Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG ­ Erwägungen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates vom 12. November 2019

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Das Wichtigste in Kürze Das Bundesamt für Verkehr (BAV) deckte in einem Bericht von Februar 2018 ein System grosser Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG, einer Tochtergesellschaft des bundesnahen Unternehmens Schweizerische Post AG, auf.

Diese Enthüllungen fanden in den Medien und in der Politik sehr grosse Beachtung und hatten in den darauffolgenden Monaten zahlreiche Auswirkungen, sowohl bei der Post als auch bei den Bundesbehörden.

Als Organ der parlamentarischen Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates, der Bundesverwaltung und weiterer Träger von Aufgaben des Bundes hat die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) die Entwicklung dieser Angelegenheit aufmerksam verfolgt. Zwischen Februar 2018 und September 2019 führte sie zahlreiche Anhörungen durch, richtete sie verschiedene Schreiben mit Fragen an die betroffenen Akteure und analysierte sie die Unterlagen und Berichte dieses Dossiers.

Die Kommission schildert im vorliegenden Bericht den ihr bekannten Sachverhalt (Stand: Ende September 2019) und legt die Schlussfolgerungen dar, die sie aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht aus diesem Fall zieht. Auf dieser Grundlage formuliert sie 15 Empfehlungen und 7 parlamentarische Vorstösse zuhanden des Bundesrates.

Unter Berücksichtigung ihres Zuständigkeitsbereichs hat die Kommission in erster Linie geprüft, ob der Bundesrat sowie die zuständigen Departemente (namentlich das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation [UVEK]) und Verwaltungseinheiten (namentlich das BAV, die Eidgenössische Finanzverwaltung [EFV] und die Eidgenössische Finanzkontrolle [EFK]) die Post und PostAuto angemessen beaufsichtigt und gesteuert haben. Zudem hat sie untersucht, welche allgemeinen Lehren in Bezug auf die Steuerung und Beaufsichtigung der Post und der anderen bundesnahen Unternehmen aus diesem Fall gezogen werden können. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Tatsache, dass im vorliegenden Dossier ein Verwaltungsstrafverfahren läuft, nimmt die Kommission keine Stellung zu allfälligen individuellen Verantwortlichkeiten in der PostAutoAffäre oder zu den von der Post ab 2018 ergriffenen Massnahmen.

Im Allgemeinen möchte die GPK-S betonen, dass sie die unrechtmässigen Vorgänge bei PostAuto aufs Schärfste verurteilt. In ihren Augen
ist es unverständlich, dass diese Vorgänge entstehen konnten und über Jahre hinweg weder von den internen Aufsichtsorganen noch von der externen Revision des Konzerns bemerkt und dem Eigner zur Kenntnis gebracht wurden. Die Kommission begrüsst aber die ersten Schritte, die von der Post unternommen worden sind, und ersucht den Konzern, weiterhin aktiv und transparent auf die Beantwortung aller offenen Fragen hinzuarbeiten und so dafür zu sorgen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt.

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Beaufsichtigung und Steuerung von Post und PostAuto durch den Bundesrat, das UVEK und die anderen zuständigen Einheiten und Organe Die GPK-S hält fest, dass der Bundesrat, das UVEK und die anderen zuständigen Einheiten und Organe im Zeitraum vor der Enthüllung der PostAuto-Affäre (2007­ 2017) eine mangelhafte Aufsicht über PostAuto ausübten und gegenüber dem Unternehmen teilweise widersprüchliche Positionen vertraten (z.B.: unklare Position des BAV bezüglich der Restrukturierung «Impresa» von PostAuto). Gemäss Analyse der Kommission ist eine Kombination aus mehreren Schwachpunkten beim UVEK, beim BAV und bei der EFK dafür verantwortlich, dass die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto nicht früher aufgedeckt wurde. Die Untersuchung der GPK-S ergab, dass das UVEK und die EFV mindestens seit 2011 Kenntnis hatten vom Zielkonflikt, mit dem sich PostAuto bezüglich der Gewinnerzielung konfrontiert sah. Trotzdem haben sie damals nichts unternommen, was die Kommission nicht nachvollziehen kann und deutlich rügt. In gewissen Medien wurde zudem behauptet, dass das UVEK im September 2011 über die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto informiert worden war. Anhand der ihr derzeit vorliegenden Informationen kann die GPK-S diese Feststellung nicht bestätigen. Die Kommission wird diesen Punkt allerdings weiterhin untersuchen. Sie behält sich die Möglichkeit vor, ihre Einschätzung zu einem späteren Zeitpunkt anzupassen, sollte sie ­ namentlich nach Beendigung des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens ­ entscheidende neue Informationen erhalten. Von diesen Punkten abgesehen, konnte die GPK-S keine schweren Verfehlungen oder rechtswidrigen Verhaltensweisen feststellen. Sie verweist darauf, dass das BAV seinen gesetzlichen Verpflichtungen ­ wenn auch spät ­ nachgekommen ist, indem es die unrechtmässige Buchungspraxis von PostAuto letztlich aufdeckte. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass das Bundesamt willentlich seine Augen vor der unrechtmässigen Praxis bei PostAuto verschlossen hätte.

Die Kommission ist des Weiteren der Ansicht, dass der Bundesrat, das UVEK und die anderen zuständigen Einheiten und Organe nach dem Bekanntwerden der PostAuto-Affäre (2018/19) im Grossen und Ganzen angemessen reagiert haben. Dennoch hat die GPK-S bei ihren Arbeiten verschiedene Punkte festgestellt, die aus Sicht der
Oberaufsicht Fragen aufwerfen. Dies sind unter anderem die Schritte des UVEK und der EFV im Hinblick auf die Generalversammlung 2018 der Post, die Gespräche des UVEK und der EFV mit bestimmten Post-Verwaltungsratsmitgliedern sowie die Abklärungen zum Zeitraum vor 2007. Die GPK-S ist zudem der Auffassung, dass der Bundesrat, das UVEK und die EFV nach der Aufdeckung der PostAuto-Affäre insgesamt defensiv gehandelt haben, was die Intervention des Bundes bei der Post betrifft, und dass sie sich weitgehend auf die Arbeiten der Post verlassen haben.

Die GPK-S hat sich im Rahmen ihrer Arbeiten auch mit dem Sonderfall CarPostal France befasst. Es hat sich gezeigt, dass die Finanzlage dieses PostAutoTochterunternehmens über Jahre hinweg zu positiv dargestellt wurde. Die GPK-S bedauert dies ausserordentlich und betrachtet den Rückzug von PostAuto vom französischen Markt als angemessenen und notwendigen Schritt. Die Abklärungen der Kommission haben ergeben, dass sich das UVEK und die EFV regelmässig über die PostAuto-Aktivitäten in Frankreich erkundigten, sich dabei jedoch kritischer

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hätten zeigen müssen. Die GPK-S kann nicht beurteilen, ob der Bundesrat und das Parlament die Expansionsstrategie von PostAuto in Frankreich in den letzten Jahren auch gutgeheissen hätten, wenn die Finanzlage von CarPostal France realitätsgetreu dargestellt worden wäre. Die GPK-S bedauert es sehr, dass die Post nicht in der Lage war, ihr zu erläutern, anhand welcher Kriterien damals der Entscheid für die Expansion von PostAuto nach Frankreich gefällt worden war. Der Kommission ist es schlussendlich wichtig, dass abgeklärt wird, ob die Finanzhilfen der Schweizerischen Post an CarPostal France mit dem Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vereinbar sind, damit dann gegebenenfalls Lehren für alle bundesnahen Unternehmen gezogen werden können.

Nach Auffassung der GPK-S hat der Bundesrat nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens zu PostAuto noch verschiedene Aspekte zu klären, namentlich was die Aufsicht des BAV, des UVEK und der EFV über PostAuto im Zeitraum von 2007 bis 2015, die Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto vor 2007 sowie die Finanzflüsse zwischen PostAuto Schweiz und CarPostal France angeht. Ausserdem erwartet sie vom Bundesrat, dass er in einem Bericht eine Gesamtbilanz der PostAuto-Affäre zieht.

Allgemeine Lehren aus der PostAuto-Affäre Die GPK-S begrüsst die vom UVEK und vom BAV nach der Enthüllung der PostAuto-Affäre vorgenommenen Abklärungen zur Aufsicht über die Unternehmen des subventionierten regionalen Personenverkehrs (RPV) und die in diesem Bereich ergriffenen Verbesserungsmassnahmen. Sie formuliert verschiedene Anforderungen an das neue System und wird dessen Einführung aufmerksam verfolgen. Sie ist weiter der Auffassung, dass die Schnittstellen zwischen dem BAV und den zuständigen kantonalen Behörden klarer definiert werden müssen. Ausserdem sollte der Bundesrat in ihren Augen prüfen, ob es nicht zweckmässig wäre, die Rechtsgrundlagen für die Verwendung von Überschüssen im subventionierten RPV zu revidieren.

Die GPK-S hat ferner geprüft, welche Lehren in Sachen Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen aus der PostAuto-Affäre gezogen werden können. Sie begrüsst die Massnahmen, die der Bundesrat in dieser Sache ergriffen hat, ist aber der Ansicht, dass diese noch nicht weit genug gehen und dass zusätzliche
Verbesserungen ins Auge gefasst werden müssen. Das Modell zur strategischen Steuerung der bundesnahen Unternehmen erachtet sie im Grossen und Ganzen nach wie vor für angemessen, dennoch bedarf es im bestehenden Rahmen einer verstärkten Aufsicht über die Unternehmen, namentlich was die oberen Stufen der Aufsicht angeht.

Die Organe, die den Bund als Eigner vertreten (Bundesrat, Eignerdepartemente und EFV), sollten ihre Rolle im Bereich der strategischen Führung und Aufsicht aktiver wahrnehmen. Die Kommission formuliert hierzu im vorliegenden Bericht mehrere Empfehlungen und parlamentarische Vorstösse. Der Bundesrat sollte namentlich klarer definieren, welche Elemente für den Bund als Eigner von strategischer Bedeutung sind, sollte über ein Konzept zur Erkennung und Lösung von Zielkonflikten verfügen und sollte mehr Informationen von den Unternehmen verlangen. Die Kommission ersucht den Bundesrat zudem, die Vorgaben hinsichtlich der internen

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Aufsichtsinstrumente der Unternehmen zu verstärken. Angesichts des Falls CarPostal France ist sie ausserdem der Ansicht, dass die wichtigsten Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen enger zu begleiten sind.

In den Organen, die den Bund als Eigner vertreten, müssen organisatorische Massnahmen ergriffen werden. Die GPK-S regt an, eine Grundsatzdebatte über die jeweiligen Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Aufgaben der zuständigen Einheiten zu führen, und verweist darauf, dass die Ressourcen, die für die Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen eingesetzt werden, bis anhin nicht ausreichend waren. Die Kommission ist weiter der Auffassung, dass die Rolle des Bundesrates als zentrales Organ, welches die Aufsichts- und Führungsfunktionen des Bundes als Unternehmenseigner wahrnimmt, gestärkt werden muss. Sie beauftragt den Bundesrat deshalb, einen ständigen Aufsichtsausschuss zu den bundesnahen Unternehmen einzurichten. Zudem ersucht sie ihn, für einen intensiveren Austausch und eine bessere Koordination zwischen den Eignerdepartementen und der EFV auf der einen und den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden (wie dem BAV) auf der anderen Seite zu sorgen.

Ferner ruft die GPK-S den Bundesrat dazu auf, sicherzustellen, dass künftig alle bundesnahen Unternehmen als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» im Sinne des Revisionsaufsichtsgesetzes gelten, was derzeit nicht der Fall ist. Des Weiteren erachtet sie es für sinnvoll, dass die bundesnahen Unternehmen ihre externe Revisionsstelle regelmässig wechseln.

Die Kommission befasst sich in ihrem Bericht auch mit der Aufsichtsrolle der EFK.

Sie bedauert sehr, dass die Finanzkontrolle mehrere Jahre lang nur eine begrenzte Aufsicht über die Post ausgeübt hat, und erwartet von der EFK, dass sie künftig bei der Kontrolle von bundesnahen Unternehmen eine regelmässige und einheitliche Praxis anwendet. Darüber hinaus ist die GPK-S zum Schluss gekommen, dass die PostAuto-Affäre keinen Handlungsbedarf hinsichtlich der Rolle der parlamentarischen Oberaufsicht erkennen lässt, da sie ihren Aufsichtsauftrag im vorliegenden Fall ohne Einschränkungen vollumfänglich wahrnehmen konnte.

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Inhaltsverzeichnis Das Wichtigste in Kürze

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Einleitung 1.1 Ausgangslage 1.2 Aufbau des Berichts

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Leitsätze und gesetzliche Grundlagen 2.1 Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen 2.2 Steuerung und Beaufsichtigung von Post und PostAuto 2.3 Gesetzliche Grundlagen und Aufsicht im Bereich des subventionierten Regionalverkehrs

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Behandlung der PostAuto-Affäre durch andere Organe 3.1 Verwaltungsstrafverfahren 3.2 Abklärungen im Auftrag der Post 3.3 Abklärungen im Auftrag des Bundes 3.4 Abklärungen zur Aufsicht durch das BAV 3.5 Prüfungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle 3.6 Prüfung der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde 3.7 Arbeiten des Bundesrates zur Corporate Governance bundesnaher Unternehmen

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Behandlung der PostAuto-Affäre durch die GPK-S 4.1 Zuständigkeitsbereich der GPK und Gegenstand des Berichts 4.2 Vorgehen der GPK-S

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Ergebnisse der Untersuchungen der GPK-S: Zeitraum vor den PostAuto-Enthüllungen 5.1 Sachverhalt: Steuerung und Aufsicht von PostAuto durch die Bundesbehörden 5.1.1 2007­2015: Subventionsrechtliche Überprüfungen durch das BAV 5.1.2 2011: Gespräche des UVEK und der EFV mit der Post zu den Zielen von PostAuto 5.1.3 2011/2012: Hinweise der kantonalen Behörden an das BAV 5.1.4 2012: Neue strategische Ziele der Post 5.1.5 2012­2014: Hinweise des Preisüberwachers 5.1.6 2013­2015: Ausarbeitung des Projekts «Impresa» 5.1.7 2015­2017: Vertiefte Prüfung des BAV 5.1.8 2007­2017: Aufsichtstätigkeit der Eidgenössischen Finanzkontrolle

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5.2

6

Beurteilung 5.2.1 Subventionsrechtliche Aufsicht durch das BAV 5.2.2 Steuerung und Aufsicht durch das UVEK und die EFV als Eignervertreter 5.2.3 Aufsicht durch die EFK

Ergebnisse der Untersuchungen der GPK-S: Zeitraum nach den PostAuto-Enthüllungen 6.1 Sachverhalt: Aufsicht der Bundesbehörden und Massnahmen nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre 6.1.1 Information des UVEK und des Bundesrats über die Ergebnisse der Untersuchung des BAV 6.1.2 Massnahmen des BAV und des UVEK nach der Veröffentlichung des Revisionsberichts des BAV 6.1.3 Verwaltungsstrafverfahren 6.1.4 Massnahmen der Post infolge des Berichts des BAV 6.1.5 Abklärungen des UVEK und der EFV im Hinblick auf die Generalversammlung 2018 der Post 6.1.6 Generalversammlung 2018 der Post und Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der Post im Jahr 2017 6.1.7 Berechnung und Rückerstattung der von PostAuto zu Unrecht bezogenen Beträge 6.1.8 Abklärungen zum Zeitraum vor 2007 6.1.9 Subventionsrechtliche Genehmigung der Rechnungen 2016­2018 von PostAuto, Neuverhandlung der Offerten 2019 von PostAuto, Reserve des Unternehmens 6.1.10 Massnahmen der Post ab Juni 2018 6.1.11 Verfolgung der Massnahmen der Post durch die Bundesbehörden ab Juni 2018 6.1.12 Generalversammlung 2019 der Post und Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der Post im Geschäftsjahr 2018 6.1.13 Untersuchungen der RAB zur Rolle des externen Revisionsunternehmens der Post 6.1.14 Überprüfung und Neuausrichtung der Aufsicht des BAV über die subventionierten Transportunternehmen 6.1.15 Arbeiten der Eidgenössischen Finanzkontrolle 6.1.16 Arbeiten des Bundesrates zur Corporate Governance des Bundes 6.2 Beurteilung 6.2.1 Allgemeine Erwägungen 6.2.2 Verwaltungsstrafrechtliche Massnahmen 6.2.3 Massnahmen des Bundesrates, des UVEK und der EFV 6.2.4 Massnahmen des BAV 6.2.5 Weitere Erwägungen

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Ergebnisse der Untersuchungen der GPK-S: CarPostal France 7.1 Arbeiten der GPK-N von 2016 bis 2017 7.2 Massnahmen nach den Enthüllungen zur PostAuto Schweiz AG 7.3 Beurteilung

7285 7287 7288 7293

8

Lehren aus dem Fall PostAuto (Stand Ende September 2019) 8.1 Grundsatzfragen zur Aufsicht über den subventionierten RPV 8.1.1 Aufsichtstätigkeit des BAV 8.1.2 Verteilung der Aufsichtskompetenzen zwischen Bund und Kantonen 8.1.3 Gewinnerzielung in subventionierten Bereichen 8.2 Grundsatzfragen zur Corporate Governance des Bundes 8.2.1 Zuständigkeit für die Unternehmensaufsicht 8.2.2 Rolle des Bundesrates, der Eignerdepartemente und der EFV 8.2.2.1 Involvierungsgrad des Eigners 8.2.2.2 Definition der Angelegenheiten von strategischer Bedeutung für den Eigner 8.2.2.3 Organisationsstruktur auf Stufe Bund 8.2.2.4 Strategische Ziele der Unternehmen 8.2.2.5 Information des Eigners durch die Unternehmen 8.2.2.6 Eignergespräche 8.2.2.7 Interne Aufsichtsinstrumente der Unternehmen 8.2.2.8 Aufsicht über die Tochtergesellschaften 8.2.2.9 Krisenmassnahmen 8.2.3 Tätigkeit der sektorspezifischen Aufsichtsbehörden 8.2.3.1 Koordination zwischen dem Eigner und den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden 8.2.3.2 Transparenz der Unternehmen gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden 8.2.4 Externe Revisionsstellen der Unternehmen 8.2.5 Rolle der Eidgenössischen Finanzkontrolle 8.2.6 Rolle der parlamentarischen Oberaufsicht

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Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

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Abkürzungsverzeichnis Anhänge: 1 Liste der angehörten Personen 2 Struktur der Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen 3 Strategische Ziele der Schweizerischen Post AG (für PostAuto relevante Auszüge) 4 Gewinne von PostAuto und Entwicklung der Spezialreserve des Unternehmens zwischen 2007 und 2017 5 Empfehlungen und parlamentarische Vorstösse der GPK-S 7200

7300 7304 7306 7306 7308 7308 7309 7310 7313 7315 7317 7318 7321 7323 7324 7324 7326 7327 7328 7329 7336 7339 7340 7341 7346 7348

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Bericht 1

Einleitung

1.1

Ausgangslage

Das Bundesamt für Verkehr (BAV) deckte in einem Prüfungsbericht von Februar 20181 ein System grosser Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG, einer Tochtergesellschaft der Schweizerischen Post AG, auf. 2 PostAuto ist das führende Busunternehmen im regionalen Personenverkehr (RPV) in der Schweiz und erhält jährlich von Bund und Kantonen Abgeltungen für ungedeckte Kosten in der Höhe von rund 400 Millionen Franken.

Das BAV hält im zuvor genannten Bericht fest, dass PostAuto über Jahre zu hohe Gewinne im RPV erzielt, zu deren Verschleierung systematisch seine Buchhaltung manipuliert und dadurch überhöhte Subventionszahlungen kassiert hat. Diese bezifferte das Bundesamt vorerst auf 78,3 Millionen Franken.3 Diese Enthüllungen fanden in der Bevölkerung, in der Politik und in den Medien sehr grosse Beachtung und hatten in den darauffolgenden Monaten zahlreiche Auswirkungen. Die Konzernleiterin und zwei Verwaltungsratsmitglieder des Unternehmens traten zurück; die Post trennte sich zudem von der Leiterin der internen Revision sowie von sämtlichen Geschäftsleitungsmitgliedern von PostAuto. Nach detaillierten Berechnungen zahlte die Post Ende 2018 insgesamt 205,3 Millionen Franken4 an Bund und Kantone zurück. Verschiedene organisatorische Massnahmen wurden ergriffen, insbesondere bei der Post und im BAV. Weitere Untersuchungen und Abklärungen wurden durchgeführt oder sind noch im Gange, um die Verantwortlichkeiten in diesem Fall zu ermitteln und herauszufinden, welche Folgemassnahmen zu ergreifen und welche Lehren zu ziehen sind (vgl. Kapitel 3, 5 und 6).

Die Schweizerische Post AG ist eine öffentlich-rechtliche Aktiengesellschaft, deren Alleinaktionär die Schweizerische Eidgenossenschaft ist. Als Organ der parlamentarischen Oberaufsicht beschloss die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) an ihrer Sitzung vom 23. Februar 2018, die Entwicklung dieses Dossiers eng zu begleiten.5 Von Februar 2018 bis September 2019 führte sie in dieser Angelegenheit zahlreiche Anhörungen der wichtigsten Akteure durch, stand mit diesen im Schriftverkehr und nahm Kenntnis von zahlreichen einschlägigen Dokumenten.

Entsprechend ihren gesetzlichen Kompetenzen versuchte die Kommission in erster 1

2 3 4 5

Bundesamt für Verkehr: Leistungsverrechnungen zwischen den PostAuto-Gesellschaften, Prüfungsbericht vom 1. Febr. 2018 (im Folgenden «Revisionsbericht des BAV vom 1. Febr. 2018»).

Ausser in Sonderfällen werden im Folgenden die Begriffe «PostAuto» und «Post» verwendet.

Untersuchung zur Gewinnerzielung von PostAuto Schweiz AG im subventionierten Regionalverkehr, Medienmitteilung des BAV vom 6. Febr. 2018.

188,1 Millionen Franken für den Zeitraum 2007­2018 auf zwingender Basis und 17,2 Millionen Franken für den Zeitraum 2004­2006 auf freiwilliger Basis.

«PostAuto Schweiz AG: erstes Informationsbegehren der GPK-S», Medienmitteilung der GPK-S vom 23. Feb. 2018.

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Linie den relevanten Sachverhalt zu ermitteln und die nötigen Folgemassnahmen aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht zu bestimmen. Die Kommission prüfte weiter, welche Lehren aus diesem Fall für die Steuerung und die Beaufsichtigung der Post und der anderen bundesnahen Unternehmen 6 durch den Bundesrat, das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) und die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) sowie die anderen zuständigen Behörden (BAV, Bundesamt für Polizei [fedpol], Eidgenössische Finanzkontrolle [EFK] und Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde [RAB]) gezogen werden können. Die Kommission hat beschlossen, im vorliegenden Bericht den ihr bis anhin bekannten Sachverhalt zu schildern und die Schlussfolgerungen darzulegen, die sie aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht aus diesem Fall zieht.

1.2

Aufbau des Berichts

In Kapitel 2 werden die Leitsätze und gesetzlichen Grundlagen präsentiert, die einerseits für die Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen im Allgemeinen sowie der Post im Besonderen und andererseits für den RPV relevant sind. Kapitel 3 bietet einen Überblick über die wichtigsten Verfahren, die nach dem Bekanntwerden der PostAuto-Affäre eingeleitet wurden. In Kapitel 4 werden der Zuständigkeitsbereich der GPK-S sowie die von der Kommission in diesem Dossier ergriffenen Massnahmen detailliert beschrieben.

In den Kapiteln 5 und 6 analysiert die GPK-S den Umgang des Bundesrates und der anderen zuständigen Einheiten mit der PostAuto-Affäre, wobei zwischen der Zeit vor (Kap. 5) und der Zeit nach deren Bekanntwerden (Kap. 6) unterschieden wird.

Kapitel 7 widmet sich dem Fall CarPostal France. In Kapitel 8 werden grundsätzliche Fragen behandelt, welche die PostAuto-Affäre in Bezug auf die Aufsicht über den subventionierten RPV (Kap. 8.1) und die Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen (Kap. 8.2) aufwirft. Kapitel 9 schliesslich enthält die Schlussfolgerungen.

In den der Analyse gewidmeten Teilen beschränkt sich die GPK-S darauf, den aus Sicht der Oberaufsicht relevanten Sachverhalt zu schildern. Die Teile, in denen die Beurteilung der Kommission wiedergegeben wird, werden ­ soweit möglich ­ als solche gekennzeichnet.

2

Leitsätze und gesetzliche Grundlagen

2.1

Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen

Ende der 1990er Jahre beschloss die Bundesversammlung, die Märkte im Verkehrsund Fernmeldebereich neu zu ordnen. Zu diesem Zweck wurden die Bundesbetriebe 6

Unter «bundesnahen Unternehmen» werden im vorliegenden Bericht die öffentlichund privatrechtlichen Aktiengesellschaften verstanden, welche Dienstleistungen am Markt erbringen und bei welchen der Bund Haupt- oder Alleinaktionär ist.

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aus der Bundesverwaltung ausgelagert und verselbstständigt, wobei der Bund Mehrheitsaktionär dieser Unternehmen ist.7 Der Bundesrat hat mit dem CorporateGovernance-Bericht von 20068 eine Grundlage für die Organisation und Steuerung von verselbstständigten Bundesbetrieben geschaffen.

Die Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen ist stufenweise strukturiert. Die unternehmensinterne Aufsicht über die Zielerreichung eines Unternehmens liegt in der Kompetenz des Verwaltungsrates als oberstes Führungsorgan.

Das Unternehmen wird ebenfalls durch die internen und externen Revisionsstellen geprüft. Darüber steht die unternehmensexterne Aufsicht durch den Bundesrat.

Dieser führt die bundesnahen Unternehmen unter Einhaltung ihrer Autonomie und auf Grundlage der strategischen Ziele. Diese Aufsicht wird in der Regel an ein oder mehrere Departemente bzw. eine oder mehrere Verwaltungseinheiten delegiert. Die Bundesversammlung schliesslich übt die Oberaufsicht aus und prüft, ob die Aufsicht des Bundesrates über die bundesnahen Unternehmen funktioniert.9 Die Modalitäten der Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen sind dabei in den für das jeweilige Unternehmen massgebenden Rechtsvorschriften geregelt (bezüglich Post vgl. Kap. 2.2).

Die verschiedenen Stufen dieser Struktur werden im Folgenden ausgeführt und in einer Grafik im Anhang zusammengefasst (vgl. Anhang 2).

Unternehmensinterne Steuerung und Aufsicht Wie bei privaten Unternehmen ist auch bei bundesnahen Unternehmen der Verwaltungsrat für die Führung und Beaufsichtigung der mit der Geschäftsführung betrauten Personen zuständig. Ausserdem trägt er als oberstes Führungsorgan die Verantwortung gegenüber dem Bund. Die Aufgaben des Verwaltungsrates richten sich in der Regel nach dem Obligationenrecht (OR).10 Von zentraler Bedeutung ist dabei die Ernennung, Überwachung und gegebenenfalls Absetzung der operativen Führungsebene, also der Geschäftsleitung. Ausserdem ist der Verwaltungsrat für die Umsetzung der strategischen Ziele verantwortlich.11

7

8

9 10 11

Vgl. Art. 2 und Art. 8 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (RVOG; SR 172.010) sowie Art. 6 Abs. 3 der Regierungsund Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. Nov. 1998 (RVOV; SR 172.010.1).

Bericht des Bundesrates vom 13. Sept. 2006 zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (BBl 2006 8233) (im Folgenden: Corporate-Governance-Bericht von 2006).

Vgl. auch: Zusatzbericht des Bundesrates vom 25. März 2009 zum CorporateGovernance-Bericht ­ Umsetzung der Beratungsergebnisse des Nationalrats (BBl 2009 2659) und Elsener, Marc (2012): «Corporate Governance: Die Politik des Bundes» in: Die Volkswirtschaft, 6-2012. Lienhard, Andreas / Rieder, Stefan / Sonderegger, Roger W. / Ladner, Andreas / Höchner, Claudia / Ritz, Manuel / Roose, Zilla (2019): Beurteilung der Corporate Governance des Bundes anhand der Analyse von vier Unternehmen. Bern, Luzern, St. Gallen, Lausanne (im Folgenden Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019).

Weber, Urs (2012): «Zur politischen Steuerung der bundesnahen Infrastrukturunternehmen durch den Bund» in: Die Volkswirtschaft, 6-2012.

Art. 716 ff. des Bundesgesetzes vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) [OR; SR 220].

Schedler, Kuno / Müller, Roland / Sonderegger, Roger W. (2013): Führung, Steuerung und Aufsicht von öffentlichen Unternehmen. 2. Ausgabe, Bern: Haupt, S. 172 ff.

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Der Verwaltungsrat ist sodann für das interne Kontrollsystem verantwortlich und muss geeignete Massnahmen treffen, die dazu dienen, einen ordnungsgemässen Ablauf des betrieblichen Geschehens sicherzustellen.12 Die interne Kontrolle dient namentlich der Zuverlässigkeit und Vollständigkeit der Buchhaltung und Rechnungslegung und soll Geschäftsvorfälle von grosser finanzieller Tragweite angemessen wiedergeben. Der Verwaltungsrat kann Ausschüsse einsetzen, die sich regelmässig um bestimmte Themen kümmern.13 Die jährliche Rechnung der bundesnahen Unternehmen wird von privaten externen Revisionsgesellschaften geprüft. Die externe Revisionsstelle wird durch die Generalversammlung (bzw. vom Bundesrat) gewählt. Ihre Aufgaben bestimmen sich nach dem Obligationenrecht.14 Steuerung und Aufsicht durch den Bundesrat und die zuständigen Departemente Die Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen durch den Bundesrat ist im Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz (RVOG), in der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung (RVOV), im Aktienrecht 15 und in den für das jeweilige Bundesunternehmen massgebenden Rechtsvorschriften geregelt. Der Bundesrat hält im Corporate-Governance-Bericht fest, dass er «die Rolle des Eigners und die damit verbundenen Informations-, Einfluss- und Kontrollrechte gegenüber allen verselbstständigten Einheiten grundsätzlich selber wahr[nimmt]».16 Dazu verfügt er über folgende drei Hauptinstrumente:

12 13 14 15 16 17 18

1

Wahl des Verwaltungsrates: Der Bundesrat wählt die Verwaltungsräte und das Verwaltungsratspräsidium über die Generalversammlung und aufgrund von auf die jeweiligen Unternehmen abgestimmten Anforderungsprofilen.17

2

Festlegung der strategischen Ziele: Der Bundesrat legt für einen Zeitraum von in der Regel vier Jahren strategische Ziele fest. Die Erreichung dieser Ziele wird jährlich überprüft. Die Festlegung der Ziele und die Überprüfung der Zielerreichung werden im Rahmen von regelmässig stattfindenden Gesprächen zwischen den zuständigen Departementen und der EFV mit den Unternehmensspitzen thematisiert (vierteljährliche Eignergespräche)18.

3

Genehmigung des Geschäftsberichtes und der Jahresrechnung: Der Verwaltungsrat legt den zuständigen Departementen jährlich einen Bericht über die Erreichung der einzelnen strategischen Ziele vor. Die zuständigen Departemente und die EFV prüfen die eingegangenen Berichte und diskutieren sie mit der Unternehmensspitze im Rahmen des Eignergespräches im 1. Quartal.

Die zuständigen Departemente unterbreiten dem Bundesrat schliesslich eiSchedler, Kuno / Müller, Roland / Sonderegger, Roger W. (2013), Führung, Steuerung und Aufsicht von öffentlichen Unternehmen, 2. Ausgabe, Bern: Haupt, S. 207 ff.

Schedler, Kuno / Müller, Roland / Sonderegger, Roger W. (2013), Führung, Steuerung und Aufsicht von öffentlichen Unternehmen, 2. Ausgabe, Bern: Haupt, S. 177 f.

Art. 728 ff. OR.

Vgl. insbesondere Art. 689 ff. OR (Rechte und Pflichten der Aktionärinnen und Aktionäre) und Art. 698 ff. OR (Generalversammlung) Corporate-Governance-Bericht 2006 (BBl 2006 8233, hier 8293).

Erläuternder Bericht der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) vom 13. Sept. 2006 zum Corporate-Governance-Bericht des Bundesrates, S. 26.

Im Folgenden: «[vierteljährliche] Eignergespräche» oder «Quartalsgespräche».

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nen Bericht über die Erfüllung der strategischen Ziele der einzelnen Unternehmen,19 der einen Antrag an die Generalversammlung enthält.

Innerhalb der Bundesverwaltung ist die Führung und Beaufsichtigung der Unternehmen gemäss einem sog. «dualen» System organisiert. Die Vorbereitung und Koordination der Eignerangelegenheiten obliegt hauptsächlich den zuständigen Fachdepartementen (z. B. dem UVEK für die Post, die SBB und Swisscom und dem VBS für die RUAG).20 Die Departemente werden dabei von der EFV unterstützt, welche insbesondere für Fragen zu den Pensionskassen, den finanzrechtlichen Vorgaben und der Verteilung der Unternehmensgewinne verantwortlich ist. Die EFV bzw. das EFD sind ausserdem für Querschnittsfragen zur Corporate Governance des Bundes zuständig.21 Im vorliegenden Bericht wird die allgemeine Formulierung «die Eignerdepartemente und die EFV» für die Bezeichnung dieser Stellen verwendet.

Dem Bundesrat steht eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung, damit er im Falle von Fehlentwicklungen einschreiten kann. Dazu zählen die Änderung der Zielvorgaben, die Verweigerung der Genehmigung des Geschäftsberichtes, die Verweigerung der Entlastung des Verwaltungsrates, die Abberufung oder die Ersetzung des Verwaltungsrates bzw. der externen Revisionsstelle, die Geltendmachung von Verantwortlichkeitsansprüchen gegen einzelne Organe oder ein Antrag an die Bundesversammlung auf Änderung des Organisationserlasses. 22 Der Bundesrat kann zusätzlich, gestützt auf Artikel 23 RVOG, für bestimmte Geschäfte Ausschüsse einsetzen. Diese bereiten die Beratungen und Entscheidungen des Bundesrates vor oder führen in seinem Namen Verhandlungen mit anderen Behörden oder Privaten.23 Allerdings besteht zurzeit kein spezifischer Ausschuss des Bundesrates für die bundesnahen Unternehmen.

Um die unternehmerische Autonomie der bundesnahen Unternehmen zu wahren, beschränkt sich der Bundesrat bei der Steuerung in der Regel auf die strategischen Aspekte und klammert die unternehmensinternen operativen Aspekte aus. Wo die Grenzlinie zwischen diesen beiden Bereichen verläuft, wird indes unterschiedlich ausgelegt und ist im Parlament regelmässig Gegenstand von Diskussionen. Diese Frage stellte sich auch mehrfach im Rahmen der Arbeiten zur PostAuto-Affäre (vgl.

insbesondere Kap. 8.2.2.2).

19

20

21 22 23

Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom, Stellungnahme des Bundesrates vom 14. Nov. 2012 zum Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2012 (BBl 2012 9209, hier 9215) Corporate-Governance-Bericht 2006 (BBl 2006 8233, hier 8293). Siehe auch UVEK: So steuert der Bund die bundesnahen Unternehmen, www.uvek.admin.ch, Das UVEK > Bundesnahe Betriebe > Steuerung (Stand: 4. Okt. 2018). Was Skyguide betrifft, übernehmen das UVEK und das VBS die Federführung gemeinsam in Zusammenarbeit mit der EFV.

Siehe Art. 1 Abs. 3 und Art. 8 Abs. 2 der Organisationsverordnung für das Eidgenössische Finanzdepartement vom 17. Feb. 2010 (OV-EFD; SR 172.215.1).

Erläuternder Bericht der EFV vom 13. Sept. 2006 zum Corporate-Governance-Bericht des Bundesrates, S. 60.

Bundesrat hat Ausschüsse festgelegt, Medienmitteilung des Bundesrates vom 23. März 2016.

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Im Jahr 2012 führte die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK-N) eine Evaluation zur Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom durch.24 Aus dieser Evaluation ging hervor, dass sich das Modell des Bundes zur strategischen Steuerung grundsätzlich bewährt hat und sich bei «üblichem» Geschäftsverlauf zur Steuerung der Unternehmen eignet. Die GPK-N legte aber auch dar, «dass die gegenwärtige Praxis die [...] vorgesehenen Verantwortlichkeiten gefährdet und dass das Steuerungsmodell in aussergewöhnlichen Situationen mit hohem politischem Druck an seine Grenzen stösst (z. B. in Krisen oder bei unerwarteten, die strategische Ausrichtung betreffenden Vorkommnissen)». 25 Im Auftrag des Bundesrates wurde 2019 eine erneute Beurteilung der Corporate Governance bundesnaher Betriebe vorgenommen. Diese kam zum Schluss, dass das aktuelle Steuerungsmodel insgesamt gut funktioniert, dass aber einige Verbesserungen wünschenswert wären.26 Die bundesnahen Unternehmen unterstehen zudem der Aufsicht weiterer sektorspezifischer Aufsichtsbehörden wie der Eidgenössischen Postkommission (PostCom) oder der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (WEKO) oder der Aufsicht bestimmter Bundesämter wie des BAV oder des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM). Dem Bund kommt sodann eine vertiefte Aufsicht in subventionierten Bereichen wie dem RPV zu (vgl. hierzu Kap. 2.3); in diesem Bereich wird die Aufsicht durch das BAV als sektorspezifische Aufsichtsbehörde sichergestellt.

Oberaufsicht und Mitwirkung der Bundesversammlung Die GPK, die Finanzkommissionen (FK) und die Finanzdelegation (FinDel) nehmen für die Bundesversammlung die Oberaufsicht über die bundesnahen Unternehmen wahr.

Im Parlamentsgesetz27 (ParlG) und im RVOG28 ist der Umfang der parlamentarischen Oberaufsicht über die bundesnahen Unternehmen festgelegt. Die Bundesversammlung kann zu einem gewissen Grad an der Planung der Staatstätigkeit und an der Festlegung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen mitwirken.

Das Parlament wird dementsprechend durch die Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) bei der Erneuerung der strategischen Ziele der Unternehmen konsultiert. Die GPK und FK haben ebenfalls die Möglichkeit, sich in dieser Frage zu äussern.

24 25 26 27 28

Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom. Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2012 (BBl 2012 8545) Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom. Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2012 (BBl 2012 8545, hier 8548) Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, S. 82­83.

Bundesgesetz vom 13. Dez 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10). Vgl. insbesondere Art. 28 Abs. 1 und 1bis ParlG.

Art. 8 Abs. 5 LOGA

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Die GPK haben die Modalitäten ihrer Oberaufsicht über die bundesnahen Unternehmen mehrfach präzisiert und verschiedene Rechtsgutachten29 zu diesem Thema in Auftrag gegeben. Im Bereich der bundesnahen Unternehmen wird die parlamentarische Oberaufsicht subsidiär zur Aufsicht durch die internen Organe und den Bundesrat ausgeübt. Diese sind entsprechend ihren jeweiligen gesetzlichen Kompetenzen für die Steuerung und die Kontrolle der Aufgaben des Unternehmens zuständig.

Während die direkte Aufsicht durch den Bundesrat ein Steuerungsinstrument ist, bezweckt die parlamentarische Oberaufsicht die Geltendmachung der politischen Verantwortlichkeit. Gemäss Artikel 26 Absatz 4 ParlG darf die Bundesversammlung die Entscheidungen der beaufsichtigten Einheit nicht ändern und ihr auch kein bestimmtes Handeln vorschreiben.30 Im Übrigen wird die parlamentarische Oberaufsicht in der Regel indirekt ausgeübt: Die Organe der parlamentarischen Oberaufsicht prüfen, wie der Bundesrat seine Politik gegenüber diesen Unternehmen umsetzt,31 um sicherzustellen, dass die Interessen des Bundes als Eigner angemessen verteidigt werden. Als Grundlage dienen ihnen dazu in erster Linie die jährlichen, standardisierten Berichte zur Erreichung der strategischen Ziele32, die der Bundesrat dem Parlament vorlegt. Auf diese Weise kann die Autonomie, welche der Gesetzgeber den bundesnahen Unternehmen einräumt, gewahrt werden. Die GPK können jedoch direkt eine Inspektion zu einem bundesnahen Unternehmen einleiten, falls es konkrete Hinweise darauf gibt, dass es zu schwerwiegenden Fehlfunktionen gekommen ist, die das ordnungsgemässe Funktionieren des Unternehmens gefährden könnten.

Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügen die GPK über weitreichende Informationsrechte.33 Sie können alle Personen, die im Dienste des Bundes sind bzw. waren, anhören und sämtliche Dokumente einsehen ­ mit Ausnahme der Protokolle des Bundesrates und der geheimen Akten des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste. Im Grunde verfügen sie über dieselben Rechte auch gegenüber den bundesnahen Unternehmen. Um deren Autonomie zu wahren, nehmen sie diese Rechte jedoch nur sehr zurückhaltend in Anspruch.

Aufsicht durch die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) Die bundesnahen Unternehmen unterstehen zudem der Aufsicht durch die EFK, das oberste Finanzaufsichtsorgan des Bundes. Die EFK ist unabhängig und unterstützt die Bundesversammlung bei der Ausübung ihrer Oberaufsicht und den Bundesrat

29

30 31 32 33

Vgl. insbesondere: Bericht der GPK vom 23. Mai 2000 über ihre Tätigkeit (BBl 2000 4601); Uhlmann, Felix (2013): Rechtsgutachten zuhanden der GPK betreffend Oberaufsicht über die FINMA, 28. Aug. 2013; Biaggini, Giovanni (2013): Rechtsgutachten zur Frage der Möglichkeiten und Grenzen parlamentarischer Oberaufsicht im Bereich des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI), 26. Aug. 2013.

Müller, Georg (2016), «Parlamentarische Oberaufsicht im Bund» in: Parlament, 1/2016, 19. Jahrgang.

Tschaeni, Hanspeter (2012): «Eignerpolitik des Bundes: Zur Oberaufsicht durch das Parlament» in: Die Volkswirtschaft, 6-2012.

Erläuternder Bericht der EFK vom 13. Sept. 2006 zum Corporate-Governance-Bericht des Bundesrates Art. 153 ParlG. Vgl. auch: Information und Kommunikation der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte, Richtlinien der GPK vom 22. Mai 2006.

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bei der Ausübung seiner Aufsicht (Art. 1 des Finanzkontrollgesetzes [FKG]34). Die Empfänger von Finanzhilfen sowie Unternehmen, an denen der Bund mit mehr als 50 Prozent beteiligt ist, sind der Finanzaufsicht durch die EFK unterstellt (Art. 8 FKG). Die EFK erstellt über jede von ihr abgeschlossene Prüfung einen Bericht und stellt ihn der FinDel zu. Gleichzeitig bringt sie den GPK bzw. der GPDel die von ihr festgestellten wesentlichen Mängel in der Geschäftsführung zur Kenntnis (Art. 14 FKG).

2.2

Steuerung und Beaufsichtigung von Post und PostAuto

Die Modalitäten der Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen durch den Bundesrat sind in den für das jeweilige Bundesunternehmen massgebenden Rechtsvorschriften geregelt.35 Im Falle der Post sind diese im Postorganisationsgesetz (POG)36 enthalten. Für die Post gelten die aktienrechtlichen Vorschriften des Obligationenrechts, sofern das POG nichts Anderes bestimmt (Art. 4 POG).

Von 1998 bis 2012 war die Post gesetzlich als «selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts» definiert (Art. 2 Abs. 1 POG 1997). Im Juni 2013 ­ nach Inkrafttreten des revidierten POG ­ wurde die Post in eine Aktiengesellschaft unter dem Namen «Die Schweizerische Post AG» umgewandelt.37 Die Organisation der Post wird ausser in den zuvor genannten Rechtsbestimmungen auch in den Statuten des Unternehmens und im Organisationsreglement geregelt.

Dieses wurde seit 1998 mehrmals revidiert; seine aktuelle Version trat am 24. September 2013 in Kraft.

Unternehmensinterne Steuerung und Aufsicht Die Aufgaben des Verwaltungsrates der Post sind im Aktienrecht (vgl. Kap. 2.1) und in den unternehmensinternen Reglementen definiert. Laut Post38 nimmt der Verwaltungsrat «die Oberleitung und Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen wahr». Er legt zudem «die Unternehmens- und Geschäftspolitik, die mittel- und langfristigen Konzernziele sowie die zur Erreichung dieser Ziele notwendigen Mittel fest». Der Verwaltungsrat wird regelmässig über die finanzielle Situation, die Projekte, die Einhaltung der Planung und der Strategievorgaben sowie über das Risikomanagement informiert.

34 35

36

37

38

Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (FKG; SR 614.0) Vgl. Art. 8 Abs. 4 RVOG. Siehe hierzu auch Müller, Georg / Vogel, Stefan (2009): Oberaufsicht der Bundesversammlung über verselbstständigte Träger von Bundesaufgaben, Rechtsgutachten zuhanden der GPK-N, S. 10.

Bundesgesetz vom 17. Dez. 2010 über die Organisation der Schweizerischen Post (POG; SR 783.1). Davor (vom 1. Jan. 1998 bis 1. Okt. 2012) war die Organisation des Unternehmens im Bundesgesetz vom 30. Apr. 1997 über die Organisation der Postunternehmung des Bundes (im Folgenden: POG 1997) geregelt.

Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der internen Organe des Unternehmens (Verwaltungsrat, Konzernleitung, Revision), die im POG 1997 ausführlich beschrieben werden, sind in der revidierten Fassung des Gesetzes von 2012 nicht mehr aufgeführt.

Die Schweizerische Post AG, Finanzbericht 2018, S. 66 ff.

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Der Verwaltungsratsausschuss «Audit, Risk & Compliance», der aus vier Verwaltungsratsmitgliedern besteht,39 ist «verantwortlich für die Schaffung und Weiterentwicklung zweckmässiger interner Überwachungsstrukturen und stellt die Kontrolle zur Einhaltung der rechtlichen Vorschriften sicher». Zudem «beurteilt er in regelmässigen Abständen die Risikostreuung der Post und gibt den Halbjahresbericht frei», «prüft die Feststellungen und Empfehlungen der Konzernrevision und der externen Revision und unterbreitet dem Verwaltungsrat gegebenenfalls entsprechende Anträge».40 Die Konzernrevision, die dem Verwaltungsrat direkt unterstellt ist, prüft u. a. «die Einhaltung von externen und internen Vorgaben, [...] die korrekte Abbildung im Rechnungswesen und die Projektführung».41 Die externe Revisionsstelle des Konzerns Post (einschliesslich PostAuto) wird an der Generalversammlung vom Bund bestellt. Die externe Revision wurde von 1998 bis 2018 von der KPMG AG durchgeführt und ist seit 2019 Aufgabe der Ernst&Young (EY) AG.

Die Geschäftsleitung der Post wiederum ist für die operative Geschäftsführung des Unternehmens zuständig. Die Konzernleiterin bzw. der Konzernleiter vertritt die Geschäftsleitung vor dem Verwaltungsrat.

Die PostAuto Schweiz AG wurde 2004 gegründet und ist eine privatrechtliche Aktiengesellschaft, deren Eignerin zu 100 Prozent die Post ist und die der Aufsicht des Verwaltungsrates der Post untersteht. Die Geschäftsleitung von PostAuto besteht aus neun Mitgliedern. Der Generaldirektor des Unternehmens («Leiter PostAuto») ist gleichzeitig auch Verwaltungsratspräsident von PostAuto und Mitglied der Konzernleitung der Post.42 Von 2004 bis 2015 war die PostAuto Schweiz AG eine Tochtergesellschaft der Schweizerischen Post AG. Im Jahr 2016 (nach der Reorganisation «Impresa») wurde eine neue Muttergesellschaft (PostAuto Management AG) gegründet, zu welcher sieben Tochtergesellschaften43 gehörten, u. a. auch die PostAuto Schweiz AG. Diese Subholding-Struktur wurde von 2018 bis 2019 ­ nach dem Bekanntwerden der Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto ­ zurückgebaut (vgl. Kap. 6.1.10).

Steuerung und Aufsicht durch den Bundesrat und die zuständigen Departemente Der Bund ist gemäss Gesetz Aktionär der Post und muss über die kapital- und stimmenmässige Mehrheit verfügen (Art. 6 POG). Seit der Umwandlung
der Post in eine spezialgesellschaftliche Aktiengesellschaft im Jahr 2013, ist der Bund Alleinaktionär des Unternehmens. Vor 2013 war die Post eine selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts und der Bund somit nicht Aktionär des Unternehmens in aktienrechtlicher 39

40 41 42

43

Zur Zusammensetzung des Ausschusses «Audit, Risk & Compliance» und der anderen Organe der Post im Zeitraum 2007­2018 vgl. Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 234 ff. / 272 ff.

Die Schweizerische Post AG, Finanzbericht 2018, S. 67 Die Schweizerische Post AG, Finanzbericht 2018, S. 68 Ab 2004 gehörten dem Verwaltungsrat von PostAuto ein bis drei Mitglieder an. Was die Zusammensetzung der Geschäftsleitung und des Verwaltungsrates von PostAuto im Zeitraum 2007­2018 betrifft, vgl. Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, E. 285 ff.

PostAuto Fahrzeuge AG, PostAuto Mobilitätslösungen AG, PostAuto Produktions AG, PostAuto Schweiz AG, PubliBike AG, CarPostal France SA, PostAuto Liechtenstein Anstalt AG.

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Hinsicht. Die Modalitäten der Steuerung und Beaufsichtigung der Post durch den Bund sind im POG und im Aktienrecht definiert.

Der Bundesrat legt jeweils für vier Jahre fest, welche strategischen Ziele der Bund als Eigner der Post erreichen will (Art. 7 Abs. 1 POG). Der Verwaltungsrat sorgt für die Umsetzung dieser strategischen Ziele, erstattet dem Bundesrat Bericht über deren Erreichung und stellt ihm die zur Überprüfung notwendigen Informationen zur Verfügung (Art. 7 Abs. 3 POG). In den aktuellen strategischen Zielen der Post 44 sind folgende Bestimmungen für die PostAuto-Affäre relevant: ­

«Die Post bietet in ihrem Kerngeschäft [...] qualitativ hochstehende [...] Produkte, Dienstleistungen und Lösungen [...] an; sie generiert dabei ein rentables Wachstum und stärkt [...] die Ertragskraft des Unternehmens.» (Punkt 2.2)

­

Die Post «festigt [in der Schweiz] die Stellung als Marktführerin und übernimmt Systemführungsaufgaben im öffentlichen Busverkehr; im Ausland kann sie das Geschäft weiterentwickeln, soweit die Risiken tragbar sind und eine nachhaltige Rentabilität sichergestellt ist.» (Punkt 2.5)

­

Was die finanziellen Ziele betrifft, erwartet der Bundesrat von der Post, dass sie «wertschöpfend» ist, den Unternehmenswert «nachhaltig» steigert und sichert sowie «in allen Geschäftsfeldern eine branchenübliche Rendite» erzielt. (Punkt 3.1)

­

Die Post kann in der Schweiz und im Ausland Kooperationen und Beteiligungen eingehen, wenn diese «das Kerngeschäft im Inland unterstützen oder eine andere strategisch-industrielle Logik aufweisen [und] zur Erreichung der strategischen Ziele und zur nachhaltigen Sicherung des Unternehmenswerts beitragen. Die Kooperationen müssen führungsmässig eng betreut werden und dem Risikoaspekt ist genügend Rechnung zu tragen.» (Punkt 5)

Gemäss Artikel 698 OR hat die Generalversammlung ­ bei der Post als Alleinaktionär also der Bund ­ insbesondere das Recht, die Statuten festzusetzen und zu ändern, die Mitglieder des Verwaltungsrates zu ernennen, die Mitglieder des Verwaltungsrates zu entlasten und über die Gegenstände Beschluss zu fassen, die der Generalversammlung durch Gesetz oder Statuten vorbehalten sind. (vgl. Kap. 2.1).

In der Praxis ist es hauptsächlich die Vorsteherin des UVEK, die den Bund als Eigner gegenüber der Führung der Post vertritt und die politische Verantwortung für die Führung und Beaufsichtigung dieses Unternehmens trägt. Unterstützt wird sie dabei vom Generalsekretariat des UVEK (GS-UVEK), welches sich um die laufenden Angelegenheiten kümmert, 45 und von der EFV, die vor allem für die finanziellen Aspekte verantwortlich ist. Die Vorsteherin des UVEK und der Direktor der EFV pflegen einen vierteljährlichen Informationsaustausch mit Vertreterinnen und 44

45

Strategische Ziele des Bundesrates für die Schweizerische Post AG 2017­2020 (BBl 2017 125). Die Bestimmungen zu PostAuto, die in früheren Versionen der strategischen Ziele der Post enthalten waren (Perioden 2006­2009, 2010­2013, 2013­2016) finden sich im Anhang 3.

Siehe Art. 5 Abs. 2 der Organisationsverordnung vom 6. Dez. 1999 für das UVEK (OV-UVEK; SR 172.217.1) sowie Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, Kap. 4.3.

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Vertretern der Post, bei dem die Erreichung der strategischen Ziele und aktuelle Fragen thematisiert werden46. Im vorliegenden Bericht werden die allgemeinen Formulierungen «das UVEK und die EFV» oder «das Eignerdepartement und die EFV» verwendet.

Als Teil des Post-Konzerns untersteht PostAuto auch der allgemeinen Aufsicht des Bundesrates. Der Bund als Eigner übt jedoch keine direkte Kontrolle über die Tochtergesellschaften aus ­ ausser bei Tätigkeiten, für die eine spezielle Aufsicht gesetzlich vorgesehen ist (PostAuto: Aufsicht des BAV über den subventionierten RPV, siehe weiter unten). Davon abgesehen übt der Bundesrat ­ durch den Verwaltungsrat der Post ­ eine indirekte Aufsicht über PostAuto aus (vgl. Kap. 8.2.2.8).

Aufsicht durch die Verwaltungseinheiten Bestimmte Geschäftsaktivitäten der Post unterstehen von Gesetzes wegen nicht nur der Aufsicht durch den Bund als Eigner, sondern auch der Kontrolle durch bestimmte Verwaltungseinheiten (im Folgenden: sektorspezifische Aufsichtsbehörden). Die Aufsicht über die Grundversorgung mit Postdiensten wird von der PostCom47 wahrgenommen, während die Aufsicht über die Grundversorgung mit Zahlungsdiensten dem BAKOM48 obliegt. Die PostFinance AG, die über eine Banklizenz verfügt, untersteht zudem der Aufsicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA).

PostAuto als Unternehmen des RPV wiederum untersteht im Bereich des subventionierten RPV dem BAV (vgl. Kap. 2.3).

Oberaufsicht durch die Bundesversammlung Gemäss Artikel 148 Absatz 3bis ParlG unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung jeweils im März einen Bericht zur Erreichung der strategischen Ziele der Post. In diesem Bericht zuhanden der GPK und der FK werden u. a. die Anträge des Verwaltungsrates an die Generalversammlung (Genehmigung der Rechnung, Gewinnverwendung, Entlastung des Verwaltungsrates, Ernennungen usw.) aufgeführt.

Des Weiteren legt der Bundesrat in diesem Bericht dar, ob er mit den Anträgen des Verwaltungsrates einverstanden ist und er seine Vertretung an der Generalversammlung damit beauftragt hat, den Anträgen des Verwaltungsrates zuzustimmen. Die Erreichung der strategischen Ziele wird von den GPK an einer Sitzung im April mit der Vorsteherin des UVEK und dem Direktor der EFV sowie mit Vertreterinnen und Vertretern der Post thematisiert.49 Bei diesem Austausch kommen
auch aktuelle Themen im Zusammenhang mit dem Unternehmen zur Sprache.

Die GPK haben im Rahmen der Ausübung ihrer Oberaufsicht nicht nur diese jährlichen Gespräche geführt, sondern sich in den letzten Jahren auch mit verschiedenen postspezifischen Themen befasst. Die GPK-N befasste sich von 2016 bis 2017 mit den Geschäftsaktivitäten von CarPostal in Frankreich (vgl. Kap. 7). Im Jahr 2017 46 47 48 49

Strategische Ziele des Bundesrates für die Schweizerische Post AG 2017­2020 (BBl 2017 125), Punkt 7 Art. 20 ff. PG Art. 63 VPG Diese Sitzungen finden im Beisein von Mitgliedern der zuständigen Subkommissionen der FK und von den Präsidentinnen oder Präsidenten der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) statt.

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diskutierte sie mit Vertreterinnen und Vertretern des BAKOM die Ergebnisse einer Evaluation zum Postgesetz. Die Zustelltarife für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften sind ebenfalls Gegenstand der Arbeiten der GPK-N.

2.3

Gesetzliche Grundlagen und Aufsicht im Bereich des subventionierten Regionalverkehrs

Die Modalitäten der Finanzierung und der Beaufsichtigung des RPV sind im Personenbeförderungsgesetz und in der Personenbeförderungsverordnung (PBG und VPB)50 sowie in der Verordnung über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs (ARPV)51 geregelt. Gemäss Gesetz gelten Bund und Kantone den Unternehmen die laut Planrechnung ungedeckten Kosten ab (Art. 28 PBG).

Für die Abgeltung des RPV gilt das Subventionsgesetz (SuG) 52. Gemäss diesem Gesetz ist der Bundesrat verpflichtet, sämtliche Subventionen mindestens alle sechs Jahre zu überprüfen und dem Parlament über die Ergebnisse dieser Prüfung Rechenschaft abzulegen (Art. 5 Abs. 1. SuG). Das Subventionsgesetz sieht zudem vor, dass «[d]ie zuständige Behörde [...] Richtlinien für die Erstellung der Abrechnungen [erlässt] und «dabei die branchenspezifischen Gewohnheiten [berücksichtigt]» (Art. 21 SuG).

Das BAV ist für die Aufsicht im Bereich des subventionierten RPV zuständig; es prüft und genehmigt die Rechnungen, die ihm von den betroffenen Unternehmen jedes Jahr vorgelegt werden (Art. 37 Abs. 1 PBG) 53. In diesem Zusammenhang prüft es, «ob die Rechnungen mit den gesetzlichen Vorschriften und den darauf basierenden Vereinbarungen über Beiträge und Darlehen der öffentlichen Hand übereinstimmen». Diese subventionsrechtliche Prüfung «ergänzt die Prüfung der Revisionsstelle des Unternehmens» (Art. 37 Abs. 2 PBG).

Das Gesetz präzisiert, dass das BAV über die subventionsrechtliche Prüfung hinaus vertiefte Prüfungen bei den Transportunternehmen vornehmen kann (Art. 37 Abs. 4 PBG). Zu diesem Zweck verfügt das Bundesamt über einen internen Revisionsdienst im Sinne des Artikels 11 FKG, welcher punktuelle Audits durchführt. Die gesetzes50

51

52 53

Bundesgesetz vom 20. März 2009 über die Personenbeförderung (Personenbeförderungsgesetz, PBG, SR 745.1) und Verordnung vom 4. Nov. 2009 über die Personenbeförderung (Personenbeförderungsverordnung, VPB; SR 745.11). Vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes und der Verordnung im Jahr 2010 war dieser Bereich im Eisenbahngesetz vom 20. Dez. 1957 (EBG; SR 742.101) geregelt.

Verordnung vom 11. Nov. 2009 über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs (ARPV; SR 745.16). Vor ihrem Inkrafttreten 2010 war dieser Bereich in der Verordnung vom 18. Dez. 1995 über Abgeltungen, Darlehen und Finanzhilfen nach Eisenbahngesetz (Abgeltungsverordnung, ADFV; SR 742.101.1) geregelt.

Bundesgesetz vom 5. Okt. 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz, SuG; SR 616.1) Der Hinweis auf «Überprüfung» und «Genehmigung» wurde aus dem PBG entfernt, als das Bundesgesetz über das Stabilisierungsprogramm 2017­2019 vom 17. März 2017 am 1. Jan. 2018 in Kraft trat (AS 2017 5205; BBl 2016 4691). Seither sieht Art. 37 Abs. 1 PBG lediglich vor, dass «Unternehmen, die von der öffentlichen Hand Beiträge oder Darlehen erhalten, [...] die Jahresrechnung mit den dazugehörigen Nachweisen dem BAV ein[reichen].»

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widrige Buchungspraxis von PostAuto wurde im Rahmen eines solchen Audits aufgedeckt.

Die Vorgaben für das Rechnungswesen der konzessionierten RPV-Unternehmen werden in der ARPV und in einer spezifischen Verordnung des UVEK (RKV)54 präzisiert. Transportunternehmen mit abgeltungsberechtigten Verkehrsangeboten müssen neben ihrer Finanzrechnung eine nach Sparten gegliederte Betriebskostenund Leistungsrechnung führen (Art. 29 Abs. 1 ARPV). Die Betriebskosten- und Leistungsrechnung wird vom UVEK als «Ist-Kostenrechnung als Grundlage für den Ergebnisausweis der einzelnen Sparten eines Unternehmens» definiert (Art. 2 RKV).

Kosten und Erlöse «sind pro Linie nachvollziehbar auszuweisen» (Art. 29 Abs. 2 ARPV). Welche Ausweise die Unternehmen dem BAV im Hinblick auf die subventionsrechtliche Prüfung beizulegen haben, ist in Artikel 6 RKV festgelegt.55 Übersteigen die von Bund und Kantonen erbrachten finanziellen Leistungen die Gesamtaufwendungen einer abgeltungsberechtigten Verkehrssparte (Gewinn in der subventionierten Sparte), so sieht das Gesetz vor, dass das Unternehmen diesen Überschuss einer Spezialreserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge abgeltungsberechtigter Verkehrssparten zuweist (Art. 36 Abs. 2 PBG56). Seit Inkrafttreten des PBG im Jahr 2010 präzisiert das Gesetz, dass mindestens zwei Drittel dieses Überschusses der Reserve zugewiesen werden müssen; weiter sieht es vor, dass der Gewinn dem Unternehmen zur freien Verfügung steht, falls die Spezialreserve der Verkehrssparten 25 Prozent des Jahresumsatzes der abgeltungsberechtigten Verkehrssparten erreicht oder sie 12 Millionen Franken beträgt.

Neben dem BAV sind auch die EFK und die kantonalen Finanzkontrollen befugt, im Rahmen eines risikobasierten Ansatzes im Bereich des subventionierten RPV punktuelle Kontrollen durchzuführen.57

3

Behandlung der PostAuto-Affäre durch andere Organe

Nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre im Februar 2018 befassten sich zahlreiche Organe und Behörden mit dieser Angelegenheit. In den darauffolgenden Monaten wurden verschiedene Verfahren in Gang gesetzt und zahlreiche Massnahmen ergriffen, die das Unternehmen PostAuto als solches, die Führungs- und Aufsichtstä54

55 56

57

Verordnung des UVEK vom 18. Jan. 2011 über das Rechnungswesen der konzessionierten Unternehmen (RKV; SR 742.221), erlassen gestützt auf Art. 35 Abs. 1 PBG. Vor Inkrafttreten der RKV 2011 war dieser Bereich in der Verordnung des EVED (Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement, heutiges UVEK) vom 18. Dez.

1995 über das Rechnungswesen der konzessionierten Transportunternehmungen (REVO; SR 742.221) geregelt.

Weitere Einzelheiten zu den Vorschriften für das Rechnungswesen von PostAuto vgl.

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 331 ff.

