20.057 Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) ­ Zusatzfinanzierung der Arbeitslosenversicherung vom 12. August 2020

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, eine dringliche, befristete Änderung des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (AVIG) betreffend eine Zusatzfinanzierung der Arbeitslosenversicherung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. August 2020

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Simonetta Sommaruga Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr

2020-1866

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Übersicht Als Folge der Covid-19-Krise benötigt die Arbeitslosenversicherung eine ausserordentliche Zusatzfinanzierung durch den Bund. Dazu soll das Arbeitslosenversicherungsgesetz dringlich und befristet geändert werden.

Ausgangslage Aufgrund der Covid-19-Krise wird die Arbeitslosenversicherung in beispiellosem Ausmass finanziell belastet. Nach aktuellen Einschätzungen ist für 2020 mit Covid-19-bedingten Mehrkosten von über 12 Milliarden Franken zu rechnen, wobei insbesondere die starke Nutzung der Kurzarbeitsentschädigung zur raschen Verschlechterung der finanziellen Lage der Arbeitslosenversicherung beiträgt. Da die Arbeitslosenversicherung eine gesetzlich verankerte Schuldenbremse kennt, müsste ohne rasche finanzielle Zuschüsse durch den Bund eine Erhöhung der Lohnbeitragssätze auf den 1. Januar 2021 erfolgen.

Inhalt der Vorlage Ziel dieser Vorlage ist, die gesetzliche Grundlage für eine ausserordentliche Zusatzfinanzierung für die Arbeitslosenversicherung durch den Bund im Jahr 2020 zu schaffen. Mit dem ausserordentlichen Beitrag soll vermieden werden, dass der Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung Ende 2020 die Schuldenobergrenze von rund 8 Milliarden Franken erreicht. Dazu soll der ordentliche Beitrag des Bundes an die Arbeitslosenversicherung um die Kosten für Kurzarbeitsentschädigungen des Jahres 2020 erhöht werden. Die dazu voraussichtlich nötigen Nachtragskredite im Umfang von insgesamt höchstens 20,2 Milliarden Franken hat das Parlament in zwei Schritten am 6. Mai 2020 und am 11. Juni 2020 per Nachtragskredit bereits gewährt. Die beantragten Nachtragskredite stützten sich auf erste Einschätzungen zu den arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 im Frühjahr 2020.

An die Arbeitslosenversicherung überwiesen werden nur die effektiv entstandenen Kosten für Kurzarbeitsentschädigungen des Jahres 2020.

Zudem soll mit der Vorlage die rechtliche Grundlage geschaffen werden, damit der Bund die Arbeitslosenversicherung auch 2021 ausserordentlich unterstützen könnte, sollte sich der Schuldenstand wegen der arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 erneut derart massiv erhöhen, dass dem Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung 2021 das Erreichen der Schuldenobergrenze droht.

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Botschaft 1

Ausgangslage

1.1

Bekämpfung des neuen Coronavirus

Aufgrund des globalen Ausbruchs des neuartigen Coronavirus (Covid-19) hat der Bundesrat verschiedene Massnahmen auf Basis des Epidemiengesetzes vom 28. September 20121 (EpG) beschlossen. Die vom Bundesrat angeordneten Massnahmen, insbesondere die Einschränkungen wirtschaftlicher Tätigkeiten, haben tiefgreifende wirtschaftliche Auswirkungen.

Mit der Kurzarbeits- und der Arbeitslosenentschädigung (KAE, ALE) verfügt die Arbeitslosenversicherung (ALV) über wirksame und bewährte Instrumente zur raschen Stabilisierung von Beschäftigung und Einkommen. Die ALV nimmt damit eine wichtige Funktion als Konjunkturstabilisator wahr.

Zur Abfederung der Folgen der Bekämpfung von Covid-19 hat der Bundesrat mehrmals Begleitmassnahmen beschlossen, um die wirtschaftlichen Folgen der vom Bundesrat ausgesprochenen Verbote und Anordnungen für die betroffenen Unternehmen, Personen und Organisationen abzuschwächen und die Betroffenen möglichst unbürokratisch, gezielt und rasch zu unterstützen. Als eine der Begleitmassnahmen hat der Bundesrat am 20. März 2020 gestützt auf Artikel 185 Absatz 3 der Bundesverfassung (BV)2 die COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung3 erlassen und anschliessend zweimal ergänzt. Diese beinhaltet verschiedene befristete Massnahmen, darunter die Ausweitung der anspruchsberechtigten Kreise für KAE, Entlastungen für Unternehmen bei Antrag und Bezug von KAE oder zusätzliche Taggelder für arbeitslose Personen.

Aufgrund der starken Eindämmung des neuen Coronavirus kann der Bundesrat seit Ende April 2020 die getroffenen Massnahmen schrittweise aufheben und die Wirtschaft sowie das gesellschaftliche Leben etappenweise wieder öffnen. Die Mehrheit der Massnahmen der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung werden bis Ende August 2020 aufgehoben. Für Unternehmen besteht unabhängig davon die Möglichkeit, gestützt auf das geltende Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 19824 (AVIG) wegen Covid-19 KAE zu beantragen.

1 2 3 4

SR 818.101 SR 101 AS 2020 877 1075 1201 1777 SR 837.0

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1.2

Finanzielle Situation der Arbeitslosenversicherung

1.2.1

Auswirkungen von Covid-19 auf die Arbeitslosenversicherung

Die arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 und dessen Bekämpfung gehen in ihrer Intensität deutlich über bekannte konjunkturelle Schwankungen hinaus. Im April 2020 wurden für rund 36 Prozent aller angestellten Personen in der Schweiz KAE genehmigt (fast 1,9 Mio. Arbeitnehmende in rund 190 000 Betrieben). Die Zahl der Unternehmen mit KAE bleibt weiterhin hoch, auch wenn sich der Anstieg der Voranmeldungen abgeschwächt hat. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich bis Ende Mai 2020 deutlich auf 3,4 Prozent (Zunahme um 20 374 auf 155 998 Personen, Anstieg der Quote um 0,5 Prozentpunkte gegenüber März 2020). Im Juni ist die Arbeitslosenquote überraschend auf 3,2 Prozent zurückgegangen (Abnahme um 5709 Personen auf 150 289 Personen). Um saisonale Faktoren bereinigt stieg sie allerdings leicht auf 3,3 Prozent (nach 3,2 % im Mai 2020). Die aktuellen Konjunkturprognosen des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) vom 16. Juni 2020 gehen für 2020 von einem sehr starken Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP) aus. Auch 2021 dürfte sich die Wirtschaft nur langsam erholen. Die jahresdurchschnittliche Arbeitslosenquote für 2020 wird auf 3,8 Prozent geschätzt. Es wird erwartet, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nur zögerlich verbessert und die Beschäftigung 2021 nur geringfügig wachsen wird. Die prognostizierte Arbeitslosigkeit für 2021 beträgt 4,1 Prozent. Die Prognoseunsicherheit bleibt allerdings ausserordentlich gross.

