier des Arbeitsgruppe «Kulturelle Teilhabe» des Nationalen Kulturdialogs (abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kultur und Gesellschaft > Kulturelle Teilhabe > Grundlagen)

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tergruppen und viele andere Vereinigungen und Netzwerke fördern die kulturellen Ausdrucksmöglichkeiten und wecken das Interesse an Kunst und Kultur. Vereine als Träger der Laienkultur schaffen soziale Netze, Austauschmöglichkeiten zwischen den Generationen und stehen ein für gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die vom Bund unterstützten gesamtschweizerischen Verbände leisten somit einen wesentlichen Beitrag zum kulturellen Austausch und zur Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sprachgemeinschaften der Schweiz.

In der Förderperiode 2016­2020 hat der Bund seine Laienkulturförderung konsolidiert. Diese beruht auf zwei Säulen: ­

Förderung von Organisationen kulturell tätiger Laien (Art. 14 KFG): Der Bund unterstützt Organisationen kulturell tätiger Laien mit dem Ziel, den Zugang zu Kultur und die Ausübung von Kultur durch Laien zu fördern. In der Periode 2016­2020 erhielten neun gesamtschweizerische Laienverbände einen jährlichen Strukturbeitrag für Leistungen in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Vermittlung, Beratung sowie Vertretung der Mitglieder in der Öffentlichkeit.

­

Förderung von kulturellen Projekten und Anlässen für ein breites Publikum (Art. 16 KFG): Mit dem Ziel der Förderung der Breitenkultur unterstützte der Bund in der Förderperiode 2016­2020 verschiedene Anlässe und Projekte gesamtschweizerischer Ausstrahlung (z. B. Laienkulturfeste wie das Eidgenössische Jodlerfest, das Eidgenössische Tambouren- und Pfeiferfest oder Laientheaterproduktionen zu 100 Jahre Landesstreik oder 600 Jahre Niklaus von Flüe). In der Förderperiode 2021­2024 wird der Bund gestützt auf Artikel 16 KFG möglicherweise ein gemeinsames Projekt der Städte zur Vorstellung ihres Kulturlebens finanziell unterstützen.

Die generelle Stossrichtung der Fördermassnahmen des Bundes im Bereich der Laienkultur hat sich bewährt, denn diese konnten das Verbandswesen der kulturell tätigen Laien stärken und einen substanziellen Beitrag zur Realisierung von gesamtschweizerischen Anlässen und Projekten für ein breites Publikum leisten.

Projektförderung «Kulturelle Teilhabe» Um die Teilhabe der Bevölkerung am kulturellen Leben zu stärken, wurde in Zusammenhang mit der Handlungsachse «Kulturelle Teilhabe» der Kulturbotschaft 2016­2020 eine neue Förderbestimmung ins Kulturförderungsgesetz aufgenommen.

Gestützt auf Artikel 9a KFG kann der Bund Finanzhilfen an Vorhaben von gesamtschweizerischem Interesse oder mit Modellcharakter ausrichten, welche die eigene und selbstständige kulturelle Betätigung spezifischer Zielgruppen fördern und Hindernisse zur Teilhabe am kulturellen Leben abbauen. Ferner können Vorhaben unterstützt oder durchgeführt werden, die zu Wissensaustausch, Wissensausbau und Kompetenzgewinn bei der Stärkung der kulturellen Teilhabe beitragen.

Das neue Fördergefäss hat die Entwicklung verschiedener Modellprojekte ermöglicht. Dank der Unterstützung des Bundes konnten auch Projekte zur Förderung der kulturellen Teilhabe in kommunalen oder kantonalen Kulturinstitutionen umgesetzt werden.

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Leseförderung Lesen und Schreiben sind grundlegende Fähigkeiten für die Entwicklung von Wissen und Denken, für den Zugang zu Bildung sowie für die berufliche Integration ­ als Grundkompetenzen sind Lesen und Schreiben auch eine Voraussetzung für eine aktive kulturelle Teilhabe. Die Leseförderung des Bundes nach Artikel 15 KFG zielt jedoch nicht auf die Förderung von Grundkompetenzen, sondern gilt dem Lesen als kultureller Fähigkeit: Sie will die Freude am Lesen fördern sowie den Zugang zu Büchern und zur Schriftkultur begünstigen, insbesondere für Kinder und Jugendliche.

In der Förderperiode 2016­2020 unterstützte der Bund einerseits gesamtschweizerische Organisationen und Institutionen im Bereich der Leseförderung. Andererseits wurde die Förderung von Einzelprojekten ermöglicht, welche die Einbindung von Schulen und Bibliotheken, neue Publika (Jugendliche und Erwachsene) sowie die Vernetzung der Akteure zum Ziel haben.

Da die Leseförderung in der Schweiz nicht in der alleinigen Kompetenz des Bundes liegt, sind ein regelmässiger Austausch und eine enge Koordination zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden, Bibliotheken und anderen Akteuren von grosser Bedeutung.

Darum wurde eine Arbeitsgruppe des Nationalen Kulturdialogs zur Leseförderung einberufen. Die Empfehlungen der Arbeitsgruppe betreffen: die Schaffung einer digitalen Plattform zur Koordination und Information zum Thema Leseförderung; die Unterstützung eines Aktionstages zur Leseförderung; die regelmässige Durchführung eines Netzwerktreffens; die Erleichterung des Zugangs zu Aus- und Weiterbildungsangeboten für kommunale und kantonale Bibliotheken. Der Bund setzt die ihn betreffenden Empfehlungen seit 2016 bereits um: mit der Durchführung von zwei nationalen Tagungen in den Jahren 2016 und 2018, die bei Fachexpertinnen und -experten auf grosses Interesse gestossen sind, sowie mit der Unterstützung des Leseförderungstages des Schweizerischen Instituts für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM). Die Zweckmässigkeit einer Informationsplattform zur Leseförderung ist durch Bund und Kantone gemeinsam zu prüfen, wobei unbedingt auf die Vermeidung von Doppelspurigkeiten zu achten ist.

Musikalische Bildung Am 23. September 2012 haben Volk und Stände mit grossem Mehr eine neue Verfassungsbestimmung zur Förderung der musikalischen Bildung angenommen. Der neue
Artikel 67a BV richtet sich ebenso an den Bund wie an die Kantone (bei gleichzeitiger Wahrung der jeweiligen Zuständigkeiten). Seine Umsetzung durch den Bund erfolgt etappenweise.

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Für die Förderperiode 2016­2020 wurden drei wesentliche Neuerungen angekündigt: erstens die Stärkung der bestehenden Massnahmen zur Förderung von nationalen Musikformationen, Musikwettbewerben und Musikfestivals (substanzielle Erhöhung der Fördermittel), zweitens die Einführung eines Programms «Jugend und Musik» (J+M) zur Unterstützung von Musiklagern und Musikkursen für Kinder und Jugendliche sowie drittens die Einführung von Tarifvorgaben für staatlich geförderte Musikschulen, die den chancengleichen Zugang von Kindern und Jugendlichen sicherstellen sollen.

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Förderung von nationalen Musikformationen, Musikwettbewerben und Musikfestivals: Dank der verfügbaren Mehrmittel konnte der Bund zahlreiche nationale Vorhaben unterstützen, welche die musikalische Bildung von Kindern und Jugendlichen durch eigenes aktives Musizieren fördern. Mit sieben seit vielen Jahren bestehenden und langfristig ausgerichteten Organisationen hat der Bund für die Jahre 2018­2020 Leistungsvereinbarungen abgeschlossen.

­

Programm «Jugend und Musik»: 2016 wurde das Programm «Jugend und Musik» (J+M) eingeführt, seit Ende 2016 werden Zertifizierungskurse für J+M-Leitende angeboten, seit 2017 Musikkurse und Musiklager finanziell unterstützt. Bis Ende 2019 wurden insgesamt 972 J+M-Leitende zertifiziert und 1245 J+M-Kurse und J+M-Lager durchgeführt. Insgesamt konnten mit dem Programm J+M bis Ende 2019 rund 41 000 Kinder und Jugendliche erreicht werden. Seit 2019 beteiligt sich auf der Grundlage eines im Mai 2018 abgeschlossenen zwischenstaatlichen Abkommens auch das Fürstentum Liechtenstein am Programm, gegen finanzielle Abgeltung des Aufwandes auf Vollkostenbasis. Das Programm J+M befindet sich weiterhin im Aufbau.

Eine erste output-orientierte Evaluation des Programms im Jahr 2018 hat gezeigt, dass die Organisation und die operativen Prozesse zweckmässig und effizient konzipiert sind.77 Die wichtigsten Empfehlungen betreffen die Überprüfung der Zulassungskriterien für die Zertifizierung der J+MLeitenden und die Anpassung der Ausbildungsmodule, die stärkere Verzahnung des Programms mit der Volksschule sowie die Optimierung des Anmeldeprozesses für Gesuchstellende. Die hauptsächliche Herausforderung für das Programm J+M besteht im deutlichen Wachstum des Programms, das in den nächsten Jahren zu erwarten ist (Anzahl J+M-Leitende, Anzahl teilnehmende Kinder und Jugendliche, Anzahl Kurse und Lager, Weiterbildungen). Dieses Wachstum ist mit dem bestehenden finanziellen Rahmen des Programms nicht aufzufangen.

­

Musikschultarife: In Artikel 12a KFG hat das Parlament Grundsätze für den Zugang der Jugend zum Musizieren erlassen: Staatlich unterstützte Musikschulen müssen allen Kindern und Jugendlichen bis zum Abschluss der Sekundarstufe II Tarife anbieten, die deutlich unter den Erwachsenentarifen liegen. Bei der Tarifgestaltung müssen sie ferner die wirtschaftliche Situation der Eltern sowie den erhöhten Ausbildungsbedarf musikalisch Begabter berücksichtigen. Artikel 12a KFG trat am 1. Januar 2016 in Kraft. Seine www.bak.admin.ch > Themen > Jugend und Musik

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Wirkung wurde 2019 vom BAK evaluiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die gesetzlichen Vorgaben des Bundes nur lückenhaft umgesetzt wurden und dass seit 2016 kaum Veränderungen der Tarife im Sinne des Gesetzgebers erfolgt sind. Rund zwei Drittel der Musikschulen kennen keine einkommensabhängige Tarifstruktur, über die Hälfte haben keine erweiterten subventionierten Angebote für musikalisch begabte Kinder und Jugendliche.78 Mit den erwähnten Neuerungen konnte der Verfassungsauftrag zur Förderung der musikalischen Bildung im Teilbereich der Breitenförderung erst teilweise umgesetzt werden. Spezifische Massnahmen zur Förderung von musikalisch begabten Kindern und Jugendlichen sind noch ausstehend (Art. 67a Abs. 3 BV). Weil der Verfassungsauftrag gleichermassen den Bund und die Kantone betrifft, ist dabei eine enge Zusammenarbeit in den Bereichen Breiten- und Begabtenförderung und zwischen den föderalen Ebenen unabdingbar.

Bewahrung des immateriellen Kulturerbes Die Schweiz hat das Übereinkommen von 17. Oktober 200379 zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes (UNESCO-Übereinkommen) im Jahr 2008 ratifiziert.

Dieses Übereinkommen bezweckt die Bewahrung, Förderung und Erforschung von traditionellen kulturellen Ausdrucksformen wie Musik, Theater, Tanz oder Handwerk und unterstreicht die Bedeutung des immateriellen Kulturerbes für das gesellschaftliche Zusammenleben und die Teilhabe der Bevölkerung am Kulturleben.

­

Umsetzung in der Schweiz: Der Bund erstellte in Zusammenarbeit mit den Kantonen ein Inventar des immateriellen Kulturerbes in der Schweiz («Liste der lebendigen Traditionen»). Es wurde 2012 veröffentlicht und 2017 aktualisiert und als Website mit detaillierten Beschreibungen sowie Ton- und Bildmaterial publiziert. Begleitend dazu unterstützte und organisierte der Bund verschiedene Vorhaben zur Vermittlung von lebendigen Traditionen (durch Museen, Kompetenzzentren, Schulen) und zur Vertiefung des Wissens über lebendige Traditionen (beispielsweise im Bereich des traditionellen Handwerks). Ziel war die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Bedeutung des immateriellen Kulturerbes und seinen Wert für die Gesellschaft.80 Das Thema des immateriellen Kulturerbes unter dem Label «Lebendige Traditionen» hat in der Öffentlichkeit ein positives Echo gefunden. Viele nationale und regionale Identitäten und Besonderheiten definieren sich über Bestandteile des immateriellen Kulturerbes. Auf normativer Ebene ist die Bedeutung des immateriellen Kulturerbes jedoch nicht abgebildet: Während die Bewahrung des materiellen Kulturerbes in einem eigenen Bundesgesetz (Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz, NHG) 81

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Abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Musikalische Bildung SR 0.440.6 Erster periodischer Bericht der Schweiz vom 15. Dez. 2014 über die Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes.

Bericht abrufbar unter: www.bak.admin.ch > Kulturerbe > Immaterielles Kulturerbe > Umsetzung > Periodischer Bericht SR 451

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gefasst ist, wird das immaterielle Kulturerbe in den gesetzlichen Grundlagen des Bundes nicht explizit erwähnt. Angesichts der kulturpolitischen Relevanz des immateriellen Kulturerbes ­ gerade auch als Vektor der kulturellen Teilhabe ­ und des grossen öffentlichen Interesses, das dem Thema entgegenbracht wird, erscheint es angezeigt, eine spezifische gesetzliche Grundlage zu schaffen (vgl. Ziff. 4.1).

­

Internationale Zusammenarbeit: Seit 2012 engagiert sich die Schweiz in den zuständigen Gremien der UNESCO für die internationale Zusammenarbeit zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes. Auf Empfehlung einer Expertengruppe hat der Bundesrat im Oktober 2014 acht lebendige Traditionen als Kandidaturen für die «Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit» der UNESCO bestimmt. In den Jahren 2015­2019 wurde alljährlich ein Dossier bei der UNESCO eingereicht. Zusätzlich hat sich die Schweiz an multinationalen Kandidaturen unter der Federführung von Nachbarländern beteiligt. Insgesamt wurden bis Ende 2019 vier Schweizer Kandidaturen in die «Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit» aufgenommen («Winzerfest von Vevey», «Basler Fasnacht», «Umgang mit der Lawinengefahr», «Prozession der Karwoche» in Mendrisio) sowie zwei internationale Kandidaturen mit Schweizer Beteiligung («Trockenmauerbau», «Alpinismus»).

Wichtige neue Impulse sind in Zusammenhang mit der Ratifikation des Rahmenübereinkommens des Europarats von 2005 über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft (Konvention von Faro) zu erwarten. Diese Konvention fördert eine zeitgemässe Kulturerbepolitik und bildet eine solide Grundlage für die zukünftige Ausrichtung einer ganzheitlichen Politik zur Erhaltung des kulturellen Erbes, welche die Leistungen des Kulturerbes für die Gesellschaft ins Zentrum rückt und die Mitwirkung, Mitverantwortung und Teilhabe der Bevölkerung am Kulturerbe stärkt (vgl. Ziff. 3.5).

Ziele und Massnahmen Die positive Resonanz von Kantonen, Städten, privaten Kulturförderstellen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zeigt, dass die Stärkung der kulturellen Teilhabe als Kernaufgabe der Kulturpolitik anerkannt ist. Die kulturelle Teilhabe soll ein zentraler Pfeiler der kulturpolitischen Strategie des Bundes für die Jahre 2021­2024 bleiben. Damit die kulturelle Teilhabe in der Kulturpolitik und Kulturförderung aller Staatsebenen verankert bleibt, will der Bund die Dokumentation guter Beispiele, die Reflexion der Förderpraxis und den Erfahrungsaustausch weiter vertiefen. Dies beinhaltet auch die ämterübergreifende Zusammenarbeit im Bereich gesellschaftliche Teilhabe und Diversität.

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Die Massnahmen in den Bereichen Laienkultur, Projektförderung «Kulturelle Teilhabe» und Leseförderung haben sich bewährt und sollen in der Förderperiode 2021­ 2024 fortgesetzt werden. Wesentliche Neuerungen sind in folgenden zwei Bereichen vorgesehen: Musikalische Bildung ­

Programm «Jugend und Musik»: Seit dem Start des Programms J+M im Jahr 2016 steigt die Zahl zertifizierter J+M-Leitender, unterstützter Musikkurse und Musiklager sowie erreichter Kinder und Jugendlicher stetig und rasch. Für die Förderperiode 2021­2024 ist mit einem Wachstum zu rechnen, das mit den bisherigen Finanzmitteln nicht mehr aufzufangen ist. Für den weiteren Ausbau und die nachhaltige Verankerung des Programms sind Mehrmittel notwendig. Auf Beginn der Förderperiode 2021­2024 hin sind insbesondere folgende Verbesserungen geplant: Überprüfung der J+MAusbildung und der Zulassungskriterien; Steigerung der Wahrnehmung des Programms bei Musikorganisationen, Gemeinden und Kantonen; Stärkung der Zusammenarbeit des Programms J+M mit der Volksschule; Vereinfachung und Zentralisierung der Prozesse zur Anmeldung zur J+M-Ausbildung sowie zur Einreichung von Gesuchen.

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Begabtenförderung: Zur Umsetzung von Artikel 67a Absatz 3 BV bezüglich der Förderung musikalisch begabter Kinder und Jugendlicher will der Bundesrat im Hinblick auf die Förderperiode 2021­2024 Grundsätze festlegen sowie spezifische Massnahmen der Begabtenförderung einführen. Als Grundlage dazu dient ein in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Musikorganisationen zu entwickelndes Rahmenkonzept des Bundes über die stufengerechte Förderung von musikalisch begabten Kindern und Jugendlichen vom frühkindlichen Alter bis zur Hochschulreife. Gefördert wird einerseits der Aufbau von Begabtenförderungsprogrammen in den Kantonen mit einmaligen Anschubfinanzierungen. Andererseits wird eine Talentkarte eingeführt, die die jungen Talente im Rahmen der kantonalen Begabtenförderungsprogramme unterstützt. Die Programme müssen inhaltliche Fördermassnahmen (Zusatzunterricht, Gruppenunterricht usw.) und strukturelle Förderungsmassnahmen (geeignete Tagesstrukturen, Mentoring usw.) enthalten.

Das Rahmenkonzept hält die Voraussetzungen und Modalitäten der Unterstützung fest. Die Massnahmen des Bundes haben komplementären Charakter und schaffen keine Doppelspurigkeiten zu kantonalen Massnahmen oder zu den Bundesstipendien für ausländische Studierende im Bereich Kunst.

Für die Umsetzung der musikalischen Begabtenförderung sind eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen (vgl. Ziff. 4.1) sowie finanzielle und personelle Mehrmittel notwendig (vgl. Ziff. 5.2.2).

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Musikschultarife: Mit der Ergänzung des Kulturförderungsgesetzes 2016 sollte ein chancengerechter Zugang der Jugend zum Musizieren sichergestellt werden. Die Vorgaben von Artikel 12a KFG werden jedoch bisher nur lückenhaft umgesetzt. Es bedarf darum zusätzlicher Anstrengungen des Bundes sowie der Kantone und Gemeinden als Träger der Musikschulen. In einem ersten Schritt sind geeignete Massnahmen der Kommunikation und 3231

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Sensibilisierung zu ergreifen. Gleichzeitig wird die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben bei der Definition des Rahmenkonzepts zur Begabtenförderung zu berücksichtigen sein. In einem zweiten Schritt wird das BAK die Wirkung von Artikel 12a KFG im Laufe der Förderperiode 2021­2024 erneut evaluieren. Sollten die Ergebnisse nicht deutlich besser ausfallen, wird der Bund in Absprache mit den Kantonen eine Präzisierung der Vorgaben in Betracht ziehen, insbesondere bezüglich der Frage der Referenzgrösse für die Tarifgestaltung.