Vor Inkrafttreten des PGB 2010 war eine solche Reserve bereits im Eisenbahngesetz vom 20. Dez. 1957 (EBG; SR 742.101) vorgesehen. Dieses sah im Allgemeinen vor, dass der Ertragsüberschuss aus abgeltungsberechtigten Sparten «zur Deckung künftiger Fehlbeträge» zurückgestellt werden muss (Art. 64 Abs. 2).

Vgl. insbesondere Art. 8 und 16 FKG

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tigkeit der Bundesbehörden in dieser Angelegenheit oder andere damit verbundene Aspekte betrafen (System zur Beaufsichtigung des subventionierten RPV, Rolle der externen Revisionsstelle, Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen usw.).

Unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips (siehe vorheriges Kapitel) informierte sich die GPK-S regelmässig über den Stand dieser Verfahren und Massnahmen sowie über deren Ergebnisse. Die entsprechenden Informationen hat die Kommission in ihre Analyse einfliessen lassen.

Die Kommission gibt im Folgenden eine Übersicht über die wichtigsten Verfahren, die laufen oder abgeschlossen sind, bzw. die wichtigsten Massnahmen, die ergriffen wurden oder derzeit umgesetzt werden. Im Laufe des Berichts wird dann näher auf diese eingegangen (Kap. 5 bis 8). Die GPK-S weist in ihrer Analyse allerdings nur auf diejenigen Aspekte hin, die für die parlamentarische Oberaufsicht von Bedeutung sind.

3.1

Verwaltungsstrafverfahren

Der Bundesrat beauftragte das Bundesamt für Polizei (fedpol) am 27. Februar 2018 mit der Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Untersuchung und Beurteilung der bei PostAuto festgestellten Buchungsunregelmässigkeiten. 58 Das zu Beginn gegen Unbekannt geführte Verfahren richtet sich seit Anfang 2019 gegen einige Schlüsselakteure der Affäre. Für dieses Verfahren gelten die gleichen Grundsätze wie für ein ordentliches Strafverfahren. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Berichts war es noch hängig und sein Ende noch nicht absehbar. Den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend hat das Strafverfahren Vorrang vor allen anderen Verfahren, Prüfungen und Untersuchungen, namentlich was die Akteneinsicht und die Zeugenbefragungen angeht. Dies hatte 2018 erhebliche Auswirkungen auf das Vorgehen der Post und des Bundes, aber auch dasjenige der GPK-S.59

3.2

Abklärungen im Auftrag der Post

Nachdem die Post im November 2017 über die Schlussfolgerungen des BAV in Kenntnis gesetzt wurde, beauftragte sie Ende 2017 das Advokaturbüro Kellerhals Carrard und die Revisionsgesellschaft EY mit der Aufarbeitung der Buchungspraktiken von PostAuto in den Jahren 2007 bis 2015 sowie mit der Klärung der Verantwortlichkeiten. Angesichts des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens durften die Post, Kellerhals Carrard und EY allerdings nicht die betroffenen Personen befragen, weshalb die Sachverhaltsermittlungen ausschliesslich auf der Begutachtung von Akten basieren. Der Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard wurde von der Post

58 59

PostAuto: fedpol führt das Verwaltungsstrafverfahren, Medienmitteilung des Bundesrates, 27. Febr. 2018 Mehr Informationen zum Verwaltungsstrafverfahren und seinen Auswirkungen siehe Kap. 6.1.3. Zu den Schritten der Post und des UVEK siehe Kap. 6.

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Anfang Juni 2018 veröffentlicht, gemeinsam mit einem Expertengutachten.60 Auf der Grundlage dieser Dokumente ergriffen der Post-Verwaltungsrat und der Bund ab Juni 2018 verschiedene organisatorische Massnahmen.61

3.3

Abklärungen im Auftrag des Bundes

Im Auftrag des GS-UVEK und der EFV fertigte Kellerhals Carrard im Hinblick auf die Generalversammlung 2018 der Post einen Zusatzbericht über die Verantwortlichkeiten innerhalb des Verwaltungsrats des Unternehmens im Zeitraum 2016­2018 an.62 Das BAV gab, in Zusammenarbeit mit den Kantonen, ebenfalls verschiedene Abklärungen in Auftrag, um die von PostAuto zu Unrecht bezogenen Beiträge hinsichtlich ihrer Rückerstattung zu berechnen.63 Das BAV beauftragte die Post weiter, ihm einen Bericht über die Buchungspraktiken von PostAuto vor 2007 vorzulegen. Dieser Bericht lag im September 2018 vor.64

3.4

Abklärungen zur Aufsicht durch das BAV

Im Laufe des Jahres 2018 fanden auch Abklärungen zur Aufsicht des BAV über den subventionierten RPV und zur internen Organisation des Bundesamtes statt. Das UVEK beauftragte die BDO AG mit einem externen Audit der subventionsrechtlichen Aufsicht des BAV hinsichtlich Organisation, Methodik und Ressourcen. Der entsprechende Bericht wurde dem Departement im Dezember 2018 vorgelegt. 65 Parallel dazu arbeitete das BAV an einer Reorganisation seines Systems zur Beaufsichtigung des RPV. Der Bundesrat genehmigte im Mai 2019 die vom UVEK vorgeschlagenen Massnahmen zur Verbesserung der Aufsicht über die subventionierten Unternehmen.66

60

61 62 63 64

65 66

Kellerhals Carrard: «PostAuto. Untersuchungsbericht zuhanden des Verwaltungsrats der Schweizerischen Post AG», Bericht vom 31. Mai 2018 (im Folgenden: «Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard»); Donatsch, Andreas / Bachmann, Stephan A. J. / Uhlmann, Felix: «PostAuto Schweiz AG. Gutachten erstattet zuhanden Präsident der Schweizerischen Post AG», Gutachten vom 29. Mai 2018. Anmerkung: Angesichts des Verbots, die betroffenen Personen zu befragen, hat die Post nur eine Teilversion dieser Berichte veröffentlicht. Die GPK-S konnte jedoch von den Gesamtdokumenten Kenntnis nehmen.

Mehr Informationen zu den Schritten der Post und des UVEK siehe Kap. 6.1.

Kellerhals Carrard: «PostAuto. Zusatzbericht zuhanden des Eigners», Bericht vom 31. Mai 2018 (im Folgenden: «Zusatzbericht Kellerhals Carrard»).

Zur Berechnung der Rückerstattung siehe Kap. 6.1.7 «PostAuto: Analyse Umbuchungen vor 2007. Bericht zuhanden BAV», Bericht der Post vom 5. Sept. 2018. Zu den Abklärungen betreffend den Zeitraum vor 2007 siehe Kap. 6.1.8.

BDO: Audit der subventionsrechtlichen Prüfungen des Bundesamtes für Verkehr (BAV) im regionalen Personenverkehr, Bericht vom 19. Dez. 2018 Korrekte Verwendung der Subventionen im öffentlichen Verkehr: BAV stärkt Aufsicht, Medienmitteilung des BAV, 6. Mai 2019. Mehr zur Aufsicht durch das BAV siehe Kap. 6.1.14 und 8.1.

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3.5

Prüfungen der Eidgenössischen Finanzkontrolle

Die EFK prüfte 2018 das Risikomanagement der Post, namentlich in Bezug auf die Aktivitäten der PostAuto-Tochterunternehmen in Frankreich und Liechtenstein. Der Bericht der EFK vom 8. März 2019 wurde am 22. Mai 2019 veröffentlicht.67 Zudem verfasste die EFK aus eigener Initiative einen Bericht über die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der PostAuto-Affäre durch die Interne Revision der Post und die EFK. Dieser Bericht wurde nicht veröffentlicht.68

3.6

Prüfung der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde

Die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) untersuchte ihrerseits die Rolle von KPMG, dem Unternehmen, das von 1998 bis 2018 der externe Revisor von Post und PostAuto war. Anfang Dezember 2018 kommunizierte die RAB ihre wichtigsten Schlussfolgerungen in einer Medienmitteilung.69 Der entsprechende Untersuchungsbericht wurde nicht veröffentlicht.70

3.7

Arbeiten des Bundesrates zur Corporate Governance bundesnaher Unternehmen

Angesichts der PostAuto-Affäre und verschiedener Vorkommnisse in den Vorjahren (Cyber-Attacke bei RUAG, Datendiebstahl bei Swisscom usw.) beschloss der Bundesrat im Juni 2018, die Steuerung der bundesnahen Unternehmen (Corporate Governance) extern überprüfen zu lassen. Der Bericht, verfasst von Expertinnen und Experten der Universitäten Bern, Lausanne und St. Gallen sowie des Unternehmens Interface, wurde im April 2019 fertiggestellt.71 Der Bundesrat hat am 26. Juni 2019 im Rahmen einer Klausur Kenntnis genommen von den Schlussfolgerungen der Expertinnen und Experten. Am selben Tag stellte der Bundesrat Massnahmen vor, die er auf der Grundlage der Untersuchung beschlossen hatte und veröffentlichte den Bericht.72

67 68

69 70 71 72

EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019. Mehr Informationen zu den Arbeiten der EFK siehe Kap. 6.1.15.

EFK: Bericht an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte betreffend die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen durch IR-Post und EFK in der Affäre PostAuto, Bericht vom 4. Feb. 2019 (nicht veröffentlicht) RAB schliesst Überprüfung zur Revision der PostAuto Schweiz AG ab, Medienmitteilung der RAB vom 4. Dez. 2018 Mehr Informationen zu den Arbeiten der RAB siehe Kap. 6.1.13 Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019 Expertenbericht zur Corporate Governance: Bundesrat beschliesst Massnahmen.

Medienmitteilung des Bundesrates vom 26. Juni 2019. Für weitere Ausführungen zu dieser Thematik siehe Kap. 6.1.16 und 8.2.

7216

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Im Sommer 201973 kündigte der Bundesrat schliesslich an, dass sich derzeit ein Bericht über die Eigentümerstrategie für die verselbständigten Einheiten des Bundes in Erarbeitung befindet ­ dies in Erfüllung eines im März 2019 angenommenen Postulats von Ständerat Fabio Abate.74

4

Behandlung der PostAuto-Affäre durch die GPK-S

4.1

Zuständigkeitsbereich der GPK und Gegenstand des Berichts

Die GPK-S hat im Rahmen ihrer Arbeiten zur PostAuto-Affäre und angesichts der zahlreichen laufenden Verfahren (vgl. Kap. 3) der Definition und der Einhaltung ihres Zuständigkeitsbereichs besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Gemäss Artikel 26 Absatz 1 ParlG üben die GPK die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte, aber auch der anderen Träger von Bundesaufgaben aus. Somit fallen Unternehmen wie die Post ebenfalls in den Zuständigkeitsbereich der GPK. Die parlamentarische Oberaufsicht wird in diesem Zusammenhang in der Regel indirekt ausgeübt; sie besteht im Wesentlichen darin, zu prüfen, wie der Bundesrat und die Departemente die betreffenden Unternehmen beaufsichtigen und steuern. Ausserdem erfolgt sie subsidiär zur Aufsicht der unternehmensinternen Organe und des Bundes (vgl. Kap. 2.1).

Ferner üben die GPK die Oberaufsicht unter Wahrung des Prinzips der Gewaltenteilung aus. Sie dürfen Entscheide einer Verwaltungs- oder Gerichtsbehörde weder ändern noch aufheben, noch dürfen sie an deren Stelle entscheiden. Aus diesem Grund und wegen des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens befasst sich die GPK-S im vorliegenden Bericht weder mit den Verantwortlichkeiten einzelner Personen in der PostAuto-Affäre noch mit den Schlussfolgerungen der von der Post in Auftrag gegebenen Berichte oder mit der Zweckmässigkeit der in den letzten Monaten unternehmensintern getroffenen Massnahmen. Im Folgenden beurteilt die GPK-S als politisches Organ, das die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung ausübt, den ihr bekannten Sachverhalt. Sie behält sich vor, nach Abschluss der Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit PostAuto Schweiz bestimmte Aspekte dieses Dossiers zu vertiefen und ihre Beurteilung zu ergänzen.

In Anbetracht der oben genannten Erwägungen hat die GPK-S bei ihren Arbeiten den Fokus auf die folgenden zwei Fragen gerichtet: 1

73 74

Haben der Bundesrat, die zuständigen Departemente und die zuständigen Verwaltungsstellen ­ vor und nach Bekanntwerden der buchhalterischen Unregelmässigkeiten ­ Post und PostAuto angemessen beaufsichtigt und gesteuert? Gemäss ihrem gesetzlichen Auftrag hat sich die GPK-S bei ihrer Expertenbericht zur Corporate Governance: Bundesrat beschliesst Massnahmen.

Medienmitteilung des Bundesrates vom 26. Juni 2019.

Po. Abate «Eignerstrategie des Bundesrates für die verselbstständigten Einheiten des Bundes» vom 13. Dez. 2018 (18.4274).

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Beurteilung darauf konzentriert, ob die drei Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit eingehalten wurden.75 2

Können aus diesem Fall allgemeine Lehren gezogen werden in Bezug auf die Steuerung und die Beaufsichtigung der Post und der anderen bundesnahen Unternehmen durch den Bundesrat, die zuständigen Departemente und die Bundesverwaltung?

Der vorliegende Bericht enthält ausserdem ein Kapitel zu CarPostal France. Die Aktivitäten dieser Tochtergesellschaft von PostAuto Schweiz haben in den vergangenen Jahren mehrfach Fragen aufgeworfen und zu Kritik Anlass gegeben. Die GPK-N hatte sich nach der Veröffentlichung eines Urteils des Handelsgerichtes Lyon 2016 mit diesem Thema befasst. Die PostAuto-Affäre rückte dieses Dossier in ein neues Licht. Anfang Juli 2018 räumte die Post ein, dass die finanzielle Lage der PostAuto-Auslandgesellschaften unvollständig dargestellt worden war. Sie wies darauf hin, dass gemäss dem Untersuchungsbericht von Kellerhals Carrard der Verdacht naheliegt, dass die von PostAuto Schweiz unrechtmässig erwirtschafteten Gewinne dazu gedient hatten, das Auslandsgeschäft aufzubauen. Die Post ist zum Schluss gelangt, dass die überhöhten Gewinne «zu einer verstärkten Finanzkraft» von CarPostal France geführt hatten.76 Das Unternehmen kündigte daraufhin an, sich aus dem Personenverkehr in Frankreich zurückziehen zu wollen. Die GPK-S beschloss, diesen Fall aufgrund der Fragen, die er bezüglich der Steuerung bundesnaher Unternehmen aufwirft, in ihre Arbeiten einzubinden und sich dabei auf die Vorarbeiten der GPK-N zu stützen (vgl. Kap. 7).

4.2

Vorgehen der GPK-S

Die GPK-S beauftragte ihre Subkommission EDI/UVEK77, die Untersuchung zu PostAuto durchzuführen und ihr anschliessend Bericht zu erstatten. Die Subkommission befasste sich von Februar 2018 bis September 2019 an rund fünfzehn Sitzungen eingehend mit diesem Dossier und hörte dabei 25 Vertreterinnen und Vertreter der Hauptakteure in dieser Angelegenheit an (vgl. detaillierte Liste im Anhang).

Das Thema wurde ausserdem an den Sitzungen von April 2018 und 2019 zur Erreichung der strategischen Ziele der Post78 und an den GPK-Sitzungen zum Geschäftsbericht 2017 des Bundesrates behandelt. Die angehörten Personen erhielten nach der Anhörung jeweils die sie betreffenden Protokollauszüge zur Überprüfung.

75 76 77

78

Vgl. Art. 52 Abs. 2 ParlG Finanzielle Lage der PostAuto-Auslandgesellschaften unvollständig dargestellt, Medienmitteilung der Post vom 3. Juli 2018 Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-S setzt sich zusammen aus Ständerat Claude Hêche (Präsident), Ständerätin Géraldine Savary und den Ständeräten Joachim Eder, Peter Föhn und Werner Luginbühl. Aus Koordinationszwecken nahm an einem Teil der Sitzungen ausserdem der ehemalige Nationalrat Jürg Stahl teil, der bis Juni 2019 Präsident der Subkommission EDI/UVEK der GPK-N war.

Die GPK erörtern jeweils an ihrer Sitzung im April mit Vertreterinnen und Vertretern der zuständigen Departemente und der betroffenen Unternehmen die Erreichung der strategischen Ziele von Post, SBB, Swisscom und Skyguide. An diesen Sitzungen sind ausserdem Mitglieder der zuständigen Subkommissionen der FK und die Präsidentinnen bzw. Präsidenten der KVF anwesend.

7218

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Im Weiteren liess die Subkommission dem UVEK, dem Verwaltungsrat der Post, dem BAV und anderen Organen in mehreren Schreiben Fragen zukommen. Ausserdem nahm sie Kenntnis von diversen Dokumenten und Berichten, die in diesem Zeitraum erstellt wurden.79 Die GPK-S dankt allen beteiligten Akteuren für deren Mitarbeit.

Die GPK-S verfolgte im Rahmen ihrer Arbeiten die Entwicklung der verschiedenen laufenden Verfahren im Zusammenhang mit PostAuto Schweiz regelmässig (vgl.

Kap. 3 und 6). Sie hörte mehrmals Vertreterinnen und Vertreter der betroffenen Organe an, liess ihnen schriftlich Fragen zukommen und nahm Kenntnis von ihren Schlussfolgerungen und/oder Hinweisen. Besonderes Augenmerk richtete die Kommission auf die Koordination und die Abgrenzung der Kompetenzen, um sicherzustellen, dass es zu keinen Doppelspurigkeiten kommt und alle Organe ihren gesetzlichen Verantwortlichkeiten und ihren Verpflichtungen nachkommen.

Im Zusammenhang mit CarPostal France nahm die Subkommission von diversen Dokumenten Kenntnis, die aus den Abklärungen der GPK-N in den Jahren 2016 und 2017 stammen und die ihr die GPK-N freundlicherweise zur Verfügung gestellt hatte.

Auf der Grundlage dieser Informationen beschloss die Kommission, einen Bericht auszuarbeiten, um über den ihr bekannten Sachverhalt und über ihre Schlussfolgerungen zu informieren. Der Berichtsentwurf wurde den betroffenen Einheiten zur Konsultation vorgelegt (Korrektur formeller und materieller Fehler, Anmerkungen zur Veröffentlichung sensibler Informationen). Die GPK-S beriet und genehmigte schliesslich an ihrer Sitzung vom 12. November 2019 die Endfassung des Berichts sowie die darin formulierten Empfehlungen und parlamentarischen Vorstösse und liess den Bericht dem Bundesrat zukommen. An derselben Sitzung beschloss sie zudem, diesen Bericht zu veröffentlichen.

5

Ergebnisse der Untersuchungen der GPK-S: Zeitraum vor den PostAuto-Enthüllungen

In Kapitel 5 präsentiert die Kommission die Ergebnisse der Abklärungen, die sie seit Februar 2018 im PostAuto-Dossier vorgenommen hat. Ihren Zuständigkeitsbereich berücksichtigend (vgl. Kap. 4.1), hat sich die GPK-S bei ihren Arbeiten auf die Frage konzentriert, wie der Bundesrat, das UVEK und die zuständigen Verwaltungseinheiten in den letzten Jahren ihre Steuerung und Aufsicht über PostAuto ausgeübt haben. Sie unterscheidet dabei zwischen dem Zeitraum vor (2007­2017, Kap. 5) und nach (2018/19, Kap. 6) den Enthüllungen rund um PostAuto. Die Kommission präsentiert jeweils den ihr bekannten Sachverhalt und nimmt anschliessend eine Beurteilung aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht vor.

Im Mittelpunkt von Kapitel 5 und 6 stehen die Aspekte, die direkt mit der PostAutoAffäre in Zusammenhang stehen. Die allgemeinen Lehren, die aus diesem Fall gezogen werden können, finden sich in Kapitel 8.

79

Sämtliche eingesehenen Dokumente werden in diesem Bericht fortlaufend in den Fussnoten aufgeführt.

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Die GPK-S berücksichtigt im ersten Teil ihrer Analyse (Kap. 5) den ihr bekannten Sachverhalt ab 2007, d. h. den Zeitraum, den der Bericht des BAV80 behandelt, in welchem die Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto zutage gefördert wurden.

Auf der Grundlage der Abklärungen von 2018 ist die Post zum Schluss gekommen, dass die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto bereits auf das Jahr 2004 zurückgeht.81 Angesichts der unzureichenden Qualität der verfügbaren Daten ist eine detaillierte Untersuchung des Zeitraums vor 2007 allerdings nicht möglich (vgl. Kap. 6.1.8).

Die Kommission erinnert daran, dass der Zeitraum, der in diesem Kapitel behandelt wird, derzeit Gegenstand eines Verwaltungsstrafverfahrens des Fedpol ist (vgl. Kap.

6.1.3). Aus Gründen der Gewaltenteilung nimmt die GPK-S im Folgenden keine Beurteilung allfälliger individueller Verantwortlichkeiten in der PostAuto-Affäre vor, weder was die Post noch die Bundesbehörden oder sonstige Beteiligte angeht.

Die Kommission behält sich die Möglichkeit vor, ihre Beurteilung zu ergänzen, sobald die Ergebnisse des Verwaltungsstrafverfahrens vorliegen.

Exkurs:

Buchungsunregelmässigkeiten bei der PostAuto Schweiz AG nach aktuellem Kenntnisstand (Stand: Ende September 2019)82

Das BAV stellte im Rahmen einer ordentlichen Revision, deren Ergebnisse im Februar 2018 veröffentlicht wurden, fest, dass die Gewinne, die PostAuto zwischen 2007 und 2015 im Bereich des subventionierten RPV erzielt hatte, höher waren als vom Unternehmen ausgewiesen und diese Gewinne durch illegale Buchungsmanipulationen in andere Bereiche verschoben worden waren.

PostAuto ist gesetzlich dazu verpflichtet, dem BAV jährlich eine Betriebskosten- und Leistungsrechnung (vgl. Kap. 2.3) vorzulegen, die Auskunft gibt über die Ausgaben und Einnahmen des Unternehmens im subventionierten RPV. Diese Rechnung ist eine wichtige Informationsgrundlage für die späteren Abgeltungsverhandlungen.

Die Abklärungen von Frühjahr 2018, namentlich jene von Kellerhals Carrard im Auftrag der Post,83 zeigten, dass die dem BAV von PostAuto vorgelegte jährliche Buchhaltung eine zusätzliche, für das Bundesamt nicht erkennbare Bu80 81 82

83

Revisionsbericht des BAV vom 1.2.2018 «PostAuto: Analyse Umbuchungen vor 2007», Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5.9.2018 Hauptquellen: Revisionsbericht des BAV vom 1. Febr. 2018; Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard; Externe Untersuchung und Gutachten bestätigen inakzeptables Fehlverhalten ­ Post-Verwaltungsrat zieht die Konsequenzen, Medienmitteilung der Post vom 11. Juni 2018 (Anhang: Sachverhaltsübersicht) Es gilt darauf hinweisen, dass die Abklärungen, die Kellerhals Carrard im Auftrag der Post vorgenommen hat, gewisse Grenzen aufweisen. Aufgrund des Vorrangs des Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol beschränkte sich die Untersuchung von Kellerhals Carrard auf Unterlagen, die vor März 2018 zusammengetragen worden waren. Den Verfassern war es dadurch nicht möglich, die erhobenen Informationen auf ihre Plausibilität zu prüfen und den betroffenen Personen rechtliches Gehör zu verschaffen. Dies hatte zur Folge, dass verschiedene im Bericht genannte Personen dessen Inhalt bestritten. Für weitere Informationen siehe Kap. 6.1.4.

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chungsperiode («Buchungsperiode 15») umfasste, in der die Gewinne aus den subventionierten Bereichen mittels verschiedener Buchungsmanipulationen in andere Bereiche verschoben worden waren.

Diese Buchungsmanipulationen hatten zur Folge, dass in der Betriebsrechnung von PostAuto der tatsächliche Gewinn nicht im Bereich RPV, sondern in der Rubrik «Sonstiges» ausgewiesen wurde. Das Manipulationssystem bestand aus einer Vielzahl von direkten und indirekten Buchungen (rund 200 000), durch die dem Bereich RPV fiktive Kosten ­ z. B. für nie beschaffte Pneus ­ in Rechnung gestellt wurden, die dann als Einnahmen unter «Sonstiges» verbucht wurden. So wurde der Gewinn aus dem RPV, der gegenüber dem Besteller ausgewiesen wurde, künstlich verringert, wodurch PostAuto deutlich zu hohe Abgeltungen verlangen konnte.

Zwischen 2007 und 2015 deklarierte PostAuto gegenüber dem BAV jährliche Gewinne von insgesamt rund 16 Millionen Franken (siehe Anhang 4). Die Berechnungen des Bundes und der Kantone im Jahr 2018 ergaben, dass das Unternehmen in diesem Zeitraum durch Buchungsmanipulationen Gewinne von rund 90,5 Millionen Franken verschleiert hatte. Zusätzliche Abklärungen zeigten zudem, dass im Auftrags- und Ortsverkehr unrechtmässige Umbuchungen in Höhe von ungefähr 16,6 Millionen Franken getätigt worden waren (vgl. Kap. 6.1.7).

Die Untersuchungen von Kellerhals Carrard lassen vermuten, dass die Führung von PostAuto und Teile der Leitung des Postkonzerns sehr wahrscheinlich von der unrechtmässigen Buchungspraxis bei PostAuto wussten.

Anfang 2013 war PostAuto von der Konzernleitung beauftragt worden, ein Projekt zum Sicherung seiner Gewinne durchzuführen. PostAuto reorganisierte in der Folge seine Unternehmensstruktur. Das neue Modell, das «Impresa» getauft wurde, sah die Schaffung verschiedener PostAuto-Tochtergesellschaften vor (siehe Kap. 5.1.6). Die neue Struktur, die am 1. Januar 2016 eingeführt wurde, diente dazu, die erzielten Gewinne durch interne Leistungsverrechnungen zu verschleiern: Die Idee war, dass die PostAuto Schweiz AG bei den anderen Unternehmen der PostAuto-Gruppe zu überhöhten Preisen Leistungen einkauft, um so ihren tatsächlich erzielten Gewinn auf die verschiedenen Tochterunternehmen zu verteilen, ohne fiktive Transfers vornehmen zu müssen. Die ordentliche Revision des BAV, durch welche die
PostAuto-Affäre bekannt wurde, erfolgte nach dem Inkrafttreten dieser Reorganisation. Die im Rahmen dieser neuen Struktur im Zeitraum von 2016 bis 2018 erzielten Gewinne wurden auf insgesamt 54,3 Millionen Franken geschätzt (siehe Kap. 6.1.7).

Sowohl der Revisionsbericht des BAV als auch die Abklärungen von Kellerhals Carrard beschränkten sich aufgrund der Verjährung allfälliger früherer Verstösse auf den Zeitraum 2007 bis 2015. Zusätzliche Abklärungen der Post haben allerdings ergeben, dass bei PostAuto bereits ab 2004 illegale Transfers stattfanden.

Aufgrund der schlechten Datenqualität war es bislang jedoch nicht möglich, die Gründe für die Einführung dieses Systems in Erfahrung zu bringen (siehe Kap. 6.1.8).

7221

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5.1

Sachverhalt: Steuerung und Aufsicht von PostAuto durch die Bundesbehörden

5.1.1

2007­2015: Subventionsrechtliche Überprüfungen durch das BAV

Die Informationen der GPK-S84 zeigen, dass das BAV als zuständiges Aufsichtsorgan für die Unternehmen des RPV zwischen 2007 und 2015 regelmässig subventionsrechtliche Überprüfungen der Rechnungen von PostAuto sowie punktuell vertiefte Prüfungen vornahm.85 Das Bundesamt ersuchte PostAuto in diesem Rahmen mehrfach um Präzisierungen und Korrekturen zu den Rechnungen und Offerten des Unternehmens. Dabei ging es namentlich um die Gründe für Provisionen, die Verzinsung des Eigenkapitals, Unter-Null-Abschreibungen oder Abgrenzungen für Management-Fees.86 In einem Bericht von Februar 2012 kritisierte das BAV beispielsweise die mangelnde Transparenz des Management-Fee-Systems der Post und sprach hierzu Empfehlungen aus.87 Das BAV verlangte nach eigener Aussage zwischen 2007 und 2011 von PostAuto Korrekturen um insgesamt 13,7 Millionen Franken.88 Die von der GPK-S gesammelten Informationen zeigen allgemein, dass das BAV und die Kantone in den untersuchten Jahren bei ihren Verhandlungen mit PostAuto im Bereich des subventionierten RPV regelmässig auf Schwierigkeiten stiessen. Die vom Unternehmen vorgelegten Offerten waren häufig überbewertet und mussten von den Bestellern (Bund und Kantone) kritisch geprüft werden. 89 Die Revisionsarbeiten des BAV in diesem Zeitraum führten allerdings nicht zur Aufdeckung des illegalen Buchungssystems von PostAuto. So kam das Bundesamt im Rahmen der vertieften Prüfung von 2010 zum Schluss, dass die Rechnungen der PostAuto-Linien im subventionierten RPV korrekt erstellt wurden, und erkannte keine Quersubventionierungen.90

5.1.2

2011: Gespräche des UVEK und der EFV mit der Post zu den Zielen von PostAuto

Beim Quartalsgespräch des UVEK und der EFV (Vertretung des Posteigners Bund) mit der Post am 8. September 2011 wurde von der Post geltend gemacht, dass PostAuto «divergierenden Vorgaben» aus der Gesetzgebung zum regionalen Personenverkehr, die eine branchenübliche Rendite von null vorsieht, sowie den strategischen Zielen des Bundesrates, die eine Steigerung des Unternehmenswerts und branchenübliche Renditen vorsehen, ausgesetzt ist. 91 Die damalige Vorsteherin des UVEK 84 85 86 87 88 89 90 91

Mehr dazu insbesondere im Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 1067 ff.

Zu den Rechtsgrundlagen dieser Kontrollen vgl. Kap. 2.3 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 1076 ff.

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 1080 Revisionsbericht des BAV vom 1. Febr. 2018, S. 11 Vgl. insbesondere Kap. 5.1.3 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffern 1077/1078 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018.

Vgl. Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 433 ff.

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teilte der GPK-S mit, dass «in der Folge [...] Überlegungen zu einer möglichen Anpassung der strategischen Ziele im Bereich des Personenverkehrs vorgenommen» wurden.92 Diese Überlegungen blieben aber ­ soweit der GPK-S bekannt ist ­ ergebnislos und die strategischen Ziele wurden in den nachfolgenden Jahren nicht grundlegend geändert.

Anfang November 2019 erschienen in der Presse neue Informationen über die Sitzung vom 8. September 2011. Gemäss gewisser Medienberichte war die Führung des UVEK an der entsprechenden Sitzung von der unrechtmässigen Buchungspraxis bei PostAuto in Kenntnis gesetzt worden.93 Die betreffenden Artikel verweisen auf eine Grafik über die Gewinne der verschiedenen kantonalen Abteilungen von PostAuto. Die GPK-S hat sich beim UVEK über den Inhalt der an dieser Sitzung vorgelegten Unterlagen erkundigt. Das UVEK hat der Kommission mitgeteilt, dass die fragliche Grafik nicht Teil der am 8. September 2011 vorgelegten Unterlagen war, sondern vermutlich aus einer unternehmensinternen Präsentation vom Juni 2011 stammt.94 Die GPK-S kann anhand der ihr derzeit vorliegenden Informationen nicht darauf schliessen, dass das UVEK im September 2011 über die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto informiert wurde oder ihm Unterlagen vorgelegt wurden, die offensichtliche Hinweise darauf enthielten. Die GPK-S wird diesen Punkt jedoch weiterhin verfolgen. Sie behält sich die Möglichkeit vor, ihre Einschätzung zu einem späteren Zeitpunkt anzupassen, sollte sie ­ namentlich nach Beendigung des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens ­ entscheidende neue Informationen erhalten.

Nach Kenntnis der GPK-S wurden die PostAuto-Aktivitäten vom UVEK und der EFV in den Quartalsgesprächen mit der Post bis August 2017 nicht mehr thematisiert (vgl. Kap. 5.1.7), mit Ausnahme der Sondersitzung vom 26. November 2012 im Beisein von Vertreterinnen und Vertretern des BAV (vgl. Kap. 5.1.5) und einiger Diskussionen über CarPostal France (vgl. Kap. 7).

5.1.3

2011/2012: Hinweise der kantonalen Behörden an das BAV

Die Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV) richtete im Juli 2011 ein Schreiben an das BAV betreffend die finanzielle Lage von PostAuto.95 In diesem verwies die KöV darauf, dass das Unternehmen in den Vorjahren erhebliche Gewinne erzielt hatte, und schloss daraus, dass die Kantone und der Bund zu hohe Abgeltungen an PostAuto entrichtet hatten. Die KöV bedauerte ausserdem die fehlende Reaktion des BAV und die mangelnde Transparenz von PostAuto angesichts der in den Regionen erzielten Gewinne.

92 93

94 95

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 «PostAuto-Bschiss: UVEK-Spitze war über Gewinne im Bild» in: Blick, 9. Nov. 2019; «PostAuto-Bschiss: Bundesrätin Doris Leuthard handelte nicht» in: Blick, 9. Nov. 2019; «Doris Leuthard gerät in den Strudel der Postauto-Affäre». In: Tages Anzeiger, 11. Nov.

2019.

E-Mail des GS-UVEK an die GPK-S vom 11. Nov. 2019 Schreiben der KÖV an das BAV vom 5. Juli 2011. Vgl. Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 426.

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Das BAV erklärte in seiner Antwort, dass die von der KöV aufgeführten Beträge nicht korrekt waren und dass der Gewinn von PostAuto ab 2010 massiv geschmälert wurde.96 Das BAV unterstrich ferner, dass es das Unternehmen regelmässig überprüft und dass gesetzliche Anpassungen vorgenommen wurden, um die Transparenz bei der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs zu erhöhen. Es verwies darauf, dass die Kantone über alle erforderlichen rechtlichen Instrumente verfügen, um Verhandlungen mit PostAuto zu führen, und selbst dafür verantwortlich sind, diese Instrumente auch zu nutzen. Das Bundesamt sah deshalb keinen Handlungsbedarf.

Im Juli 2012 wendeten sich vier Kantone per Schreiben an das BAV, um diesem ihre Unzufriedenheit über die Offerten von PostAuto für das Jahr 2013 kund zu tun.97 Sie bedauerten darin die Tariferhöhungen und die mangelnde Transparenz des Unternehmens, die eine genaue Überprüfung der Offerten verunmögliche. Sie äusserten die Meinung, dass PostAuto von der öffentlichen Hand zu hohe Abgeltungen für den RPV verlangt und diese zweifelsohne für die Subventionierung nicht abgegoltener Bereiche verwendet. Die vier Kantone ersuchten das BAV um Einsicht in die Rechnung von PostAuto und forderten das BAV auf, von seinem Recht Gebrauch zu machen, in die gesamte Geschäftsführung des Unternehmens Einsicht zu nehmen.

Das BAV schrieb den Kantonen in seiner Antwort vom 20. August 2012, dass es PostAuto um zusätzliche Informationen gebeten und eine Korrektur der vorgelegten Offerten verlangt hat.98 Das BAV teilte mit, dass es eine gewisse Zunahme der von PostAuto verlangten Abgeltungen nachvollziehen kann, diese aber «durch Effizienzsteigerungen, Synergien und Mehrerlöse» unternehmensintern kompensiert werden muss.

5.1.4

2012: Neue strategische Ziele der Post

Am 14. Dezember 2012 verabschiedete der Bundesrat die strategischen Ziele der Post für den Zeitraum 2013­201699. In Bezug auf PostAuto wiesen diese keine grossen Änderungen gegenüber den vorherigen Zielen100 auf. Die einschlägigen Stellen der verschiedenen Ausgaben der strategischen Ziele finden sich in Anhang 3.

5.1.5

2012­2014: Hinweise des Preisüberwachers

2012 zeigte der Preisüberwacher im Rahmen einer Überprüfung der Ticketpreise im öffentlichen Verkehr in der Schweiz auf, dass hohe Differenzen zwischen dem 96

Schreiben des BAV an die KÖV vom 12. Sept. 2011. Vgl. Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 427 ff.

97 Schreiben der Kantone Jura, Neuenburg, Bern und Waadt an das BAV vom 20. Sept. 2012 98 Schreiben des BAV an die Kantone Jura, Neuenburg, Bern und Waadt sowie an PostAuto vom 20. Aug. 2012 99 Strategische Ziele des Bundesrates für die Schweizerische Post AG 2013­2016 (BBl 2012 9741) 100 Strategische Ziele des Bundesrates für die Schweizerische Post AG 2010­2013 (BBl 2010 449)

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PostAuto-Betriebsergebnis nach internationalen Standards und dem Ergebnis, das dem BAV gemäss Subventionsrecht vorgelegt worden war, bestehen. Da ihn die Erläuterungen von PostAuto auch nach der mehrmaligen Bitte um Präzisierung nicht überzeugten, wendete sich der Preisüberwacher ab November 2012 an das BAV. 101 In diesem Zusammenhang fand am 26. November 2012 ein Treffen von Vertreterinnen und Vertretern des BAV und einer Delegation von Post und PostAuto statt, an dem auch Vertreterinnen und Vertreter des GS-UVEK und der EFV teilnahmen.

UVEK, EFV und BAV teilten der Post bei dieser Gelegenheit mit, dass «im abgegoltenen regionalen Personenverkehr eine branchenübliche Rendite von null gilt» und in diesem Bereich keine Gewinne erwartet werden.102 Laut UVEK gab es in der Folge «keine Anhaltspunkte, dass für die Post weiterhin Unklarheiten in Bezug auf die Vorgaben der Besteller und die strategischen Zielen des Bundesrates bestehen».103 Das Thema sei dann auch nicht mehr an einem Postrapport traktandiert worden. Die damalige Vorsteherin des UVEK erklärte gegenüber der GPK-S, dass PostAuto ab diesem Zeitpunkt die Unrechtmässigkeit seiner Praktiken hätte klar sein müssen.104 Zwischen November 2012 und August 2013 tauschten sich der Preisüberwacher, das BAV und PostAuto mehrfach über die Gewinne des Unternehmens aus. An einer Sitzung mit Vertreterinnen und Vertretern des BAV und von PostAuto, die am 6. März 2013 stattfand, stellte der Preisüberwacher mehrere Fragen zu diesem Thema, um zu gewährleisten, dass alle Beteiligten denselben Informationsstand haben.105 Weitere Kontakte mit dem Bundesamt folgten im April und Mai 2013. Der Preisüberwacher wollte sicherstellen, dass das Thema der PostAuto-Gewinne auf den Radar des BAV gelangen.106 In einem internen Bericht von Sommer 2013 kam der Preisüberwacher zum Schluss, dass die Hauptverantwortung für die Klärung der PostAuto-Gewinne beim BAV liegt.107 Er informierte sich zwischen November 2013 und Oktober 2014 beim Bundesamt regelmässig über den Stand der Arbeiten. In der Folge war das PostAuto-Dossier bis 2017 kein Thema mehr zwischen Preisüberwacher und BAV.108 Gegenüber der GPK-S bedauerte der Preisüberwacher die fehlende Transparenz und den Mangel an Kooperationsbereitschaft ihm gegenüber seitens der Post. Laut Preisüberwacher «unternahm [die Post] Schritte, um aktiv zu verhindern, dass man sieht, was passiert ist».109 Er erklärte, er habe ausserordentliche Massnahmen ergrei101 102 103 104 105

106 107 108 109

Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018. Vgl. auch Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffern 449 ff. und 1082 ff.

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018 Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018. Gemäss dem Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard (Randziffer 1091) entsprechen die Beträge für das Jahr 2011, die der Preisüberwacher an dieser Sitzung hervorhob, im Grossen und Ganzen den Buchungsmanipulationen von PostAuto in diesem Jahr.

Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018

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fen müssen, um an Informationen zu gelangen (persönliches Schreiben an die Direktorin der Post, Eröffnung eines formellen Verfahrens gegen den Konzern).110 Auf die Frage, wie das BAV auf die Hinweise des Preisüberwachers reagiert habe, antwortete das UVEK, dass das Bundesamt 2013 mehrere Fragen an PostAuto zu den Verrechnungen von Management Fees und Lizenzkosten sowie zu den vom Preisüberwacher festgestellten Differenzen bei den ausgewiesenen Gewinnen gerichtet hatte.111 Das Departement erklärte ausserdem, dass diese Hinweise das BAV veranlasst hatten, die Zinskosten bei der Beschaffung von PostAuto-Fahrzeugen zu überprüfen, was 2015 wiederum zur Anwendung einer neuen Methode zur Bestimmung des Zinssatzes für die Offerten des Unternehmens geführt hatte.112

5.1.6

2013­2015: Ausarbeitung des Projekts «Impresa»

Ab März 2013, d. h. nach dem Tätigwerden des Preisüberwachers und der Kantone,113 begann PostAuto mit der Reorganisation seiner Unternehmensstruktur und seiner Finanzflüsse. Dies hatte gemäss den Untersuchungen von Kellerhals Carrard das Ziel, die unrechtmässigen Erträge zu verschleiern.114 Das Modell, für das man sich schliesslich entschied, wurde «Impresa» getauft und sah die Schaffung verschiedener PostAuto-Tochtergesellschaften (Holdingstruktur115) sowie Leistungsverrechnungen zwischen den verschiedenen Gesellschaften auf der Grundlage eines Transferpreiskonzepts116 vor. Der damalige externe Revisor der Post, KPMG, war mit Beratungsleistungen an der Ausarbeitung des neuen Modells beteiligt.

Mit Schreiben vom 31. März 2014 informierte PostAuto das BAV über die geplante Reorganisation und lud das Bundesamt ein, Stellung dazu zu nehmen. 117 Das BAV schrieb in seiner Antwort vom 15. Mai 2014, dass es PostAuto freigestellt ist, wie es sich organisatorisch aufstellt, und es nicht die Aufgabe des Bundesamtes ist, eine solche Umstrukturierung zu genehmigen. 118 Es erinnerte aber daran, dass das Unternehmen verpflichtet ist, die Bestimmungen des PBG und die Rechtsvorgaben für die Buchführung der konzessionierten Unternehmen einzuhalten. Das BAV zeigte sich zudem skeptisch angesichts der Auswirkungen zusätzlicher Tochtergesellschaften auf die Kosteneffizienz. Es betonte die Bedeutung einer transparenten und nachvoll110 111 112 113 114 115

Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 451 ff.

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 468 ff.

Eine neue Muttergesellschaft (PostAuto Management AG) wurde gegründet mit folgenden sieben Tochtergesellschaften: PostAuto Fahrzeuge AG, PostAuto Mobilitätslösungen AG, PostAuto Produktions AG, PostAuto Schweiz AG, PubliBike AG, CarPostal France SA, PostAuto Liechtenstein Anstalt AG. Vgl. Revisionsbericht des BAV vom 1. Febr. 2018, Kap. 2.3.2.

116 Transferpreis: Verrechnung von Gütern und Dienstleistungen zwischen Gesellschaften eines Konzerns, im vorliegenden Fall die Post AG.

117 Schreiben von PostAuto an das BAV vom 31. März 2014 118 Schreiben des BAV an PostAuto vom 15. Mai 2014; vgl. auch Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 und Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 534.

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ziehbaren Buchführung und gab zu verstehen, entsprechende Kontrollen durchführen zu wollen. Ferner anerkannte es im selben Schreiben, dass die strategischen Ziele des Bundesrates für die Post119 zu einem Zielkonflikt mit den Vorgaben des Bestellverfahrens nach PBG führen; das BAV behauptete allerdings, dass diese Divergenz mit der Neuausrichtung von PostAuto «nicht mehr bestehen» würde. 120 PostAuto versicherte per Schreiben vom 16. Juni 2014, dass mit der neuen Unternehmensstruktur die Effizienz gesteigert werden kann, und dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.121 Die neue Struktur wurde am 19. November 2014 von der Geschäftsleitung der Post genehmigt. Sie bedurfte keiner formellen Genehmigung des Verwaltungsrates, da ihre finanziellen Auswirkungen unter 10 Millionen Franken lagen.122 Allerdings wurden die Grundzüge des Projekts vorab dem Verwaltungsratsausschuss «Organisation, Nomination & Remuneration» an dessen Sitzung vom 22. April 2014 präsentiert.123 Die neue Struktur wurde am 1. Januar 2016 eingeführt.

Die damalige Vorsteherin des UVEK teilte der GPK-S mit, dass das Projekt «Impresa» zu jener Zeit nicht bei den vierteljährlichen Eignergesprächen thematisiert wurde. Dies entspricht nach Ansicht des UVEK der Corporate Governance des Bundes, «wonach der Bundesrat [...] auf die operativen Entscheide des Unternehmens keinen Einfluss nimmt. Die organisatorische Ausgestaltung eines Unternehmensbereiches liegt damit in der Kompetenz der Post.»124 Sie erklärte ausserdem, dass im Mittelpunkt der damaligen Gespräche zwischen Bund und Post hauptsächlich andere sehr komplexe Themen wie die Umwandlung der Post in eine spezialgesetzliche Aktiengesellschaft standen.125

5.1.7

2015­2017: Vertiefte Prüfung des BAV

Nach der Ankündigung der Neuausrichtung von PostAuto («Impresa») beschloss das BAV 2015, das neue Holdingmodell von PostAuto einer vertieften subventionsrechtlichen Prüfung zu unterziehen, da ihm die Reorganisation verdächtig erschien.

Aufmerksamkeit zogen auch die «unrealistischen Gewinnmargen in den Nebengeschäftsbereichen» auf sich.126 Die interne Revisionsstelle des BAV wurde mit der Überprüfung des Jahres 2016 (des ersten Geschäftsjahres nach der Neuausrichtung) beauftragt. Diese Prüfung wurde der Post am 2. September 2016 angekündigt.127

119 120 121 122 123 124 125 126 127

Die GPK-S geht davon aus, dass hier insbesondere die strategischen Ziele zum Wachstum und zur Rentabilität des Unternehmens gemeint sind.

Schreiben des BAV an PostAuto vom 15. Mai 2014 Schreiben von PostAuto an das BAV vom 16. Juni 2014 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzungen vom 2. Juli 2018 und 17. Okt. 2018 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 532 ff.

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018

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Aus den von der GPK-S gesammelten Informationen geht hervor, dass das UVEK als Eignerdepartement 2015 und 2016 nicht vom Verdacht des BAV gegen PostAuto in Kenntnis gesetzt wurde.

Das BAV stiess im Rahmen seiner Revisionstätigkeit schnell auf Probleme beim Zugang zu den erforderlichen Informationen, da ihm die Post nur Einblick in die Geschäftstätigkeit der PostAuto Schweiz AG gewährte, die Einsichtnahme in die Unterlagen der neuen Tochtergesellschaften von PostAuto aber verwehrte. 128 Der Verwaltungsratsausschuss «Audit, Risk & Compliance» der Post befasste sich ab November 2015 mehrfach mit dieser Frage, wies das Informationsbegehren des BAV aber systematisch ab.129 An dieser Position wurde bis Herbst 2017 festgehalten (vgl. unten).

Die Vertreterinnen und Vertreter des BAV erklärten gegenüber der GPK-S, dass die Post erhebliche Mittel aufgewendet habe, um die Einsichtnahme in die Geschäfte ihrer Tochtergesellschaften zu verhindern. Der Konzern habe seinen Rechtsdienst sowie externe Berater bemüht und seine Praxis mit Rechtsgutachten gerechtfertigt, in die das BAV niemals Einsicht erhalten habe. Gespräche mit der internen Revision der Post wurden dem BAV verwehrt.130 Mit Schreiben vom 14. August 2017 teilte das BAV der Direktorin der Post seinen Verdacht mit, dass bei PostAuto im Geschäftsjahr 2016 unerlaubte Quersubventionierungen vorgenommen wurden. Ausserdem wies es auf seine erfolglosen Bemühungen um die nötigen Auskünfte hin.131 Die Direktorin der Post und der Direktor von PostAuto erklärten in ihrem Antwortschreiben vom 23. August 2017, dass sie das Finanzmodell von PostAuto für gesetzeskonform erachten.132 Das Schreiben des BAV wurde an der Sitzung des Verwaltungsratsausschusses «Audit, Risk & Compliance» vom 28. August 2017 erwähnt.133 Parallel dazu wurde das UVEK anlässlich des Amtsrapportes mit dem BAV vom 21. August 2017 über die Problematik rund um die Einsicht des BAV in die Unterlagen von PostAuto informiert. Die damalige Vorsteherin des UVEK erklärte gegenüber der GPK-S, dass sie bei dieser Gelegenheit Kritik am Verhalten der Post übte und die Direktorin der Post persönlich zur Kooperation aufforderte.134 Danach sicherte der Konzern dem BAV seine volle Unterstützung zu und legte diesem die gewünschten Unterlagen vor.

Der Post-Verwaltungsratspräsident räumte gegenüber der GPK-S ein,
dass die Weigerung des Konzerns, während Jahren die gewünschten Unterlagen herauszugeben, nicht in Ordnung und die Zusammenarbeit zwischen Post und BAV mangelhaft war.135 Er kündigte an, dass die Post ihre Lehren aus diesem Fall ziehen wird. Die damalige Vorsteherin des UVEK betonte, dass die Post nach der Intervention des 128 129 130 131 132 133 134 135

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018.

Vgl. auch Revisionsbericht des BAV vom 1.2.2018, Kap. 3.2.

Vgl. insbesondere Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 543 ff.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 554 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 555 Zusatzbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 160 ff.

Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Apr. 2018

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Departements uneingeschränkt kooperativ gewesen ist.136 Sie teilte der Kommission des Weiteren mit, dass das GS-UVEK und die EFV ihrerseits noch keinen Fall erlebt haben, «bei welchem die Post einer Aufforderung nach Informationen nicht erwartungsgemäss nachgekommen wäre» und für das Departement «daher keine Massnahmen zur Erhöhung der Kooperationsbereitschaft der Post zur Diskussion» standen.137 Die vertiefte Prüfung des BAV ergab, dass durch die Überfakturierungen zwischen den PostAuto-Tochtergesellschaften für das Jahr 2016 ein Gewinn von rund 15 Millionen Franken verschleiert wurde.138 Vor diesem Hintergrund nahm das Bundesamt in der Folge eine eingehende Prüfung der Rechnung von PostAuto für das Jahr 2015 sowie für die Rechnungsperiode 2007­2014 vor. Es kam zum Schluss, dass PostAuto durch umfangreiche unrechtmässige Umbuchungen im Zeitraum 2007­2016 Gewinne von rund 107 Millionen Franken verschleiert hatte.139 Der Schlussbericht der Revision des BAV wurde am 14. November 2017 der Post zur Stellungnahme unterbreitet.140 Am selben Tag wurde der Bericht entsprechend den Bestimmungen des FKG auch der EFK zugestellt, welche wiederum den Bundesrat und die FinDel in Kenntnis setzte. Die GPK wurden hingegen erst mit der Veröffentlichung des Schlussberichts des BAV am 6. Februar 2018 informiert.

5.1.8

2007­2017: Aufsichtstätigkeit der Eidgenössischen Finanzkontrolle

Die GPK-S befasste sich im Rahmen ihrer Arbeiten auch mit der Aufsicht der EFK über PostAuto im betreffenden Zeitraum. Die Vertreterinnen und Vertreter der EFK teilten der Kommission mit, dass das letzte Audit zur Post im Jahr 2010 stattgefunden hatte.141 Sie räumten ein, die bundesnahen Unternehmen seien von der EFK in der Vergangenheit nur schwach geprüft worden.142 Allerdings habe man 2014 die «Risikobetrachtung überarbeitet und im Bereich der Bundesunternehmen einen stärkeren Fokus gesetzt». Ein neues Audit der Post ­ zum Thema der Eignerrisiken ­ war für 2018 vorgesehen. Diese Überprüfung wurde nach der Enthüllung der PostAuto-Affäre um zusätzliche Aspekte erweitert.143 Im Laufe des Jahres 2018 führte die EFK aus eigener Initiative eine interne Analyse durch, um zu ermitteln, ob die Interne Revision der Post und die EFK in der PostAu136 137 138 139 140

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018 Revisionsbericht des BAV vom 1.2.2018, Kap. 3 Revisionsbericht des BAV vom 1.2.2018, Kap. 3 Der Post-Verwaltungsratspräsident erklärte, dass er zu diesem Zeitpunkt das erste Mal über unrechtmässige Umbuchungen bei PostAuto informiert wurde. Zuvor sei nur vom Verdacht auf Verstösse gegen das Subventionsgesetz die Rede gewesen (Anhörung vom 2. Juli 2018).

141 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 24. Apr. 2018; dieses Audit befasste sich mit dem «Business Continuity Management» der Post.

142 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzungen vom 24. Apr. 2018 und 17. Okt. 2018 143 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzungen vom 24. Apr. 2018 und 17.Okt. 2018. Zum Audit 2018 vgl. auch Kap. 6.1.15 und 7.2.

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to-Affäre ihre sich aus dem FKG ergebenden Pflichten erfüllt hatten. Aus dem entsprechenden Bericht vom 4. Februar 2019144 geht hervor, dass zwischen 2007 und 2016 jährliche Treffen zwischen der EFK und der internen Revision der Post stattfanden, die EFK in diesem Zeitraum aber nur eine begrenzte Aufsicht über die Post wahrnahm. So verzichtete sie insbesondere auf eine systematische Prüfung der ihr vorgelegten Berichte und auf die Nachforderung bestimmter fehlender Unterlagen.145 Zudem erfüllte sie während mehrerer Jahre nicht ihre Pflicht zur periodischen Beurteilung der Wirksamkeit der internen Revisionsstelle der Post (alter Art. 11 Abs. 2 FKG146). Der Bericht zeigt auch, dass die EFK gegenüber der Post eine sehr grosszügige Auslegung der Meldepflicht vertrat und dieser dadurch einen grossen Handlungsspielraum liess.147 Laut EFK deuteten die Unterlagen, die ihr in diesem Zeitraum von der Post vorgelegt wurden, allerdings nie auf grössere Probleme innerhalb des Konzerns hin.148 Die EFK übt in ihrem Bericht Kritik an der Rolle der internen Revision der Post. Die Beurteilung der EFK wird allerdings von der damaligen Chefin der internen Revision entschieden in Frage gestellt.149 Die GPK-S verzichtet vorerst darauf, dieses Thema zu vertiefen, da es Untersuchungsgegenstand des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens sein könnte. Sie wird im Rahmen ihrer Nachkontrolle zur vorliegenden Inspektion prüfen, ob dieser Aspekt vertieft werden soll.

5.2

Beurteilung

Im Folgenden bewertet die GPK-S die Aufsicht der zuständigen Bundesbehörden (UVEK, EFV, BAV und EFK) über PostAuto zwischen 2007 und 2017. Die allgemeinen Schlussfolgerungen, die sich für diesen Zeitraum ziehen lassen und alle bundesnahen Unternehmen betreffen, finden sich in Kapitel 8. Im Text wird in Klammern auf die entsprechenden Empfehlungen verwiesen.

Soweit die GPK-S feststellen konnte, ist der Bundesrat zwischen 2007 und 2017 als oberste Aufsichts- und Steuerungsbehörde der Post erst am 14. November 2017 durch die EFK über spezifische Probleme im Zusammenhang mit PostAuto informiert worden (vgl. Kap. 6.1.1).

144

145 146 147

148 149

EFK: Bericht an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte betreffend die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen durch IR-Post und EFK in der Affäre PostAuto, Bericht vom 4. Febr. 2019 (unveröffentlicht). Die GPK-S hält fest, dass die EFK in diesem Bericht ihr eigenes Vorgehen kritisch hinterfragt. Diese Analyse hat also nicht die Wertigkeit einer unabhängigen externen Prüfung. Der Berichtsinhalt muss also mit einer gewissen Vorsicht betrachtet werden.

Bericht der EFK vom 4. Febr. 2019 (unveröffentlicht), Kap. 3.1 Seit der letzten Revision des FKG (Inkrafttreten 1. Jan. 2018) unterliegen die internen Revisionsstellen der bundesnahen Unternehmen nicht mehr Artikel 11 FKG.

Bericht der EFK vom 4. Febr. 2019 (unveröffentlicht), Kap. 3.1, Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK vom 24. Apr. 2018. Die EFK teilte der Post im November 2011 mit, dass sie der Meinung ist, die interne Revisionsstelle der Post sei keine Revisionsstelle im Sinne von Artikel 11 FKG und habe deshalb keine Meldepflicht gegenüber der EFK.

Bericht der EFK vom 4. Febr. 2019 (unveröffentlicht), Kap. 3.1 Bericht der EFK vom 4. Febr. 2019 (unveröffentlicht), Kap. 2

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Angesichts des laufenden Strafverfahrens bewertet die GPK-S im folgenden Kapitel die Einzelheiten der Buchungspraxis bei der Post und bei PostAuto für die Jahre 2007 bis 2017 nicht. Im Allgemeinen hält die Kommission dennoch fest, dass sie die im Unternehmen festgestellten illegalen Handlungen zutiefst bedauert. Aus ihrer Sicht ist es unverständlich, dass diese entstehen konnten und über viele Jahre hinweg bestanden, ohne von den unternehmensinternen oder -externen Aufsichtsorganen entdeckt und dem Eigentümer gemeldet zu werden. Diese Situation ist unannehmbar, insbesondere seitens eines Unternehmens, bei dem der Bund Alleinaktionär ist und dem daher wiederum ein erhöhter Vorbildcharakter zukommt. Die GPK-S erwartet von der Post, dass sie alle notwendigen personellen und organisatorischen Massnahmen ergreift ­ insbesondere sobald die Ergebnisse des Strafverfahrens bekannt sind ­ um sicherzustellen, dass sich ein solcher Fall in Zukunft nicht wiederholt. Die Kommission begrüsst die ersten durch das Unternehmen getroffenen Massnahmen (vgl. insbesondere Kap. 6.1.10).

5.2.1

Subventionsrechtliche Aufsicht durch das BAV

Aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht liegt in der PostAuto-Affäre ein zentraler Punkt darin, herauszufinden, ob das BAV als Aufsichtsbehörde über PostAuto im Bereich des subventionierten RPV zwischen 2007 und 2017 angemessen gehandelt hat. Die GPK-S hat insbesondere geprüft, ob das BAV die Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto früher hätte feststellen können ­ oder müssen.

Einschätzung der beteiligten Akteure Laut dem von der Post in Auftrag gegebenen Bericht des Advokaturbüros Kellerhals Carrard hätten diverse leicht zu bemerkende Elemente die Aufmerksamkeit des BAV auf die finanzielle Situation von PostAuto lenken müssen ­ spätestens ab 2011.150 Im Bericht wird ausserdem kritisiert, dass die 2010 vom BAV durchgeführte vertiefte Prüfung die unrechtmässige Buchungspraxis nicht zutage förderte und dass das BAV nach den Interventionen des Preisüberwachers 2012/2013 nicht schneller reagierte.151 Die Vertreter von Kellerhals Carrard hielten gegenüber der GPK-S fest, dass das Bundesamt ihrer Meinung nach zu wenig kritisch war, bestimmten Punkten nicht genügend hartnäckig nachging und sich viel Zeit liess, bis es der Situation bei PostAuto auf den Grund ging. Sie betonten jedoch, dass sie seitens des BAV keine Hinweise auf eine absichtliche Untätigkeit feststellten. 152 Die GPK-S brachte diese Aspekte gegenüber den Vertreterinnen und Vertretern des BAV zur Sprache. Letztere hoben hervor, dass das System der Falschbuchungen von PostAuto besonders raffiniert aufgebaut war, gezielt vor dem BAV versteckt wurde 150

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 1103 ff. (nicht veröffentlicht).

Das Advokaturbüro Kellerhals Carrard kommt insbesondere zum Schluss, dass die nach internationalen Standards ausgelegte Kontenführung von PostAuto und die zuhanden des BAV erstellten subventionsrechtlichen Abrechnungen (beide liegen dem Bundesamt vor) seit 2010 unerklärliche Differenzen aufwiesen.

151 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 1103 ff. (nicht veröffentlicht) 152 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des Advokaturbüros Kellerhals Carrard, Sitzung vom 2. Juli 2019

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und ohne eine vertiefte Revision der Finanzen des Unternehmens nicht aufzudecken gewesen wäre.153 Dieser letzte Punkt wird auch vom Preisüberwacher geteilt, der darauf hinwies, dass die Post jegliche Aufklärung in diesem Zusammenhang aktiv bremste.154 Entgegen den Aussagen von Kellerhals Carrard ist das BAV der Auffassung, dass die unrechtmässige Buchungspraxis nicht früher hätte festgestellt werden können und dass es, als 2015 Anzeichen für eine Gewinnverschiebung erkennbar waren, sogleich eine vertiefte Prüfung in die Wege leitete, die schliesslich zur Aufdeckung der PostAuto-Affäre führte. Dem Bundesamt zufolge haben die Kontrollen letztlich ihre Wirkung entfaltet.155 Die GPK-S prüfte, ob das BAV den Hinweisen der Kantone und des Preisüberwachers zwischen 2011 und 2013 angemessen nachgegangen war. Das Bundesamt teilte in diesem Zusammenhang mit, dass es die Hinweise durchaus ernst genommen hatte, dass mit den in der Folge vorgenommenen Abklärungen die Falschdarstellungen der Post allerdings nicht aufgedeckt werden konnten.156 Ausserdem legte das UVEK der GPK-S die vom BAV im Jahr 2013 und in den darauffolgenden Jahren unternommenen Schritte dar.157 Die Vertreterinnen und Vertreter des Bundesamtes gestanden der Kommission gegenüber ein, dass im Nachhinein in den Schreiben des Preisüberwachers gewisse Hinweise zu erkennen sind und man das Thema vielleicht gleichwohl vertieft hätte prüfen müssen. Sie machten aber auch geltend, dass die Fragen des Preisüberwachers hauptsächlich Details betrafen.158 Der Preisüberwacher wiederum informierte die Kommission, dass er 2013 davon ausgegangen war, dass das BAV die Dinge an die Hand nimmt und dass es dies in der Folge auch tat. Er sprach dem BAV ein besonderes Lob dafür aus, die unrechtmässige Buchungspraxis aufgedeckt zu haben, wozu er selbst nicht die erforderlichen Mittel gehabt hätte.159 Jedoch könne er nicht beurteilen, ob dieses System schneller hätte aufgedeckt werden können.160 Das BAV wies zudem darauf hin, dass es im November 2012 ­ also nach dem ersten Hinweis des Preisüberwachers ­ an einem Spitzentreffen gegenüber der Post unmissverständlich klarstellte, dass im abgeltungsberechtigten RPV eine branchenübliche Rendite von null erwartet wird, und es davon ausging, dass diese Vorgabe eingehalten wird.161 Die Vertreterinnen und Vertreter des
Bundesamtes erachteten die Post damals grundsätzlich als vertrauenswürdige Partnerin, ausserdem habe das Unternehmen auf alle Fragen überzeugende Antworten geliefert. 162 Auch der Preisüberwacher betonte, dass ein Betrug in diesem Ausmass bis dahin undenkbar erschien und man von einem Unternehmen, das zu 100 Prozent im Eigentum des 153 154 155 156 157 158 159 160 161 162

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018; Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 3. Juni 2019 Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 3. Juni 2019 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 3. Juni 2019 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018; vgl. ausserdem Kap. 5.1.5 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 3. Juni 2019; vgl. auch Kap. 5.1.5 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018

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Staats ist, ein solches Verhalten nicht erwarten konnte. In seinen Augen ist das grosse Vertrauen des BAV in die Post typisch für eine sektorspezifische Aufsicht, bei welcher die Aufsichtsbehörde und das beaufsichtigte Unternehmen in verschiedenen Bereichen einen engen und regelmässigen Austausch pflegen (zur Unabhängigkeit des BAV gegenüber den beaufsichtigten Unternehmen, vgl. Kap. 8.1.1).163 Die Tatsache, dass zwischen den Hinweisen des Preisüberwachers (2012) und dem Abschluss der Untersuchung des BAV (2017) fünf Jahre verstrichen, begründete das Bundesamt mit der damals laufenden Umstrukturierung bei der Post und mit Problemen beim Zugang zu Informationen.164 Der Preisüberwacher fügte ausserdem an, dass es den Aufsichtsbehörden aufgrund ihrer begrenzten Kapazitäten nicht möglich ist, alle subventionierten Unternehmen mit der gewünschten Gründlichkeit zu überprüfen.165 Die Vertreterinnen und Vertreter des BAV präzisierten darüber hinaus, dass es nicht in der Verantwortung des Bundesamtes als Aufsichtsbehörde über den subventionierten RPV liegt, widerrechtliche Handlungen in der Buchhaltung von PostAuto aufzudecken, oder zu überprüfen, ob die Buchhaltung gemäss den geltenden Standards angefertigt wurde. Diese Aufgabe obliege der Post und ihrer externen Revisionsstelle. Der Umstand, dass das BAV eine subventionsrechtliche «Genehmigung» der Rechnung vornehme, sei von den Revisionsstellen falsch interpretiert worden.