Die Leistungen der ALV werden in einem noch nie dagewesenen Umfang in Anspruch genommen, und die ALV wird aktuell wie auch in absehbarer Zeit finanziell in einem bisher beispiellosen Ausmass gefordert sein. Obwohl die Massnahmen des Bundesrates zur Bekämpfung von Covid-19 schrittweise aufgehoben werden können, bleiben die Effekte auf die Finanzen der ALV stark negativ und wirken noch einige Zeit nach.

1.2.2

Finanzierungssystem der Arbeitslosenversicherung

Die ALV finanziert sich hauptsächlich durch die Beiträge der Versicherten (Arbeitgeber und Arbeitnehmende). Dazu kommt eine Beteiligung des Bundes und der Kantone an den Kosten für Vermittlung und arbeitsmarktliche Massnahmen. Gemäss Artikel 90a bzw. Artikel 92 Absatz 7bis AVIG beträgt der Beitrag des Bundes 0,159 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme (jener der Kantone 0,053 %). Die beitragspflichtige Lohnsumme beinhaltet alle Löhne und Lohnbestandteile bis zum maximal versicherten Verdienst von 148 200 Franken. Die Höhe der für das Jahr 2020 erwarteten beitragspflichtigen Lohnsumme beträgt 319 Milliarden Franken.

Die ALV schloss das Rechnungsjahr 2019 mit einem Gesamtertrag von 8,06 Milliarden Franken und Gesamtaufwendungen von insgesamt 6,5 Milliarden Franken ab.

Der Überschuss betrug 1,56 Milliarden Franken. Aufgrund des Überschusses konnten 2019 die Bundestresoreriedarlehen, resultierend aus den bis zur letzten Revision des AVIG im Jahr 2011 aufgelaufenen Schulden, restlos zurückbezahlt werden. Der Ausgleichsfonds der ALV war per Ende Dezember 2019 vollständig entschuldet.

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Mit der 3. Revision des AVIG5 wurde 2003 ein neues Finanzierungskonzept eingeführt, das einen Ausgleich von Einnahmen und Ausgaben über einen Konjunkturzyklus hinweg anstrebt. Aufgrund der starken Abhängigkeit der Aufwendungen der ALV von der Arbeitslosenzahl und somit von der Lage auf dem Arbeitsmarkt ist die Rechnung der ALV lediglich langfristig, nach Abschluss eines Konjunkturzyklus, im Ausgleich. Die ordentliche Finanzierung der ALV wird somit auf der Basis einer mittleren (d. h. konjunkturneutralen) Arbeitslosenzahl sichergestellt. Mit der 4. Gesetzesrevision6, die am 1. April 2011 in Kraft trat, wurde die konjunkturneutrale Arbeitslosenzahl neu festgelegt, damit die Versicherung langfristig im finanziellen Gleichgewicht bleibt. Diese Arbeitslosenzahl entspricht zurzeit rund 130 000 Arbeitslosen bzw. einer Arbeitslosenquote von 2,8 Prozent. In konjunkturellen Auf- und Abschwungphasen wird diese Zahl unter- bzw. überschritten. In einer guten Konjunkturphase soll die ALV Reserven aufbauen können, die sie in einer schlechten Konjunkturphase für ihre Leistungen an ihre Bezügerinnen und Bezüger nutzen kann. In einem Wirtschaftsabschwung kann die ALV Schulden aufbauen, die in der darauffolgenden guten Konjunkturphase abgebaut werden müssen.

Die ALV kennt eine Schuldenbremse. Gemäss Artikel 90c Absatz 1 AVIG muss der Bundesrat innerhalb eines Jahres eine Gesetzesrevision für eine Neuregelung der Finanzierung vorlegen, sobald der Schuldenstand des Ausgleichsfonds Ende Jahr 2,5 Prozent der von der Beitragspflicht erfassten Lohnsumme erreicht. Die Schuldenobergrenze beträgt für 2020 rund 8 Milliarden Franken (2,5 % von 319 Mrd. Fr.

ergibt 7,98 Mrd. Fr.). Zudem muss der Bundesrat vorgängig den Beitragssatz um höchstens 0,3 Lohnprozente erhöhen und den Lohnanteil ab dem Höchstbetrag des versicherten Verdienstes der Beitragspflicht unterstellen. Dieses Solidaritätsprozent wird gegenwärtig bereits erhoben. Die Erhöhung des Beitragssatzes müsste bereits auf den 1. Januar 2021 erfolgen, denn bei einer Änderung eines Lohnabzuges müssen die Lohnabrechnungssysteme der Arbeitgeber sowie das Abrechnungssystem der ALV via Ausgleichskassen der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) rechtzeitig angepasst werden. Aus diesen Gründen wurden Änderungen der Lohnprozentabzüge bisher immer auf den ersten Januar
und somit gültig für das folgende Jahr vorgenommen. Dies ist das für Unternehmen und die AHV-Ausgleichskassen administrativ einfachste Vorgehen.

Die Erhöhung des Beitragssatzes beträfe Arbeitgeber und Arbeitnehmende gleichermassen. Eine Erhöhung um 0,1 Prozentpunkte (0,05 für Arbeitgeber und 0,05 für Arbeitnehmende) würde der ALV rund 320 Millionen Franken zusätzliche Einnahmen bringen (Berechnung auf Basis der Einnahmen der ALV 20197). Eine gesetzlich maximal mögliche Erhöhung um 0,3 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent (0,15 für Arbeitgeber und 0,15 für Arbeitnehmende) würde zusätzliche Einnahmen von rund 960 Millionen Franken ergeben. Die Erhöhung der Lohnbeiträge ist vorgängig zur Erarbeitung einer Finanzierungsvorlage durch den Bundesrat vorzunehmen.

5 6 7

AS 2003 1728, BBl 2001 2245 AS 2011 1167, BBl 2008 7733 www.seco.admin.ch > Das SECO > Medienmitteilungen > Arbeitslosenversicherung erzielt im 2019 Überschuss ­ Corona-Krise verursacht im 2020 erneute Verschuldung

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Es ist der ALV im Prinzip möglich, Bundesdarlehen auch über die Schuldenobergrenze hinaus aufzunehmen, falls dies die Liquiditätssituation der ALV erfordert.

Die gesetzliche Schuldenobergrenze ist einzig für die Schuldenbremse der ALV relevant. Der Bund resp. die Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) kann der ALV unabhängig davon verzinsliche Bundesdarlehen gewähren. Für die Berechnung der gesetzlichen Schuldenobergrenze ist der per Ende Jahr bestehende Schuldenstand massgebend. Eine vorübergehende unterjährige Überschreitung der Schuldenobergrenze löst die Schuldenbremse nicht aus.

Analog der Schuldenobergrenze kennt die ALV auch eine Vermögensobergrenze des Eigenkapitals. Diese Vermögensobergrenze wird vergleichbar zur Schuldenobergrenze berechnet. Die Obergrenze des Eigenkapitals beträgt abzüglich des für den Betrieb notwendigen Betriebskapitals von 2 Milliarden Franken 2,5 Prozent der von der Beitragspflicht erfassten Lohnsumme. Für 2020 entspricht dies einer Obergrenze von rund 10 Milliarden Franken (2,5 % von 319 Mrd. Fr. ergibt 7,98 Mrd. Fr.

zuzüglich 2 Mrd. Fr. Betriebskapital). Wird diese Vermögensobergrenze erreicht, muss der Bundesrat gemäss Artikel 90c Absatz 2 AVIG innerhalb eines Jahres die Lohnbeitragssätze, den Bundesbeitrag sowie im gleichen Umfang die Beteiligung der Kantone senken. Von einer Senkung kann abgesehen werden, wenn aufgrund der Konjunkturaussichten ein unmittelbarer starker Anstieg der Arbeitslosigkeit zu erwarten ist.