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Musik in der Berufsbildung: Um Berufsfachschülerinnen und -schülern eine intensive musikalische Tätigkeit neben der beruflichen Grundbildung zu erleichtern, soll ­ wie im Sportbereich ­ ein Label «Musikfreundlicher Lehrbetrieb» geschaffen werden, das durch einen dafür geeigneten Musikverband vergeben werden könnte. Diese Massnahme war bereits in der Botschaft 2016­2020 erwähnt, die Umsetzung musste aber zugunsten des Aufbaus des Programms «Jugend und Musik» zurückgestellt werden.

Bewahrung des immateriellen Kulturerbes Die Ziele des UNESCO-Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes sind heute in der Schweiz anerkannt, die Umsetzung konnte erfolgreich initiiert werden. Bis heute gibt es jedoch im Bereich des immateriellen Kulturerbes nur eine schwach ausgeprägte Selbstorganisation und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Trägerschaften. Mit geeigneten Sensibilisierungs- und Vernetzungsmassnahmen sollen die Trägerschaften durch den Bund in ihren Tätigkeiten zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes gestärkt werden. Im Weiteren ist das immaterielle Kulturerbe im KFG als Tätigkeitsbereich explizit zu verankern (vgl.

Ziff. 4.1).

Die acht Traditionen, die der Bundesrat für eine Kandidatur auf die UNESCO-Listen ausgewählt hat, werden voraussichtlich bis 2025 eingereicht worden sein. Der Bundesrat wird im Laufe der Periode 2021­2024 das weitere Vorgehen festlegen. Zudem zeigt sich die Notwendigkeit, Leitlinien für die Beteiligung der Schweiz an internationalen Kandidaturen auszuarbeiten. Nicht zuletzt ist in der Periode 2021­ 2024 der nächste Staatenbericht der Schweiz zum UNESCO-Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes zu verfassen. Dieser Bericht gibt Gelegenheit zu einer umfassenden strategischen Reflexion über die Umsetzung des Übereinkommens in der Schweiz.

3.6.2

Sprachen und Verständigung

Die Koexistenz von vier Landessprachen und die kulturelle Vielfalt, für die sie stehen, sind eine Grundlage der Identität und des Funktionierens der Schweiz. Die Mehrsprachigkeit ist ein Wesensmerkmal unseres Staates. Die intensiven Debatten über den Sprachenunterricht in den Schulen oder die Diskussionen über die Medienvielfalt zeigen das Interesse der Bevölkerung für die Belange des nationalen Zusammenhalts und der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften.

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Die Sprachenförderung des Bundes stützt sich in erster Linie auf das Sprachengesetz vom 5. Oktober 200782 (SpG) und die Sprachenverordnung vom 4. Juni 201083 (SpV). Diese Rechtsnormen setzen den Verfassungsauftrag zur Förderung der Landessprachen um. Sie haben das Ziel, die Viersprachigkeit der Schweiz zu stärken, den inneren Zusammenhalt des Landes zu festigen, die individuelle und die institutionelle Mehrsprachigkeit zu fördern sowie das Rätoromanische und das Italienische zu erhalten und zu fördern.

Ausgangslage und Herausforderungen Die wichtigsten Förderbereiche des Sprachengesetzes sind in der Kulturbotschaft 2016­2020 detailliert dargestellt worden: ­

Amtssprachen des Bundes: Verbesserung der Sprachkenntnisse des Bundespersonals, angemessene Vertretung der Sprachgemeinschaften in der Bundesverwaltung;

­

Förderung der Verständigung und des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften: Förderung des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften, Förderung der Landessprachen im Unterricht, Förderung der Kenntnisse Anderssprachiger in ihrer Erstsprache, Unterstützung der angewandten Forschung im Bereich der Mehrsprachigkeit, Unterstützung von Presseagenturen von nationaler Bedeutung und von nationalen Organisationen, welche die Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften fördern;

­

Unterstützung der mehrsprachigen Kantone (Bern, Freiburg, Graubünden, Wallis) für die besonderen Aufgaben, die sich in Behörden, Justiz, Verwaltung und Unterrichtswesen aus der Mehrsprachigkeit ergeben;

­

Erhaltung und Förderung der italienischen und rätoromanischen Sprache und Kultur in den Kantonen Graubünden und Tessin.

2016 schickte der Bundesrat einen Revisionsentwurf des SpG in die Vernehmlassung mit dem Ziel einer Harmonisierung des Sprachenunterrichts in der obligatorischen Schule durch die Festlegung der Stellung der Landessprachen. Der Sprachenunterricht in der Schweiz stützt sich in erster Linie auf die Sprachenstrategie der EDK von 2004, deren wichtigste Elemente in das HarmoS-Konkordat von 2007 integriert wurden, sowie auf die 2011 von der EDK verabschiedeten nationalen Bildungsziele für die zweite Landessprache und Englisch. Der Bundesrat hatte diese Vernehmlassung durchgeführt, da der Unterricht in einer zweiten Landessprache auf Primarstufe in einigen Kantonen in Frage gestellt wurde. Angesichts der Entscheide in den betreffenden Kantonen, den Unterricht einer zweiten Landessprache auf Primarstufe nicht zu streichen, hat der Bundesrat bisher auf den Antrag einer Gesetzesänderung verzichtet.

Die laufenden Massnahmen im Bereich Sprachen und Verständigung stehen im Zeichen der Kontinuität seit dem Inkrafttreten des SpG im Jahr 2010. Durch das Stabilisierungsprogramm des Bundes für die Jahre 2017­2019 musste allerdings die Unterstützung der mehrsprachigen Kantone während der Förderperiode 2016­2020 82 83

SR 441.1 SR 441.11

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erheblich reduziert werden. Gleichzeitig konnte mit diesen Kantonen je eine Programmvereinbarung abgeschlossen werden, die auch einen Anteil für Sprachprojekte im Kulturbereich vorsieht (bisher 30 % der Finanzhilfen, ab 2021 neu 50 %).

Schulischer Austausch Der schulische Austausch im Inland ist ein zentrales Instrument zur Förderung der individuellen Sprachkompetenzen und der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften. Die jungen Menschen verbessern so ihre Sprachkenntnisse, ihre sozialen und fachlichen Kompetenzen und damit auch ihre Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt. Sie lernen zudem die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Schweiz kennen. Auf gesellschaftlicher Ebene leisten Austausch und Mobilität einen wichtigen Beitrag zur Verständigung zwischen Kultur- und Sprachgemeinschaften, zur Qualität und Weiterentwicklung des Bildungsraumes Schweiz.

Die Förderung des schulischen Austauschs war darum bereits in der Förderperiode 2016­2020 eine Priorität für Bund und Kantone. Verschiedene parlamentarische Vorstösse waren ebenfalls diesem Thema gewidmet.84 Der Bericht des Bundesrates85 in Erfüllung des Postulats 14.3670 der WBK-N «Konzept für Sprachaufenthalte» vom 28. August 2014 bietet einen detaillierten Überblick über die Tätigkeit des Bundes in der Förderperiode 2016­2020. Die wichtigsten Elemente sind:

84

85 86

­

2016 gründeten der Bund (vertreten durch das SBFI, das BAK und das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV) und die Kantone (vertreten durch die EDK) die Stiftung SFAM. Mit der Errichtung dieser gemeinsamen Stiftung und ihrer Förderagentur Movetia haben der Bund und die Kantone eine wichtige Etappe zur grösseren Kohärenz von Austausch und Mobilität umgesetzt.

­

Die Förderagentur Movetia unterstützt Austauschprojekte im Auftrag des Bundes und bietet Informationen, Beratung und Begleitung in Zusammenhang mit Austauschaktivitäten. Im schulischen Austausch in der Schweiz hat Movetia 2017 dank den zusätzlichen finanziellen Mitteln, die in der Förderperiode 2016­2020 für diesen Bereich zur Verfügung gestellt wurden, ein neues erfolgreiches Programm für Klassen eingerichtet (vgl. Ziff. 1.4.1).

­

Im November 2017 haben der Bund (EDI und Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF) und die Kantone (EDK) die Strategie «Austausch und Mobilität» verabschiedet.86 Ziel ist eine Stärkung von Austausch und Mobilität in quantitativer und qualitativer Hinsicht, um eine höhere Teilnahmequote zu erreichen. Mit dieser Strategie wird der nötiMotion 14.3949 Trede / Graf Maya () «50 Millionen Franken für Sprachaustauschprogramme»; Postulat 14.4234 Fehr Jacqueline «Angehende Lehrkräfte besser in den anderen Heimatsprachen ausbilden»; Motion 17.3306 Marchand-Balet «Erwerb einer zweiten Landessprache. Kredit für die Förderung des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften»; Motion 18.3632 Bulliard «Den Erwerb der Nationalsprachen in der Berufsbildung stärken».

Bericht des Bundesrats vom 14. Dez. 2018, einsehbar unter: www.parlament.ch > 14.3670 > Bericht in Erfüllung des parlamentarischen Vorstosses.

www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Sprachen > Sprachengesetz und Sprachenverordnung > Austausch

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ge Rahmen für eine wirksame Zusammenarbeit von Bund, Kantonen und anderen Akteuren im Bereich Austausch und Mobilität geschaffen.

Die Umsetzung der Strategie «Austausch und Mobilität» erfordert eine weitere Verstärkung des Unterstützungsdispositivs und eine entsprechende Erhöhung der Fördermittel in der Periode 2021­2024. Ergänzend dazu ist die heute ungenügende Datenlage im Bereich Austausch und Mobilität zu verbessern.

Italienische und rätoromanische Sprache und Kultur Angesichts des prekären Status der italienischen Sprache in der Schweiz insbesondere im Schulunterricht hat der Bundesrat im Rahmen der Kulturbotschaft 2016­2020 einen Schwerpunkt auf die Unterstützung von Projekten zur Förderung der italienischen Sprache und Kultur in den Schulen gelegt. Unterstützt wurden mehrere Projekte zur Sensibilisierung für das Italienische sowie die Erstellung von didaktischen Materialien, die den aktuellen Lehrplänen entsprechen. Unterstützt wurde auch die Einführung einer zweisprachigen Maturität mit Italienisch in den Kantonen Waadt und Bern.

Im April 2017 startete die Schweizerische Depeschenagentur (heute: KeystoneSDA) einen Regionaldienst für Italienischbünden. Die nationale Nachrichtenagentur führt diesen Dienst im Auftrag des Kantons Graubünden; ermöglicht wird er mit Mitteln zur Sprachförderung des Bundes und des Kantons Graubünden. Die Einrichtung des Regionaldienstes geht auf parlamentarische Vorstösse auf Ebene Bund und Kanton zurück.87 Der Regionaldienst Südbünden umfasst Meldungen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, die kostenlos allen italienischsprachigen Medien des Kantons zur Verfügung gestellt werden.

Trotz der Bemühungen für den Erhalt der Minderheitensprachen stehen das Rätoromanische und das Italienische weiterhin unter Druck. Insbesondere das Rätoromanische ist als Hauptsprache im Rückgang begriffen. Die Ursachen dafür sind unterschiedlicher Art: geringes demografisches Wachstum in den Rand- und Berggebieten, Abwanderung in die Täler und in städtische Regionen, Zuzug von Fremdsprachigen (insbesondere im Zusammenhang mit der touristischen Erschliessung der Bergwelt), sprachgebietsübergreifende Gemeindefusionen, Veränderungen in der Medienlandschaft (Verschwinden der rätoromanischen Tagespresse), geringe Akzeptanz der Standardsprache Rumantsch Grischun
usw. Es stellt sich die Frage, wie die Förderung der italienischen und rätoromanischen Sprache und Kultur mit griffigen Vorkehrungen verbessert werden kann. Im Jahr 2018 gab der Bund eine externe Evaluation in Auftrag, um die Wirkung der Finanzhilfe des Bundes zu prüfen. 88 Mit dieser Evaluation antwortete der Bundesrat gleichzeitig auf ein Postulat, das einen Bericht zur Situation der beiden Minderheitensprachen in der Schweiz verlangt.89 Die Evaluation zeigt auf, dass sich die Situation des Italienischen beträchtlich von derjenigen des Rätoromanischen unterscheidet. Italienisch ist zwar eine Minderhei87 88 89

Anfrage 14.1083 Semadeni «Unterstützung der Information für und aus Italienischbünden»; Auftrag Albertin vom 11. Dez. 2014 im Bündner Grossen Rat.

Evaluationsbericht des Zentrums für Demokratie Aarau im Auftrag des BAK, einsehbar unter: www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Sprachen Postulat 15.4117 Semadeni «Allegra, Romanisch und Italienisch sollen leben».

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tensprache in der Schweiz und in Graubünden, im Tessin und in Italien jedoch die Hauptsprache; Massnahmen zur Weiterentwicklung der Sprache (Wörterbücher, Grammatiken, Übersetzungen) müssen darum im Gegensatz zum Romanischen nicht gefördert werden. Andererseits empfinden sich die Rätoromanischsprachigen als komplett zweisprachig. Als Alltagssprache kommt das Rätoromanische darum unter Druck, sobald der Kontext mehrsprachig ist, beispielsweise in zweisprachigen Gemeinden bei der behördlichen Kommunikation oder bei Gemeindeversammlungen.

Entsprechend unterschiedlich sind die Herausforderungen für die beiden Minderheitensprachen. Im Fall des Rätoromanischen geht es um die Sicherstellung der Existenz der Sprache, wobei der Förderung der Sprachkompetenzen von Kindern und Jugendlichen eine Schlüsselrolle für die Weitergabe zukommt. Angesichts der Abwanderung der Bevölkerung in städtische Zentren darf sich die Förderung nicht auf die traditionellen Verbreitungsgebiete der rätoromanischen Sprache beschränken. Der Bundesrat kündigte bereits in der Kulturbotschaft 2016­2020 die Prüfung von Massnahmen für die Förderung des Rätoromanischen ausserhalb des rätoromanischen Sprachgebiets an. Die Evaluation hat diese Stossrichtung bestätigt. Auch ausserhalb des Kulturbereichs unternimmt der Bund Anstrengungen zur Förderung des Rätoromanischen.90 Ein wichtiges Instrument zur Erhaltung von Minderheitensprachen sind ferner die Medien. Im Zusammenhang mit der angedrohten Einstellung der Tageszeitung «La Quotidiana» ab 2019 haben der Bund und der Kanton Graubünden gemeinsam mit der Sprachorganisation «Lia Rumantscha» das Projekt «Medias rumantschas 2019» zur Förderung und Weiterentwicklung der rätoromanischen Medienlandschaft angestossen. Ziel des Projekts ist die Sicherung einer vielfältigen Medienlandschaft in rätoromanischer Sprache ab 2020.

Für das Italienische im Kanton Graubünden besteht die grösste Herausforderung darin, zu einer gleichwertigen Amtssprache zu werden (z. B. als Arbeitssprache in der Verwaltung oder im Gesundheitswesen). Im Alltag ausserhalb der italienischen Schweiz spielt das Italienische trotz seiner kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung ­ Italien ist nach Deutschland und den USA der drittwichtigste Handelspartner der Schweiz ­ hingegen nur eine geringe Rolle. Mit der Vermittlung von
kulturellen und sprachlichen Kompetenzen in den Landessprachen leistet die Schule einen Beitrag zum nationalen Zusammenhalt. In der Deutsch- und Westschweiz gehört dazu auch der Unterricht in Italienisch als dritter Landessprache. Dieses Angebot soll gesichert und gestärkt werden.

Unterstützung für Organisationen Der Bund unterstützt Organisationen, die im Bereich der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften tätig sind, sowie Presseagenturen von nationaler Bedeutung, die Informationen über die vier Sprachregionen vermitteln. Diese Organisationen üben unterschiedliche Tätigkeiten aus: Publikationen, Sensibilisierungsmassnahmen, Tagungen, Forschung oder Austausch. Dies überschneidet sich oft mit 90

Ab 2020 wird beispielsweise der vom Staatssekretariat für Migration entwickelte Sprachnachweis fide in einer rätoromanischen Version zur Verfügung stehen.

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Aktivitäten, die in anderen Förderbereichen des SpG bereits unterstützt werden. Die entsprechenden Synergien werden jedoch nicht genügend genutzt.91 Die Herausforderung besteht darin, diese Synergiemöglichkeiten zu erkennen, um die unterschiedlichen Förderbereiche kohärenter auszugestalten und besser aufeinander abzustimmen.

Ziele und Massnahmen Die Ziele der Förderung von Sprachen und Verständigung sind im SpG verankert und gelten auch für die Förderperiode 2021­2024. Um den genannten Herausforderungen gerecht zu werden, müssen gewisse bestehende Massnahmen verstärkt respektive neu ausgerichtet werden. Letzteres gilt namentlich in den folgenden Förderbereichen: Schulischer Austausch Die Strategie «Austausch und Mobilität» hat das Ziel, den Austausch und die Mobilität zu fördern, um mehr Schülerinnen und Schüler zu erreichen. Die gemeinsame Vision von Bund und Kantonen besagt, dass alle jungen Menschen im Verlauf ihrer Ausbildung oder bis zum Übergang in das Arbeitsleben mindestens einmal an einer länger dauernden Austausch- und Mobilitätsaktivität teilnehmen.

Zur Umsetzung der Strategie «Austausch und Mobilität» beabsichtigt der Bundesrat die im Rahmen der laufenden Kulturbotschaft 2016­2020 definierten Ziele weiterzuführen: ­

die Förderung von Klassen- und Einzelaustausch im Rahmen der Austauschprogramme von Movetia verstärken;

­

die Erarbeitung eines Austauschprogramms für angehende und ausgebildete Lehrpersonen durch Movetia ermöglichen;

­

die Erarbeitung eines Austauschprogramms in der beruflichen Grundausbildung durch Movetia ermöglichen;

Parallel dazu sind die Dienstleistungen der Agentur Movetia auszubauen, namentlich durch die Einrichtung einer Vermittlungsplattform für die Teilnehmenden. Weiter erstellt der Bund unter Mitwirkung der Kantone eine Statistik zu Austausch und Mobilität, die Kantone liefern dazu die entsprechenden Daten in standardisierter Form. Das Sprachengesetz ist entsprechend anzupassen (vgl. Ziff. 4.5). Ferner soll die Sprachenverordnung angepasst werden, um die Bestimmungen zur Austauschförderung deutlicher auf die Ziele der Strategie «Austausch und Mobilität» auszurichten.

