Bundesgesetz über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen
Entwurf
(Transplantationsgesetz) Änderung vom ...
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 25. November 20201, beschliesst: I Das Transplantationsgesetz vom 8. Oktober 20042 wird wie folgt geändert: Art. 5 Abs. 1 Sind Organe, Gewebe oder Zellen zu anderen Zwecken als der Transplantation entnommen worden, so dürfen sie nur gelagert, transplantiert oder zur Herstellung von Transplantatprodukten verwendet werden, wenn die Vorschriften über die Information und den Widerspruch respektive die Zustimmung nach den Artikeln 88b, 12 Buchstabe b, 13 Absatz 2 Buchstaben f und g, 39 Absatz 2 sowie 40 Absatz 2 eingehalten worden sind.
1
Art. 8
Voraussetzungen der Entnahme
Organe, Gewebe oder Zellen dürfen einer verstorbenen Person entnommen werden, wenn: 1
a.
der Tod der Person festgestellt worden ist;
b.
die Person vor ihrem Tod der Entnahme nicht widersprochen hat.
Liegt weder ein Widerspruch noch eine andere Äusserung zur Spendebereitschaft vor, so können die nächsten Angehörigen der Entnahme widersprechen. Sie haben dabei den mutmasslichen Willen der verstorbenen Person zu beachten.
2
3
1 2
Sind keine nächsten Angehörigen erreichbar, so ist die Entnahme unzulässig.
BBl 2020 9547 SR 810.21
2020-2265
9593
Transplantationsgesetz
BBl 2020
Werden die Organe, Gewebe oder Zellen für die Herstellung von Transplantatprodukten entnommen, so ist dies nur zulässig, wenn die Zustimmung der verstorbenen Person oder ihrer nächsten Angehörigen vorliegt. Der Bundesrat kann das Erfordernis der Zustimmung auch für die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen vorsehen, die nicht nach dem 4. Abschnitt zugeteilt werden.
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Art. 8a
Mindestalter und Widerruf
Hat eine Person das 16. Altersjahr zurückgelegt, so kann sie selbstständig darüber entscheiden, ob ihr Organe, Gewebe oder Zellen entnommen werden dürfen.
1
Ein Widerspruch oder eine andere Äusserung zur Spendebereitschaft kann jederzeit widerrufen werden.
2
Art. 8b
Abklärung des Widerspruchs
Bevor einer verstorbenen Person Organe, Gewebe oder Zellen entnommen werden, muss geprüft werden, ob im Organ- und Gewebespenderegister nach Artikel 10a ein Widerspruch oder eine andere Äusserung zur Spendebereitschaft eingetragen ist.
1
Das Organ- und Gewebespenderegister darf konsultiert werden, nachdem entschieden worden ist, die lebenserhaltenden Massnahmen abzubrechen.
2
Ist ein Widerspruch oder eine andere Äusserung zur Spendebereitschaft weder im Organ- und Gewebespenderegister eingetragen noch sonst wie unmittelbar erkennbar, so sind die nächsten Angehörigen der verstorbenen Person anzufragen, ob ihnen eine entsprechende Äusserung bekannt ist.
3
Ist den nächsten Angehörigen weder ein Widerspruch noch eine andere Äusserung zur Spendebereitschaft bekannt, so sind sie über ihr Widerspruchsrecht nach Artikel 8 Absatz 2 zu informieren.
4
5
Der Bundesrat legt fest: a.
den Kreis der nächsten Angehörigen;
b.
die Modalitäten und die Fristen für den Einbezug der nächsten Angehörigen und die Geltendmachung des Widerspruchs nach Artikel 8 Absatz 2.
Art. 10
Vorbereitende medizinische Massnahmen
Medizinische Massnahmen, die ausschliesslich der Erhaltung von Organen, Geweben oder Zellen dienen, dürfen durchgeführt werden, wenn kein Widerspruch gegen die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen vorliegt; sie dürfen bereits während der Abklärung des Widerspruchs durchgeführt werden.
1
2
Sie müssen zudem die folgenden Voraussetzungen erfüllen: a.
Sie dürfen den Tod der Person nicht beschleunigen.
b.
Sie dürfen nicht dazu führen, dass die Person in einen dauernden vegetativen Zustand gerät.
c.