Das durchschnittliche für den Betrieb notwendige Betriebskapital beträgt rund 2 Milliarden Franken. Dieses Kapital wird benötigt, damit die ALV ihren laufenden Verpflichtungen nachkommen kann. Ohne dieses Betriebskapital müsste die ALV für diesen Betrag Schulden aufnehmen, um ihren Bedarf an flüssigen Mitteln abzudecken, obschon sie buchhalterisch noch über Eigenkapital verfügt. Mit der Obergrenze für die Schulden und das Eigenkapital (abzüglich des für den Betrieb notwendigen Betriebskapitals) in Höhe von rund je 8 Milliarden Franken hat die ALV einen Spielraum von insgesamt 16 Milliarden Franken, bevor Massnahmen zur Neuregelung der Finanzierung der ALV ergriffen werden müssen. Innerhalb dieser Bandbreite kann die ALV ihre Rolle als Konjunkturstabilisator wahrnehmen. Diese Bandbreite steht der ALV aktuell nicht zur Verfügung, da seit der Entschuldung noch kein Eigenkapital aufgebaut werden konnte.

1.2.3

Aktuelle finanzielle Lage der Arbeitslosenversicherung

Die bundesrätlichen Verbote und Anordnungen im Zusammenhang mit der Covid-19-Epidemie führten direkt zu einem erheblichen Anstieg der Ausgaben für KAE. Auch die Leistungserweiterungen, die mit der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung vorgenommen wurden, hatten unmittelbar erhöhte Ausgaben zur Folge. Gemäss dem aktuellen Finanzplan der ALV werden sich allein die Kosten für KAE im Jahr 2020 auf bis zu 12,2 Milliarden Franken summieren.

Die Entwicklung der Arbeitslosenquote und damit der Ausgaben für ALE ist nur schwer abzuschätzen. Die Ausgaben für ALE werden für 2020 auf 8 Milliarden Franken geschätzt. Unter diesen dürften sich allein die Ausgaben für die mit 6690

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der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung umgesetzten zusätzlichen 120 Taggelder für 2020 auf bis zu 3,6 Milliarden Franken belaufen.

Es muss davon ausgegangen werden, dass die Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 und die Begleitmassnahmen des Bundesrates langanhaltende Auswirkungen auf die finanzielle Stabilität der ALV haben werden. Diese lassen sich im aktuellen Zeitpunkt nicht im Detail präzisieren, haben aber anhaltend negative finanzielle Konsequenzen wie die erwähnte Verlängerung der Taggelder. Aufgrund der noch unsicheren wirtschaftlichen Erholung ist aller Voraussicht nach damit zu rechnen, dass die ALV finanziell auch noch 2021 solche Kosten zu tragen haben wird.

Um die kurzfristigen finanziellen Auswirkungen der verschiedenen Covid-19Massnahmen auf die ALV abzufedern, hat der Bundesrat in der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung zur Sicherung der Liquidität der ALV die Rechtsgrundlage für einen ausserordentlichen Beitrag an den ALV-Fonds im Umfang von 6 Milliarden Franken geschaffen. Das Parlament hat diesen Betrag mit Beschluss über den Nachtragskredit I zum Voranschlag 2020 am 6. Mai 20208 gutgeheissen.

Trotz diesem ausserordentlichen Beitrag dürfte der per Ende 2019 schuldenfreie ALV-Fonds gemäss heutigen Prognosen Ende 2020 einen Schuldenstand von über 8 Milliarden Franken aufweisen. Damit würde die Schuldenbremse ausgelöst.

Es ist zu beachten, dass sich die Beurteilung der finanziellen Folgen für die ALV seit April 2020 geändert hat, die Problemlage aber weiterhin besteht. Im April 2020 musste aufgrund des massiven und raschen Anstiegs der Anträge auf KAE von einem deutlich pessimistischeren Verlauf der wirtschaftlichen Entwicklung ausgegangen werden. Auf der Grundlage dieses Anstiegs wurde ein zusätzlicher Finanzbedarf der ALV aufgrund von Covid-19 von über 20 Milliarden Franken erwartet.

An dieser Grundlage wurde die Höhe der beiden Nachtragskredite ausgerichtet.

Aufgrund der Konjunkturprognose vom 16. Juni 2020 wurde die Finanzplanung der ALV aktualisiert. Dank der Lockerung der gesundheitspolitischen Massnahmen haben sich die Prognosen aufgehellt, wodurch sich auch die Einschätzung der finanziellen Belastung der ALV verändert hat. Auch mit möglicherweise tieferen Ausgaben für KAE würde die ALV Ende 2020 die Schuldenobergrenze überschreiten. Der vom Parlament
über den Nachtragskredit verabschiedete Betrag von 14,2 Milliarden Franken, dessen gesetzliche Grundlage durch die vorliegende Gesetzesänderung geschaffen werden soll, ist somit als Maximalbetrag zu verstehen. Die Prognoseunsicherheit bleibt weiterhin ausserordentlich gross. Dies hängt einerseits mit der Unsicherheit über den Konjunkturverlauf zusammen, andererseits bleibt es aufgrund der zeitlich verzögerten Abrechnung unklar, in welchem Ausmass die Unternehmen bisher tatsächlich KAE beansprucht haben und wie lange sie noch auf das Instrument der KAE zurückgreifen werden.

In Abbildung 1 wird die aktuelle Einschätzung der finanziellen Lage der ALV (unter Berücksichtigung der bereits gewährten Zusatzfinanzierung von 6 Mrd. Fr. und der Konjunkturprognosen vom 16. Juni 2020) dargestellt.

8

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Abb. 1: Finanzielle Lage der ALV (Beträge in Mio. Fr.), Prognose für 2020 und 2021 Basisszenario (Konjunkturprognosen 16.06.20)

Arbeitslosenquote Arbeitslose Ertrag ordentlich Ertrag aus bereits geleisteter Zusatzfinanzierung Ertrag total Aufwand total Resultat Eigenkapital per 1. Januar Eigenkapital per 31. Dezember Tresoreriedarlehen Bestand 1. Januar Tresoreriedarlehen Aufnahme Tresoreriedarlehen Bestand 31. Dezember Im Aufwand total sind enthalten: ALE KAE