Diese hätten geglaubt, das Bundesamt nehme systematisch vertiefte Prüfungen vor, was jedoch nicht der Fall sei. Das BAV zeigte sich schockiert darüber, dass PostAuto über zehn Jahre unrechtmässige Buchungen tätigen konnte, ohne dass dies ein Revisor der Post infrage gestellt hätte.166 Im Auftrag des UVEK führte die BDO AG im Jahr 2018 ein Audit der subventionsrechtlichen Prüfungen des BAV im RPV durch. Das Audit offenbarte mehrere strukturelle Mängel des Prüfsystems:167 Es zeigte u. a., dass die Ressourcen des BAV nicht ausreichen, um die gewünschte Prüfungstiefe zu erzielen, dass die Kompetenzen der Mitarbeitenden gestärkt werden sollten und dass die Aufteilung der Zuständigkeiten innerhalb der Sektionen des BAV zu Interessenkonflikten führen können (Doppelrolle Leistungsbestellung beim RPV und Prüfung der Leistungen des RPV).

Die Lehren des UVEK und des BAV aus der PostAuto-Affäre
im Bereich der Beaufsichtigung des RPV wurden von der GPK-S mehrfach mit den zuständigen Einheiten besprochen. Anfang Mai 2019 genehmigte der Bundesrat auf Antrag des Bundesamtes ein Konzept zur Neuausrichtung der Aufsicht des BAV. Dieses Konzept sieht die Aufhebung der Rechnungsprüfung der Unternehmen, die Neuorganisa-

163 164 165 166

Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 3. Juni 2019 Anhörung des Preisüberwachers vom 14. Nov. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018.

Die Rolle der damaligen externen Revisionsstelle der Post, des Unternehmens KPMG, wurde nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre von der RAB überprüft (vgl. auch Kap. 6.1.13).

167 BDO: Audit der subventionsrechtlichen Prüfungen des Bundesamtes für Verkehr (BAV) im regionalen Personenverkehr vom 19. Dez. 2018

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tion der zuständigen Sektion und die Erhöhung der Ressourcen des BAV vor. 168 Gegenüber der Presse gestand der Direktor des BAV ein, dass das Bundesamt in der PostAuto-Affäre zu lange weggeschaut hatte.169 Wie das BAV die GPK-S allerdings informierte, sei es seiner Ansicht nach nicht auf personelle Fehler innerhalb des Bundesamtes zurückzuführen, dass die buchhalterischen Falschdarstellungen über mehrere Jahre hinweg nicht aufgedeckt worden seien, weshalb es auch keine personellen Sanktionen plane.170 Die Abklärungen der GPK-S zeigten ausserdem, dass die Kompetenzverteilung zwischen den kantonalen und eidgenössischen Behörden im Bereich der Beaufsichtigung des RPV offensichtlich nicht klar genug definiert waren,171 was zu einer Schwächung der Beaufsichtigung von PostAuto beigetragen haben könnte (vgl. dazu Kap. 8.1.2).

Beurteilung der GPK-S Die GPK-S weist vorab darauf hin, dass die primäre Kontrollverantwortung über die Unternehmenstätigkeiten und über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch das Unternehmen gemäss Gesetz und den Corporate-Governance-Grundsätzen des Bundes den Organen der Post (Konzernleitung, Verwaltungsrat, interne und externe Revision) zukommt (vgl. Kap. 2.1 und 2.2). Folglich oblag es in erster Linie diesen Organen, die nötigen Abklärungen im Zusammenhang mit PostAuto vorzunehmen. Vor diesem Hintergrund bedauert die Kommission zutiefst, dass weder die Post noch deren interne oder externe Revisionsstelle die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto früher festgestellt und dem Eigner gemeldet haben ­ dies umso mehr, als das Unternehmen mehrfach darauf hingewiesen worden war, dass im RPV eine branchenübliche Rendite von null gilt. Die GPK-S verzichtet auf eine detailliertere Beurteilung der Verantwortlichkeiten innerhalb der Post, da dieser Aspekt über den Rahmen ihrer Inspektion hinausgehen würde und das Verwaltungsstrafverfahren in dieser Angelegenheit noch nicht abgeschlossen ist.

Das BAV als Aufsichtsbehörde über den subventionierten RPV hat bei der Aufsicht über die Tätigkeiten von PostAuto nur eine subsidiäre Verantwortung: Es schreitet komplementär zu den unternehmensinternen Organen und der externen Revisionsstelle ein. Es ist aber nicht die Aufgabe des BAV, an deren Stelle zu handeln. Die GPK-S weist ausserdem darauf hin, dass das BAV seinen gesetzlichen
Verpflichtungen ­ wenn auch spät ­ nachgekommen ist, denn nach Ankündigung des Projekts «Impresa» 2015 nahm es vertiefte Abklärungen vor, welche schliesslich zur Aufdeckung der PostAuto-Affäre führten. Die Kommission geht davon aus, dass die unrechtmässige Praxis ohne die Intervention des Bundesamtes wohl kaum zutage gefördert worden wäre.

168

«Korrekte Verwendung der Subventionen im öffentlichen Verkehr: BAV stärkt Aufsicht», Medienmitteilung des BAV vom 6.5.2019. Weitere Details zu den ergriffenen Massnahmen finden sich in Kap. 6.1.14 und 8.1 169 «Eine Aufsicht, die keine war» in: Basler Zeitung, 7. Mai 2019 170 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 3. Juni 2019 171 Anhörung des BAV, Sitzungen vom 14. Nov. 2018 und 27. März 2019; Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018, 12. März 2019 und 29. Mai 2019; Schreiben der KöV an die GPK-S vom 21. Juni 2019

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Allerdings kann die Kommission schwer nachvollziehen, wieso das BAV nicht schon früher ein genaueres Augenmerk auf die Buchungspraxis von PostAuto gelegt hat. Dem Bericht von Kellerhals Carrard zufolge hätten gewisse buchhalterische Hinweise das Bundesamt auf dieses Thema aufmerksam machen müssen, was das BAV jedoch bestreitet. Die Kommission ist nicht in der Lage, diese Frage abschliessend zu klären. Dennoch ist sie der Ansicht, dass die Hinweise der Kantone und des Preisüberwachers das Bundesamt zumindest ab 2011/2012 hätten zu einer vertieften Prüfung bei PostAuto veranlassen sollen. Dies umso mehr, als das BAV und die Kantone in den Jahren zuvor bei ihren Verhandlungen mit dem Unternehmen wiederholt auf Schwierigkeiten gestossen waren.

Die der GPK-S vorliegenden Informationen lassen darauf schliessen, dass sich das Bundesamt bei verschiedenen Gelegenheiten mit den Antworten der Post zufriedengab und in diesem Dossier wenig Interesse zeigte. Für die Kommission zeigt dieses Beispiel, dass das BAV den Hinweisen von anderen im Bereich des RPV tätigen Behörden künftig mehr Gewicht geben sollte, indem es beispielsweise ein Monitoring-System entwickelt (vgl. Empfehlung 4, Kap. 8.1.1).

Im Weiteren stellt die GPK-S fest, dass das BAV in bestimmten Situationen keine klare Haltung zu den Machenschaften von PostAuto einnahm. So betonte es in seinem Schreiben vom 15. Mai 2014 zum Projekt «Impresa», dass das Unternehmen verpflichtet ist, die einschlägigen gesetzlichen Grundlagen einzuhalten, und zeigte sich skeptisch gegenüber der Gründung von zusätzlichen Tochtergesellschaften.

Gleichzeitig schrieb es aber auch, dass die vorgeschlagene Neuausrichtung seines Erachtens den Zielkonflikt beseitigt, mit dem sich PostAuto konfrontiert sieht. Für die GPK-S sind die Gründe für letztere Aussage, die das Unternehmen als Gutheissung seiner Strategie auffassen konnte, schwer nachvollziehbar.

Ferner erachtet die GPK-S den Informationsfluss zwischen dem BAV als sektorspezifische Aufsichtsbehörde über PostAuto und dem UVEK als Vertreter des Eigners der Post als unzureichend (vgl. Kap. 5.2.2).

Trotz alledem anerkennt die GPK-S, dass das BAV im untersuchten Zeitraum mehrfach Abklärungen vornahm, die zu Korrekturen der Unternehmensrechnung führten.

Ausserdem stellt sie fest, dass bei der Aufsicht des Bundesamtes von
2007 bis 2015 keine längeren Phasen der Inaktivität auszumachen sind. Des Weiteren weist zum aktuellen Zeitpunkt nichts darauf hin, dass das BAV die Augen willentlich vor der unrechtmässigen Praxis bei PostAuto verschlossen hätte. Zudem gibt es weitere Elemente, welche die Kritik an der späten Reaktion des BAV relativieren: ­

Sowohl das Bundesamt als auch das Departement haben gegenüber Post und PostAuto mehrfach klargestellt, dass im subventionierten RPV eine branchenübliche Rendite von null gilt. Sie konnten somit in gutem Glauben davon ausgehen, dass diese Vorgabe eingehalten wird. Die politische Frage nach der Zweckmässigkeit der Rechtsgrundlagen zu Überschüssen im RPV kann durchaus gestellt werden (vgl. Kap. 8.1.3 und Postulat 5), allerdings liess der damalige gesetzliche Rahmen diesbezüglich keine Zweifel zu. Aus dem der GPK-S bekannten Sachverhalt geht hervor, dass PostAuto sich der geltenden Vorschriften bewusst war und diese vorsätzlich umging.

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­

Die Post hat über mehrere Jahre hinweg den Aufsichtsbehörden des Bundes ­ dem BAV und dem Preisüberwacher ­ den Zugang zu den Daten der Tochtergesellschaften verweigert, ihnen nur minimale Antworten geliefert und aktiv versucht, diese Behörden an den gesetzlichen Kontrollen zu hindern. Eine solche Situation ist aus Sicht der Kommission unzulässig. Sie erwartet vom Bundesrat, dass er die nötigen Schritte unternimmt, damit es künftig bei bundesnahen Unternehmen nicht mehr zu solchen Blockierungen kommt und damit die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden Zugang zu den für die Ausübung ihres gesetzlichen Auftrags erforderlichen Informationen haben (vgl. Empfehlung 15, Kap. 8.2.3.2).

­

Damals verfügte die Post über ein gutes Image. Dem Bundesamt zufolge gab es keinen Grund dafür, die Richtigkeit der ihm übermittelten Informationen infrage zu stellen. Die GPK-S ist auch der Meinung, dass man von einem vorbildlichen Handeln der bundesnahen Unternehmen ausgehen können sollte. Sie ist jedoch der Auffassung, dass eine wirksame und regelmässige Aufsicht ein unerlässliches Pendant zum Grundsatz des Vertrauens darstellt.

Laut GPK-S müssen die Unabhängigkeit und das kritische Denken der Aufsichtsbehörden gegenüber den beaufsichtigten Unternehmen künftig gestärkt werden (vgl. Empfehlung 4, Kap. 8.1.1).

Der vom UVEK bei der BDO in Auftrag gegebene Bericht (vgl. Kap. 6.1.14) zeigt, dass das BAV aufgrund der verfügbaren Ressourcen, der kurzen Fristen und der Ausgestaltung des damaligen Prüfsystems im RPV offensichtlich nicht in der Lage war, die Buchhaltung aller subventionierten Unternehmen vertieft zu prüfen. 172 Dennoch ist die GPK-S der Auffassung, dass das Bundesamt seine Aufsichtstätigkeiten stärker auf mögliche Risiken hätte ausrichten müssen, indem es bei den am stärksten subventionierten Unternehmen ­ wie PostAuto ­ regelmässiger vertiefte Kontrollen durchführt. Im Weiteren weist die Kommission darauf hin, dass das Bundesamt und die RPV-Unternehmen die «Rechnungsgenehmigung» durch das BAV im Sinne von Artikel 37 Absatz 1 des PBG offensichtlich unterschiedlich aufgefasst haben. Aus ihrer Sicht ist es besonders wichtig, dass Präzisierungen vorgenommen werden, damit die Gesetzgebung zum RPV künftig klar und einheitlich ausgelegt wird (vgl. Empfehlung 4, Kap. 8.1.1).

Die Kommission hat von den Massnahmen zur Verbesserung der Aufsicht des BAV über den subventionierten RPV, welche der Bundesrat Anfang Mai 2019 nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre beschlossen hatte, mit Genugtuung Kenntnis genommen (eine detaillierte Präsentation dazu findet sich in Kap. 6.1.14). Ihrer Ansicht nach gehen die Massnahmen im Grossen und Ganzen in die richtige Richtung. Sie hält jedoch im Hinblick auf deren Umsetzung einige punktuelle Anmerkungen fest (vgl. Kap. 8.1.1) und wird die Einführung des neuen Systems aufmerksam verfolgen. In ihren Augen muss dieses System unbedingt verhindern, dass sich ein solcher Fall in Zukunft wiederholt.

Der vom UVEK bei der BDO in Auftrag gegebene Bericht offenbart die Mängel des Prüfsystems des Bundesamtes, geht aber nicht auf allfällige Versäumnisse der beim 172

BDO: Audit der subventionsrechtlichen Prüfungen des Bundesamtes für Verkehr (BAV) im regionalen Personenverkehr vom 19. Dez. 2018

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BAV zwischen 2007 und 2015 tätigen Mitarbeitenden ein. Das Bundesamt informierte die Kommission, dass es seiner Ansicht nach nicht nötig ist, nach der PostAuto-Affäre intern personelle Massnahmen zu ergreifen. Es teilte jedoch nicht mit, wie es zu dieser Schlussfolgerung gelangte und welche Schritten oder Überlegungen in diesem Zusammenhang amtsintern nach Aufdeckung der Affäre unternommen wurden. Die Kommission hat generell festgestellt, dass das Bundesamt keine grosse Bereitschaft zur Abklärung der eigenen Verantwortung an früheren Geschehnissen zeigt und sich lieber darauf konzentriert, das Aufsichtssystem für die Zukunft zu verbessern.

Es ist nicht an der GPK-S, allfällige Verantwortlichkeiten einzelner Mitarbeitenden des Bundesamtes zu beurteilen, dies insbesondere aufgrund des laufenden Strafverfahrens. Dennoch braucht es aus Sicht der Kommission weitere Abklärungen. In diesem Zusammenhang erwartet sie, dass der Bundesrat eine externe Untersuchung in Auftrag gibt, sobald die Ergebnisse des Verwaltungsstrafverfahrens vorliegen, damit ermittelt wird, wie das BAV zwischen 2007 und 2015 die Aufsicht über die Buchhaltung von PostAuto wahrgenommen hat und ob den Mitarbeitenden des Bundesamtes dabei Fehler unterlaufen sind (insbesondere in Bezug auf die mit der Rechnungsgenehmigung betraute Einheit und die interne Revisionsstelle des BAV).

Postulat 1:

Externe Untersuchung zur Aufsicht des BAV über PostAuto zwischen 2007 und 2015

Der Bundesrat wird beauftragt, sobald das Verwaltungsstrafverfahren zu PostAuto abgeschlossen ist, eine externe Untersuchung in Auftrag zu geben, damit ermittelt wird, wie das BAV zwischen 2007 und 2015 die Aufsicht über die Buchhaltung von PostAuto wahrgenommen hat und ob den Mitarbeitenden des Bundesamtes dabei Fehler unterlaufen sind. Anschliessend präsentiert er die Ergebnisse dieser Untersuchung in einem Bericht. Auf dieser Grundlage wird die Notwendigkeit möglicher Sanktionen oder Massnahmen ermittelt.

Die Kommission begrüsst zudem die Ermittlungen des Preisüberwachers zwischen 2011 und 2013. Besonders hervorheben möchte sie die Relevanz der von ihm beim BAV und der Post aufgeworfenen Fragen. Nach Ansicht der Kommission hat die Intervention des Preisüberwachers massgeblich zur Aufdeckung der PostAutoAffäre beigetragen. Sie fordert den Bundesrat und alle zuständigen Verwaltungseinheiten auf, den Hinweisen des Preisüberwachers künftig grössere Aufmerksamkeit zu schenken.

Zu guter Letzt wirft die Aufsicht des BAV über PostAuto zwischen 2007 und 2015 aus Sicht der Kommission verschiedene allgemeine Fragen auf, u. a. zu den Ressourcen und Zuständigkeiten des Bundesamtes im Bereich der Aufsicht über den RPV, zu den Beziehungen zwischen der sektorspezifischen Aufsichtsbehörde und den beaufsichtigten Unternehmen oder zur Aufteilung der Aufsichtskompetenzen in diesem Bereich zwischen den eidgenössischen und kantonalen Behörden. Diese Aspekte werden in Kapitel 8.1 behandelt.

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5.2.2

Steuerung und Aufsicht durch das UVEK und die EFV als Eignervertreter

Ein zentrales Steuerungselement des Bundes sind die strategischen Ziele des Bundesrates für die Post (vgl. Kap. 2.1). Wie die PostAuto-Affäre aber zeigt, ist die Post seit mehreren Jahren einem Zielkonflikt ausgesetzt zwischen einerseits der Gesetzgebung zum RPV, die jeglichen Gewinn im Bereich des subventionierten Verkehrs untersagt, und andererseits den strategischen Unternehmenszielen, die eine Steigerung des Unternehmenswertes sowie branchenübliche Renditen fordern.

Das UVEK und die EFV wurden von der Post spätestens 2011 über diese widersprüchlichen Ziele in Kenntnis gesetzt. Das UVEK teilte der GPK-S mit, dass «in der Folge [...] im UVEK Überlegungen zu einer möglichen Anpassung der strategischen Ziele im Bereich des Personenverkehrs vorgenommen [wurden]». Diese Möglichkeit ist allerdings nicht weiterverfolgt worden, sind doch die strategischen Ziele seither nicht wesentlich angepasst worden. Die Kommission kann nicht nachvollziehen, warum sich das UVEK und die EFV damals nicht eingehender mit dieser Problematik beschäftigt haben und rügt dies deutlich.

In gewissen Medien wurde behauptet, dass das UVEK im September 2011 über die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto informiert worden war. Anhand der ihr derzeit vorliegenden Informationen kann die GPK-S diese Feststellung nicht bestätigen (siehe Kap. 5.1.2). Die GPK-S wird diesen Punkt jedoch weiterhin untersuchen. Sie behält sich die Möglichkeit vor, ihre Einschätzung zu einem späteren Zeitpunkt anzupassen, sollte sie ­ namentlich nach Beendigung des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens ­ entscheidende neue Informationen erhalten.

Die GPK-S stellt fest, dass das UVEK, die EFV und das BAV gegenüber der Post mehrfach und insbesondere an der Sitzung im November 2012 klar dargelegt haben, dass im subventionierten RPV eine branchenübliche Rendite von null gilt. Folglich war das Unternehmen dafür verantwortlich, diese gesetzliche Vorgabe einzuhalten, auch wenn sie seiner unternehmerischen Logik zuwiderlief.

Die Kommission stellt weiter fest, dass PostAuto diesem Zielkonflikt nach wie vor ausgesetzt ist: Die Tochtergesellschaft hat noch immer das Ziel, den Unternehmenswert zu steigern, ohne jedoch Gewinne erwirtschaften zu dürfen. Daher ersucht die GPK-S den Bundesrat, die strategischen Ziele der Post in Bezug auf PostAuto so bald wie
möglich anzupassen. Dabei soll er namentlich zwei Möglichkeiten prüfen, nämlich ob PostAuto von der Verpflichtung, den Unternehmenswert zu steigern oder branchenübliche Renditen zu erzielen, zu entbinden ist oder ob in den strategischen Zielen explizit verankert werden soll, dass im subventionierten Bereich eine branchenübliche Rendite von null gilt.

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Empfehlung 1:

Anpassung der strategischen Ziele der Post in Bezug auf PostAuto

Der Bundesrat wird ersucht, die strategischen Ziele der Post in Bezug auf PostAuto so bald wie möglich anzupassen. Dabei soll er namentlich folgende zwei Möglichkeiten prüfen, nämlich ob PostAuto von der Verpflichtung, den Unternehmenswert zu steigern oder branchenübliche Renditen zu erzielen, zu entbinden ist oder ob in den strategischen Zielen explizit verankert werden soll, dass im subventionierten Bereich eine branchenübliche Rendite von null gilt.

Die GPK-S ist allgemein der Ansicht, dass der Bundesrat eine eingehende politische Prüfung vornehmen sollte, um herauszufinden, ob es angezeigt wäre, die gesetzlichen Vorgaben über die Verwendung von Gewinnen im subventionierten RPV zu überarbeiten. Der Bundesrat wird gebeten, zu prüfen, ob das Verbot der Gewinnerzielung in den subventionierten Bereichen nicht ausdrücklich im Gesetz oder in den strategischen Zielen des entsprechenden bundesnahen Unternehmens festgelegt werden sollte (vgl. Postulat 5, Kap. 8.1.3). Schliesslich ist nach Ansicht der Kommission die Identifizierung und Behandlung von Zielkonflikten, mit denen sich die Unternehmen konfrontiert sehen von zentraler Bedeutung (vgl. Empfehlung 6, Kap.

8.2.2.4).

Infolge der PostAuto-Affäre wurde die Frage nach der Rollenhäufung innerhalb des UVEK aufgeworfen. Dabei tritt eine Einheit gegenüber der Post (GS-UVEK) als Eigner auf, während eine andere Einheit PostAuto als Unternehmen des RPV beaufsichtigt (BAV). Im Rahmen ihrer Abklärungen zum Zeitraum 2007­2017 ist die GPK-S jedoch auf keine grundlegend problematischen Situationen im Zusammenhang mit dieser Struktur gestossen (grössere Interessenkonflikte oder Einflussnahme seitens des Departements auf das Bundesamt). Wie die Kommission festgestellt hat, sind sich die beiden Einheiten ihrer jeweiligen Funktionen bewusst und halten sich daran.

Die Abklärungen der Kommission zeigen hingegen, dass die Koordination und der Informationsfluss zwischen dem BAV und dem GS-UVEK im untersuchten Zeitraum unzureichend waren, was PostAuto betrifft. Das BAV ­ das an den Quartalsgesprächen mit der Post nicht teilnimmt ­ wurde offensichtlich nicht über den Austausch zum Zielkonflikt bei PostAuto orientiert, der 2011 zwischen dem GS-UVEK, der EFV und der Post stattgefunden hatte.173 Umgekehrt orientierte das BAV das GS-UVEK offensichtlich ungenügend über seine
Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit PostAuto oder über seine Vermutungen in Bezug auf die neue «Impresa»-Struktur. Zudem dauerte es fast ein Jahr, bis dem GS-UVEK gemeldet wurde, dass das BAV bei seiner Untersuchung zu PostAuto Probleme hatte, an Informationen zu gelangen. Aus Sicht der Kommission hätte das SGUVEK rasch über diese Punkte in Kenntnis gesetzt werden müssen, damit es diese an den Quartalsgesprächen mit der Post hätte thematisieren können.

Der Kommission ist sich bewusst, wie wichtig eine klare Abgrenzung ist zwischen jenen Einheiten, die gegenüber einem Unternehmen als Eigner auftreten (im 173

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018

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vorliegenden Fall das GS-UVEK und die EFV), und jenen, welche sektorspezifischen Aufsichtstätigkeiten wahrnehmen (im vorliegenden Fall das BAV). Dennoch ist sie der Meinung, dass sich diese beiden Funktionen ergänzen und dass ein regelmässiger Informationsfluss zwischen den betroffenen Einheiten unabdingbar ist, damit eine korrekte Steuerung und Beaufsichtigung des Unternehmens sichergestellt wird. Wenn die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden auf problematische Situationen in den Unternehmen stossen, sollten sie schnellstmöglich die Eignervertreter darüber informieren.

Im Fall PostAuto ist die Kommission der Ansicht, dass das BAV und das UVEK die Trennung zwischen der Aufsichts- und der Eignerfunktion zu rigoros interpretiert haben und dass dies zur Schwächung der Aufsicht über die Post beigetragen hat. In ihren Augen sollte das BAV als Einheit des UVEK die Departementsleitung über wichtige Feststellungen im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit orientieren, damit das UVEK und der Bundesrat über die nötigen Informationen verfügen, um die Interessen des Bundes als Eigner der Post zu vertreten.

Die GPK-S fordert den Bundesrat dazu auf, dafür zu sorgen, dass die Eignerdepartemente und die EFV einen intensiveren Austausch mit den Bundesämtern pflegen, die mit der sektorspezifischen Aufsicht über die bundesnahmen Unternehmen betraut sind (vgl. Empfehlung 14, Kap. 8.2.3.1). Ausserdem wünscht die Kommission, dass der Bundesrat künftig die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden bei der Erneuerung der strategischen Ziele der Unternehmen konsultiert (vgl. Empfehlung 7, Kap. 8.2.2.4) und er im Anhang seines Jahresberichts über die Erreichung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen in einem Kapitel die wichtigsten Informationen präsentiert, die ihm von den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden übermittelt wurden (vgl. Empfehlung 14, Kap. 8.2.3.1).

Das UVEK und die EFV teilten mit, dass sie ­ im Gegensatz zum BAV ­ im Rahmen ihrer Eignerfunktion keine Probleme hatten, von der Post Informationen zu erhalten. Die Kommission hebt hervor, dass diese Einheiten angesichts ihrer damals begrenzten Koordination mit dem BAV in dieser Angelegenheit keinen triftigen Grund hatten, die Redlichkeit des Unternehmens infrage zu stellen.

Aufgrund der bei PostAuto festgestellten Verfehlungen (insbesondere im Zusammenhang
mit CarPostal France, vgl. Kap. 7) ist sie der Auffassung, dass der Bundesrat präziser definieren sollte, welche Informationen die bundesnahen Unternehmen den Eignerdepartementen und der EFV übermitteln müssen (vgl. Empfehlung 8, Kap. 8.2.2.5).

Zu guter Letzt stellt sich für die GPK-S ­ wie beim Projekt «Impresa» ­ die Frage, inwieweit der Bund als Eigner über Reorganisationen innerhalb der Unternehmen, deren Eigner er ist, informiert werden sollte und ab welchem Grad solche Reorganisationen einen strategischen Charakter aufweisen (vgl. Empfehlung 5, Kap. 8.2.2.2).

Allgemein erwartet die GPK-S vom Bundesrat, dass er nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens zur PostAuto-Affäre prüft, wie das UVEK mit Unterstützung der EFV PostAuto in den Jahren 2007 bis 2015 beaufsichtigt hat, und anhand der Ergebnisse dieser Prüfung entscheidet, ob Massnahmen erforderlich sind. Die Kommission verzichtet für den Moment auf eine Empfehlung in dieser Angele7240

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genheit, wird diese aber nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens mit dem Bundesrat thematisieren.

5.2.3

Aufsicht durch die EFK

Die der GPK-S vorliegenden Informationen zeigen, dass die EFK zumindest bis 2014 eine beschränkte Aufsicht über die Post vornahm und damit ihren Auftrag gemäss FKG nur teilweise erfüllte (vgl. Kap. 2.1 und 5.1.8). Die Kommission bedauert diese Situation ausserordentlich. Sie kann vor allem nicht nachvollziehen, wieso es die EFK unterliess, die ihr zugestellten Dokumente systematisch zu überprüfen, fehlende Unterlagen einzufordern und über einen Zeitraum von acht Jahren ein Audit des Unternehmens vorzunehmen. Sie kann nicht ausschliessen, dass eine engere Kontrolle durch die EFK dazu geführt hätte, die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto früher aufzudecken. Die Kommission hat aber keinerlei Hinweise für eine absichtliche Untätigkeit der EFK festgestellt. Sie nimmt Kenntnis von der Selbstkritik, die die EFK an ihrem damaligen Handeln übt, ist aber der Meinung, dass die von der EFK selbst durchgeführte Überprüfung mit der nötigen Distanz zu betrachten ist.

Die Kommission begrüsst, dass die EFK ihre Kontrollstrategie für die Post ab 2014 angepasst hat. Sie erwartet von der EFK, dass sie künftig bei der Kontrolle von bundesnahen Unternehmen eine regelmässige und einheitliche Praxis anwendet und ihren gesetzlichen Auftrag vollumfänglich erfüllt. Sie wird in den kommenden Jahren die Entwicklung der Aktivitäten der EFK in diesem Bereich verfolgen.

Die GPK-S bedauert, von der EFK nicht informiert worden zu sein, als diese im November 2017 von den Ergebnissen der Untersuchung des BAV zu PostAuto erfuhr. Allerdings geht die Kommission davon aus, dass sich eine solche Situation in Zukunft nicht mehr ergeben wird, denn die beiden GPK haben die EFK mit Schreiben vom 5. März 2018 gebeten, Meldungen von Mängeln gemäss Artikel 15 Absatz 3 FKG neben Bundesrat und FinDel künftig zeitgleich auch den GPK zuzustellen.

Die GPK-S hat im Rahmen ihrer Arbeiten Kenntnis genommen davon, dass die internen Revisionsstellen der bundesnahen Unternehmen seit Inkrafttreten des revidierten FKG im Januar 2018 nicht mehr Artikel 11 des FKG unterliegen. Dieser Artikel sah bis dahin vor, dass die internen Revisionsstellen der EFK alle festgestellten Mängel von erheblicher Bedeutung melden müssen und dass ihre Geschäftsordnungen durch die EFK zu genehmigen sind. Die Kommission hat beschlossen, die Ergebnisse des laufenden Strafverfahrens abzuwarten und sich danach vertiefter mit diesem Thema zu befassen.

6

Ergebnisse der Untersuchungen der GPK-S: Zeitraum nach den PostAuto-Enthüllungen

Dieses Kapitel deckt den Zeitraum nach der Enthüllung der PostAuto-Affäre durch das BAV ab (Februar 2018 bis September 2019). Die GPK-S weist darauf hin, dass 7241

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bestimmte im Folgenden genannte Aspekte Gegenstand des derzeitigen Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol sein können und daher mit der notwendigen Zurückhaltung zu betrachten sind (vgl. einleitende Bemerkungen zu Kap. 5).

Unter Berücksichtigung des Zuständigkeitsbereichs der parlamentarischen Oberaufsicht konzentriert sich die Untersuchung der GPK-S in erster Linie auf die Tätigkeiten der Bundesbehörden (Bundesrat, UVEK und EFV, BAV, EFK und RAB) in diesem Zeitraum. Zum besseren Verständnis führt die Kommission jedoch auch die wichtigsten Massnahmen auf, welche die Post in den untersuchten Monaten ergriffen hat (Kap. 6.1.4 und 6.1.10).

6.1

Sachverhalt: Aufsicht der Bundesbehörden und Massnahmen nach Bekanntwerden der PostAutoAffäre

6.1.1

Information des UVEK und des Bundesrats über die Ergebnisse der Untersuchung des BAV

Beim Amtsrapport (periodische Treffen zwischen der Departementsvorsteherin und der Amtsleitung) vom 21. August 2017 setzte das BAV das GS-UVEK von potenziell problematischen Umbuchungen bei PostAuto in Kenntnis. Die Post informierte das GS-UVEK und die EFV am Eignergespräch mit der Post vom 11. September 2017 über die laufende subventionsrechtliche Prüfung des BAV. Am 6. November 2017 bestätigte das Bundesamt dem Departement, PostAuto habe vermutlich seit 2007 bedeutende unrechtmässige Gewinne erwirtschaftet. Am 29. Januar 2018 informierte das BAV das GS-UVEK, dass die Post die Ergebnisse der Revision des Bundesamts anerkennt.174 Am 15. November 2017 informierte die Revisionsstelle des BAV die EFK über die ersten Ergebnisse der Untersuchung des BAV zu PostAuto gemäss Artikel 11 FKG.

Gleichentags wurde der Bundesrat von der EFK über diese Angelegenheit unterrichtet.175

6.1.2

Massnahmen des BAV und des UVEK nach der Veröffentlichung des Revisionsberichts des BAV

Der definitive Revisionsbericht des BAV176 mit sechs Empfehlungen zuhanden der Post wurde am 6. Februar 2018 veröffentlicht. In einer gleichentags publizierten Medienmitteilung177 gab das BAV bekannt, dass es die Umsetzung der Empfehlungen begleiten wird und sich die Möglichkeit vorbehält, weitere Massnahmen zu verlangen. Zudem werde das Amt die Aufarbeitung der Vorgänge vorantreiben und 174 175

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018 Gemäss Art. 15 Abs. 3 FKG; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 17. Okt. 2018 176 Revisionsbericht des BAV vom 1. Febr. 2018 177 Untersuchung zur Gewinnerzielung von PostAuto Schweiz AG im subventionierten Regionalverkehr, Medienmitteilung des BAV vom 6. Febr. 2018

7242

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die zu ergreifenden Massnahmen festlegen, insbesondere was die Rückerstattung der zu viel bezogenen Subventionen, das Rechnungsmodell von PostAuto und allfällige strafrechtliche Massnahmen betrifft. Gleichzeitig forderte das Amt bei der Post für den Zeitraum 2007­2015 eine Einredeverzichtserklärung ein, welche am 23. Februar 2018 unterzeichnet wurde.178 Mit Schreiben vom 13. Februar 2018 teilte die damalige Vorsteherin des UVEK dem Verwaltungsratspräsidenten der Post mit, dass eine «lückenlose Aufklärung der Vorgänge bei PostAuto» erwartet wird. Im Weiteren wurde von der Post die Zustellung «sämtlicher relevanten Unterlagen» verlangt.179 Am 14. Februar 2018 reichte das BAV bei der Bundesanwaltschaft (BA) und der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland Strafanzeige ein. Formell ist gemäss Artikel 37 und 39 des Subventionsgesetzes die betroffene Behörde ­ im vorliegenden Fall das BAV ­ für die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens zuständig.180 Das Amt kam jedoch zum Schluss, dass die beanstandeten Vorgänge nicht nur das Subventionsrecht verletzen, sondern auch strafrechtlich relevant sind (Betrug, Urkundenfälschung, ungetreue Geschäfts- und Amtsführung).181 Das UVEK teilte der Kommission mit, dass das BAV die Strafverfolgung rasch an die Hand nehmen wollte und daher die Strafanzeige ohne vorgängiges Einholen der Zustimmung des UVEK stellte.182 Die damit zusammenhängenden Erklärungen des BAV und des UVEK bleiben allerdings sehr allgemein; weder das Amt noch das Departement gaben der GPK-S andere Gründe für dieses Vorgehen an.

Am 21. Februar 2018 erklärten die BA und die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern nach Prüfung des angezeigten Sachverhalts, 183 für die Untersuchung in dieser Sache nicht zuständig zu sein. Sie teilten mit, dass die mutmasslichen Widerhandlungen unter das Verwaltungsstrafrecht fallen184 und daher zwingend vom zuständigen Bundesamt oder ­ auf Beschluss des Bundesrates ­ von einer anderen Verwaltungseinheit des Bundes verfolgt und beurteilt werden müssen. 185 Am 28. Februar 2018 richtete das BAV ein Schreiben186 an alle Unternehmen im subventionierten RPV, um ihnen die verschiedenen subventionsrechtlichen Grundsätze (Vorschriften zur Rechnungsführung, Vorschriften zur Gewinnerzielung, Verbot von Querfinanzierungen) in Erinnerung zu rufen. Das Amt wies in diesem Schreiben
zudem auf die Kontrollpflichten des Verwaltungsrates, der Geschäftsleitung und der externen Revisionsstelle der subventionierten Unternehmen sowie des 178 179 180 181 182 183 184 185 186

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 23. Apr. 2018; Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK vom 19. Dez. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018 PostAuto Schweiz AG: Keine Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Medienmitteilung der BA vom 21. Febr. 2018 Die BA und die Generalstaatsanwaltschaft kamen zum Schluss, dass kein hinreichender Verdacht auf Verstösse gegen das Strafgesetz besteht.

Wie in Art. 37 Abs. 1 SuG vorgesehen.

Schreiben des BAV an die Transportunternehmen des subventionierten RPV, 28. Febr. 2018. Kopien dieses Schreibens wurden insbesondere an die kantonalen Ämter für öffentlichen Verkehr verschickt.

7243

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BAV hin und ersuchte die Unternehmen, ihm die Einhaltung der subventionsrechtlichen Vorschriften schriftlich zu bestätigen. Diese Verpflichtung zur schriftlichen Bestätigung wurde seither beibehalten. In der Folge wurde ein neues Aufsichtssystem für die Unternehmen des subventionierten RPV ausgearbeitet, welches u. a. ein Finanzcontrolling mit vertieften punktuellen Kontrollen vorsieht (vgl. Kap. 6.1.14).

6.1.3

Verwaltungsstrafverfahren

Am 27. Februar 2018 gab der Bundesrat bekannt,187 er habe fedpol damit beauftragt, das Verwaltungsstrafverfahren in Sachen PostAuto durchzuführen und den Sachverhalt auf Verstösse gegen das Verwaltungsstrafrecht und das Subventionsgesetz zu überprüfen und ihn zu beurteilen. Der Bundesrat teilte mit, dass fedpol im Gegensatz zu den Einheiten des UVEK und des EFD «keine Eignerinteressen wahr[nimmt]» und daher das Verfahren «unbefangen und unabhängig» führen kann.

Mit Verfügung vom 2. März 2018 eröffnete fedpol das Verwaltungsstrafverfahren wegen «Leistungs- und Abgabebetrug und allfällige[r] weitere[r] Delikte im Zusammenhang mit der Erbringung von RPV-Leistungen durch die PostAuto Schweiz AG».188 Dieses im Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht189 geregelte Verfahren unterliegt den gleichen Grundsätzen wie ein ordentliches Strafverfahren 190.

Es handelt sich um eine retrospektive Untersuchung, die zeitlich unbegrenzt ist, sich aber auf die strafrechtlich relevanten Verfehlungen beschränkt.191 Die für das Verfahren zuständige Einheit ist verpflichtet, unabhängig vom Inhalt der eingereichten Strafanzeige alle ihr zur Kenntnis gebrachten Vorkommnisse zu untersuchen. Ein Verwaltungsstrafverfahren hat Vorrang vor allen anderen Verfahren, Prüfungen und Untersuchungen, namentlich was die Akteneinsicht und die Zeugenbefragungen angeht. Dieser letzte Punkt hat einen entscheidenden Einfluss auf die Arbeiten der anderen Akteure im PostAuto-Dossier (vgl. weiter unten).192 Die GPK-S hörte die Vertreterinnen und Vertreter von fedpol zweimal 193 zum laufenden Verwaltungsstrafverfahren an. Sie diskutierte mit ihnen die organisatorischen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Durchführung des Verfahrens sowie die Zusammenarbeit mit den anderen Akteuren im PostAuto-Dossier. Aus

187 188

189 190 191 192 193

PostAuto: fedpol führt das Verwaltungsstrafverfahren, Medienmitteilung des Bundesrates vom 27. Febr. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018. Für weitere Informationen zum Verwaltungsstrafverfahren siehe «PostAuto: Was Sie über das Verwaltungsstrafverfahren wissen sollten», www.fedpol.admin.ch > Aktuell > News > 2019 (Stand 15. Juli 2019).

Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR; SR 313.0) Insbesondere gelten Unschuldsvermutung, Untersuchungsmaxime, Untersuchungsgeheimnis und Beschwerderecht.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzungen vom 24. Apr. 2018 und 17. Okt. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzungen vom 24. Apr. 2018 und 17. Okt. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzungen vom 24. Apr. 2018 und 17. Okt. 2018

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Gründen der Gewaltentrennung holte die Kommission keine Informationen über den Inhalt des laufenden Verfahrens ein.

Die Direktorin von fedpol wies gegenüber der GPK-S darauf hin, wie wichtig es sei, das Verfahren unabhängig zu führen und die Gewaltentrennung zu wahren. Sie teilte mit, dass ein externer Verfahrensleiter194 eingesetzt wurde, dem Ermittlerinnen und Ermittler der Bundeskriminalpolizei (BKP) sowie Spezialistinnen und Spezialisten der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) und der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) zur Seite stehen. Die Direktorin hielt zudem fest, dass sie sich nicht in das Verfahren einmischt, da sie nach dessen Abschluss über die zu ergreifenden Massnahmen befinden muss. 195 Sie präzisierte zudem, dass fedpol besonders darauf achtet, seine Unabhängigkeit gegenüber den Eignerdepartementen der Post (UVEK und EFD) zu wahren.196 Zu guter Letzt hob sie hervor, dass sich fedpol nicht hinter den Arbeiten anderer Organe verstecken kann und will. 197 Von Beginn des Verfahrens an wiesen der Bundesrat und fedpol darauf hin, dass nicht abgeschätzt werden kann, wie lange das Verfahren dauert. Es könne sich um Monate oder gar Jahre handeln.198 Was die Durchführung des eigentlichen Verfahrens betrifft, so teilte fedpol der Kommission mit, es habe insgesamt 25 Millionen von der Post freiwillig übergebene oder bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmte Dokumente (3,5 Terabyte Daten) gesammelt und analysiert, die dann mit speziellen Informatiktools aufbereitet wurden. Diese Analyse von Unterlagen wurde durch die Einvernahmen ehemaliger und aktueller Mitarbeitender von Post und PostAuto ergänzt.199 Neben dem Verfahrensleiter und seinem Stellvertreter besteht das Untersuchungsteam aus bis zu 26 Personen, die zumindest teilweise am Fall arbeiten. Hinzu kommen eine Protokollführerin und eine Übersetzerin.

Die Direktorin von fedpol teilte der Kommission mit, dass die Gesamtkosten des Verfahrens erst nach dessen Abschluss ermittelt werden können. Die Kommission wurde darauf hingewiesen, dass die Kosten für das Verwaltungsstrafverfahren und 194

195 196

197 198

199

fedpol gab in der Medienmitteilung vom 13. März 2018 bekannt, dass es den ehemaligen Bundesrichter Hans Mathys zum Verfahrensleiter und den Richter am Neuenburger Kantonsgericht, Pierre Cornu, zum stellvertretenden Verfahrensleiter ernannt hat.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 24. Apr. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 17. Okt. 2018.

Die Direktorin von fedpol stellte klar, dass das Amt bei seinen Arbeiten nicht von den Eignerdepartementen unter Druck gesetzt worden ist.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 17. Okt. 2018 Einige Akteure im PostAuto-Dossier äusserten in der Folge den Wunsch nach einem raschen Abschluss der Arbeiten (vgl. insbesondere Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 15. Apr. 2019). Die Direktorin von fedpol erklärte gegenüber der GPK-S, dass dieses Verfahren besonders gewissenhaft geführt werden muss und sich das Amt es nicht leisten kann, aus Zeitdruck Formfehler zu machen, die der Reputation der Behörde schaden und die Wahrheitsfindung behindern könnten (vgl. Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 24. Apr. 2018). Auch aus diesem Grund wies fedpol darauf hin, dass es ganz besonders auf das Untersuchungsgeheimnis achten und nur sehr vorsichtig über die laufenden Arbeiten informieren wird, damit die Unschuldsvermutung und der Ruf der verdächtigten Personen gewahrt bleiben (vgl. Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 17. Okt. 2018).

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 17. Okt. 2018.

fedpol hielt fest, dass die Post beim Verfahren zufriedenstellend kooperiert hat.

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die darauffolgenden rechtlichen Schritte mit den allfälligen nach Abschluss des Verfahrens verhängten Bussen nicht werden gedeckt werden können 200 Es sei darauf hingewiesen, dass Strafverfahren eine hoheitliche Aufgabe des Staates darstellen; daher sind sie grundsätzlich nicht kostendeckend und ihre Kosten werden überwiegend vom Staat übernommen.

Die Kommission thematisierte zudem mehrere Male die Zusammenarbeit zwischen fedpol und den anderen Beteiligten im PostAuto-Dossier. Nach der Eröffnung des Verfahrens im März 2018 und aufgrund des Grundsatzes des Vorrangs des Verwaltungsstrafverfahrens war die Post verpflichtet, dem fedpol sämtliche Unterlagen in Zusammenhang mit den beanstandeten Vorkommnissen auszuhändigen, während die anderen Akteure (z. B. Verwaltungsrat der Post, UVEK, EFV oder EFK) nicht mehr auf diese Unterlagen zugreifen und Zeugen einvernehmen durften. 201 Deshalb musste sich das Advokaturbüro Kellerhals Carrard bei seinem im Auftrag der Post erstellten Bericht auf die Analyse von Dokumenten beschränken und durfte keine Anhörungen durchführen (vgl. Kap. 6.1.14). Das UVEK und die EFV wiederum hatten vorübergehend keinen Zugang zu Informationen, die sie für die Vorbereitung der Generalversammlung 2018 der Post benötigten (vgl. Kap. 6.1.5).

Die Anhörungen der GPK-S202 zeigten indes, dass sich fedpol und die involvierten Akteure nach einer ersten Blockade auf eine Lösung zur Koordination einigen konnten. Der Post wurde es gestattet, den Bericht, den sie bei Kellerhals Carrard in Auftrag gegeben hatte, fertigzustellen und eine teilgeschwärzte Fassung davon zu veröffentlichen. fedpol teilte jedoch mit, es werde dieses Dokument im Rahmen des Verfahrens als «Parteigutachten» betrachten.203 Das UVEK und die EFV wiederum konnten im Hinblick auf die Vorbereitung der Generalversammlung der Post bestimmte Dokumente einsehen. Die Direktorin von fedpol wies allerdings darauf hin, dass die Eignerdepartemente als Aktionäre ein Organ des Unternehmens darstellen und daher im Rahmen des Verfahrens mutmassliche Beschuldigte sind.204 Zudem wurde der EFK erlaubt, bestimmte Dokumente einzusehen und Anhörungen durchzuführen. Sie musste aber auf bestimmte Teile des zu PostAuto geplanten Audits verzichten (vgl. Kap. 6.1.15). Ausserdem koordinierte fedpol seine Arbeiten mit jenen des BAV zur Rückerstattung der zu Unrecht bezogenen Subventionen (vgl.

Kap. 6.1.7). Im Grossen und Ganzen hielten sowohl fedpol als auch die anderen von

200 201

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 24. Apr. 2018 Mit dieser Massnahme soll sichergestellt werden, dass die Untersuchung nicht «kontaminiert» wird und mögliche Beweise nicht unbrauchbar werden (vgl. Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 23, und Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 24. Apr. 2018).

202 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzungen vom 24. Apr. 2018 und 17. Okt. 2018, Anhörungen der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzungen vom 24. Apr. 2018 und 17. Okt. 2018, Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzungen vom 23. Apr. 2018 und 23. Jan. 2019 203 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 24. Apr. 2018 204 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 24. Apr. 2018.

Die Direktorin von fedpol erklärte gegenüber der GPK-S, dass sie nicht die Generalversammlung des Unternehmens verhindern will, es jedoch nicht akzeptabel ist, dass die Departemente als Eigner der Post und somit als deren Organ bei einem laufenden Verfahren direkt auf die Post zugehen, um Informationen zu erhalten.

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der GPK-S befragten Organe die ab Frühjahr 2018 erfolgende Koordination für zufriedenstellend.

Im Februar 2019 bestätigte fedpol, dass gegen den ehemaligen Direktor und den ehemaligen CFO von PostAuto ein spezielles Strafverfahren wegen Verdacht auf Leistungsbetrug im Sinne von Artikel 14 VStrR eingeleitet wurde. Im darauffolgenden Monat gab das Amt bekannt, dass das Verfahren auf den ehemaligen Finanzchef der Post ausgedehnt wurde und nicht auszuschliessen ist, dass es sich künftig auch gegen andere Personen richten wird.205 Anfang September 2019 teilte fedpol mit, dass das Verfahren auf drei ehemalige Geschäftsleitungsmitglieder von PostAuto ausgedehnt wurde, unter anderem auf den ehemaligen Teilmarktleiter West. 206 Die Direktorin von fedpol machte die Kommission indes darauf aufmerksam, dass das Verwaltungsstrafrecht für die Vorfälle vor 2014 eine Verjährungsfrist von sieben Jahren vorsieht207 und fedpol sich bei der Untersuchung deshalb auf die Vorfälle konzentriert, die noch nicht verjährt sind.208 Anfang 2019 beklagten sich die Vertreterinnen und Vertreter der Post gegenüber der Kommission, dass fedpol der Post noch immer nicht erlaubt hat, Zeugen einzuvernehmen oder die Anhörungsprotokolle zu konsultieren.209 Im Frühjahr 2019 gab die Post bekannt, dass sie ihre Abklärungen so lange aussetzt, bis sie im Strafverfahren das Dossier oder ein Urteil einsehen kann (vgl. diesbezüglich Kap. 6.1.10).210 Die Situation bleibt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des vorliegenden Berichts unverändert.

6.1.4

Massnahmen der Post infolge des Berichts des BAV

Nachdem die Geschäftsleitung der Post Anfang November 2017 über die Schlussfolgerungen des BAV informiert worden war, setzte sie eine interne Taskforce zum PostAuto-Dossier ein. Sie beauftragte das Unternehmen Ernst&Young (EY) damit, die im Zeitraum 2007­2015 bei PostAuto erfolgten Gewinnumbuchungen gründlich zu analysieren. Im Zwischenbericht von EY von Dezember 2017 wurden die wesentlichen Feststellungen des BAV bestätigt.211 Vor diesem Hintergrund beauftragte die Geschäftsleitung der Post das Advokaturbüro Kellerhals Carrard, auf der Grundlage der von EY erhobenen Daten den Sachverhalt umfassend aufzuarbeiten, damit die Verantwortlichkeiten in diesem Fall geklärt werden.212

205 206 207 208 209 210 211 212

«PostAuto: Was Sie über das Verwaltungsstrafverfahren wissen sollten», www.fedpol.admin.ch > Aktuell > News > 2019 (Stand 15. Juli 2019) Postauto: Ex-Frankreich-Chef steht unter Betrugsverdacht. In: SonntagsZeitung, 1. Sept. 2019.

Anders gesagt: Die Vorfälle vor 2011 waren 2018 bereits verjährt. Für die Vorfälle nach 2014 wurde die Verjährungsfrist auf zehn Jahre verlängert.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzung vom 17. Okt. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019 Rechnung genehmigt und Verwaltungsrat bestätigt, Medienmitteilung der Post vom 17. Apr. 2019; Schreiben der Post an die GPK-S vom 14. Juni 2019 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 4 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 5

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Bei der Veröffentlichung des Berichts des BAV am 6. Februar 2018 gab die Post eine Reihe von Sofortmassnahmen bekannt, u. a. den vorzeitigen Rücktritt des Leiters von PostAuto, die Freistellung des Finanzchefs von PostAuto sowie die Einführung eines Compliance-Programms.213 Angesichts der öffentlichen Kritik an der Leiterin der Post beschloss der Verwaltungsratspräsident am 8. Februar 2018, die Untersuchung von Kellerhals Carrard an sich zu ziehen.214 Anfang März 2018 ernannte die Post ein dreiköpfiges Expertengremium, 215 das nach der Fertigstellung des Untersuchungsberichts Kellerhals Carrard auf dessen Grundlage ein unabhängiges Gutachten erstellen sollte. In der Folge sah sich die Post gezwungen, die Zusammensetzung des Gremiums zu ändern, da sich einer der Experten insbesondere aufgrund von Kritik an seiner Unabhängigkeit zurückgezogen hatte. 216 Der Schlussbericht von Kellerhals Carrard wurde dem Verwaltungsrat der Post Ende Mai 2018 übergeben.217 Die GPK-S nahm Kenntnis von der vollständigen Fassung des Berichts und hörte zu diesem die Vertreterinnen und Vertreter der Post und von Kellerhals Carrard an.218 Im Bericht werden das System der Buchungsmanipulationen, mit dem PostAuto seine Unternehmensgewinne verschleiert hat (Umbuchungen am Ende jedes Geschäftsjahres mit einer zusätzlichen Buchungsperiode [«Buchungsperiode 15»]), sowie eine Chronologie der Ereignisse präsentiert. Laut Kellerhals Carrard wurden die Buchungsmanipulationen von der Geschäftsleitung von PostAuto verabschiedet und waren einem Teil der Konzernleitung der Post bekannt.

Was die Reorganisation «Impresa» betrifft (vgl. Kap. 5.1.6), so wurde diese durchgeführt, um die Gewinne der Tochtergesellschaft vor dem Eigner zu verschleiern.

Der Bericht zeigte zudem, dass die Interne Revision den Verwaltungsratsausschuss «Audit, Risk & Compliance» in einer Aktennotiz vom 21. August 2013 auf Buchungsmanipulationen bei PostAuto hingewiesen hatte, ohne allerdings Handlungsbedarf zu sehen.219 Die drei von der Post beauftragten externen Experten hielten in ihrem auf dem Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard beruhenden Gutachten fest, dass der PostAuto-Affäre «kollektives menschliches Versagen» zugrunde liegt.220 213 214 215 216

217

218 219 220

PostAuto Schweiz AG bezog zu hohe Abgeltungen, Medienmitteilung der Post vom 6. Febr. 2018 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 9 Externe Experten stellen Unabhängigkeit der Untersuchung sicher, Medienmitteilung der Post vom 8. März 2018 Wenn der Postmann zweimal klingelt. In: Die Weltwoche, 22. März 2018; Untersuchung wird zum Debakel. In: Berner Zeitung, 26. März 2018. Stephan Bachmann nahm in der Folge für Kurt Grüter, den ehemaligen Direktor der EFK, Einsitz im Gremium; vgl. Stephan Bachmann als dritter Experte eingesetzt, Medienmitteilung der Post vom 25. Apr. 2018. In der Konsultation zum vorliegenden Bericht wies die Post die GPK-S darauf hin, dass die Gründe für diesen Expertenwechsel «vielschichtig und vorsorglich» waren, mit dem Ziel, «dass die unabhängigen Experten die Arbeiten ohne Verzug aufnehmen konnten».

Kellerhals Carrard: PostAuto. Untersuchungsbericht zuhanden des Verwaltungsrats der Schweizerischen Post AG, Bericht vom 31. Mai 2018 (im Folgenden «Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard») Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post und von Kellerhals Carrard, Sitzung vom 2. Juli 2018.

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 513 ff. Siehe hierzu auch Kap. 6.1.5 Donatsch, Andreas / Bachmann, Stephan A. J. / Uhlmann, Felix: PostAuto Schweiz AG.

Gutachten erstattet zuhanden Präsident der Schweizerischen Post AG, Gutachten vom 29. Mai 2018

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Aufgrund der Ergebnisse aus dem Bericht und nachdem die betroffenen Personen um Stellungnahme gebeten worden waren,221 gab der Verwaltungsrat der Post am 11. Juni 2018 bekannt,222 dass er sich von der Konzernleiterin der Post (die ad interim durch Ulrich Hurni ersetzt wurde) und von der Leiterin der internen Revision der Post trennt und die gesamte Geschäftsleitung von PostAuto freigestellt wird.

Zudem wurde eine Reihe organisatorischer Massnahmen beschlossen, u. a. der Rückbau der Holdingstruktur «Impresa» und eine Reorganisation von PostAuto (vgl.

Kap. 6.1.10). Gleichentags wurden geschwärzte Fassungen des Untersuchungsberichts Kellerhals Carrard und des Expertengutachtens veröffentlicht.

Es gilt festzuhalten, dass den Abklärungen der Post in mancherlei Hinsicht Grenzen gesetzt waren. Aufgrund des Vorrangs des Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol (vgl. vorhergehendes Kapitel) beschränkte sich die Untersuchung von Kellerhals Carrard auf Unterlagen, die vor März 2018 zusammengetragen worden waren. Die Vertreter von Kellerhals Carrard betonten gegenüber der GPK-S, dass ihr Bericht in diesem Sinne nur ein unvollständiges Bild der Affäre liefert. 223 Den Verfassern sei es nicht möglich gewesen, die erhobenen Informationen auf ihre Plausibilität zu prüfen und den betroffenen Personen rechtliches Gehör zu verschaffen. 224 Dies hatte zur Folge, dass verschiedene im Bericht genannte Personen dessen Inhalt bestritten,225 insbesondere was den Umgang mit der Aktennotiz der internen Revision vom 21. August 2013 betrifft (siehe diesbezüglich Kap. 6.1.5). In den Medien wurde teilweise die Unabhängigkeit des Berichts angezweifelt.226 Gegenüber der Kommission hat die EFK ebenfalls Kritik zur Vorgehensweise der Post geäussert. 227 In den Medien wurde ferner darauf hingewiesen, dass ein für die Chronologie der Ereignisse wichtiges Dokumente im Bericht nicht erwähnt wurde.228 Die Vertreterinnen und Vertreter der Post und von Kellerhals Carrard nahmen gegenüber der GPK-S Stel-

221

222 223 224 225 226

227 228

Die Protokolle der von der Post durchgeführten Anhörungen sowie die Stellungnahmen der betroffenen Personen wurden an fedpol weitergeleitet (Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 2. Juli 2018).

Externe Untersuchung und Gutachten bestätigen inakzeptables Fehlverhalten ­ PostVerwaltungsrat zieht die Konsequenzen, Medienmitteilung der Post vom 11. Juni 2018 Anhörung der Vertreter von Kellerhals Carrard, Sitzung vom 2. Juli 2018 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 62 ff.

Harsche Kritik an Postauto-Untersuchung. In: NZZ am Sonntag, 1. Juli 2018; Ich hätte vieles ins richtige Licht rücken können. In: Schweiz am Wochenende, 30. Juni 2018 Postauto-Skandal: Zweifel an Unabhängigkeit der Untersuchung. In: SonntagsZeitung, 24. Juni 2018; Dieser Anwalt spielt eine heikle Doppelrolle. In: SonntagsBlick, 1. Juli 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 24. Apr. 2018 Das fehlende Protokoll. In: Neue Zürcher Zeitung, 15. Juni 2018

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lung zur Kritik und präsentierten die Massnahmen, die zur Gewährleistung der Qualität der Untersuchung ergriffen worden waren.229 Wie bereits erwähnt, beurteilt die GPK-S die von der Post ergriffenen Massnahmen oder den Inhalt der Berichte, die im Auftrag der Post erstellt wurden, nicht, da diese Aspekte über den Zuständigkeitsbereich der Kommission hinausgehen und ein Strafverfahren in dieser Sache läuft. Vor diesem Hintergrund und angesichts der geäusserten Kritik betont die GPK-S jedoch, dass die von der Post gelieferten Informationen mit einer gewissen Distanz zu betrachten sind und erst nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens vollständig beurteilt werden können.

6.1.5

Abklärungen des UVEK und der EFV im Hinblick auf die Generalversammlung 2018 der Post

Anfang März 2018 setzten das GS-UVEK und die EFV im Hinblick auf die jährliche Generalversammlung der Post eine Taskforce zu PostAuto ein.230 Diese war insbesondere damit beauftragt, zu ermitteln, ob dem Verwaltungsrat Entlastung erteilt werden kann, ob die Rechnung 2017 genehmigt werden kann und ob ein Wechsel der externen Revisionsstelle der Post angezeigt ist. Sie prüfte zudem, ob es möglich wäre, einen Sachverständigen im Sinne von Artikel 731a OR zu ernennen oder eine Sonderprüfung gemäss Artikel 697a OR231 einzuleiten, und stand mit fedpol bezüglich des Zugangs zu Unterlagen der Post in Kontakt (vgl. Kap. 6.1.3).

Im März 2018 nahm der Bundesrat Kenntnis davon, dass es dem Verwaltungsrat der Post erst dann möglich sein wird, ihm Anträge an die Generalversammlung zu unterbreiten, wenn die Ergebnisse der von der Post in Auftrag gegebenen Untersuchungen vorliegen.232 Vor diesem Hintergrund beschloss das GS-UVEK zusammen mit der EFV, die Evaluation der Erreichung der strategischen Ziele der Post auf den

229

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post und von Kellerhals Carrard, Sitzung vom 2. Juli 2018; Schreiben der Post an die GPK-S vom 13. Aug. 2018. Die Post machte gegenüber der Kommission insbesondere geltend, dass sowohl der Bericht als auch das in diesem Zusammenhang bestehende personelle Setting nach den bestehenden und anerkannten Regeln für interne Untersuchungen aufgebaut wurden und dass die unabhängige, externe Kanzlei einer übergeordneten Instanz aus drei unabhängigen Experten unterstellt wurde. Des Weiteren wies die Kanzlei Kellerhals Carrard darauf hin, dass sie ab Einsetzung des Expertengremiums ausschliesslich an dieses rapportierte und dass der Präsident des Verwaltungsrates der Post nicht mehr über die Ergebnisse der Untersuchung informiert wurde. Im Rahmen der Konsultation zum vorliegenden Bericht, betonten sowohl die Post als auch Kellerhals Carrard, dass einzig die Zeitverhältnisse und das von fedpol ausgesprochene Befragungsverbot von Mitarbeitenden der Post oder von PostAuto die Handlungsmöglichkeiten in der Untersuchung einschränkten. Kellerhals Carrard wies darauf hin, dass ihr keine Einschränkung von der Post auferlegt wurde.

230 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018, Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 23. Apr. 2018 231 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018 232 Schreiben des damaligen Generalsekretärs des UVEK an die GPK vom 28. März 2018

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Juni zu verschieben.233 Angesichts dieser Situation beschlossen die GPK, die Behandlung des Geschäftsberichts 2017 des Bundesrates, die ursprünglich für die Sommersession 2018 vorgesehen war, auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.234 Mit Schreiben vom 23. März 2018235 informierten das GS-UVEK und die EFV den Verwaltungsratspräsidenten der Post darüber, im Hinblick auf die Generalversammlung verschiedene Fragen zur Geschäftsführung klären zu wollen. Sie teilten mit, dass der Bund insbesondere wissen will, wer im Unternehmen wann über relevante Informationen zu den unrechtmässigen Buchungen bei PostAuto verfügt hat. Sie betonten, der Bund erwarte, dass die Abklärungen den gesamten Zeitraum 2007­ 2018 abdecken, damit insbesondere die Verantwortlichkeit von Urs Schwaller, dem Verwaltungsratspräsidenten der Post, der seit Juni 2016 im Amt ist, beurteilt werden kann.