Italienische und rätoromanische Sprache und Kultur Die vom BAK in Auftrag gegebene Evaluation der Förderung des Rätoromanischen und Italienischen zeigt auf, dass die Förderung der Minderheitensprachen sich nicht auf das traditionelle Sprachgebiet beschränken darf. Die neuen Massnahmen, die in 91

Vgl. Evaluationsbericht von Interface GmbH im Auftrag des BAK zum Projekt «Forum» des Forum Helveticum von Juli 2016, einsehbar unter: www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Sprachen

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der letzten Kulturbotschaft zugunsten des Italienischen insbesondere für den Bereich des schulischen Unterrichts verabschiedet wurden, haben sich bewährt und sind daher fortzusetzen. Um die Förderung der Minderheitensprachen Italienisch und Rätoromanisch ausserhalb ihres traditionellen Verbreitungsgebiets nachhaltig verankern zu können, wird es mittelfristig aber einer Anpassung der gesetzlichen Grundlage bedürfen, die dem Bund auch eine Direktunterstützung erlauben würde und nicht nur ­ gemäss aktuellem Wortlaut ­ über die Kantone Graubünden und Tessin (Art. 22 SpG). Die nachfolgend genannten Massnahmen werden ohne Mehrmittel innerhalb des bestehenden Kreditrahmens umgesetzt.

­

Italienische Sprache und Kultur: Damit Schülerinnen und Schüler während ihrer schulischen Laufbahn vermehrt Italienisch als Fach wählen, unterstützt der Bund Kultur- und Sensibilisierungsprojekte in den Schulen sowie Pilotprojekte zur Schaffung zweisprachiger Unterrichtsprogramme mit Italienisch.92 In der Förderperiode 2016­2020 beschränkte sich die Unterstützung für Pilotprojekte zweisprachiger Unterrichtsprogramme auf die Sekundarstufe II (Gymnasium). In der Periode 2021­2024 wird diese Unterstützung beibehalten und eine Ausweitung auf die Sekundarstufe I geprüft. Die finanzielle Unterstützung soll sich dabei nicht auf zweisprachige Programme beschränken, sondern generell immersive Ansätze des Sprachenlernens umfassen. Wie bisher bezieht sich die finanzielle Unterstützung des Bundes ausschliesslich auf die Einführungsphase.

­

Rätoromanische Sprache und Kultur: Erstens wird der Bund gestützt auf eine Bedarfserhebung rätoromanische Bildungsangebote für Kinder im Vorschul- und Schulalter ausserhalb des Kantons Graubünden unterstützen; erste Pilotprojekte sollen ab 2020 umgesetzt werden (beispielsweise der Aufbau eines Angebots von Kursen in heimatlicher Sprache und Kultur gestützt auf Art. 16 Bst. c SpG). Zweitens wird der Bund die Umsetzung des Projekts «Medias Rumantschas» unterstützen und (zusammen mit dem Kanton Graubünden) teilfinanzieren; das Projekt hat die Organisation und Sicherstellung von publizistischen Textbeiträgen für die rätoromanische Bevölkerung zum Ziel und sieht die Überführung der Nachrichtenagentur Agentura da Novitads Rumantscha (ANR) in eine durch die öffentliche Hand finanzierte Stiftung Fundaziun Medias Rumantschas (FMR) vor, deren Redaktion eng mit der Redaktion von Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (RTR) zusammenarbeiten soll. Drittens wird der Bund im Rahmen der Leistungsvereinbarung mit dem Kanton Graubünden auf eine stärkere Priorisierung der Projekte der unterstützten Organisationen (namentlich der Lia Rumantscha) und eine Fokussierung des Mitteleinsatzes auf den Bildungssektor (beispielsweise Unterrichtsmittel) hinwirken.

Unterstützung von Organisationen Die Unterstützungskriterien werden überarbeitet, um Synergien zwischen den verschiedenen durch das SpG unterstützten Massnahmen zu nutzen und die Aktivitäten von Organisationen der Verständigungsförderung besser auf die anderen Massnah92

Umsetzung der Motion 14.3143 Semadeni «Strategie zur Förderung von zweisprachigen Schulen in den Landessprachen».

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men abzustimmen. Die Tätigkeiten der Organisationen müssen sich auf bestimmte Aufgaben konzentrieren, die nicht bereits abgedeckt sind, wie namentlich die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Mehrsprachigkeit und die Vernetzung der Akteure im betreffenden Bereich.

3.6.3

Schweizerschulen im Ausland

Das Schweizer Auslandschulwesen stützt sich auf das 2015 in Kraft getretene Schweizerschulengesetzvom 21. März 201493 (SSchG). Auf dieser Grundlage fördert der Bund weltweit 18 Schweizerschulen im Ausland: in Bangkok, Barcelona, Bergamo, Bogota, Catania, Curitiba, Lima, Madrid, Mailand (mit Filialschule in Como), Mexiko (mit Filialschulen Cuernavaca und Querétaro), Peking, Rom, Santiago, Sao Paulo, Singapur. Die Schweizerschulen im Ausland sind konfessionell neutrale und gemeinnützige Privatschulen, die von Schweizer Kindern, von Kindern des Gastlandes und von Kindern aus Drittstaaten besucht werden. Der Unterricht basiert auf dem Lehrplan 21 und ist mehrsprachig. Die Schweizerschulen verstehen sich als Ort der Begegnung zwischen der Schweiz und dem Gastland und sind in diesem Sinne eine Visitenkarte für Schweizer Kultur und Bildung im Ausland.

Weltweit besuchen rund 8000 Schülerinnen und Schüler eine Schweizerschule, davon rund 1700 mit Schweizer Staatsbürgerschaft. Die Finanzhilfen des Bundes decken im Durchschnitt ungefähr einen Viertel des Betriebsbudgets der Schulen.

Der Rest wird über Schulgelder der Eltern finanziert. Die Patronatskantone nehmen die pädagogische Aufsicht wahr und unterstützten die Schulen auf vielfältige Weise (durch Infrastrukturbeiträge, Weiterbildungen, Lehrmittel usw.).

Ausgangslage und Herausforderungen Mit der Revision des SSchG im Jahr 2014 reagierte der Bund auf aktuelle Tendenzen des ständig sich weiterentwickelnden Auslandsschulwesens: Das neue SSchG gewährt Schweizerschulen mehr betriebliche Flexibilität und stärkt gleichzeitig die Vermittlung schweizerischer Kultur und Bildung im Ausland. Zudem können neu die berufliche Grundbildung sowie die Gründung neuer Schweizerschulen gefördert werden. Die neuen Förderkriterien haben sich in der Umsetzung grundsätzlich bewährt.

In der vergangenen Förderperiode konnten zwei Meilensteine erreicht werden: ­

93 94

2016 hat das EDI eine Strategie zur Entwicklung des Netzes der Schweizerschulen verabschiedet.94 Darin sind Ziele, geografische Prioritäten und Eckwerte für die Förderung des Auslandschulwesens durch den Bund festgelegt. So soll erstens das Netz der Schweizerschulen in Regionen, die sich aus Sicht der Kultur- und Bildungszusammenarbeit als prioritär anbieten, vergrössert werden. Zweitens soll die Zusammenarbeit mit den Auslandsschulen unserer Nachbarländer vertieft werden. Drittens sollen die Grundlagen SR 418.0 Bundesamt für Kultur, Entwicklung des Netzes der Schweizerschulen im Ausland, Bern 2016.

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für eine Zusammenarbeit mit gewinnorientierten Schweizer Privatschulanbietern im Ausland geschaffen werden.

­

Auf das Schuljahr 2017/2018 hin wurde in Peking die 18. Schweizerschule eröffnet. Der Kulturaustausch mit China kann damit weiter vertieft werden.

Der Bundesrat hat die Schweizerschule provisorisch bis Ende 2020 anerkannt. Die Schule wird bis dann nachweisen müssen, dass sie über eine solide Schülerbasis verfügt und die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt.

Das Umfeld, in dem die Schweizerschulen sich bewegen, hat sich weiter gewandelt, und es stellen sich neue Herausforderungen: ­

Rekrutierung von Schweizer Lehrpersonen: Die Schweizerschulen sind gesetzlich dazu verpflichtet, den Unterricht im Kindergarten und in den für die schweizerischen Lehrpläne relevanten Fächern mehrheitlich von Personen mit schweizerischer Lehrberechtigung erteilen zu lassen, um die Ausbildungsqualität sicherzustellen (Art. 3 Abs. 1 Bst. i SSchG). Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Vorgaben in den Gastländern erschweren aber zunehmend die Rekrutierung von solchen Lehrkräften. Häufig besteht ein grosses Gefälle zwischen der Schweiz und dem Gastland bezüglich der Anstellungsbedingungen (Lohnniveau, Einkommensbesteuerung, Vorsorgeansprüche usw.). Um das Fortbestehen der Schweizerschulen im Ausland mit qualifizierten Lehrpersonen mit schweizerischer Lehrberechtigung zu sichern, muss eine neue und dauerhafte Lösung für die Anstellung und den Status dieser Lehrpersonen gefunden werden.

­

Neugründungen von Schweizerschulen: In verschiedenen Ländern besteht ein Interesse an der Gründung einer Schweizerschule. Die Möglichkeit der Erweiterung des Netzes ist vom Gesetzgeber ausdrücklich gewünscht worden. Die Unterstützung der Gründung und des Aufbaus neuer Schulen (vgl.

Art. 14 Abs. 2 Bst. e SSchG) soll aber grundsätzlich nicht zulasten bestehender Schulen gehen.

­

Zusammenarbeit mit kommerziellen Privatschulen: Neben den staatlich geförderten Schulen, vor allem deutschen und französischen Auslandsschulen, drängen kommerzielle Bildungsanbieter auf den Markt. In vielen aufstrebenden Ländern hat sich deshalb ein stark wachsender Privatschulmarkt entwickelt. Neben den anerkannten Schweizerschulen sind weitere Schulen mit einem Bezug zur Schweiz entstanden, die Interesse an einer Kooperation mit dem Bund und den Kantonen signalisieren, um Teil des weltumspannenden Netzwerks der Schweizerschulen zu werden und in der Schweiz anerkannte Abschlüsse anzubieten. Aufgrund der geltenden gesetzlichen Grundlagen hat der Bund allerdings kaum Möglichkeiten, mit gewinnorientierten Schulen zusammenzuarbeiten, denn eine Anerkennung setzt die Gemeinnützigkeit der Schulträgerschaft voraus.

Ziele und Massnahmen Die bewährte Unterstützung der anerkannten Schweizerschulen im bisherigen Rahmen und die Kooperationen mit deutschen und französischen Auslandsschulen sollen fortgeführt werden. Die Strategie zur Erweiterung des Netzwerks dient als 3240

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Leitlinie bei der Begleitung weiterer Schulen auf dem Weg zu einer allfälligen Anerkennung durch den Bundesrat.

Um auf die dargestellten Herausforderungen reagieren zu können, sind in der Periode 2021­2024 folgende Ziele und Massnahmen geplant: ­

Rekrutierung von Schweizer Lehrpersonen: Der Bund schafft die nötigen Voraussetzungen für attraktive Anstellungsbedingungen für Lehrpersonen mit schweizerischer Lehrberechtigung während des Auslandeinsatzes. Dies wird erreicht mittels einer Anstellung der Lehrpersonen durch eine öffentlich-rechtliche Organisation des Bundes. Durch das öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnis bleiben die entsprechenden Personen ­ unter Vorbehalt der Anerkennung durch den Empfangsstaat ­ in den meisten Fällen dem Arbeits-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht der Schweiz unterstellt, auch wenn sie im Ausland tätig sind, vorausgesetzt sie haben nicht die Staatsangehörigkeit des Staates, in dem sie tätig sind.

Die Anstellung soll über die nationale Austauschagentur SFAM / Movetia erfolgen. Die heute als privatrechtliche Stiftung organisierte Agentur soll in eine öffentlich-rechtliche Körperschaft überführt werden. Die Verwaltung wird dem Bundesrat bis Mitte 2020 eine Vernehmlassungsvorlage für einen entsprechenden Organisationserlass vorlegen. Die Vorlage wird auch die notwendigen Änderungen am SSchG enthalten. Im Weiteren wird sicherzustellen sein, dass die Schweiz ihr Besteuerungsrecht gegenüber den entsandten Lehrpersonen wahrnehmen kann. Dazu braucht es eine entsprechende gesetzliche Grundlage im Bundesgesetz vom 14. Dezember 199095 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) sowie im Bundesgesetz vom 14. Dezember 199096 über die direkte Bundessteuer (DBG).

95 96

­

Neugründungen von Schweizerschulen: Die Finanzierung der bisher befristet anerkannten Schweizerschule in Peking ist sicherzustellen. Dies bedingt eine entsprechende Erhöhung des Zahlungsrahmens.

­

Zusammenarbeit mit gewinnorientierten Schulen: Der Bund entwickelt während der Periode 2021­2024 ein Modell zur Berücksichtigung von Schulen mit kommerziellem Hintergrund, die einen klaren Bezug zur Schweiz im Sinne des SSchG aufweisen. Damit trägt er den künftigen Entwicklungen auf dem internationalen Privatschulmarkt Rechnung. Das Modell basiert auf einer Trennung von Anerkennung und Subventionierung der Schulen: Demnach könnten künftig auch kommerziell ausgerichtete Schulen als Teil des Netzes der Schweizerschulen anerkannt werden, aber nur Schulen ohne Gewinnorientierung würden mit öffentlichen Mitteln unterstützt werden. Die Einführung des Modells mit den allenfalls notwendigen Rechtsanpassungen wäre für die Finanzierungsperiode 2025­2028 vorzusehen.

SR 642.14 SR 642.11

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3.6.4

Jenische, Sinti und nomadische Lebensweise

Die Jenischen und Sinti sind eine anerkannte nationale Minderheit im Sinne des Rahmenübereinkommens vom 1. Februar 199597 zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Schweiz hat sich zur Förderung von Rahmenbedingungen verpflichtet, die es diesen Minderheiten ermöglichen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln.

Dies gilt namentlich für die nomadische Lebensweise und die jenische Sprache als anerkannte Minderheitensprache im Sinne der Europäischen Charta der Regionaloder Minderheitensprachen vom 5. November 1992.98 Der Bund unterstützt die Radgenossenschaft der Landstrasse, eine Selbstorganisation der Jenischen und Sinti, die sich um die Dokumentation der Geschichte, die Pflege der jenischen Sprache und um Fragen in Zusammenhang mit dem nomadischen Leben kümmert. Weiter finanziert der Bund die Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende», die im Jahr 1997 geschaffen wurde, um den Dialog zwischen Behörden und Exponenten der Minderheiten zu pflegen und nach Lösungen im Zusammenhang mit den mangelnden Halteplätzen zu suchen.

Neben den Minderheiten der Jenischen und der Sinti, die zirka 35 000 Personen umfassen, ist auch die Minderheit der Roma zu erwähnen. Die Schweiz zählt rund 80 000 Roma, von denen die Mehrheit seit den 1970er-Jahren aus verschiedenen Ländern des Balkans immigrierte und sesshaft lebt.

Ausgangslage und Herausforderungen Trotz des Engagements der vom Bund unterstützten Organisationen haben sich die Verhältnisse für die betroffenen Minderheiten in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht wesentlich verbessert, insbesondere bezüglich der Zahl von verfügbaren Stand- und Durchgangsplätzen sowie bezüglich der gesellschaftlichen Akzeptanz. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze ist seit Jahren rückläufig und deckt den Bedarf der fahrenden Minderheiten bei Weitem nicht. Der Druck auf die knappen Plätze wird verstärkt durch die Anwesenheit von ausländischen Roma und Sinti, mehrheitlich aus Deutschland, Frankreich und Italien, die in den Sommermonaten mit ihren Wohnwagen auf Arbeitssuche durch die Schweiz reisen und sich hier für einige Wochen oder Monate niederlassen. Die wichtigste Herausforderung besteht darum in der Erhaltung und Schaffung der für die fahrende Lebensweise erforderlichen Halteplätze.

Um diese Herausforderung anzugehen, hat das EDI im Jahr 2015 eine Arbeitsgruppe
mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, der Kantone und der Organisationen der Minderheiten eingesetzt mit dem Ziel, einen Aktionsplan zu erarbeiten, der alle Lebensbereiche umfasst: Plätze, Bildung, Soziales, Kultur. Der entsprechende Bericht99 ist eine Gesamtschau, in der alle relevanten Themen benannt und die einschlägigen Massnahmen erwähnt sind, und stellt in diesem Sinne einen Meilenstein für die weitere Arbeit dar.

97 98 99

SR 0.441.1 SR 0.441.2 www.bak.admin.ch > Sprachen und Gesellschaft > Jenische und Sinti als nationale Minderheit > Aktionsplan

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Die laufende Umsetzung des Aktionsplans fokussiert auf jene Massnahmen, die der Bund in eigener Kompetenz durchführen kann: die Anerkennung der Schweizer Jenischen und Sinti in ihrer Eigenbezeichnung (Anpassung des Sprachgebrauchs der Bundesverwaltung); die Förderung von Projekten zugunsten ihrer Sprache und Kultur (Errichtung eines Fonds zur Unterstützung von Projekten bei der Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende»); die Reorganisation der Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende» mit dem Ziel einer besseren Sichtbarkeit und Stärkung ihrer Rolle an der Schnittstelle zwischen Behörden und Minderheiten. Darüber hinaus ergeben sich aus dem Gesagten folgende besondere Herausforderungen: ­

Erhöhung der Zahl der Halteplätze: In vielen Bereichen ist der Bund auf die Mitwirkung der Kantone angewiesen, um zu zählbaren Ergebnissen zu gelangen. Insbesondere besteht eine geteilte Verantwortung bei den Halteplätzen, wo für die Schaffung von Stand- und Durchgangsplätzen grundsätzlich die Kantone zuständig sind, während die Schaffung von Transitplätzen für durchreisende Roma aus dem Ausland überregionaler Lösungen bedarf.

­

Abkehr vom Begriff «Fahrende»: Bis vor wenigen Jahren wurde der pauschalisierender Begriff «Fahrende» für sämtliche Mitglieder der Minderheiten der Jenischen, Sinti und Roma verwendet, ob sesshaft lebend oder fahrend. Inzwischen hat sich der Sprachgebrauch gewandelt. Die Minderheiten wollen nicht mehr als «Fahrende», sondern mit ihren Eigenbezeichnungen als «Jenische» oder «Sinti» oder «Roma» angesprochen werden.

Ziele und Massnahmen Die Unterstützung von Organisationen und Projekten (Kultur, Sprache, Sensibilisierung der Mehrheitsgesellschaft) hat sich bewährt. Der Bund setzt diese Fördermassnahmen im bisherigen Rahmen fort. Für die Förderperiode 2021­2024 sind darüber hinaus folgende Ziele und Massnahmen vorzusehen: ­

Erhöhung der Zahl der Halteplätze: Wenn auch längst nicht alle Jenischen und Sinti im Wohnwagen unterwegs sind, so basiert ihr kulturelles Selbstverständnis doch auf der nomadischen Lebensweise. Um diesen kulturell und wirtschaftlich wichtigen Grundpfeiler zu erhalten, ist die Platzsituation nachhaltig zu verbessern. Hierzu bedarf es einerseits zusätzlicher Initiativen zur Sensibilisierung von Behörden und Öffentlichkeit; wichtige Partner des Bundes sind hierbei die Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende» und die «Radgenossenschaft der Landstrasse».

Andererseits braucht es für die Erhöhung der Zahl der Halteplätze auch verstärkte Anstrengungen der Kantone und entsprechende Anreize des Bundes.