2020

2021

3,8 % 174 900 8 092 6 000 14 092 22 191 ­8 099

4,1 % 189 300 8 146 0 8 146 12 566 ­ 4 420

1 755 ­6 344

­ 6 344 ­10 764

0 8 100 8 100

8 100 4 400 12 500

8 025 12 200

8 775 1 400

Quelle: SECO

1.3

Handlungsbedarf und Ziele

Damit die Handlungsfähigkeit der ALV als Konjunkturstabilisator erhalten bleibt, ist eine Zusatzfinanzierung nötig. Um in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage eine prozyklisch wirkende Erhöhung der Lohnbeiträge zu vermeiden und die Kaufkraft dadurch nicht zu schwächen, soll der Bund einen weiteren ausserordentlichen Beitrag an die ALV leisten. Der starke Schuldenanstieg 2020 ist im Wesentlichen auf die hohe KAE zurückzuführen, verursacht durch die wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronaepidemie sowie den mit Covid-19 verbundenen behördlichen Massnahmen des Bundes. Der Bund soll daher 2020 eine Zusatzfinanzierung im Umfang der KAE für die Abrechnungsperioden 2020 leisten. Der vom Parlament im Rahmen des Nachtrags IIa zum Voranschlag 2020 am 11. Juni 20209 genehmigte Nachtragskredit von 14,2 Milliarden Franken bemisst sich an den auf Basis der Konjunkturprognosen des SECO vom 23. April 2020 geschätzten Kosten für KAE von bis zu 20,2 Milliarden Franken, abzüglich der bereits geleisteten ausserordentlichen Zusatzfinanzierung von 6 Milliarden Franken. Die Mittel sollen dem Fonds schrittweise und abgestimmt auf den effektiven Bedarf überwiesen werden. Zudem wird die rechtliche Grundlage geschaffen, damit der Bund die Arbeitslosenversicherung 2021 9

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nochmals unterstützen kann, sollte sich der Schuldenstand aufgrund der arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 erneut massiv verschlechtern.

1.4

Geprüfte Alternativen und gewählte Lösung

Um das absehbare finanzielle Ungleichgewicht der ALV aus den arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 und dessen Bekämpfung zu vermeiden, wurden mehrere Varianten geprüft.

1.4.1

Keine weitere Zusatzfinanzierung

Ohne Zusatzfinanzierung würde die ALV die Schuldenobergrenze überschreiten und die Schuldenbremse aktiviert. Damit würde eine umfassende Gesetzesrevision zur finanziellen Stabilisierung ausgelöst. Zudem müssten die Lohnbeiträge ab dem 1. Januar 2021 vorgängig um bis zu 0,3 Prozentpunkte auf 2,5 Prozent erhöht werden, was eine prozyklische Wirkung hätte.

Dies würde die aufgrund der ausserordentlichen Covid-19-Massnahmen bereits stark angestiegene Bundesschuld nicht weiter erhöhen. Diese Alternative wurde nicht weiterverfolgt, da damit eine rasche und langfristige finanzielle Stabilisierung der ALV ohne starke negative Effekte auf die Wirtschaft nicht möglich gewesen wäre.

Die ALV verfügt seit der letzten Revision des AVIG über ein ausgewogenes Finanzierungs- und Leistungssystem: Die Finanzen der ALV haben sich entlang dem vom Gesetzgeber bestimmten und an Konjunkturzyklen ausgerichteten Konzept zu entwickeln, die eine Verschuldung in konjunkturell schlechten Jahren und eine Entschuldung in konjunkturell guten Jahren vorsieht. Unter diesen Rahmenbedingungen kann die ALV konjunkturstabilisierend wirken. Das bewährte System würde aus dem Gleichgewicht gebracht, wenn eine weitgehende Revision des AVIG aufgrund eines ausserordentlichen Schocks, wie er mit der Covid-19-Krise erfolgt ist, durchgeführt werden müsste. Das Finanzierungssystem der ALV würde sich dadurch an einer ausserordentlichen Lage statt an der Konjunkturneutralität ausrichten.

Ein weiterer Grund, der gegen diese Alternative spricht, ist die Erhöhung der Lohnbeiträge. Die Erhöhung von Lohnprozenten zur Zusatzfinanzierung der ALV soll bei der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage möglichst vermieden werden. Die Erhöhung würde alle Beitragszahlenden und damit alle Arbeitgeber und Arbeitnehmenden direkt belasten. Sie würde die Kaufkraft aller angestellten Personen schwächen und die Lohnkosten der Unternehmen erhöhen. Eine Beitragserhöhung würde somit den Bestrebungen für eine rasche wirtschaftliche Erholung entgegenwirken.

Kann die ALV ihre Schulden nicht innerhalb eines Konjunkturzyklus abbauen, wäre ihre finanzielle Stabilität auch bei einer nächsten Wirtschaftskrise nicht mehr gesichert, und die von der ALV zu erbringenden Versicherungsleistungen wären in Gefahr. Trotz der durch die Erhöhung der Lohnbeiträge erhaltenen zusätzlichen Einnahmen von bis zu 960 Millionen Franken müsste der Bund die Liquidität der ALV für längere Zeit absichern. Auch bei einer raschen Gesetzesrevision mit höhe6693

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ren Lohnbeiträgen und möglichen Leistungskürzungen könnte die Rückzahlung der bestehenden Schulden der ALV mehrere Jahrzehnte dauern. In diesem Zeitraum wäre die Handlungsfähigkeit der ALV stark eingeschränkt.

1.4.2

Folgekosten der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 werden vom Bund finanziert

Als zweite Alternative wurde geprüft, ob der Bund die die ALV betreffenden Folgekosten der behördlichen Massnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 vollumfänglich übernehmen soll. Mit dieser Alternative würde der Bund alle Zusatzkosten übernehmen, die den behördlichen Massnahmen zugeordnet werden können. Diese Kosten können nicht als Teil eines normalen Konjunkturverlaufs angesehen werden, wodurch sie durch die ALV nicht vorhersehbar waren. Es würde sich hier für das Jahr 2020 um einen Beitrag von gut 20 Milliarden Franken handeln. Die Folgekosten beinhalten nach aktueller Einschätzung 12,2 Milliarden Franken für KAE und bis zu 8 Milliarden Franken für ALE. Dabei sind die Auswirkungen der bundesrätlichen Verbote und Anordnungen sowie die einzelnen Massnahmen der COVID-19Verordnung Arbeitslosenversicherung mitberücksichtigt.

Durch diese Zusatzfinanzierung könnten das Erreichen der Schuldenobergrenze und die Aktivierung der Schuldenbremse vermieden werden. Dazu müsste eine erste Zusatzfinanzierung im Jahr 2020 erfolgen, um das Erreichen der Schuldenobergrenze zu vermeiden. Die ALV behielte ihre Handlungsfähigkeit, um auf eine allfällige zweite Infektionswelle oder einen unverhofft starken und lang andauernden Wirtschaftseinbruch reagieren zu können. Sie könnte ihren aus gesamtwirtschaftlicher Sicht bedeutenden Beitrag zur Stabilisierung von Beschäftigung und Kaufkraft leisten. Es würde kein negativer Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung durch eine Erhöhung der Lohnbeiträge entstehen.

Auch diese Alternative wurde verworfen. Erstens würde die Covid-19-bedingte Neuverschuldung des Bundes deutlich stärker ansteigen, als wenn der Bund nur denjenigen Teil der Kosten trägt, der nötig ist, damit die Schuldenobergrenze der ALV nicht überschritten wird. Diese Schulden müssen gemäss geltender Ergänzungsregel zur Schuldenbremse wieder abgebaut werden, wodurch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler direkt belastet werden. Auch dies hat negative Folgen für die wirtschaftliche Erholung. Es ist auch nicht möglich, alle Zusatzkosten der bundesrätlichen Massnahmen präzise festzulegen, auch da langfristige Folgeeffekte abgewartet werden müssen. Weiter würde dies der grundsätzlichen Funktion der ALV widersprechen, da es Teil ihres Auftrags ist, in konjunkturell schwierigen Zeiten stabilisierend zu wirken und sich dafür auch zu verschulden.