Da sich der von der Post in Auftrag gegebene Bericht (vgl. vorhergehendes Kapitel) nur auf den Zeitraum 2007­2015 bezog, beauftragten das UVEK und die EFV Kellerhals Carrard mit der Erstellung eines Zusatzberichts über den Zeitraum 2016­ 2018.236 Um Interessenkonflikte zu vermeiden, wurde dieses Dokument im Auftrag des Bundes erstellt und diesem direkt übergeben. Der Verwaltungsratspräsident erklärte gegenüber der GPK-S, er kenne den Würdigungsteil dieses Berichts nicht.237 Im Bericht zu den Jahren 2016­2018238 kommt Kellerhals Carrard zum Schluss, dass Urs Schwaller das erste Mal im August 2017 ausdrücklich über die Vorkommnisse bei PostAuto unterrichtet wurde.239 Einige punktuelle Anzeichen zur Situation bei PostAuto habe es zwar bereits ab dem Sommer 2016 gegeben, 240 Urs Schwaller 233

234 235 236 237 238

239 240

Schreiben des damaligen Generalsekretärs des UVEK an die GPK vom 28. März 2018.

Gemäss Aktienrecht hat die Generalversammlung innerhalb von sechs Monaten nach dem Jahresabschluss stattzufinden (d. h. im Falle der Post vor Ende Juni). Nach diesem Beschluss entschieden auch die GPK, die Beratung des Geschäftsberichts 2017 des Bundesrates, die ursprünglich für die Sommersession 2018 geplant war, auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben.

GPK schliessen Beratung des Geschäftsberichts 2017 des Bundesrates zu einem späteren Zeitpunkt ab, Medienmitteilung der GPK vom 18. Mai 2018 Zusatzbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 13 ff.

Zusatzbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 13 ff. Die Kosten für diesen Zusatzbericht wurden vom GS-UVEK übernommen.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 2. Juli 2018 Der im Auftrag des UVEK und der EFV verfasste Bericht von Kellerhals Carrard betrifft präzise betrachtet den Zeitraum vom 1.1.2016 bis am 27.2.2018 (nachfolgend: «Bericht betreffend die Jahre 2016­2018»). Es ist weiter darauf hinzuweisen, dass der Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard zum Zeitraum 2016­2018 dieselben Grenzen aufweist wie der Bericht zum Zeitraum 2007­2015 (vgl. vorhergehendes Kap.). Daher sind die darin enthaltenen Informationen mit einer gewissen Distanz zu betrachten. Die GPK-S beurteilt im vorliegenden Bericht die Verantwortlichkeit des Verwaltungsratspräsidenten der Post nicht.

Zusatzbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 158 ff.; Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018; vgl. auch Kap. 5.1.7 In einem Bericht des externen Revisionsunternehmens KPMG von August 2016, also einige Wochen nach Amtsantritt von Urs Schwaller, wird die Reorganisation «Impresa» erwähnt und wird darauf hingewiesen, dass die Gewinne von PostAuto der Aufsicht des BAV entzogen werden müssen (Zusatzbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 122 ff.).

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als neuer Verwaltungsratspräsident habe daraus jedoch nicht auf unlautere Handlungen bei PostAuto schliessen können.241. Dieser erklärte gegenüber der GPK-S, dass die Dokumente, die ihm damals vorgelegt wurden, keinen Handlungsbedarf für den Verwaltungsrat erkennen liessen. Er hielt fest, dass bei seinem Amtsantritt weder sein Vorgänger noch die Konzernleiterin der Post den PostAuto-Fall angesprochen hatten.242 Auf der Grundlage der Untersuchung von Kellerhals Carrard kamen das UVEK und die EFV zum Schluss, Urs Schwaller habe richtig gehandelt und seine Pflichten nicht vernachlässigt.243 Eine geschwärzte Fassung des Berichts zu den Jahren 2016­ 2018 wurde im Juni 2018 ­ parallel zum Bericht zu den Jahren 2007­2015 ­ veröffentlicht.

Nach der Veröffentlichung der Berichte von Kellerhals Carrard am 11. Juni 2018 wurde in den Medien244 Kritik an der Rolle der beiden Verwaltungsratsmitglieder Susanne Blank und Adriano P. Vassalli laut. Gemäss Kellerhals Carrard245 waren diese beiden Mitglieder des Ausschusses «Audit, Risk & Compliance» des Verwaltungsrates im Verteiler für die Aktennotiz der internen Revision vom 21. August 2013, in welcher auf die Buchungsmanipulationen bei PostAuto hingewiesen wurde.246 Kellerhals Carrard schloss daraus, dass diese beiden Personen nach dieser Information hätten einschreiten müssen.247 Laut Medien behaupteten die betreffenden Personen jedoch, sie hätten diese Aktennotiz nie erhalten.248 Die GPK-S hat diese Frage nicht vertiefen können, weil das administrative Strafverfahren noch nicht abgeschlossen ist.

Am 25. Mai und 7. Juni 2018, also vor der Veröffentlichung der Berichte, führte die damalige Vorsteherin des UVEK im Beisein des Direktors der EFV jeweils ein separates Gespräch mit Adriano P. Vassalli und Susanne Blank.249 Bei diesen Gesprächen ging es insbesondere darum, «ob die beiden Personen [...] für den Eigner als Mitglieder des Verwaltungsrates der Post weiterhin tragbar sind». 250 Gemäss der damaligen Vorsteherin des UVEK ging es darum, zu bestimmen, ob ein Antrag an 241 242 243 244

245 246 247 248

249

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Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 2. Juli 2018 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018 Vgl. z. B.: Post-Vizepräsident gerät ins schiefe Licht. In: Luzerner Zeitung, 13. Juni 2018; Was wussten die Post-Verwaltungsräte? In: Neue Zürcher Zeitung, 14. Juni 2018; Verhängnisvolle Aktennotiz von 2013. In: Berner Zeitung, 27. Juni 2018 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 498 ff.

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 513 ff.

Anhörung der Vertreter von Kellerhals Carrard, Sitzung vom 2. Juli 2018 Angeschossene Post-Spitzenleute setzen sich zur Wehr. In: Aargauer Zeitung, 27. Juni 2018. Die Vertreter von Kellerhals Carrard erklärten gegenüber der GPK-S, sie seien davon ausgegangen, dass die Dokumente effektiv gemäss Verteiler verteilt und alle genannten Empfänger der Aktennotiz Kenntnis von dieser genommen hatten.

Allerdings hätten sie nicht prüfen können, ob dies auch tatsächlich zutreffe, da es ihnen verboten gewesen sei, Gespräche zu führen (Anhörung der Vertreter von Kellerhals Carrard, Sitzung vom 2. Juli 2018).

Der Verwaltungsratspräsident der Post war bei diesen Gesprächen nicht zugegen; er hielt fest, dass «die Beurteilung der Verantwortlichkeiten der Verwaltungsratsmitglieder Sache des Eigners [ist]» (Schreiben der Post an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 und vom 10. Okt. 2018).

Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019

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die Generalversammlung von 2018 zur Abwahl der beiden Verwaltungsräte gestellt werden müsste. Hr. Vassalli und Fr. Blank ­ die den Bericht von Kellerhals Carrard noch nicht kannten ­ sind mit den Vorwürfen aus dem Bericht konfrontiert worden, gemäss welchen sie aufgrund einer Aktennotiz der internen Revision im August 2013 hätten einschreiten müssen. Beide legten dar, dass sie von dieser internen Aktennotiz keine Kenntnis hatten.251 Gemäss der damaligen Vorsteherin des UVEK, ermöglichte der Austausch diesen beiden Personen eine Lagebeurteilung, die schliesslich zu ihrem frei gewählten Rücktritt führte. 252 Die Schlussfolgerungen aus diesen Gesprächen wurden anschliessend dem Verwaltungsratspräsidenten der Post weitergeleitet.253 Das UVEK teilte der GPK-S mit, dass diese Gespräche nicht protokolliert wurden. Es hielt fest, dass «von vertraulichen Gesprächen, welche [die damalige Vorsteherin des UVEK] ohne die Anwesenheit weiterer Personen aus dem UVEK geführt hat, [grundsätzlich] keine Protokolle existieren», ohne dies weiter zu erläutern.254 Im Juni gaben Susanne Blank und Adriano Vassalli bekannt, dass sie an der Generalversammlung 2018 nicht zur Wiederwahl antreten, und begründeten ihre Entscheidung mit «persönlichen Überlegungen»255 sowie mit dem Druck der Medien und der Politik.256 Die vakanten Verwaltungsratssitze wurden an einer ausserordentlichen Generalversammlung im November 2018 neu besetzt (vgl. Kap. 6.1.10).

Im Rahmen ihrer Arbeiten thematisierte die GPK-S mit dem UVEK und der Post auch das Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrates der Post vom 26. Juni 2013.

Dieses Dokument, in welchem von den Gewinnen von PostAuto die Rede ist, wird im Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard nicht erwähnt.257 Laut Post lag das Protokoll erst nach Fertigstellung des Berichts vor, weshalb es Kellerhals Carrard dem Eigner am 29. Mai 2018 separat unterbreitete.258 Das UVEK wiederum bestätigte, vom Dokument Kenntnis genommen zu haben. Das Departement teilte mit, der Bundesrat habe sich bei seinen Entscheiden im Hinblick auf die Generalversammlung auf eine gesamthafte Beurteilung gestützt und das zusätzliche Protokoll habe «nichts am Gesamtbild geändert».259

251 252 253 254

255 256 257 258

259

Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018; Brief der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 17. Okt. 2019.

Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018; Brief der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 17. Okt. 2019.

Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018; Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 und 29. Mai 2019 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 29. Mai 2019 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018.

Vgl. auch: Purgatorium bei der Post. In: Neue Zürcher Zeitung, 27. Juni 2018.

Das fehlende Protokoll. In: Neue Zürcher Zeitung, 15. Juni 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 10. Okt. 2018 und 9. Jan. 2019. Die Post hielt zudem fest, dass in diesem Zeitraum «keine weiteren [...] Dokumente [...] sichergestellt und als relevant eingestuft worden sind».

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018

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6.1.6

Generalversammlung 2018 der Post und Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der Post im Jahr 2017

An seiner Sitzung vom 8. Juni 2018 fasste der Bundesrat seine Beschlüsse im Hinblick auf die für den 26. Juni 2018 angesetzte Generalversammlung der Post. In einer Medienmitteilung260 gab er bekannt, dem Verwaltungsrat der Post für das Jahr 2017 keine vollumfängliche Entlastung zu erteilen, sondern die Vorfälle im Zusammenhang mit PostAuto davon auszunehmen. Die damalige Vorsteherin des UVEK erklärte gegenüber den GPK, dass dieser Entscheid angesichts der verschiedenen immer noch laufenden Untersuchungen gerechtfertigt ist 261 und dass sich der Bundesrat so die Möglichkeit vorbehält, Verantwortlichkeitsklagen einzureichen, sollten die Untersuchungen beweisen, dass Verwaltungsratsmitglieder ihre Pflichten verletzt haben.262 Der Verwaltungsratspräsident der Post teilte der GPK-S mit, dass auch er eine solche eingeschränkte Entlastung befürwortet hatte.263 Der Bundesrat gab zudem bekannt, er habe beschlossen, die Rechnung 2017 der Post zu genehmigen. Die damalige Vorsteherin des UVEK erklärte gegenüber der GPK-S, der Bundesrat habe sich dabei auf das uneingeschränkte Testat der externen Revisionsgesellschaft KPMG gestützt.264 Die GPK-S hält an dieser Stelle fest, dass das BAV später bei seiner subventionsrechtlichen Prüfung der Rechnung 2017 von PostAuto ­ eine gesonderte Etappe, die sich von der Genehmigung der Rechnung der Post durch den Bundesrat unterschiedet ­ die Genehmigung nicht erteilt hat (vgl.

diesbezüglich Kap. 6.1.9).

In derselben Medienmitteilung teilte der Bundesrat mit, er habe beschlossen, die KPMG AG für das Geschäftsjahr 2018 als Revisionsstelle der Post wiederzuwählen.

Danach werde die Zusammenarbeit aber nicht mehr weitergeführt und für das Geschäftsjahr 2019 werde eine Ausschreibung durchgeführt (vgl. Kap. 6.1.10). Das UVEK rechtfertigte diesen Beschluss damit, dass bei PostFinance bereits im Verlaufe des Geschäftsjahres Prüfarbeiten am Laufen waren und «ein kurzfristiges Auswechseln der Revisionsstelle per Mitte Jahr [...] grosse organisatorische Folgen [...]

hätte».265 Der Bundesrat gab zudem bekannt, er habe beschlossen, die Steuerung der bundesnahen Betriebe extern überprüfen zu lassen. Er beauftragte das EFD, zusammen mit dem UVEK und dem VBS eine entsprechende Untersuchung in Auftrag zu geben (zu den Ergebnissen siehe Kap. 6.1.16 und 8.2).266

260 261 262 263 264 265 266

Bundesrat schränkt Décharge für den Verwaltungsrat der Post ein, Medienmitteilung des Bundesrates vom 11. Juni 2018 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzungen vom 2. Juli 2018 und 24. Aug. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 2. Juli 2018 Anhörungen der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzungen vom 23. Apr. 2018 und 2. Juli 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 «Bundesrat schränkt Décharge für den Verwaltungsrat der Post ein», Medienmitteilung des Bundesrates vom 11. Juni 2018

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In seinem Jahresbericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Post im Jahr 2017, der am 8. Juni 2018 verabschiedet und den GPK und den FK vorgelegt wurde,267 kam der Bundesrat zum Schluss, dass die Verwirklichung der Ziele der Post von den Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto «überschattet» wird. Er präzisierte, dass aufgrund der laufenden Untersuchungen keine abschliessende Beurteilung für den Bereich PostAuto vorgenommen werden konnte und das Ziel für den RPV deshalb als «nicht erreicht» eingestuft wurde. Er wies zudem darauf hin, dass die überhöhten Subventionszahlungen vollumfänglich zurückzuzahlen sind und die Struktur von PostAuto überprüft werden muss, damit die subventionsrechtlichen Vorgaben künftig eingehalten werden.

Die Generalversammlung der Post fand am 26. Juni 2018 statt. Danach wurde die vom UVEK und von der EFV eingesetzte Taskforce aufgelöst. 268 Im August 2018 führten die Subkommissionen EDI/UVEK der beiden GPK mit der Vorsteherin des UVEK ein Gespräch über die Erreichung der strategischen Ziele der Post. Auf dieser Grundlage beschlossen die GPK, den eidgenössischen Räten die Annahme des Geschäftsberichts 2017 des Bundesrates zu empfehlen, formulierten aber verschiedene Bemerkungen und Forderungen an den Bundesrat.269

6.1.7

Berechnung und Rückerstattung der von PostAuto zu Unrecht bezogenen Beträge

Bei der Veröffentlichung seines Berichts im Februar 2018 teilte das BAV mit, dass es von der Post eine vollumfängliche Rückerstattung der zwischen 2007 und 2015 zu Unrecht bezogenen Subventionen ­ welche das Amt auf 78,3 Millionen Franken schätzte ­ erwartet.270 Es präzisierte, dass die für den Zeitraum ab 2016 zurückzuerstattenden Beträge erst nach endgültiger Abklärung des neuen Rechnungsmodells von PostAuto bestimmt werden können. Die Post bekräftigte mehrere Male, sie wolle Bund und Kantonen «jeden geschuldeten Franken» vor Ende des Jahres 2018 zurückzahlen.271 Die Vertreterinnen und Vertreter von BAV, Kantonen (Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs [KöV]) und Post beschlossen im März 2018 ein gemeinsames Vorgehen für den Rückerstattungsprozess. Mit der Kontrolle der Arbeiten und der endgültigen Verifizierung der Beträge wurde eine Arbeitsgruppe

267 268 269

270 271

Bericht des Bundesrates vom 8. Juni 2018 über die Erreichung der strategischen Ziele der Schweizerischen Post AG im Jahr 2017 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018 GPK empfehlen Annahme des Geschäftsberichts 2017 des Bundesrates und verlangen zusätzliche Informationen zu PostAuto im Geschäftsbericht 2018, Medienmitteilung der GPK vom 7. Sept. 2018 Untersuchung zur Gewinnerzielung von PostAuto Schweiz AG im subventionierten Regionalverkehr, Medienmitteilung des BAV vom 6. Febr. 2018 PostAuto Schweiz AG bezog zu hohe Abgeltungen, Medienmitteilung der Post vom 6. Febr. 2018; vgl. auch Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 2. Juli 2018, und Wichtiger Meilenstein für den Neuanfang: Rückzahlungsbetrag festgelegt und zur Zahlung bereit, Medienmitteilung der Post vom 21. Sept. 2018

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mit Vertreterinnen und Vertretern von BAV und KöV beauftragt.272 Diese «hat [...]

auch die Aufteilung auf die Kantone sowie Gemeinden berechnet bzw. entsprechende operative Arbeiten der Post kritisch überprüft». 273 Die Berechnung der zwischen 2007 und 2015 erfolgten unrechtmässigen Buchungen stützte sich auf die im Auftrag der Post von EY durchgeführten Arbeiten. Das Unternehmen Pricewaterhouse Coopers274 wurde vom BAV mit einer unabhängigen Zweitmeinung beauftragt; beide Berichte kamen weitgehend zum gleichen Schluss.275 Letzten Endes wurde der für die in diesen Zeitraum erfolgten unrechtmässigen Buchungen zurückzuerstattende Betrag auf ungefähr 90,5 Millionen Franken geschätzt.276 Zusätzliche Abklärungen ergaben, dass im Auftrags- und Ortsverkehr unrechtmässige Umbuchungen in Höhe von ungefähr 16,6 Millionen Franken getätigt worden waren.277 Ausserdem wurde gemäss Artikel 30 des SuG ein Verzugszins verrechnet, der sich für den betreffenden Zeitraum auf 26,8 Millionen Franken beläuft.278 Da PostAuto 2016 ein neues Rechnungsmodell eingeführt hatte, vereinbarten die Post und das BAV für die Berechnung der überschüssigen Beträge für die Jahre 2016­2018 einen pauschalen Rückerstattungsbetrag. 279 Dieser umfasst sämtliche in diesem Zeitraum von PostAuto im subventionierten RPV erwirtschafteten Gewinne.280 Der für diese drei Jahre zurückzuerstattende Betrag wurde auf 54,3 Millionen Franken festgelegt.281 Die von PostAuto von 2007 bis 2018 zu Unrecht bezogenen und Bund, Kantonen und Gemeinden zurückzuzahlenden Subventionen wurden somit auf insgesamt 188,1 Millionen Franken geschätzt.282 Der Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard hatte im Übrigen zu verstehen gegeben, dass bereits vor 2007 unrechtmässige Umbuchungen getätigt worden waren.

272

273 274 275 276 277 278 279

280

281 282

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018; Bund, Kantone und Post verständigen sich auf Rückerstattungen im Fall Postauto, Medienmitteilung des BAV vom 21. Sept. 2018; Fall Postauto ­ Berechnung der Rückerstattung, Faktenblatt des BAV vom 21. Sept. 2018 Fall Postauto ­ Berechnung der Rückerstattung, Faktenblatt des BAV vom 21. Sept. 2018 Bundesamt für Verkehr. Überprüfung der Umbuchungen der PostAuto Schweiz AG der Jahre 2007­2015, Bericht von Pricewaterhouse Coopers vom 12. Sept. 2018 Fall Postauto ­ Berechnung der Rückerstattung, Faktenblatt des BAV vom 21. Sept. 2018 Fall Postauto ­ Berechnung der Rückerstattung, Faktenblatt des BAV vom 21. Sept.

2018; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 14. Nov. 2018 Fall Postauto ­ Berechnung der Rückerstattung, Faktenblatt des BAV vom 21. Sept. 2018 Fall Postauto ­ Berechnung der Rückerstattung, Faktenblatt des BAV vom 21. Sept. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018; PostAuto: Analyse Umbuchungen vor 2007, Bericht der Post vom 5. Sept. 2018 zuhanden des BAV, Kap. 4.3 Das BAV und die Post beschlossen, auch das Geschäftsjahr 2018 in diese pauschale Rückerstattung miteinzubeziehen, da die Gefahr, dass es bei einer Ablösung des Umbuchungssystems mitten im Geschäftsjahr zu Rechnungsfehlern kommt, zu gross war (Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018).

Fall Postauto ­ Berechnung der Rückerstattung, Faktenblatt des BAV vom 21. Sept. 2018 Bund, Kantone und Post verständigen sich auf Rückerstattungen im Fall Postauto, Medienmitteilung des BAV vom 21. Sept. 2018; Wichtiger Meilenstein für den Neuanfang: Rückzahlungsbetrag festgelegt und zur Zahlung bereit, Medienmitteilung der Post vom 21. Sept. 2018

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Obwohl allfällige Widerhandlungen vor 2007 bereits verjährt sind, beschloss die Post, für die Jahre 2004­2007 freiwillig zusätzliche 17,2 Millionen Franken zurückzuzahlen.283 Dieser Betrag wurde anhand einer internen Schätzung der Post ermittelt (vgl. folgendes Kapitel).

Am 21. September 2018 schlossen das BAV, die KöV und PostAuto eine Rahmenvereinbarung zur Rückzahlung der Beträge ab. Es wurde beschlossen, dass diese Vereinbarung in Kraft tritt, wenn bis zum 14. Dezember 2018 mindestens 18 Kantone eine individuelle Vereinbarung mit der Post unterzeichnen.284 Am 18. Dezember gab das BAV bekannt, dass alle betroffenen Kantone eine individuelle Vereinbarung mit der Post unterzeichnet haben und die Vereinbarung zu den Rückerstattungen somit in Kraft tritt. Das Amt wies zudem darauf hin, dass im Rahmen von zusätzlichen Abklärungen bei der Post festgestellt worden war, dass in den Bereichen Ortsund Ausflugsverkehr den Gemeinden zusätzliche 2,9 Millionen Franken zurückzuerstatten sind.285 Im Januar 2019 teilte die Post der GPK-S mit, ein Grossteil der vereinbarten Rückerstattungen sei in der Zwischenzeit durchgeführt worden.286

6.1.8

Abklärungen zum Zeitraum vor 2007

Sowohl der Revisionsbericht des BAV als auch die Abklärungen von Kellerhals Carrard beschränkten sich aufgrund der Verjährung allfälliger früherer Verstösse auf den Zeitraum 2007­2015.287 Kellerhals Carrard gab in seinem Bericht indes zu verstehen, dass bei PostAuto bereits vor 2007 unrechtmässige Umbuchungen getätigt wurden.288 Die Vertreter von Kellerhals Carrard erklärten gegenüber der GPK-S, dass die Buchungsmanipulationen wahrscheinlich bereits in den 1990er-Jahren begonnen hatten, es jedoch im Rahmen der auf den Zeitraum bis 2007 beschränkten Untersuchung nicht möglich war, die Motive für diese Buchungsmanipulationen zu eruieren.289 283

284

285

286 287

288

289

Bund, Kantone und Post verständigen sich auf Rückerstattungen im Fall Postauto, Medienmitteilung des BAV vom 21. Sept. 2018; Wichtiger Meilenstein für den Neuanfang: Rückzahlungsbetrag festgelegt und zur Zahlung bereit, Medienmitteilung der Post vom 21. Sept. 2018 Bund, Kantone und Post verständigen sich auf Rückerstattungen im Fall Postauto, Medienmitteilung des BAV vom 21. Sept. 2018. Der Preisüberwacher begrüsste dieses Vorgehen, das in seinen Augen ein Zeichen dafür ist, «dass die Institutionen funktionieren» (vgl. Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018).

Die Vereinbarung zu den Rückerstattungen im Fall PostAuto tritt in Kraft, Medienmitteilung des BAV vom 18. Dez. 2018; Vereinbarung über die Rückzahlung tritt in Kraft: Post kann nun alle Gelder zurückzahlen, Medienmitteilung der Post vom 18. Dez. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 24. Apr. 2018. Der Wechsel der Rechtsform von PostAuto 2006 und der Übergang zum internationalen Standard IFRS 2003 wurden ebenfalls als Hindernisse für die Abklärungen vor 2007 genannt.

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 642 ff. Im Bericht wird insbesondere eine Weisung zu den Offerten für die Jahre 2000/2001 und ein Antrag von 2007 an die Geschäftsleitung sowie die Schaffung zweier separater Buchungskreise ab 2006 erwähnt. Laut Kellerhals Carrard könnte auch die Einführung des internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS 2002 eine Rolle bei der Intensivierung der Manipulationen gespielt haben.

Anhörung der Vertreter von Kellerhals Carrard, Sitzung vom 2. Juli 2018

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Der Verwaltungsratspräsident der Post teilte Anfang Juli 2018 der GPK-S mit, dass sich die Post bemühen wird, den Sachverhalt vor 2007 aufzuarbeiten, war aber nicht sicher, dass dies auch gelingen wird.290 Die Vertreter von Kellerhals Carrard meinten, dass es ohne Befragungen schwierig wird, herauszufinden, wer das System der Buchungsmanipulationen ins Leben gerufen hat.291 Die damalige Vorsteherin des UVEK wiederum erklärte gegenüber der Kommission, dass die Aufarbeitung der Geschehnisse vor 2007 nicht in ihrer Verantwortung liegt und in den Zuständigkeitsbereich des BAV fällt. Sie sagte, sie habe nichts gegen eine gründliche Untersuchung dieses Zeitraums. Allerdings wäre diese sehr arbeitsaufwendig und würde ihrer Meinung nach nicht viel bringen, da die betroffenen Personen nicht mehr bei PostAuto angestellt sind.292 Mit Schreiben vom 4. Juli 2018 ersuchte das BAV die Post, eine Untersuchung des Zeitraums vor 2007 durchzuführen und dem Amt einen diesbezüglichen Bericht vorzulegen, damit es eruieren kann, inwieweit eine Rückzahlung der vor 2007 zu Unrecht bezogenen Subventionen wünschenswert wäre.293 Am 5. September 2018 übermittelte die Post dem BAV den gewünschten Bericht, welcher anschliessend veröffentlicht wurde.294 Dieses von den Fachleuten der Post verfasste Dokument stützte sich auf intern erhobene Daten.295 Die Untersuchungen der Post zeigten, dass das auf der «Buchungsperiode 15» beruhende System der unrechtmässigen Umbuchungen mit einer Weisung von 2008 institutionalisiert wurde,296 Buchungsmanipulationen jedoch bereits früher getätigt worden waren. 297 Gemäss der Untersuchung der Post konnten vor allem ab 2004 systematische unrechtmässige Umbuchungen ermittelt werden.298 Berechnungen der Post zufolge belaufen sich die von 2004 bis 2007 erzielten Gewinne auf ungefähr 17,2 Millionen Franken.299 In ihrem Bericht hebt die Post die «eingeschränkte Qualität» der für die Jahre vor 2007 verfügbaren Daten hervor. Grund dafür seien insbesondere die Umstellung auf andere Buchhaltungssysteme der Post und die organisatorischen Änderungen (Auslagerung von PostAuto 2006).300 Die Post hielt fest, dass es nicht mehr möglich ist, die erhobenen Daten zu plausibilisieren und diese nicht als Grundlage für präzise Berechnungen herangezogen werden können.301

290 291 292 293 294

295 296 297 298 299 300 301

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 2. Juli 2018 Anhörung der Vertreter von Kellerhals Carrard, Sitzung vom 2. Juli 2018 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018 Schreiben des BAV an den Verwaltungsratspräsidenten der Post vom 4. Juli 2018 PostAuto: Analyse Umbuchungen vor 2007, Bericht zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018, veröffentlicht am 18. Dez. 2018 (im Folgenden «Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018») Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018, Kap. 1.

Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018, Kap. 4.3 Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018, Kap. 4.4 Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018, Kap. 4.6 und 5.3 Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018, Kap. 4.6 und 5.4 Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018, Kap. 3 und 5.4 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018.

Der Verwaltungsratspräsident erklärte gegenüber der GPK-S, dass insbesondere die Daten vor 2004 nicht genügend stabil sind.

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Die Post wies zudem darauf hin, dass für die Rückforderung der vor 2007 an PostAuto ausgerichteten Subventionen keine rechtsgültige Grundlage mehr besteht, da sämtliche Verstösse aus diesem Zeitraum bereits verjährt sind.302 Als Zeichen der Kooperationsbereitschaft erklärte sich die Post jedoch bereit, für die im Zeitraum 2004­2007 getätigten Umbuchungen freiwillig 17,2 Millionen Franken zurückzuerstatten (vgl. vorhergehendes Kapitel).303 Mit Schreiben vom 13. September 2018304 teilte das BAV der Post mit, dass diese zu Recht auf einige Umstände hinweist, welche eine Rekonstruierung des Sachverhalts vor 2007 erschweren. Es hielt fest, dass es nicht bestätigen kann, ob die im Bericht der Post dargelegten Umstände den Tatsachen entsprechen, es jedoch die Darlegungen im Bericht nachvollziehen kann und den von der Post ermittelten Rückerstattungsbetrag als vertretbaren Vorschlag erachtet. Damit sei aus Sicht des BAV die betreffende Periode aufgearbeitet.

Das UVEK teilte der GPK-S mit, dass die Objektivität und die Exaktheit der Analysen der Post nicht beurteilt wurden und diesbezüglich auch keine weiteren Gespräche stattfanden.305 Die Kommission nimmt nicht Stellung zu den Abklärungen der Post, weist aber darauf hin, dass diese angesichts der beschränkten Qualität der verfügbaren Daten und des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens mit grösster Vorsicht zu betrachten sind.

6.1.9

Subventionsrechtliche Genehmigung der Rechnungen 2016­2018 von PostAuto, Neuverhandlung der Offerten 2019 von PostAuto, Reserve des Unternehmens

Gemäss Artikel 37 Absatz 1 PBG prüft das BAV die Jahresrechnung der Unternehmen, die von der öffentlichen Hand Beiträge erhalten, um sicherzustellen, ob die Rechnungen mit den subventionsrechtlichen Vorschriften übereinstimmen (vgl. Kap.

2.3). Im Frühjahr 2018 teilte das BAV mit, dass es angesichts der laufenden Abklärungen zum neuen Buchungssystem von PostAuto die Rechnungen des Unternehmens für die Jahre 2016 und 2017 noch nicht genehmigen kann, aber davon ausgeht, dies bis zum Sommer tun zu können.

Mitte 2019 informierte das BAV die GPK-S, dass es letztlich auf die Genehmigung der PostAuto-Rechnungen für die Jahre 2016, 2017 und 2018 verzichtet hat.306 Es hielt fest, dass mit der am 21. September 2018 zwischen Bund, KöV und Post abgeschlossenen Rahmenvereinbarung über die Rückerstattung von PostAutoAbgeltungen sämtliche finanziellen Fragen zu diesen drei Jahren per Saldo aller Ansprüche geregelt wurden (vgl. Kap. 6.1.7). Das BAV fügte hinzu, dass es die betreffenden Jahresrechnungen als abgeschlossen erachtet und diese folglich nicht

302 303 304 305 306

Bericht der Post zuhanden des BAV vom 5. Sept. 2018, Kap. 2 und 5.4 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018 Schreiben des BAV an die Post vom 13. Sept. 2018 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 Aktennotiz an die GPK-S vom 3. Juni 2019

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formell genehmigt werden müssen.307 Dieser Entscheid wurde der Post per Schreiben vom 7. Februar 2019 mitgeteilt.308 Anschliessend gab das BAV im Rahmen der im Mai 2019 präsentierten Neuausrichtung der Aufsicht über den RPV bekannt, es beabsichtige, künftig keine Genehmigungen der Rechnungen subventionierter Unternehmen mehr vorzunehmen (vgl. Kap. 6.1.14).

Die GPK-S erkundigte sich auch über die Neuaushandlung der von PostAuto für das Jahr 2019 eingereichten Offerten, von denen einige vor Bekanntwerden der PostAuto-Affäre abgeschlossen worden waren. Das BAV teilte der Kommission Anfang Juni 2019 mit, dass PostAuto Ende April neue Offerten eingereicht hat und dass diese aktuell mit den Bestellern (Bund und Kantone) ausgehandelt werden. 309 Ferner informierte sich die Kommission über die Entwicklung der Spezialreserve von PostAuto im Sinne von Artikel 36 PBG310 in den Jahren 2017 und 2018. Das BAV teilte mit, dass die Reserve in den beiden genannten Jahren von 42,7 Millionen Franken (Jahresabschluss 2016) auf 45,3 Millionen Franken (Jahresabschluss 2018) erhöht wurde.311 Befragt nach den Gründen für diese Erhöhung, erklärte das Bundesamt, dass es in seinem Revisionsbericht von Februar 2018 verlangt hatte, dass PostAuto seiner Reserve zusätzliche 2,7 Millionen Franken zuweist, um die nach Unternehmensdefiziten erfolgten Entnahmen von 2014 und 2015 zu kompensieren.312 Das BAV erachtet diese Entnahmen insofern für unbegründet, als PostAuto in diesen beiden Jahren Gewinne erzielte und die verbuchten Verluste somit nicht der Realität entsprachen.

Die GPK-S stellte sich zudem die Frage, weshalb die Spezialreserve von PostAuto nicht genutzt wurde, um einen Teil der Rückerstattungen von zu Unrecht bezogenen Subventionen abzudecken (siehe Kap. 6.1.7). Das BAV teilte der Kommission mit, dass die Rückerstattungen in seinen Augen aus den freien Reserven (und nicht aus der Spezialreserve) des Unternehmens zu erfolgen haben, da ein Grossteil der von PostAuto in den letzten Jahren versteckten Gewinne der freien Reserve des Unternehmens und nicht der Spezialreserve zugewiesen wurden.313

307 308 309 310

Aktennotiz an die GPK-S vom 3. Juni 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 15. Apr. 2019 Aktennotiz an die GPK-S vom 3. Juni 2019 Erzielt ein Unternehmen des RPV in einer abgeltungsberechtigten Verkehrssparte einen Jahresgewinn, so sieht das PBG vor, dass das Unternehmen mindestens zwei Drittel dieses Überschusses der Spezialreserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge abgeltungsberechtigter Verkehrssparten zuweist. Erreicht diese Spezialreserve 25 Prozent des Jahresumsatzes der betreffenden Sparten oder beträgt sie 12 Millionen Franken, so steht der Gewinn dem Unternehmen zur freien Verfügung (siehe Kap. 2.3).

311 Aktennotizen des BAV an die GPK-S vom 3. und 17. Sept. 2019. Zu den detaillierten Zahlen siehe Anhang 4.

312 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 17. Sept. 2019 313 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 17. Sept. 2019

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6.1.10

Massnahmen der Post ab Juni 2018

Nachdem die Post als Reaktion auf die PostAuto-Affäre im ersten Halbjahr 2018 mehrere Massnahmen angekündigt hatte,314 informierte sich die GPK-S zwischen Juni 2018 und Juni 2019 regelmässig über den Stand der Arbeiten. Im Folgenden werden die Schritte der Post kurz beschrieben.

Aufgabe der «Impresa»-Struktur: Nach der Veröffentlichung des Untersuchungsberichts Kellerhals Carrard ordnete der Verwaltungsrat der Post an, die 2016 in die Wege geleitete Reorganisation namens «Impresa» rückgängig zu machen. Ausserdem verzichtete er für das Geschäftsjahr 2018 auf eine Gewinnvorgabe für PostAuto.315 Der Rückbau von «Impresa» erfolgte buchhalterisch und steuerlich per 1. Januar 2019 sowie vertragsrechtlich und in Bezug auf das Handelsregister per 7. Juni 2019.316 Mit Ausnahme von PubliBike, CarPostal France und PostAuto Liechtenstein wurden alle Tochtergesellschaften zu einer Muttergesellschaft fusioniert (PostAuto AG). Die Finanzen des Unternehmens wurden zudem in einen einzigen Buchungskreis überführt, wodurch keine internen Verrechnungen mehr möglich sind.317 Strategische Neuausrichtung von PostAuto: Der Verwaltungsrat der Post beschloss eine strategische Neuausrichtung von PostAuto, die sich auf den Kernauftrag (den regionalen Personenverkehr) und die Lieferung eines qualitativ hochwertigen Service public konzentriert.318 Die Post teilte mit, dass PostAuto die Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs auf der Strasse aktiv mitgestalten möchte, Nachhaltigkeit zum zentralen Wert für alle Tätigkeiten von PostAuto werden soll sowie die Compliance und die Transparenz verbessert werden sollen.319 Die strategische Neuausrichtung umfasst ausserdem den Rückzug aus gewissen Geschäftsbereichen (Auslandsgeschäft, Fernbusverkehr, Pauschalreisen) sowie eine Überprüfung der Aktivitäten in Frankreich und Liechtenstein sowie des Bike-Sharing-Angebots (vgl.

weiter unten).320 Die Post kündigte an, dass die definitive Strategie von PostAuto dem Verwaltungsrat bis Ende 2019 zur Genehmigung vorgelegt wird.

Neustrukturierung von PostAuto: Vor der PostAuto-Affäre war das Unternehmen in regionale Einheiten untergliedert. Der Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard liess allerdings vermuten, dass Regionalverantwortlichen am System der Buchungsmanipulationen beteiligt waren. Die Post beschloss deshalb, die Verantwortlichkeiten bei 314

315 316 317 318

319 320

Siehe insbesondere: PostAuto Schweiz AG bezog zu hohe Abgeltungen, Medienmitteilung der Schweizerischen Post AG vom 6. Febr. 2018; Externe Untersuchung und Gutachten bestätigen inakzeptables Fehlverhalten ­ Post-Verwaltungsrat zieht die Konsequenzen, Medienmitteilung der Schweizerischen Post AG vom 11. Juni 2018.

Wichtiger Meilenstein für den Neuanfang: Rückzahlungsbetrag festgelegt und zur Zahlung bereit, Medienmitteilung der Post vom 21. Sept. 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 9. Jan. 2019; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018; PostAuto startet Konsultationsverfahren zur Neuausrichtung, Medienmitteilung der Post vom 10. Sept. 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 14. Juni 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018, Schreiben der Post an die GPK-S vom 14. Juni 2019

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PostAuto neu zu organisieren und von der Regionenstruktur zu einer zentralisierten Aufbauorganisation zu wechseln.321 Die Stellen in der neuen Struktur wurden ab Ende August 2018 ausgeschrieben. Anfang September 2018 teilte die Post mit, dass die geplante Reorganisation zum Abbau von 40 bis 60 Stellen führen könnte. Es wurde ein Konsultationsverfahren durchgeführt und ein Sozialplan erarbeitet. 322 Die Mitglieder der neuen Geschäftsleitung von PostAuto wurden zwischen Juni und September 2018 ernannt,323 der neue Leiter, Christian Plüss, trat seine Stelle am 1. November 2018 an. Die drei höchsten Hierarchieebenen wurden bis Ende Dezember 2018 besetzt. Die GPK-S nahm Kenntnis vom detaillierten Organigramm der neuen Führungsstruktur und diskutierte dieses mit den Vertreterinnen und Vertretern der Post.324 Die Reorganisation von PostAuto wurde im April 2019 abgeschlossen.

Die Post informierte die GPK-S darüber, dass ehemalige Regionalverantwortliche in der neuen Struktur wiederangestellt wurden. Es obliege fedpol, über allfällige strafrechtliche Verantwortlichkeiten der Personen in den einstigen regionalen Einheiten zu befinden. Die Post werde diesbezüglich keine weiteren Abklärungen mehr durchführen.325 Die Vertreterinnen und Vertreter der Post teilten der Kommission jedoch mit, dass alle relevanten Angestellten, die in der neuen Struktur eine Führungsposition bekleiden, eine Klausel im Vertrag haben, gemäss der im Falle einer Anklage das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird und allfällige Schadenersatzansprüche vorbehalten sind.326 Verwaltungsrat von PostAuto: PostAuto wurde in der Vergangenheit von einem «fiduziarischen Verwaltungsrat» ohne Eigenverantwortung geleitet. Die Post informierte die GPK-S, nach der Überprüfung des Führungsmodells entschieden zu haben, dass PostAuto künftig über einen dreiköpfigen aktiven Verwaltungsrat (Konzernleiter Post, Leiter Finanzen Post und Leiter Corporate Center Post) verfügen soll, welcher die Aufgabe hat, Grundsatzentscheide zu treffen, während die allgemeine strategische Leitung beim Verwaltungsrat der Post bleibt.327 Neuer Konzernleiter und neue Verwaltungsratsmitglieder der Post: Ende November 2018 wurde Roberto Cirillo zum neuen CEO der Schweizerischen Post gewählt. Er trat sein Amt im April 2019 an.328 An der ausserordentlichen Generalversammlung der Post vom 27. November 2018 wurden zudem Bernadette Koch und Ronny Kaufmann als Ersatz von Susanne Blank und Adriano P. Vassalli in den Verwal321 322 323 324 325 326

327 328

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018, Schreiben der Post an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 PostAuto startet Konsultationsverfahren zur Neuausrichtung, Medienmitteilung der Post vom 10. Sept. 2018 Fünf Mitglieder der Geschäftsleitung PostAuto gewählt, Medienmitteilung der Post vom 3. Sept. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019 Schreiben der Post an die GPK-S vom 10. Okt. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzungen vom 17. Okt. 2018 und 23. Jan. 2019; Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK vom 19. Dez. 2018. Die Kommission wurde informiert, dass fünf der zehn ehemaligen Regionalverantwortlichen in der neuen Struktur angestellt wurden.

Schreiben der Post an die GPK-S vom 14. Juni 2019 Roberto Cirillo wird neuer Konzernleiter der Schweizerischen Post, Medienmitteilung der Post vom 22. Nov. 2018

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tungsrat der Post gewählt.329 Die GPK-S informierte sich bei der Post und beim UVEK darüber, wie diese beiden Mitglieder ausgewählt und ihre Interessenbindungen überprüft wurden. Dieses Thema wird an dieser Stelle allerdings nicht vertieft.330 Massnahmen im Verwaltungsrat der Post: Der Verwaltungsratspräsident der Post teilte seinen Plan mit, auf Stufe Verwaltungsrat einen PostAuto-Ausschuss zu schaffen, der sich mit CarPostal France, PostAuto Liechtenstein und PubliBike beschäftigt.331 Des Weiteren kündigte die Post an, den Informationsaustausch zwischen der internen Revision und dem Verwaltungsrat präziser zu regeln und zu institutionalisieren.332 Ausserdem wurde entschieden, dass der Verwaltungsratspräsident ab Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens zu PostAuto nicht mehr Mitglied des Verwaltungsratsausschusses «Audit, Risk & Compliance» ist. 333 Personelle Massnahmen: Die Post informierte die GPK-S regelmässig über das Vorgehen in Bezug auf die Verantwortlichkeits- und Schadenersatzklagen gegen die entlassenen PostAuto-Mitarbeitenden. Die Post versicherte der Kommission, dass den Personen, deren Abgänge im Juni 2018 kommuniziert wurden, keine Abgangsentschädigungen gezahlt worden waren.334 An rund 15 Personen, die im Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard vorbelastet werden, wurden Einredeverzichtserklärungen übermittelt.335 Im Sommer 2019 wurde die GPK-S von der Post informiert, dass fünf ehemalige Mitarbeitende während der Kündigungsfrist Einsprache gegen ihre Kündigung erhoben haben und diese Einsprachen nach wie vor hängig sind. 336 Im ersten Halbjahr 2019 bedauerten die Vertreterinnen und Vertreter der Post gegenüber der Kommission mehrfach, dass es ihnen aufgrund des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens verboten ist, mit den ehemaligen Mitarbeitenden zu sprechen (siehe Kap. 6.1.3). Sie erklärten, dass es der Post deshalb unmöglich ist, über die Verantwortlichkeits- und Schadenersatzklagen zu entscheiden.337 Im April 2019 kündigte der Verwaltungsrat der Post an, dass er über die Geltendmachung rechtlicher Ansprüche erst abschliessend entscheiden wird, wenn er die Unterlagen des Verwaltungsstrafverfahrens konsultieren und die betroffenen Personen befragen kann.338 In der Zwischenzeit würden die Arbeiten auf unbestimmte Dauer unterbrochen.339 Einfrieren der Boni und Rückerstattung der zu Unrecht ausbezahlten Lohnanteile: Die Post teilte der GPK-S mit, dass die variablen Lohnanteile (Boni) der ehema329 330 331 332 333 334 335 336 337 338 339

Bernadette Koch und Ronny Kaufmann komplettieren den Verwaltungsrat der Post, Medienmitteilung der Post vom 27. Nov. 2018 Zu den Massnahmen des UVEK in dieser Sache siehe folgendes Unterkapitel.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 2. Juli 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzungen vom 17. Okt. 2018 und 23. Jan. 2019 Schreiben der Post an die GPK-S vom 14. Juni 2019 Schreiben der Post an die GPK-S vom 18. Dez. 2018, Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzungen vom 23. Jan. 2019 und vom 15. Apr. 2019 Rechnung genehmigt und Verwaltungsrat bestätigt, Medienmitteilung der Post vom 17. Apr. 2019 Schreiben der Post an die GPK-S vom 14. Juni 2019

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ligen Konzernleiterin und der gesamten Geschäftsleitung von PostAuto für die Jahre 2017 und 2018340 eingefroren wurden und erst freigegeben werden, wenn die Verantwortlichkeiten geklärt sind.341 Ausserdem kündigte sie an, zu prüfen, ob sie die Rückerstattung von zu Unrecht ausbezahlten Lohnanteilen verlangen kann.342 Die entsprechenden Abklärungen wurden ebenfalls sistiert, bis zusätzliche Informationen zum Verwaltungsstrafverfahren vorliegen. Der Verwaltungsratspräsident der Post erläuterte zudem, dass das Unternehmen prüfen wird, ob das System der variablen Lohnanteile angesichts der gemachten Erfahrungen angepasst werden muss. 343 Massnahmen zugunsten des Personals: Die Vertreterinnen und Vertreter der Post betonten gegenüber der Kommission mehrfach, dass nach der PostAuto-Affäre das Vertrauen des Personals wiedergewonnen werden muss, und nannten die Massnahmen, die ergriffen wurden, um das Gespräch mit den Mitarbeitenden zu suchen. 344 Abklärungen zu den Lizenzgebühren und Management-Fees: Der Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard förderte auch Unregelmässigkeiten bei der Verbuchung der Lizenzgebühren und Management-Fees in den Einheiten des Postkonzerns zutage. 345 Die Post gab bekannt, zu einer einheitlichen finanziellen Führung innerhalb des gesamten Konzerns überzugehen346 und die Handhabung der Management-Fees extern überprüfen zu lassen.347 Im Juni 2019 teilte die Post der Kommission die Ergebnisse der von ihr bei Pricewaterhouse Coopers in Auftrag gegebenen Analyse mit und kündigte an, ihr Konzept gemäss den Empfehlungen von Pricewaterhouse Coopers auf die geltenden Standards zu aktualisieren.348 Compliance-Programm: Anfang Februar 2018 kündigte die Post die Einführung eines Compliance-Programms an.349 Im Juni 2019 informierte der Konzern die 340

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Gemäss Finanzbericht 2018 der Post (S. 72) besteht die Entlöhnung der Mitglieder der Konzernleitung der Post aus einem fixen Grundlohn und einem leistungsorientierten variablen Anteil, welcher maximal 45 Prozent des Bruttojahresgrundsalärs (beim Konzernleiter / bei der Konzernleiterin maximal 50 Prozent) beträgt. Dieser variable Anteil hängt von der Wertschöpfung auf Konzernebene (28 Prozent), dem Gewinn der betreffenden Einheit (20 Prozent) sowie der Kundenzufriedenheit und anderen Kriterien ab. Ein Drittel des variablen Anteils wird auf ein Sonderkonto eingezahlt und drei Jahre später ausbezahlt. Die restlichen zwei Drittel werden direkt ausbezahlt. Bei der Einfrierung der Boni infolge der PostAuto-Affäre wurden sämtliche variablen Lohnanteile gesperrt, nicht nur diejenigen, die später ausbezahlt werden (vgl. Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 15. Apr. 2019).

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 17. Okt. 2018. Die Post teilte mit, dass in diesem Zusammenhang Einredeverzichtserklärungen unterzeichnet wurden.

Schreiben der Post an die GPK-S vom 10. Okt. 2019.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 15. Apr. 2019. Die Frage, inwieweit sich die Buchungsmanipulationen bei PostAuto auf den bestimmten Verantwortlichen der Post ausgezahlten Bonus hatten (und ob der Bonus somit einen negativen Anreiz darstellte) bleibt momentan offen.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzungen vom 17. Okt. 2018 und 15. Apr. 2019 Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 677 ff.

Finanzielle Lage der PostAuto-Auslandgesellschaften unvollständig dargestellt, Medienmitteilung der Post vom 3. Juli 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 10. Okt. 2018 und 9. Jan. 2019 Schreiben der Post an die GPK-S vom 14. Juni 2019 PostAuto Schweiz AG bezog zu hohe Abgeltungen, Medienmitteilung der Post vom 6. Febr. 2018

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GPK-S über verschiedene Schritte, die in dieser Sache unternommen wurden, darunter die Bestimmung eines Compliance-Beauftragten für den Bereich Subventionsrecht auf Konzernebene und die Einführung einer zentralen Dokumentation aller Subventionen der Post.350 Ausserdem kündigte sie an, die Mitarbeitenden zum Thema Subventionsrecht zu schulen sowie gezielte Kontrollen durchzuführen.

Wechsel des externen Revisionsunternehmens: Nach einer beschaffungsrechtskonformen Ausschreibung teilte die Post im Dezember 2018 mit, der Generalversammlung beantragt zu haben, das Unternehmen EY zum neuen externen Revisor zu bestimmen.351 Dieser Antrag wurde an der Generalversammlung im April 2019 angenommen.352 Der Verwaltungsratspräsident der Post präzisierte, dass EY künftig auch subventionsrechtliche Prüfungen vornehmen wird,353 wie dies später auch die RAB empfahl (vgl. Kap. 6.1.13). Die GPK-S hat die Modalitäten dieses Wechsels im Rahmen ihrer Arbeiten verschiedentlich mit den Vertreterinnen und Vertretern der Post thematisiert.354 Die Wahl des neuen Revisionsunternehmens wurde von der GPK-S allerdings nicht weiter vertieft, da dieser Aspekt über den Rahmen der PostAuto-Inspektion hinausgeht.

CarPostal France: Nach der PostAuto-Affäre beschloss die Post, einen Verkauf der französischen PostAuto-Tochter zu prüfen. Diese Option wurde im Laufe des Jahres 2019 umgesetzt (siehe hierzu Kap. 7).

Prüfung der Situation von PubliBike: Die Kommission informierte sich auch über die Situation bei der Bike-Sharing-Tochter von PostAuto, PubliBike. Dieses Unternehmen ist nicht Gegenstand des Untersuchungsberichtes Kellerhals Carrard und bei ihm wurden auch keine Buchungsunregelmässigkeiten festgestellt. Dennoch gab es im Laufe des Jahres 2018 immer wieder Kritik am Rechnungsmodell von PubliBike und an der fehlenden finanziellen Transparenz dieser Tochtergesellschaft. 355 Der Verwaltungsrat der Post kündigte im Sommer 2018 eine vertiefte Prüfung zu diesem Thema an.356 Die Kommission wurde in der Folge von der Post über die Situation bei PubliBike und über den Stand der Überlegungen informiert.357 Anfang 2019 gab der Verwaltungsratspräsident der Post den Beschluss des Verwaltungsrates bekannt, vorerst am Leistungsangebot von PubliBike festzuhalten, aber gleichzeitig eine deutliche Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und mittelfristig ein ausgeglichenes 350 351 352 353 354

355

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Schreiben der Post an die GPK-S vom 14. Juni 2019 Vereinbarung über die Rückzahlungen tritt in Kraft: Post kann nun alle Gelder zurückzahlen, Medienmitteilung der Post vom 18. Dez. 2018 Rechnung genehmigt und Verwaltungsrat bestätigt, Medienmitteilung der Post vom 17. Apr. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019. Die Vertreterinnen und Vertreter der Post präsentierten insbesondere was getan wurde, um sicherzustellen, dass kein Interessenkonflikt besteht, da das neue Verwaltungsratsmitglied Bernadette Koch ehemalige Partnerin von EY ist.

Le vélo en libre-service a quelques bâtons dans les roues. In: Le Temps, 10. Dez. 2018; Chef von Problemfirma PubliBike geht. In: Basler Zeitung, 22. Dez. 2018. Siehe auch: EFK: Prüfung Risikomanagement, Die Schweizerische Post AG, Bericht vom 8. März 2019, Kap. 2.2.

Schreiben der Post an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzungen vom 17. Okt. 2018 und 23. Jan. 2019. Die GPK-S geht davon aus, dass die Eignerdepartemente über die gleichen Informationen verfügten.

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Ergebnis zu erwarten. Die Unternehmensleitung sei beauftragt worden, entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.358 Er betonte aber, dass er den strategischen Entscheid von 2011, PubliBike zu starten, nach wie vor für richtig hält.359 Da der Fall PubliBike über den Rahmen der vorliegenden Inspektion hinausgeht und die Post mit dieser Tochtergesellschaft im freien Wettbewerb steht,360 verzichtet die GPK-S darauf, diesen Aspekt derzeit zu vertiefen.

6.1.11

Verfolgung der Massnahmen der Post durch die Bundesbehörden ab Juni 2018

Die GPK-S liess sich zwischen Juni 2018 und Juni 2019 darüber informieren, wie die zuständigen Bundesbehörden (Bundesrat, UVEK, EFV und BAV) die Massnahmen verfolgten, welche die Post infolge der PostAuto-Affäre ergriffen hat.

Das UVEK teilte mit, es sei im Rahmen der Quartalsgespräche regelmässig von der Post über den Stand der laufenden Reorganisation von PostAuto unterrichtet worden.361 Es hielt jedoch mehrfach fest, dass sich der Bundesrat gemäss den Corporate-Governance-Grundsätzen für die bundesnahen Unternehmen darauf beschränkt hat, die Post mit den aktienrechtlichen Instrumenten zu steuern, dass die zu PostAuto und dessen Struktur ergriffenen Massnahmen in der operativen Verantwortung der Post liegen und dass sich der Bund als Eigner an diesen Arbeiten nicht beteiligt hat.362 Die Vorsteherin des UVEK präzisierte jedoch, dass der Eigner vom Verwaltungsrat erwartet, «die Entwicklung von PubliBike und den möglichen Verkauf von CarPostal France eng zu begleiten».363 Was die Einführung der neuen Struktur bei PostAuto betrifft, wurde das UVEK darüber unterrichtet, dass ehemalige Regionalverantwortliche von PostAuto wiederangestellt und deren Arbeitsverträge mit einer entsprechenden Sonderklausel ausgestattet wurden. Das UVEK teilte mit, dass die Personalpolitik zwar im Kompetenzbereich der Post liegt, der Bundesrat aber von der Post erwartet, «dass sie dabei mit der nötigen Sorgfalt vorgeht». 364 Was den Rückbehalt der Boni der ehemaligen Verantwortlichen der Post betrifft, meinte die Vorsteherin des UVEK, dass der Verwaltungsrat ihrer Meinung nach seine Verantwortung wahrgenommen hat. 365 Das BAV wiederum wurde regelmässig über den Stand der Arbeiten zur neuen Struktur von PostAuto informiert. Es teilte mit, dass sich mit der neuen Struktur die Transparenz «substantiell erhöhen» wird. Eine explizite Genehmigung der neuen Struktur sowie der Werteflüsse sei zwar nicht vorgesehen, das Bundesamt werde 358 359 360 361 362 363 364 365

Schreiben der Post an die GPK-S vom 9. Jan. 2019; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 23. Jan. 2019 Nach Kenntnis der GPK-S liegen keinerlei Hinweise darauf vor, dass unrechtmässige Erträge von PostAuto an PubliBike geflossen wären.

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018; Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018 Anhörung der Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 15. Apr. 2019

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aber die gesetzeskonforme Verteilung von Kosten und Erlösen im Rahmen vertiefter Revisionen prüfen.366 Das UVEK wurde im Dezember 2018 und im März 2019 über den Stand des Ausschreibungsverfahrens für die neue externe Revisionsstelle der Post informiert. Das Unternehmen teilte mit, dass es weitergehende Abklärungen diesbezüglich nicht für erforderlich hielt, da die Post ein WTO-Verfahren durchgeführt hat. Am 22. März 2019 stimmte der Bundesrat dem Antrag zu, an der Generalversammlung 2019 EY als externe Revisionsstelle der Post zu wählen.367 Was die Ernennung der Nachfolge von Susanne Blank und Adriano P. Vassalli für den Verwaltungsrat Ende 2018 betrifft, teilte das UVEK mit, es habe die Kandidierenden und deren deklarierte Interessenbindungen eingehend geprüft und sei zum Schluss gekommen, dass beide Kandidierenden die notwendigen Anforderungen für die Ausübung des Mandats als Verwaltungsratsmitglied erfüllen. 368 Das Departement wies darauf hin, dass die PostAuto-Affäre keine Auswirkungen auf das Anforderungsprofil für den Verwaltungsrat hatte.369 Da eine Kandidatin für das Verwaltungsratsmandat vormals Partnerin bei EY (das Unternehmen war damals als neue externe Revisionsstelle der Post vorgesehen) war, nahm das UVEK Ende 2018 gewisse Abklärungen zu Interessenkonflikten vor.

Gemäss den der GPK-S vorliegenden Informationen bestätigte der Verwaltungsrat der Post dem UVEK schriftlich, dass bei der von der Post durchgeführten Prüfung keine Interessenkonflikte festgestellt wurden und dass die Unabhängigkeit zwischen der Revisionsstelle und dem Verwaltungsrat durch geeignete Massnahmen sichergestellt würde (z. B. Ausstand).370 Das UVEK wurde zudem darüber unterrichtet, dass die betreffende Kandidatin in keiner Beziehung mehr zu EY steht. Angesichts der gelieferten Informationen habe es «keine Gründe [gegeben], Massnahmen anzuordnen».371 Das Departement erklärte, es habe sich nicht mit allfälligen Verbindungen zwischen weiteren Mitarbeitenden der Post und EY befasst, da dies das operative Geschäft betreffe und somit in der Kompetenz des Post liege.372 Vor dem Hintergrund der Überprüfung der Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen (vgl. Kap. 8.2) beschlossen das UVEK und das EFD Ende 2018, die Regeln zu den Informationen, welche die Unternehmen den zuständigen Departementen zu ihren
Verwaltungsratssitzungen bereitstellen, zu vereinheitlichen. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2018 informierte die damalige Vorsteherin des UVEK Post, SBB, Swisscom und Skyguide, dass die Verwaltungsratspräsidentinnen bzw. präsidenten die zuständigen Departemente künftig vor der Verwaltungsratssitzung schriftlich über die für den Eigner besonders wichtigen Themen auf der Tagesordnung in Kenntnis setzen müssen (ohne Zustellung der Sitzungsunterlagen). Nach der 366 367 368 369

Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 29. Mai 2019 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018.

Anforderungsprofil für den Verwaltungsrat der Post, www.uvek.admin.ch > Das UVEK > Bundesnahe Betriebe > Die Schweizerische Post (Stand am 19. Juli 2019).

370 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 371 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 372 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019

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Sitzung des Verwaltungsrates seien die Verwaltungsstellen schriftlich über die für den Eigner relevanten Diskussionen und Entscheidungen zu informieren (ohne Zustellung des Protokolls).373 Das UVEK nahm zudem Kenntnis davon, dass PostAuto künftig von einem aktiveren Verwaltungsrat geführt wird (vgl. Kap. 6.1.10). Es teilte der GPK-S indes mit, dass eine Überprüfung der Führungsstrukturen der Tochtergesellschaften bundesnaher Unternehmen nicht zur Diskussion steht, da die organisatorische Ausgestaltung der Unternehmensstruktur in den Augen des Departementes in der Kompetenz der betroffenen Unternehmen liegt.374 Die damalige Vorsteherin des UVEK erklärte gegenüber der GPK-S, der Bundesrat sei überzeugt, dass mit den aufwändig erarbeiteten Grundlagen (namentlich mit dem Revisionsbericht des BAV sowie den Untersuchungsberichten des Advokaturbüros Kellerhals Carrard und des Expertengremiums) die Angelegenheit fundiert aufgearbeitet wurde und dem Bundesrat, dem UVEK, der EFV und der Post folglich die notwendigen Informationen zur Verfügung standen, damit die erforderlichen Massnahmen auf organisatorischer und personeller Ebene getroffen werden konnten.375

6.1.12

Generalversammlung 2019 der Post und Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der Post im Geschäftsjahr 2018

An der Generalversammlung 2019, welche am 16. April 2019 stattfand, erteilte der Bundesrat dem Verwaltungsrat der Post ­ wie bereits im Vorjahr ­ nur eine Teilentlastung für das Geschäftsjahr 2018, indem er die Vorfälle im Zusammenhang mit PostAuto ausklammerte.376 Wie die Vorsteherin des UVEK der Kommission mitteilte, behält sich der Bundesrat die Möglichkeit vor, je nach Ergebnis des Strafverfahrens Verantwortlichkeitsklagen einzureichen.377 Die Jahresrechnung 2018 der Post wurde genehmigt und der Verwaltungsrat bestätigt. Der Antrag, EY zur neuen externen Revisionsstelle zu ernennen, wurde angenommen.378 In seinem an die GPK und die FK adressierten Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Post im Geschäftsjahr 2018 vom 22. März 2019379 kommt der Bundesrat zum Schluss, dass die Post ihre finanziellen Ziele insbesondere aufgrund der Rückzahlungen im Zusammenhang mit der PostAuto-Affäre nur teilweise erreichte. Ob die Post die Ziele im Geschäftsfeld Personenverkehr erreicht habe, könne er aber aufgrund von laufenden Untersuchungen trotz operativ guter Leistungen nicht abschliessend beurteilen.

373 374 375 376

Schreiben des UVEK an die GPK-S vom 17. Juni 2019 Schreiben des UVEK an die GPK-S vom 17. Juni 2019 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK vom 19. Dez. 2018 «Rechnung genehmigt und Verwaltungsrat bestätigt», Medienmitteilung der Post vom 17. Apr. 2019 377 Anhörung der Vorsteherin des UVEK vom 15. Apr. 2019 378 «Rechnung genehmigt und Verwaltungsrat bestätigt», Medienmitteilung der Post vom 17. Apr. 2019 379 Bericht des Bundesrates vom 22. März 2019 über die Erreichung der strategischen Ziele der Schweizerische Post AG im Geschäftsjahr 2018

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6.1.13

Untersuchungen der RAB zur Rolle des externen Revisionsunternehmens der Post

Der Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard wirft zahlreiche Fragen dazu auf, welche Rolle das externe Revisionsunternehmen KPMG in der PostAuto-Affäre spielte.380 Kellerhals Carrard weist im Bericht insbesondere darauf hin, dass KPMG für die Entwicklung von «Impresa» beigezogen wurde, kann jedoch nicht nachweisen, inwiefern KPMG über das damals bei PostAuto angewandte System der unrechtmässigen Buchungspraxis informiert war.381 Das BAV drückte gegenüber der GPK-S sein grosses Erstaunen darüber aus, dass KPMG zu keiner Zeit Vorbehalte in Bezug auf die finanzielle Lage von PostAuto äusserte.382 Nach der PostAuto-Affäre beschloss die Post, den externen Revisor zu wechseln, und KPMG wurde auf Anfang 2019 durch EY ersetzt (vgl. Kap. 6.1.10).