Im Sinne des Aktionsplans wird sich der Bund einerseits für ein grösseres Angebot an Transitplätzen für ausländische Roma engagieren und hierzu Land und finanzielle Mittel bereitstellen. Die Ausarbeitung eines Konzepts nach Artikel 13 des Raumplanungsgesetzes vom 22. Juni 1979100 (RPG) und dessen Umsetzung werden einen Schwerpunkt der Arbeit der kommenden Jahre darstellen. Ergänzend wird der Bund die Kantone bei ihrer Aufgabe

100

SR 700

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der Schaffung von kleineren Plätzen für Jenische und Sinti mit finanziellen Anreizen unterstützen.

­

Abkehr vom Begriff «Fahrende»: Es soll der Forderung der Minderheiten nach der Verwendung ihrer Eigenbezeichnungen nachgekommen werden.

Hierzu ist der Wortlaut von Artikel 17 KFG anzupassen (vgl. Ziff. 4.1).

4

Erläuterungen zu den Gesetzesänderungen

4.1

Kulturförderungsgesetz (Vorlage 1)

Art. 1 Bst. a Ziff. 1 Das immaterielle Kulturerbe (beispielsweise Musik, Tanz, Brauchtum, Feste oder traditionelle Handwerkstechniken) ist ein wichtiger Teil unseres kulturellen Erbes.

Davon zeugen namentlich die «Liste der lebendigen Traditionen» (vgl. Ziff. 3.6.1) sowie die bisher vier Schweizer Einträge in der «Repräsentativen Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit» der UNESCO (Winzerfest in Vevey, Basler Fasnacht, Umgang mit der Lawinengefahr, «Prozession der Karwoche» in Mendrisio). Trotz diesem hohen Stellenwert wird das immaterielle Kulturerbe bisher im KFG nicht erwähnt. Neu soll das immaterielle Kulturerbe in Artikel 1 KFG explizit verankert werden.

Art. 12 Abs. 4 Artikel 67a BV sieht vor, dass Bund und Kantone die musikalische Bildung fördern, insbesondere von Kindern und Jugendlichen (Abs. 1). Im Weiteren soll der Bund Grundsätze für den Zugang der Jugend zum Musizieren und die Förderung musikalisch Begabter festlegen (Abs. 3). Mit der Einführung des Programms «Jugend und Musik» in der Förderperiode 2016­2020 wurde ein erster Schritt zur Umsetzung der Verfassungsbestimmung gemacht, der besonders auf die Förderung des Zugangs zur Musik fokussiert. In einem zweiten Schritt sind spezifische Fördermassnahmen des Bundes für musikalisch Begabte vorzusehen (vgl. Ziff. 3.6.1). Da der geltende Artikel 12 KFG zur musikalischen Bildung relativ eng gefasst ist, soll die Begabtenförderung neu in Artikel 12 Absatz 4 KFG explizit erwähnt werden.

Art. 17

Jenische, Sinti und nomadische Lebensweise

Der geltende Artikel 17 KFG lautet: «Der Bund kann Massnahmen treffen, um den Fahrenden eine ihrer Kultur entsprechende Lebensweise zu ermöglichen». Im Rahmen des Aktionsplans «Jenische, Sinti, Roma» hat der Bund in Aussicht gestellt, künftig auf den als diskriminierend empfundenen Ausdruck «Fahrende» zu verzichten. Aus diesem Grund soll Artikel 17 KFG angepasst werden.

In der Sachüberschrift und in der Bestimmung soll ausdrücklich erwähnt werden, in welchen Bereichen der Bund tätig sein kann: Einerseits kann er die Kultur der vom Bundesrat offiziell als Minderheiten anerkannten schweizerischen Jenischen und Sinti fördern, andererseits kann er Massnahmen treffen, um die nomadische Le3244

BBl 2020

bensweise zu ermöglichen, und zwar unabhängig von Nationalität und Ethnie der betroffenen Minderheiten. Denn im Umgang mit fahrenden Minderheiten müssen die Bedürfnisse sowohl der schweizerischen Gruppen (meist Jenische und wenige Sinti) wie auch der ausländischen Gruppen (meist Roma) berücksichtigt werden können.

Art. 18 Die Kulturabgeltung an die Stadt Bern wird per 2021 eingestellt (vgl. Ziff. 5.2.2) und die entsprechende Rechtsgrundlage im KFG deshalb gestrichen.

4.2 Art. 8

Filmgesetz (Vorlage 2) Filmförderung

Im Bereich der Auswertung von Filmen ist im FiG eine Präzisierung nötig, um die Förderung am Beitrag auszurichten, der zur Vielfalt des Angebots geleistet wird.

Art. 10 Abs. 2 Institutionen, die regelmässig Aufgaben im öffentlichen Interesse erfüllen und dafür Subventionen erhalten, werden über mehrjährige Leistungsvereinbarungen mit Betriebsbeiträgen unterstützt. Die Institutionen sind meist als gemeinnützige Stiftungen oder auf Vereinsbasis organisiert, sodass allfällige Überschüsse als Reserven für die geförderten Zwecke zur Verfügung bleiben. Bei gewinnorientierten Unternehmen und solchen, die zwar selber nicht gewinnorientiert sind, aber von gewinnorientierten Unternehmen beherrscht sind, ist dies nicht sichergestellt. Gewinnorientierte Unternehmen sollen deshalb von der Subventionierung durch Betriebsbeiträge ausgeschlossen werden. Hingegen bleiben projektbezogene Subventionen auch für gewinnorientierte Unternehmen weiterhin möglich. Subventionierte Unternehmen oder Institutionen müssen sich zur Transparenz verpflichten. Zur Sicherstellung der Unabhängigkeit sind insbesondere die Besitzverhältnisse und allfällige Transaktionen mit nahestehenden Personen (Leitungsorgane, Kader, Eigner oder unter deren Einfluss stehenden Unternehmen) offenzulegen, entsprechend den üblichen Rechnungslegungsstandards, beispielsweise Swiss GAAP FER 21.

Art. 15 Abs. 2 Die bestehende Bestimmung zu den Einnahmen (Spezialfinanzierung) wird gestützt auf die Ausweitung der Investitionspflicht auf Online-Anbieter (Art. 24b E-FiG) ausgedehnt. In Bezug auf den Verwendungszweck der Einnahmen wird präzisiert, dass diese sowohl zweckgebunden für die Filmförderung (Bst. a) wie auch für die mit der Erhebung respektive Kontrolle der Abgaben verbundenen Ausgaben (Sachaufwand, Personal, IT usw.) eingesetzt werden können (Bst. b und c). Beide Abgaben sind als Lenkungs- respektive Ersatzabgaben konzipiert, sie lassen den privaten Akteuren die Wahl, entweder durch ihre Geschäftspolitik das Schweizer Filmschaf-

3245

BBl 2020

fen zu unterstützen oder eine Abgabe zu bezahlen.101 Das Ziel dieser Pflicht ist es nicht, Einnahmen für den Bund zu generieren, sondern die Akteure dazu zu bewegen, in das einheimische Filmschaffen zu investieren. Die Kompetenz zur Abgabeerhebung ergibt sich aus Artikel 71 BV (Film) respektive Artikel 93 BV (Radio und Fernsehen).

Art. 19a

Zugang zum Filmerbe

Die neue Bestimmung bezweckt, die aus öffentlichen Mitteln finanzierten Filme nach ihrer kommerziellen Auswertung weiterhin öffentlich zugänglich zu machen.

Heute ist der Grossteil der geförderten Filme schon wenige Jahre nach Fertigstellung für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Die vom Bund in der Herstellung geförderten Filme sind in der Cinémathèque hinterlegt. Seit 2003 besteht bereits eine Hinterlegungspflicht für solche Filme. Absatz 1 führt lediglich die langjährige Praxis nach. Absatz 2 verankert neu den Grundsatz, dass geförderte Filme auch öffentlich zugänglich bleiben sollen. Die kommerzielle Auswertung ist in der Regel spätestens fünf Jahre nach der Veröffentlichung des Films abgeschlossen. Werden in Zukunft (ab 2021) Filme mit einem namhaften Herstellungsbeitrag des Bundes unterstützt, wird die Förderung neben der Hinterlegungspflicht mit der zusätzlichen Auflage verbunden, dass die Filme nach Abschluss der kommerziellen Nutzung der Bevölkerung zugänglich behalten oder gemacht werden können (nichtexklusive Lizenz für nicht gewerbliche Nutzung). Dies trifft frühestens ab 2026 ein. In der Förderperiode 2021­2024 sind die noch offenen Fragen, insbesondere die verschiedenen Umsetzungs- und Vergütungsmöglichkeiten für das Zugänglichmachen, mit den Rechteinhabern und den Förderpartnern des BAK (namentlich SRG SSR als Koproduzent) zu klären. Für die übrigen in der Cinémathèque hinterlegten Schweizer Filme, darunter Filme, die nicht vom Bund gefördert wurden, sollen im Laufe der kommenden Legislaturperiode ebenfalls Abklärungen stattfinden, ob und wie auch diese einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Der vollumfängliche öffentliche Zugang zum Schweizer Filmerbe wird erst möglich sein, wenn die offenen Fragen im Dialog geklärt werden konnten. Zum heutigen Zeitpunkt ist nicht vorgesehen, dass der Bund für das Zugänglichmachen der Schweizer Filme eine eigene Plattform aufbaut und betreibt. Hingegen soll das BAK beispielsweise mit der SRG SSR und der Cinémathèque geeignete Varianten prüfen und Modalitäten diskutieren.

Art. 24 Abs. 1, 3bis und 5 Die Meldepflichten für Betriebe im Filmbereich werden angepasst: 1) Für Produktionsunternehmen erfolgte die Meldepflicht zu den Auswertungserlösen im Inland ­ die als Grundlage für die Berechnung der Gutschriften für
«succès cinéma» dienen ­ durch die Verleiher. Umsätze im Ausland sind dagegen nicht förderrelevant. Aus diesen Gründen wurde die Meldepflicht nie umgesetzt und kann aufgehoben werden.

2) Für Auswerter ausserhalb der Kinos wird die Meldepflicht im neuen Kapitel 3a geregelt. 3) Auf die Meldepflicht der Tonbildträger-Verkäufe wird verzichtet, weil die Verkäufe stark rückläufig sind und der Abgleich der Daten aufgrund der Ver101

Zur Abgabe nach Art. 21 FiG vgl. BBl 2000 5429, hier 5454 ff.

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kaufsstrukturen (Mehrfachmeldungen und viele sehr kleine Detailhändler) im Verhältnis zur Bedeutung der Verkäufe zu aufwendig ist.

3a. Kapitel: Vorschriften zur Förderung der Vielfalt des Filmangebots ausserhalb des Kinos Das 3. Kapitel des FiG regelt die Pflichten zum Schutz der Angebotsvielfalt für Kino- und Verleihfirmen sowie die statistischen Meldepflichten. Neu wird ein 3a. Kapitel eingeführt, das die Pflichten zum Schutz der Angebotsvielfalt für Filme regelt, die in der Schweiz elektronisch angeboten werden, insbesondere in Fernsehprogrammen und im Internet. Darunter fällt die Pflicht, einen Anteil des Filmangebots für europäische Filme zu reservieren (europäische Quote), die Pflicht, einen Anteil der Bruttoeinnahmen für das unabhängige Schweizer Filmschaffen auszugeben, sowie die Meldepflicht für bezahlte Abrufe von Filmen.

Für nationale Fernsehveranstalter besteht bereits heute die Pflicht, den überwiegenden Teil ihres Programms europäischen Werken vorzubehalten. Diese Regelung entspricht den internationalen Verpflichtungen der Schweiz,102 die im RTVG differenziert umgesetzt sind. Weil sich der Filmkonsum von linearen Fernsehprogrammen zum individuellen Abruf verlagert, soll für Unternehmen, die Filme nicht linear (also auf Abruf oder in Abonnementsdiensten) anbieten, eine analoge Pflicht im FiG verankert werden (Art. 24a E-FiG). In verschiedenen anderen europäischen Ländern bestehen gleiche oder ähnliche Pflichten für Fernsehveranstalter und OnlineFilmanbieter. Die vorgeschlagene Regelung ist im Interesse eines möglichst vielfältigen Filmangebots. Sie entspricht ausserdem auch der EU-Richtlinie über die audiovisuellen Mediendienste (AVMD-Richtlinie), die für unsere Nachbarländerverpflichtend ist.

Die Pflicht, das unabhängige Schweizer Filmschaffen zu berücksichtigen, besteht heute nur für nationale und sprachregionale Fernsehveranstalter (Art. 7 Abs. 2 RTVG). Sie soll einerseits vom RTVG ins FiG überführt und andererseits erweitert werden auf alle Fernsehveranstalter und alle Online-Filmeanbieter (Art. 24b ff.

E-FiG). Zudem werden, um die inländischen Wettbewerber nicht zu benachteiligen, auch ausländische Fernsehveranstalter mit Programm- oder Werbefenstern in der Schweiz den neuen Regeln unterstellt. Für umsatzschwache Unternehmen (Umsatz von unter 2 Mio. Fr. pro Jahr), solche mit
geringer Reichweite oder einer geringen Anzahl Filme sind Ausnahmen vorgesehen. Bezüglich statistischer Meldepflicht wird die seit 2016 bestehende Pflicht der Online-Filmanbieter, bezahlte Abrufe jährlich pro Filmtitel zu melden, in das neue 3a. Kapitel überführt (Art. 24i E-FiG).

Die Kontrolle, ob die Pflichten zum Schutz der Angebotsvielfalt (europäische Quote, Berücksichtigung des Schweizer Filmschaffens, Meldepflicht für bezahlte Abrufe) eingehalten werden, soll anhand eines Registers erfolgen, in dem sich alle elektronischen Anbieter von Filmen eintragen müssen. Ein solches öffentliches Register besteht bereits für Kinos und Verleihfirmen (vgl. Kino- und Verleihregister in Art. 23 FiG).

102

Europäisches Übereinkommen vom 5. Mai 1989 über das grenzüberschreitende Fernsehen, SR 0.784.405

3247

BBl 2020

Die Aufsicht über die Fernsehveranstalter obliegt aktuell dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM), welches das RTVG vollzieht. Es nimmt seine Kontrolltätigkeit gestützt auf die jährliche Berichterstattung der Fernsehveranstalter vor, für die Kontrolle der Filmförderpflicht zieht es das BAK bei. Die Aufsicht über die Fernsehveranstalter und Online-Filmeanbieter bezüglich der neu im Filmgesetz verankerten Pflichten soll in Zukunft durch das BAK erfolgen, was eine Anpassung des RTVG notwendig macht (vgl. Erläuterungen zur Änderung des RTVG nachfolgend).

Art. 24a

Vielfalt des Filmangebots

Artikel 24a E-FiG verpflichtet die elektronischen Filmanbieter, 30 Prozent ihres Filmkatalogs europäischen Filmen vorzubehalten. Dieser Anteil entspricht dem Mindestanteil gemäss EU-Regelung in der AVMD-Richtlinie (Abs. 1). Die Pflicht trifft Unternehmen, welche die zum Abruf angebotenen Filme auswählen, also eine redaktionelle Verantwortung für ihre Angebote tragen, nicht hingegen Plattformen, die nur bestehende ganze Kataloge einkaufen und zur Verfügung stellen, oder Plattformen, die benutzergenerierte Inhalte zur Verfügung stellen (sog. «Video-sharingPlattformen»). Unterstellt werden auch Unternehmen mit Sitz im Ausland (Abs. 2).

Unternehmen mit Sitz in den europäischen Nachbarländern unterstehen ohnehin den gleichwertigen Regeln der AVMD-Richtlinie. Aufgrund des Herkunftslandsprinzips werden sie grundsätzlich von den Behörden ihres Sitzstaats kontrolliert. Bei Unternehmen ausserhalb Europas dürften die Kontrollmöglichkeiten hingegen eingeschränkt und die Durchsetzung von der Schweiz aus eher schwierig sein. Andererseits zeigen die Erfahrungen mit der 2016 eingeführten Meldepflicht für bezahlte Abrufe, dass auch ausländische Unternehmen durchaus interessiert sind, sich an die Gesetzgebung ihrer Zielländer zu halten.

Es ist beabsichtigt, umsatzschwache Unternehmen von der Verpflichtung zur Einhaltung der europäischen Quote auszunehmen (Abs. 3). Wie bisher sollen die Ausnahmen in einer Bundesratsverordnung definiert werden. Dabei soll die Umsatzschwelle, die zu einer Verpflichtung führt, von bisher 1 Million Franken auf neu 2 Millionen Franken erhöht werden, wie es auch die EU-Regelung vorsieht.

Art. 24b

Grundsatz

Absatz 1 erweitert die bereits heute für Fernsehveranstalter mit nationalem und sprachregionalem Programmangebot nach Artikel 7 Absatz 2 RTVG bestehende Reinvestitionspflicht auf Unternehmen, die Filme über elektronischen Abruf anbieten. Zudem sollen auch lokale Fernsehanbieter in die Pflicht genommen werden, wenn sie regelmässig Filme zeigen. Wie in der Radio- und Fernsehverordnung vom 9. März 2007103 vorgesehen, sollen Unternehmen mit einem Umsatz von neu bis 2 Millionen Franken pro Jahr (bisher 1 Mio. Fr. Betriebsaufwand), oder solche, die nur selten Filme zeigen (bis 12 Spiel-, Animations- oder Dokumentarfilme pro Jahr) von der Investitionspflicht ausgenommen werden (vgl. Art. 24e Abs. 2 E-FiG).

Weitere Ausnahmen sind aus Gründen der Verhältnismässigkeit vorgesehen und sollen auf Verordnungsstufe konkretisiert werden. Die Verpflichtung trifft Unter103

SR 784.401

3248

BBl 2020

nehmen mit Sitz in der Schweiz und solche, die mit ihrer Publikumsausrichtung auf die Schweiz abzielen. Sie besteht also auch für ausländische Unternehmen, sofern sich deren Angebot gezielt an das Schweizer Publikum richtet (Abs. 2). Die vorgeschlagene Regelung soll Chancengleichheit für ausländische und inländische Filmeanbieter schaffen. Die neue Regelung ist damit strenger als die bisherige Regelung für ausländische Werbefenster im Fernsehen, die gemäss geltender Praxis nicht der Schweizer Filmförderungspflicht nach RTVG unterliegen, was faktisch eine nicht gerechtfertigte Besserstellung gegenüber den inländischen Fernsehveranstaltern bedeutet. Hingegen findet die Pflicht zur Berücksichtigung des Schweizer Filmschaffens keine Anwendung auf ausländische Sender, die in der Schweiz lediglich empfangbar sind, wie etwa ARD, ORF, RAI oder Antenne 2.

Die Pflicht, das unabhängige Schweizer Filmschaffen zu berücksichtigen, ist auch nicht anwendbar auf die gebührenfinanzierte SRG SSR (Abs. 3). Für diese gelten weitergehende Verpflichtungen des RTVG und der Konzession (Auftrags- und Koproduktionen im Rahmen des «Pacte de l'audiovisuel»).