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1.4.3

Bund übernimmt die Ausgaben der Kurzarbeitsentschädigung für die Abrechnungsperioden des Jahres 2020 und eine mögliche Zusatzfinanzierung für das Jahr 2021

Eine dritte Alternative wird als Lösung vorgeschlagen. Der Bund übernimmt zusätzlich zum ordentlichen Beitrag die Ausgaben der KAE für die Abrechnungsperioden des Jahres 2020. Das Parlament hat dafür im Rahmen von zwei Nachträgen zum Voranschlag 2020 bereits Mittel im Umfang von insgesamt 20,2 Milliarden Franken gesprochen. An den ALV-Fonds überwiesen werden nur die effektiv entstandenen Kosten aus der KAE. Gestützt auf die konjunkturellen Eckwerte vom Juni 2020 dürfte sich die Wirtschaft etwas rascher erholen als noch im April 2020 befürchtet.

Entsprechend dürften auch die 20,2 Milliarden Franken nicht vollumfänglich beansprucht werden.

Zudem wird die rechtliche Grundlage geschaffen, damit der Bund die ALV auch 2021 ausserordentlich unterstützen kann, sollte sich der Schuldenstand aufgrund der arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 erneut massiv verschlechtern. Indem diese Möglichkeit im Gesetz als Kann-Bestimmung ausgestaltet ist, wird es Aufgabe des Parlaments sein, in Kenntnis der Haushaltslage von Bund und ALV über eine mögliche weitere ausserordentliche Unterstützung im Jahr 2021 zu entscheiden. Das Parlament kann somit festlegen, ob es im Rahmen eines Nachtragskredits zum Voranschlag 2021 einen möglichen Zusatzbeitrag beschliesst oder ob es der Revision des AVIG, verbunden mit einer vorgängigen Erhöhung der Lohnbeiträge um höchstens 0,3 Prozent, den Vorzug gibt.

In Abbildung 2 wird die aktuelle Einschätzung der finanziellen Lage der ALV nach Umsetzung der vorgeschlagenen Lösung dargestellt.

Abb. 2: Finanzielle Lage der ALV mit weiterer Zusatzfinanzierung KAE Bund (Beträge in Mio. Fr.), Prognose für 2020 und 2021 Basisszenario (Konjunkturprognosen 16.06.20)

Arbeitslosenquote Arbeitslose Ertrag ordentlich Ertrag aus bereits geleisteter Zusatzfinanzierung Ertrag aus weiterer Zusatzfinanzierung Ertrag total Aufwand total Resultat Eigenkapital per 1. Januar Eigenkapital per 31. Dezember

2020

2021

3,8 % 174 900 8 092 6 000 6 200 20 292 22 191 ­1 899

4,1 % 189 300 8 146 0 0 8 146 12 566 ­4 420

1 755 ­ 144

­ 144 ­4 564

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Basisszenario (Konjunkturprognosen 16.06.20)

Tresoreriedarlehen Bestand 1. Januar Tresoreriedarlehen Aufnahme Tresoreriedarlehen Bestand 31. Dezember Im Aufwand total sind enthalten: ALE KAE

2020

2021

0 1 900 1 900

1 900 4 400 6 300

8 025 12 200

8 775 1 400

Quelle: SECO

Auch hier steigt die Verschuldung des Bundes an, allerdings in geringerem Umfang als bei der unter Ziffer 1.4.2 skizzierten Variante. Die ALV nimmt ihrerseits ihre Rolle als Konjunkturstabilisator wahr, indem sie sich erheblich verschuldet. Das rasche Erreichen der Schuldenobergrenze kann dennoch verhindert werden, und die ALV behält ihre Handlungsfähigkeit, um auf eine allfällige zweite Infektionswelle oder einen unverhofft starken und lang andauernden Wirtschaftseinbruch reagieren zu können. Die von der ALV zu erbringenden Versicherungsleistungen sind abgesichert. Die ALV kann ihren aus gesamtwirtschaftlicher Sicht bedeutenden Beitrag zur Stabilisierung von Beschäftigung und Kaufkraft weiterhin leisten. Es entsteht kein negativer Einfluss auf die Wirtschaftsentwicklung durch eine Erhöhung der Lohnbeiträge.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Ausgaben für KAE mit einer gewissen Zeitverschiebung präzise eruiert werden können. Bis Ende des ersten Semesters 2021 kann die ALV die definitiven Kosten für die Abrechnungsperioden 2020 feststellen. 2021 kann der Bund die ALV ausserordentlich unterstützen, falls der Fonds der ALV aufgrund der arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 auch Ende 2021 die Schuldenobergrenze zu überschreiten droht. Dies wird aber erst im Verlauf des Jahres 2021 sichtbar werden. Einen entsprechenden Finanzierungsbeschluss könnte das Parlament wie erwähnt im Rahmen eines Nachtrags zum Voranschlag 2021 beraten.

1.5

Verhältnis zur Legislaturplanung und zur Finanzplanung sowie zu Strategien des Bundesrates

Die Vorlage ist in der Botschaft vom 29. Januar 202010 zur Legislaturplanung 2019­ 2023 nicht angekündigt; es handelt sich um eine dringliche Gesetzesänderung, mit der der Bundesrat auf eine unvorhergesehene Notsituation reagiert. Die Gesetzesänderung entspricht jedoch den politischen Leitlinien der Legislaturplanung, den Wohlstand der Schweiz nachhaltig zu sichern.

10

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BBl 2020

1.6

Erledigung parlamentarischer Vorstösse

Mit der Vorlage werden keine parlamentarischen Vorstösse zur Abschreibung beantragt.

2

Vorverfahren und Vernehmlassungsverfahren

2.1

Vorverfahren und vorbereitende Entscheide

Die eidgenössischen Räte haben die Zusatzfinanzierung mit der Genehmigung des Nachtragskredits von 14,2 Milliarden Franken während der Sommersession 2020 im Rahmen des Nachtrags IIa behandelt und befürwortet. Die Zusatzfinanzierung steht der ALV aber erst zur Verfügung, wenn die eidgenössischen Räte die vorliegende Gesetzesrevision verabschiedet haben.

Zur Klärung des gesetzlichen Vorgehens zur Zusatzfinanzierung der ALV hat der Bundesrat vorgängig die zuständigen Kommissionen konsultiert, namentlich die Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats und des Nationalrats (SGK-S und SGK-N), die für das AVIG zuständig sind.

Die SGK-S sprach sich für zusätzliche Bundesmittel für den Ausgleichsfonds der ALV aus. Sie unterstützt eine dringliche Änderung des AVIG.