Mitte März 2018 eröffnete die Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) eine «Ad-hoc-Untersuchung», um die Tätigkeit der KPMG in der PostAuto-Affäre zu analysieren.383 Dazu untersuchte die RAB, wie die KPMG die Jahres- und Konzernrechnungen der Post der Jahre 2013 bis 2017 geprüft hatte. Der Bericht über diese Überprüfung ging am 3. Dezember 2018 an KPMG, veröffentlicht wurde er nicht.384 Die RAB informierte in einer Medienmitteilung385, dass sie teilweise erhebliche Mängel feststellte, welche «insbesondere die Prüfungshandlungen von KPMG zur Erfassung der Subventionen, zur Beurteilung möglicher Gesetzesverstösse [...] und zur Beurteilung der Arbeiten der Post-internen Revision» betreffen. Wie die RAB mitteilte, traf die KPMG aus eigenem Antrieb zahlreiche organisatorische Vorkehrungen, weiter wurden Massnahmen für die Prüfung der Jahres- und Konzernrechnung der Post für das Geschäftsjahr 2018 vereinbart. Ausserdem gab die Aufsichtsbehörde bekannt, dass sie gegen zwei Personen je ein EnforcementVerfahren einleitete, um zu beurteilen, «ob diese beiden Personen noch Gewähr für eine einwandfreie Prüftätigkeit bieten». 386 Ende Februar 2019 hörte die GPK-S die Vertreterinnen und Vertreter der RAB zu den Ergebnissen und Erkenntnissen dieser Überprüfung an.387

380 381 382 383 384

385 386 387

KPMG war seit Gründung der Post 1998 deren externes Revisionsunternehmen.

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 1116 ff.; Anhörung der Vertreter von Kellerhals Carrard vom 2. Juli 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV vom 14. Nov. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Gemäss Art. 16 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 16. Dez. 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz, RAG; SR 221.302) erstellt die RAB zuhanden des betroffenen Revisionsunternehmens einen Bericht über das Ergebnis der Überprüfung, dieser Bericht ist nicht öffentlich. Der Überprüfungsbericht stellt eine Verfügung der RAB dar. Jener zu Postauto wurde am 21. Jan. 2019 rechtskräftig, KPMG hatte keine Beschwerde dagegen erhoben (Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019).

RAB schliesst Überprüfung zur Revision der PostAuto Schweiz AG ab, Medienmitteilung der RAB vom 4. Dez. 2018 RAB schliesst Überprüfung zur Revision der PostAuto Schweiz AG ab, Medienmitteilung der RAB vom 4. Dez. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019

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Die RAB kommt zum Schluss, dass die Prüfungshandlungen von KPMG zur Beurteilung möglicher Gesetzesverstösse von PostAuto ungenügend waren. 388 Des Weiteren ist die RAB der Meinung, dass die Arbeiten der internen Revision der Post teilweise mangelhaft von der externen Revisionsstelle beurteilt wurden.389 Sie äusserte noch diverse andere Kommentare zu technischen Aspekten der Rechnungsprüfung. Wie die Vertreterinnen und Vertreter der Behörde gegenüber der GPK-S präzisierten, haben sie bei KPMG keine Hinweise für Korruption oder vorsätzlich ungenügende Prüfungshandlungen feststellen können.390 Im Rahmen ihrer Untersuchung stellte die RAB erhebliche Mängel bei Prüfungshandlungen zur Erfassung von Subventionen von PostAuto fest.391 Die Vertreterinnen und Vertreter der RAB wiesen die Kommission darauf hin, dass zwar das BAV für die subventionsrechtliche Prüfung zuständig ist, die externe Revision aber dennoch dazu verpflichtet ist, Hinweisen auf Gesetzesverstösse nachzugehen, insbesondere dann, wenn Anzeichen dafür bestehen, dass Subventionen unberechtigterweise bezogen werden.392 In ihren Augen haben die Revisionsunternehmen ihre Lektion aus diesem Fall gelernt und werden künftig bei subventionierten Bereichen genauer hinschauen.393 Auch was den Einbezug von KPMG in die Entwicklung des Projekts «Impresa» betrifft, seien die Prüfungshandlungen zur Beurteilung möglicher Gesetzesverstösse nach Ansicht der RAB ungenügend gewesen.394 Nach geltendem Recht sei es Revisionsunternehmen erlaubt, Zusatzaufträge anzunehmen, allerdings müssten sich die Revisionsunternehmen der damit verbundenen potenziellen Gefahren bewusst sein.

Nach Ansicht der RAB müssten die zuständigen Beraterinnen und Berater eine kritischere Grundhaltung einnehmen und Hinweise auf mögliche Verstösse umgehend melden. Ausserdem ist die RAB der Meinung, dass der Verwaltungsrat über solche Zusatzaufträge entscheiden sollte, damit Interessenkonflikte ausgeschlossen werden können.395 Die Vertreterinnen und Vertreter der RAB wiesen die GPK-S auf den Umstand hin, dass die Post nicht als «Gesellschaft des öffentlichen Interesses» im Sinne des Revisionsaufsichtsgesetzes (RAG)396 gilt, da sie weder ein Finanzunternehmen noch börsenkotiert ist. Dies habe das Risiko zur Folge, dass die Prüfung nicht von den erfahrensten Revisoren durchgeführt wird.397
Die RAB spreche sich dafür aus, das Gesetz dahingehend zu ändern, dass bundesnahe Unternehmen ebenfalls als Gesellschaften des öffentlichen Interesses eingestuft werden.398 388 389 390 391 392 393 394 395 396 397

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 Vgl. Art. 2 Bst. c RAG Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019. Diese Situation trifft auch auf andere bundesnahe Unternehmen wie die SBB oder Skyguide zu.

Swisscom und PostFinance dagegen gelten als Gesellschaften des öffentlichen Interesses.

398 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019

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Der Überprüfungsbericht der RAB ging neben KPMG auch an fedpol (zuständige Behörde für das Strafverfahren) und an das BAV (Aufsichtsbehörde über PostAuto im Bereich des subventionierten RPV).399 Die RAB informierte die Kommission darüber, dass allfällige verwaltungsstrafrechtliche Verstösse von KPMGAngestellten von fedpol untersucht werden.400 Die im ersten Halbjahr 2019 von der Post und vom GS-UVEK eingereichten Gesuche um Einsicht in den Bericht lehnte die RAB dagegen ab. Auf die Frage der GPKS nach den Gründen für diese Ablehnung antwortete die RAB, dass die Ergebnisse ihrer Inspektionen grundsätzlich dem Amtsgeheimnis unterliegen 401 und diese ohne entsprechende gesetzliche Grundlage (vgl. Art. 22 ff. RAG) weder an die Verwaltungsräte noch an die Aktionäre der geprüften Unternehmen weitergegeben werden, da die RAB ausschliesslich im öffentlichen Interesse und nicht im privaten Interesse einzelner Parteien tätig ist.402 Wie die RAB weiter ausführt, habe sie 2009 ein Rundschreiben herausgegeben, gemäss welchem der Verwaltungsrat des geprüften Unternehmens gemäss Artikel 400 Absatz 1 und Artikel 728b Absatz 1 OR zwar Anspruch darauf habe, vom Revisionsunternehmen über die wesentlichen Ergebnisse der Inspektion informiert zu werden, diese Regelung gelte aber nur für «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» und somit nicht für die Post (vgl. weiter oben). 403

6.1.14

Überprüfung und Neuausrichtung der Aufsicht des BAV über die subventionierten Transportunternehmen

Die PostAuto-Affäre hat diverse Fragen zur Aufsicht des BAV über die Unternehmen des subventionierten RPV aufgeworfen.404 Manche Akteure bedauern vor allem, dass das Bundesamt nicht in der Lage war, die unrechtmässigen Buchungen von PostAuto früher aufzudecken (vgl. Kap. 5.2). Darüber hinaus wurde auch auf die Rollenkonflikte innerhalb des BAV (Besteller- und Aufsichtsrolle im Bereich des RPV), die begrenzten Ressourcen sowie eine möglicherweise mangelnde Unabhängigkeit des Bundesamtes gegenüber den Transportunternehmen hingewiesen. 405 Diese Kritik wurde erneut laut, als im März 2019 herauskam, dass das Bahnunter-

399 400 401 402 403 404

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB vom 20. Febr. 2019 E-Mail der RAB an die GPK-S vom 10. Mai 2019 Art. 34 RAG E-Mail der RAB an die GPK-S vom 23. Mai 2019 E-Mail der RAB an die GPK-S vom 23. Mai 2019 Das BAV ist gemäss geltendem Recht (vgl. Kap. 2.3) für die Aufsicht über die Unternehmen des subventionierten RPV zuständig (ca. 120 Unternehmen und Subventionen von insgesamt 2 Milliarden Franken). Es prüft und genehmigt die Rechnungen der betroffenen Unternehmen in subventionsrechtlicher Hinsicht und kann vertiefte Prüfungen vornehmen. Die subventionsrechtliche Prüfung des BAV ergänzt die Prüfung der externen Revisionsstelle der Unternehmen.

405 Vgl. Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard; Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018; Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018

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nehmen BLS aufgrund von Fehlern in einem mit dem BAV vereinbarten Zinsglättungsmodell zu hohe Abgeltungen erhalten hat.406 Ab Frühling 2018 zeigten sich sowohl das BAV als auch die damalige Vorsteherin des UVEK gewillt, aus der PostAuto-Affäre Lehren in Bezug auf die Aufsichtstätigkeit des BAV zu ziehen.407 Das BAV beauftragte ein internes Projektteam, Verbesserungsmassnahmen auszuarbeiten (Projekt MaPAG, «Massnahmen im Nachgang zum Fall Postauto»). Das UVEK beschloss, parallel dazu die subventionsrechtliche Aufsicht des BAV hinsichtlich Organisation, Methodik und Ressourcen von einem externen Unternehmen überprüfen zu lassen.408 Dieser Auftrag wurde im Oktober 2018 der BDO erteilt.409 Die BDO kommt in ihrem Schlussbericht vom 19. Dezember 2018410 zum Ergebnis, dass der Prozess der subventionsrechtlichen Prüfung gut eingespielt und effizient ist, die Rollen und Zuständigkeiten grösstenteils klar sind und dass die Zusammenarbeit zwischen den involvierten Stellen des Bundesamtes sehr gut funktioniert. Der Bericht zeigt allerdings auch mehrere Schwachstellen auf. 411 So wird der Umfang, die Tiefe und die Wirksamkeit der durch das BAV vorgenommenen Genehmigung der Unternehmensrechnung als ungenügend eingestuft. Die BDO ist der Ansicht, dass das BAV mit seinen Prüfungshandlungen den gesetzlichen Aufsichtsauftrag nicht erfüllt. Darüber hinaus hat das Audit eine mangelnde Unabhängigkeit des BAV und eine problematische Anhäufung von Zuständigkeiten innerhalb des BAV offenbart.

Zudem kommt die BDO zum Schluss, dass die Ressourcen und Fachkompetenzen der zuständigen Sektionen des BAV nicht ausreichen. Die BDO empfiehlt daher, den Prüfprozess neu zu konzipieren, die Unabhängigkeit sicherzustellen, die Ressourcen und die Fachkompetenz des BAV zu erhöhen, die zuständigen Sektionen zu reorganisieren und einen standardisierten Austausch zwischen dem BAV und den Revisionsstellen der Unternehmen zu etablieren.412 Im März 2019 besprach die GPK-S die die Ergebnisse dieses Audits und die daraufhin beschlossenen Massnahmen mit den Vertreterinnen und Vertretern des UVEK und des BAV, welche der Kommission mitteilten, dass sie die wesentlichen Erkenntnisse der BDO teilen, aber mit einer kompletten Neuorganisation der Aufsicht 406

407

408 409 410 411 412

BAV und BLS einigen sich auf Kompensation zu hoher Zinskosten, Medienmitteilung des BAV vom 15. März 2019. Die Revision des BAV weist in ihrem Prüfbericht zu diesem Thema darauf hin, dass systematische und gravierende Mängel innerhalb des Bundesamtes festgestellt wurden und dass eine Gesamtsicht fehlt. Dieser konkrete Fall wird im vorliegenden Bericht jedoch nicht behandelt.

Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK und des BAV, Sitzungen vom 14. Nov. 2018 und vom 27. März 2019; UVEK: Subventionsbezüge bei PostAuto Schweiz AG, www.uvek.admin.ch > Bundesnahe Betriebe > Die Schweizerische Post (Stand: 14. Juni 2018) UVEK: Subventionsbezüge bei PostAuto Schweiz AG, www.uvek.admin.ch > Bundesnahe Betriebe > Die Schweizerische Post (Stand: 14. Juni 2018) Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 28. Sept. 2018 BDO: Audit der subventionsrechtlichen Prüfungen des Bundesamtes für Verkehr (BAV) im regionalen Personenverkehr, Bericht vom 19. Dez. 2018 Bericht der BDO vom 19. Dez. 2018, S. 3­4; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK und des BAV, Sitzung vom 27. März 2019 Bericht der BDO vom 19. Dez. 2018, S. 3­4 sowie S. 12­27; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK und des BAV, Sitzung vom 27. März 2019

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des BAV einen Schritt weiter gehen möchten als das empfohlene Modell.413 Das vom UVEK und vom BAV erarbeitete Konzept soll die Selbstverantwortung der Transportunternehmen und deren externer Revisionsstellen stärken und die Aufsicht des Bundesamtes verbessern. Es umfasst namentlich folgende Massnahmen: 414 ­

Aufhebung der jährlichen subventionsrechtlichen Genehmigung der Jahresrechnungen der RPV-Unternehmen durch das BAV (Art. 37 PBG), da diese Massnahme als unzureichend und verwirrend beurteilt wird;

­

Einführung eines erweiterten Controlling-Systems im RPV, das auf der Auswertung von Finanzkennzahlen basiert und durch vertiefte, stichprobenartige Prüfungen durch die Revision des BAV ergänzt wird;

­

Erhöhung der Ressourcen der zuständigen Sektionen des BAV, Anstellung von Fachpersonen und Reorganisation der BAV-Sektion Personenverkehr, um eine klare Trennung der Rollen sicherzustellen;

­

Stärkung der Prüfaufgaben der unternehmensexternen Revisionsstellen in Zusammenarbeit mit dem Dachverband der Wirtschaftsprüfungsexpertinnen und -experten (EXPERTsuisse): Es wird festgelegt, welche Prüfhandlungen zwingend der externen Revisionsstelle obliegen, ausserdem hat das BAV die Möglichkeit, gezielte Zusatzaufträge an die externe Revisionsstelle zu erteilen;

­

Stärkung der Verantwortlichkeit der Transportunternehmen mittels einer jährlichen Selbstdeklaration über die Einhaltung des Subventionsrechts und Einführung einer ordentlichen Revision gemäss Artikel 727 OR für Unternehmen, die pro Jahr mehr als zehn Millionen Franken Subventionen erhalten;

­

Erarbeitung einer Dokumentation, um den Ermessensspielraum der Unternehmen bei der Auslegung der Rechtsgrundlagen einzuschränken (Zuordnung und Verrechnung von Kosten, Kostenrechnung, Rückstellungen und Reserven, Zuständigkeiten bei der Überwachung usw.). 415

Diese Massnahmen und die zusätzlichen Ressourcen für das BAV wurden vom Bundesrat Anfang Mai 2019 verabschiedet und in der Folge veröffentlicht. 416 Verschiedene Akteure der Branche begrüssten sie, darunter der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) und die Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs (KöV).417 Das BAV informierte darüber, dass das neue Aufsichtskonzept 413

414

415 416 417

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK und des BAV, Sitzung vom 27. März 2019; für weitere Informationen zur Stellungnahme des BAV zu den Empfehlungen der BDO, vgl. Bericht der BDO vom 19. Dez. 2018, S. 28­31; Schreiben des BAV ans UVEK vom 24. Febr. 2019 Schreiben des BAV ans UVEK vom 24. Jan. 2019; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK und des BAV, Sitzung vom 27. März 2019; Korrekte Verwendung der Subventionen im öffentlichen Verkehr: BAV stärkt Aufsicht, Medienmitteilung des BAV vom 6. Mai 2019 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 29. Mai 2019 Korrekte Verwendung der Subventionen im öffentlichen Verkehr: BAV stärkt Aufsicht, Medienmitteilung des BAV vom 6. Mai 2019 L'Office fédéral des transports a tiré les leçons de l'affaire CarPostal. In: L'Agefi, 7. Mai 2019; Schreiben des KöV an die GPK-S vom 21. Juni 2019

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2019 entwickelt und die Einführung 2020 abgeschlossen wird.418 Im September 2019 teilte das BAV mit, dass erste Massnahmen dieser Neuausrichtung bei den interessierten Kreisen in die Anhörung geschickt wurden.419

6.1.15

Arbeiten der Eidgenössischen Finanzkontrolle

Die EFK sah im Rahmen ihres Jahresprogramms 2018 eine Prüfung bei der Schweizerischen Post vor. Am Tag nach den PostAuto-Enthüllungen informierte die EFK die GPK über ihre Absicht, den Fokus auf dieses Tochterunternehmen zu richten und sich auf die Unternehmensführung, die Finanzflüsse sowie auf die internationale Tätigkeit von PostAuto zu konzentrieren.420 Doch angesichts der Einschränkungen durch das Verwaltungsstrafverfahren von fedpol (vgl. Kap. 6.1.3) musste die EFK ihre Prüfung letztlich auf das Risikomanagement der Post und der Auslandsunternehmen von PostAuto (CarPostal France und PostAuto Liechtenstein) beschränken.

Die GPK-S tauschte sich mehrmals mit den Vertreterinnen und Vertretern der EFK zu den laufenden Arbeiten aus421 und nahm vom Prüfbericht vom 8. März 2019 zum Risikomanagement der Post422, der am 22. Mai 2019 veröffentlicht wurde, Kenntnis.

Die EFK kommt in ihrem Bericht zum Schluss, dass der Bund als Eigner der Post nur wenig Vorgaben zum Risikomanagement macht. Ihrer Ansicht nach sind die der Post vorgegebenen strategischen Ziele im Bereich Risikomanagement weder erreicht noch auf ihre Wirksamkeit überprüft worden.423 Die EFK empfiehlt dem UVEK und der EFV namentlich, neben der bereits vorgesehenen formellen Prüfung alle vier Jahre von einer externen Stelle eine periodische Wirksamkeitsprüfung des Risikomanagements der Post durchführen zu lassen.424 Laut der EFK ist die Berichterstattung der Post an den Bund hinsichtlich des Risikomanagements inhaltlich ungenügend, während das post-interne Risikoreporting zu technisch und daher nicht adressatengerecht ist.425 Sie bemängelt ausserdem, dass die Risiken der unter den Verantwortungsbereich des UVEK fallenden Unternehmen nur generisch ins Risikomanagement des Bundes übernommen werden. Sie hebt 418 419

420 421 422 423 424

425

Schreiben des BAV ans UVEK vom 24. Jan. 2019 Neuausrichtung der Subventionsaufsicht: Erste Massnahmen gehen in die Anhörung, Medienmitteilung des BAV vom 12. Sept. 2019. Die folgenden Organe wurden vom BAV in diese Konsultation einbezogen: Verband öffentlicher Verkehr (VöV), Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand (EXPERTsuisse), Konferenz der kantonalen Delegierten des öffentlichen Verkehrs (KKDöV), EFK und Konferenz der Finanzkontrollen (Brief des BAV vom 12. Sept. 2019, nicht veröffentlicht) Schreiben der EFK an die GPK vom 7. Febr. 2018 Anhörungen der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzungen vom 24. Apr. 2018, 17. Okt. 2018 und 27. März 2019 EFK: Prüfung des Risikomanagements, die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019 Bericht der EFK vom 8. März 2019, Kap. 3.1; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 27. März 2019 Bericht der EFK vom 8. März 2019, Kap. 3.1. Die betroffenen Departemente sind mit dieser Empfehlung nicht einverstanden, da ein solches Vorgehen ihrer Meinung nach in der Zuständigkeit des Verwaltungsrates der Post liegt (vgl. Bericht der EFK vom 8. März 2019, S. 10).

Bericht der EFK vom 8. März 2019, Kap. 4.5

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aber auch hervor, dass diesbezüglich seit 2018 Verbesserungen vorgenommen worden sind (ein Risikoblatt wird jetzt pro Unternehmen erstellt). 426 Die EFK ist der Auffassung, dass die Post die Tätigkeiten von CarPostal France zu lange viel zu positiv eingeschätzt hat (für mehr Informationen zu CarPostal France, siehe Kap. 7).427 Ausserdem bemängelt sie, dass das Risikokonzept der Post gewisse Auslandgesellschaften der Post ausschliesst und dass daher für PostAuto Liechtenstein kein eigenständiger Risikoreport erstellt wurde.428 Sie kommt zum Schluss, dass den Risiken der ausländischen Tochtergesellschaften stärker Rechnung getragen werden sollte.429 Die EFK formuliert in ihrem Bericht diverse Empfehlungen zum Risikomanagementsystem der Post sowie zu den diesbezüglichen unternehmensinternen Reglementen und Strukturen. Die Vertreterinnen und Vertreter der EFK erwähnten, dass ihre Erwägungen vom Verwaltungsrat der Post sehr positiv aufgenommen wurden.

Die Post habe sich bereit erklärt, die Empfehlungen der EFK zum Risikomanagement umzusetzen.430 Ferner nahm die GPK-S Kenntnis vom Bericht der EFK vom 15. Januar 2019 an das BAV, der sich mit der Aufsicht über die RPV-Bestellungen des Bundes und der Kantone befasst.431 Die EFK kommt darin zum Schluss, dass es mit den Kontrollinstrumenten des BAV nicht möglich ist, die Exaktheit der von den subventionierten Transportunternehmen angegebenen Kosten zu überprüfen, und es einer Selbstdeklaration der Unternehmen über die Richtigkeit ihrer Angaben bedarf. 432 Des Weiteren ist sie der Ansicht, dass die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen im Bereich der RPV-Bestellungen und -Kontrollen nicht ausreichend dokumentiert ist und die Rollen der beiden Besteller klarer definiert werden müssen.433 Zudem besteht laut EFK keine umfassende Risikosicht auf den RPV (für mehr Informationen zu diesem Thema, siehe Kap. 8.1).434 Das BAV schreibt in seiner Stellungnahme zum Bericht, dass es die Empfehlungen der EFK im Rahmen der laufenden Arbeiten zur Aufarbeitung des PostAuto-Falles und der RPV-Reform berücksichtigen wird.

Zu guter Letzt nahm die GPK-S Kenntnis von einem Bericht über die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen durch die Interne Revision der Post (IR-Post) und die EFK in der Affäre PostAuto, den die EFK Anfang 2019 verfasste. 435 Die Schlussfolgerungen aus diesem Bericht werden in Kapitel 5.1.8 ausgeführt.

426 427 428 429 430 431 432 433 434 435

Bericht der EFK vom 8. März 2019, Kap. 3.2 Bericht der EFK vom 8. März 2019, Kap. 2 Bericht der EFK vom 8. März 2019, Kap. 2.2 Bericht der EFK vom 8. März 2019, Kap. 4.6 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 27. März 2019 EFK: Prüfung der Aufsicht über die Bestellung Regionaler Personenverkehr, Bericht vom 15. Jan. 2019 Bericht der EFK vom 15. Jan. 2019, Kap. 3.1 Bericht der EFK vom 15. Jan. 2019, Kap. 4.2 Bericht der EFK vom 15. Jan. 2019, Kap. 4.3 EFK: Bericht an die Finanzdelegation der eidgenössischen Räte betreffend die Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen durch IR-Post und EFK in der Affäre PostAuto, Bericht vom 4. Febr. 2019 (unveröffentlicht)

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6.1.16

Arbeiten des Bundesrates zur Corporate Governance des Bundes

Angesichts der PostAuto-Affäre und verschiedener Vorkommnisse in den Vorjahren (Cyber-Attacke bei RUAG, Datendiebstahl bei Swisscom usw.) beschloss der Bundesrat im Juni 2018, die Corporate Governance des Bundes extern überprüfen zu lassen (vgl. Kap. 6.1.6). Das Mandat dazu wurde einer Gruppe von Fachpersonen der Universitäten Bern, Lausanne und St. Gallen und des Unternehmens Interface erteilt. Diese Expertengruppe wurde gebeten, in Bezug auf drei Hauptaspekte zu untersuchen, wie der Bund gegenüber den vier Unternehmen Swisscom, Post, SBB und RUAG seine Rolle als Eigner wahrnimmt: Konzeption und Umsetzung der Steuerungsinstrumente des Bundes, Informationsaustausch zwischen dem Eigner und seinen Unternehmen sowie Rollenteilung im Eignermodell zwischen den betroffenen Bundesstellen.436 In ihrem Schlussbericht vom 26. April 2019437 zuhanden der EFV, der Ende Juni 2019 veröffentlicht wurde, zieht die Expertengruppe ein insgesamt positives Fazit zur Corporate Governance des Bundes. Sie ist der Meinung, dass sich die Steuerung, der Informationsaustausch und das Eignermodell grundsätzlich bewährt haben und die bestehenden Instrumente grundsätzlich ausreichen, um die Eignerrolle wahrnehmen zu können.438 Dennoch macht sie bei mehreren Punkten Optimierungspotenzial aus und richtet 14 Empfehlungen an den Bundesrat. Insbesondere der Umgang mit Zielkonflikten, die Ressourcen der Eignerstellen und die Rollenteilung zwischen den Bundesstellen seien verbesserungsfähig. 439 Der Bundesrat diskutierte an seiner Klausur vom 26. Juni 2019 die Empfehlungen der Expertengruppe und beschloss auf dieser Basis verschiedene Massnahmen.440 So kündigte er an, dass die Rechenschaftspflicht der Unternehmen gegenüber dem Bund im Bereich compliance ausgebaut, die Transparenz des Wahlverfahrens der Verwaltungsräte der bundesnahen Unternehmen gegenüber dem Bundesrat verbessert, der Informationsaustausch im Rahmen der Eignergespräche zwischen den Unternehmen und dem Bund systematisiert und das duale Eignermodell (Departemente und EFV) rechtlich stärker verankert werden soll. Zudem wolle er prüfen, wie die Eignerdepartemente und die EFV personell gestärkt werden können. Auf eine Priorisierung der strategischen Ziele der Unternehmen, wie von der Expertengruppe empfohlen, will er allerdings verzichten. Der Expertenbericht und die Beschlüsse

436 437

438 439 440

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018; Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 2.2 Lienhard, Andreas / Rieder, Stefan / Sonderegger, Roger W. / Ladner, Andreas / Höchner, Claudia / Ritz, Manuel / Roose, Zilla (2019): Beurteilung der Corporate Governance des Bundes anhand der Analyse von vier Unternehmen. Bericht zuhanden der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV). Bern, Luzern, St. Gallen, Lausanne (nachfolgend: Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019).

Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, S. 7 Expertenbericht, Beurteilung Corporate Governance 2019, S. 7 und Kap. 5 Expertenbericht zur Corporate Governance: Bundesrat beschliesst Massnahmen, Medienmitteilung des Bundesrates vom 26. Juni 2019

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des Bundesrates wurden bei deren Veröffentlichung sowohl in den Medien als auch in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert.441 Die GPK haben von den Schlussfolgerungen der Expertengruppe und von den Massnahmen, die der Bundesrat in der Folge ergriffen hat, Kenntnis genommen. 442 Am 31. Oktober 2019 haben sie sich mit dem Bundespräsidenten sowie einem der Autoren des Expertenberichts über dieses Thema unterhalten. Einige Erwägungen und Empfehlungen des Expertenberichts zur Untersuchung des PostAuto-Falls werden im Kapitel zu den allgemeinen Lehren aus dieser Affäre detaillierter ausgeführt (Kap. 8). Bestimmte Aspekte werden zudem bei den laufenden Arbeiten der GPK zur SBB443 und zur RUAG444 berücksichtigt. Ausserdem haben die GPK beschlossen, sich im Rahmen ihrer künftigen Arbeiten vertieft mit der Corporate Governance des Bundes zu befassen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Bundesrat in Erfüllung des Postulats von Ständerat Fabio Abate beabsichtigt, einen Bericht zur Eignerstrategie für die verselbstständigten Einheiten des Bundes zu verfassen.445

6.2

Beurteilung

Im Folgenden beurteilt die GPK-S die Aufsicht der zuständigen Bundesbehörden (Bundesrat, UVEK und EFV, BAV, RAB und EFK) nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre im Februar 2018 sowie die seither von diesen Behörden ergriffenen Massnahmen. Die allgemeinen Schlussfolgerungen, die sich für diesen Zeitraum ziehen lassen, finden sich in Kapitel 8. Im Text wird in Klammern auf die entsprechenden Empfehlungen verwiesen.

Angesichts des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens und unter Berücksichtigung des Zuständigkeitsbereichs der parlamentarischen Oberaufsicht nimmt die GPK-S in diesem Kapitel keine Beurteilung der Ergebnisse der von der Post in Auftrag gegebenen Untersuchungen und der von ihr ab 2018 ergriffenen organisatorischen Massnahmen vor. Die Kommission nimmt jedoch erfreut zur Kenntnis, dass die Post der Behandlung der problematischen Aspekte der PostAuto-Affäre besondere Priorität eingeräumt, interveniert und die Kommission diesbezüglich transparent informiert hat. Sie begrüsst die ersten ergriffenen Massnahmen und fordert die Post auf, die noch offenen Fragen ­ insbesondere im Lichte der anstehenden Ergebnisse des 441

442

443

444 445

Kritik an Bericht zu Post und SBB. In: SonntagsZeitung, 7. Juli 2019; Der Bundesrat macht es sich zu einfach. In: Neue Zürcher Zeitung, 12. Juli 2019; Postauto-Skandal bleibt ohne Folgen. In: Neue Zürcher Zeitung, 12. Juli 2019 Der Bundesrat hat den GPK am 14. Aug. 2019 einen Bericht zukommen lassen, in dem er zu den Empfehlungen des Expertenberichts Stellung nimmt und die in der Folge ergriffenen Massnahmen beschreibt.

Überwachung der Interessenbindungen in den Verwaltungsräten der bundesnahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB; Beurteilung der Stellungnahme des Bundesrates. Kurzbericht der GPK-S vom 12. Nov. 2019 (noch nicht veröffentlicht).

Standortbestimmung: Bewältigung des Cyber-Angriffs auf die RUAG, Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2018, Kap. 4.2 (BBL 2018 4598, hier 4600).

Po. Abate «Eignerstrategie des Bundesrates für die verselbstständigten Einheiten des Bundes» vom 13. Dez. 2018 (18.4274)

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Verwaltungsstrafverfahrens ­ aktiv und transparent anzugehen und zu regeln. Aus Sicht der GPK-S geht es in erster Linie darum, einen radikalen Kulturwandel bei PostAuto und den höheren Instanzen der Post herbeizuführen und das Vertrauen in das Unternehmen ­ sowohl bei den Angestellten als auch bei der Öffentlichkeit ­ wiederherzustellen.

6.2.1

Allgemeine Erwägungen

Die GPK-S ist im Grossen und Ganzen der Auffassung, dass die zuständigen Bundesbehörden nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre angemessen reagiert haben.

Ein Grossteil der problematischen Aspekte dieses Falls wurde oder wird derzeit von den betroffenen Organen behandelt, die entsprechenden Schlüsse wurden gezogen und verschiedene Massnahmen wurden ergriffen, um solche Situationen künftig zu vermeiden. Grundsätzlich haben die einzelnen Organe ­ in den Augen der Kommission ­ unter Wahrung ihrer jeweiligen Kompetenzen grosse Doppelspurigkeiten bei ihren Arbeiten vermieden und gut zusammengearbeitet.

Dennoch hat die GPK-S im Rahmen ihrer Arbeiten verschiedene Punkte festgestellt, die sie aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht für problematisch hält. Auf diese geht sie im Folgenden ein. Ausserdem haben die Abklärungen infolge der PostAuto-Affäre mehrere Grundsatzfragen zur Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen aufgeworfen. Mit diesen Fragen befasst sich die Kommission ausführlich in Kapitel 8.

6.2.2

Verwaltungsstrafrechtliche Massnahmen

Die GPK-S kann nur schwer nachvollziehen, weshalb das BAV am 14. Februar 2018 bei der BA und der Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland Strafanzeige gegen PostAuto einreichte, ohne vorgängig das UVEK konsultiert zu haben. Einige Tage später teilten die betroffenen Justizorgane mit, dass sie für die Untersuchung in diesem Fall nicht zuständig sind (vgl. Kap. 6.1.2). Die Kommission ist der Auffassung, dass in einem Fall solcher Tragweite vorgängig der Rechtsdienst des GSUVEK hätte konsultiert werden müssen. Die GPK-S kann zwar verstehen, dass das BAV die Strafverfolgung rasch an die Hand nehmen wollte, ist jedoch der Ansicht, dass dies das Amt nicht von der Pflicht entband, bestimmte juristische Abklärungen vorzunehmen und gleichzeitig das GS-UVEK bzw. die Vorsteherin des Departementes zu orientieren. Im vorliegenden Fall hat das Vorgehen des BAV die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens um rund zwei Wochen verzögert. Die Kommission ersucht den Bundesrat deshalb, dafür zu sorgen, dass die zuständigen Ämter den jeweiligen Rechtsdienst ihres Departements konsultieren, bevor Verwaltungsstrafverfahren zu Affären grosser Tragweite in bundesnahen Unternehmen eröffnet werden. Damit ist sicherzustellen, dass die vorgesehenen rechtlichen Schritte rechtskonform sind. Angesichts der strategischen Bedeutung solcher Fälle ist die Kommission des Weiteren der Ansicht, dass eine vorgängige Information der zuständigen Departementsvorsteherin oder des zuständigen Departementsvorstehers und, je nach Situation, des Gesamtbundesrates angezeigt ist (vgl. Kap. 8.2.3.1).

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Die Kommission hält den Entscheid des Bundesrates von Ende Februar 2018, fedpol mit der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens zu betrauen, für richtig, da so die Unabhängigkeit der Untersuchung sichergestellt werden kann. Die GPK-S hat festgestellt, dass fedpol bei seinen Arbeiten besonders auf die Gewaltenteilung, die Vertraulichkeit und die Einhaltung der Verfahren achtet.

Die Eröffnung des Verwaltungsstrafverfahrens hatte zur Folge, dass die Arbeiten einiger anderer im PostAuto-Dossier tätiger Organe blockiert oder verzögert wurden (UVEK, EFV, Post, EFK, vgl. Kap. 6.1.3). Nichtsdestotrotz hält die Kommission den Grundsatz des Vorrangs des Verwaltungsstrafverfahrens für äusserst wichtig.

Sie begrüsst zudem, dass sich fedpol und die meisten betroffenen Akteure rasch auf zufriedenstellende Lösungen zur Koordination einigen konnten. Vor diesem Hintergrund ist die GPK-S der Auffassung, dass das Verwaltungsstrafverfahren mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt werden muss, damit die betreffenden Straftaten nicht absolut verjähren.

Die GPK-S ist sich bewusst, dass die Klärung mehrerer Fragen im Zusammenhang mit dem PostAuto-Dossier446 von den Ergebnissen des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens abhängt. Zudem könnten auch einige strafrechtlich nicht relevante Aspekte des Verfahrens aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht interessant sein, z. B. was die Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen betrifft. Die GPK-S wird ­ sobald die Ergebnisse der Untersuchung vorliegen ­ eine neue Lagebeurteilung vornehmen und behält sich die Möglichkeit vor, gegebenenfalls einige weitere Aspekte des Dossiers zu vertiefen.

Die GPK-S erwartet, dass der Bundesrat als Eigner nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens alle notwendigen Massnahmen ergreift und allenfalls zusätzliche Abklärungen vornimmt. Die Kommission ersucht ihn, anschliessend in einem Bericht eine Gesamtbilanz der PostAuto-Affäre zu ziehen. Der Bundesrat ist insbesondere gebeten, in diesem Bericht darzulegen, welche allgemeinen Lehren aus Eignersicht aus dem konkreten Fall PostAuto gezogen werden, welches die finanziellen Folgen dieser Affäre für den Bund sind, ob bestimmte Erkenntnisse aus dem Verwaltungsstrafverfahren vertieft werden, ob Verantwortlichkeitsklagen eingereicht wurden, ob rechtliche Anpassungen erforderlich sind,
ob die Evaluation der Erreichung der strategischen Ziele der Post für die letzten Jahre revidiert werden muss, ob die strategischen Ziele der Post angepasst werden müssen und ob zusätzliche Änderungen am Corporate-Governance-Modell der bundesnahen Unternehmen vorzunehmen sind.

446

Insbesondere der Entscheid des Bundes und der Post, allenfalls Verantwortlichkeitsklagen einzureichen.

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Postulat 2:

Gesamtbilanz der PostAuto-Affäre

Der Bundesrat wird beauftragt, nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol zu PostAuto in einem Bericht eine Gesamtbilanz der PostAutoAffäre zu ziehen. Er ist insbesondere gebeten, in diesem Bericht darzulegen, welche allgemeinen Lehren aus Eignersicht aus diesem konkreten Fall gezogen werden, welches die finanziellen Folgen dieser Affäre für den Bund sind, ob bestimmte Erkenntnisse aus dem Verwaltungsstrafverfahren vertieft werden, ob Verantwortlichkeitsklagen eingereicht wurden, ob rechtliche Anpassungen erforderlich sind, ob die Evaluation der Erreichung der strategischen Ziele der Post für die letzten Jahre revidiert werden muss, ob die strategischen Ziele der Post angepasst werden müssen und ob zusätzliche Änderungen am CorporateGovernance-Modell der bundesnahen Unternehmen vorzunehmen sind.

6.2.3

Massnahmen des Bundesrates, des UVEK und der EFV

Im Grossen und Ganzen hat die GPK-S aus Sicht der Oberaufsicht keine bedeutenden Mängel erkannt, was die Verfolgung und Bewältigung der PostAuto-Affäre ab Februar 2018 (Bekanntwerden der PostAuto-Affäre) durch den Bundesrat bzw. das UVEK als Eignerdepartement und die EFV betrifft. Sie hat festgestellt, dass diese die Entwicklung des Dossiers kontinuierlich verfolgt und das Thema regelmässig ­ namentlich an den Quartalsgesprächen ­ mit der Geschäftsleitung der Post diskutiert haben. Die Kommission stellt fest, dass der Bund (vertreten durch den Bundesrat bzw. das UVEK und die EFV) mehrere ihm als Eigner zur Verfügung stehende Instrumente eingesetzt hat und dass verschiedene angemessene Massnahmen ergriffen wurden. Zu diesen zählen die Einsetzung einer Taskforce, die mit Abklärungen im Hinblick auf die Generalversammlung betraut war, das Mandat zu einer ergänzenden Untersuchung zur Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates zwischen 2016 und 2018 sowie der Beschluss, dem Verwaltungsrat nur eine Teilentlastung zu erteilen und die externe Revisionsstelle zu wechseln. Im Übrigen wurden der GPK-S bis auf zwei spezifische Punkte447 keine Hinweise zur Kenntnis gebracht, die im untersuchten Zeitraum grundsätzliche Koordinationsprobleme oder Interessenkonflikte zwischen dem UVEK und der EFV (als Vertreter des Eigner) einerseits und dem BAV (als sektorspezifische Aufsichtsbehörde) andererseits erkennen liessen.

Dennoch stellt die GPK-S fest, dass der Bundesrat, das UVEK und die EFV nach der Aufdeckung der PostAuto-Affäre insgesamt defensiv gehandelt haben, was die Intervention des Bundes bei der Post betrifft, und dass sie sich weitgehend auf die Arbeiten der Post verlassen haben. Sie haben gegenüber der Kommission mehr-

447

Probleme im Zusammenhang mit der Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens (vgl. Kap. 6.1.3 und 6.2.2) und die Verantwortung für die Abklärung des Sachverhalts vor 2007 (vgl. Kap. 6.1.8 und nachfolgend).

7280

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fach448 darauf hingewiesen, dass die Aufarbeitung des Falles dem Verwaltungsrat der Post obliegt und der Bundesrat keinen Einfluss auf das operative Geschäft der Post ausübt.

Die GPK-S kann zwar nachvollziehen, dass der Bundesrat seinen Einfluss auf die Post mit einer gewissen Zurückhaltung ausüben will, um die Autonomie der bundesnahen Unternehmen zu wahren, wie dies vom Gesetzgeber festgelegt wurde und dementsprechend im geltenden Recht vorgesehen ist. Sie teilt z.B. die Auffassung, dass der Eigner bei operationellen Vorgängen des laufenden Reorganisationsprozesses von PostAuto nicht zu intervenieren hat, da dieser Aspekt in der internen Verantwortung des Unternehmens liegt. Wie die Kommission bereits früher festgehalten hat,449 ist sie dennoch der Ansicht, dass der Bundesrat bzw. die Eignerdepartemente und die EFV die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zur strategischen Führung und strategischen Beaufsichtigung der Unternehmen aktiver nutzen sollten.

Dies gilt insbesondere in Krisensituationen wie jener nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre. Im vorliegenden Fall hätte der Bundesrat aus Sicht der GPK-S unabhängige, externe Gutachten in Auftrag geben, die Rechnung 2017 nur unter Vorbehalt genehmigen, vertiefte Abklärungen zur Wahl der neuen externen Revisionsstelle durchführen oder gewisse allgemeine Ziele zu den Folgemassnahmen der Post festlegen können. Vor diesem Hintergrund lädt die GPK-S den Bundesrat ein, ein Inventar der Instrumente zu erstellen, welche dem Bund als Eigner bei Krisensituationen in bundesnahen Unternehmen zur Verfügung stehen (vgl. Empfehlung 13, Kap. 8.2.2.9).

Generell ist die GPK-S der Meinung, dass die Aspekte der Unternehmensaktivität, die als «strategisch für den Eigner» zu beurteilen sind, präziser definiert werden sollten, und dass die strategische Führung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen durch den Bundesrat bzw. die Eignerdepartemente und die EFV durch zusätzliche Massnahmen verstärkt werden sollten (vgl. diesbezüglich Kap. 8.2).

Die GPK-S hat bei der Klärung des Sachverhalts zudem weitere Punkte festgestellt, die aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht einer Klärung bedürfen. Diese werden nachstehend dargelegt.

Generalversammlung 2018 der Post: Der Bundesrat stützte sich bei seinen Beschlüssen im Hinblick auf die Generalversammlung
2018 der Post weitgehend auf die Berichte von EY und vom Advokaturbüro Kellerhals Carrard. Allerdings wurden diese Berichte kritisiert (vgl. Kap. 6.1.4). In den Augen der GPK-S wäre es sinnvoll gewesen, wenn der Bundesrat eine externe, ergänzende und unabhängige Expertise zur Analyse der vorgelegten Dokumente in Auftrag gegeben hätte, auch wenn die Fristen damals besonders eng waren, da die Generalversammlung der Post zwingend vor Ende Juni 2018 stattzufinden hatte (gemäss Art. 699 Abs. 2 OR).

448

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK und der EFV, Sitzungen vom 24. Apr. 2018, 2. Juli 2018 und 15. Apr. 2019; Schreiben des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018 und 13. Aug. 2018 449 Überwachung der Interessenbindungen in den Verwaltungsräten der bundesnahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB, Bericht der GPK-S vom 28. Aug. 2018, Kap. 4.2 (BBl 2018 7846, hier 7848).

7281

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Genehmigung der Rechnung 2017 der Post: An der Generalversammlung 2018 der Post beschloss der Bundesrat, die Rechnung 2017 der Post zu genehmigen. Er teilte mit, er habe sich dafür auf das «uneingeschränkte Testat» des externen Revisionsunternehmens der Post, KPMG, gestützt (vgl. Kap. 6.1.6). Die GPK-S fragt sich, ob dieses Testat eine hinreichende Basis für diesen Beschluss bot, wurde doch die Qualität der Arbeit von KPMG zum damaligen Zeitpunkt infrage gestellt und von der RAB untersucht. Auch in diesem Fall ist die Kommission der Meinung, dass es trotz der engen Fristen sinnvoller gewesen wäre, ein zusätzliches unabhängiges Gutachten erstellen zu lassen. Allerdings gleichen in ihren Augen die anderen gleichzeitig ergriffenen Massnahmen (Teilentlastung des Verwaltungsrates, keine subventionsrechtliche Genehmigung der Rechnung 2017 von PostAuto durch das BAV) dieses Defizit teilweise aus.

Gespräche mit den zurückgetretenen Verwaltungsratsmitgliedern: Anfang Juni 2018 führten die damalige Vorsteherin des UVEK und der Direktor der EFV Gespräche mit den zwei im Rahmen der PostAuto-Affäre beschuldigten Verwaltungsratsmitgliedern der Post (vgl. Kap. 6.1.5). Diese Gespräche wurden nicht protokolliert, weshalb die GPK-S nicht von deren genauem Inhalt Kenntnis nehmen konnte und sich auf allgemeine Informationen des UVEK aus Briefen und Anhörungen stützen musste.450 In den Augen der Kommission ist eine solche Praxis bedauernswert und wirft diverse Fragen auf. Wie die GPK bereits früher betont haben, 451 erwarten sie, dass alle Diskussionen und wichtigen Entscheidungen zur strategischen Führung der bundesnahen Unternehmen schriftlich festgehalten werden. Die GPK-S fordert, dass alle wichtigen Gespräche und Entscheide in Sachen Führung der bundesnahen Unternehmen schriftlich festgehalten werden. (vgl. Empfehlung 9, Kap. 8.2.2.6).

Eingehende Abklärungen zum Zeitraum vor 2007: Die GPK-S bedauert, dass die Ursache für die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto nicht klar ermittelt werden konnte (vgl. Kap. 6.1.8). Sie beklagt insbesondere, dass es aufgrund der schlechten Qualität der verfügbaren Dokumente bei der Post nicht möglich war, den Sachverhalt vor 2007 zu rekonstruieren. Dies ist umso unverständlicher, als die Post an die Grundsätze der eidgenössischen Archivierungsgesetzgebung 452 gebunden ist
und ihre Dokumente folglich so zu archivieren hat, dass ihre Geschäftstätigkeit später nachvollzogen werden kann.453 Aus diesem Grund ersucht die GPK-S den Bundesrat, sicherzustellen, dass sämtliche bundesnahen Unternehmen, die der eidgenössischen Archivierungsgesetzgebung unterstehen, diese künftig strikt einhalten, und dass dieser Aspekt angemessen in den strategischen Zielen der Unternehmen festgehalten wird (vgl. Empfehlung 8, Kap. 8.2.2.5).

Die Kommission bedauert zudem, dass das UVEK und die EFV nur wenig Interesse an der Eruierung des Sachverhalts vor 2007 gezeigt haben und offensichtlich nicht 450

Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018; Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018; Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 und vom 29. Mai 2019 451 Vgl. Standortbestimmung: Bewältigung des Cyber-Angriffs auf die RUAG, Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2018, Kap. 4.2 (BBL 2018 4598, hier 4600).

452 Bundesgesetz vom 26.6.1998 über die Archivierung (BGA; SR152.1); Verordnung vom 8.9.1999 zum Bundesgesetz über die Archivierung (Archivierungsverordnung, VBGA; SR 152.11).

453 Vgl. Art. 1 Abs. 1 Bst. e BGA, Art. 7 Abs. 1 und 5 VBGA sowie der Anhang 2 VBGA

7282

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bereit sind, diesbezüglich weitere Abklärungen durchzuführen (vgl. Kap. 6.1.8). In den Augen der GPK-S geht es nicht nur um Verjährung und individuelle Verantwortlichkeiten, sondern es liegt auch im öffentlichen Interesse, dass die Umstände, die zur Einführung der unrechtmässigen Buchungspraxis bei PostAuto geführt haben, sowie die entsprechenden Verantwortlichkeiten weitestmöglich beleuchtet werden. Sie empfiehlt dem Bundesrat daher, nach Abschluss des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens und auf Grundlage von dessen Ergebnissen eine eingehende Untersuchung zu diesem Thema in Auftrag zu geben.

Empfehlung 2:

Abklärungen zum Zeitraum vor 2007

Der Bundesrat wird ersucht, nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol zu PostAuto, eine eingehende Untersuchung in Auftrag zu geben, in welchem die Umstände, die zur Einführung der unrechtmässigen Buchungspraxis bei PostAuto vor 2007 geführt haben, und die entsprechenden Verantwortlichkeiten geklärt werden.

Verwaltungsrat von PostAuto: Die GPK-S begrüsst den Entscheid der Post, die Entscheidkompetenz des Verwaltungsrats von PostAuto künftig zu stärken (vgl.

Kap. 6.1.11). Der Bundesrat hat der Kommission mitgeteilt, dass eine Überprüfung der Führungsstrukturen der Tochtergesellschaften bundesnaher Unternehmen nicht zur Diskussion steht, da die organisatorische Ausgestaltung der Unternehmensstruktur in seinen Augen in der Kompetenz der betroffenen Unternehmen liegt (vgl. Kap.

6.1.11). Die Kommission teilt diese Meinung nicht: Sie ist der Ansicht, dass die Frage der Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen eine strategische Dimension aufweist, und dass der Bundesrat prüfen sollte, ob diese Strukturen angemessen sind und ob grundsätzliche Weisungen dazu erlassen werden sollten (vgl. Empfehlung 11, Kap. 8.2.2.8).

Externes Revisionsunternehmen: Die GPK-S hält die Entscheidung des Bundesrates, die externe Revisionsstelle der Post zu wechseln, für richtig. Sie weist jedoch darauf hin, dass sich der Bundesrat bei der Wahl des neuen Revisors damit begnügt hat, der Empfehlung der Post zu folgen, ohne weitere Abklärungen durchzuführen (vgl. Kap.

6.1.11). Angesichts der Fragen, die sich beim PostAuto-Fall zur Rolle der externen Revision gestellt haben, fragt sich die Kommission, ob es nicht angemessen gewesen wäre, wenn die zuständigen Departemente diese Wahl vertieft geprüft hätten.454 Im Allgemeinen fragt sich die GPK-S, ob nicht Regeln zum Umgang mit regelmässigen Wechseln der externen Revisionsstelle eingeführt werden sollten (vgl. Kap. 8.2.4).

Gutachten zur Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen: Die Kommission begrüsst den Entscheid des Bundesrates, ein Gutachten zur Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen in Auftrag zu geben. Sie ist der Auffassung, dass der Expertenbericht ­ auch wenn er in mancher Hinsicht kritisiert wurde ­ sinnvolle Erwägungen und Empfehlungen enthält. Allerdings hält die Kommission die vom Bundesrat auf der Grundlage dieses Berichts beschlossenen Massnahmen 454

Zum Beispiel Ersuchen um Präzisierungen zu den von der externen Revision geplanten Kontrollen der subventionierten Bereiche der Post.

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für unzureichend und ist deshalb der Meinung, dass zusätzliche Massnahmen geprüft werden sollten (vgl. Kap. 8.2).

Bei den Anhörungen der Vertreterinnen und Vertreter der RAB und der EFK sind noch weitere allgemeine Aspekte zutage getreten, die aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht problematisch sind. So erachtet es die GPK-S als zwingend notwendig, dass die bundesnahen Unternehmen künftig als «Gesellschaften öffentlichen Interesses» im Sinne des RAG gelten (vgl. Kap. 6.1.13 und Postulat 6, Kap. 8.2.4). Zudem ist sie der Auffassung, dass die Aufsicht des Bundesrates über die bundesnahen Unternehmen im Bereich des Risikomanagements verstärkt werden sollte (vgl. Kap. 6.1.15 und 8.2.2.7). Die diesbezüglichen Erläuterungen finden sich in Kap. 8.

6.2.4

Massnahmen des BAV

Die Kommission ist der Auffassung, dass die Massnahmen, die das BAV nach Veröffentlichung seines Berichts zu PostAuto ergriffen hat, angemessen waren (z. B.

Einforderung einer Verjährungsverzichtserklärung von der Post, Einforderung einer schriftlichen Konformitätserklärung von den Unternehmen im subventionierten RPV). Wie bereits zuvor erwähnt, kann die Kommission hingegen nur schwer nachvollziehen, weshalb das Amt Strafanzeige gegen PostAuto eingereicht hat, ohne vorgängig das UVEK konsultiert zu haben.

Die Kommission begrüsst, dass unter Federführung des BAV und der KöV rasch eine Lösung zur Rückerstattung der von PostAuto zu Unrecht bezogenen Subventionen an Bund und Kantone gefunden werden konnte. Zudem ist die GPK-S der Auffassung, dass der Verzicht des BAV auf die subventionsrechtliche Genehmigung der PostAuto-Rechnungen 2016 bis 2018 sinnvoll war.

Die GPK-S erachtet es wie das BAV für angemessen, dass die Rückerstattung der von PostAuto zu Unrecht bezogenen Subventionen aus den freien Reserven des Unternehmens und nicht aus der Spezialreserve im Sinne des PBG erfolgte (siehe Kap. 6.1.9). Dies ist gerechtfertigt, weil die von PostAuto versteckten Gewinne vor allem in die freien Reserven des Unternehmens flossen. Die Spezialreserve von PostAuto ist im Wesentlichen aus transparent und gesetzeskonform verbuchten Unternehmensgewinnen gespeist.

Nach Ansicht der Kommission bedarf es dennoch einer Grundsatzüberlegung über die Rechtsgrundlagen für die Verwendung von Überschüssen im subventionierten RPV. Das geltende Recht sieht vor, dass der Gewinn dem Unternehmen zur freien Verfügung steht, wenn die Spezialreserve 25 Prozent des Jahresumsatzes der betreffenden Sparten beträgt oder 12 Millionen Franken erreicht. Für die GPK-S stellt sich die Frage, ob nicht eine Obergrenze für den dem Unternehmen zur freien Verfügung stehenden Jahresgewinn festgelegt werden sollte (siehe Kap. 8.1.3).

Zu guter Letzt begrüsst die GPK-S die Abklärungen des UVEK und des BAV zur Aufsicht des Bundesamtes im RPV-Bereich sowie die zu deren Verbesserung ergriffenen Massnahmen (vgl. Kap. 6.1.14), die nach Meinung der Kommission in die richtige Richtung gehen. In den Augen der GPK-S zeigen die vorgenommenen 7284

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Verbesserungen, dass die bestehenden Strukturen bis anhin gewisse Mängel aufwiesen. Sie hält es für überaus wichtig, dass mit dem neuen Aufsichtssystem ­ welches sich immer noch in Entwicklung befindet ­ die Kompetenzen im Aufsichtsbereich geklärt und ähnliche Fälle künftig vermieden werden können. Die Kommission formuliert in Kapitel 8.1 verschiedene allgemeine Bemerkungen zur Aufsicht im RPV sowie zur Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen in diesem Bereich.

6.2.5

Weitere Erwägungen

Ferner begrüsst die GPK-S das Vorgehen der RAB und der EFK infolge der PostAuto-Affäre. Dank diesen konnten wichtige Aspekte insbesondere zur Rolle der externen Revisionsstellen und zum Risikomanagement des Bundesrates geklärt werden.

Die Kommission geht davon aus, dass die Nachverfolgung der Empfehlungen und Erwägungen, welche durch die RAB und die EFK ausgesprochen wurden, in den Zuständigkeitsbereich dieser Behörden fällt. Die GPK-S behält sich die Möglichkeit vor, einige dieser Aspekte zu vertiefen, sobald das laufende Verwaltungsstrafverfahren abgeschlossen ist.

7

Ergebnisse der Untersuchungen der GPK-S: CarPostal France

CarPostal France ist das Resultat einer Initiative der Abteilung «Markt Westschweiz» von PostAuto Schweiz und seit 2004 im städtischen und ausserstädtischen öffentlichen Verkehr in Frankreich aktiv. 2007 wurde am Sitz von PostAuto Schweiz in Bern ein Team «Markt International» geschaffen. Ab dem Jahr 2012 ist CarPostal France mit Sitz in Lyon für alle Ausschreibungen und Akquisitionen auf dem französischen Markt sowie für die Unterstützung der verschiedenen französischen Tochterunternehmen zuständig.455 CarPostal France hatte Ende 2018 18 Tochterunternehmen und betrieb 8 städtische Netze im Osten und Südosten Frankreichs sowie 2 Agglomerationsnetze und 6 Departementsnetze. Das Unternehmen beschäftigte 2018 knapp 1200 Mitarbeitende, hatte einen Fuhrpark von 800 Fahrzeugen und wies einen Umsatz von 130,7 Millionen Franken aus.456 Die Aktivitäten der französischen Tochter von PostAuto Schweiz riefen in den vergangenen Jahren mehrfach Kritik im Parlament hervor.457 Nach einer Klage von drei französischen Transportunternehmen verurteilte das Handelsgericht Lyon im September 2016 die Gesellschaften «CarPostal Interurbain» und «CarPostal France» zu mehreren Bussen in einer Gesamthöhe von rund 455

EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 13 456 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 14 457 Siehe insbesondere Motion Barrazzone «Aktivitäten der Schweizerischen Post im Ausland. Für die Einhaltung der vom Bundesrat festgelegten Grundsätze sorgen» vom 16. Juni 2014 (14.3447)

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11,5 Millionen Franken.458 Das Gericht befand, dass die von der Post Schweiz AG bei verschiedenen Vergaben an die französischen Tochtergesellschaften gezahlten Finanzhilfen als Staatshilfen zu erachten sind, die gegen das Freihandelsabkommen von 1972459 zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft verstossen und unlauteren Wettbewerb darstellen. CarPostal France rekurrierte gegen diesen Entscheid beim Berufungsgericht in Paris.460 Die GPK-N befasste sich in der Folge von Oktober 2016 bis April 2017 mit diesem Thema. Namentlich hörte sie die damalige Vorsteherin des UVEK sowie Vertreterinnen und Vertreter der Post an. Angesichts des laufenden Gerichtsverfahrens beschloss die Kommission, ihre Arbeiten erst nach dem endgültigen Urteil des Berufungsgerichts fortzusetzen.

Die Aufdeckung der PostAuto-Affäre Anfang 2018 rückte dieses Dossier in ein neues Licht. Auch wenn es bei CarPostal France wahrscheinlich zu keinen buchhalterischen Unregelmässigkeiten gekommen ist (siehe weiter unten), räumte die Post Anfang Juli 2018 ein, dass die finanzielle Lage der PostAuto-Auslandgesellschaften unvollständig dargestellt worden war. Sie wies darauf hin, dass gemäss dem Untersuchungsbericht von Kellerhals Carrard der Verdacht naheliegt, dass die von PostAuto Schweiz unrechtmässig erwirtschafteten Gewinne dazu gedient hatten, das Auslandsgeschäft aufzubauen. Die Post ist zum Schluss gelangt, dass die überhöhten Gewinne «zu einer verstärkten Finanzkraft» von CarPostal France geführt hatten.461 In der Folge kündigte die Post an, sich vom französischen Personenverkehrsmarkt zurückzuziehen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des vorliegenden Berichts, waren Schritte zum Verkauf dieses Geschäftsbereichs im Gange.

In Anbetracht der Fragen, die der Fall CarPostal France hinsichtlich der Führung der bundesnahen Unternehmen aufwirft, hat die GPK-S beschlossen, ihn im vorliegenden Bericht zu behandeln und somit die von der GPK-N begonnenen Arbeiten zu Ende zu bringen.

Allerdings ist dieser Fall klar zu trennen vom Fall PostAuto Schweiz. CarPostal France erhält für seine Aktivitäten keine Subventionen des Bundes und der Kantone und unterliegt somit nicht der subventionsrechtlichen Aufsicht des BAV (siehe Kap.

2.3), sondern lediglich der strategischen Kontrolle des Post-Verwaltungsrates und des Eigners.
Im vorliegenden Kapitel präsentiert die GPK-S zunächst die Informationen, welche die Arbeiten der GPK-N von 2016 bis 2017 ergeben haben. Anschliessend schildert sie die Schritte und Informationsaustausch nach den Enthüllungen rund um PostAuto im Jahr 2018. Am Schluss nimmt sie dann eine Beurteilung aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht vor.

458

Handelsgericht Lyon (Tribunal de commerce de Lyon), Entscheid Nr. 2014J00357 1626700002/1 vom 23. Sept. 2016. Siehe auch: CarPostal conteste avoir fait du dumping.

In: Le Matin Dimanche, 2. Okt. 2016; Millionenbusse gegen Schweizer Posttochter.

In: SonntagsZeitung, 2. Okt. 2016.

459 Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (SR 0.632.401) 460 Die Schweizer Postauto AG wehrt sich gegen die 12 Millionen Franken Schadenersatz.

In: SonntagsZeitung, 16. Okt. 2016 461 Unvollständige Präsentation der der Finanzlage der Auslandsunternehmen von PostAuto, Medienmitteilung der Post vom 3. Juli 2018

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7.1

Arbeiten der GPK-N von 2016 bis 2017

Nach dem Entscheid des Handelsgerichts Lyon (siehe vorhergehendes Kapitel) ersuchte die GPK-N Ende Oktober 2016 die damalige Vorsteherin des UVEK zur Situation von CarPostal France und zum laufenden Gerichtsverfahren schriftlich Stellung zu nehmen und der Kommission mitzuteilen, ob allenfalls Anpassungen der strategischen Ziele der Post zur Auslandstätigkeit erforderlich sind.

Die damalige Vorsteherin des UVEK legte in ihrer Antwort an die Kommission 462 die Vorteile der französischen PostAuto-Tochter dar. Sie verwies insbesondere darauf, dass die Post auf diese Weise expandieren, ihre Geschäftstätigkeit diversifizieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Schweizer Markt erhöhen kann, «indem wichtige Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt werden und ein zusätzliches Ertragsstandbein von PostAuto geschaffen wird».

Zur Finanzsituation von CarPostal France teilte die damalige Vorsteherin des UVEK mit, dass das Unternehmen seit 2012 schwarze Zahlen schreibt. Sie informierte zudem darüber, dass die durch Marktaufbaukosten entstandenen Verluste in den Anfangsjahren in der Folge als Forderungsverzichte der Post gehandhabt wurden.463 Des Weiteren erklärte sie, dass sich die Post nach Ansicht des Bundesrates mit ihrer Tätigkeit in Frankreich im Rahmen der strategischen Ziele bewegt, da diese Tätigkeit rentabel sei und den Risikoaspekten genügend Rechnung getragen werde. Das UVEK beabsichtige deshalb auch keine Anpassung der betreffenden Vorgaben. Sie präzisierte allerdings, dass der Bundesrat von der Post «eine Rentabilitätssteigerung ihrer Auslandgesellschaften» erwartet.464 Was das Urteil des Handelsgerichts Lyon betrifft, hielt die damalige Vorsteherin des UVEK fest, dass sich die Post entschieden gegen diese Vorwürfe wehrt und gute Erfolgschancen für ihre Beschwerde sieht. Sie kündigte an, an ihrem nächsten Quartalsgespäch mit der Post die Tätigkeit von PostAuto in Frankreich eingehend zu besprechen. Zum Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs erklärte sie, der Bundesrat erwarte «von der Post, dass sie sich auch bei ihren Tätigkeiten im Ausland im Sinne eines fairen Wettbewerbs verhält», es aber nicht Sache des Bundesrates sei, das Urteil einer juristischen Prüfung zu unterziehen, bevor das zweitinstanzliche Urteil vorliege.465 Hinsichtlich des Vorwurfs der staatlichen Unterstützung von CarPostal France
verwies sie darauf, dass «Abgeltungen, welche PostAuto für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz erhält, nicht zweckentfremdet werden können», dass «es praktisch ausgeschlossen [ist], dass Subventionen für andere Zwecke [...] verwendet werden» und dass «CarPostal France [...] damit keinesfalls von Abgeltungen aus der Schweiz profitieren» konnte.466 462 463 464

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-N vom 2. Nov. 2016 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-N vom 2. Nov. 2016 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-N vom 2. Nov. 2016.