Sie sind für die Person nur mit minimalen Risiken und Belastungen verbunden.
9594
Transplantationsgesetz
d.
BBl 2020
Sie sind für die erfolgreiche Transplantation unerlässlich.
Sie dürfen erst durchgeführt werden, nachdem entschieden worden ist, die lebenserhaltenden Massnahmen abzubrechen.
3
Ist für die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen nach Artikel 8 Absatz 4 die Zustimmung der spendenden Person oder ihrer nächsten Angehörigen erforderlich, so dürfen vorbereitende medizinische Massnahmen: 4
5
a.
vor dem Tod nur durchgeführt werden, wenn die spendende Person oder ihre nächsten Angehörigen diesen zugestimmt haben;
b.
nach dem Tod so lange durchgeführt werden, bis feststeht, ob die Zustimmung vorliegt.
Der Bundesrat legt fest: a.
welche Massnahmen die Voraussetzungen nach Absatz 2 Buchstaben c und d nicht erfüllen;
b.
wie lange die Massnahmen in den Fällen nach den Absätzen 1 und 4 Buchstabe b höchstens durchgeführt werden dürfen.
Art. 10a
Organ- und Gewebespenderegister
Der Bund führt ein Register, in das jede Person ihren Widerspruch oder eine andere Äusserung zur Spendebereitschaft eintragen kann.
1
Die für die Abklärung der Spendebereitschaft zuständigen Personen in den Spitälern, in denen potenzielle Spenderinnen und Spender betreut werden, können das Register mittels Abrufverfahren einsehen.
2
Als Personenidentifikator wird die Versichertennummer nach Artikel 50c des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19463 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung verwendet.
3
Der Bundesrat kann für Personen, die über keine Versichertennummer verfügen, andere Personenidentifikatoren vorsehen.
4
5
Er regelt zudem: a.
welche Daten im Register bearbeitet werden;
b.
die Voraussetzungen für die Aufbewahrung und Löschung der Daten.
Art. 54 Abs. 2 2
3
Dies gilt insbesondere für: a.
das Führen des Organ- und Gewebespenderegisters nach Artikel 10a;
b.
Bisheriger Bst. a
c.
Bisheriger Bst. abis
d.
Bisheriger Bst. b
SR 831.10
9595
Transplantationsgesetz
e.
BBl 2020
Bisheriger Bst. c
Art. 61 Abs. 2 und 3 2
3
Die Information umfasst namentlich: a.
das Aufzeigen der Möglichkeiten, den eigenen Widerspruch oder eine andere Äusserung zur Spendebereitschaft im Organ- und Gewebespenderegister einzutragen und die Willensäusserung jederzeit zu widerrufen;
b.
das Aufzeigen der mit einem fehlenden Widerspruch verbundenen Konsequenzen, namentlich den Hinweis, dass ohne Widerspruch der spendenden Person oder ihrer nächsten Angehörigen die Entnahme von Organen, Geweben oder Zellen und vorbereitende medizinische Massnahmen zulässig sind;
c.
das Aufzeigen der mit den vorbereitenden medizinischen Massnahmen verbundenen Risiken und Belastungen;
d.
Bisheriger Bst. b
e.
Bisheriger Bst. c
Aufgehoben
Art. 69 Abs. 1 Bst. cbis und cter Sofern keine schwerere strafbare Handlung nach dem Strafgesetzbuch4 vorliegt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich: 1
cbis. einer Person entgegen den Bestimmungen über die Zustimmung oder den Widerspruch nach den Artikeln 88b, 12 Buchstabe b und 13 Buchstaben fi Organe, Gewebe oder Zellen entnimmt; cter. Organe, Gewebe oder Zellen transplantiert, die entgegen den Bestimmungen über die Zustimmung oder den Widerspruch nach den Artikeln 88b, 12 Buchstabe b und 13 Buchstaben fi entnommen wurden; II 1
Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
Es ist der indirekte Gegenvorschlag zur Volksinitiative vom 22. März 20195 «Organspende fördern Leben retten».
2
Es ist im Bundesblatt zu publizieren, sobald die Volksinitiative «Organspende fördern Leben retten» zurückgezogen oder abgelehnt worden ist.
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4 5
Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
SR 311.0 BBl 2019 3115
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