Aus staatspolitischen Überlegungen war die SGK-N der Meinung, dass eine gesetzliche Grundlage in einem regulären, wenn auch beschleunigten Verfahren geschaffen werden müsste. Der ausserordentliche Bundesbeitrag gemäss Nachtrag IIa könne dennoch bereits in der Sommersession 2020 genehmigt werden. Dies unter dem Vorbehalt, dass der Kredit bis zur Verabschiedung der gesetzlichen Grundlage in der Herbstsession 2020 gesperrt bleibt.

2.2

Vernehmlassungsverfahren

2.2.1

Vernehmlassungsvorlage

Am 1. Juli 2020 hat der Bundesrat die Vernehmlassung eröffnet. 11 In der Vernehmlassung begrüsst wurden die Kantone, die in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien, die gesamtschweizerischen Dachverbände der Gemeinden, Städte und Berggebiete sowie die gesamtschweizerischen Dachverbände der Wirtschaft. Zusätzlich wurden als interessierte Kreise die Mitgliedsorganisationen der Aufsichtskommission für den Ausgleichsfonds der ALV konsultiert. Gesamthaft wurden 62 Behörden und Organisationen zur Vernehmlassung eingeladen. Aufgrund der Dringlichkeit der Vorlage wurde die Vernehmlassung verkürzt durchgeführt und dauerte bis zum 15. Juli 2020.

11

BBl 2020 5938

6697

BBl 2020

2.2.2

Zusammenfassung der Ergebnisse der Vernehmlassung

Von den 62 zur Vernehmlassung eingeladenen Behörden und Organisationen haben 39 eine Stellungnahme eingereicht. Zudem sind zwei spontane Stellungnahmen eingegangen. Sämtliche Vernehmlassungsteilnehmenden begrüssen die Vorlage.

Eine deutliche Mehrheit der Kantone (23) unterstützt das Vorhaben vorbehaltslos.

Auch von den in der Bundesversammlung vertretenen politischen Parteien und den Dachverbänden wurde durchgehend Zustimmung geäussert. Im Allgemeinen wird die durch die Gesetzesänderung verfolgte Zusatzfinanzierung als eine zielführende und wirtschaftsfreundliche Lösung zur Finanzierung der durch Covid-19 ausgelösten Mehrkosten der ALV im Jahr 2020 erachtet. Zudem wird von vielen Teilnehmenden erwähnt, dass die andernfalls notwendige Erhöhung der Lohnbeiträge und die damit verbundenen negativen Folgen auf Wirtschaft und Gesellschaft unbedingt zu vermeiden seien.

Von den Vernehmlassungsteilnehmenden hat niemand die Vorlage abgelehnt. 37 der Teilnehmenden waren mit der vorgeschlagenen Lösung grundsätzlich einverstanden.

Davon waren 31 mit allen Änderungen vorbehaltlos einverstanden bzw. haben keine Änderungsvorschläge oder weitere Anliegen formuliert. Vier Teilnehmende der Vernehmlassung haben keine Beurteilung der Vorlage vorgenommen.

Zur Bestimmung über die Übernahme der KAE-Kosten für die Abrechnungsperioden 2020 durch den Bund (Art. 90a Abs. 2 VE-AVIG) gingen keine Änderungsvorschläge ein. Auch zur dringlichen Inkraftsetzung sowie zur Geltungsdauer wurden keine Änderungsanträge geäussert.

Betreffend die Bestimmung für den möglichen ausserordentlichen Bundesbeitrag für 2021 (Art. 90a Abs. 3 VE-AVIG) haben drei Vernehmlassungsteilnehmende den Antrag gestellt, die gewählte Kann-Formulierung durch eine verpflichtende Regelung zu ersetzen.12 Einige der Teilnehmenden haben die Möglichkeit genutzt, im Rahmen der Vernehmlassung zur Zusatzfinanzierung weitergehende Anliegen zur Ausgestaltung und Finanzierung der ALV zu äussern:

12 13 14 15

­

Grundlegende Prüfung der Finanzierung der ALV durch den Bundesrat mit dem Ziel, die ALV finanziell krisenresistenter zu machen.13

­

Erhöhung der ALE auf 100 Prozent des versicherten Verdienstes bei niedrigen Einkommen, zusätzliche Taggelder für Anspruchsberechtigte während der gesamten Dauer der Covid-19-Krise, Beibehaltung des Solidaritätsbeitrages auf Einkommen von über 148 200 Franken pro Jahr.14

­

Ermöglichung des Bezugs von KAE für gewisse, teilweise öffentlichrechtliche Institutionen insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Kultur und Kindertagesstätten.15 GPS, SPS und SGB SVP SPS Kanton Waadt

6698

BBl 2020

­

Prüfung einer Erhöhung der Lohnbeiträge, falls der Bund die ALV im Jahr 2021 erneut mit einem ausserordentlichen Beitrag unterstützen muss. 16

Für detaillierte Ausführungen und Eingaben formeller Natur wird auf den «Bericht über die Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens» verwiesen.17

2.2.3

Würdigung der Ergebnisse der Vernehmlassung

Aufgrund der Dringlichkeit der Vorlage wurde die Vernehmlassungsdauer verkürzt.

Die relativ hohe Zahl an Rückmeldungen, die trotz kurzer Frist eingetroffen sind, unterstreicht die Bedeutung der Gesetzesvorlage. Die Zusatzfinanzierung und das vorgeschlagene Vorgehen werden von allen Kantonen, Parteien und Organisationen, die an der Vernehmlassung teilgenommen haben, unterstützt. Keiner der Vernehmlassungsteilnehmenden hat sich gegen die vorgesehene Zusatzfinanzierung ausgesprochen. Die Vorlage, insbesondere die geplanten Gesetzesbestimmungen, können in Anbetracht der durchgehend positiven Rückmeldungen als unumstritten angesehen werden.

Der von drei Vernehmlassungsteilnehmenden (und damit von einer Minderheit) beantragten Anpassung, die Bestimmung zum ausserordentlichen Beitrag für 2021 als verpflichtende Regelung zu formulieren, kann nicht Rechnung getragen werden.

Der Bundesrat hält an der vorgeschlagenen Kann-Formulierung fest, da zum jetzigen Zeitpunkt nicht eingeschätzt werden kann, ob ein solcher ausserordentlicher Beitrag notwendig sein oder zum gegebenen Zeitpunkt als eine geeignete Lösung angesehen werden wird. Die Kann-Formulierung wurde gewählt, damit der Bundesrat und das Parlament einen möglichen ausserordentlichen Bundesbeitrag im Jahr 2021 in Kenntnis der finanziellen Lage von ALV und Bund beraten können. Dies bereits zum heutigen Zeitpunkt verpflichtend zu gestalten, wäre angesichts der fehlenden Informationen voreilig. Zudem soll im Sinne der Rechtsstaatlichkeit dem Bundesrat und dem Parlament die Möglichkeit eingeräumt werden, 2021 bei Bedarf über eine weitere Zusatzfinanzierung und deren Art und Weise zu entscheiden. Bei dieser Gelegenheit wäre es dem Bundesrat und dem Parlament auch möglich, über die Erhöhung der Lohnbeiträge zu beraten, wie es von einem Vernehmlassungsteilnehmenden vorgeschlagen wird. Ebenso könnte zu diesem Zeitpunkt eine grundlegende Prüfung der Finanzierung der ALV zur Erhöhung der Krisenresistenz erfolgen, wie es von einem weiteren Vernehmlassungsteilnehmenden angemerkt wird. Zum aktuellen Zeitpunkt erachtet der Bundesrat eine solche Prüfung nicht als zielführend, da mit der vorliegenden Gesetzesanpassung eine rasche Stabilisierung der ALV erreicht werden soll, die finanziell aufgrund aussergewöhnlicher wirtschaftlicher Umstände in bisher nicht bekanntem
Ausmass belastet wird.