Art. 24c

Anrechenbare Aufwendungen

Die anrechenbaren Aufwendungen für das Schweizer Filmschaffen werden detailliert umschrieben, um für die betroffenen Unternehmen Rechtssicherheit zu schaffen. Zum Schweizer Filmschaffen gehören Schweizer Filme nach Artikel 2 Absatz 2 FiG und Filme, die als internationale Koproduktionen hergestellt und von der Schweiz und den Behörden der anderen beteiligten Länder offiziell anerkannt wurden. Anrechenbar sind Ankäufe, also der Kauf von digitalen Auswertungsrechten, um unabhängig produzierte Schweizer Filme oder anerkannte Koproduktionen im eigenen Angebot zeigen zu können. Die Vorgabe, in das unabhängige Filmschaffen zu investieren, schliesst auch die Herstellung von Auftragsfilmen ein, sofern die Auftragnehmer und die mitwirkenden Filmschaffenden unabhängig vom Auftraggeber sind. Sachleistungen werden künftig ausgeschlossen, da diese mehrheitlich wenig effektiv sind und deren Bewertung in der Praxis Schwierigkeiten bereitet.

Soweit investitionspflichtige Fernsehveranstalter und Filmeanbieter in den Genuss von Kultur- und Filmförderungssubventionen kommen, sind die zur Anrechnung gebrachten Ausgaben um den Betrag der Subvention zu reduzieren.

Art. 24d

Bruttoeinnahmen

Die Bestimmung regelt die Bemessungsgrundlage für die Investitionspflicht (Abs.

1). Bei Unternehmen mit Sitz im Ausland, die sich an das Schweizer Publikum richten (Programm- und Werbefenster), sind die in der Schweiz erzielten Umsätze massgeblich (Abs. 2). Deshalb müssen die Inlandumsätze vom Gesamtumsatz der Unternehmen mit Sitz im Ausland abgegrenzt werden. Unternehmen mit Sitz im Ausland müssen ihre Bruttoeinnahmen aus der Schweiz ebenso deklarieren wie Schweizer Unternehmen (Art. 24h Abs. 1 E-FiG).

Art. 24e

Ersatzabgabe

Die Einzelheiten und das Verfahren in Bezug auf die Ersatzabgabe sind auf Verordnungsstufe zu regeln (Abs. 1). Es sollen aber bereits auf Gesetzesstufe gewisse 3249

BBl 2020

Ausnahmen von der Ersatzabgabe vordefiniert werden (Abs. 2). Auf Verordnungsstufe gehören auch Bestimmungen über die anrechenbaren Filme: Als «Filme» sollen wie heute nur Spiel-, Animations- oder Dokumentarfilme gelten, die auch im Kino gezeigt werden könnten. Serien, Sitcoms, Soaps und Reality-Shows, aber auch Reportagen und Informationssendungen zu tagesaktuellen Themen, gelten nach heutiger Praxis nicht als «Filme», die die Pflicht auslösen, ins Schweizer Filmschaffen zu investieren. Entsprechend sind die Herstellungskosten für solche Filme oder Rechtekäufe ebenfalls nicht anrechenbar, auch dann nicht, wenn sie unabhängig produziert würden.

Art. 24f

Amtshilfe

Pflichtige Fernsehveranstalter und elektronische Filmeanbieter müssen dem BAK ihre Bruttoeinnahmen und anrechenbare Aufwendungen melden (Art. 24h E-FiG).

Kommen die Unternehmen ihrer Berichterstattungspflicht nicht nach, sollen andere Schweizer Behörden Amtshilfe leisten können. Beispielsweise verfügt die Eidgenössische Steuerverwaltung über Meldungen zu den aus der Schweiz heraus erzielten Umsätzen von Unternehmen. Sie kann im Einzelfall zur Weitergabe ans BAK ermächtigt werden (Art. 74 Abs. 2 Bst. b Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009104).

Anbieter von Filmen mit Sitz im Ausland (insbesondere Programmfenster und Werbefenster) sind der Aufsicht durch die Behörden in dem Land unterstellt, in dem sie ihren Sitz haben (Territorialitäts- oder Herkunftslandprinzip). Weil auch die AVMD-Richtlinie der EU die Möglichkeit von Filmförderungsabgaben für solche Fenster vorsieht, wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit europaweit zunehmen. In unseren Nachbarländern Deutschland und Frankreich werden die Umsätze von Fernsehveranstaltern und elektronischen Filmeanbietern bereits heute mit Abgaben zur Finanzierung der Filmförderung belastet. Die Vorlage enthält deshalb eine Erweiterung der bundesrätlichen Abschlusskompetenz im Bereich internationaler Verträge (vgl. Art. 33 Bst. f E-FiG). Vereinbarungen über die gegenseitige Anrechenbarkeit mit unseren Nachbarländern könnten so beispielsweise im Rahmen bestehender Koproduktionsabkommen oder als Ergänzung dazu getroffen werden.

Art. 24g

Registrierungspflicht

Wie bei den Kinos und Verleihbetrieben ist die Registrierung der Anknüpfungspunkt für die Kontrolltätigkeit über die Einhaltung der Vielfaltsauflagen und der Meldepflicht. Gleichzeitig soll die Öffentlichkeit des Registers auch für eine gewisse Transparenz sorgen. Auch Unternehmen, die aufgrund geringfügiger Umsätze keine Pflicht zur Berücksichtigung des Schweizer Filmschaffens haben, müssen sich registrieren.

Art. 24h

Berichterstattungspflichten

Die von den Unternehmen zu liefernden Angaben dienen zur Überprüfung der Vielfaltsverpflichtungen (Quote europäische Filme und Berücksichtigung des Schweizer Filmschaffens).

104

SR 641.20

3250

BBl 2020

Art. 24i

Meldepflicht

Seit Inkrafttreten des FiG werden für die Film- und Kinostatistik die bezahlten Kinoeintritte erhoben (Art. 24). Seit 2017 werden zusätzlich die bezahlten elektronischen Abrufe von Filmen erhoben; die Meldepflicht wird aus dem bisherigen Artikel 24 Absatz 3bis übernommen. Diese Daten werden pro Filmtitel zusammengestellt und vom BFS publiziert (Abs. 2). Die Daten werden vom BAK für die Evaluation der Angebotsvielfalt und zur Berechnung der Gutschriften der erfolgsabhängigen Filmförderung benutzt. Werbefinanzierte Abrufe sind ebenso wenig meldepflichtig wie der Konsum von Filmen im Fernsehen.

Art. 27 Abs. 1 und 28 Abs. 1 Die bisherigen Strafbestimmungen der Artikel 27 Absatz 1 und 28 Absatz 1 werden an die geänderten Pflichten angepasst (Registrierungspflicht sowie Berichterstattungs- und Meldepflicht für Fernsehveranstalter und elektronische Anbieter von Filmen).

Art. 33 Bst. f Aufgrund gemeinsamer Sprachräume sind die in der Schweiz verfügbaren Medienangebote zunehmend grenzüberschreitend ausgestaltet. Sie werden auch grenzüberschreitend genutzt; entsprechend werden Filme von mehreren Ländern koproduziert.

Dies verlangt nach Koordinationsinstrumenten und Informationsaustausch unter den betroffenen Behörden. Die Kompetenz des Bundesrates für den Abschluss internationaler Verträge im Bereich des Films soll deshalb erweitert werden, um die Rahmenbedingungen für den Audiovisionsplatz Schweiz stärken zu können.

Änderung des RTVG Die den Fernsehveranstaltern nach RTVG obliegende Pflicht, das Schweizer Filmschaffen zu berücksichtigen, wird künftig im Filmgesetz geregelt, was im RTVG ausdrücklich festgehalten wird.

Inkrafttreten Die neuen Verpflichtungen für Fernsehveranstalter und Online-Filmeanbieter sollen per 1. Januar 2022 in Kraft treten, um den betroffenen Unternehmen genügend Vorbereitungszeit einzuräumen. Die übrigen Änderungen des FiG werden voraussichtlich auf den 30. Juni 2021 in Kraft treten.

4.3

Kulturgütertransfergesetz (Vorlage 3)

Art. 2 Abs. 5 und Gliederungstitel des 3. Abschnitts Da sich befristete Massnahmen im Sinne von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a KGTG nicht nur auf die Einfuhr, sondern auch auf die Durch- und Ausfuhr von Kulturgut beziehen können, sind Artikel 2 Absatz 5 KGTG sowie der Gliederungstitel des 3. Abschnitts aus systematischen Gründen zu ergänzen.

3251

BBl 2020

Art. 4a

Zollanmeldung

Die fehlende oder unrichtige Deklaration von Kulturgut verunmöglicht der Eidgenössischen Zollverwaltung die risikogerechte Kontrolle an der Grenze. Nur wenn das Kulturgut ordentlich und transparent angemeldet wird, kann es stichprobenweise kontrolliert werden. Bis anhin ist die fehlende oder unrichtige Deklaration im KGTG nicht definiert. Ein Urteil des Bundesgerichts hat gezeigt, dass der Begriff der unrichtigen Deklaration im Gesetz klärungsbedürftig ist (vgl. Ziff. 3.4.2.5). Um die notwendige Rechtssicherheit herzustellen, wird die Pflicht zur Zollanmeldung für Kulturgut im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 KGTG auf Gesetzesstufe festgehalten.

Die für eine im Rahmen des KGTG korrekte Zollanmeldung benötigten Angaben werden, wie bisher, in den Artikeln 25 und 26 der Kulturgütertransferverordnung vom 13. April 2005105 konkretisiert.

Art. 24 Abs. 1 Einleitungssatz, 25 Abs. 3 und 28 erster Satz Diese Änderungen decken sich mit dem Antrag des Bundesrates in der Vorlage «Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht», die zurzeit in den eidgenössischen Räten hängig ist.106 Art. 24 Abs. 1 Bst. c, cbis und d Bei der «rechtswidrigen Einfuhr» und der «unrichtigen Deklaration» handelt es sich um zwei verschiedene Tatbestände. Diese werden neu auch in zwei unterschiedlichen Strafbestimmungen (Bst. c und cbis) formuliert, damit die Tatbestände besser voneinander abgegrenzt werden können. Diese Änderung schafft den notwendigen Bezug zur Zollanmeldung nach Artikel 4a E-KGTG. Angaben im Rahmen der Zollanmeldung, die in keinem Zusammenhang mit dem Kulturgütertransfer stehen, werden wie bisher nicht als Widerhandlung gegen das KGTG verfolgt. Massgebend bleibt hier das Zollrecht. Der bisherige Strafrahmen wird beibehalten, da die fehlende oder falsche Zollanmeldung in einem System, das auf Eigenverantwortung beruht, die risikogerechte Kontrolle von Kulturgut verhindert. In Buchstabe d wird schliesslich die Ausfuhr von im Bundesverzeichnis eingetragenen Kulturgüter ohne Bewilligung (Art. 5 Abs. 1 KGTG) in den Katalog der Vergehen aufgenommen.

4.4

Nationalbibliotheksgesetz (Vorlage 4)

Ingress Im Ingress soll die verfassungsrechtliche Kompetenznorm (Art. 69 Abs. 2 BV) zum NBibG festgehalten werden. Im geltenden NBibG fehlt im Ingress diese Abstützung auf die Bundesverfassung.

105 106

SR 444.11 BBl 2018 3009

3252

BBl 2020

5. Abschnitt (Art. 14) Die Kommission der Nationalbibliothek hat gemäss Artikel 14 NBibG im Wesentlichen den Auftrag, die Entwicklung des Bibliothekswesens zu verfolgen. «Bibliosuisse» ist der neue nationale Dachverband der Bibliotheken der Schweiz. Übergeordnete Fragen zum Bibliothekswesen werden fortan in diesem neuen Verband diskutiert, weshalb die Kommission der Nationalbibliothek aufgehoben werden kann.

4.5

Sprachengesetz (Vorlage 5)

Art. 25

Berichterstattung, Evaluation und Statistik

Die Steuerung der Förderung von Austausch und Mobilität in der Schweiz bedingt, dass verlässliche Angaben über die vom Bund im Rahmen des Sprachengesetzes unterstützten Austauschprojekte sowie die von den Kantonen geförderten Aktivitäten vorliegen. Dazu ist die Mitwirkung der Kantone unerlässlich. Eine Ergänzung von Artikel 25 stellt diese Mitwirkung sicher. Die Sachüberschrift von Artikel 25 wird um das Stichwort «Statistik» ergänzt. Der Entwurf für das totalrevidierte Bundesgesetz über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung (BIZMB)107 enthält ebenfalls eine entsprechende Bestimmung für statistische Erhebungen im internationalen Bereich von Austausch und Mobilität.

5

Erläuterungen zu den Kreditbeschlüssen

5.1

Vorbemerkungen

Die Beträge der Zahlungsrahmen und Kredite, wie sie in diesem Kapitel dargelegt sowie in den Entwürfen der Finanzierungsbeschlüsse enthalten sind, sind auf jeweils hunderttausend Franken gerundet. Teilweise ergeben sich durch die Rundung scheinbare Additionsdifferenzen.

Auf den insgesamt sieben Zahlungsrahmen sowie auf den Rahmenkredit Baukultur wurde die im Dezember 2019 für die Jahre 2021­2024 prognostizierte Teuerung eingerechnet.108 Die prognostizierte Teuerung wird jährlich an die reelle Teuerung angepasst und die Finanzmittel falls notwendig entsprechend erhöht oder gekürzt.

Die Teuerungskorrektur von Dezember 2019 führte zu einem im Vergleich zur Vernehmlassungsvorlage tieferen Gesamtfinanzrahmen.

107 108

BBl 2019 8327 Teuerungsannahme von Dezember 2019: 2021: +0,4 %, 2022: +0,6 %, 2023: +0,8%, 2024: +1,0 %.

3253

BBl 2020

5.2

Bundesamt für Kultur

5.2.1

Vorbemerkungen

Die für den Tätigkeitsbereich des BAK beantragten Finanzmittel basieren weitgehend auf finanzieller Kontinuität im Vergleich zur Kulturbotschaft 2016­2020 (für Einzelheiten vgl. Ziff. 5.6). In einzelnen Tätigkeitsbereichen des BAK sind Massnahmen mit finanziellen Auswirkungen vorgesehen. Die entsprechenden Massnahmen wurden im 2. Kapitel inhaltlich beschrieben. Nachfolgend werden die Finanzfolgen der entsprechenden Massnahmen dargestellt.

Bis anhin wurde das Netzwerk SAPA gemeinsam durch SBFI und BAK finanziell unterstützt. Ab 2021 wird SAPA auf Bundesebene nur noch durch das BAK unterstützt. Die bisher beim SBFI eingestellten Mittel werden an das BAK transferiert.

Gewisse haushaltrelevante Veränderungen sind nicht Gegenstand der Kulturbotschaft, da sie den Eigenbereich des BAK betreffen: Die Umsetzung verschiedener Massnahmen erfordert die Beschaffung externer Dienstleistungen. Diese werden nach erfolgter Priorisierung im Rahmen der verfügbaren Mittel im Eigenbereich des BAK kompensiert.

5.2.2

Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des BAK gestützt auf das Kulturförderungsgesetz (Vorlage 6)

Über den Zahlungsrahmen KFG werden all jene Aktivitäten des BAK finanziert, die sich auf das KFG stützen. Mit Ausnahme der nachfolgenden Massnahmen sind in der Förderperiode 2021­2024 keine weiteren Anpassungen mit finanziellen Auswirkungen auf die Finanzplanung des Bundes vorgesehen: ­

Museen, Sammlungen und Netzwerke Dritter: Innerhalb des Tätigkeitsbereichs kommt es budgetneutral zu einer teilweisen Verschiebung der Finanzhilfen im Bereich der Netzwerke (erstmalige Unterstützung von «Bibliosuisse» sowie Erhöhung der Finanzhilfen an die Schweizerische Stiftung für die Photographie). Die Kreditposition enthält den Mitteltransfer vom SBFI an das BAK von rund 450 000 Franken pro Jahr zur Unterstützung des Netzwerks SAPA.

­

Musikalische Bildung: Im Tätigkeitsbereich «Musikalische Bildung» werden Mehrmittel von durchschnittlich 2,1 Millionen Franken pro Jahr beantragt.

Die Mehrmittel stellen erstens sicher, dass die grosse Nachfrage nach Musiklagern und Musikkursen für Kinder und Jugendliche im Rahmen des Programms «Jugend und Musik» weiterhin abgedeckt werden kann. Zweitens sind Mehrmittel für die Etablierung einer spezifischen Begabtenförderung notwendig (vgl. Ziff. 3.6.1). Weil das entsprechende Programm etappenweise eingeführt wird, ist eine Staffelung des Kredits vorgesehen.

­

Jenische, Sinti und nomadische Lebensweise: Zur Verbesserung der Situation der fahrenden Minderheiten in der Schweiz sind zusätzliche Halteplätze notwendig, die durch den Bund mitfinanziert werden sollen. Dazu sind für

3254

BBl 2020

die Förderperiode 2021­2024 durchschnittlich 625 000 Franken pro Jahr notwendig (vgl. Ziff. 3.6.4).

­

Projekte und Anlässe: Die Projektförderung zugunsten des immateriellen Kulturerbes (vgl. Ziff. 3.6.1) wird durch Verschiebungen innerhalb des entsprechenden Kredits erhöht.

­

Kulturabgeltung an die Stadt Bern: Die Stadt Bern ist seit 1848 Sitz von Bundesversammlung, Bundesrat, Departementen und Bundeskanzlei. Seit den 1970er-Jahren wird die Stadt Bern für ihre kulturellen Aufwendungen als «Bundeshauptstadt» finanziell unterstützt. Die Finanzhilfe beläuft sich derzeit auf rund 1 Million Franken pro Jahr, was einem Anteil von rund 3 Prozent der Kulturausgaben der Stadt Bern entspricht. Die Kulturabgeltung an die Stadt Bern wird ab 2021 eingestellt und die entsprechende Förderbestimmung gestrichen (vgl. Ziff. 4.1). Es ist fraglich, ob der Stadt Bern durch ihren Status als «Bundeshauptstadt» per Saldo überhaupt ein finanzieller Nachteil erwächst. Zu diesem Schluss kam bereits vor längerer Zeit eine tripartite Arbeitsgruppe (Bund, Kanton und Stadt Bern).109 Diese Feststellung wurde von der EFK im Jahr 2019 bestätigt (Prüfbericht vom 14. Aug.

2019 zum Prüfauftrag 17 416).110 Unter diesen Umständen ist die Fortführung der Kulturabgeltung an die Stadt Bern nicht gerechtfertigt.

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Artikel 9a, 10, 12­15, 16 Absätze 1 und 2 Buchstabe a sowie 17 KFG (in Mio. Fr., gerundet) (2020)

2021

2022

2023

2024 2021­2024

Preise, Auszeichnungen, Ankäufe

(3,2)

3,2

3,2

3,2

3,2

Literaturförderung (Verlage)

(1,8)

1,8

1,9

1,9

1,9

7,4

Museen, Sammlungen, Netzwerke Dritter (13,3) 13,4 13,5 13,6 13,7

54,1

12,8

Kulturelle Teilhabe (Projektförderung)

(1,0)

1,0

1,0

1,0

1,0

4,0

Musikalische Bildung

(4,2)

4,3

5,7

7,0

8,3

25,3

Leseförderung

(4,5)

4,5

4,6

4,6

4,7

18,3

Jenische und Sinti

(0,7)

0,7

1,2

1,7

1,7

5,4

Kultureller Organisationen

(3,3)

3,3

3,3

3,3

3,4

13,3

Anlässe und Projekte

(1,0)

1,0

1,0

1,2

1,3

4,5

Kulturabgeltung an die Stadt Bern

(1,0)

0

0

0

0

0

(34,1) 33,1 35,4 37,5 39,2

145,1

Zahlungsrahmen KFG

109 110

Bericht vom 19. Aug. 2003 der tripartiten Arbeitsgruppe «Bundesstadtstatus», S. 6ff.