Diese Aussage entspricht der Argumentation des Bundesrates von 2014 in seiner Antwort auf die Motion Barrazzone 14.3447.

465 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-N vom 2. Nov. 2016 466 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-N vom 2. Nov. 2016

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An der jährlichen Sitzung der GPK betreffend die Erreichung der strategischen Ziele der Post im April 2017 wurde mit dem UVEK und der Post erneut über den Fall CarPostal France gesprochen. Die damalige Vorsteherin des UVEK bezeichnete bei dieser Gelegenheit den Vorwurf der staatlichen Subventionierung als «absurd» und die Chancen der Post, vor dem Berufungsgericht Recht zu bekommen, als gross. Sie bekräftigte, dass die Diversifizierung der Unternehmenstätigkeit aus Sicht des UVEK Sinn ergibt, das Auslandsgeschäft rentabel ist und ein Verkauf von CarPostal France bedauerlich wäre.467 Der Finanzverantwortliche der Post erklärte, dass sich CarPostal France erfreulich entwickelt und das hängige Gerichtsverfahren auf einem guten Weg zu sein scheint.468 Die GPK-N beschloss, sich erst nach dem endgültigen Urteil des Berufungsgerichts in Paris wieder mit diesem Thema zu befassen.

Die der GPK-S vorliegenden Informationen zeigen, dass das Dossier CarPostal France nach dem Entscheid des Gerichts in Lyon im Jahr 2016 von der damaligen Vorsteherin mehrfach in den Quartalsgesprächen mit den Vertreterinnen und Vertretern der Post angesprochen wurde. Insbesondere wurde dem Departement von der Post eine vollständige Dokumentation der Frankreichaktivitäten übergeben.469 Soweit der Kommission bekannt, fand von Seiten des Bundes als Eigner keine strategische Intervention betreffend die Aktivitäten von CarPostal France statt.

7.2

Massnahmen nach den Enthüllungen zur PostAuto Schweiz AG

Im Revisionsbericht des BAV von Februar 2018, durch den die PostAuto-Affäre der Öffentlichkeit bekannt wurde, wird die französische PostAuto-Tochter nicht erwähnt. Dennoch wurde in den Medien schnell der Verdacht von Quersubventionierungen geäussert, insbesondere angesichts des nach wie vor hängigen Verfahrens in Frankreich. Am Tag nach den Enthüllungen kündigte die EFK den GPK die Durchführung einer Prüfung an, die sich namentlich mit den Risiken der internationalen Tätigkeit von PostAuto für den Bund befassen sollte.470 In der Folge wurden mehrere parlamentarische Vorstösse zu CarPostal France eingereicht.471 Angesichts der Corporate-Governance-Fragen, die dieser Fall aufwirft, beschloss die GPK-S in Abstimmung mit ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission, sich im Rahmen ihrer Arbeiten auch mit diesem Aspekt zu befassen.

Im April 2018 teilte der Post-Verwaltungsratspräsident den GPK mit, dass sämtliche neuen Akquisitionen von CarPostal France gestoppt wurden und die Konzernleitung beauftragt wurde, die Situation dieses Tochterunternehmens zu prüfen damit eine

467 468 469

Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK vom 24. Apr. 2017 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post vom 24. Apr. 2017 Siehe Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018, Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK vom 27. März 2019 470 Schreiben der EFK an die GPK vom 7. Febr. 2018. Siehe dazu auch Kap. 6.1.15.

471 Siehe vor allem Ip. Feller «Strategische Ziele des Bundesrates für die Schweizerische Post. Werden sie im Allgemeinen und im konkreten Fall der Postauto AG respektiert?» (18.3894) vom 27. Sept. 2018 und Anfragen Barrazzone 18.5068, 18.5069, 18.5070, 18.5071 und 18.5072 vom 28. Febr. 2018.

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Entscheidung betreffend dessen Zukunft getroffen werden kann.472 Der Finanzverantwortliche der Post betonte allerdings noch einmal, dass CarPostal France seit 2012 positive Ergebnisse erzielt.473 Die damalige UVEK-Vorsteherin bekräftigte im Parlament ihre Ansicht, dass sich die Frankreichaktivitäten der Post im Rahmen der strategischen Ziele bewegen, verwies aber auch darauf, dass nach wie vor Untersuchungen zu den Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto im Gange sind.474 Der im Auftrag der Post erstellte und im Mai 2018 veröffentlichte Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard förderte keine Buchungsunregelmässigkeiten bei CarPostal France zutage. Es wurde darin allerdings festgehalten, dass die Zentrale in der Schweiz die Aktivitäten der PostAuto-Tochtergesellschaften in Frankreich und Liechtenstein von 2006 bis 2011 mit erheblichen Investitionen unterstützt hatte. Die Gesamtsumme dieser Investitionen entspricht etwa den unrechtmässigen Gewinnen, welche PostAuto Schweiz im selben Zeitraum in der Schweiz erzielt hat.475 Gemäss dem Untersuchungsbericht hatte PostAuto im Jahr 2012 mittels einer Wertberichtigung auf Forderungen gegenüber seinem französischen Tochterunternehmen in Höhe von 30 Millionen Franken verzichtet und in der Folge die wirtschaftlichen Folgen der Finanzierung von CarPostal France in Höhe von mehreren Millionen Franken getragen.476 In seinem im Juni 2018 veröffentlichten Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Post im Jahr 2017 äussert der Bundesrat keine speziellen Vorbehalte zur Situation von CarPostal France. Er schreibt dort, dass die Rentabilität der Kooperationen und Beteiligungen, insbesondere diejenige der Auslandsaktivitäten, weiter zu verbessern ist.477 Ende Juni 2018, wenige Tage vor der geplanten Anhörung vor dem Berufungsgericht in Paris, berichteten die Medien, dass der Rechtsstreit zwischen CarPostal France und seinen französischen Wettbewerbern mit einer Zahlung der Post in Höhe von 6,2 Millionen Euro (ca. 7,1 Mio. Franken) an die Klägerseite gütlich beigelegt werden konnte.478 Nach zusätzlichen internen Abklärungen räumte die Post Anfang Juli 2018 ein, dass die finanzielle Lage der PostAuto-Auslandgesellschaften unvollständig dargestellt worden war und PostAuto über Jahre hinweg seinen Tochtergesellschaften gewisse Leistungen nicht belastet hatte. Sie
wies darauf hin, dass gemäss dem Untersuchungsbericht von Kellerhals Carrard der Verdacht naheliegt, dass die von PostAuto Schweiz unrechtmässig erwirtschafteten Gewinne dazu gedient hatten, das Auslandsgeschäft aufzubauen. Die Post ist zum Schluss gelangt, dass die überhöhten

472 473 474 475 476 477 478

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post vom 23. Apr. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post vom 23. Apr. 2018 Sitzung des Nationalrates, 5. März 2018, Antwort auf die Anfragen Barrazzone 18.5068, 18.5069, 18.5070, 18.5071 und 18.5072 (AB 2018 N 155) Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 698 ff.

Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard, Randziffer 714 ff.

Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele für die Schweizerische Post AG im Geschäftsjahr 2017, 8. Juni 2018 CarPostal verse 7,1 mios à des transporteurs français. In: 24 Heures, 27. Juni 2018; CarPostal règle son litige en France. In: Le Temps, 27. Juni 2018. Postauto kommt in Frankreich mit Blechschaden davon. In: Blick, 27. Juni 2018.

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Gewinne «zu einer verstärkten Finanzkraft» von CarPostal France geführt hatten.479 Die Post gab zu, dass CarPostal France bei einer korrekten Kostenzuordnung nicht ab 2012 ein positives Ergebnis aufgewiesen hätte, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Die GPK-S führte zwischen Juli und Oktober 2018 verschiedene Gespräche und Korrespondenz mit den Vertreterinnen und Vertretern der Post über die Situation von CarPostal France.480 Anfang Juli 2018 kündigte der Post-Verwaltungsratspräsident der Kommission den Rückzug des Unternehmens vom französischen Personenverkehrsmarkt an.481 Auf die Frage nach den Gründen für die gütliche Einigung zwischen CarPostal France und seinen Wettbewerbern erklärte er, man habe das Verfahren vom Tisch, den Wert des Unternehmens schützen und den allfälligen Verkauf des Tochterunternehmens nicht belasten wollen. 482 Ausserdem, erklärte er, sei man davon ausgegangen, dass die Enthüllungen rund um PostAuto Schweiz die Erfolgschancen vor dem Berufungsgericht in Paris nicht gerade erhöht hätten.483 Die Post präzisierte gegenüber der Kommission, dass der strategische Entscheid von PostAuto, seinen Tochterunternehmen gewisse Kosten nicht zu belasten, an sich nicht unrechtmässig war, angesichts der jüngsten Enthüllungen «jedoch kritisch zu beurteilen» sei.484 Das Unternehmen war allerdings nicht in der Lage, der GPK-S zu erklären, ob die strategischen Entscheide in Bezug auf CarPostal France anders ausgefallen wären, wenn die Kosten des Tochterunternehmens korrekt ausgewiesen worden wären. In den Augen der Post kann «aus heutiger Sicht nicht beurteilt werden [...], welche Kriterien ausschlaggebend für den damaligen Entscheid betreffend das Auslandengagement waren» und «ob [...] diese Kosten im Vorfeld zur Entscheidung hätten prognostiziert werden können». 485 Die Post unterstrich, dass die «Investition in ein neues Marktgebiet [...] immer mit [...] einer Schätzung des Geschäftsverlaufes mit gewissen Unsicherheiten verbunden» ist.486 Die damalige Vorsteherin des UVEK drückte gegenüber der Kommission ihre Enttäuschung über die mangelnde finanzielle Transparenz von CarPostal France aus.

Sie erklärte, dass sie es nicht für korrekt erachtet, wenn ein bundesnahes Unternehmen gegenüber seinen Tochterunternehmen auf gewisse Kostenabgeltungen verzichtet, auch wenn dieses Vorgehen
nicht ungesetzlich ist.487 In ihren Augen «muss sich der Bund aber auch darauf verlassen können, dass die von den Unternehmen gelieferten Informationen und [...] Zahlen korrekt sind».488 Die finanzielle Lage der

479 480 481 482 483 484 485 486 487 488

«Finanzielle Lage der PostAuto-Auslandgesellschaften unvollständig dargestellt», Medienmitteilung der Post vom 3. Juli 2018 Anhörungen der Vertreterinnen und Vertreter der Post vom 2. Juli 2018 und 17. Okt.

2018, Schreiben der Post an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 und vom 10. Okt. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post vom 2. Juli 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post vom 17. Okt. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post vom 17. Okt. 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 10. Okt. 2018 Schreiben der Post an die GPK-S vom 10. Okt. 2018 Anhörungen der damaligen Vorsteherin des UVEK vom 2. Juli 2018 und 24. Aug. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018

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Auslandsunternehmen von PostAuto sei aber «bewusst unvollständig» dargestellt worden.489 Dennoch betrachte das UVEK das Auslandsengagement von PostAuto nicht als Fehler, da es der Post gemäss den strategischen Zielen erlaubt ist, «unter Einhaltung der entsprechenden Vorgaben [...] Auslandsengagements einzugehen». 490 Die damalige UVEK-Vorsteherin betonte ausserdem, dass es keine Buchungsmanipulationen bei CarPostal France gab491 und dass die Gesamtliquidität des Konzerns ­ auch ohne die zu viel bezogenen Abgeltungen ­ jederzeit genügend hoch für die Finanzierung des Auslandsgeschäftes war.492 Dennoch erachtete sie den Rückzug der Post vom französischen Markt angesichts des verursachten Imageschadens für notwendig. 493 Sie informierte ferner darüber, dass das weitere Vorgehen betreffend das Auslandsengagement von PostAuto im Rahmen der nächsten Eignergespräche mit der Post thematisiert wird.494 Die GPK-S befasste sich in den folgenden Monaten regelmässig mit den Arbeiten rund um den Verkauf von CarPostal France.495 Die Vertreterinnen und Vertreter der Post informierten die Kommission insbesondere über die Massnahmen zur Sicherung des Unternehmenswerts im Hinblick auf den Verkauf und über die verschiedenen Schritte des Verkaufsprozesses. Ende Mai 2019 teilte die Post mit, im Hinblick auf den Verkauf einen Exklusivvertrag mit dem französischen Unternehmen Keolis unterzeichnet zu haben.496 Ende September kommunizierte sie, dass die französische Wettbewerbsbehörde für diesen Verkauf grünes Licht gegeben hatte, und dass Keolis alle Gesellschaften von CarPostal France mit sämtlichem Betriebspersonal und Fahrzeugen übernimmt. Der Transaktionsbetrag wurde nicht veröffentlicht; die Post hat allerdings bekannt gegeben, dass der Unternehmenswert zum Zeitpunkt der Übergabe rund 62 Millionen Franken betrug, und dass die Post aus dem Verkauf einen voraussichtlichen Verlust von rund 19 Millionen Franken verzeichnet. 497 Basierend auf eigenen Berechnungen, schätzten die Medien Anfang Oktober 2019, dass die Aktivitäten von CarPostal France seit 2004 Gesamtkosten in der Höhe über 65 Millionen Franken für die Post verursacht haben.498 Im März 2019499 nahm die Kommission Kenntnis von den Ergebnissen der Prüfung der EFK, die sich u. a. mit CarPostal France befasste.500 Die EFK kommt in ihrer Prüfung zum Schluss, dass die Post CarPostal France in Bezug auf die Risiken über 489 490 491 492 493 494 495 496 497 498 499 500

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK vom 24. Aug. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK vom 24. Aug. 2018 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 13. Aug. 2018 Anhörungen der Vertreterinnen und Vertreter der Post vom 17. Okt. 2018 und 23. Jan. 2019, Schreiben der Post vom 10. Okt. 2018 und 9. Jan. 2019.

Die Post beabsichtigt CarPostal France an Keolis S.A. zu verkaufen, Medienmitteilung der Post vom 27. Mai 2019 Die Post schliesst Verkauf von CarPostal France an Keolis S.A. ab, Medienmitteilung der Post vom 30. Sept. 2019.

Voici la facture de CarPostal France. In: Le Matin Dimanche, 6. Okt. 2019.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK vom 27. März 2019 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019

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Jahre hinweg als zu positiv eingeschätzt hat. Bis Ende 2017 wurde das französische Tochterunternehmen trotz tiefer Gewinnzahlen als «Chance» geführt.501 Die Prüfung hat gezeigt, dass sich die Risikoberichte zu CarPostal France über die letzten Jahre kaum verändert haben und lediglich generisch formulierte Risiken sowie Massnahmen ohne Deadlines und ohne Ausweisung von Kosten enthielten. Die Verantwortlichen von CarPostal France waren an der Erarbeitung dieser Berichte nicht beteiligt. Diese wurden in der Schweiz erstellt und waren nur auf Deutsch verfügbar.502 Die EFK ist der Ansicht, dass die Post in Bezug auf CarPostal France die strategischen Ziele Nr. 2.5 (Auslandsaktivitäten sind erlaubt, soweit die Risiken tragbar sind und eine nachhaltige Rentabilität sichergestellt ist) und 5 (Kooperationen sind führungsmässig eng zu begleiten und dem Risikoaspekt ist genügend Rechnung zu tragen) nicht erfüllt hat.503 Allgemein ist die EFK der Auffassung, dass die Post ihren Auslandsaktivitäten zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat. 504 Zudem wurden in ihren Augen die Risiken im Zusammenhang mit dem geplanten Verkauf von CarPostal France nicht korrekt bewertet.505 Die EFK weist in ihrem Bericht darauf hin, dass der Bund als Eigner Zugang zu zahlreichen die Post betreffenden Dokumenten hat, namentlich zu den Risikoberichten des Unternehmens, diese allerdings sehr komplex506 und nicht immer vollständig507 sind. So sind die mit den ausländischen Tochterunternehmen verbundenen Risiken nicht in den dem UVEK und der EFV jährlich vorgelegten Berichten über die Erreichung der strategischen Ziele aufgeführt.508 Nach Ansicht der EFK hätte der Bund bei der Post zusätzliche Informationen zu CarPostal France einfordern sollen,509 dies umso mehr, als die mit den ausländischen Tochterunternehmen verbundenen Risiken gemäss den strategischen Zielen besondere Beachtung zu schenken ist.510 Gegenüber der Kommission liess die EFK allerdings verlauten, dass die Hauptverantwortung für die mangelhafte Information über CarPostal France in ihren Augen eindeutig bei der Post und nicht beim Eigner liegt. 511 Das UVEK und die EFV erklärten in ihrer Stellungnahme zum Prüfbericht, dass sie die Beurteilung des Falls CarPostal France durch die EFK nachvollziehen kön501 502 503 504 505 506 507

508 509 510 511

EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 14 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 14 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 16 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 31 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 16 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 29/30 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 21; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK vom 27. März 2019 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 21 EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 21 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK vom 27. März 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK vom 27. März 2019

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nen.512 Ferner ist noch darauf hinzuweisen, dass die EFK die Finanzflüsse zwischen PostAuto und dem französischen Tochterunternehmen sowie deren allfällige strafrechtliche Relevanz nicht im Detail geprüft hat, namentlich wegen des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens.513

7.3

Beurteilung

Im Folgenden legt die GPK-S ihre Beurteilung des konkreten Falls CarPostal France vor. Die allgemeinen Schlussfolgerungen, die sich aus diesem Beispiel ziehen lassen und alle bundesnahen Unternehmen betreffen, finden sich in Kapitel 8. Im Text wird in Klammern auf die entsprechenden Empfehlungen verwiesen.

Die Abklärungen der letzten Monate haben gezeigt, dass die Finanzlage von CarPostal France über Jahre hinweg zu positiv dargestellt wurde. Dies hatte zur Folge, dass die Aufsicht des Bundes, als Eigner der Post, und die Oberaufsicht des Parlaments über die Tätigkeit der Post-Tochter CarPostal France auf unvollständigen und übertrieben optimistischen Informationen beruhte. Die GPK-S bedauert dies aufs Äusserste. Angesichts der ihr zur Verfügung stehenden Informationen teilt sie die Einschätzung des UVEK, dass der Rückzug von PostAuto vom französischen Markt ein angemessener und notwendiger Schritt ist.

Die Praxis, einem Tochterunternehmen gewisse Kosten nicht in Rechnung zu stellen, stellt zwar keinen Verstoss gegen geltendes Recht dar, kann aber nach Ansicht der Kommission aus Gründen der Transparenz gegenüber dem Eigner und der Bevölkerung bei bundesnahen Unternehmen nicht toleriert werden. Für die strategische Führung benötigen der Bundesrat, die Eignerdepartemente, die EFV und das Parlament ein vollständiges und wahrheitsgetreues Bild der Unternehmenssituation, namentlich was die Finanzen und die Risiken angeht. Nach Auffassung der GPK-S muss der Bundesrat unbedingt dafür sorgen, dass die Finanzlage von Tochtergesellschaften bundesnaher Unternehmen künftig realitätskonform präsentiert wird (siehe Empfehlung 12, Kap. 8.2.2.8).

In den Augen der GPK-S liegt die Verantwortung für die fehlende Transparenz hinsichtlich der Situation von CarPostal France in erster Linie beim Verwaltungsrat der Post, dem Führungsorgan des Unternehmens (siehe Kap. 2.2). Dieser hat der französischen Tochter während mehrerer Jahre nicht die ausreichende Aufmerksamkeit geschenkt und die bestehenden Risiken zu positiv eingeschätzt. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Post in diesem Punkt die strategischen Ziele nicht erfüllt hat. Sie geht hier folglich mit der EFK einig, die zum selben Schluss gekommen ist.

Das UVEK und die EFV haben sich als Eignervertreter regelmässig mit den Vertreterinnen und Vertretern der Post über die PostAuto-Aktivitäten in Frankreich ausgetauscht, insbesondere nach dem Bekanntwerden des Gerichtentscheids von Lyon im 512

EFK: Prüfung des Risikomanagements, Die Schweizerische Post, Bericht vom 8. März 2019, S. 10.

513 Die Vertreterinnen und Vertreter der EFK erklärten der GPK-S hierzu (Anhörung vom 17. Okt. 2018), dass die EFK gehalten war, alle Hinweise von allfälliger strafrechtlicher Relevanz, die sich im Rahmen ihrer Arbeiten ergaben, an fedpol weiterzuleiten.

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Jahr 2016. Die GPK-S erachtet dieses Vorgehen als angemessen. Sie hält allerdings fest, dass sich das UVEK und die EFV hauptsächlich auf die Informationen und Argumente der Post verlassen haben, ohne die Situation rund um CarPostal France näher zu betrachten. Nach Ansicht der Kommission hätten gewisse Aspekte den Eigner dazu veranlassen müssen, von der Post zusätzliche Informationen zu verlangen. Zu diesen Aspekten zählt beispielsweise, dass die mit den Tochterunternehmen im Ausland verbundenen Risiken nicht im von der Post gelieferten Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele erwähnt sind oder dass die Risikoeinschätzung von CarPostal France durch die Post während Jahren unverändert blieb.514 Die GPK-S ist allgemein der Auffassung, dass der Bundesrat, das UVEK und die EFV deutlich kritischer gegenüber der Auslandstätigkeit von PostAuto hätten sein sollen, vor allem nach den Enthüllungen zu PostAuto Schweiz im Jahr 2018. Die Kommission kann sich z. B. nur schwer erklären, warum der Bundesrat in seinem im Juni 2018 veröffentlichten Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele durch die Post keine Bemerkungen zu den Aktivitäten von CarPostal France gemacht hat.

Die GPK-S ist der Meinung, dass der Bund als Eigner den Auslandstöchtern von bundesnahen Unternehmen angesichts von deren politischer Exponiertheit und der besonderen Risiken klare Ziele vorgeben und diese einem eingehenden Monitoring unterziehen sollte. Ausserdem ist es der Kommission wichtig, dass der jährlich dem Parlament unterbreitete Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen transparent Auskunft gibt über die Situation der Tochtergesellschaften, denen aus Sicht des Bundes als Eigner strategische Bedeutung zukommt (vgl. Kap. 8.2.2.8).

Die Kommission stellt die Möglichkeit der bundesnahen Unternehmen, ins Ausland zu expandieren, um neue Einnahmequellen zu generieren und ihre Aktivitäten in der Schweiz zu stärken, nicht grundsätzlich in Frage. Solche Auslandsaktivitäten sind bereits seit Jahren Teil der strategischen Ziele, die ja regelmässig vom Parlament geprüft werden. Die GPK-S anerkennt auch, dass solche Expansionen zwangsläufig Unsicherheiten mit sich bringen und Anfangsinvestitionen nötig machen. Sie hält es allerdings nicht für akzeptabel, dass CarPostal France
nach knapp zehnjährigem Bestehen seine Rentabilitätsziele nicht erreicht und dem Image der Post geschadet hat.

Von grosser Bedeutung im Zusammenhang mit der Eigneraufsicht ist die Frage, ob der Bundesrat und das Parlament die Expansionsstrategie von PostAuto in Frankreich in den letzten Jahren auch gutgeheissen hätten, wenn die Finanzlage von CarPostal France realitätsgetreu dargestellt worden wäre. Die GPK-S kann diese Frage nicht beantworten. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass die Angelegenheit namentlich vom Parlament anders bewertet worden wäre. Die damalige UVEKVorsteherin hat verlauten lassen, dass sie das Frankreichgeschäft von PostAuto rückblickend nicht als Fehler betrachtet, da die Post gemäss ihren strategischen 514

7294

Die GPK-S hält in Bezug auf die Risikoeinschätzung von CarPostal France fest, dass die bei der Post festgestellten Probleme vergleichbar sind mit denjenigen im WBF, die sie in ihrem jüngst veröffentlichten Bericht über die Hochseeschifffahrts-Bürgschaften beschrieben hat (siehe hierzu: Hochseeschifffahrts-Bürgschaften, Bericht der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte vom 26. Juni 2018, Kap. 4.1.1; BBl 2018 6205, hier 6251).

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Zielen zu Auslandsaktivitäten berechtigt war. Die Kommission erachtet hier eine deutlich differenziertere Betrachtung für erforderlich, da eben diese strategischen Ziele von der Post über Jahre hinweg missachtet wurden. Die GPK-S bedauert es sehr, dass die Post nicht in der Lage war, ihr zu erläutern, anhand welcher Kriterien der Entscheid für die Expansion von PostAuto nach Frankreich gefällt wurde.

Auf die gegen CarPostal France vorgebrachten Anschuldigungen des unlauteren Wettbewerbs und auf den Beschluss der Post, vor dem Entscheid des Berufungsgerichts in Paris einen Vergleich zu schliessen, geht die GPK-S nicht ein. Sie weist allerding darauf hin, dass die Frage der Rechtmässigkeit der finanziellen Unterstützung von CarPostal France durch den Mutterkonzern Post aufgrund des Vergleichs nicht rechtlich geklärt wurde. Die GPK-S erachtet diesen Aspekt für fundamental und hält eine schnellstmögliche Klärung durch den Bundesrat für angebracht, damit vermieden wird, dass sich ein solcher Fall wiederholt.

Postulat 3:

Abklärungen über die finanzielle Unterstützung ausländischer Tochtergesellschaften von bundesnahen Unternehmen

Der Bundesrat wird beauftragt, zu klären, ob die Finanzhilfen, welche die Schweizerische Post namentlich in Form von Forderungsverzichten an CarPostal France geleistet hat, mit dem Freihandelsabkommen von 1972 zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vereinbar sind. Der Bundesrat schlägt nötigenfalls Massnahmen vor, mit denen sichergestellt werden kann, dass sich künftig alle bundesnahen Unternehmen an dieses Abkommen halten.

Die GPK-S nimmt erfreut zur Kenntnis, dass bei CarPostal France im Gegensatz zu PostAuto Schweiz zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des vorliegenden Berichts keine Buchungsunregelmässigkeiten festgestellt worden sind. Sie hält aber fest, dass die Finanzflüsse zwischen PostAuto und seinem französischen Tochterunternehmen aufgrund des Vorrangs des Verwaltungsstrafverfahrens bislang noch nicht im Detail geprüft werden konnten. Die Kommission ersucht den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass dieser Aspekt zur angemessenen Zeit vertieft wird, die Verantwortlichkeiten für die finanzielle Intransparenz von CarPostal France ermittelt und alle nötigen Massnahmen ergriffen werden.

Empfehlung 3:

Finanzflüsse zwischen PostAuto Schweiz und CarPostal France

Der Bundesrat wird ersucht, sobald das Fedpol-Verwaltungsstrafverfahren zu PostAuto abgeschlossen ist, dafür zu sorgen, dass die Finanzflüsse zwischen PostAuto und CarPostal France vertieft geprüft, die entsprechenden Verantwortlichkeiten ermittelt und alle erforderlichen Massnahmen ergriffen werden.

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8

Lehren aus dem Fall PostAuto (Stand Ende September 2019)

Die PostAuto-Affäre und die darauf folgenden Abklärungen haben mehrere grundsätzliche Fragen aufgeworfen, die für die parlamentarische Oberaufsicht von Bedeutung sind. Dieses Kapitel enthält die Schlussfolgerungen, zu denen die GPK-S auf der Grundlage der von ihr gesammelten Informationen und der Ergebnisse der Arbeiten der anderen Akteure (vgl. Kap. 6) gelangt ist.

Im ersten Unterkapitel (8.1) legt die Kommission ihre Erwägungen zur Aufsicht über den subventionierten RPV vor. Anschliessend befasst sie sich mit Aspekten der Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen (Kap. 8.2).

8.1

Grundsatzfragen zur Aufsicht über den subventionierten RPV

Die PostAuto-Affäre, aber auch andere Dossiers wie jenes der zu hohen Zinsabgeltungen für die BLS515 haben in letzter Zeit zahlreiche Fragen hinsichtlich der Angemessenheit der Aufsicht des BAV über den subventionierten RPV und hinsichtlich der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen in diesem Bereich aufgeworfen. Der Fall PostAuto hat zudem gezeigt, dass die für die im RPV tägigen Unternehmen geltenden eingeschränkten Gewinnmöglichkeiten im subventionierten Bereich eine zentrale politische Herausforderung darstellen. Diese drei Punkte werden im Folgenden vertieft.

8.1.1

Aufsichtstätigkeit des BAV

Auf der Grundlage interner Überlegungen und eines Audits der Kanzlei BDO präsentierten das UVEK und das BAV im Frühjahr 2019 eine Reihe von Massnahmen zur Verbesserung der Aufsicht über die im subventionierten RPV tätigen Unternehmen (siehe Kap. 6.1.14). Zu diesen Massnahmen zählen insbesondere die Aufhebung der subventionsrechtlichen Rechnungsgenehmigung der Unternehmen durch das BAV, die Einführung eines Finanzcontrollings, die Erhöhung der Ressourcen des Bundesamtes, die Stärkung der externen Revisionsstellen und die stärkere Verantwortlichkeit der Unternehmen für die Einhaltung der subventionsrechtlichen Vorgaben. Das neue System soll bis 2020 eingeführt werden.

Die GPK-S ist insgesamt der Ansicht, dass die Massnahmen zur Verbesserung der Aufsicht über den RPV notwendig waren und in die richtige Richtung gehen. In ihren Augen muss das neue System unbedingt dafür sorgen, dass die Verantwortlichkeiten im Bereich der Aufsicht klar definiert sind und Fälle wie jener von PostAuto künftig «auf dem Radar» der zuständigen Behörden erscheinen.

515

BAV und BLS einigen sich auf Kompensation zu hoher Zinskosten, Medienmitteilung des BAV vom 15. März 2019

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Die GPK-S erinnert daran, dass das BAV in Bezug auf die Einhaltung der subventionsrechtlichen Vorgaben nur eine subsidiäre Aufsichtsbefugnis hat. Hier erfolgt mit dem neuen System eine wichtige Präzisierung, indem die Hauptverantwortung der Unternehmen und ihrer externen Revisionsstellen stärker hervorgehoben wird. Für die Kommission wäre es unrealistisch, vom BAV zu erwarten, dass es jährlich eine eingehende Finanzprüfung aller subventionierten Unternehmen (insgesamt mehr als 120) vornimmt. Die Kommission erachtet es für angemessen, dass das BAV weiterhin gemäss einem risikoorientierten Ansatz punktuelle Prüfungen vornimmt. In diesem Zusammenhang ist auch der Verzicht des BAV auf eine systematische Rechnungsgenehmigung der Unternehmen aus Sicht der GPK-S sinnvoll, da dieses Vorgehen dem Amt eine unverhältnismässige Verantwortung aufbürden und für die anderen Akteure des Sektors verwirrend sein würde.

Gleichzeitig hält es die Kommission für unerlässlich, dass das BAV über ausreichend Ressourcen zur Erfüllung seiner Aufgaben verfügt. Die vom Bundesrat beschlossene Ressourcenerhöhung ist in den Augen der Kommission angemessen und insbesondere angesichts der erheblichen Subventionsbeträge, die im Bereich des RPV von Bund und Kantonen bezahlt werden (rund 2 Milliarden Franken pro Jahr), gerechtfertigt.

Auch nach der PostAuto-Affäre basiert das System zur Beaufsichtigung des RPV auf einem Vertrauensverhältnis zwischen den Bestellern (Bund und Kantone) und den Subventionsempfängern. Aus Sicht der GPK-S muss man davon ausgehen können, dass die Transportunternehmen die gesetzlichen Vorgaben beachten und die gewünschte Transparenz an den Tag legen. Dies soll das BAV jedoch nicht daran hindern, die subventionierten Unternehmen kritisch zu prüfen und nötigenfalls einzugreifen. Die Abklärungen der GPK-S haben gezeigt, dass sich das Bundesamt bisweilen wenig mit PostAuto auseinandergesetzt hat (siehe Kap. 5.2.1). Allgemein ist die Kommission der Ansicht, dass die Unabhängigkeit und der kritische Geist der Aufsichtsbehörden das unerlässliche Pendant zum Vertrauen in die Unternehmen sind. Sie erwartet, dass diese Aspekte bei der Ausgestaltung des neuen Aufsichtssystems besonders berücksichtigt werden (siehe unten). Sie hat übrigens im Rahmen ihrer Arbeiten festgestellt, dass die PostAuto-Affäre in dieser Hinsicht
das Bewusstsein der Akteure im RPV geschärft hat.

Die GPK-S ersucht den Bundesrat und das UVEK, bei der Ausgestaltung des neuen Aufsichtssystems über den RPV folgenden Punkten besondere Beachtung zu schenken: Fachliche Kompetenzen der Mitarbeitenden des BAV: Das Audit von BDO hat gezeigt, dass die Fachkompetenzen der Mitarbeitenden des BAV, die für die Beaufsichtigung der subventionierten Unternehmen zuständig sind, verbessert werden müssen.516 Die GPK-S erwartet, dass diesem Aspekt bei der Rekrutierung neuer Mitarbeitender besonders Rechnung getragen wird und die aktuellen Mitarbeitenden gegebenenfalls die nötigen Weiterbildungen besuchen können.

Unabhängigkeit der Mitarbeitenden gegenüber den Unternehmen: BDO sowie andere Akteure des Dossiers haben auf die Gefahr einer zu grossen Nähe zwischen 516

Bericht BDO, Empfehlung 1.8 und 3.3

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den für die Aufsicht zuständigen Mitarbeitenden des BAV und den zu beaufsichtigenden Transportunternehmen hingewiesen.517 BDO empfiehlt in diesem Zusammenhang eine periodische Rotation der für die Aufsicht zuständigen Mitarbeitenden.

Diese Empfehlung wurde nach Kenntnis der GPK-S nicht umgesetzt.

Die Kommission ersucht den Bundesrat und das UVEK, die nötigen Massnahmen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit der Mitarbeitenden des BAV zu ergreifen.

Sie ist sich allerdings bewusst, wie schwierig es ist, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Unabhängigkeit einerseits und langfristiger Wahrung von Fachkompetenz und Erfahrung anderseits zu finden.

Trennung der Rollen im Bundesamt: BDO betont in seinem Bericht, dass es wichtig ist, im BAV die Besteller- und Aufsichtsrolle im Bereich des subventionierten RPV besser zu trennen.518 Die Aufgaben Bestellung und Controlling des RPV bleiben allerdings auch in der neuen Struktur in derselben Sektion. Auf Nachfrage der GPKS teilte das BAV mit, dass es angesichts der weiteren beschlossenen Massnahmen eine strikte Trennung nicht mehr für notwendig erachtet und diese im Hinblick auf eine effiziente Nutzung der vorhandenen Fachkompetenzen auch nicht sinnvoll sei.519 Es präzisierte aber, dass in gewissen Bereichen zu Zwecken der Qualitätssicherung eine Trennung erfolgen wird und zudem kompensatorische Kontrollen zum Einsatz kommen sollen.520 Die GPK-S ersucht den Bundesrat und das UVEK, zu prüfen, ob eine klarere strukturelle Trennung im BAV nicht dennoch sinnvoll wäre, und sicherzustellen, dass Massnahmen ergriffen werden, welche die Trennung der Rollen des BAV in der Praxis gewährleisten (siehe Empfehlung 4.2).

Prüfung der Nebenaktivitäten der Unternehmen: BDO empfiehlt in seinem Auditbericht, die Aufsicht des BAV nicht nur auf die subventionierten Aktivitäten der Transportunternehmen zu konzentrieren, sondern den Prüfumfang zu erweitern und auch die nicht subventionsberechtigten Geschäftsbereiche einzubeziehen, um allfällige Quersubventionen zu erkennen.521 Das BAV teilte mit, dass diese Problematik im Rahmen der Kontrollen durch die Sektion Revision des Amtes behandelt wird.522 Die GPK-S erachtet es für unerlässlich, dass, falls es gemäss Einschätzung des Amtes notwendig ist, solche erweiterten Prüfungen durchgeführt werden und das BAV hierfür über einen
angemessenen Zugang zu den erforderlichen Informationen verfügt.

Überprüfung der von den Unternehmen gelieferten Zahlen: Sowohl BDO als auch die EFK bedauerten, dass das BAV in der Vergangenheit nicht in der Lage war, die Plausibilität der von den Transportunternehmen vorgelegten Zahlen zu überprüfen.523 Das BAV teilte mit, dass dieser Aspekt künftig ebenfalls von der Sektion 517 518 519 520 521 522 523

Bericht BDO, Empfehlung 1.6; siehe auch Anhörung des Preisüberwachers, Sitzung vom 14. Nov. 2018, und Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard.

Bericht BDO, Empfehlung 1.1, siehe Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard und Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 3. Juni 2019 Aktennotiz des BAV an die GPK-S vom 3. Juni 2019 Bericht BDO, Empfehlung 2.1.1. Diese Möglichkeit ist im Übrigen in Art. 37 Abs. 4 PBG bereits vorgesehen.

Schreiben des BAV an das UVEK vom 24. Jan. 2019 Bericht BDO, Empfehlung 2.1.2; EFK: Aufsicht über die Bestellung Regionaler Personenverkehr, Bericht vom 15. Jan. 2019

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Revision des Amtes behandelt wird.524 Die GPK-S erachtet es für sehr wichtig, dass die Instrumente für eine vertiefte punktuelle Überprüfung der vorgelegten Finanzdaten der Unternehmen geschaffen werden.

Transparente Methodik für die Risikoanalyse: Da die vertieften Kontrollen des BAV gemäss einem risikoorientierten Ansatz durchgeführt werden, ist es nach Ansicht der GPK-S unerlässlich, dass das BAV klar und transparent festlegt, wie die Risiken hinsichtlich der Transportunternehmen definiert, identifiziert und priorisiert werden, und eine klare Planung der entsprechenden Kontrollen vornimmt. Die Kommission schliesst sich hier den Empfehlungen von BDO an.525 Dokumentation zur Auslegung der Rechtsgrundlagen: Die GPK-S begrüsst den Entscheid des BAV, den Handlungsspielraum der Unternehmen bei der Auslegung der rechtlichen Vorgaben im Bereich des PRV einzuschränken. Sie erachtet es für wichtig, dass der Bundesrat und das UVEK sicherstellen, dass die Dokumentation zur Auslegung dem Willen des Gesetzgebers und der aktuellen Praxis entspricht und dass die zuständigen kantonalen Behörden sowie die Branchenvertreter an der Erarbeitung dieser Dokumentation beteiligt werden.526 Verantwortung der externen Revisionsstellen: Die Kommission begrüsst den Willen des BAV, in Zusammenarbeit mit dem Verband EXPERTsuisse abzuklären, ob den externen Revisionsstellen der Unternehmen zusätzliche Aufsichtsaufgaben anvertraut werden können. Angesichts der mangelhaften Arbeit von KPMG im Fall PostAuto und der begrenzten Erfahrung der Revisionsunternehmen im Bereich der Subventionen ist hier allerdings mit der nötigen Vorsicht vorzugehen. Die Kommission ist der Ansicht, dass die Gespräche mit EXPERTsuisse in dieser Frage ausschlaggebend sein werden. Davon abgesehen, spricht sich die GPK-S für eine klare Aufgabenteilung der Aufsichtstätigkeit zwischen dem BAV und der externen Revisoren aus. Diese Aufgabenteilung ist schriftlich festzuhalten und das entsprechende Dokument ist der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Einführung eines Monitorings bzgl. der Hinweise anderer Behörden: Der Fall PostAuto hat gezeigt, dass die Hinweise von anderen im Bereich des RPV tätigen Behörden, wie dem Preisüberwacher oder den kantonalen Behörden, von zentraler Bedeutung sein können (siehe Kap. 5.2.1). In den Augen der Kommission sollte das
BAV diesen Hinweisen künftig mehr Beachtung schenken. Die GPK-S ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass das BAV parallel zum Controlling der Transportunternehmen auch ein Monitoringsystem entwickelt, das eine Nachverfolgung der Hinweise von anderen im Bereich des RPV tätigen Behörden ermöglicht (siehe Empfehlung 4.3).

Schnittstellen zu den Kantonen: Der Kommission ist es sehr wichtig, dass im neuen Aufsichtssystem die Schnittstellen zwischen BAV und den zuständigen kantonalen 524 525 526

Schreiben des BAV an das UVEK vom 24. Jan. 2019 Bericht BDO, Empfehlungen 2.2, 2.2.1, 2.2.2 und 2.3 Die KöV betonte gegenüber der GPK-S, dass die Entscheide bezüglich der Auslegung der Vorschriften «nicht rein rechtlicher, sondern häufig politischer Natur» sind. Sie hält «ein partnerschaftliches Vorgehen zwischen Bund und Kantonen» und eine Berücksichtigung der politischen Leitlinien, welche sich Bund und Kantone zur Förderung des öffentlichen Verkehrs gegeben haben, für nötig (Schreiben der KöV an die GPK-S vom 21.6.2019).

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Behörden in Absprache mit den Kantonen klar definiert und geregelt werden (siehe Empfehlung 4.4 sowie Kap. 8.1.2).

Die GPK-S erachtet es allgemein für wichtig, dass alle Beteiligten (Kantone, Unternehmen, Revisionsstellen usw.) angemessen in die Erarbeitung des neuen Systems zur Aufsicht über den RPV einbezogen werden.

Empfehlung 4:

Neues System zur Aufsicht über den subventionierten RPV

4.1 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass bei der Ausgestaltung des neuen Systems zur Aufsicht über den subventionierten RPV folgenden Aspekten besondere Beachtung geschenkt wird: fachliche Kompetenzen der Mitarbeitenden des BAV, Unabhängigkeit der Mitarbeitenden des BAV gegenüber den Unternehmen, Überprüfung der Nebenaktivitäten der Unternehmen, Überprüfung der von den Unternehmen vorgelegten Zahlen, transparente Methodik zur Risikoanalyse, Dokumentation zur Auslegung der Rechtsgrundlagen, Verantwortung der externen Revisionsstellen.

4.2 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre, im BAV eine klarere strukturelle Trennung der Besteller- und der Aufsichtsrolle vorzunehmen.

4.3 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass das BAV ein Monitoringsystem für die Nachverfolgung der Hinweise von anderen im Bereich des RPV tätigen Behörden entwickelt.

4.4 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass im neuen Aufsichtssystem die Schnittstellen zwischen BAV und den zuständigen kantonalen Behörden klar definiert und geregelt werden.

Die Kommission wird sich im Rahmen ihrer künftigen Arbeiten weiterhin über den Stand der Umsetzung des neuen Systems zur Aufsicht über den RPV erkundigen.

8.1.2

Verteilung der Aufsichtskompetenzen zwischen Bund und Kantonen

Die Grundsatzfrage nach der Kompetenzverteilung zwischen dem BAV und den kantonalen Behörden im Bereich der Aufsicht über den subventionierten RPV stellte sich im Rahmen der Arbeiten der GPK-S zu PostAuto mehrfach. Die damalige Vorsteherin des UVEK äusserte gegenüber der Kommission die Ansicht, die Kantone hätten sich in diesem Bereich zu lange auf die Kontrollen des BAV verlassen. 527 Demgegenüber kritisierten gewisse Akteure die fehlende Reaktion des BAV auf Hinweise einiger Kantone zu PostAuto (siehe Kap. 5.2.1).

Gemäss Personenbeförderungsrecht sind der Bund und die kantonalen Ämter des öffentlichen Verkehrs gemeinsam für die Bestellung und Abgeltung im RPV zustän527

Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 23. Apr. 2018

7300

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dig.528 Die Zuständigkeit für die Aufsicht liegt hingegen allein beim BAV.529 Allerdings sind die kantonalen Finanzkontrollorgane auf der Grundlage kantonaler Rechtsbestimmungen ebenfalls berechtigt, Kontrollen bei den subventionierten Unternehmen durchzuführen. Dabei handeln sie unabhängig von den kantonalen Ämtern des öffentlichen Verkehrs.530 Des Weiteren sind alle Empfänger von Abgeltungen und Finanzhilfen der Finanzaufsicht der EFK unterstellt (Art. 8 Abs. 1 FKG).

Seit 2013 arbeiten das UVEK und die Kantone an einer Vorlage zur Reformierung des Bestell- und Abgeltungssystems des RPV mit dem Ziel, dieses System zu vereinfachen sowie die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten klarer zu regeln. Im April 2019 schickte der Bundesrat zwei Varianten zur Revision der Verfahren im RPV in die Vernehmlassung.531 Diese Revision beschränkt sich allerdings auf das Bestellverfahren und sieht keine grundlegende Änderung der Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über die subventionierten Unternehmen vor. 532 Die GPK-S hat sich mit der Frage befasst, ob die derzeitige Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den RPV angemessen ist. Sie hörte in diesem Zusammenhang verschiedene Akteure des PostAuto-Dossiers an (UVEK, BAV, EFK) und lud die KöV ein, schriftlich zu dieser Frage Stellung zu nehmen.533 Die Abklärungen der Kommission haben gezeigt, dass die Verteilung der Aufsichtskompetenzen zwar allgemein geregelt ist, jedoch gewisse Differenzen bei der Auslegung bestehen und die Koordination zwischen Bund und Kantonen noch verbessert werden muss.

Neben der Hauptaufsicht durch das BAV gemäss PBG führen auch die meisten kantonalen Finanzkontrollen periodische Audits im Bereich des öffentlichen Ver528

529 530 531

532

533

Siehe insbesondere Art. 28 Abs. 1 PBG und Art. 6 und 12 ARPV. Die Kantone sind federführend im Bestellverfahren, namentlich bei der Festlegung des Angebotes, der Prüfung der Offerten der Unternehmen, den Verhandlungen mit diesen sowie der Festlegung und Überprüfung der Leistungsqualität (Art. 12 Abs. 3 ARPV). Das BAV wiederum unterstützt die Kantone bei der Offertenprüfung, sorgt für den Austausch von Informationen unter den Kantonen und für die Gesamtkoordination des öffentlichen Verkehrs (Art. 12 Abs. 4 und 5 ARPV). Die Modalitäten für die Aufteilung der Abgeltungen zwischen Bund und Kantonen sind in Art. 28 ff. PBG und Art. 29a ff. ARPV geregelt.

Siehe Art. 52 ff. PBG. Die Modalitäten der Aufsicht des BAV über den subventionierten RPV sind in Art. 37 und 38 PBG geregelt (siehe hierzu auch Kap. 2.3).

Schreiben der KöV an die GPK-S vom 21. Juni 2019 Zwei Varianten für einfachere Verfahren im regionalen Personenverkehr, Medienmitteilung des Bundesrates vom 17. Apr. 2019. Die Vernehmlassung endete am 15. Aug. 2019.

Bei der Variante «Optimierung» würden Bund und Kantone Bus- und Bahnangebote weiterhin gemeinsam bestellen und finanzieren. Mit der Variante «Teilentflechtung», die der Bundesrat favorisiert, würde das Busangebot neu alleine durch die Kantone bestellt.

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018. Sollte sich die Variante «Teilentflechtung» durchsetzen, wäre das BAV lediglich zu subventionsrechtlichen Prüfungen bei Bahn- und Seilbahnunternehmen berechtigt. Busunternehmen würden nicht mehr durch das BAV geprüft, da die Pauschale an die Kantone ausbezahlt würde. Entsprechende Prüfungen hätten durch die zuständigen Ämter der Kantone zu erfolgen (vgl. Reform des regionalen Personenverkehrs, erläuternder Bericht des UVEK vom 17. Apr. 2019, Kap. 1.2.3, S. 12).

Schreiben der KöV an die GPK-S vom 21. Juni 2019. Es gilt darauf hinzuweisen, dass die KöV als interkantonale Konferenz hauptsächlich die Aufgabe hat, die Arbeiten der Kantone zu koordinieren, deren Interessen zu vertreten und die Zusammenarbeit mit dem Bund zu koordinieren. Hingegen hat sie keine von den Kantonen delegierten hoheitlichen Kompetenzen und folglich auch keine Rechte und Pflichten im Bereich des subventionierten RPV.

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kehrs durch, dies gemäss kantonaler Gesetzgebung. Eine Arbeitsgruppe bestehend u.a. aus Vertreterinnen und Vertretern der EFK, den verschiedenen kantonalen Finanzkontrollen und der Sektion Revision des BAV trifft sich einmal pro Jahr, um diese Arbeiten zu koordinieren.534 Gewisse Audits werden gemeinsam durchgeführt.535 Die kantonalen Ämter des öffentlichen Verkehrs sind nicht Teil dieser Koordination. Diese Rollenteilung ist aus Sicht der KöV «richtig».536 Das UVEK bekräftigte gegenüber der GPK-S seine Auffassung, dass die kantonalen Finanzkontrollen im Bereich des RPV die «Kompetenz und Pflicht» zur Durchführung von Kontrollen haben. Es bedauerte, dass einige Kantone in der Vergangenheit ihre Verantwortung in diesem Bereich abgestritten haben.537 Das BAV unterstreicht, dass der Sensibilisierung der Kantone eine grosse Bedeutung zukommt. Es teilte mit, dass für 2019 in Zusammenarbeit mit der EFK Weiterbildungen im Bereich des Subventionsrechts für die kantonalen Finanzkontrollen durchgeführt wurden.538 In einem gemeinsam mit vier kantonalen Finanzkontrollen durchgeführten und Anfang 2019 veröffentlichten Audit539 kommt die EFK zum Schluss, dass die jeweiligen Rollen und Aufgaben des Bundes und der Kantone im Bereich des RPV ­ u. a.

bei den durchgeführten Kontrollen ­ nicht ausreichend klar definiert sind, die Erwartungen voneinander abweichen und die Zusammenarbeit nicht ausreichend dokumentiert wird. Die EFK hält ausserdem fest, dass die Kontrollpraktiken und -verfahren von Kanton zu Kanton stark variieren.540 Das BAV schreibt in seiner Stellungnahme zum Bericht, dass es die Empfehlungen der EFK im Rahmen der laufenden Arbeiten zur Aufarbeitung des PostAuto-Falles und der RPV-Reform berücksichtigen wird.

Seitens der Kantone ist die KöV der Ansicht, dass die offenen Fragen durch die Massnahmen des BAV zur Verbesserung der Aufsicht über den RPV (Kap. 6.1.14 und 7.1.1) «zu einem grossen Teil geklärt» werden. Allerdings sind in ihren Augen im Rahmen des neuen Systems die Schnittstellen zu den Kantonen noch genauer zu definieren.541 Ausserdem müsse nach der Umsetzung der Massnahmen des BAV geprüft werden, «ob und welche Aufgaben die Kantone ergänzend zum BAV sinnvollerweise wahrnehmen». Die Form einer allfälligen kantonalen Aufsicht hänge jedenfalls auch von der laufenden RPV-Reform ab.542 Nach Auffassung der KöV 534

535 536 537 538 539 540 541 542

Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 und 29. Mai 2019. Laut UVEK sind die Ziele und Modalitäten dieser Treffen in einem Konzept der EFK festgelegt. Die EFK koordiniert und protokolliert dieser Treffen. Die Teilnehmenden präsentieren die wichtigsten Ergebnisse der durchgeführten Kontrollen und informieren über geplante Prüfungen. Dieses jährliche Treffen dient dazu, Doppelspurigkeiten zu vermeiden sowie die Koordination und den Austausch zwischen der EFK und den kantonalen Finanzkontrollen zu verbessern.

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 27. März 2019 Schreiben der KöV an die GPK-S vom 21. Juni 2019 Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018; Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019 Schreiben der Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 12. März 2019; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des BAV, Sitzung vom 27. März 2019 EFK: Aufsicht über die Bestellung Regionaler Personenverkehr, Bericht vom 15. Jan. 2019 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 27. März 2019 Schreiben der KöV an die GPK-S vom 21. Juni 2019 Schreiben der KöV an die GPK-S vom 21. Juni 2019

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«ist nicht offensichtlich, dass eine Ausweitung der Aufsichtstätigkeiten der Kantone einen Zusatznutzen bringen würde». Eine Verteilung der Prüfungsverantwortung auf mehrere Stellen könnte zu einer Schwächung der Aufsicht führen und die Problematik eher noch verschärfen.543 Die GPK-S erachtet es für angemessen, dass die Hauptverantwortung für die Beaufsichtigung des subventionierten RPV beim BAV liegt, namentlich angesichts von dessen Erfahrung und dessen geplanten Verbesserungsmassnahmen. Zudem ist es insbesondere bei Unternehmen wie PostAuto, die in zahlreichen Regionen des Landes tätig sind, äusserst sinnvoll, dass eine zentrale Stelle über einen Gesamtüberblick verfügt.

Vor dem Hintergrund, dass die Kantone für die Bestellung und die Abgeltung im RPV zuständig sind, kommt allerdings auch ihnen eine zentrale Rolle bei der Aufsicht zu. Die Kommission befürwortet eine koordinierte Mitwirkung aller kantonalen Finanzkontrollen und begrüsst die Bemühungen des BAV und der EFK um eine stärkere Sensibilisierung dieser Organe.

In den Augen der GPK-S ist es zunächst einmal wichtig, dass im neuen Aufsichtssystem gemeinsam mit den Kantonen die Schnittstellen zwischen dem BAV und den Kantonsbehörden ­ kantonale Ämter des öffentlichen Verkehrs und kantonale Finanzkontrollen ­ definiert und geregelt werden (siehe Empfehlung 4, vorheriges Kapitel). Ausserdem muss der Austausch von Informationen über die subventionierten Unternehmen verbessert werden. Hierfür empfiehlt sie, ein System zur Nachverfolgung der Hinweise der kantonalen Behörden einzuführen, da diese über Informationen verfügen können, welche für die Kontrollen des BAV von entscheidender Bedeutung sind (siehe Empfehlungen 4.3 und 4.4).

Die langfristige Verteilung der Aufsichtsaufgaben zwischen Bund und Kantonen wird hauptsächlich von der laufenden RPV-Reform abhängen, deren Zeitplan aktuell noch nicht bekannt ist. Die GPK-S erwartet vom Bundesrat, dass er nach dieser Reform prüft, inwieweit diese Kompetenzverteilung angepasst werden muss und ob es zweckmässig ist, den kantonalen Ämtern des öffentlichen Verkehrs und/oder den kantonalen Finanzkontrollen zusätzliche Aufsichtsaufgaben zu übertragen. Der Bundesrat wird ersucht, die Kantone bei diesem Vorgehen miteinzubeziehen. Vor diesem Hintergrund wird der Bundesrat weiter ersucht, die Aufteilung der Aufsichtsaufgaben und die entsprechenden Verfahren angemessen zu dokumentieren.

Postulat 4:

Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den RPV

Der Bundesrat wird beauftragt, nach Abschluss der laufenden RPV-Reform zu prüfen, inwieweit die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Aufsicht über den RPV angepasst werden muss und ob es zweckmässig wäre, den kantonalen Ämtern des öffentlichen Verkehrs und/oder den kantonalen Finanzkontrollen zusätzliche Aufsichtsaufgaben zu übertragen. Der Bundesrat wird ersucht, die Kantone bei diesem Vorgehen miteinzubeziehen.

Die Ergebnisse dieser Prüfung sind in einem Bericht darzulegen.

543

Schreiben der KöV an die GPK-S vom 21. Juni 2019

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Der Bundesrat wird ferner beauftragt, auf der Grundlage der Prüfungsergebnisse die Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den RPV und die entsprechenden Verfahren angemessen zu dokumentieren.

8.1.3

Gewinnerzielung in subventionierten Bereichen

Im Allgemeinen sieht das Gesetz für die Unternehmen des RPV begrenzte Möglichkeiten vor, um in den subventionierten Bereichen Gewinne zu erzielen. Den im RPV tätigen Unternehmen werden gemäss Artikel 28 Absatz 1 PBG die laut Planrechnung ungedeckten Kosten abgegolten. Weil Bund und Kantone i.d.R. nur die effektiven Kosten als abgeltungsberechtigt anerkennen, dürfen die Unternehmen im RPV folglich keinen Gewinn einplanen.544 In Übereinstimmung mit Artikel 36, Absatz 2 PBG (seit 2010 in Kraft) können die Unternehmen maximal ein Drittel des Gewinns frei verwenden, mindestens zwei Drittel davon müssen in eine Spezialreserve zur Deckung zukünftiger Fehlbeträge abgeltungsberechtigter Verkehrssparten eingelegt werden (Art. 36, Abs. 2 PBG).

Wenn diese Reserve 25 Prozent des Jahresumsatzes oder den Betrag von 12 Millionen übersteigt, steht der Gewinn dem Unternehmen zur freien Verfügung.545 Die PostAuto-Affäre hat verschiedene Fragen über die Angemessenheit des aktuellen Systems aufgeworfen. So hat PostAuto trotz der gesetzlichen Möglichkeit, seine Erträge einer Spezialreserve zuzuweisen, einen nicht unerheblichen Aufwand betrieben, um seine Überschüsse zu verschleiern. Zwischen 2007 und 2017 (und vor allem im Jahr 2010, vgl. Anhang 4) beschränkte sich PostAuto darauf, dem BAV Erträge in Höhe von einigen Hunderttausend Franken pro Jahr zu deklarieren. Parallel dazu wurden durch Buchungsmanipulationen mehrere Millionen Franken Überschuss versteckt.546 Die damalige Vorsteherin des UVEK erklärte mehrfach, dass das geltende System komplex ist, Fragen im Bereich der Finanzen aufwirft und in ihren Augen revidiert werden muss.547 Dieser Aspekt wurde allerdings im Entwurf zur Revision des RPV, den der Bundesrat im April 2019 vorgelegt hat (siehe vorheriges Kapitel), nicht berücksichtigt.

Die PostAuto-Affäre hat einen grundlegenden Zielkonflikt offenbart zwischen dem Verbot der Unternehmen, Gewinne zu erwirtschaften, einerseits und ihrem strategischen Ziel, den Unternehmenswert zu steigern, andererseits (vgl. Empfehlung 1, Kap. 6.2.2). Dieser Konflikt betrifft nicht nur PostAuto, sondern alle subventionierten Transportunternehmen. Obwohl ­ formell gesehen ­ nicht alle diese Unterneh544

Gemäss Artikel 15 ARPV wäre eine Verzinsung des Eigenkapitals grundsätzlich zwar möglich, in der Praxis wird diese Kann-Bestimmung jedoch nicht angewendet.

545 Mehr dazu in Kap. 2.3. Der Stand der Spezialreserve von PostAuto lag sich zwischen 2007 und 2018 immer über 12 Mio, (vgl. Anhang 4).

546 Eine Auflistung der entsprechenden Beträge findet sich in Anhang 4.

547 Siehe insbesondere Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 2. Juli 2018.

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men strategische Ziele des Bundes zur Steigerung des Unternehmenswertes zu erfüllen haben, so benötigen sie doch regelmässig Investitionen.

Die Kommission erachtet es als wesentlich, dass die Mittel, mit denen Bund und Kantone den RPV unterstützen, korrekt und transparent verwendet werden. Allerdings ist es in ihren Augen auch wichtig, dass die subventionierten Transportunternehmen unter gewissen Voraussetzungen über einen finanziellen Handlungsspielraum verfügen, der ihnen ermöglicht, in ihre Zukunft zu investieren und wettbewerbsfähig zu bleiben. Die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit der Spezialreserve scheint PostAuto nicht davon abgehalten zu haben, einen Grossteil des Unternehmensgewinns zu verschleiern.

Die GPK-S verzichtet darauf, eingehender auf dieses Thema einzugehen, da dies den Rahmen dieser Inspektion sprengen würde. In ihren Augen sollte aber eine politische Grundsatzdebatte über dieses Thema geführt werden. Vor diesem Hintergrund ersucht sie den Bundesrat, die Zweckmässigkeit einer Revision der Rechtsgrundlagen für die Verwendung von Überschüssen im subventionierten RPV, namentlich Artikel 36 Absatz 2 PBG, und für die Rechnungslegung der subventionierten Unternehmen zu prüfen und dem Parlament gegebenenfalls entsprechende Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Für die GPK-S stellt sich insbesondere die Frage, ob nicht eine Obergrenze für den Jahresgewinn festgelegt werden sollte, der dem Unternehmen zur freien Verfügung steht, sobald die für die Spezialreserve vorgesehene Schwelle erreicht ist (vgl. Kap. 6.2.4).

Allgemein ersucht die Kommission den Bundesrat, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre, das allgemeine Verbot, im subventionierten Bereich Gewinne zu erwirtschaften, auf Gesetzesstufe (PBG oder SuG) und in den strategischen Zielen der betreffenden bundesnahen Unternehmen ausdrücklich zu präzisieren.

Postulat 5:

Gewinne im Bereich des subventionierten RPV

5.1 Der Bundesrat wird beauftragt, die Zweckmässigkeit einer Revision der Rechtsgrundlagen für die Verwendung von Überschüssen im subventionierten RPV und für die Rechnungslegung der subventionierten Unternehmen zu prüfen und dem Parlament gegebenenfalls entsprechende Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten.

5.2 Der Bundesrat wird in diesem Zusammenhang insbesondere beauftragt, zu prüfen, ob nicht eine Obergrenze für den Jahresgewinn festgelegt werden sollte, der dem Unternehmen zur freien Verfügung steht, sobald die in Artikel 36 Absatz 2 PBG für die Spezialreserve vorgesehene Schwelle erreicht ist.

5.3 Allgemein wird der Bundesrat beauftragt, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre, das allgemeine Verbot, im subventionierten Bereich Gewinne zu erwirtschaften, auf Gesetzesstufe (PBG oder SuG) und in den strategischen Zielen der betreffenden bundesnahen Unternehmen ausdrücklich zu präzisieren.

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8.2

Grundsatzfragen zur Corporate Governance des Bundes

Die GPK haben sich in der Vergangenheit bereits mehrfach mit der Angemessenheit der Corporate Governance des Bundes befasst. In ihrem Bericht von 2012 kam die GPK-N zum Schluss, dass sich das Modell des Bundes zur strategischen Steuerung bei «üblichem» Geschäftsverlauf zur Steuerung der Unternehmen eignet, in aussergewöhnlichen Situationen aber an seine Grenzen stösst. 548 Auch in ihren Berichten zur SBB549 und zur RUAG550 haben sich die GPK zur Corporate Governance des Bundes geäussert.

Die PostAuto-Affäre und die darauffolgenden Abklärungen haben in diesem Bereich neue Fragen aufgeworfen. Der Bundesrat beschloss im Juni 2018, die Corporate Governance des Bundes extern überprüfen zu lassen. Auf der Grundlage der Expertenempfehlungen verabschiedete er Ende Juni 2019 verschiedene Massnahmen (vgl.

Kap. 6.1.16).

Die GPK-S legt im Folgenden dar, welche allgemeinen Lehren für die Corporate Governance des Bundes in ihren Augen aus der PostAuto-Affäre gezogen werden können. Sie stützt sich dabei auf die Informationen, die sie im Rahmen ihrer Arbeiten gesammelt hat, und auf die Schlussfolgerungen des vom Bundesrat in Auftrag gegebenen Expertenberichts. Sie behält sich die Möglichkeit vor, ihre Beurteilung zu ergänzen, sobald die Ergebnisse des Verwaltungsstrafverfahrens vorliegen. Die GPK werden sich im Rahmen ihrer künftigen Arbeiten weiterhin mit den verschiedenen Aspekten der Corporate Governance des Bundes befassen.

Die GPK-S ist der Auffassung, dass das Modell zur strategischen Steuerung der bundesnahen Unternehmen im Grossen und Ganzen nach wie vor angemessen ist, jedoch verschiedentlich an Grenzen stösst. Sie begrüsst, dass der Bundesrat eine Überprüfung der Corporate Governance beschlossen hat. Allerdings gehen die auf der Grundlage der Expertenempfehlungen beschlossenen Massnahmen in ihren Augen nicht weit genug und es müssen zusätzliche Verbesserungen geprüft werden.