Die weiteren Anliegen zur Ausgestaltung der Leistungen der ALV können nicht berücksichtigt werden, da sie keinen engen sachlichen Zusammenhang mit der

16 17

SBV www.admin.ch > Bundesrecht > Vernehmlassungen > Abgeschlossene Vernehmlassungen > 2020 > WBF

6699

BBl 2020

Vorlage aufweisen. Diese beschränkt sich auf die ausserordentliche Zusatzfinanzierung der ALV aufgrund der arbeitsmarktlichen Folgen der Covid-19-Krise.

Ergänzend kann festgehalten werden, dass der Solidaritätsbeitrag auf höhere Einkommen gegenwärtig bereits erhoben wird. Aufgrund der Entschuldung des Fonds per Ende 2019 wäre bei einer weiterhin positiven finanziellen Entwicklung eine Aufhebung des Solidaritätsbeitrags möglich gewesen. Dies erübrigt sich in der aktuellen finanziellen Lage des Fonds. Somit wird diese Forderung als erfüllt angesehen.

Basierend auf der Gesamtheit der eingegangenen Rückmeldungen und der grossmehrheitlichen Zustimmung für das Vorgehen des Bundesrates wird die Vorlage nach der Vernehmlassung materiell nicht angepasst.

3

Grundzüge der Vorlage

3.1

Die beantragte Neuregelung

Zur Sicherung der finanziellen Stabilität der ALV soll der Bund die Ausgaben für KAE in den Abrechnungsperioden des Jahres 2020 übernehmen. Dazu erfolgt eine erste Zusatzfinanzierung im Jahr 2020, um das Erreichen der Schuldenobergrenze auf Ende des Jahres 2020 zu vermeiden. Während des Jahres 2021 wird eine rückwirkende Abrechnung der KAE für 2020 vorgenommen. Zudem soll der Bund die ALV 2021 nochmals ausserordentlich unterstützen können, sollte sich der Schuldenstand aufgrund der arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 erneut massiv verschlechtern. Die vorgeschlagene Neuregelung erfolgt durch eine befristete Ergänzung von Artikel 90a AVIG.

3.2

Abstimmung von Aufgaben und Finanzen

Die Zusatzfinanzierung steht in direktem Zusammenhang mit der Bedeutung der ALV als Konjunkturstabilisator und als Garant von Einkommen und Kaufkraft in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Die ALV hat gemäss Artikel 114 Absatz 2 Buchstabe a BV den Auftrag, angemessenen Erwerbsersatz zu gewähren und Massnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu unterstützen. Bei ausserordentlichen Verhältnissen erbringen Bund und Kantone zusätzliche finanzielle Leistungen zur Unterstützung der ALV (Art. 114 Abs. 4 BV). Die Höhe der geleisteten KAE wird durch die gesetzlichen Vorgaben, ergänzt durch die Massnahmen der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung, geregelt. Durch die Abrechnung der geleisteten KAE für 2020 mit dem Bund im Folgejahr wird gewährleistet, dass ausserhalb der vorgeschlagenen Lösung keine weitere Zusatzfinanzierung der ALV für das Jahr 2020 erfolgt. Das Verhältnis zwischen Aufwand und Bedeutung der Vorlage ist vertretbar.

6700

BBl 2020

3.3

Umsetzungsfragen

Die vorgeschlagene Gesetzesanpassung bedarf keiner Präzisierung auf Verordnungsstufe.

Die Umsetzung erfolgt durch die Ausgleichsstelle der ALV im SECO und die EFV.

Im Rahmen ihrer Liquiditätsplanung stellt die Ausgleichsstelle sicher, dass die ALV jederzeit zahlungsfähig ist und ihre gesetzlich geschuldeten Leistungen ausrichten kann. Bei Bedarf werden bei der Bundestresorerie gestützt auf Artikel 90b AVIG Darlehen bezogen.

Für das Erreichen der Schuldenobergrenze ist der Stand der Schulden per 31. Dezember des Rechnungsjahres relevant. Zwischenzeitlich kann diese Obergrenze überschritten werden, ohne dass die Handlungsfähigkeit der ALV beeinträchtigt wird.

Die Bewilligung und die Auszahlung von KAE erfolgt durch die kantonalen Amtsstellen (Bewilligung) bzw. die Arbeitslosenkassen (Auszahlung). Es ist entscheidend, wie schnell die Gesuche auf KAE durch die kantonalen Amtsstellen genehmigt und wie rasch die Entschädigungen durch die Arbeitslosenkassen abgerechnet werden können. Ein Betrieb, der KAE erhält, ist verpflichtet, für jede einzelne Abrechnungsperiode (Monat) eine separate Abrechnung auf KAE bei der zuständigen Arbeitslosenkasse einzureichen. Dafür hat der Betrieb bis zu drei Monate Zeit.

Dies führt dazu, dass bei der vorgesehenen Abrechnung der KAE des Jahres 2020 zeitliche Verzögerungen eintreten und eine definitive Berechnung erst im Jahr 2021 möglich sein wird.

Aus diesen Gründen wird der in der Staatsrechnung 2020 verbuchte Sonderbeitrag an die ALV eine Schätzung sein und noch nicht exakt den effektiv geleisteten KAE entsprechen. Erst im Juni 2021 wird die definitive Schlussabrechnung der KAE der ALV des Jahres 2020 vorliegen. Sobald diese Summe feststeht, erfolgt die Bereinigung der ausserordentlichen Zusatzfinanzierung. Allfällige Schlusszahlungen könnten gestützt auf eine Kreditübertragung erfolgen, sofern der Gesamtbetrag von 20,2 Milliarden Franken nicht überschritten wird. Andernfalls wäre ein Nachtragskredit zum Voranschlag 2021 nötig. Fallen die Kosten für KAE 2020 tiefer aus als der von der ALV abgerufene Teil der ausserordentlichen Zusatzfinanzierung, leistet die ALV eine Rückerstattung an den Bund.

Den Umfang eines allfälligen ausserordentlichen Beitrags im Jahr 2021 könnte das Parlament im Rahmen eines Nachtrags zum Voranschlag 2021 festlegen. Die finale Abrechnung einer möglichen Zusatzfinanzierung für das Jahr 2021 würde bis zum Sommer 2022 stattfinden.

4

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

Art. 90a Abs. 2 E-AVIG Artikel 90a AVIG regelt die finanzielle Beteiligung des Bundes an der ALV. Gemäss Absatz 1 beträgt die ordentliche Beteiligung 0,159 Prozent der von der Bei6701

BBl 2020

tragspflicht erfassten Lohnsumme. Mit dem neuen Artikel 90a Absatz 2 E-AVIG wird die rechtliche Grundlage für eine ausserordentliche Beteiligung des Bundes geschaffen.