Abrufbar unter: www.efk.admin.ch > Publikationen > Kultur und Sport

3255

BBl 2020

5.2.3

Zahlungsrahmen Film (Vorlage 7)

Über den Zahlungsrahmen Film werden all jene Aktivitäten des BAK finanziert, die sich auf das FiG stützen. Wie bisher sind die nationalen Ersatzmassnahmen zum EU­Förderprogramm «MEDIA» nicht im Zahlungsrahmen Film enthalten. Ausserhalb des Zahlungsrahmens liegen auch die Beiträge an den Filmförderungsfonds «Eurimages» des Europarats im Umfang von 0,7 Millionen Euro jährlich. In der Förderperiode 2021­2024 sind keine Anpassungen mit finanziellen Auswirkungen auf die Finanzplanung des Bundes veranschlagt.

Die Filmpolitik des Bundes basiert auf zwei gesetzlichen Schwerpunkten: Filmförderung und Filmkultur (vgl. Ziff. 3.3.6.1 f.). Die unten aufgeführte Kreditstruktur orientiert sich grundsätzlich an diesen zwei grossen Ausgabenbereichen. Daneben wird die Finanzhilfe an die Cinémathèque Suisse (vgl. Ziff. 3.3.6.4) innerhalb des Zahlungsrahmens separat ausgewiesen.

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Artikel 3­6 FiG (in Mio. Fr., gerundet)

Filmförderung

(2020)

2021

2022

2023

2024 2021­2024

(32,1)

32,2

32,4

32,6

32,9

130,1

Filmkultur

(9,9)

10,0

10,0

10,1

10,2

40,3

Cinémathèque

(9,5)

9,6

9,6

9,7

9,8

38,7

(51,5)

51,8

52,0

52,4

52,9

209,1

Zahlungsrahmen FiG

5.2.4

Zahlungsrahmen für Finanzhilfen des BAK gestützt auf das Kulturgütertransfergesetz (Vorlage 8)

Mit dem Zahlungsrahmen KGTG werden all jene Förderaktivitäten des BAK finanziert, welche sich auf das KGTG stützen (vgl. Ziff. 3.4.3.5). Das betrifft Projekte, die dem Schutz und Erhalt von besonders gefährdeten Kulturgütern dienen, sowie Projekte von internationalen Organisationen, die im Bereich des Kulturgüterschutzes spezialisiert sind (z. B. UNESCO, ICCROM, Internationaler Museumsrat ICOM).

Es sind in der Förderperiode 2021­2024 keine Anpassungen mit finanziellen Auswirkungen auf die Finanzplanung des Bundes vorgesehen.

Übersicht über die Beiträge gestützt auf Artikel 14 KGTG (in Mio. Fr., gerundet)

Zahlungsrahmen KGTG

3256

(2020)

2021

2022

2023

2024 2021­2024

(0,8)

0,8

0,8

0,8

0,8

3,1

BBl 2020

5.2.5

Rahmenkredit Baukultur (Vorlage 9)

Über den Rahmenkredit Baukultur werden die Finanzhilfen zur Erhaltung schützenswerter Objekte (Denkmalpflege) und zur Durchführung archäologischer Massnahmen sowie Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen, Forschungsvorhaben, Ausbildung und Vermittlung gemäss den Artikeln 13, 14 und 14a NHG finanziert. Für die Umsetzung der neuen Massnahmen des BAK im Rahmen der interdepartementalen Strategie für Baukultur werden Mehrmittel von durchschnittlich 800 000 Franken pro Jahr beantragt. Abgesehen davon sind in der Förderperiode 2021­2024 keine weiteren Anpassungen mit finanziellen Auswirkungen auf die Finanzplanung des Bundes vorgesehen. Insbesondere werden die eingegangen und neuen Verpflichtungen ausschliesslich aus den im Finanzplan vorgesehenen Voranschlagskrediten finanziert.

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Artikel 13, 14 und 14a NHG (in Mio. Fr., gerundet)

Erhaltung schützenswerter Objekte, Archäologie Organisationen, Forschung, Ausbildung und Vermittlung Rahmenkredit Baukultur

5.2.6

(2020)

2021

2022

2023

2024 2021­2024

(20,6)

20,8

20,9

21,0

21,2

83,9

(4,3)

4,2

4,7

5,3

5,8

20,0

(24,9)

25,0

25,6

26,3

27,0

103,9

Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung (Vorlage 10)

Über den Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung werden all jene Aktivitäten des BAK finanziert, die sich auf das SpG stützen. Mit Ausnahme der nachfolgenden Massnahme sind in der Förderperiode 2021­2024 keine weiteren Anpassungen mit finanziellen Auswirkungen auf die Finanzplanung des Bundes vorgesehen: Im Tätigkeitsbereich «Verständigungsmassnahmen» werden Mehrmittel von durchschnittlich 2,4 Millionen Franken pro Jahr beantragt. Die Mehrmittel sind notwendig zur Umsetzung der nationalen Strategie «Austausch und Mobilität» von Bund und Kantonen vom November 2017 (vgl. Ziff. 3.6.2). Sie dienen der finanziellen Förderung von Projekten im Binnenaustausch durch die Agentur Movetia, namentlich für Klassenaustausch, Einzelaustausch sowie Lehrpersonenaustausch. Weil die entsprechenden Programme etappenweise eingeführt werden, ist eine Staffelung des Kredits vorgesehen.

3257

BBl 2020

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Artikel 14­22 SpG (in Mio. Fr., gerundet) (2020)

2021

2022

2023

2024 2021­2024

Förderung von Kultur und Sprache im Tessin

(2,5)

2,5

2,5

2,5

2,5

10,0

Förderung von Kultur und Sprache in Graubünden

(5,3)

5,2

5,3

5,3

5,3

21,1

Verständigungsmassnahmen

(6,7)

7,4

8,4

9,9

12,0

37,7

(14,5)

15,1

16,2

17,8

19,9

68,8

Zahlungsrahmen SpG

5.2.7

Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 11)

Über den Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland werden all jene Aktivitäten des BAK finanziert, die sich auf das SSchG stützen. Der Zahlungsrahmen soll um durchschnittlich 0,7 Millionen Franken pro Jahr erhöht werden, um insbesondere die Schweizerschule Peking definitiv anzuerkennen (vgl. Ziff. 3.6.3).

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Artikel 10 und 14 SSchG (in Mio. Fr., gerundet)

Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland

(2020)

2021

2022

2023

(21,4)

22,0

22,3

22,5

5.3

Pro Helvetia

5.3.1

Schwerpunkte mit Finanzmehrbedarf

2024 2021­2024

22,7

89,5

Über den Zahlungsrahmen von Pro Helvetia werden Aktivitäten finanziert, welche sich auf das KFG stützen. Pro Helvetia zeichnet sich in seiner Leistungserbringung durch betriebswirtschaftliches Handeln und Ergebnisverantwortung aus und unterhält hierzu geeignete interne Kontroll- und Steuerungsprozesse.

Die für den Tätigkeitsbereich von Pro Helvetia beantragten Finanzmittel basieren weitgehend auf Kontinuität im Vergleich zur Kulturbotschaft 2016­2020. Darüber hinaus sind in einzelnen Tätigkeitsbereichen zusätzliche Massnahmen mit finanziellen Auswirkungen vorgesehen. Die entsprechenden Massnahmen wurden im 3. Kapitel inhaltlich beschrieben und werden hier nochmals erläutert.

3258

BBl 2020

Die Umsetzung der neuen Aufgaben aus der Kulturbotschaft 2016­2020 und die geplanten Aufgaben aus der Kulturbotschaft 2021­2024 haben mittelfristige personelle Massnahmen zur Folge, welche die Personalkosten von 10,6 Millionen Franken im Jahr 2021 einschliesslich Teuerung auf 11,0 Millionen Franken im Jahr 2024 ansteigen lassen. Dies entspricht einer durchschnittlichen Erhöhung von 1,5 Prozent pro Jahr. In der Budgetperiode 2021­2024 sind insgesamt 43,2 Millionen Franken Personalkosten eingerechnet. Die Sach- und Betriebskosten betragen 2021 2,4 Millionen Franken. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Teuerung sind für die Sach- und Betriebskosten im Jahr 2024 2,5 Millionen Franken veranschlagt, der Anstieg beträgt durchschnittlich 1,4 Prozent pro Jahr. Die genannten Angaben basieren auf Hochrechnungen (Stand Anfang 2019). Der Mehrbedarf entsteht vorwiegend aus den erhöhten Mietkosten aufgrund der sanierten Liegenschaft des Geschäftssitzes und der entsprechenden Aufwendungen hinsichtlich Liegenschafts-, Betriebs- und Verwaltungsaufwand.

Aufgrund der begrenzten Zusatzmittel und der stetigen Zunahme an Beitragsgesuchen wird Pro Helvetia in gewissen Bereichen eine erhebliche Priorisierung der Mittelvergabe vornehmen müssen. Der Zahlungsrahmen wird in Form einer neuen Budgetstruktur vorgelegt, zum einen aufgrund der Integration von Neuerungen aus der letzten Botschaft in das reguläre Programm der Stiftung, zum andern aufgrund von strukturellen Veränderungen als Folge einer Organisationsentwicklung.

Bei den nachfolgend dargestellten Massnahmen sind in der Förderperiode 2021­ 2024 Anpassungen mit finanziellen Auswirkungen auf die Finanzplanung des Bundes vorgesehen: Stärkung des künstlerischen Schaffens: Von der Nachwuchsforderung zur Exzellenz Im Rahmen der Förderung des kunstlerischen Werkschaffens richtet Pro Helvetia bisher Werkbeiträge in den Bereichen Musik, Literatur, Tanz, Theater und Interdisziplinäres / digitale Medien sowie visuellen Kunste (inkl. Fotografie) aus. Mit der neuen Kulturbotschaft soll das Portfolio erweitert werden auf Design und interaktive Medien, die als Folge des Programms «Kultur und Wirtschaft» fest in der Stiftung integriert werden. Damit schliesst die Stiftung eine wichtige Lucke im Fördersystem.

Bei all seinen Förderaktivitäten strebt der Bund die Gleichstellung
von Frauen und Männern an, so auch im Bereich des künstlerischen Schaffens. Leider ist aber die Situation von weiblichen Kulturschaffenden verglichen mit ihren männlichen Kollegen nach wie vor nachteilig. Hier wird der Bund in der kommenden Finanzierungsperiode mit konkreten Massnahmen aktiv werden.

Ergänzend zu den Massnahmen aus der Kulturbotschaft 2016­2020 und zur laufenden Optimierung der bereits vorhandenen Instrumente wird Pro Helvetia zur Stärkung des künstlerischen und kreativen Schaffens folgende Massnahmen ergreifen: ­

Systematische Förderung von Design und interaktiven Medien (bisher «Kultur und Wirtschaft»): Das in der Förderperiode 2016­2020 aufgebaute Programm «Kultur und Wirtschaft» mit den beiden Förderschwerpunkten Design und interaktive Medien wird aufgrund des internationalen Erfolgs der 3259

BBl 2020

Arbeiten von Schweizer Designerinnen und Designern sowie Entwicklerinnen und Entwicklern in die regulären Förderaktivitäten der Stiftung integriert. Damit wird auch dem Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 15.3114 Fehr «Bericht über das Potenzial der Schweizer Game-Industrie für Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft» Rechnung getragen. Es ist die erklärte Absicht des Bundes, das wachsende Potenzial an jungen Designerinnen und Designern sowie Entwicklerinnen und Entwicklern auch in Zukunft mit den entsprechenden Fördermassnahmen auf dem Weg zu internationaler Anerkennung zu begleiten und die bisher aufgebaute Förderpolitik weiter zu entwickeln. Die grossen vorhandenen Potenziale gilt es künftig durch eine systematische Nachwuchsförderung noch gezielter in ihrer künstlerischen und kommerziellen Entwicklung und Wirkung zu stärken und dafür die entsprechenden Massnahmen auszubauen. Pro Helvetia wird zu diesem Zweck auch die Zusammenarbeit mit den Hochschulen, der Industrie und der Innovations- und Wirtschaftsförderung weiterführen und auszubauen versuchen.

Die bisher zur Verfügung stehende Summe für Design und interaktive Medien umfasst 2,0 Million Franken, d. h. lediglich 1,0 Million Franken per Disziplin. Diese Summe reicht nicht aus, um die internationale Positionierung der Schweizer Talente konsequent zu unterstützen.

Erforderliche Zusatzmittel: Für die konsequente Fortführung und Verstärkung der koordinierten Förderung von Design und interaktiven Medien auf den Ebenen Werkförderung, Verbreitung, Kulturaustausch und Promotion im Inland und Ausland werden insgesamt Zusatzmittel in der Höhe von insgesamt 1,3 Millionen Franken benötigt, durchschnittlich 325 000 Franken pro Jahr.

­

3260

Systematische Förderung von Kreation und Innovation: Schnittstellen zwischen Kunst, Technologie und Wissenschaft sind von zunehmender Bedeutung im künstlerischen Schaffen und in der kreativen Industrie, da Kunstschaffende und Kreative ihre künstlerische Praxis zunehmend mit einer forschenden Tätigkeit im wissenschaftlichen oder technologischen Zusammenhang verbinden. Zudem suchen Hochschulen und Unternehmen die Kompetenzen von Kunstschaffenden, um neue Forschungsprozesse zu initiieren. Dabei entsteht ein grosses Potenzial für neue Zusammenarbeits- und Geschäftsmodelle sowie für neue Ausdruckformen, insbesondere im Zusammenhang mit der Digitalisierung. In der laufenden Finanzierungsperiode von Pro Helvetia vereinzelt erprobte Kooperationen mit Partnern aus der Wissenschaft und Ausbildung (ETH Zürich, EPFL oder CERN) sollen durch eine verstärkte Unterstützung der mit diesen Partnern zusammenarbeitenden Kulturschaffenden intensiviert werden. Zudem wird Pro Helvetia in Zusammenarbeit mit Partnern aus Wissenschaft und Technologie zusätzliche Förderinstrumente entwickeln, um innovative Projekte konsequent zu unterstützen und zu verbreiten. Hierbei handelt es sich um eine eigentliche Neuerung, da es bisher keine entsprechende Budgetposition gab.

BBl 2020

Erforderliche Zusatzmittel: Zu diesem Zweck sind bei einer gestaffelten Einführung der Massnahmen Zusatzmittel in Höhe von insgesamt 2 Millionen Franken vorgesehen, durchschnittlich 500 000 Franken pro Jahr.

­

Chancengleichheit von Frauen und Männern im Kulturbereich: Ziel der Kulturpolitik des Bundes sind eine angemessene Vertretung der Geschlechter in allen relevanten Bereichen (Ausbildung, Subventionierung, Programmierung, Vertretung in Kulturinstitutionen usw.) sowie die Einführung entsprechender Förderinstrumente. Um den konkreten Handlungsbedarf festlegen zu können, sind in der nächsten Förderperiode ­ gemeinsam mit interessierten Städten, Kantonen sowie kulturellen Interessenvertretungen ­ vertiefte statistische Angaben zu erheben und Massnahmen zu prüfen und zu entwickeln.

Erforderliche Zusatzmittel: Für die Erstellung von Studien und für die Entwicklung von Empfehlungen hinsichtlich der Chancengleichheit von Frauen und Männern im Kulturbereich sind Zusatzmittel in Höhe von insgesamt 300 000 Franken vorgesehen, durchschnittlich 75 000 Franken pro Jahr.

Stärkung der Kohäsion im Inland Vor dem Hintergrund zunehmender gesellschaftlicher Unterschiede, die sich auf die Produktion und Nutzung von Kultur auswirken, ist es von grosser Bedeutung, den Austausch zwischen den verschiedenen sprachlichen und kulturellen Gruppen zu intensivieren und so den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Zur Stärkung der Kohäsion im Inland sieht Pro Helvetia folgende zusätzlichen Massnahmen vor: ­

Kunstvermittlung: Die Förderung der Kunstvermittlung wird inhaltlich neu ausgerichtet. Zusammen mit Partnerinstitutionen (Hochschulen, Kulturinstitutionen, Verbände usw.) sollen mit modellhaften Projekten die kritische Reflexion über künstlerische Produktionen gestärkt und dabei insbesondere die Bedeutung neuer Medien (digitales Schreiben und Publizieren) berücksichtigt werden. Die erweiterte Förderung der Kunstvermittlung wird durch eine Anpassung der Kriterien zur bisherigen Kunstvermittlung finanziert.

­

Kulturaustausch / Verbreitung von künstlerischen Werken: Die bisherigen Massnahmen zur Förderung des kulturellen Austausches aus der Kulturbotschaft 2016­2020 sollen weitgehend fortgesetzt werden. Um den Austausch zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen, kulturellen oder demografischen Gruppen künftig auch vermehrt innerhalb einer Sprachregion fördern zu können, wird der Bund darüber hinaus prüfen, ob gemeinsam mit interessierten Städten und Kantonen spartenspezifische interregionale Netzwerke initiiert werden können, die zur verbesserten Verbreitung von künstlerischen Werken insbesondere aus den Bereichen Musik, Tanz und Theater beitragen.

3261

BBl 2020

Kulturaustausch international (Verbreitung und Promotion, Stärkung der internationalen Präsenz) Schweizer Kulturschaffende sind aufgrund des kleinen Binnenmarktes auf internationale Präsenz angewiesen. Diese ist wesentlich für eine erfolgreiche künstlerische Laufbahn, sichert die Finanzierung und eine bessere Verwertung der Werke. Da der internationale Markt nicht leicht zugänglich, finanziell angespannt und hart umkämpft ist, ist eine Intensivierung der entsprechenden Förderung und Promotion erforderlich, weshalb Pro Helvetia in den letzten Jahren begonnen hat, neue spezifische Exportinstrumente aufzubauen. Die in der Schweiz im Vergleich zum Ausland überdurchschnittlich hohen Lebens- und Produktionskosten führen zu einem beträchtlichen Wettbewerbsnachteil für das Schweizer Kunstschaffen. Pro Helvetia setzt sich deshalb künftig zum Ziel, die finanzielle Wettbewerbsfähigkeit von Schweizer Kulturschaffenden durch höhere Beiträge an deren Auslandprojekte zu stärken, die institutionellen Partnerschaften mit den Nachbarländern zu intensivieren und die Promotionsmassnahmen den neuen Herausforderungen entsprechend weiterzuentwickeln.

Neben der Fortführung und Optimierung der bestehenden Instrumente wird Pro Helvetia zur Stärkung der Schweizer Kultur im Ausland folgende zusätzlichen Massnahmen ergreifen: ­

Ausbau und Erweiterung der Massnahmen hinsichtlich Marktzugang und Wettbewerbsfähigkeit: Eine Herausforderung für die Schweizer Gruppen sind die hohen Produktions- und Lebenskosten in der Schweiz, die Gastspiele im Ausland sehr kostspielig machen, weshalb viele Schweizer Produktionen auf dem internationalen Markt trotz vorhandener Qualität kaum oder nur teilweise konkurrenzfähig sind. Um diesem Problem zu begegnen, hat der Bund in der aktuellen Finanzierungsperiode mit der Unterstützung der Diffusionsarbeit in die Professionalisierung und bessere strategische Planung der freien Gruppen investiert. Die Massnahme zeigt Erfolg, ist aber auf Tourneen in Europa und auf Tanz- und Theaterprojekte beschränkt. Ausserhalb Europas besteht die Problematik weiterhin. Nachteilig auf die internationale Verbreitung des Schweizer Musikschaffens wirken sich die oftmals prekäre Gagensituation im Ausland beziehungsweise die im Vergleich hohen Lebenskosten in der Schweiz aus. Die seit 2016 eingeführten Massnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, die eine positive Wirkung zeigen, sollen inhaltlich auf den Bereich Musik und geografisch auf Regionen ausserhalb Europas ausgeweitet werden. Zudem wird Pro Helvetia die Präsenz und Sichtbarkeit von Schweizer Werken und Kunstschaffenden an zentralen internationalen Plattformen ausbauen und die für europäische Metropolen entwickelten Promotionsmodelle auf andere Zielregionen ausweiten.