8.2.1

Zuständigkeit für die Unternehmensaufsicht

Gemäss den Corporate-Governance-Grundsätzen des Bundes ist die Unternehmensaufsicht stufenweise strukturiert (vgl. Kap. 2.1): Die Hauptverantwortung liegt bei den Kontrollorganen des Unternehmens (Geschäftsführung, Verwaltungsrat, interne und externe Revision). Auf der nächsten Aufsichtsstufe folgt der Bund unter Führung des Bundesrates (Eignerdepartemente, EFV, sektorspezifische Aufsichtsbehörden). Die Unternehmen unterliegen ausserdem der Aufsicht der EFK. Die Bundes548

Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom. Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2012 (BBl 2012 8548). Siehe auch Kap. 2.1.

549 Überwachung der Interessenbindungen in den Verwaltungsräten der bundesnahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB, Bericht der GPK-S vom 28. Aug. 2018 (BBl 2018 7846) 550 Standortbestimmung: Bewältigung des Cyber-Angriffs auf die RUAG, Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2018 (BBl 2018 4575)

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versammlung schliesslich übt eine subsidiäre Oberaufsicht aus, indem sie überprüft, ob der Bundesrat seine Aufsichtskompetenz angemessen wahrnimmt.

Vor diesem Hintergrund liegt die Hauptverantwortung dafür, dass die unrechtmässige Buchungspraxis von PostAuto mehrere Jahre lang nicht angezeigt wurde, eindeutig bei den Führungsorganen sowie den internen und externen Kontrollstellen der Post. Die ersten Abklärungen nach Bekanntwerden der Affäre (RAB, EFK, Kellerhals Carrard) ergaben gewisse Verfehlungen dieser Organe.551 Was die Bundesbehörden angeht, müssen verschiedene Arten von Unternehmensaufsicht unterschieden werden. Der Bund ist Mehrheitsaktionär (oder Alleinaktionär) des Unternehmens; der Bundesrat bzw. die Eignerdepartemente (in diesem Fall das UVEK) und die EFV üben in dieser Funktion, ausgehend von den strategischen Zielen, die Aufsicht über die gesamte Unternehmenstätigkeit aus. Die sektorspezifischen Aufsichtsstellen (in diesem Fall das BAV) befassen sich mit einigen spezifischen Aspekten des Unternehmens. Die PostAuto-Affäre hat allerdings gezeigt, dass die Ziele der verschiedenen Einheiten des Bundes im Konflikt zueinanderstehen können und ihre Aufsichtstätigkeiten nicht ausreichend koordiniert sind (siehe Kap.

5.2). Die GPK-S mahnt hier eine bessere Zusammenarbeit an. Der Bundesrat und die Leitung des UVEK wiederum sollten den Überblick, den sie haben, nutzen und die strategischen Ziele anpassen, wenn diese in Widerspruch zum geltenden Recht geraten (siehe nachfolgend, Kap. 8.2.3).

Nach Ansicht der Kommission gibt es keinen Grund, die aktuelle Stufenstruktur der Aufsicht grundsätzlich infrage zu stellen. Es ist angemessen, dass die Hauptverantwortung für die Kontrolle bei den Unternehmen selbst liegt und die anderen Akteure eine subsidiäre Aufsicht ausüben. Die GPK-S begrüsst die bereits ergriffenen oder in Umsetzung befindlichen Massnahmen zur Präzisierung der Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure (z. B. Aufgaben der externen Revisionsstellen im Bereich des subventionierten RPV, siehe Kap. 6.1.14).

Im Fall PostAuto hat die Aufsichtsstruktur letztlich funktioniert, da das BAV die unrechtmässige Buchungspraxis schlussendlich aufdeckte. Die GPK-S bedauert allerdings, dass dies erst nach mehreren Jahren gelang und weder die Unternehmensorgane ­ denen die Hauptverantwortung
zur Aufsicht zukommt ­ noch der Eigner in der Lage war, die vorhandenen Probleme zu erkennen (siehe Kap. 5.2).

Angesichts dieses Falls ist die Kommission der Auffassung, dass die Aufsicht im Rahmen der bestehenden Kaskade-Struktur verstärkt und die oberste Stufe der Aufsicht konsolidiert werden muss. Sie fordert den Bundesrat auf, sicherzustellen, dass alle bundesnahen Unternehmen über ein geeignetes internes Aufsichtssystem verfügen (vgl. Kap. 8.2.2.7). Ausserdem erwartet sie, dass die strategische Führung und die Aufsicht, die der Bundesrat bzw. die Eignerdepartemente und die EFV in ihrer Funktion als Mehrheits- oder Alleinaktionär ausüben, durch verschiedene Massnahmen präzisiert und verstärkt werden (siehe Kap. 8.2.2).

551

Eine endgültige Einschätzung dieser Frage wird erst nach Abschluss des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens möglich sein.

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Aus Sicht der Kommission ist das Aufsichtssystem weiterhin auf das Vertrauensprinzip zu stützen.552 Die Bundesverwaltung und das Parlament müssen davon ausgehen können, dass die bundesnahen Unternehmen über angemessene Aufsichtsstrukturen verfügen. Dieses Vertrauen soll aber für die Aufsichtsstellen aller Stufen kein Hindernis sein, im Rahmen ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten die Unternehmensaktivitäten kritisch zu überprüfen und bei Problemen einzugreifen.

8.2.2

Rolle des Bundesrates, der Eignerdepartemente und der EFV

8.2.2.1

Involvierungsgrad des Eigners

Die PostAuto-Affäre wirft wie andere Dossiers der letzten Jahre553 die Frage nach dem Grad der Involvierung des Bundesrates bzw. der Eignerdepartemente (in diesem Fall das UVEK) und der EFV als Eignervertreter in die Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen auf. Im Fall PostAuto nahmen der Bundesrat, das zuständige Departement und die EFV eine defensive Haltung ein: Sie erklärten gegenüber der Kommission mehrfach554, keinen Einfluss auf das operative Geschäft der Post auszuüben und ihre Steuerung auf den strategischen Bereich zu beschränken (siehe Kap. 6.2.3). Sie begründeten dies mit ihrer den CorporateGovernance-Grundsätzen entsprechenden Rücksicht auf die unternehmerische Freiheit der Post. Die Vorsteherin des UVEK machte geltend, dass ein Eingreifen des Eigners in die operativen Angelegenheiten des Unternehmens hinsichtlich der Abgrenzung der Verantwortlichkeiten problematisch ist.555 Die GPK-S kann zwar nachvollziehen, dass der Bundesrat seinen Einfluss auf die Post mit einer gewissen Zurückhaltung ausüben will. Sie teilt grundsätzlich die Ansicht, dass sich die Interventionen des Eigners auf strategische Aspekte beschränken sollten und ein Eingreifen des Bundesrates in die operativen Angelegenheiten des Unternehmens in verschiedener Hinsicht problematisch wäre. Wie die Kommission bereits früher festgehalten hat,556 ist sie dennoch der Meinung, dass der Bund ­ unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben (Aktienrecht und sonstige einschlägige Rechtsvorschriften) ­ seine ihm als Eigner zukommende Rolle im Bereich der strategischen Führung und Aufsicht aktiver wahrnehmen sollte. In diesem Sinne sollte der Bundesrat insbesondere klarer definieren, welche Elemente für den Bund als Eigner von strategischer Bedeutung sind (siehe Kap. 8.2.2.2), die bestehenden organisatorischen Strukturen verstärken (siehe Kap. 8.2.2.3), über ein Konzept zur Erkennung und Lösung von Zielkonflikten verfügen (siehe Kap. 8.2.2.4), seine 552 553 554

555 556

Diese Ansicht wird auch von den vom Bundesrat beauftragten Sachverständigen geteilt: siehe Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.2.2 und 4.2.3.

Zum Beispiel Inbetriebnahme der Doppelstockzüge von Bombardier Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK und der EFV, Sitzungen vom 24. Apr. 2018, 2. Juli 2018 und 15. Apr. 2019; Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 15. März 2018 und 13. Aug. 2018 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK, Sitzung vom 15. Apr. 2019 Überwachung der Interessenbindungen in den Verwaltungsräten der bundesnahen Unternehmen am Beispiel des Falles der Verwaltungsratspräsidentin der SBB, Bericht der GPK-S vom 28. Aug. 2018, Kap. 4.2 (BBl 2018 7846, hier 7848)

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Nachverfolgung der Unternehmensaktivitäten verbessern (siehe Kap. 8.2.2.5 bis 8.2.2.8) und die in Krisensituationen zur Verfügung stehenden Massnahmen definieren (siehe Kap. 8.2.2.9).

8.2.2.2

Definition der Angelegenheiten von strategischer Bedeutung für den Eigner

Wenn es um die bundesnahen Unternehmen geht, unterscheidet der Bundesrat regelmässig zwischen «strategischen Angelegenheiten» und «operativen Angelegenheiten» mit Verweis darauf, dass er in letztere nicht eingreift. Die Arbeiten zur PostAuto-Affäre haben jedoch gezeigt, dass diese beiden Bereiche nicht klar definiert sind und die Grenze zwischen ihnen unterschiedlich verortet wird. 557 Es stellt sich die Frage, ob bestimmte Dossiers mit grosser politischer Resonanz oder von erheblichem finanziellem Umfang nicht als «strategische» Angelegenheiten betrachtet werden sollten, die eine vertiefte Nachverfolgung durch den Eigner rechtfertigen.

Eine Präzisierung würde zu mehr Kohärenz in der Corporate Governance des Bundes führen.

Die GPK-S ist sich bewusst, dass eine strikte Trennung zwischen strategischem und operativem Bereich nicht möglich ist und ein gewisser Ermessensspielraum unerlässlich ist. Dennoch sollte der Bundesrat, gestützt auf die vorhandenen Erfahrungswerte und die Fachliteratur, klare Kriterien und eine Kategorisierung erarbeiten, anhand von denen bestimmt werden kann, welche Elemente der Unternehmenstätigkeit «für den Bund als Eigner von strategischer Bedeutung» und dementsprechend vom Bundesrat, den Eignerdepartementen und der EFV enger zu begleiten sind (z. B. Dossiers mit grosser politischer Resonanz, Vorkommnisse mit Einfluss auf die Erreichung der strategischen Ziele, umfangreiche Investitionen 558, Aktivitäten in den subventionierten Bereichen, Funktionsweise des Verwaltungsrates, Reorganisationen im Unternehmen559 usw.). Nach Ansicht der Kommission sollten die Angelegenheiten, die für den Eigner von strategischer Bedeutung sind, systematisch an den Quartalsgesprächen mit den Unternehmen traktandiert werden.560

557

Sind z. B. die Reorganisation von PostAuto im Jahr 2019 oder die Frage der Boni für die Postführung Angelegenheiten von strategischer Bedeutung? Die Vorsteherin des UVEK erklärte gegenüber der Kommission, dass diese Abgrenzung auch für sie eine Herausforderung darstellt (Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK, Sitzung vom 15. Apr. 2019).

558 Die GPK-S ist der Auffassung, dass Kriterien definiert werden sollten, anhand von denen bestimmt wird, welche Investitionen des Unternehmens für den Bund als Eigner von strategischer Bedeutung sind.

559 Die GPK-S stellt sich z. B. die Frage, inwieweit eine Reorganisation wie «Impresa» (siehe Kap. 5.1) für den Eigner eine strategische Angelegenheit darstellt.

560 Auf diesen Punkt wurde auch im Expertenbericht hingewiesen, in dem es heisst: «Der Eigner müsste daher verstärkt eigene Themen setzen und in den Eignergesprächen auf die Traktandenliste setzen» (Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.2.2).

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Empfehlung 5:

Unternehmensangelegenheiten von strategischer Bedeutung für den Eigner

Der Bundesrat wird ersucht, klare Kriterien und eine Kategorisierung zu erarbeiten, anhand von denen bestimmt werden kann, welche Elemente der Unternehmenstätigkeit für den Bund als Eigner von strategischer Bedeutung und dementsprechend vom Bundesrat, den Eignerdepartementen und der EFV enger zu begleiten sind. Namentlich sind sie systematisch an den Eignergesprächen zu traktandieren.

8.2.2.3

Organisationsstruktur auf Stufe Bund

Die Führung der bundesnahen Unternehmen erfolgt seit Ende der Neunzigerjahre gemäss einem dualen Modell. Die Führung der bundesnahen Unternehmen erfolgt seit Ende der Neunzigerjahre gemäss einem dualen Modell. Die Vorbereitung und Koordination der Eignerangelegenheiten obliegt hauptsächlich den zuständigen Departementen (im vorliegenden Fall dem UVEK). Die Departemente werden von der EFV unterstützt, die ausserdem für Querschnittsfragen zur Corporate Governance des Bundes zuständig ist (vgl. Kap. 2.1).

Die vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten sind zum Schluss gekommen, dass sich dieses System grundsätzlich bewährt hat, jedoch gewisse Verbesserungen vorgenommen werden sollten.561 Sie wiesen insbesondere darauf hin, dass die Eigneraufgaben nicht gleichmässig zwischen den Eignerdepartementen und dem EFD (EFV) verteilt sind.562 Ausserdem geht aus ihrem Bericht hervor, dass die Rollenteilung zwischen den verschiedenen Organen im Eignermodell (Departemente, Generalsekretariate und Bundesämter) nicht klar definiert ist.563 Vor diesem Hintergrund empfehlen die Expertinnen und Experten dem Bundesrat, die Rollenteilung im Eignermodell rechtlich zu verankern 564 und das duale Modell zu optimieren, namentlich indem die Eignerrolle im engeren Sinne dem EFD zugewiesen und die strategische Eignerrolle von den jeweiligen Spitzen der Departemente wahrgenommen wird.565 Der Bundesrat hat sich bereit erklärt, die Aufgabenteilung besser im Gesetz zu verankern. Eine Modifikation der Rollenteilung im Sinne eines Wechsels der Federführung drängt sich aus seiner Sicht jedoch nicht auf. Er möchte an der bestehenden Rollenteilung festhalten. Allerdings anerkennt er den Optimierungsbedarf in Bezug auf die Erfüllung der verschiedenen Aufgaben der Eignerstellen im dualen Modell.566 561 562 563 564 565

Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.3 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.3.4 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.1.3 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.1, Empfehlung 1 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.3, Empfehlungen 10 und 11 566 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 4, 11 und 12

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Angesichts der Ergebnisse ihrer Arbeiten zum PostAuto-Dossier und entsprechend der Schlussfolgerungen der Expertinnen und Experten ist die GPK-S der Auffassung, dass Klärungsbedarf besteht hinsichtlich der Aufgaben und Verantwortlichkeiten der Organe, die den Bund gegenüber den Unternehmen als Eigner vertreten. So sind für die Corporate-Governance-Angelegenheiten offiziell das GS-UVEK und die EFV zuständig, in der Praxis werden die Führung und politische Beaufsichtigung der Post aber in erster Linie von der Vorsteherin des UVEK übernommen, welche an allen Quartalsgesprächen mit dem Unternehmen teilnimmt.

In den Augen der Kommission bedarf es unbedingt einer Grundsatzüberlegung über die jeweiligen Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Aufgaben der Departementsvorsteherinnen und -vorsteher, der Generalsekretariate und der EFV im Bereich der Corporate Governance. Die Kommission begrüsst die vom Bundesrat angekündigten Massnahmen, ist allerdings der Auffassung, dass dieser noch weitergehen und die Grundprinzipien der Rollenteilung in einem öffentlich zugänglichen Referenzdokument festhalten sollten. Die laufenden Arbeiten im Zusammenhang mit dem Postulat Abate567 könnten Gelegenheit dafür bieten. Die Kommission wird die Entwicklungen in diesem Bereich im Rahmen ihrer künftigen Arbeiten weiterverfolgen.

Die GPK-S hat sich des Weiteren mit den Ressourcen befasst, welche die Bundesverwaltung für die Führung und Beaufsichtigung der Post aufwendet. Sie wurde informiert, dass die EFV rund 0,5 Vollzeitäquivalente (VZÄ) und das GS-UVEK rund 0,6 VZÄ pro Jahr für diese Aufgabe aufwendet.568 Für die bundesnahen Unternehmen insgesamt belaufen sich die Werte auf 2,65 VZÄ bei der EFV, 2,4 VZÄ beim GS-UVEK und 1,0 VZÄ beim GS-VBS.569 Angesichts der politischen Bedeutung und der Systemrelevanz der betroffenen Unternehmen für den Bund ist die Kommission der Meinung, dass diese Ressourcen nicht ausreichen und zwingend zu verstärken sind.570 Sie erachtet es ausserdem für unerlässlich, dass die zuständigen Mitarbeitenden über die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen fachlichen Kompetenzen verfügen.571 Dies muss sichergestellt sein, um eine konsequente Beaufsichtigung der Unternehmenstätigkeiten zu gewährleisten. Die GPK-S begrüsst den Entscheid des Bundesrates, eine Erhöhung des Personalbestands und der
Fachkompetenz in den zuständigen Abteilungen zu prüfen.572 Sie wird sich in den kommenden Monaten über die auf der Grundlage dieser Prüfung ergriffenen Massnahmen erkundigen.

Ferner ist die GPK-S der Auffassung, dass zudem organisatorische Massnahmen ergriffen werden müssen, um die Rolle des Bundesrates als zentrales Organ, welches 567 568 569 570

571 572

Po. Abate «Eignerstrategie des Bundesrates für die verselbstständigten Einheiten des Bundes» vom 13. Dez. 2018 (18.4274) Schreiben des UVEK an die GPK-S vom 17. Juni 2019 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.3.2.

Sie teilt in dieser Hinsicht die Einschätzung der vom Bundesrat beauftragten Experten.

Vgl. Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.3.2, 5.1.3 und 5.2.3, Empfehlung 10.

Vgl. Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.3.2 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 13. Ein Bericht zu diesem Thema wird dem Bundesrat bis Ende 2019 unterbreitet.

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die Aufsichts- und Führungsfunktionen des Bundes als Unternehmenseigner wahrnimmt, zu stärken.573 Die Kommission erinnert daran, dass nur der Bundesrat einen politischen Gesamtüberblick hat über die Unternehmensaktivitäten, einschliesslich derjenigen in den nicht subventionierten Bereichen (z. B. CarPostal France, siehe Kap. 7). Der Bundesrat ist es auch, dem es obliegt, Zielkonflikte der Unternehmen zu erkennen und zu lösen (siehe Kap. 8.2.2.4 und 8.2.3). In den Augen der Kommission wurde dieser Aspekte in der PostAuto-Affäre vom Bundesrat nicht ausreichend berücksichtigt.

Der Bundesrat kann gemäss Artikel 23 RVOG für bestimmte Geschäfte Ausschüsse bestellen, welche Beratungen und Entscheidungen des Bundesrates vorbereiten oder für das Kollegium Verhandlungen mit anderen Behörden oder mit Privaten führen.574 Derzeit verfügt der Bundesrat über sieben ständige Ausschüsse zu bestimmten Sachthemen, denen jeweils drei Departementsvorsteherinnen bzw. -vorsteher angehören.575 Einmal im Jahr prüft der Bundesrat, ob die Einsetzung eines Aufsichtsausschusses notwendig ist. Er unterhält sich in diesem Zusammenhang namentlich mit dem Direktor der EFK. Gemäss den Informationen der GPK-S prüfte der Bundesrat 2018 und 2019 auf schriftlicher Empfehlung des Direktors der EFK die Einsetzung eines Ausschusses zu den bundesnahen Unternehmen, erachtete diese aber letztlich nicht für notwendig.576 Auf Anfrage der GPK-S erklärte der Bundeskanzler, dass der Bundesrat einen Aufsichtsausschuss grundsätzlich nur dann einsetzt, wenn die aufgeworfenen Fragen nicht im Bundesrat beantwortet werden können und sich ihnen nicht ein anderer Ausschuss annimmt. Vor dem Hintergrund, dass sich der Ausschuss des Bundesrates für Energie, Umwelt und Infrastruktur mit Fragen zur Wahrnehmung der Eignerrolle bei bundesnahen Unternehmen beschäftigt, beschloss der Bundesrat, auf die Einsetzung eines Aufsichtsausschusses zu diesem Thema zu verzichten.577 Die GPK-S ist trotzdem der Ansicht, dass der Bundesrat einen ständigen Ausschuss zur strategischen Steuerung und zur Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen einrichten sollte, welcher die Aufgabe hat, seine Beratungen und Beschlüsse zu diesen Unternehmen vorzubereiten. Dem käme nicht nur eine starke symbolische 573 574

Siehe auch Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Empfehlung 10 Bundesrat hat Ausschüsse festgelegt, Medienmitteilung des Bundesrates vom 23. März 2016. Die Kompetenzen der Bundesratsausschüsse wurden im Rahmen der von den eidgenössischen Räten am 28. Sept. 2012 verabschiedeten Regierungsreform im RVOG präzisiert. Angestossen wurde diese Massnahme namentlich mit der Motion 10.3632 der GPK-S, die im Rahmen des Berichts «Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA» (Bericht der GPK-S vom 30. Mai 2010, BBl 2011 3099, hier 3413) eingereicht worden war.

575 Die Arbeiten einiger Bundesratsausschüsse stehen im Zusammenhang mit früheren Vorstössen der GPK: So wurde nach der Veröffentlichung des GPK-Berichts über den Rücktritt des Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) der Ausschuss «Finanzfragen» geschaffen, welcher regelmässige Gespräche mit der SNB führt (vgl. «Rücktritt des SNB-Präsidenten am 9. Januar 2012: Der Bundesrat im Spannungsfeld zwischen der politischen und der aufsichtsrechtlichen Dimension», Bericht der GPK vom 15. März 2013, BBl 2013 5627).

576 Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 27. März 2019 577 Schreiben des Bundeskanzlers an die GPK-S vom 28. Okt. 2019

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Tragweite zu, sondern der Ausschuss würde auch eine angemessene Plattform zur Stärkung der Führungs- und Aufsichtsrolle des Bundesrates als Kollegium darstellen, die es diesem erlaubt, bei Problemen schnell und koordiniert zu reagieren. Der Ausschuss könnte u. a. einmal oder mehrmals pro Jahr ein Gespräch mit den Unternehmensverantwortlichen über Themen von allgemeiner strategischer Bedeutung und über die Erreichung der gesetzten Ziele führen.578 Motion 1:

Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen»

Der Bundesrat wird beauftragt, gestützt auf Artikel 23 RVOG einen ständigen Ausschuss zur strategischen Steuerung und zur Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen einzurichten. Dieser Ausschuss hat die Aufgabe, die interdepartementale Koordination in diesem Bereich zu stärken, die Beratungen und Beschlüsse des Bundesrates zu den bundesnahen Unternehmen vorzubereiten und regelmässige Gespräche mit deren Vertreterinnen und Vertretern zu führen.

8.2.2.4

Strategische Ziele der Unternehmen

Die strategischen Ziele sind ein zentrales Instrument zur Führung der bundesnahen Unternehmen. Für die GPK-S wird die Angemessenheit dieses Instruments von der PostAuto-Affäre nicht grundsätzlich infrage gestellt.

Die Affäre hat aber gezeigt, dass die bundesnahen Unternehmen mit Zielkonflikten konfrontiert sein können und dass in diesem Bereich Abklärungen notwendig sind.579 Dieser Punkt wurde im Übrigen von der GPK-N bereits in ihrer Inspektion von 2012 thematisiert.580 Die vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten wiesen auf Probleme bei der «inneren Kohärenz» (Widersprüche innerhalb der strategischen Ziele) und der «äusseren Kohärenz» (Konflikte zwischen den Eignerzielen und den Vorgaben anderer Bundesstellen) hin.581 Zur Lösung dieser Konflikte empfahlen sie dem Bundesrat insbesondere, die strategischen Ziele zu priorisieren.582 Der Bundesrat teilte mit, diese Massnahmen als «kaum realistisch und wenig sinnvoll» zu erachten, und warnte vor zu starren Vorgaben, die zu einer Vermischung der Verantwortlichkeiten zwischen Eigner und Verwaltungsrat führen könnten. In seinen Augen sollten Zielkonflikte weiterhin im Rahmen der Eignergespräche geklärt werden.583 578 579

580

581 582 583

Siehe hierzu Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.2.2, S. 62 Namentlich Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 24. Apr. 2018; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der Post, Sitzung vom 2. Juli 2018; Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter des UVEK, Sitzung vom 27. März 2019; Untersuchungsbericht Kellerhals Carrard Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom. Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 8. Mai 2012, Kap. 2.1 (BBl 2012 8545, hier 8549) Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.1.2 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.1, Empfehlung 2 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 5

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Auch die GPK-S ist der Ansicht, dass eine allgemeine und abstrakte Priorisierung der strategischen Ziele unrealistisch ist. Sie ist sich im Übrigen bewusst, dass einige der Widersprüche auf die Einflussnahme verschiedener Akteure ­ namentlich des Parlaments ­ bei der Erarbeitung der strategischen Ziele zurückzuführen sein können. Dennoch ist es in ihren Augen unerlässlich, dass Zielkonflikte erkannt und gelöst werden. Die Behandlung von Zielkonflikten liegt für die Kommission in der Zuständigkeit der Eignerdepartemente oder nötigenfalls des Bundesrates, der als Kollegium für die strategischen Ziele verantwortlich ist.584 Wenn die strategischen Ziele im Widerspruch mit bestimmten Rechtsvorgaben stehen, obliegt es dementsprechend insbesondere dem Bundesrat und den zuständigen Departementen, mit den Unternehmen Lösungen zu finden und die betreffenden Ziele gegebenenfalls zu präzisieren oder anzupassen.

Im Fall PostAuto wurde der Bundesrat von der damaligen Vorsteherin des zuständigen Departements nicht über den Zielkonflikt des Unternehmens informiert, weshalb er die Situation nicht überblicken und demzufolge auch nicht seiner Führungs- und Aufsichtsrolle gerecht werden konnte. Zudem führte dies dazu, dass diese Problematik auch nicht in den dem Parlament vom Bundesrat vorgelegten Jahresberichten über die Erreichung der strategischen Ziele durch die Post auftauchte, weshalb auch die Oberaufsichtsorgane ihre Aufgabe nicht wahrnehmen konnten.585 Aus Sicht der GPK-S wäre der ständige Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» (siehe vorheriges Unterkapitel) ein geeignetes Gremium, um die Exekutive bei der Erkennung und Klärung von Zielkonflikten zu unterstützen.

Empfehlung 6:

Erkennung und Klärung von Zielkonflikten

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass (interne und externe) Zielkonflikte von bundesnahen Unternehmen erkannt und angemessen geklärt werden.

Dieses Themas nimmt sich der neue ständige Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» an. Besondere Beachtung wird dieser Problematik bei den regelmässigen Eignergesprächen und bei der Erneuerung der strategischen Ziele geschenkt.

Der zentrale Zielkonflikt, mit dem sich PostAuto konfrontiert sah, rührt von einem Widerspruch zwischen den strategischen Zielen der Post und den Vorgaben des BAV her (Problem der «externen Kohärenz», siehe Kap. 5.2). Um zu vermeiden, dass sich ein solcher Fall wiederholt, sollten die Eignerdepartemente bei der Erarbeitung der strategischen Ziele systematisch die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden konsultieren, damit diese den Bundesrat auf allfällige Zielkonflikte hinweisen können. Gegebenenfalls sind die Ziele anzupassen, um Konflikte zu verhindern.586 584

Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.3.2. Der ständige Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» (siehe vorheriges Unterkapitel) wäre hierfür ein geeignetes Gremium.

585 Die GPK-S weist allerdings darauf hin, dass die Hauptverantwortung für die Behandlung dieses Falls beim Bundesrat und den zuständigen Departementen lag. Die parlamentarischen Oberaufsichtsorgane üben eine subsidiäre Aufsicht über die Unternehmen aus, die deutlich beschränkter ist als jene des Bundesrates und der zuständigen Departemente.

586 Zur Post siehe Empfehlung 1, Kap. 5.2.2

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Empfehlung 7:

Konsultation der sektorspezifischen Aufsichtsbehörden im Rahmen der Erarbeitung der strategischen Ziele

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden bei der Erarbeitung oder Erneuerung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen systematisch konsultiert werden, um auf allfällige Zielkonflikte hinweisen zu können. Gegebenenfalls sind die strategischen Ziele anzupassen, um Konflikte zu verhindern.

Generell erachtet es die GPK-S für unerlässlich, dass die Eignerdepartemente und die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden einen regelmässigen Informationsaustausch pflegen und so eine kohärente Führung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen sicherstellen (siehe Kap. 8.2.3).

Schliesslich ist die Kommission der Ansicht, dass die strategischen Ziele der Unternehmen in verschiedenen Punkten vervollständigt werden müssen, namentlich was die Einhaltung der Archivierungspflicht, die Tochtergesellschaften, die Führungsinstrumente und die Transparenz gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden angeht (siehe folgende Unterkapitel).

8.2.2.5

Information des Eigners durch die Unternehmen

Das UVEK und die EFV teilten der GPK-S mit, dass sie im Rahmen ihrer Eignerfunktion keine Probleme hatten, von der Post Informationen zu erhalten, und in diesem Bereich deshalb keine Massnahmen für notwendig erachteten.587 Die EFK kam in ihrem Bericht über die Post hingegen zum Schluss, dass der Bund nicht ausreichend über die Risiken im Postkonzern und über die Situation der ausländischen Tochtergesellschaften wie CarPostal France informiert wurde (siehe Kap.

6.1.15 und 7.2). Die vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten wiederum empfahlen, zu präzisieren, welche Elemente in den Berichten des Unternehmens an den Bund enthalten sein müssen. Ausserdem sollten in ihren Augen einige zusätzliche Informationen von den Unternehmen verlangt werden.588 Die GPK-N hatte bereits 2012 angemahnt, für einen besseren Zugang zu den Informationen der Unternehmen zu sorgen.589 Der Bundesrat teilte den GPK mit, gewillt zu sein, «die Rechenschaftspflicht [der Unternehmen] auszubauen».590 Allerdings gab er nicht an, welche konkreten Punkte die Berichte der Unternehmen an den Bund künftig zusätzlich enthalten sollen. Die GPK-S ist der Ansicht, dass die Information des Bundes durch die Unternehmen und 587 588 589

Schreiben der damaligen Vorsteherin des UVEK an die GPK-S vom 19. Dez. 2018 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.1, Empfehlung 5 Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom. Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 8. Mai 2012 (BBl 2012 8545, hier 8550) 590 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 8

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der Umgang des Bundes mit den erhaltenen Informationen grundsätzlich überdacht werden müssen und dass dem künftigen Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle zukommen wird. Sie verzichtet für den Moment auf eine allgemeine Empfehlung in dieser Sache, wird sich mit diesem Thema aber im Rahmen ihrer künftigen Arbeiten vertieft befassen. Zunächst einmal sollten in den Augen der Kommission allerdings mehr Informationen von den Unternehmen zu den Ergebnissen der internen Aufsicht und zur Situation der wichtigsten Tochtergesellschaften verlangt werden (siehe Kap. 8.2.2.7 und 8.2.2.8).

Wie die Expertinnen und Experten ist auch die GPK-S der Meinung, dass eine gewisse Informationsasymmetrie zwischen den Unternehmen und dem Eigner unvermeidlich ist.591 Umso wichtiger ist es, dass die Unternehmen ­ namentlich auf der Grundlage ihrer internen Aufsichtsinstrumente wie des Risikomanagements ­ dem Eigner regelmässig Informationen übermitteln, die es diesem erlauben, seiner Rolle vollumfänglich gerecht zu werden.

Das UVEK und das EFD informierten die GPK-S im Übrigen darüber, seit Ende 2018 darauf zu verzichten, von den Gesamtprotokollen der Verwaltungsratssitzungen der bundesnahen Unternehmen Kenntnis zu nehmen. Seitdem übermitteln die Unternehmen den Eignerdepartementen nach der Sitzung einen Kurzbericht über die für ihnen besonders wichtigen Themen und die wichtigsten Entscheide.592 Ebenso wie die vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten593 erachtet die Kommission diese Massnahme für angemessen: Die Informationen müssen dem Bund in zusammengefasster Form und mit Fokus auf die für den Eigner wichtigsten Aspekte unterbreitet werden. Hierzu ist es allerdings unerlässlich, dass vorher klar festgelegt wird, welche Angelegenheiten für den Eigner von strategischer Bedeutung sind (siehe Empfehlung 5, Kap. 8.2.2.2). Die Eignerdepartemente und die EFV sollten, sofern nötig, nicht zögern, auf ihre Informationsrechte zu verweisen, um von den Unternehmen zu gewissen Punkten zusätzliche Informationen zu erhalten.

Die GPK-S hat ferner im Rahmen ihrer Arbeiten zu PostAuto feststellen müssen, dass es für den Eigner aufgrund der schlechten Archivierungsqualität bei der Post unmöglich war, die Geschehnisse vor 2007 genau zu rekonstruieren. Vor dem Hintergrund, dass für die
Post eine gesetzliche Archivierungspflicht gilt (siehe Kap.

6.2.3), erachtet die GPK-S diese Situation für inakzeptabel. Sie ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass sämtliche bundesnahen Unternehmen, die der eidgenössischen Archivierungsgesetzgebung unterstehen, diese künftig strikt einhalten, und dass dieser Aspekt angemessen in den strategischen Zielen der Unternehmen festgehalten wird, beispielsweise indem vorgesehen wird, dass jedes Unternehmen über ein rechtskonformes Archivierungskonzept verfügen muss.

591 592

Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.2.3 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 10 593 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.2, Empfehlung 8

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Empfehlung 8:

Einhaltung der Archivierungspflicht durch die Unternehmen

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass sämtliche bundesnahen Unternehmen, die der eidgenössischen Archivierungsgesetzgebung unterstehen, diese künftig strikt einhalten und dass dieser Aspekt angemessen in den strategischen Zielen der Unternehmen festgehalten wird.

8.2.2.6

Eignergespräche

Die Quartalsgespräche der Eignerdepartemente und der EFV mit den Vertreterinnen und Vertretern der bundesnahen Unternehmen stellen ein zentrales Instrument der Corporate Governance des Bundes dar. Die GPK-S teilt die Ansicht der vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten, dass die Abläufe und die Inhalte dieser Gespräche klarer festzulegen und zu systematisieren sind. 594 Sie befürwortet auch deren Empfehlung, diese Gespräche gesetzlich zu verankern 595 und die Vorbereitungsgespräche zu den Eignergesprächen zu institutionalisieren ­ eine solche Institutionalisierung wird bei der Post gerade umgesetzt. 596 Der Bundesrat teilte den GPK mit, dass er mit den Schlussfolgerungen und Vorschlägen der Expertinnen und Experten weitestgehend einverstanden ist und dass die entsprechenden Massnahmen von den zuständigen Departementen in Zusammenarbeit mit der EFV ergriffen werden.597 Die GPK-S begrüsst dies. In ihren Augen ist es wichtig, dass die EFV und auch das EFD dafür sorgen, dass für die Eignergespräche mit allen bundesnahen Unternehmen eine harmonisierte Praxis besteht. Sie wird sich zu einem späteren Zeitpunkt über den Umsetzungsstand informieren.

Zu den informellen Kontakten zwischen dem Eigner und den Unternehmen schreiben die vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten in ihrem Bericht, dass diese einen raschen Informationsfluss und eine effektive Koordination ermöglichen, aber auch «zur Intransparenz von Entscheiden führen [...] und somit die formale Steuerung unterlaufen» können.598 Sie empfehlen Zurückhaltung beim informellen Austausch und betonen, dass der Informationsaustausch nachvollziehbar und kontrollierbar sein muss.599 Der Bundesrat äusserte gegenüber den GPK die Ansicht, dass sich informelle Kontakte nicht vermeiden lassen, aber den Informationsaustausch im Rahmen der bestehenden ordentlichen Gefässe nicht «verhindern, abwerten oder unterlaufen» dürfen. Er sieht in diesem Bereich keinen Handlungsbedarf. 600

594 595 596 597

Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.2, Empfehlung 7 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.1, Empfehlung 1 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.2, Empfehlung 7 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 10 598 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.1.2 599 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.2, Empfehlung 9 600 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 10

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Die GPK-S teilt diese Ansicht nicht. Im Rahmen ihrer Arbeiten erfuhr sie, dass die damalige Vorsteherin des UVEK und der Direktor der EFV Gespräche mit zwei in die PostAuto-Affäre involvierten Verwaltungsratsmitgliedern der Post geführt hatten. Diese informellen Gespräche, die entscheidend für die Beschlüsse des Eigners im Hinblick auf die Generalversammlung der Post waren, wurden allerdings nicht protokolliert (siehe Kap. 6.1.5), weshalb die GPK-S nicht von deren genauem Inhalt Kenntnis nehmen konnte. In den Augen der Kommission ist eine solche Praxis bedauernswert und wirft diverse Fragen auf. Wie bereits in der Vergangenheit betont,601 fordern die GPK, dass alle wichtigen Gespräche und Entscheide in Sachen Führung der bundesnahen Unternehmen schriftlich festgehalten werden. Dies ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die üblichen Steuerungsstrukturen ihre Funktion erfüllen und für eine angemessene Transparenz gegenüber dem Bundesrat und der parlamentarischen Oberaufsicht zu sorgen.

Im vorliegenden Fall ist die Kommission der Auffassung, dass der Austausch, welchen die damalige Vorsteherin des UVEK und der Direktor der EFV mit den Mitgliedern des Verwaltungsrates der Post geführt haben, entscheidende Informationen betreffend die Entscheidungen des Bundesrates im Hinblick auf die Generalversammlung der Post enthielt.

Die GPK-S erwartet vom Bundesrat, dass er sicherstellt, dass der künftige Ausschuss zu den bundesnahen Unternehmen (vgl. Kap. 8.2.2.3) regelmässig von seinen Mitgliedern über die wichtigen Aspekte aus den informellen Gesprächen mit den Unternehmen informiert wird und dass der Ausschuss festlegt, ob diese Informationen im Rahmen der vierteljährlichen «formellen» Gespräche offiziell behandelt und/oder dem Bundesrat übermittelt werden müssen.

Empfehlung 9:

Eignergespräche

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der künftige Ausschuss zu den bundesnahen Unternehmen regelmässig von seinen Mitgliedern über die wichtigen Aspekte aus den informellen Gesprächen mit den Unternehmen informiert wird und dass der Ausschuss festlegt, ob diese Informationen im Rahmen der vierteljährlichen «formellen» Gespräche offiziell behandelt und/oder dem Bundesrat übermittelt werden müssen.

8.2.2.7

Interne Aufsichtsinstrumente der Unternehmen

Die PostAuto-Affäre hat verschiedene Fragen hinsichtlich der Angemessenheit der internen Aufsichtsinstrumente der bundesnahen Unternehmen (insbesondere Risikomanagement, internes Kontrollsystem, Compliance Management System) aufgeworfen. Die Abklärungen nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre haben insbesondere aufgezeigt, dass die illegalen Handlungen bei PostAuto über viele Jahre hinweg bestanden, ohne von den unternehmensinternen Aufsichtsorganen entdeckt 601

Vgl. Standortbestimmung: Bewältigung des Cyber-Angriffs auf die RUAG, Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2018, Kap. 4.2 (BBL 2018 4598, hier 4600)

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und dem Eigentümer gemeldet zu werden (siehe Kap. 5.2), dass das Compliance Management System der Post verbessert werden muss (siehe Kap. 6.1.10) und dass die Risiken im Zusammenhang mit CarPostal France jahrelang unterschätzt wurden (siehe Kap. 7). Gemäss den vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten sollten von den Unternehmen zusätzliche Angaben über die Organisation und die Ergebnisse dieser Instrumente verlangt werden.602 Die GPK-S ist allgemein der Ansicht, dass die wichtigsten internen Aufsichtsinstrumente in den strategischen Zielen der bundesnahen Unternehmen ausdrücklich genannt werden sollten. Es ist wichtig, dass die strategische Aufsicht durch den Bundesrat das Vorhandensein dieser Instrumente sowie deren Ergebnisse berücksichtigt.

In den strategischen Zielen der Post wird in Bezug auf das Risikomanagement festgehalten, dass das Unternehmen über ein mit der ISO-Norm 31000603 konformes Risikomanagementsystem verfügen und den Eigner über die wichtigsten Unternehmensrisiken informieren muss.604 Ähnliche Bestimmungen finden sich in den strategischen Zielen von SBB und Skyguide, während die Pflicht zur Information des Eigners in den Zielen von Swisscom nicht erwähnt ist. Die Ziele der RUAG wiederum sind deutlich allgemeiner gehalten.605 Der Bundesrat erachtet in diesem Bereich keine weiteren Massnahmen für erforderlich.606 Die EFK ist hingegen zum Schluss gekommen, dass die Berichterstattung der Post über die Unternehmensrisiken inhaltlich ungenügend war, namentlich was die ausländischen Tochtergesellschaften angeht, und dass der Bund in diesem Bereich nur wenige Vorgaben gemacht hat (siehe Kap. 6.1.15).

Trotz der unvermeidlichen Informationsasymmetrie, mit welcher der Bund als Eigner konfrontiert ist, ist es unerlässlich, dass er angemessen über die grössten und für den Eigner wichtigsten Unternehmensrisiken informiert wird. Ist die Qualität der gelieferten Informationen nicht ausreichend, so muss er beim Unternehmen intervenieren. Die Kommission ersucht den Bundesrat, sicherzustellen, dass die strategischen Ziele aller bundesnahen Unternehmen Vorgaben zur Information des Eigners über die grössten Risiken enthalten und dass die Risikolage in den Eignergesprächen systematisch thematisiert wird. Des Weiteren erwartet sie vom Bundesrat, dass er nach Ablauf der aktuellen Strategiephase
Bilanz über die strategischen Ziele zu den Risiken und zu deren Kontrollindikatoren zieht und nötigenfalls Anpassungen oder Ergänzungen vornimmt.

Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass der Bundesrat definieren sollte, in welchen Fällen individuelle, von den Unternehmen genannte Risiken im Risikoma602 603

Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.1, Empfehlung 5 Die ISO-Norm 31000 Risk Management­ Guidelines liefert Grundsätze, einen Rahmen und Richtlinien für jegliche Form von Risikomanagement in Unternehmen. Quelle: www.iso.org/iso-31000-risk-management.html (Stand 27. Aug. 2019) 604 Der Verweis auf die ISO-Norm 31000 wurde 2017 in die strategischen Ziele aufgenommen.

605 Die RUAG muss gemäss ihren strategischen Zielen ein «angepasstes, stufengerechtes Risikomanagement» betreiben (Strategische Ziele des Bundesrates für die RUAG Holding AG 2016­2019, Ziel 1.1).

606 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 8

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nagementsystem des Bundes zu erwähnen sind. Sie begrüsst die Verbesserungen, die in diesem Bereich bereits vorgenommen wurden (seit 2018 ein Risikoblatt pro Unternehmen, siehe Kap. 6.1.15). Die GPK werden sich im Rahmen ihrer Arbeitsgruppe «Risikoreporting» weiterhin mit diesem Thema befassen.

Der Bundesrat hat darauf hingewiesen, dass die Existenz eines internen Kontrollsystems und dessen Überprüfung durch die Revisionsstelle bereits im Obligationenrecht geregelt sind (Art. 728a und 728b OR). Werden systematische Mängel erkannt, so muss dies in seinen Augen «im Rahmen des Risikomanagements aufgenommen und gegebenenfalls dem Eigner zur Kenntnis gebracht werden». Weiteren Handlungsbedarf sieht er nicht.607 Die GPK-S erachtet es hingegen für sinnvoll, dieses Instrument zur Betonung seiner Bedeutung ebenfalls in die strategischen Ziele aufzunehmen, ebenso wie die Pflicht, den Eigner zu informieren.

Der Bundesrat anerkennt ferner die Notwendigkeit, eine zusätzliche Bestimmung über das Vorhandsein von einem den geltenden Normen entsprechenden Compliance Management System (CMS) in die strategischen Ziele aufzunehmen. Er hat mitgeteilt, dass die zuständigen Departemente beauftragt wurden, die strategische Ziele bei deren nächsten Anpassung entsprechend zu ergänzen.608 Die GPK-S begrüsst dies. Sie ist allerdings auch hier der Meinung, dass die Pflicht, den Eigner über grössere Probleme zu informieren, ebenfalls in die strategischen Ziele aufgenommen werden sollte.

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, klar zu definieren, über welche Ergebnisse der unternehmensinternen Aufsichtsinstrumente der Eigner in welcher Form und mit welchem Detailgrad informiert werden soll, und dies dann in den strategischen Zielen festzuhalten. Der Bundesrat wird weiter ersucht, sicherzustellen, dass der jährliche Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Unternehmen, der dem Parlament unterbreitet wird, transparent Auskunft gibt über die wichtigsten Ergebnisse der unternehmensinternen Aufsichtsinstrumente, u.a. in Bezug auf die finanzielle Situation der bundesnahen Unternehmen.

Empfehlung 10:

Interne Aufsichtsinstrumente der Unternehmen

10.1 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass in den strategischen Zielen aller bundesnahen Unternehmen das Vorhandensein folgender Aufsichtsinstrumente verlangt wird: Risikomanagementsystem, internes Kontrollsystem, Compliance Management System. Für jedes dieser Instrumente sind in den strategischen Zielen Vorgaben zur Information des Eigners zu machen und die Kontrollindikatoren zu definieren.

10.2 Der Bundesrat wird zudem ersucht, klar zu definieren, über welche Ergebnisse der unternehmensinternen Aufsichtsinstrumente der Eigner in welcher Form und mit welchem Detailgrad informiert werden soll, und dies dann in den strategischen Zielen festzuhalten.

607

Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 8 608 Beurteilung des Expertenberichts, Bericht des Bundesrates vom 14. Aug. 2019 in Beantwortung des Schreibens der GPK vom 4. Juli 2019, S. 8

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10.3 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der jährliche Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Unternehmen, der dem Parlament unterbreitet wird, transparent Auskunft gibt über die wichtigsten Ergebnisse der unternehmensinternen Aufsichtsinstrumente, u.a in Bezug auf die finanzielle Situation der Unternehmen.

10.4 Der Bundesrat wird ausserdem ersucht, nach Ablauf der aktuellen Strategiephase Bilanz über die strategischen Ziele zu den Risiken und zu deren Kontrollindikatoren zu ziehen und nötigenfalls Anpassungen oder Ergänzungen vorzunehmen.

8.2.2.8

Aufsicht über die Tochtergesellschaften

Die PostAuto-Affäre hat ausserdem Grundsatzfragen zur Aufsicht über die Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen aufgeworfen. Die Abklärungen der letzten Monate haben insbesondere gezeigt, dass der Bund als Eigner der Situation bei CarPostal France nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt hat und in dieser Angelegenheit zusätzliche Informationen hätte einfordern müssen (vgl. Kap. 7.2).

Den bundesnahen Unternehmen ist es grundsätzlich freigestellt, wie sie sich organisieren wollen.609 Mehrere von ihnen, darunter die Post, haben sich für eine Holdingstruktur entschieden (System mit Tochtergesellschaften) 610. Die vom Bund beauftragten Expertinnen und Experten stellten fest, dass der Bund über keine besonderen konzeptionellen Grundlagen zur Steuerung bei Holdingstrukturen verfügt, sich dies allerdings nicht negativ auf den Informationsaustausch auszuwirken scheint.611 Die damalige Vorsteherin des UVEK erklärte gegenüber den GPK, dass der Verwaltungsrat der Muttergesellschaft (im vorliegenden Fall die Post) der Hauptansprechpartner des Bundes sei, der Eigner aber bei spezifische Fragen in Bezug auf die Tochtergesellschaften auch deren Vertreterinnen und Vertreter anhören kann.612 Grundsätzlich sieht die GPK-S kein Problem darin, wenn sich ein bundesnahes Unternehmen als Holding strukturiert, sofern diese Struktur aus unternehmerischer Sicht gerechtfertigt ist. Der Bundesrat hat der Kommission mitgeteilt, dass eine Überprüfung der Führungsstrukturen der Tochtergesellschaften bundesnaher Unternehmen nicht zur Diskussion steht, da die organisatorische Ausgestaltung der Unternehmensstruktur in seinen Augen in der Kompetenz der betroffenen Unternehmen 609 610

Schreiben des UVEK an die GPK-S vom 17. Juni 2019 Bei der Post ist die Holdingstruktur wie folgt organisiert: Unter dem Dach der Schweizerischen Post AG betreiben drei Tochtergesellschaften das operative Geschäft (Post CH AG, PostFinance AG, PostAuto Schweiz AG). Diesen Tochtergesellschaften sind weitere Konzerngesellschaften in der Schweiz und im Ausland angegliedert. Konzerngesellschaften sind juristisch selbstständige Unternehmen, bei denen die Schweizerische Post direkt oder indirekt die Kontrolle ausübt. Am Stichtag 30. Juni 2019 verfügte die Post über 43 Tochtergesellschaften und Konzerngesellschaften (Quelle: «Konzerngesellschaften», www.post.ch, Über uns > Porträt, Stand: 11.11.2019).

611 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.1.3 und 5.1.1 612 Anhörung der damaligen Vorsteherin des UVEK, Sitzung vom 24. Apr. 2018

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liegt (vgl. Kap. 6.1.11). Die Kommission teilt diese Meinung nicht: Sie ist der Ansicht, dass die Frage der Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen eine strategische Dimension aufweist. Sie lädt daher den Bundesrat ein, zu prüfen, ob die Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen angemessen sind und ob grundsätzliche Weisungen dazu erlassen werden sollten.

Empfehlung 11:

Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der Unternehmen

Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob die Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen angemessen sind und ob grundsätzliche Weisungen dazu erlassen werden sollten.

Die GPK-S hebt hervor, dass sich die Unternehmensstruktur nicht auf die strategische Führung und Beaufsichtigung durch den Bundesrat bzw. die zuständigen Departemente und die EFV auswirken dürfte. Anders gesagt müssen der Bundesrat bzw. die Eignerdepartemente und die EFV transparent und umfassend über die Situation des Unternehmens inkl. der Tochtergesellschaften informiert werden. Der Verwaltungsrat des Unternehmens trägt die Hauptverantwortung dafür, dem Eigner diesbezüglich eine adäquate Gesamtübersicht zukommen zu lassen. Allerdings ist der Eigner dazu verpflichtet, bei Bedarf zusätzliche Informationen einzufordern. Im Fall von CarPostal France ist die GPK-S zum Schluss gekommen, dass der Bundesrat, bzw. das UVEK und die EFV, sich zu sehr auf die Informationen der Post verlassen haben, obwohl diese lückenhaft waren (vgl. Kap. 7.3).

Die Kommission ist überzeugt, dass eine Verbesserung der internen Kontrollsysteme der Unternehmen (vgl. vorhergehendes Kapitel) dazu führen würde, dass das Unternehmen selbst und der Eigner besser über die Situation der Tochtergesellschaften informiert wären. Aus ihrer Sicht spielen in diesem Zusammenhang auch die externen Revisionsstellen eine wichtige Rolle, ebenso wie die EFK als oberstes Finanzaufsichtsorgan des Bundes.

Die GPK-S erachtet es ­ in Ergänzung zu Empfehlung 5 (vgl. Kap. 8.2.2.2) ­ als wesentlich, dass der Bundesrat definiert, welche Tochtergesellschaften von bundesnahen Unternehmen für den Eigner von strategischer Bedeutung sind, und dass er diese einer verstärkten Aufsicht durch die zuständigen Departemente unterstellt. Bei ausländischen Tochtergesellschaften und Kooperationen von bundesnahen Unternehmen handelt es sich um besondere Fälle, welche ­ wie das Beispiel von CarPostal France gezeigt hat ­ eine hohe politische Exponiertheit aufweisen und bei denen besondere Risiken bestehen.613 Die Kommission stellt die Möglichkeit der bundesnahen Unternehmen, ins Ausland zu expandieren, nicht grundsätzlich in Frage. Sie ist jedoch der Ansicht, dass solche Vorhaben vom Bundesrat bzw. von den Eignerdepartementen und der EFV enger begleitet werden sollten. Die konkrete Ausgestaltung dieser Begleitung und insbesondere die Definition, welche Elemente der Tätig613

In den strategischen Zielen der Post heisst es im Übrigen, dass bei Kooperationen und Beteiligungen «dem Risikoaspekt [...] genügend Rechnung zu tragen» ist (Ziel Nr. 5).

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keit der Tochtergesellschaften an den Quartalsgesprächen zu thematisieren sind, obliegen den zuständigen Departementen.

Ausserdem ist es der Kommission wichtig, dass der jährlich dem Parlament unterbreitete Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen transparent Auskunft gibt über die Situation der Tochtergesellschaften, denen aus Sicht des Bundes als Eigner strategische Bedeutung zukommt.

Die Abklärungen der letzten Monate haben gezeigt, dass die Post die Finanzlage von CarPostal France über Jahre hinweg zu positiv dargestellt hat (vgl. Kap. 7). Aus Sicht der GPK-S kann nicht toleriert werden, dass bundesnahe Unternehmen dem Eigner gewisse Kosten der Tochtergesellschaften verschweigen. Für die strategische Aufsicht benötigen der Bundesrat und das Parlament ein vollständiges und wahrheitsgetreues Bild der Unternehmenssituation, namentlich was die Finanzen und die Risiken angeht. Nach Auffassung der GPK-S muss der Bundesrat unbedingt dafür sorgen, dass die Finanzlage von Tochtergesellschaften bundesnaher Unternehmen dem Eigner wie auch den Aufsichtsorganen und der parlamentarischen Oberaufsicht künftig realitätskonform präsentiert wird.

Die Kommission ist der Auffassung, dass der künftige ständige Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» (vgl. Kap. 8.2.2.3) geeignet wäre, um sich mit den genannten Aspekten zu befassen.

Empfehlung 12:

Wichtigste Tochtergesellschaften

12.1 Der Bundesrat wird ersucht, die Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen zu bestimmen, denen aus Sicht des Eigners strategische Bedeutung zukommt, und diese einer verstärkten Aufsicht durch die zuständigen Departemente zu unterstellen. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei den ausländischen Tochtergesellschaften und Kooperationen der Unternehmen zu widmen.

12.2 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der jährliche Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Unternehmen, der dem Parlament unterbreitet wird, transparent Auskunft gibt über die Situation der Tochtergesellschaften, denen aus Sicht des Bundes als Eigner strategische Bedeutung zukommt.

12.3 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, mit welchen Massnahmen für mehr Transparenz hinsichtlich der Finanzlage der Tochtergesellschaften von bundesnahen Unternehmen gesorgt werden kann, und über die Ergebnisse seiner Prüfung zu informieren.

8.2.2.9

Krisenmassnahmen

Die EFK hob gegenüber der GPK-S hervor, dass die Corporate Governance des Bundes ein «Schönwettersystem» sei, welches in Krisensituationen aber an ihre Grenzen stosse und dass sich das System grundsätzlich auf Selbstdeklarationen der

7323

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Unternehmen stütze.614 Zu diesem Schluss kam auch die GPK-N in ihrem Bericht von 2012.615 Das Aktienrecht bietet dem Eigner verschiedene Interventionsmöglichkeiten gegenüber dem Unternehmen, wenn Probleme auftreten (siehe Kap. 2.1). Die GPK-S ist allerdings der Ansicht, dass der Bundesrat im Fall PostAuto diese Möglichkeiten nur begrenzt genutzt hat (siehe Kap. 6.2.3). Sie hat festgestellt, dass der Bundesrat, die Eignerdepartemente und die EFV für das Vorgehen des Bundes in solchen Situationen offenbar keine eindeutigen Szenarien haben.

Die GPK-S ersucht den Bundesrat, auf der Grundlage des geltenden Rechts (Aktienrecht, spezielle unternehmensrechtliche Gesetze usw.) ein Inventar der Instrumente zu erstellen, über die der Bund verfügt, wenn es in Unternehmen, deren Eigner er ist, zu Krisensituationen kommt. Anhand diesem auf den wahrscheinlichsten Krisenszenarien beruhenden Inventar sind die Verfahren und die Zuständigkeiten der verschiedenen Akteure in Krisensituationen festzulegen. Die Kommission ersucht den Bundesrat, die Aufstellung dieses Inventars dem künftigen ständigen Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» anzuvertrauen (vgl. Kap. 8.2.2.3).

Der Bundesrat bzw. die Eignerdepartemente und die EFV werden gebeten, sich in künftigen Krisensituationen an dieses Inventar zu halten. Eine solche Vorgehensweise würde in den Augen der Kommission dazu führen, dass in Krisensituationen rechtzeitig und angemessen reagiert werden kann. Ausserdem würde sie den Austausch zwischen Bundesrat und Parlament über die getroffenen Entscheide erleichtern und so für mehr Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit sorgen.

Empfehlung 13:

Massnahmen des Bundes bei Krisensituationen in den Unternehmen

Der Bundesrat wird ersucht, auf der Grundlage des geltenden Rechts ein Inventar der Instrumente zu erstellen, über die der Bund verfügt, wenn es in Unternehmen, deren Eigner er ist, zu Krisensituationen kommt, und zudem die Verfahren und die Zuständigkeiten für solche Situationen festzulegen. In künftigen Krisensituationen ist dieses Inventar massgebend. Dessen Aufstellung ist dem künftigen ständigen Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» anzuvertrauen.

8.2.3

Tätigkeit der sektorspezifischen Aufsichtsbehörden

8.2.3.1

Koordination zwischen dem Eigner und den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden

Die PostAuto-Affäre hat die Frage aufgeworfen, ob es im UVEK angesichts dessen, dass ein Teil des Departements gegenüber der Post als Eigner auftritt (GS-UVEK und Departementsvorsteherin) und eine andere Einheit PostAuto als Unternehmen 614 615

Z. B. Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der EFK, Sitzung vom 24. Apr. 2018 Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom. Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 8. Mai 2012 (BBl 2012 8545).

Siehe auch Kap. 2.1.

7324

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des subventionierten RPV beaufsichtigt (BAV), nicht eine Funktionsanhäufung gibt.

Es wurden Zweifel an der Zweckmässigkeit dieser Struktur geäussert, in der die sektorspezifische Aufsichtsbehörde von PostAuto hierarchisch dem Eignerdepartement der Post unterstellt ist.616 Im Rahmen ihrer Abklärungen zum Zeitraum 2007­2017 ist die GPK-S jedoch auf keine grundlegend problematischen Situationen im Zusammenhang mit dieser Struktur gestossen (grössere Interessenkonflikte oder Einflussnahme seitens des Departements auf das Bundesamt) (siehe Kap. 5.2.2). Die GPK-S behält sich allerdings die Möglichkeit vor, die Angemessenheit dieser Struktur genauer zu prüfen, sobald die Ergebnisse des Verwaltungsstrafverfahrens bekannt sind.

Die GPK-S ist sich der Bedeutung einer klaren Abgrenzung zwischen der Rolle des Eigners eines Unternehmens und der Rolle der sektorspezifischen Aufsicht über dieses bewusst. Sie ist allerdings der Auffassung, dass der Informationsfluss zwischen dem BAV und dem Departement im Fall PostAuto nicht ausreichend war, was eine angemessene Zusammenarbeit zwischen den verantwortlichen Behörden behindert und letztlich die Aufsicht über die Post geschwächt hat (siehe Kap. 5.2.2). In ihren Augen ergänzen sich die Rollen des Eigners und der sektorspezifischen Aufsicht und ist ein regelmässiger Informationsfluss zwischen den betreffenden Einheiten unabdingbar, um eine korrekte Steuerung und Beaufsichtigung des Unternehmens sicherzustellen. Wenn die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden auf problematische Situationen in den Unternehmen stossen, sollten sie schnellstmöglich die Eignerdepartemente darüber informieren (siehe Kap. 5.2.2). Demgegenüber sollten die Eignerdepartemente bei der Festlegung oder Erneuerung der strategischen Ziele die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden konsultieren, um grössere Zielkonflikte zu vermeiden (siehe Kap. 8.2.2.4). Im UVEK obliegt es der Departementsvorsteherin, gleichzeitig die Interessen des Posteigners zu vertreten und die Geschäftsführung des BAV zu beaufsichtigen und sicherzustellen, dass diese beiden Aufgaben gut koordiniert sind.

Die vom Bundesrat beauftragten Expertinnen und Experten weisen in ihrem Bericht ebenfalls darauf hin, dass der Informationsfluss zwischen dem Eigner und den Fachämtern besser dokumentiert werden muss.617 Die GPK-S ersucht den
Bundesrat, dafür zu sorgen, dass die Eignerdepartemente und die EFV einen intensiveren Austausch mit den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden pflegen und diesen Austausch klar dokumentieren. Sie ist insbesondere der Ansicht, dass die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden vor den periodischen Gesprächen mit den bundesnahen Unternehmen systematisch konsultiert werden sollten bzw. zu diesen eingeladen werden sollten, wenn Themen behandelt werden, die sie betreffen. Dies stünde in den Augen der Kommission nicht im Widerspruch mit dem Grundsatz der Rollentrennung, solange es bei einem Informationsaustausch und der Koordination der Tätigkeiten bleibt und sich alle Akteure ihrer jeweiligen Zuständigkeiten bewusst sind.

Die Kommission wünscht ausserdem, dass der Bundesrat künftig im Anhang seines Jahresberichts über die Erreichung der strategischen Ziele der bundesnahen Unter616

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter von fedpol, Sitzungen vom 24. Apr. 2018 und 17. Okt. 2018 617 Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 4.4

7325

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nehmen, den er dem Parlament unterbreitet, in einem Kapitel die wichtigsten für die Zielerreichung erheblichen Informationen präsentiert, die ihm von den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden übermittelt wurden. In ihren Augen wären diese Informationen von grossem Nutzen für das Parlament.

Empfehlung 14:

Koordination zwischen dem Eigner und den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden

14.1 Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass die Eignerdepartemente und die EFV einen intensiveren Austausch mit den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden pflegen und diesen Austausch klar dokumentieren.

14.2 Der Bundesrat wird ersucht, im Anhang seines Jahresberichts über die Erreichung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen, den er dem Parlament unterbreitet, in einem Kapitel die wichtigsten für die Zielerreichung erheblichen Informationen zu präsentieren, die ihm von den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden übermittelt wurden.

Die PostAuto-Affäre hat des Weiteren gezeigt, dass bei der Eröffnung von Verwaltungsstrafverfahren zu Affären grosser Tragweite in bundesnahen Unternehmen eine bessere Koordination zwischen den Aufsichtsbehörden und den zuständigen Departementen vonnöten ist (vgl. Kap. 6.2.2). Die GPK-S ersucht den Bundesrat deshalb, dafür zu sorgen, dass vor der Lancierung solcher Verwaltungsstrafverfahren systematisch die Rechtsdienste der betreffenden Departemente konsultiert werden, um sicherzustellen, dass die geplanten rechtlichen Schritte rechtskonform sind. Die Kommission ist ferner der Ansicht, dass angesichts der strategischen Bedeutung solcher Angelegenheiten eine Vorabinformation der Departementsvorsteherin bzw.

des Departementsvorstehers und je nach Situation des Gesamtbundesrates erforderlich ist. Die GPK-S geht davon aus, dass der Bundesrat künftig auf die Einhaltung dieses Grundsatzes achtet und sieht deshalb von einer entsprechenden Empfehlung ab.

8.2.3.2

Transparenz der Unternehmen gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden

Im Rahmen der PostAuto-Affäre wurde die GPK-S darüber unterrichtet, dass das BAV und der Preisüberwacher bei ihrer Aufsichtstätigkeit grosse Schwierigkeiten hatten, von der Post Zugang zu Informationen zu erhalten. Die Post verweigerte ihnen über mehrere Jahre hinweg den Zugang zu den Daten der Tochtergesellschaften, lieferte nur minimale Antworten und versuchte aktiv, diese Behörden an den gesetzlichen Kontrollen zu hindern (siehe Kap. 5.2.1).