Durch eine Beteiligung an den zusätzlich anfallenden Kosten für die Diffusionsarbeit sollen internationale Tourneen für Schweizer Musikschaffende finanziell attraktiver werden.

Erforderliche Zusatzmittel: Für diese Massnahmen sind Zusatzmittel von insgesamt 1,0 Millionen Franken vorgesehen, durchschnittlich 250 000 Franken pro Jahr.

3262

BBl 2020

­

Unterstützung von Promotions- und Kooperationsprojekten: Ein nachhaltiger internationaler Kulturaustausch im Sinne der globalen Auswertung des Kulturschaffens erfordert laufend neue Formen der Produktion und Kooperation, die derzeit in den Förderaktivitäten von Pro Helvetia noch zu wenig Beachtung finden. Dies gilt sowohl für Projekte aus den Aussenstellenländern (Folgeprojekte von Residenzen und Gastspielen/Tourneen) in der Schweiz als auch für Projekte, die ausserhalb der Aussenstellenländer entstehen. Deshalb sollen künftig internationale Kooperationsprojekte mit Schweizer und internationalen Kunstschaffenden insbesondere in Europa gefördert werden. Zur verstärkten Verbreitung der Werke von Schweizer Kunstschaffenden im Ausland sollen zudem ausserhalb von grossen europäischen Metropolen, in Regionen mit besonders grosser kultureller Dynamik, neue Promotionsmodelle eingeführt werden. Diese sollen den vielversprechenden Kunstschaffenden neue Engagements bzw. Kooperationen ermöglichen.

­

Flexibilisierung der Residenzangebote: Recherche- und Atelieraufenthalte ermöglichen Schweizer Kunst- und Kulturschaffenden den Aufbau individueller Netzwerke sowie neue Produktions- und Vermittlungserfahrungen. Die Verbindungsbüros von Pro Helvetia bieten in den entsprechenden Ländern Recherche- und Atelieraufenthalte an. Aufgrund der weltweiten kulturellen Entwicklungen besteht das Bedürfnis der Kulturschaffenden nach einem geografischen Ausbau und einer Flexibilisierung der Residenzangebote. Ergänzend zu den bestehenden Residenzangeboten sollen diese künftig gezielt geografisch erweitert und den Bedürfnissen der Kulturschaffenden angepasst werden. Einerseits sollen hierzu die Residenzangebote der Aussenstellen flexibilisiert werden, andrerseits soll die Möglichkeit von selbstorganisierten Reise- und Recherchestipendien geschaffen werden.

Erforderliche Zusatzmittel: Für diese Massnahmen sind Zusatzmittel von insgesamt 0,9 Millionen Franken vorgesehen, durchschnittlich 225 000 Franken pro Jahr.

5.3.2

Zahlungsrahmen Pro Helvetia in der Kulturbotschaft 2021­2024 (Vorlage 12)

Übersicht über die Beiträge gestützt auf die Artikel 11, 16 Absatz 2 Buchstabe b und 19­21 KFG (in Mio. Fr., gerundet) (2020)

2021

2022

2023

2024

2021­2024

Nachwuchs- und Werkförderung*

(5,8)

6,0

6,3

6,6

6,9

25,8

Verbreitung, Kulturaustausch und Promotion Inland**

(7,0)

7,1

7,5

8,2

8,9

31,7

(11,7) 11,1 11,3 11,5 11,8

45,7

Verbreitung, Kulturaustausch

3263

BBl 2020

(2020)

2021

2022

2023

2024

2021­2024

Aussenstellen (inkl. Personalund Betriebskosten)****

(9,2)

8,4

8,6

8,6

8,7

34,3

Personal- und Sachkosten Inland

(8,9) 10,4 10,6 10,8 11,1

42,9

Zahlungsrahmen Pro Helvetia

(42,6) 43,0 44,3 45,8 47,4

180,4

und Promotion Ausland***

* inkl. Übersetzungsförderung (Anteil Nachwuchs und Werkförderung), Kultur und Wirtschaft (Anteil Nachwuchs und Werkförderung), systematische Förderung von Kreation und Innovation ** inkl. Übersetzungsförderung (Anteil Inland), Kulturvermittlung, Kultur und Wirtschaft (Anteil Inland), interkulturelle Gesellschaft, Chancengleichheit von Frauen und Männern im Kulturbereich *** inkl. Übersetzungsförderung (Anteil Ausland) und Kultur und Wirtschaft (Anteil Ausland) **** Im Vergleich zur Kulturbotschaft 2016­2020 ohne Kultur und Wirtschaft und interkulturelle Gesellschaft; ebenso hier keine anteiligen Personalkosten Schweiz zur Führung der Aussenstellen ausgewiesen.

5.4

Schweizerisches Nationalmuseum (Vorlage 13)

Das SNM erhält zur Erfüllung seiner Aufgaben jährliche Bundesbeiträge gestützt auf Artikel 17 MSG. Das SNM zeichnet sich in seiner Leistungserbringung durch betriebswirtschaftliches Handeln und Ergebnisverantwortung aus und unterhält hierzu geeignete Kontroll- und Steuerungsprozesse. Durch die Erhöhung der Besucherfrequenzen, die Bewirtschaftung der Räumlichkeiten, Verpachtung und Verkäufe sowie die Nutzung der Leistungsfähigkeit des Sammlungszentrums vermag das SNM die eigene Wirtschaftlichkeit stetig zu erhöhen.

Zu den zentralen Zielsetzungen der Botschaftsperiode 2016­2020 gehörte die Eröffnung des Neubaus am Standort Zürich. Die Museumserweiterung und die Sanierung von Kunstgewerbeschul- und Hofflügel wurden im Sommer 2016 rechtzeitig fertiggestellt und schlossen unter dem veranschlagten Kostenrahmen ab. Die erforderlichen Betriebsmittel für die bauliche Erweiterung standen dem Museum jedoch nicht vollumfänglich zur Verfügung, sondern wurde in der laufenden Periode um insgesamt 6,5 Millionen Franken gekürzt (Teuerungsanpassung). Zur Sicherstellung einer nachhaltigen und gesamtheitlichen Museumsarbeit an allen vier Häusern des Schweizerischen Nationalmuseums sieht die Vorlage einen teilweisen Ausgleich der erfolgten Anpassungen vor.

Unter Berücksichtigung der Lohnmassnahmen einschliesslich Teuerung wird der Personalaufwand von 24,33 Millionen Franken im Jahr 2021 auf 25,44 Millionen Franken im Jahr 2024 ansteigen. In der Budgetperiode 2021­2024 ist mit insgesamt 99,53 Millionen Franken Personalkosten zu rechnen, das heisst durchschnittlich 24,88 Millionen Franken pro Jahr. Der Sachaufwand beträgt im 2021 13,96 Millionen Franken. Unter Berücksichtigung der zu erwartenden Teuerung sind für die Sachkosten in der Förderperiode 2021­2024 insgesamt 55,85 Millionen Franken 3264

BBl 2020

veranschlagt, das heisst durchschnittlich 13,96 Millionen Franken pro Jahr. Die genannten Angaben basieren auf Hochrechnungen (Stand Ende 2019).

Übersicht über die Beiträge an das Nationalmuseum gestützt auf Artikel 17 MSG (in Mio. Fr., gerundet)

Zahlungsrahmen SNM

5.5

(2020)

2021

2022

2023

2024

2021­2024

(31,7)

32,1

33,0

34,1

35,3

134,5

Finanzen im Überblick

In der folgenden Tabelle sind die beantragten Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite (Rahmenkredit Baukultur) zusammengefasst dargestellt.

Kredit

(2020)

2021

2022

2023

Zahlungsrahmen KFG (Vorlage 6)

(34,1)

33,1

35,4

37,5

39,2

145,1

Zahlungsrahmen Film (Vorlage 7)

(51,5)

51,8

52,0

52,4

52,9

209,1

Zahlungsrahmen Kulturgütertransfer (Vorlage 8)

(0,8)

0,8

0,8

0,8

0,8

3,1

Rahmenkredit Baukultur (Vorlage 9)

(24,9)

25,0

25,6

26,3

27,0

103,9

Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung (Vorlage 10)

(14,5)

15,1

16,2

17,8

19,9

68,8

Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 11)

(21,4)

22,0

22,3

22,5

22,7

89,5

Zahlungsrahmen Pro Helvetia (Vorlage 12)

(42,6)

43,0

44,3

45,8

47,4

180,4

Zahlungsrahmen SNM (Vorlage 13)

(31,7)

32,1

33,0

34,1

35,3

134,5

(221,4) 222,6 229,5 237,1 245,2

934,5

Total

5.6

2024 2021­2024

Finanzentwicklung

Die gesamten mit der Kulturbotschaft beantragten Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite belaufen sich auf 934,5 Millionen Franken. Dies entspricht im Vergleich zur ursprünglichen Finanzplanung einem Wachstum von durchschnittlich 2,6 Prozent pro Jahr (inklusive Teuerung). Im Vergleich zur ursprünglichen Finanzplanung führt dies zu einer realen Mittelaufstockung von insgesamt 34,7 Millionen Franken für die gesamte Förderperiode 2021­2024. Die Verwendung der Mehrmittel von 34,7 Millionen wird im 2. Kapitel sowie im vorliegenden Kapitel begründet. Die insgesamt für die Förderperiode 2021­2024 beantragten Finanzmittel entsprechen 3265

BBl 2020

einem durchschnittlichen Kreditvolumen von 233,6 Millionen Franken pro Jahr.

Dies entspricht rund 0,3 Prozent der Bundesausgaben.

6

Auswirkungen

6.1

Auswirkungen auf den Bund

6.1.1

Finanzielle Auswirkungen

Die gesamten mit der Kulturbotschaft beantragten Zahlungsrahmen und Verpflichtungskredite belaufen sich auf 934,5 Millionen Franken. Das reale Wachstum führt im Vergleich zum Finanzplan 2020 zu einer Mittelaufstockung von insgesamt 34,7 Millionen Franken für die gesamte Förderperiode 2021­2024.

Der Bundesrat hat am 6. November 2019 den Legislaturfinanzplan 2021­2023 verabschiedet. In sämtlichen Jahren resultieren strukturelle Überschüsse, die sich jedoch bis 2023 auf 200 Millionen reduzieren. Die mit der vorliegenden Botschaft beantragten Ausgaben für die Kultur sind aus heutiger Sicht finanzierbar. Angesichts der finanziellen Risiken im Bundeshaushalt stellen die beantragten Zahlungsrahmen und der Rahmenkredit aber Obergrenzen dar, die nur bei positiver Entwicklung der Haushaltlage ausgeschöpft werden können.

Die Umsetzung verschiedener Massnahmen erfordert zudem die Beschaffung externer Dienstleistungen (vgl. Ziff. 5.2.1).

6.1.2

Personelle Auswirkungen

Die Vorlage führt zu einem Personalmehrbedarf beim BAK in der Höhe von 300 Stellenprozenten. Der Personalmehrbedarf ist begründet durch die Umsetzung neuer Massnahmen in folgenden Tätigkeitsbereichen: erweiterte Aufsichtspflicht Film (160 Stellenprozente), Baukultur (80 Stellenprozente), Talentförderung Musik (60 Stellenprozente). Der Personalmehrbedarf wird innerhalb des bestehenden Globalbudgets des BAK finanziert.

6.1.3

Andere Auswirkungen

Die Vorlage zeitigt keine anderen Auswirkungen auf den Bund. Insbesondere hat sie keine unmittelbaren baulichen oder informatikseitigen Folgen.

6.2

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete

Die Kulturförderung des Bundes erfolgt komplementär zur Kulturförderung der anderen Staatsebenen. Die Vorlage hat keine unmittelbaren finanziellen oder perso3266

BBl 2020

nellen Auswirkungen (Be- oder Entlastungen) auf die Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete zur Folge. Verschiedene in der Kulturbotschaft 2021­2024 vorgesehene Massnahmen haben jedoch mittelbare Auswirkungen: So setzt etwa die Begabtenförderung im Musikbereich Förderstrukturen in den Kantonen voraus, die möglicherweise erst noch zu schaffen sind (vgl. Ziff. 3.6.1).

Eine Verpflichtung zur Schaffung geeigneter Förderstrukturen besteht dabei aber nicht. Im Weiteren erfordert der Ausbau der Statistiken im Bereich des Sprachaustauschs eine administrative Mitarbeit der Kantone bei der Datenerhebung (vgl. Ziff.

3.6.2). Schliesslich würde eine allfällige Übernahme identischer Massnahmen durch die Kantone, Städte und Gemeinden in Bezug auf die Bestrebungen für eine angemessene Entschädigung der Kulturschaffenden bei diesen entweder zu Mehrkosten oder zur Notwendigkeit einer verstärkten Priorisierung des Mitteleinsatzes führen (vgl. Ziff. 3.1.2).

Umgekehrt kann der Bund mit den geplanten Neuerungen die Kantone in folgenden Bereichen entlasten: Unterstützung für den Aufbau von Programmen zur Begabtenförderung im Bereich der Musik (Ziff. 3.6.1); Schaffung von Halteplätzen für fahrende Minderheiten (3.6.4); verstärkte Förderung des schulischen Austauschs durch Programme für Klassenaustausch und Lehrpersonenaustausch (Ziff. 3.6.2).

6.3

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Schweizer Kultur- und Kreativbranche ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: In der Kultur- und Kreativwirtschaft der Schweiz sind über 275 000 Personen in rund 71 000 Betrieben beschäftigt. Dies entspricht 10,9 Prozent aller Betriebe und 5,5 Prozent aller Beschäftigten der Schweiz. Die Kultur- und Kreativwirtschaft erwirtschaftete im Jahr 2013 eine Bruttowertschöpfung von rund 22 Milliarden Franken, was einem Anteil von 3,9 Prozent an der gesamten Bruttowertschöpfung entspricht.111 Im Weiteren generiert das vielfältige Kulturangebot in der Schweiz wichtige Impulse, namentlich für die Lebensqualität der Bevölkerung, für die Standortwahl von Unternehmen oder für den Tourismus. Durch die Förderung eines breiten Kulturangebots trägt der Bund dem wirtschaftlichen Stellenwert der Kultur in der Schweiz Rechnung.

Die Vorlage hat gewisse Auswirkungen auf Online-Anbieter von Filmen sowie auf regionale Fernsehveranstalter und ausländische Fernsehveranstalter mit Programmund Werbefenstern in der Schweiz: Seit 2006 sind die Fernsehveranstalter mit nationalem oder sprachregionalem Programmangebot gesetzlich verpflichtet, 4 Prozent ihrer Bruttoeinnahmen in den Schweizer Film zu investieren oder eine entsprechende Ersatzabgabe zu bezahlen (Art. 7 Abs. 2 RTVG). Keine solche Verpflichtung besteht bis anhin für Online-Anbieter von Filmen sowie regionale Fernsehveranstalter und ausländische Fernsehveranstalter mit Programm- und Werbefenstern in der Schweiz. Die Ungleichbehandlung soll korrigiert werden (vgl. Ziff. 3.3.6.2 und 4.2).

111

Taschenstatistik Kultur in der Schweiz, Bundesamt für Kultur, 2018.

3267

BBl 2020

6.4

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Kulturpolitik des Bundes hat vielfältige positive Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sie fördert namentlich die Teilhabe der Bevölkerung am kulturellen Leben und trägt zur gesellschaftlichen Kohäsion bei. In der Förderperiode 2021­2024 sind verschiedene Massnahmen vorgesehen, welche die kulturelle Teilhabe und den gesellschaftlichen Zusammenhalt positiv beeinflussen. So wird beispielsweise der Ausbau des Programms «Jugend und Musik» zusätzlichen Kindern und Jugendlichen erlauben, sich musikalisch zu betätigten (vgl. Ziff. 3.6.1). Im Weiteren wird der Ausbau der nationalen Austauschaktivitäten zwischen den Sprachregionen einen Beitrag zur gesellschaftlichen Kohäsion leisten (vgl. Ziff. 3.6.2). Schliesslich legen Erhebungen zur Chancengleichheit von Frauen und Männern im Kulturbereich die Basis für allfällige Massnahmen, die eine angemessene Vertretung der Geschlechter in der Kultur sicherstellen (vgl. Ziff. 3.1.3).

6.5

Auswirkungen auf die Umwelt

Die Massnahmen zur Umsetzung der interdepartementalen Strategie zur Baukultur wirken sich positiv auf die Qualität der gebauten Umwelt aus (vgl. Ziff. 3.5).

6.6

Andere Auswirkungen

Die Vorlage trägt durch verschiedene Massnahmen im Bereich der Baukultur zu einer höheren Qualität der gebauten Umwelt bei (vgl. Ziff. 3.5). Sie hat dagegen offensichtlich keine oder keine substanziellen Auswirkungen auf andere Sektoren wie etwa die Aussenpolitik. Solche Auswirkungen wurden deshalb auch nicht besonders geprüft.

7

Rechtliche Aspekte

7.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Budgetkompetenz der Bundesversammlung hinsichtlich der Bundesbeschlüsse (Kreditbeschlüsse) ergibt sich aus Artikel 167 BV. Kompetenzbegründend für den Erlass der einzelnen Bundesbeschlüsse ist Artikel 27 Absatz 3 Buchstabe a (Massnahmen gemäss KFG, für die das BAK oder Pro Helvetia zuständig sind), Buchstabe b (Kulturgütertransfer, Film, Sprachen und Verständigung, Schweizerschulen im Ausland sowie Schweizer Nationalmuseum) und Buchstabe c (Heimatschutz und Denkmalpflege) KFG.

Folgende Bestimmungen bilden die materiell-rechtliche Grundlage zur Verwendung der Kredite gestützt auf die Bundesbeschlüsse: ­

3268

Massnahmen gemäss KFG, für die das BAK zuständig ist: die Artikel 10, 11a, 12­15, 16 Absätze 1 und 2 Buchstabe a sowie Artikel 17 KFG;

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­

Film: die Artikel 3­6 FiG;

­

Kulturgütertransfer: Artikel 14 KGTG;

­

Heimatschutz und Denkmalpflege: die Artikel 13, 14 und 14a NHG;

­

Sprachen und Verständigung: die Artikel 14­22 SpG;

­

Schweizerschulen im Ausland: die Artikel 10 und 14 SSchG;

­

Massnahmen gemäss KFG, für die Pro Helvetia zuständig ist: die Artikel 11, 16 Absatz 2 Buchstabe b und 19­21 KFG;

­

Schweizerisches Nationalmuseum: Artikel 17 MSG.