Ein solches Verhalten ist in den Augen der Kommission inakzeptabel und schadet den Eignerinteressen. Die GPK-S hält es für unerlässlich, dass die betroffenen Behörden jederzeit Zugang zu sämtlichen Informationen haben, die sie für die Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrags benötigen. Bei Streitigkeiten über den Zugang zu Informationen müssen die Eignerdepartemente und der Bundesrat schnellstmöglich informiert werden und beim Unternehmen entsprechend interve7326

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nieren. Dieser Aspekt muss zwischen den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden und dem zuständigen Departement vor jedem Eignergespräch thematisiert werden. Der Bundesrat wird zudem ersucht, zu prüfen, ob die Transparenz gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden ausdrücklich in die strategischen Ziele des Unternehmens aufzunehmen ist.

Empfehlung 15:

Transparenz der Unternehmen gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden

Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass die für die sektorspezifische Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen zuständigen Behörden jederzeit Zugang zu sämtlichen Informationen haben, die sie für die Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrags benötigen. Der Bundesrat ist zudem gebeten, zu prüfen, ob die Transparenz gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden ausdrücklich in die strategischen Ziele der Unternehmen aufzunehmen ist.

8.2.4

Externe Revisionsstellen der Unternehmen

Im Rahmen der PostAuto-Affäre stellten sich verschiedene Grundsatzfragen zur Rolle der externen Revisionsstellen der bundesnahen Unternehmen. Die GPK-S geht auf diesen Aspekt nicht im Einzelnen ein, da er Gegenstand der Abklärungen der RAB ist.

Die Vertreter der RAB haben gegenüber der Kommission darauf hingewiesen, dass bestimmte bundesnahe Unternehmen (die Post, aber auch die SBB und Skyguide) nicht als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» im Sinne von Artikel 2 Buchstabe c des Revisionsaufsichtsgesetzes (RAG) gelten, weil sie weder Finanzunternehmen noch börsenkotierte Gesellschaften sind.618 Laut RAB hat dies das Risiko zur Folge, dass die Prüfung nicht von den erfahrensten Revisoren durchgeführt wird (vgl. Kap. 6.1.13). Die Kommission hält diese Situation für besonders problematisch. Da diese Unternehmen sowohl in finanzieller Hinsicht als auch im Hinblick auf ihren Beitrag zum Service public von sehr grosser Bedeutung für den Bund sind, erachtet es die GPK-S als zentral, dass sie von den externen Revisionsstellen die grösstmögliche Aufmerksamkeit erhalten. Deshalb ersucht sie den Bundesrat, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre, das Gesetz so anzupassen, dass alle bundesnahen Unternehmen als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» im Sinne des RAG erachtet oder zumindest als solche behandelt werden.

618

Anhörung der Vertreterinnen und Vertreter der RAB, Sitzung vom 20. Febr. 2019.

Weitere Informationen zu Art. 2 Bst. c RAG finden sich in der Botschaft des Bundesrates vom 28. Aug. 2013 zur Bündelung der Aufsicht über Revisionsunternehmen und Prüfgesellschaften (BBl 2013 6857, hier 6908).

7327

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Postulat 6:

Anerkennung der bundesnahen Unternehmen als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» im Sinne des RAG

Der Bundesrat wird beauftragt, zu prüfen, ob es sinnvoll wäre, Artikel 2 Buchstabe c des Revisionsaufsichtsgesetzes (RAG) so anzupassen, dass alle bundesnahen Unternehmen künftig als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» erachtet oder zumindest als solche behandelt werden.

Wie bereits erwähnt (Kap. 8.1.1), klärt das BAV derzeit ab, ob es möglich wäre, die externen Revisionsstellen der Unternehmen mit zusätzlichen Aufgaben im subventionierten RPV zu betrauen. Dieser Ansatz geht in eine ähnliche Richtung wie die vom Bundesrat in Auftrag gegebene Expertise, welche empfiehlt, zu prüfen, ob das Mandat für die externe Revision nicht auf den Subventionsbereich ausgedehnt werden sollte.619 Für die GPK-S stellt sich die Frage, ob nicht nur eine Ausdehnung des Mandats auf den subventionierten RPV, sondern auch auf andere subventionierte Bereiche der bundesnahen Unternehmen wünschenswert wäre. Sie geht davon aus, dass es den betroffenen sektorspezifischen Aufsichtsbehörden obliegt, diese Frage zu prüfen.

Zu guter Letzt stellte sich beim Fall PostAuto die Frage, ob die externe Revisionsstelle nicht regelmässig gewechselt werden sollte (bei der Post war KPMG rund zwanzig Jahre lang für die externe Revision verantwortlich). Die Kommission ist der Auffassung, dass ein regelmässiger Wechsel wünschenswert ist, damit die Gefahr einer zu grossen Nähe zwischen dem Unternehmen und seiner externen Revisionsstelle vermieden wird. Sie bittet den Bundesrat deshalb, sich innert nützlicher Frist eingehender mit diesem Thema zu befassen. In ihren Augen ist es Aufgabe des Bundesrates, festzulegen, in welchen Abständen dieser Wechsel zu erfolgen hat und ob dieser Grundsatz im Gesetz zu verankern ist.

8.2.5

Rolle der Eidgenössischen Finanzkontrolle

Die der GPK-S vorliegenden Informationen zeigen, dass die EFK zumindest bis 2014 eine beschränkte Aufsicht über die Post vornahm und damit ihren Auftrag gemäss FKG nur teilweise erfüllte (vgl. Kap. 5.2.3). Die Kommission bedauert diese Situation ausserordentlich. Sie begrüsst allerdings, dass die EFK ihre Kontrollstrategie für die Post ab 2014 angepasst hat. Sie stellt weiter fest, dass die Abklärungen der EFK infolge der PostAuto-Affäre dazu beigetragen haben, wichtige Aspekte zum Risikomanagement der Post und zum Fall CarPostal France zu klären (vgl.

Kap. 6.2.5 und 7).

Die Kommission erwartet von der EFK, dass sie künftig bei der Kontrolle von bundesnahen Unternehmen eine regelmässige und einheitliche Praxis anwendet und ihren gesetzlichen Auftrag vollumfänglich erfüllt. Sie wird in den kommenden Jahren die Entwicklung der Aktivitäten der EFK in diesem Bereich verfolgen.

619

Expertenbericht, Beurteilung der Corporate Governance 2019, Kap. 5.2.1, Empfehlung 4

7328

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8.2.6

Rolle der parlamentarischen Oberaufsicht

Die GPK-S hat ausserdem geprüft, ob angesichts der Erfahrungen der PostAutoAffäre Handlungsbedarf in Bezug auf die Organisation der parlamentarischen Oberaufsicht über die bundesnahen Unternehmen besteht. Sie ist jedoch zum Schluss gekommen, dass in dieser Hinsicht derzeit keine Anpassungen notwendig sind. Nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre konnte die GPK-S im Rahmen der ihr zur Verfügung stehenden Ressourcen rasch Abklärungen in die Wege leiten, die Affäre eingehend untersuchen und aus Sicht der parlamentarischen Oberaufsicht mehrere Schlüsse daraus ziehen. Dank den ihr zur Verfügung stehenden Instrumenten (weitreichende Informationsrechte, Anhörung von Schlüsselpersonen, hohe Vertraulichkeit) lagen ihr sämtliche Informationen vor, die sie für ihre Einschätzung benötigte.

Die Kommission begrüsst zudem die koordinierte Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteuren des Dossiers (betroffene Verwaltungseinheiten, EFK, Post usw.) und den anderen zuständigen parlamentarischen Organen (FK, FinDel und KVF). Auf diese Weise konnten Doppelspurigkeiten zwischen den Arbeiten der Kommission und denen der anderen Akteure weitgehend vermieden werden. Aus diesen Gründen ist die Kommission der Meinung, dass die derzeitige Struktur der parlamentarischen Oberaufsicht über die bundesnahen Unternehmen angemessen ist.

Die Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen muss zwar verstärkt werden, doch ist die Kommission der Auffassung, dass diese Stärkung vor allem auf den oberen Stufen in der Hierarchie der Aufsicht über die Unternehmen, also auf Ebene der internen Aufsichtsorgane der Unternehmen und deren externer Revision, auf Ebene des Bundesrates und der Eignerdepartemente und der EFV sowie auf Ebene der sektorspezifischen Aufsichtsbehörden, erfolgen muss, damit der geltenden Kaskaden-Struktur (vgl. Kap. 2.2 und 8.2.1) Rechnung getragen wird. Die Kommission erwartet von diesen Organen, dass sie ihren gesetzlichen Aufsichts- und Führungspflichten besser nachkommen. Die in diesem Bericht formulierten Empfehlungen und parlamentarischen Vorstösse zielen genau auf diese Stärkung ab.

Die parlamentarische Oberaufsicht wird subsidiär zur Aufsicht durch den Bundesrat bzw. durch die Eignerdepartemente und die EFV ausgeübt. Sie stellt sicher, dass die Interessen des Bundes als Eigner angemessen gewahrt werden. Es obliegt
den GPK jedoch nicht, die Aufsichts- und Führungspflichten anstelle des Bundesrates bzw.

der zuständigen Departemente auszuüben. Die Wahrung der Eignerinteressen gegenüber dem Unternehmen ist in erster Linie Aufgabe der Exekutive, die von Gesetzes wegen über die entsprechenden Kompetenzen verfügt. Auch ist es an der Exekutive, Verantwortung gegenüber dem Parlament für das ordnungsgemässe Funktionieren der Unternehmen und für die Erreichung von deren strategischen Zielen zu übernehmen. Im Fall PostAuto wäre es den GPK unmöglich gewesen, anstelle des BAV die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto aufzudecken.

Auch lag es nicht in der Verantwortung der Kommissionen, sondern des UVEK und des Bundesrates, den Zielkonflikt bei PostAuto anzugehen.

Die Kommission möchte jedoch festhalten, dass mit den im vorliegenden Bericht vorgeschlagenen Massnahmen indirekt auch die Wirksamkeit der aktuellen parlamentarischen Oberaufsicht über die Unternehmen verbessert wird, da die Informationen, welche der Bundesrat dem Parlament zum Geschäft der Unternehmen, zur 7329

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Erreichung von deren strategischen Zielen und zu ihren Risiken vorlegt, präziser und verlässlicher sein werden.

9

Schlussfolgerungen und weiteres Vorgehen

Die GPK-S hat im vorliegenden Bericht geprüft, ob der Bundesrat und die zuständigen Departemente und Verwaltungseinheiten im Rahmen der PostAuto-Affäre die Post und PostAuto angemessen beaufsichtigt und gesteuert haben. Zudem hat sie untersucht, welche allgemeine Lehren in Bezug auf die Steuerung und Beaufsichtigung der Post und der anderen bundesnahen Unternehmen durch den Bundesrat, die zuständigen Departemente und die Bundesverwaltung aus diesem Fall gezogen werden können.

Die Kommission erinnert daran, dass die Hauptverantwortung für die Steuerung und Beaufsichtigung von PostAuto bei den Führungsorganen der Post liegt. In den Augen der GPK-S ist es unverständlich, dass die illegalen Vorgänge bei PostAuto entstehen konnten und über Jahre hinweg weder von den unternehmensinternen Aufsichtsorganen noch von der externen Revision des Konzerns bemerkt und dem Bund zur Kenntnis gebracht wurden. Angesichts des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens und unter Berücksichtigung ihres Zuständigkeitsbereichs verzichtet sie darauf, zu allfälligen individuellen Verantwortlichkeiten in der PostAuto-Affäre oder zu den von der Post ab 2018 ergriffenen Massnahmen Stellung zu nehmen. Die Kommission begrüsst aber die ersten Schritte, die von der Post unternommen worden sind, und ersucht den Konzern, weiterhin aktiv und transparent auf die Beantwortung aller offenen Fragen hinzuarbeiten und so dafür zu sorgen, dass sich ein solcher Fall nicht wiederholt.

Beaufsichtigung und Steuerung von PostAuto und Post durch den Bundesrat, das UVEK und die anderen zuständigen Einheiten und Organe Was die Beaufsichtigung und Steuerung von PostAuto und Post durch den Bundesrat, das UVEK und die anderen zuständigen Einheiten und Organe angeht, hält die GPK-S fest, dass diese Akteure im Zeitraum vor der Enthüllung der PostAuto-Affäre (2007­2017) eine mangelhafte Aufsicht über PostAuto ausübten und gegenüber dem Unternehmen teilweise widersprüchliche Positionen vertraten. Gemäss Analyse der Kommission ist eine Kombination aus mehreren Schwachpunkten dafür verantwortlich, dass die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto nicht früher aufgedeckt wurde. Das BAV, das nur über begrenzte Ressourcen verfügte, zeigte sich ­ trotz Hinweisen verschiedener Behörden ­ wenig kritisch in Bezug auf die Finanzen von PostAuto und verfolgte gegenüber
dem Unternehmen eine unklare Linie. Das UVEK wiederum verzichtete trotz der festgestellten Widersprüche darauf, die strategischen Ziele der Post anzupassen. Zudem waren der Informationsfluss und die Koordination zwischen dem BAV und dem UVEK in Bezug auf PostAuto unzureichend. Die EFK übte ebenfalls nur eine begrenzte Aufsicht über das Unternehmen aus. Schliesslich verweigerte die Post den Aufsichtsbehörden des Bundes über mehrere Jahre hinweg den Zugang zu den Daten ihrer Tochtergesellschaften. Die Untersuchung der GPK-S ergab, dass das UVEK und die EFV mindestens seit 2011 Kenntnis hatten vom Zielkonflikt, mit dem sich PostAuto bezüglich der Gewinnerzielung konfrontiert 7330

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sah. Trotzdem haben sie damals nichts unternommen, was die Kommission nicht nachvollziehen kann und deutlich rügt. In gewissen Medien wurde zudem behauptet, dass das UVEK im September 2011 über die unrechtmässige Buchungspraxis bei PostAuto informiert worden war. Anhand der ihr derzeit vorliegenden Informationen kann die GPK-S diese Feststellung nicht bestätigen. Die Kommission wird diesen Punkt allerdings weiterhin untersuchen. Sie behält sich die Möglichkeit vor, ihre Einschätzung zu einem späteren Zeitpunkt anzupassen, sollte sie ­ namentlich nach Beendigung des laufenden Verwaltungsstrafverfahrens ­ entscheidende neue Informationen erhalten. Von diesen Punkten abgesehen, konnte die Kommission keine schweren Verfehlungen oder rechtswidrigen Verhaltensweisen feststellen. Sie hält fest, dass das BAV und das UVEK gegenüber der Post und PostAuto mehrfach klargestellt haben, dass im subventionierten RPV eine branchenübliche Rendite von null gilt. Sie verweist ferner darauf, dass das BAV seinen gesetzlichen Verpflichtungen ­ wenn auch spät ­ nachgekommen ist, indem es ab 2015 vertiefte Abklärungen vornahm, welche schliesslich zur Aufdeckung der unrechtmässigen Buchungspraxis von PostAuto führten. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass das Bundesamt willentlich seine Augen vor der unrechtmässigen Praxis bei PostAuto verschlossen hätte.

Die Kommission ist darüber hinaus der Ansicht, dass der Bundesrat, das UVEK und die anderen zuständigen Einheiten und Organe nach dem Bekanntwerden der PostAuto-Affäre (2018/19) im Grossen und Ganzen angemessen reagiert haben. Ein Grossteil der problematischen Aspekte dieses Falls wurde von den betroffenen Organen behandelt, die entsprechenden Schlüsse wurden gezogen und verschiedene Massnahmen wurden ergriffen. Dennoch hat die GPK-S bei ihren Arbeiten verschiedene Punkte festgestellt, die aus Sicht der Oberaufsicht Fragen aufwerfen. Dies sind unter anderem die Einreichung einer Strafanzeige des BAV im Februar 2018, die Schritte des UVEK und der EFV im Hinblick auf die Generalversammlung 2018 und auf die Genehmigung der Rechnung 2017 der Post, die Gespräche des UVEK und der EFV mit bestimmten Post-Verwaltungsratsmitgliedern sowie die Abklärungen zum Zeitraum vor 2007. Die GPK-S ist zudem der Auffassung, dass der Bundesrat, das UVEK und die EFV nach der Aufdeckung der
PostAuto-Affäre insgesamt defensiv gehandelt haben, was die Intervention des Bundes bei der Post betrifft, und dass sie sich weitgehend auf die Arbeiten der Post verlassen haben. In den Augen der GPK-S sollten der Bundesrat und die zuständigen Verwaltungseinheiten die strategischen Führungs- und Aufsichtsinstrumente, die ihnen zur Verfügung stehen, aktiver nutzen, namentlich in Krisensituationen wie jener nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre.

Die GPK-S hat sich auch mit dem Sonderfall CarPostal France befasst. Dieses Tochterunternehmen der PostAuto Schweiz AG ist nicht Teil des subventionierten RPV, doch haben die Untersuchungen nach Bekanntwerden der PostAuto-Affäre gezeigt, dass die Finanzlage von CarPostal France gegenüber dem Bund und dem Parlament über Jahre hinweg zu positiv dargestellt wurde. Die GPK-S bedauert dies ausserordentlich und betrachtet den Rückzug von PostAuto vom französischen Markt als angemessenen und notwendigen Schritt. Die Abklärungen der Kommission haben ergeben, dass sich das UVEK und die EFV regelmässig über die PostAutoAktivitäten in Frankreich erkundigten, sich dabei aber weitestgehend auf die Informationen der Post verliessen. Die Kommission ist der Ansicht, dass sich das UVEK 7331

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und die EFV hätten kritischer zeigen müssen. Sie kann nicht beurteilen, ob der Bundesrat und das Parlament die Expansionsstrategie von PostAuto in Frankreich in den letzten Jahren auch gutgeheissen hätten, wenn die Finanzlage von CarPostal France realitätsgetreu dargestellt worden wäre. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass diese Angelegenheit namentlich vom Parlament anders bewertet worden wäre.

Die GPK-S bedauert es sehr, dass die Post nicht in der Lage war, ihr zu erläutern, anhand welcher Kriterien damals der Entscheid für die Expansion von PostAuto nach Frankreich gefällt worden war. Der Kommission ist es weiter wichtig, dass abgeklärt wird, ob die Finanzhilfen der Schweizerischen Post an CarPostal France mit dem Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vereinbar sind, damit dann gegebenenfalls Lehren für alle bundesnahen Unternehmen gezogen werden können.

Nach Auffassung der GPK-S hat der Bundesrat nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens zu PostAuto noch verschiedene Aspekte zu klären, namentlich was die Aufsicht des BAV über PostAuto im Zeitraum von 2007 bis 2015, die Buchungsunregelmässigkeiten bei PostAuto vor 2007 sowie die Finanzflüsse zwischen PostAuto Schweiz und CarPostal France angeht. Ausserdem erwartet sie vom Bundesrat, dass er in einem Bericht eine Gesamtbilanz der PostAuto-Affäre zieht und sich damit befasst, wie das UVEK und die EFV PostAuto in den letzten Jahren beaufsichtigt haben.

Allgemeine Lehren aus der PostAuto-Affäre Die GPK-S begrüsst die Abklärungen, die vom UVEK und vom BAV nach der Enthüllung der PostAuto-Affäre zur Aufsicht über die Unternehmen des subventionierten RPV vorgenommen wurden, und die Massnahmen, die ergriffen wurden, um die Aufsichtstätigkeit des BAV zu verbessern. Sie hält es für überaus wichtig, dass mit dem neuen Aufsichtssystem die Kompetenzen im Aufsichtsbereich geklärt werden und Fälle wie jener von PostAuto künftig «auf dem Radar» der zuständigen Behörden erscheinen. Die Kommission formuliert verschiedene Anforderungen an das neue System und wird dessen Einführung aufmerksam verfolgen. In ihren Augen sollte die Aufsicht über den subventionierten RPV weiterhin auf dem Vertrauensverhältnis zwischen den Bestellern und den Subventionsempfängern basieren, allerdings sind die Unabhängigkeit und
der kritische Geist der Aufsichtsbehörden das unerlässliche Pendant zu diesem Vertrauen.

Die GPK-S erachtet es für angemessen, dass die Hauptverantwortung für die Beaufsichtigung des subventionierten RPV weiterhin beim BAV liegt, allerdings kommt auch den Kantonen eine zentrale Rolle bei der Aufsicht zu. Sie spricht sich dafür aus, die Schnittstellen zwischen BAV und den zuständigen kantonalen Behörden klar zu definieren, und ersucht den Bundesrat, zu gegebener Zeit die Kompetenzverteilung in diesem Bereich eingehend zu überprüfen.

Die Kommission ist zudem der Ansicht, dass der Bundesrat prüfen sollte, ob es nicht sinnvoll wäre, die Rechtsgrundlagen für die Verwendung von Überschüssen im subventionierten RPV zu revidieren, hat doch die PostAuto-Affäre die Grenzen dieser Rechtsgrundlagen eindeutig aufgezeigt. Des Weiteren ersucht sie den Bundesrat, dafür zu sorgen, dass die bundesnahen Unternehmen gegenüber den sektorspezi-

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fischen Aufsichtsbehörden wie dem BAV künftig volle Transparenz an den Tag legen.

Die GPK-S hat ferner geprüft, welche Lehren in Sachen Corporate Governance der bundesnahen Unternehmen aus der PostAuto-Affäre gezogen werden können. Sie hat Kenntnis genommen von den Schlussfolgerungen eines Expertenberichts zu diesem Thema und von den Massnahmen, die der Bundesrat auf der Grundlage dieses Berichts Ende Juni 2019 ergriffen hat. Die Kommission begrüsst diese Massnahmen, ist aber der Ansicht, dass sie noch nicht weit genug gehen und dass zusätzliche Verbesserungen ins Auge gefasst werden müssen.

Die GPK-S ist der Auffassung, dass das Modell zur strategischen Steuerung der bundesnahen Unternehmen im Grossen und Ganzen nach wie vor angemessen ist.

Dennoch bedarf es im bestehenden Rahmen einer besseren Aufsicht über die Unternehmen, namentlich was die oberen Stufen der Aufsicht angeht (unternehmensinterne Organe, externe Revision, Bundesrat, Eignerdepartemente und EFV).

Nach Ansicht der Kommission sollten die Organe, die den Bund als Eigner vertreten (Bundesrat, Eignerdepartemente und EFV), ­ unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben ­ ihre Rolle im Bereich der strategischen Führung und Aufsicht aktiver wahrnehmen. Die GPK-S formuliert hierzu im vorliegenden Bericht mehrere Empfehlungen und parlamentarische Vorstösse. Der Bundesrat sollte namentlich klarer definieren, welche Elemente für den Bund als Eigner von strategischer Bedeutung sind, sollte über ein Konzept zur Erkennung und Lösung von Zielkonflikten verfügen und sollte mehr Informationen von den Unternehmen verlangen. Die Kommission ersucht den Bundesrat zudem, die Vorgaben hinsichtlich der internen Aufsichtsinstrumente der Unternehmen (Risikomanagement, internes Kontrollsystem, Compliance Management System) zu verstärken und ein Inventar der Instrumente zu erstellen, über die der Bund verfügt, wenn es in den Unternehmen zu Krisensituationen kommt. Angesichts des Falls CarPostal France ist sie ausserdem der Ansicht, dass die wichtigsten Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen ­ namentlich jene, die im Ausland tätig sind ­ enger zu begleiten sind und deren Finanzlage künftig realitätskonform zu präsentieren ist. Die Kommission hat ferner Empfehlungen zur Einhaltung der Archivierungspflicht durch die Unternehmen und zu den
informellen Gesprächen zwischen dem Bund und den Unternehmen ausgesprochen.

Nach Auffassung der GPK-S müssen auch in den Organen, die den Bund als Eigner vertreten, organisatorische Massnahmen ergriffen werden. Sie regt an, eine Grundsatzdebatte über die jeweiligen Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Aufgaben der zuständigen Departemente, Generalsekretariate und Bundesämter zu führen, und verweist darauf, dass die Ressourcen, die für die Steuerung und Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen eingesetzt werden, bis anhin nicht ausreichend waren.

Die Kommission ist weiter der Auffassung, dass die Rolle des Bundesrates als zentrales Organ, welches die Aufsichts- und Führungsfunktionen des Bundes als Unternehmenseigner wahrnimmt, gestärkt werden muss. Sie beauftragt den Bundesrat deshalb, einen ständigen Aufsichtsausschuss zur strategischen Steuerung und zur Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen einzurichten, der die Aufgabe hat, die Beratungen und Beschlüsse des Bundesrates in diesem Bereich vorzubereiten.

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Die GPK-S ersucht den Bundesrat des Weiteren, für einen intensiveren Austausch und eine bessere Koordination zwischen den Eignerdepartementen und der EFV auf der einen und den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden (wie dem BAV) auf der anderen Seite zu sorgen. Sie empfiehlt dem Bundesrat insbesondere, bei der Festlegung oder Erneuerung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen künftig die sektorspezifischen Aufsichtsorgane zu konsultieren. Es obliegt der Vorsteherin bzw. dem Vorsteher des jeweiligen Departements, sicherzustellen, dass die Einheiten des Departements, die gegenüber dem Unternehmen verschiedene «Rollen» einnehmen, ihre Arbeiten angemessen koordinieren.

Im Zusammenhang mit der Rolle der externen Revisionsstellen der Unternehmen wurde die GPK-S darauf hingewiesen, dass bestimmte bundesnahe Unternehmen, darunter die Post, nicht als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» im Sinne des Revisionsaufsichtsgesetzes gelten, und dass dies das Risiko zur Folge hat, dass die Prüfung nicht von den erfahrensten Revisoren durchgeführt wird. Die Kommission hält dies für äusserst problematisch. Sie ersucht den Bundesrat um eine Anpassung der einschlägigen Rechtsgrundlagen. Des Weiteren erachtet sie es für sinnvoll, dass die bundesnahen Unternehmen ihre externe Revisionsstelle regelmässig wechseln.

In Bezug auf die Aufsichtsrolle der EFK bedauert die Kommission sehr, dass die Finanzkontrolle mehrere Jahre lang nur eine begrenzte Aufsicht über die Post ausgeübt hat. Sie begrüsst es allerdings, dass die EFK ihre Kontrollstrategie in diesem Bereich ab 2014 angepasst hat. Sie erwartet von der EFK, dass sie künftig bei der Kontrolle von bundesnahen Unternehmen eine regelmässige und einheitliche Praxis anwendet.

Die GPK-S ist zudem zum Schluss gekommen, dass die PostAuto-Affäre keinen Handlungsbedarf hinsichtlich der Rolle der parlamentarischen Oberaufsicht erkennen lässt. Die Kommission konnte ihren Aufsichtsauftrag ohne Einschränkungen wahrnehmen und beurteilt die Zusammenarbeit mit den anderen Akteuren des Dossiers als positiv. Sie ist zwar der Auffassung, dass die Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen verstärkt werden muss. Unter Berücksichtigung des bestehenden Aufsichtssystems hat diese Verstärkung allerdings in erster Linie auf den oberen Stufen der Aufsicht zu erfolgen. Die
verschiedenen in diesem Bericht vorgeschlagenen Massnahmen sollten indirekt aber auch dazu beitragen, dass die parlamentarische Oberaufsicht über die bundesnahen Unternehmen in ihrer aktuellen Form an Wirksamkeit gewinnt.

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Weiteres Vorgehen Aufgrund ihrer Feststellungen hat die GPK-S 15 Empfehlungen, 6 Postulate und eine Motion zuhanden des Bundesrates formuliert. Sie ersucht den Bundesrat, zu den Feststellungen und Empfehlungen dieses Berichts bis zum 26. Februar 2020 Stellung zu nehmen und ihr mitzuteilen, mit welchen Massnahmen und bis wann er ihre Empfehlungen umzusetzen gedenkt.

12. November 2019

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Die Präsidentin: Anne Seydoux-Christe Die Sekretärin: Beatrice Meli Andres Der Präsident der Subkommission EDI/UVEK: Claude Hêche Der Sekretär der Subkommission EDI/UVEK: Nicolas Gschwind

7335

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Abkürzungsverzeichnis AB

Amtliches Bulletin

ADFV

Verordnung vom 18. Dezember 1995 über Abgeltungen, Darlehen und Finanzhilfen nach Eisenbahngesetz (Abgeltungsverordnung; SR 742.101.1)

ARPV

Verordnung vom 11. November 2009 über die Abgeltung des regionalen Personenverkehrs (SR 745.16)

AS

Amtliche Sammlung des Bundesrechts

BA

Bundesanwaltschaft

BAKOM

Bundesamt für Kommunikation

BAV

Bundesamt für Verkehr

BBl

Bundesblatt

BGA

Bundesgesetz vom 26. Juni 1998 über die Archivierung (SR 152.1)

EBG

Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 (SR 742.101)

EDI

Eidgenössisches Departement des Innern

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFK

Eidgenössische Finanzkontrolle

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

ENSI

Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat

EVED

Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (heutiges UVEK)

EY

Ernst&Young

fedpol

Bundesamt für Polizei

FinDel

Finanzdelegation

FINMA

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht

FK

Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte

FKG

Bundesgesetz vom 28. Juni 1967 über die Eidgenössische Finanzkontrolle (Finanzkontrollgesetz; SR 614.0)

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

GS-UVEK

Generalsekretariat des UVEK

IFRS

International Financial Reporting Standards

Ip.

Interpellation

7336

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IR-Post

Interne Revision der Post

ISO

Internationale Organisation für Normung

KöV

Konferenz der kantonalen Direktoren des öffentlichen Verkehrs

KVF

Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen der eidgenössischen Räte

NZZ

Neue Zürcher Zeitung

OR

Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) (SR 220)

OV-EFD

Organisationsverordnung vom 17. Februar 2010 für das Eidgenössische Finanzdepartement (SR 172.215.1)

OV-UVEK

Organisationsverordnung vom 6. Dezember 1999 für das UVEK (SR 172.217.1)

ParlG

Bundesgesetz vom 13. Dezember über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10)

PBG

Bundesgesetz vom 30. April 2009 über die Personenbeförderung (Personenbeförderungsgesetz; SR 745.1)

Po.

Postulat

POG

Bundesgesetz vom 17. Dezember 2010 über die Organisation der Schweizerischen Post (Postorganisationsgesetz; SR 783.1)

POG 1997

Bundesgesetz vom 30. April 1997 über die Organisation der Postunternehmung des Bundes (Postorganisationsgesetz; SR 783.1)

PostCom

Eidgenössische Postkommission

RAB

Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde

RAG

Bundesgesetzes vom 16. Dez. 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz; SR 221.302)

REVO

Verordnung des EVED vom 18. Dezember 1995 über das Rechnungswesen der konzessionierten Transportunternehmungen (SR 742.221)

RKV

Verordnung des UVEK vom 18. Januar 2011 über das Rechnungswesen der konzessionierten Unternehmen (SR 742.221)

RPV

Regionaler Personenverkehr

RVOG

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) 7337

BBl 2020

RVOV

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (SR 172.010.1)

SBB

Schweizer Bundesbahnen

SR

Systematische Rechtssammlung des Bundes

SuG

Bundesgesetz vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (Subventionsgesetz; SR 616.1)

UVEK

Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

VBGA

Verordnung vom 8. September 1999 zum Bundesgesetz über die Archivierung (Archivierungsverordnung; SR 152.11)

VöV

Verband öffentlicher Verkehr

VPB

Verordnung vom 4. November 2009 über die Personenbeförderung (Personenbeförderungsverordnung; SR 745.11)

VStrR

Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (SR 313.0)

VZÄ

Vollzeitäquivalent

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

WEKO

Eidgenössische Wettbewerbskommission

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Anhang 1

Liste der angehörten Personen Baur, Thomas Bühler, René Christ, Brigitte Della Valle, Nicoletta Füglistaler, Peter Gaillard, Serge Glanzmann, Alex Huissoud, Michel Jäger, Christoph Leuthard, Doris Manferdini, Alessandro Mayer, Michael Meierhans, Stefan Meyrat, Pierre-André Niederhauser, Beat Nösberger, Thomas Nussbaumer, Katrin Ramsauer, Matthias Ruoff, Susanne Sanwald, Reto Scheidegger, Robert Schneider, Frank Schwaller, Urs Sommaruga, Simonetta Stirnimann, Pascal

Leiter PostNetz und Interimsleiter PostAuto (2018), Schweizerische Post Stv. Direktor, fedpol Stv. Direktorin, EFK Direktorin, fedpol Direktor, BAV Direktor, EFV Leiter Finanzen, Schweizerische Post * Direktor, EFK Partner, Kellerhals Carrard Bundesrätin, Vorsteherin des UVEK (2010­2018) Mandatsleiter, EFK Mandatsleiter, EFK Preisüberwacher Stv. Direktor, BAV, Leiter Taskforce PostAuto Stv. Preisüberwacher, Geschäftsführer des Büros Konsulent, Kellerhals Carrard Leiterin Koordinationsstelle Untersuchung PostAuto, Schweizerische Post Generalsekretär des UVEK (ab 2019) Konzernleiterin, Schweizeriche Post (2012­2018)* Stv. Direktor, RAB, Leiter Recht & Internationales Mandatsleiter, EFK Direktor, RAB Verwaltungsratspräsident, Schweizeriche Post Bundesrätin, Vorsteherin des UVEK (ab 2019)* Sektionschef Revision, BAV

* Diese Personen wurden nicht im Rahmen der regelmässigen Sitzungen der Subkommission EDI/UVEK der GPK-S angehört (Sitzungen vom April 2018 und 2019 zur Erreichung der strategischen Ziele der Schweizerischen Post, Plenarsitzungen der GPK).

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Anhang 2

Struktur der Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen

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Anhang 3

Strategische Ziele der Schweizerischen Post AG (für PostAuto relevante Auszüge) Strategische Ziele des Bundesrates für die Post 2006­2009 (Auszüge) 1 Strategische Schwerpunkte: [...] Im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs erbringt die Post Leistungen gemäss der Gesetzgebung über den öffentlichen Verkehr.

Der Bundesrat erwartet, dass die Post: 1.1 den Universaldienst in allen Landesteilen nach gleichen Grundsätzen, in guter Qualität und zu angemessenen Preisen anbietet.

1.2 als kundenorientierte, eigenwirtschaftliche und innovative Unternehmung im Wettbewerb bestehen kann. Sie verringert schrittweise ihre Abhängigkeit vom Monopolbereich durch die Entwicklung neuer Produkte und Märkte.

1.3 Effizienzsteigerungspotenziale ausschöpft.

1.4 ihr Kerngeschäft in den Geschäftsfeldern Mail, Logistics, Finanzdienstleistungen und Personenverkehr weiterentwickelt, rentables Wachstum anstrebt und einen hohen Qualitätsstandard ihrer Dienstleistungen sicherstellt.

­ In der Schweiz soll die Post ihre führende Stellung als Anbieterin von Dienstleistungen in logistischen Märkten (namentlich Briefe, Pakete, Güterlogistik), im Zahlungsverkehr und im öffentlichen Personenverkehr weiterentwickeln.

­ Im Ausland kann die Post Wachstumsmöglichkeiten in Nischenmärkten ausserhalb der Grundversorgung wahrnehmen.

Ferner soll sie: [...]

­ im Personenverkehr als Systemanbieterin, im Management von Verkehrsnetzen, im touristischen Verkehr und in Stadtnetzen neue Wachstumsquellen erschliessen, ­ zielgerichtet neue Angebote und neue Geschäftsmodelle entwickeln, um Wachstum zu schaffen, ihre Ertragskraft nachhaltig zu sichern und neue Möglichkeiten zur Finanzierung des Universaldienstes zu erschliessen. [...]

1.8 über ein angemessenes Risikomanagementsystem verfügt.

2 Finanzielle Ziele: Der Bundesrat erwartet, dass die Post: 2.1 im Universaldienst und im Wettbewerbsbereich ein angemessenes Ergebnis erzielt und eine Steigerung des Unternehmenswertes erreicht. Als Vergleichsgrösse dienen vergleichbare in- und ausländische Unternehmen.

2.2 ihre Investitionen grundsätzlich mit dem erwirtschafteten Cash flow finanziert.

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2.3 aus den erwirtschafteten Gewinnen prioritär den schrittweisen Aufbau der als notwendig erachteten Eigenkapitalbasis sowie die Sanierung der Pensionskasse, sekundär eine angemessene Gewinnausschüttung für das vom Bund zur Verfügung gestellte Dotationskapital sicherstellt. [...]

4 Kooperationen und Beteiligungen: Die Post kann unter Berücksichtigung ihres Leistungsauftrages und im Rahmen ihrer finanziellen und personellen Möglichkeiten im In- und Ausland Kooperationen (Beteiligungen, Allianzen, Gründung von Gesellschaften sowie andere Formen der Zusammenarbeit) eingehen, wenn diese das Kerngeschäft im Inland unterstützen oder eine andere strategischindustrielle Logik aufweisen, zur Erreichung der strategischen Ziele und langfristig zur Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes beitragen. Die Beteiligungen und Kooperationen müssen führungsmässig eng betreut werden und dem Risikoaspekt ist genügend Rechnung zu tragen.

5 Berichterstattung an den Bundesrat: Der Verwaltungsrat der Post orientiert den Bundesrat jährlich zeitgleich mit dem Geschäftsbericht über die Erreichung der strategischen Ziele. [...]

Strategische Ziele des Bundesrates für die Post 2010­2013 (Auszüge) 1 Strategische Schwerpunkte: Der Bundesrat erwartet, dass die Post: 1.1 den Universaldienst in allen Landesteilen nach gleichen Grundsätzen, in guter Qualität und zu angemessenen Preisen anbietet.

1.2 als kundenorientierte, eigenwirtschaftliche und innovative Unternehmung im Wettbewerb bestehen kann. [...]

1.4 Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Grenzen und des gesetzlichen Auftrags neue Angebote, Dienstleistungen und Lösungen entwickelt, Kooperationen eingeht, rentables Wachstum schafft, ihre Ertragskraft sichert und Effizienzsteigerungs-potenziale ausschöpft; bestehende Leistungsangebote, welche die verfassungsrechtlichen Grenzen überschreiten (namentlich im Versandhandel), sind nicht auszubauen.

1.5 ihr Kerngeschäft in den Märkten Kommunikation (insbes. Brief, Dialogmarketing und Dokumentenlösungen), Logistik, Finanzdienstleistungen und Personenverkehr weiterentwickelt und einen hohen Qualitätsstandard ihrer Dienstleistungen sicherstellt.

­ In der Schweiz soll die Post ihre führende Stellung weiterentwickeln.

­ Im Ausland kann die Post Wachstumsmöglichkeiten ausserhalb von Grundversorgungsverpflichtungen wahrnehmen.

Ferner soll sie: [...]

­ im Personenverkehr die Stellung als Marktführerin im öffentlichen Busverkehr ausbauen, als Anbieterin von Systemführungsfunktionen, im Management von Verkehrsnetzen sowie im Agglomerations- und Regionalverkehr neue Wachstumsquellen erschliessen; unter Voraus7342

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setzung einer nachhaltigen Rentabilität kann sie im Auslandgeschäft wachsen. [...]

1.9 über ein angemessenes Risikomanagementsystem verfügt.

2 Finanzielle Ziele: Der Bundesrat erwartet, dass die Post: 2.1 den Unternehmenswert - unter Berücksichtigung von markt- und risikogerechten Fremd- und Eigenkapitalkosten - nachhaltig sichert und wenn möglich steigert sowie im Universal- und im Wettbewerbsdienst ein branchenübliches Ergebnis erzielt. Als Vergleichsgrösse dienen vergleichbare in- und ausländische Unternehmen.

2.2 ihre Investitionen grundsätzlich mit dem erwirtschafteten Cash flow finanziert.

2.3 die erwirtschafteten Gewinne für den Aufbau der als notwendig erachteten Eigenkapitalbasis, für die Finanzierung der Pensionskasse und für Ausschüttungen an den Bund einsetzt. Im Gegenzug zu allfälligen Beiträgen an die Pensionskasse setzt sich die Arbeitgeberin Post für einen massgeblichen Beitrag der Versicherten an die Finanzierung der Pensionskasse ein. [...]

4 Kooperationen und Beteiligungen: Die Post kann unter Berücksichtigung ihres Leistungsauftrages und im Rahmen ihrer finanziellen und personellen Möglichkeiten im In- und Ausland Kooperationen (Beteiligungen, Allianzen, Gründung von Gesellschaften sowie andere Formen der Zusammenarbeit) eingehen, wenn diese das Kerngeschäft im Inland unterstützen oder eine andere strategisch-industrielle Logik aufweisen, zur Erreichung der strategischen Ziele und zur nachhaltigen Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes beitragen. Die Beteiligungen und Kooperationen müssen führungsmässig eng betreut werden und dem Risikoaspekt ist genügend Rechnung zu tragen.

5 Berichterstattung an den Bundesrat: Der Bundesrat erwartet, dass die Post vierteljährlich mit Vertretern des Bundes einen Informationsaustausch pflegt. Der Verwaltungsrat der Post orientiert den Bundesrat jährlich zeitgleich mit dem Geschäftsbericht über die Erreichung der strategischen Ziele. [...]

Strategische Ziele des Bundesrates für die Schweizerische Post AG 2013­2016 (Auszüge) 2 Strategische Schwerpunkte: Der Bundesrat erwartet, dass die Post: [...]

2.2 in ihrem Kerngeschäft in den Geschäftsfeldern Kommunikation und Logistik, Finanzdienstleistungen und Personenverkehr qualitativ hochstehende, marktfähige und innovative Produkte und Dienstleistungen anbietet, dabei ein rentables Wachstum generiert und durch Effizienzsteigerungen die Ertragskraft des Unternehmens stärkt; [...]

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2.5 im Geschäftsfeld Personenverkehr: ­ in der Schweiz die Stellung als Marktführerin im öffentlichen Busverkehr festigt; im Ausland kann sie das bestehende Geschäft weiterentwickeln, soweit die Risiken tragbar sind und eine nachhaltige Rentabilität sichergestellt ist, ­ im In- und Ausland ihre Stellung mit neuen Systemdienstleistungs- und Mobilitätskonzepten weiterentwickelt; [...]

2.9 über ein angemessenes Risikomanagementsystem verfügt.

3 Finanzielle Ziele: Der Bundesrat erwartet, dass die Post: 3.1 wertschöpfend ist, den Unternehmenswert nachhaltig sichert und steigert und in allen Geschäftsfeldern eine branchenübliche Rendite erzielt; als Vergleichsgrösse dienen vergleichbare in- und ausländische Unternehmen; 3.2 die erwirtschafteten Gewinne zum Aufbau des bankenrechtlich erforderlichen Eigenkapitals der PostFinance AG sowie für Ausschüttungen an den Bund einsetzt; die Dividendenpolitik soll dem Grundsatz der Stetigkeit folgen; [...]

5 Kooperationen und Beteiligungen: Die Post kann im Rahmen ihrer finanziellen und personellen Möglichkeiten im In- und Ausland Kooperationen (Beteiligungen, Allianzen, Gründung von Gesellschaften sowie andere Formen der Zusammenarbeit) eingehen, wenn diese das Kerngeschäft im Inland unterstützen oder eine andere strategisch-industrielle Logik aufweisen, zur Erreichung der strategischen Ziele und zur nachhaltigen Sicherung oder Steigerung des Unternehmenswertes beitragen. Die Beteiligungen und Kooperationen müssen führungsmässig eng betreut werden und dem Risikoaspekt ist genügend Rechnung zu tragen. Im Ausland dürfen keine Beteiligungen an Gesellschaften mit Grundversorgungsverpflichtung eingegangen werden. [...]

7 Berichterstattung: Der Bundesrat erwartet, dass die Post vierteljährlich mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes einen Informationsaustausch pflegt. Der Verwaltungsrat der Post erstattet dem Bundesrat jährlich zeitgleich mit dem Geschäftsbericht Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele.

Strategische Ziele des Bundesrates für Schweizerische Post AG 2017­2020 (Auszüge) 2 Strategische Schwerpunkte: Der Bundesrat erwartet von der Post Folgendes: [...]

2.2 Die Post bietet in ihrem Kerngeschäft in den Geschäftsfeldern Kommunikation und Logistik, Finanzdienstleistungen und Personenverkehr qualitativ hochstehende, marktfähige und innovative Produkte, Dienstleistungen und Lösungen in physischer und elektronischer Form an; sie generiert dabei ein rentables Wachstum und stärkt durch Effizienzsteigerungen die Ertragskraft des Unternehmens. [...]

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2.5 Die Post erbringt im Geschäftsfeld Personenverkehr Folgendes: ­ In der Schweiz festigt sie die Stellung als Marktführerin und übernimmt Systemführungsaufgaben im öffentlichen Busverkehr; im Ausland kann sie das Geschäft weiterentwickeln, soweit die Risiken tragbar sind und eine nachhaltige Rentabilität sichergestellt ist.

­ Im In- und Ausland entwickelt sie ihre Stellung mit neuen Systemdienstleistungen und gesamtheitlichen Mobilitätsangeboten weiter.

[...]

2.7 Die Post verfügt über ein Unternehmensrisikomanagementsystem, das sich an der ISO-Norm 31000 orientiert. Sie informiert den Eigner über die wichtigsten Unternehmensrisiken.

3 Finanzielle Ziele: Der Bundesrat erwartet von der Post Folgendes: 3.1 Die Post ist wertschöpfend, sichert und steigert den Unternehmenswert nachhaltig und erzielt in allen Geschäftsfeldern eine branchenübliche Rendite.

3.2 Die Post betreibt eine Dividendenpolitik, die dem Grundsatz der Stetigkeit folgt. Dabei berücksichtigt sie die Erfordernisse einer nachhaltigen Investitionstätigkeit sowie einer risikogerechten und branchenüblichen Eigenkapitalquote, insbesondere auch bei der der PostFinance AG. [...]

5 Kooperationen und Beteiligungen: Die Post kann im Rahmen ihrer finanziellen und personellen Möglichkeiten im In- und Ausland Kooperationen (Beteiligungen, Allianzen, Gründungen von Gesellschaften sowie andere Formen der Zusammenarbeit) eingehen, wenn diese das Kerngeschäft im Inland unterstützen oder eine andere strategisch-industrielle Logik aufweisen, zur Erreichung der strategischen Ziele und zur nachhaltigen Sicherung des Unternehmenswerts beitragen. Die Kooperationen müssen führungsmässig eng betreut werden und dem Risikoaspekt ist genügend Rechnung zu tragen. Im Ausland dürfen keine Beteiligungen an Gesellschaften mit Grundversorgungsverpflichtung eingegangen werden. [...]

7 Berichterstattung: Der Bundesrat erwartet, dass die Post vierteljährlich mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes einen Informationsaustausch pflegt. Der Verwaltungsrat der Post erstattet dem Bundesrat nach Abschluss jedes Geschäftsjahres Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele.

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Anhang 4

Gewinne von PostAuto und Entwicklung der Spezialreserve des Unternehmens zwischen 2007 und 2017 Gesetzliche Grundlagen Bis Ende 2009, Artikel 64 Absatz 2 EBG: «Übersteigen die Erträge und die von Bund und Kantonen erbrachten finanziellen Leistungen die Gesamtaufwendungen, so bleibt den Unternehmungen ein Ertragsüberschuss zur Verfügung. Sie stellen diesen, soweit er aus abgeltungsberechtigten Sparten stammt, zur Deckung künftiger Fehlbeträge zurück.» Ab Anfang 2010, Artikel 36 Absatz 2 PBG: «Übersteigen die Erträge und die von Bund und Kantonen erbrachten finanziellen Leistungen die Gesamtaufwendungen einer abgeltungsberechtigten Verkehrssparte, so weist das Unternehmen mindestens zwei Drittel dieses Überschusses der Spezialreserve zur Deckung künftiger Fehlbeträge abgeltungsberechtigter Verkehrssparten zu. Erreicht die Spezialreserve der Verkehrssparten 25 Prozent des Jahresumsatzes der abgeltungsberechtigten Verkehrssparten oder beträgt sie 12 Millionen Franken, so steht der Gewinn dem Unternehmen zur freien Verfügung.»

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Gewinne und Entwicklung der Spezialreserve von PostAuto (in Franken)

(Quelle: BAV) * Information des BAV, 16.9.2019: «Im Rahmen des Revisionsberichtes des BAV [zu PostAuto] wurde mit der Empfehlung 3 eine Erhöhung der Reserven um CHF 2.7 Mio. verlangt, da die Reserve in den Jahren 2014 und 2015 durch das Ausweisen eines vermeintlichen Verlustes reduziert worden war. Bei einer korrekten Darstellung des Ergebnisses, also ohne Umbuchungen, wäre jedoch ein Gewinn entstanden und eine Reduktion der Reserve wäre nicht nötig resp.

nicht möglich gewesen.»

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Anhang 5

Empfehlungen und parlamentarische Vorstösse der GPK-S Motion 1:

Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» (Kap. 8.2.2.3)

Der Bundesrat wird beauftragt, gestützt auf Artikel 23 RVOG einen ständigen Ausschuss zur strategischen Steuerung und zur Beaufsichtigung der bundesnahen Unternehmen einzurichten. Dieser Ausschuss hat die Aufgabe, die interdepartementale Koordination in diesem Bereich zu stärken, die Beratungen und Beschlüsse des Bundesrates zu den bundesnahen Unternehmen vorzubereiten und regelmässige Gespräche mit deren Vertreterinnen und Vertretern zu führen.

Postulat 1:

Externe Untersuchung zur Aufsicht des BAV über PostAuto zwischen 2007 und 2015 (Kap. 5.2.1)

Der Bundesrat wird beauftragt, sobald das Verwaltungsstrafverfahren zu PostAuto abgeschlossen ist, eine externe Untersuchung in Auftrag zu geben, damit ermittelt wird, wie das BAV zwischen 2007 und 2015 die Aufsicht über die Buchhaltung von PostAuto wahrgenommen hat und ob den Mitarbeitenden des Bundesamtes dabei Fehler unterlaufen sind. Anschliessend präsentiert er die Ergebnisse dieser Untersuchung in einem Bericht. Auf dieser Grundlage wird die Notwendigkeit möglicher Sanktionen oder Massnahmen ermittelt.

Postulat 2:

Gesamtbilanz der PostAuto-Affäre (Kap. 6.2.2)

Der Bundesrat wird beauftragt, nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol zu PostAuto in einem Bericht eine Gesamtbilanz der PostAutoAffäre zu ziehen. Er ist insbesondere gebeten, in diesem Bericht darzulegen, welche allgemeinen Lehren aus Eignersicht aus diesem konkreten Fall gezogen werden, welches die finanziellen Folgen dieser Affäre für den Bund sind, ob bestimmte Erkenntnisse aus dem Verwaltungsstrafverfahren vertieft werden, ob Verantwortlichkeitsklagen eingereicht wurden, ob rechtliche Anpassungen erforderlich sind, ob die Evaluation der Erreichung der strategischen Ziele der Post für die letzten Jahre revidiert werden muss, ob die strategischen Ziele der Post angepasst werden müssen und ob zusätzliche Änderungen am CorporateGovernance-Modell der bundesnahen Unternehmen vorzunehmen sind.

Postulat 3:

Abklärungen über die finanzielle Unterstützung ausländischer Tochtergesellschaften von bundesnahen Unternehmen (Kap. 7.3)

Der Bundesrat wird beauftragt, zu klären, ob die Finanzhilfen, welche die Schweizerische Post namentlich in Form von Forderungsverzichten an CarPostal France geleistet hat, mit dem Freihandelsabkommen von 1972 zwischen der 7348

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Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vereinbar sind. Der Bundesrat schlägt nötigenfalls Massnahmen vor, mit denen sichergestellt werden kann, dass sich künftig alle bundesnahen Unternehmen an dieses Abkommen halten.

Postulat 4:

Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den RPV (Kap. 8.1.2)

Der Bundesrat wird beauftragt, nach Abschluss der laufenden RPV-Reform zu prüfen, inwieweit die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen im Bereich der Aufsicht über den RPV angepasst werden muss und ob es zweckmässig wäre, den kantonalen Ämtern des öffentlichen Verkehrs und/oder den kantonalen Finanzkontrollen zusätzliche Aufsichtsaufgaben zu übertragen. Der Bundesrat wird ersucht, die Kantone bei diesem Vorgehen miteinzubeziehen.

Die Ergebnisse dieser Prüfung sind in einem Bericht darzulegen.

Der Bundesrat wird ferner beauftragt, auf der Grundlage der Prüfungsergebnisse die Kompetenzverteilung im Bereich der Aufsicht über den RPV und die entsprechenden Verfahren angemessen zu dokumentieren.

Postulat 5:

Gewinne im Bereich des subventionierten RPV (Kap. 8.1.3)

5.1 Der Bundesrat wird beauftragt, die Zweckmässigkeit einer Revision der Rechtsgrundlagen für die Verwendung von Überschüssen im subventionierten RPV und für die Rechnungslegung der subventionierten Unternehmen zu prüfen und dem Parlament gegebenenfalls entsprechende Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten.

5.2 Der Bundesrat wird in diesem Zusammenhang insbesondere beauftragt, zu prüfen, ob nicht eine Obergrenze für den Jahresgewinn festgelegt werden sollte, der dem Unternehmen zur freien Verfügung steht, sobald die in Artikel 36 Absatz 2 PBG für die Spezialreserve vorgesehene Schwelle erreicht ist.

5.3 Allgemein wird der Bundesrat beauftragt, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre, das allgemeine Verbot, im subventionierten Bereich Gewinne zu erwirtschaften, auf Gesetzesstufe (PBG oder SuG) und in den strategischen Zielen der betreffenden bundesnahen Unternehmen ausdrücklich zu präzisieren.

Postulat 6:

Anerkennung der bundesnahen Unternehmen als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» im Sinne des RAG (Kap. 8.2.4)

Der Bundesrat wird beauftragt, zu prüfen, ob es sinnvoll wäre, Artikel 2 Buchstabe c des Revisionsaufsichtsgesetzes (RAG) so anzupassen, dass alle bundesnahen Unternehmen künftig als «Gesellschaften des öffentlichen Interesses» erachtet oder zumindest als solche behandelt werden.

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Empfehlung 1:

Anpassung der strategischen Ziele der Post in Bezug auf PostAuto (Kap. 5.2.2)

Der Bundesrat wird ersucht, die strategischen Ziele der Post in Bezug auf PostAuto so bald wie möglich anzupassen. Dabei soll er namentlich folgende zwei Möglichkeiten prüfen, nämlich ob PostAuto von der Verpflichtung, den Unternehmenswert zu steigern oder branchenübliche Renditen zu erzielen, zu entbinden ist oder ob in den strategischen Zielen explizit verankert werden soll, dass im subventionierten Bereich eine branchenübliche Rendite von null gilt.

Empfehlung 2:

Abklärungen zum Zeitraum vor 2007 (Kap. 6.2.3)

Der Bundesrat wird ersucht, nach Abschluss des Verwaltungsstrafverfahrens von fedpol zu PostAuto, eine eingehende Untersuchung in Auftrag zu geben, in welchem die Umstände, die zur Einführung der unrechtmässigen Buchungspraxis bei PostAuto vor 2007 geführt haben, und die entsprechenden Verantwortlichkeiten geklärt werden.

Empfehlung 3:

Finanzflüsse zwischen PostAuto Schweiz und CarPostal France (Kap. 7.3)

Der Bundesrat wird ersucht, sobald das Fedpol-Verwaltungsstrafverfahren zu PostAuto abgeschlossen ist, dafür zu sorgen, dass die Finanzflüsse zwischen PostAuto und CarPostal France vertieft geprüft, die entsprechenden Verantwortlichkeiten ermittelt und alle erforderlichen Massnahmen ergriffen werden.

Empfehlung 4:

Neues System zur Aufsicht über den subventionierten RPV (Kap. 8.1.1)

4.1 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass bei der Ausgestaltung des neuen Systems zur Aufsicht über den subventionierten RPV folgenden Aspekten besondere Beachtung geschenkt wird: fachliche Kompetenzen der Mitarbeitenden des BAV, Unabhängigkeit der Mitarbeitenden des BAV gegenüber den Unternehmen, Überprüfung der Nebenaktivitäten der Unternehmen, Überprüfung der von den Unternehmen vorgelegten Zahlen, transparente Methodik zur Risikoanalyse, Dokumentation zur Auslegung der Rechtsgrundlagen, Verantwortung der externen Revisionsstellen.

4.2 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob es nicht sinnvoll wäre, im BAV eine klarere strukturelle Trennung der Besteller- und der Aufsichtsrolle vorzunehmen.

4.3 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass das BAV ein Monitoringsystem für die Nachverfolgung der Hinweise von anderen im Bereich des RPV tätigen Behörden entwickelt.

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4.4 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass im neuen Aufsichtssystem die Schnittstellen zwischen BAV und den zuständigen kantonalen Behörden klar definiert und geregelt werden.

Empfehlung 5:

Unternehmensangelegenheiten von strategischer Bedeutung für den Eigner (Kap. 8.2.2.2)

Der Bundesrat wird ersucht, klare Kriterien und eine Kategorisierung zu erarbeiten, anhand von denen bestimmt werden kann, welche Elemente der Unternehmenstätigkeit für den Bund als Eigner von strategischer Bedeutung und dementsprechend vom Bundesrat, den Eignerdepartementen und der EFV enger zu begleiten sind. Namentlich sind sie systematisch an den Eignergesprächen zu traktandieren.

Empfehlung 6:

Erkennung und Klärung von Zielkonflikten (Kap. 8.2.2.4)

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass (interne und externe) Zielkonflikte von bundesnahen Unternehmen erkannt und angemessen geklärt werden.

Dieses Themas nimmt sich der neue ständige Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» an. Besondere Beachtung wird dieser Problematik bei den regelmässigen Eignergesprächen und bei der Erneuerung der strategischen Ziele geschenkt.

Empfehlung 7:

Konsultation der sektorspezifischen Aufsichtsbehörden im Rahmen der Erarbeitung der strategischen Ziele (Kap. 8.2.2.4)

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass die sektorspezifischen Aufsichtsbehörden bei der Erarbeitung oder Erneuerung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen systematisch konsultiert werden, um auf allfällige Zielkonflikte hinweisen zu können. Gegebenenfalls sind die strategischen Ziele anzupassen, um Konflikte zu verhindern.

Empfehlung 8:

Einhaltung der Archivierungspflicht durch die Unternehmen (Kap. 8.2.2.5)

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass sämtliche bundesnahen Unternehmen, die der eidgenössischen Archivierungsgesetzgebung unterstehen, diese künftig strikt einhalten und dass dieser Aspekt angemessen in den strategischen Zielen der Unternehmen festgehalten wird.

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Empfehlung 9:

Eignergespräche (Kap. 8.2.2.6)

Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der künftige Ausschuss zu den bundesnahen Unternehmen regelmässig von seinen Mitgliedern über die wichtigen Aspekte aus den informellen Gesprächen mit den Unternehmen informiert wird und dass der Ausschuss festlegt, ob diese Informationen im Rahmen der vierteljährlichen «formellen» Gespräche offiziell behandelt und/oder dem Bundesrat übermittelt werden müssen.

Empfehlung 10:

Interne Aufsichtsinstrumente der Unternehmen (Kap. 8.2.2.7)

10.1 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass in den strategischen Zielen aller bundesnahen Unternehmen das Vorhandensein folgender Aufsichtsinstrumente verlangt wird: Risikomanagementsystem, internes Kontrollsystem, Compliance Management System. Für jedes dieser Instrumente sind in den strategischen Zielen Vorgaben zur Information des Eigners zu machen und die Kontrollindikatoren zu definieren.

10.2 Der Bundesrat wird zudem ersucht, klar zu definieren, über welche Ergebnisse der unternehmensinternen Aufsichtsinstrumente der Eigner in welcher Form und mit welchem Detailgrad informiert werden soll, und dies dann in den strategischen Zielen festzuhalten.

10.3 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der jährliche Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Unternehmen, der dem Parlament unterbreitet wird, transparent Auskunft gibt über die wichtigsten Ergebnisse der unternehmensinternen Aufsichtsinstrumente, u.a. in Bezug auf die finanzielle Situation der Unternehmen.

10.4 Der Bundesrat wird ausserdem ersucht, nach Ablauf der aktuellen Strategiephase Bilanz über die strategischen Ziele zu den Risiken und zu deren Kontrollindikatoren zu ziehen und nötigenfalls Anpassungen oder Ergänzungen vorzunehmen.

Empfehlung 11:

Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der Unternehmen (Kap. 8.2.2.8)

Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, ob die Führungsstrukturen in den Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen angemessen sind und ob grundsätzliche Weisungen dazu erlassen werden sollten.

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Empfehlung 12:

Wichtigste Tochtergesellschaften (Kap. 8.2.2.8)

12.1 Der Bundesrat wird ersucht, die Tochtergesellschaften der bundesnahen Unternehmen zu bestimmen, denen aus Sicht des Eigners strategische Bedeutung zukommt, und diese einer verstärkten Aufsicht durch die zuständigen Departemente zu unterstellen. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei den ausländischen Tochtergesellschaften und Kooperationen der Unternehmen zu widmen.

12.2 Der Bundesrat wird ersucht, sicherzustellen, dass der jährliche Bericht über die Erreichung der strategischen Ziele der Unternehmen, der dem Parlament unterbreitet wird, transparent Auskunft gibt über die Situation der Tochtergesellschaften, denen aus Sicht des Bundes als Eigner strategische Bedeutung zukommt.

12.3 Der Bundesrat wird ersucht, zu prüfen, mit welchen Massnahmen für mehr Transparenz hinsichtlich der Finanzlage der Tochtergesellschaften von bundesnahen Unternehmen gesorgt werden kann, und über die Ergebnisse seiner Prüfung zu informieren.

Empfehlung 13:

Massnahmen des Bundes bei Krisensituationen in den Unternehmen (Kap. 8.2.2.9)

Der Bundesrat wird ersucht, auf der Grundlage des geltenden Rechts ein Inventar der Instrumente zu erstellen, über die der Bund verfügt, wenn es in Unternehmen, deren Eigner er ist, zu Krisensituationen kommt, und zudem die Verfahren und die Zuständigkeiten für solche Situationen festzulegen. In künftigen Krisensituationen ist dieses Inventar massgebend. Dessen Aufstellung ist dem künftigen ständigen Bundesratsausschuss «Bundesnahe Unternehmen» anzuvertrauen.

Empfehlung 14:

Koordination zwischen dem Eigner und den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden (Kap. 8.2.3.1)

14.1 Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass die Eignerdepartemente und die EFV einen intensiveren Austausch mit den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden pflegen und diesen Austausch klar dokumentieren.

14.2 Der Bundesrat wird ersucht, im Anhang seines Jahresberichts über die Erreichung der strategischen Ziele der bundesnahen Unternehmen, den er dem Parlament unterbreitet, in einem Kapitel die wichtigsten für die Zielerreichung erheblichen Informationen zu präsentieren, die ihm von den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden übermittelt wurden.

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Empfehlung 15:

Transparenz der Unternehmen gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden (Kap. 8.2.3.2)

Der Bundesrat wird ersucht, dafür zu sorgen, dass die für die sektorspezifische Aufsicht über die bundesnahen Unternehmen zuständigen Behörden jederzeit Zugang zu sämtlichen Informationen haben, die sie für die Wahrnehmung ihres gesetzlichen Auftrags benötigen. Der Bundesrat ist zudem gebeten, zu prüfen, ob die Transparenz gegenüber den sektorspezifischen Aufsichtsbehörden ausdrücklich in die strategischen Ziele der Unternehmen aufzunehmen ist.

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