Die Änderung von Bundesgesetzen liegt nach Artikel 163 Absatz 1 BV in der Zuständigkeit der Bundesversammlung. Die Änderungen stützen sind im Einzelnen auf folgende Verfassungsbestimmungen ab: ­

KFG: die Artikel 67a Absatz 1 und 69 Absatz 2 BV;

­

FiG: die Artikel 71 Absatz 1 und 2 sowie 93 BV: Fernsehveranstalter mit nationalem oder sprachregionalem Programmangebot, die in ihrem Programm Filme ausstrahlen, müssen bereits heute mindestens 4 Prozent ihrer Bruttoeinnahmen für den Ankauf, die Produktion oder die Koproduktion von Schweizer Filmen aufwenden oder eine entsprechende Abgabe bezahlen (Art. 7 Abs. 2 RTVG). Diese Verpflichtung soll neu auf weitere Filmeanbieter ausgedehnt werden (vgl. Ziff. 4.2). Diese Abgabe kann als anreizorientierte Kausalabgabe betrachtet werden. Es ist allgemein anerkannt, dass der Bund bereits aufgrund seiner materiellen Zuständigkeit zur Erhebung einer Lenkungsabgabe befugt ist. Im vorliegenden Fall verfügt der Bund über entsprechende Kompetenzen in den Bereichen Film (Art. 71 BV) sowie Radio und Fernsehen (Art. 93 BV).

­

RTVG: Artikel 71 Absatz 2 BV;

­

KGTG: die Artikel 69 Absatz 2 und 95 Absatz 1 BV;

­

NBibG: Artikel 69 Absatz 2 BV;

­

SpG: Artikel 70 BV.

7.2

Vereinbarkeit mit internationalem Recht

Die vorgesehenen Anpassungen des Filmgesetzes (vgl. Ziff. 4.2) sind mit dem internationalen Recht vereinbar. In der EU ist Ende 2018 die neue Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) in Kraft getreten. Für die Schweiz ist diese AVMD-Richtlinie nicht verbindlich. Die Schweiz ist an einer Teilnahme am EU-Kulturprogramm «Creative Europe» interessiert. In Bezug auf das Unterprogramm MEDIA würde eine Teilnahme der Schweiz voraussichtlich eine Angleichung des Schweizer Rechts an die AVMD-Richtlinie notwendig machen. Die im Rahmen dieser Botschaft vorgesehenen Gesetzesanpassungen sind mit der AVMDRichtlinie vereinbar.

3269

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Die Einführung von Quoten für europäische Filme in den Filmkatalogen von Unternehmen, die Filme mittels elektronischen Abrufs anbieten, ist in der AVMDRichtlinie vorgesehen. Ebenso ist dort vorgesehen, dass Unternehmen verpflichtet werden können, das einheimische Filmschaffen zu berücksichtigen. Auch Verpflichtungen für ausländische Programm- und Werbefenster, die sich an das Schweizer Publikum richten, sind gemäss AVMD-Richtlinie zulässig. Die vorliegende Verpflichtung ausländischer Medienanbieter, das Schweizer Filmschaffen zu berücksichtigen, steht gestützt auf einen Entscheid der EU-Wettbewerbsbehörde vom 1. September 2016112 in Einklang mit dem Europarecht.

7.3

Erlassform

Die Vorlage umfasst acht einfache Bundesbeschlüsse (Kreditbeschlüsse) im Sinne von Artikel 163 Absatz 2 BV, die als solche nicht dem Referendum unterstehen, sowie fünf Änderungen bestehender Bundesgesetze, die dem fakultativen Referendum unterstehen.

7.4

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Nach Artikel 159 Absatz 3 BV müssen Subventionsbestimmungen sowie Verpflichtungskredite und Zahlungsrahmen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken oder neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich ziehen, von der Mehrheit der Mitglieder jedes der beiden Räte gutgeheissen werden.

Mit den vorliegenden Bundesbeschlüssen werden Zahlungsrahmen und ein Rahmenkredit bewilligt, welche die verfassungsmässigen Schwellenwerte übersteigen.

Artikel 159 Absatz 3 BV findet daher auf alle Bundesbeschlüsse im Rahmen der vorliegenden Botschaft Anwendung. Im Weiteren untersteht der beantragte Artikel 12 Absatz 4 KFG der Ausgabenbremse, weil die Bestimmung neue wiederkehrende Ausgaben von mehr als 2 Millionen Franken nach sich zieht.

7.5

Einhaltung der Grundsätze der Subventionsgesetzgebung

Die beantragten Finanzierungsbeschlüsse richten sich nach den Bestimmungen des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990113. Nach Artikel 5 des Subventionsgesetzes ist der Bundesrat verpflichtet, die Finanzhilfen und Abgeltungen periodisch zu überprüfen. Für Subventionen, deren Finanzierungsbeschlüsse dem Parlament perio112

Beschluss (EU) 2016/2042 der Kommission vom 1. September 2016 über die Beihilferegelung SA.38418 - 2014/C (ex 2014/N), die Deutschland zur Förderung der Filmproduktion und des Filmvertriebs durchzuführen beabsichtigt, ABI. L 314 vom 22.11.2016, S. 63.

113 SR 616.1

3270

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disch im Rahmen von Sonderbotschaften vorgelegt werden, erfolgt die Überprüfung im Rahmen der betreffenden Sonderbotschaft. Nachfolgend werden die drei Kernpunkte der Subventionsüberprüfung (Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele, finanzielle und materielle Steuerung sowie Verfahren zur Beitragsgewährung) für jeden Zahlungsrahmen dargestellt.

1

Zahlungsrahmen KFG (Vorlage 6)

Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele

Der Zahlungsrahmen umfasst neun Kredite zu sehr unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern. Die Bedeutung und die angestrebten Ziele der verschiedenen Kredite sind umfassend im 2. Kapitel dargestellt. Die im Zahlungsrahmen enthaltenen Kredite bzw. Aufgaben leisten einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der folgenden Ziele der Kulturpolitik des Bundes: ­ Erhaltung der materiellen und immateriellen Kulturgüter in der Schweiz («Museen, Sammlungen, Netzwerke Dritter» sowie «Anlässe und Projekte»).

­ Förderung eines vielfältigen und hochstehenden Kulturangebots («Preise, Auszeichnungen, Ankäufe», «Literaturförderung», «Kulturelle Organisationen» sowie «Projekte und Anlässe»).

­ Kulturelle Teilhabe aller Bevölkerungsschichten («Kulturelle Teilhabe», «Musikalische Bildung», «Leseförderung» sowie «Jenische und Sinti»).

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung der Fi-nanzhilfen sind im KFG, in der Vollzugsverordnung zum KFG sowie in mehreren Förderungskonzepten des EDI geregelt. In einzelnen Bereichen bestehen verbindliche Höchstbeträge.

Verfahren Mit Ausnahme der Betriebsbeiträge an Netzwerke sowie der Beitragsgewährung den Auszeichnungen («Grand Prix») werden alle Finanzhilfen auf Gesuch hin gewährt. Die Ausrichtung erfolgt gestützt auf eine Verfügung oder auf eine Leistungsvereinbarung.

3271

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2

Zahlungsrahmen Film (Vorlage 7)

Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele

Die Filmförderung des Bundes basiert auf drei Pfeilern: Förderung von Filmproduktion, Filmkultur sowie Filmerbe.

Die drei Pfeiler erlauben es dem Bund, den Schweizer Film über den ganzen Lebenszyklus ­ von der Produktion über die Verbreitung bis zur Konservierung ­ zu unterstützen.

Eine nahtlose Filmförderung durch den Bund ist notwendig, um hochstehende Schweizer Filme zu produzieren, den Marktanteil des Schweizer Films im international hart umkämpften audiovisuellen Umfeld zu halten und den Schweizer Film für die kommenden Generationen zu erhalten. Ohne die Filmförderung des Bundes wäre die Qualität und Angebotsvielfalt des Schweizer Filmschaffens nicht gewährleistet. Kinofilme sind für die Identität eines Landes von prägender Bedeutung.

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung der Finanzhilfen im Filmbereich sind im FiG und der Vollzugsverordnung zum FiG geregelt. In der Regel darf der Bundesbeitrag in der Filmproduktion höchstens 50 Prozent der Gesamtkosten des fraglichen Projekts betragen.

Verfahren Die Finanzhilfen werden auf Gesuch hin gewährt.

der Beitragsgewährung Die Ausrichtung erfolgt gestützt auf eine Verfügung oder auf eine Leistungsvereinbarung.

3

Zahlungsrahmen Kulturgütertransfer (Vorlage 8)

Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele

Mit Finanzhilfen nach Artikel 14 KGTG werden Projekte zum Schutz und Erhalt besonders gefährdeter beweglicher Kulturgüter unterstützt. Prioritär sind dabei Projekte in Staaten, welche durch eine bilaterale Vereinbarung gestützt auf Artikel 7 KGTG mit der Schweiz verbunden sind. Die Förderung ist notwendig, damit Kulturgüter, die insbesondere durch Konflikte bedroht sind, vor der Zerstörung bewahrt werden können.

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung der Finanzhilfen zur Erhaltung des kulturellen Erbes sind im KGTG sowie in der Vollzugsverordnung zum KGTG geregelt. Die Finanzhilfen können maximal 50 Prozent der Gesamtkosten des fraglichen Projekts betragen.

3272

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3

Zahlungsrahmen Kulturgütertransfer (Vorlage 8)

Verfahren Die Finanzhilfen werden auf Gesuch hin gewährt.

der Beitragsgewährung Die Ausrichtung erfolgt gestützt auf eine Verfügung 4

Zahlungsrahmen Baukultur (Vorlage 9)

Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele

Die Finanzhilfen im Bereich Baukultur gliedern sich in zwei Themenfelder: Finanzhilfen zur Erhaltung schützenswerter Objekte werden im Verbund mit den Kantonen gewährt. Ohne Beiträge der öffentlichen Hand wäre es vielen Eigentümern nicht möglich, historische Gebäude sachgerecht restaurieren und dokumentieren zu lassen. Die langfristige Erhaltung des baulichen Erbes der Schweiz wäre gefährdet.

Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen, Forschungsvorhaben, Ausbildung, Vermittlung und Baukultur ermöglichen es dem Bund, gezielt Tätigkeiten und Projekte gesamtschweizerischer Tragweite zu unterstützen, die der Bevölkerung unter anderem das baukulturelle Erbe vermitteln.

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung der Finanzhilfen im Bereich der Baukultur sind im NHG sowie in der Vollzugsverordnung zum NHG geregelt. Für Finanzhilfen zur Erhaltung schützenswerter Objekte sind Höchstsätze vorgesehen. Der Bundesbeitrag ist an eine angemessene Mitfinanzierung der Kantone und Gemeinden gebunden.

Bei Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen, Forschungsvorhaben, Ausbildung, Vermittlung und Baukultur übernimmt der Bund in der Regel höchstens 50 Prozent der Projektkosten.

Verfahren Finanzhilfen zur Erhaltung schützenswerter Objekte werden der Beitragsgewährung einerseits im Rahmen von Programmvereinbarungen mit den Kantonen und andererseits im Einzelfall auf Gesuch hin gewährt und durch Verfügung ausgerichtet. Finanzhilfen zur Unterstützung von Organisationen, Forschungsvorhaben, Ausbildung, Vermittlung und Baukultur werden auf Gesuch hin gewährt und durch Verfügung oder in Form einer Leistungsvereinbarung ausgerichtet.

3273

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5

Zahlungsrahmen Sprachen und Verständigung (Vorlage 10)

Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele

Die Mehrsprachigkeit ist ein Wesensmerkmal der Schweiz.

Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Bund und Kantonen, für die Erhaltung und Förderung der sprachlichen Vielfalt in der Schweiz zu sorgen. Die Massnahmen des Bundes zur Förderung der Verständigung und des Austauschs zwischen den Sprachgemeinschaften sowie zur Erhaltung und Förderung der rätoromanischen und der italienischen Sprache und Kultur erfolgen aus einem gesamtschweizerischen Interesse und tragen massgeblich zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Schweiz bei.

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung von Finanzhilfen im Bereich Sprachen und Verständigung sind im SpG sowie in der Vollzugsverordnung zum SpG geregelt.

Verfahren Die Gewährung der Finanzhilfen an die Organisationen, die der Beitragsgewährung im Bereich der Verständigung zwischen den Sprachgemeinschaften tätig sind, sowie an Projekte erfolgt auf Gesuch hin. Die Ausrichtung der Finanzhilfen an die mehrsprachigen Kantone erfolgt gestützt auf eine Programmoder eine Leistungsvereinbarung. Finanzhilfen für Organisationen und Projekte werden gestützt auf eine Leistungsvereinbarung oder eine Verfügung ausgerichtet.

6

Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 11)

Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele

Der Bund anerkennt derzeit 18 Schweizerschulen im Ausland. Die Schweizerschulen im Ausland sind konfessionell neutrale und gemeinnützige private Bildungseinrichtungen. Sie werden sowohl von Schweizer Kindern wie auch von Kindern des Gastlandes und aus Drittstaaten besucht. Schweizerschulen im Ausland sind Vermittlerinnen schweizerischer Kultur und Bildung. Sie erfreuen sich in ihrem jeweiligen Gastland einer hohen Wertschätzung und vermitteln ein nachhaltig positives Bild der Schweiz im Ausland

Materielle und finanzielle Steuerung

Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung von Finanzhilfen sind im SSchG und in der Vollzugsverordnung zum SSchG geregelt. Die Schweizerschulen im Ausland werden bisher mit pauschalen Betriebsbeiträgen unterstützt.

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6

Zahlungsrahmen Schweizerschulen im Ausland (Vorlage 11) Die Bemessung der Beiträge richtet sich nach der Zahl der Schüler und Schülerinnen, nach der Anzahl beitragsberechtigter Lehrpersonen sowie nach der Zahl der Unterrichtssprachen. Mit der Schaffung einer Anstalt zur Entsendung von Schweizer Lehrkräften wäre auch die Bemessung der Beiträge zu überprüfen.

Verfahren Die Finanzhilfen werden auf Gesuch hin durch Verfügung der Beitragsgewährung ausgerichtet.

7

Zahlungsrahmen Pro Helvetia (Vorlage 12)

Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele

Die Aufgaben der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia sind im KFG festgelegt. Nach diesem Auftrag fördert die Stiftung das Schweizer Kunst- und Kulturschaffen von nationaler oder internationaler Bedeutung, ergänzend zu kantonalen und kommunalen Massnahmen. Die beantragten Finanzmittel sind notwendig, um die Qualität und die Vielfalt des kulturellen Angebots in der Schweiz zu sichern, und tragen zum kulturellen Selbstverständnis wie zur nationalen Kohäsion bei. Eine Reduktion der Beiträge würde die internationale Konkurrenzfähigkeit der Schweizer Kultur und damit das innovative Bild der Schweiz im Ausland schwächen.

Materielle und finanzielle Steuerung

Der Bundesrat legt die strategischen Ziele der Stiftung für jeweils vier Jahre fest. Er überprüft deren Erreichung jährlich gestützt auf den Bericht des Stiftungsrats. Die Voraussetzungen und Kriterien zur Ausrichtung von Finanzhilfen an Dritte werden durch die Verordnung vom 23. November 2011114 über Beiträge der Stiftung Pro Helvetia geregelt.

Verfahren Die Beiträge werden auf Gesuch hin gewährt.

der Beitragsgewährung

114

SR 442.132.2

3275

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8

Zahlungsrahmen Schweizerisches Nationalmuseum (Vorlage 13)

Bedeutung für die vom Bund angestrebten Ziele

Das SNM ist eine der Öffentlichkeit zugängliche Einrichtung im Dienste der Gesellschaft und derer Entwicklung, die zu Studien-, Bildungs- und Unterhaltungszwecken kulturhistorische Objekte und Materialien sammelt, bewahrt, erforscht, bekannt macht und ausstellt. Das SNM leistet durch seine Tätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur Auseinandersetzung mit unserer Geschichte und unserer Identität. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit bildet die Basis, um die Zukunft gestalten zu können.

Das SNM erfüllt drei Aufgaben: ­ Darstellung der Geschichte der Schweiz und ihrer Beziehungen zum Ausland; ­ Auseinandersetzung mit der Identität der Schweiz; ­ Kompetenzzentrum für andere Museen in der Schweiz.

Materielle und finanzielle Steuerung

Der Bundesrat gibt die strategischen Ziele für das SNM jeweils für vier Jahre vor und definiert damit in Ergänzung zur Kulturbotschaft die Aufgabenprioritäten und die Mittelverwendung der Museumsgruppe. Die Berichterstattung und die Prüfung der Mittelverwendung sowie der Zielerreichung erfolgen jährlich.

Verfahren Das SNM gewährt keine Beiträge an Dritte.

der Beitragsgewährung

7.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Die Gesetzesvorlagen sehen keine Delegation gesetzesvertretender Rechtsetzungsbefugnisse vor.

3276

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Abkürzungsverzeichnis AVMD

Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste, ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1.

BAK

Bundesamt für Kultur

BBL

Bundesamt für Bauten und Logistik

BFS

Bundesamt für Statistik

BJ

Bundesamt für Justiz

BV

Bundesverfassung vom 18. April 1999 (SR 101)

CERN

Europäischen Organisation für Kernforschung

DBG

Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (SR 642.11)

EDA

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EDK

Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

ETH Zürich

Eidgenössische Technische Hochschule Zürich

EU

Europäische Union

FHG

Finanzhaushaltgesetz vom 7. Oktober 2005 (SR 611.0)

FiG

Filmgesetz vom 14. Dezember 2001 (SR 443.1)

Fotostiftung

Schweizerische Stiftung für die Photographie

ICCROM

Internationale Studienzentrale für die Erhaltung und Restaurierung von Kulturgut

IGV

Interessengemeinschaft Volkskultur Schweiz und Liechtenstein

ISOS

Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz

KFG

Kulturförderungsgesetz vom 11. Dezember 2009 (SR 442.1)

KFV

Kulturförderungsverordnung vom 23. November 2011 (SR 442.11)

KGTG

Kulturgütertransfergesetz vom 20. Juni 2003 (SR 444.1)

MSG

Museums- und Sammlungsgesetz vom 12. Juni 2009 (SR 432.30)

NB

Schweizerische Nationalbibliothek

NBibG

Nationalbibliotheksgesetz vom 18. Dezember 1992 (SR 432.21)

NHG

Bundesgesetz vom 1. Juli 1966 über den Natur- und Heimatschutz (SR 451) 3277

BBl 2020

RTVG

Bundesgesetz vom 24. März 2006 über Radio und Fernsehen (SR 784.40)

SAB

Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete

SAPA

Stiftung Schweizer Archiv der Darstellenden Künste

SBFI

Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation

SFAM

Stiftung für die Förderung von Austausch und Mobilität

SGB

Schweizerischer Gewerkschaftsbund

sgv

Schweizerischer Gewerbeverband

SGV

Schweizerischer Gemeindeverband

SNM

Schweizerisches Nationalmuseum

SpG

Sprachengesetz vom 5. Oktober 2007 (SR 441.1)

SRG SSR

Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft

SSchG

Schweizerschulengesetz vom 21. März 2014 (SR 418.0)

SSV

Schweizerischer Städteverband

StHG

Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (SR 642.14)

UNESCO

Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur

VISOS

Verordnung vom 9. September 1981 über das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (SR 451.12)

WBK

Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur

3278