Beim ausserordentlichen Beitrag nach Absatz 2 handelt es sich um eine zusätzliche, auf das Jahr 2020 beschränkte Beteiligung des Bundes.

Gemäss Vorlage soll der Bund die Ausgaben der KAE für die Abrechnungsperioden des Jahres 2020 übernehmen. Der ausserordentliche Beitrag des Bundes wird auf die Kosten der ALV für die KAE für diese Abrechnungsperioden limitiert.

Art. 90a Abs. 3 E-AVIG Artikel 90a Absatz 3 E-AVIG bildet die rechtliche Grundlage für eine allfällige weitere ausserordentliche Unterstützung der ALV durch den Bund für das Jahr 2021.

Diese weitere Zusatzfinanzierung ist für den Fall vorgesehen, dass sich der Schuldenstand aufgrund der arbeitsmarktlichen Folgen von Covid-19 erneut massiv verschlechtern sollte. Voraussetzung für eine weitere Zusatzfinanzierung ist die voraussichtliche Überschreitung des Schuldenstandes per Ende 2021.

Die in Absatz 3 vorgesehene Überschreitung des Schuldenstandes von 2,5 Prozent der von der Beitragspflicht erfassten Lohnsumme entspricht der in Artikel 90c Absatz 1 AVIG statuierten Schuldenbremse. Eine weitere Zusatzfinanzierung für das Jahr 2021 würde erneut dazu dienen, die in Artikel 90c Absatz 1 AVIG statuierten Folgen einer Schuldenüberschreitung im Jahr 2021 zu verhindern. Träte eine Überschreitung der Schulden ein, so müsste der Bundesrat die Lohnbeitragssätze für die ALV erhöhen und innerhalb eines Jahres eine Gesetzesvorlage vorbereiten, die die Neuregelung der Finanzierung der ALV enthält.

Die Vorlage setzt ausdrücklich eine voraussichtliche Überschreitung des Schuldenstandes per Ende 2021 voraus, damit der Bund einen zusätzlichen ausserordentlichen Beitrag für das Jahr 2021 leisten kann. Es ist davon auszugehen, dass die ALV bis Ende des ersten Semesters 2021 eine Prognose betreffend des zu erwartenden Schuldenstandes gegen Ende 2021 vorlegen kann. Je nach Prognose ist eine weitere Zusatzfinanzierung nach Absatz 3 zu beantragen. Der Bundesrat kann im Falle einer voraussichtlichen Überschreitung eine weitere Zusatzfinanzierung beschliessen, die über einen Nachtragskredit dem Parlament vorgelegt werden muss. Es handelt sich daher in Absatz 3 bewusst um eine Kann-Formulierung. Damit
erhalten Bundesrat und Parlament die Möglichkeit, in Kenntnis der Haushaltslage von Bund und ALV über eine mögliche Zusatzfinanzierung zu entscheiden. Analog zur Zusatzfinanzierung für das Jahr 2020 würde eine ausserordentliche Zusatzfinanzierung für das Jahr 2021 im Jahr 2022 definitiv abgerechnet.

Des Weiteren sieht Absatz 3 vor, dass zwischen der voraussichtlichen Überschreitung der Schuldengrenze und der Covid-19-Epidemie ein Zusammenhang besteht.

Gemäss Artikel 114 Absatz 4 BV erbringen der Bund und die Kantone bei «ausserordentlichen Verhältnissen» zusätzliche finanzielle Leistungen an die ALV. Mit der Bezugnahme auf die Covid-19-Epidemie werden die aktuellen ausserordentlichen Verhältnisse im Gesetzestext statuiert. Die Nennung der Covid-19-Epidemie ist als Umstand und nicht als Voraussetzung zu verstehen. Das bedeutet: Es müssen keine

6702

BBl 2020

weiteren Voraussetzungen in diesem Zusammenhang geprüft werden und erfüllt sein.

Inkrafttreten und Geltungsdauer Artikel 165 BV ermächtigt das Parlament, Bundesgesetze, deren Inkrafttreten keinen Aufschub dulden, für dringlich zu erklären. Gefordert ist zeitliche und sachliche Dringlichkeit; es müssen daher nicht wiedergutzumachende Nachteile drohen, sollte das Gesetz nicht unverzüglich Geltung erlangen können.

Die Covid-19-Massnahmen haben sehr stark erhöhte Ausgaben der ALV zur Folge.

Gemäss dem aktuellen Finanzplan der ALV werden sich allein die Kosten für KAE im Jahr 2020 auf bis zu 12,2 Milliarden Franken summieren. Der ALV-Fonds dürfte daher per Ende 2020 einen Schuldenstand von über 8 Milliarden Franken aufweisen.

Damit würde die bestehende Schuldenbremse nach Artikel 90c Absatz 1 AVIG ausgelöst, was zur Folge hätte, dass der Bundesrat die Lohnbeiträge per 1. Januar 2021 erhöhen und eine Gesetzesreform zur finanziellen Stabilisierung der ALV innerhalb eines Jahres vorlegen müsste.

Um die finanzielle Lage und die Handlungsfähigkeit der ALV abzusichern und eine Belastung der Arbeitgeber und der Arbeitnehmenden durch erhöhte Lohnbeiträge zu verhindern, muss die Zusatzfinanzierung des Bundes vor Ende 2020 (vor Aktivierung der Schuldenbremse) umgesetzt werden. Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen bilden die rechtliche Grundlage für die Zusatzfinanzierung. Eine fristgerechte Umsetzung erfordert daher ein unmittelbares Inkrafttreten dieser Gesetzesänderungen nach Verabschiedung im Parlament während der Herbstsession 2020.

Dringliche Bundesgesetze sind aufgrund der Vorgabe von Artikel 165 Absatz 1 BV zu befristen. Die dringliche Gesetzänderung ist daher auf den 31. Dezember 2022 zu befristen. Es ist davon auszugehen, dass die ALV bis Ende des ersten Semesters 2021 eine Prognose betreffend des zu erwartenden Schuldenstandes gegen Ende 2021 vorlegen kann. Je nach Prognose ist eine weitere Zusatzfinanzierung nach Absatz 3 zu beantragen.

Koordination mit laufenden Gesetzesänderungen Der Bundesrat hat am 30. Oktober 2019 die Botschaft und den Vorentwurf für ein Bundesgesetz über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose (ÜLG) verabschiedet.18 Die Vorlage wurde in der Sommersession 2020 von beiden Räten angenommen.19 Damit wurde unter «Änderung anderer Erlasse» bereits ein Artikel 90a Absatz
2 AVIG geschaffen, mit dem der Beitrag des Bundes an den Fonds der ALV zur Förderung der Wiedereingliederung inländischer Arbeitskräfte für den Zeitraum von 2020 bis 2022 um 69,5 Millionen Franken pro Jahr erhöht werden soll. Diese bereits beschlossene Bestimmung soll mit der vorliegenden Vorlage nicht überschrieben werden. Die Redaktionskommission der eidgenössischen Räte wird je nach Inkrafttreten der bereits beschlossenen Änderung und der vorliegend beantragten Änderung eine Umnummerierung der Absätze vornehmen müssen.

18 19

BBl 2019 8251 BBl 2020 5519

6703

BBl 2020

5

Auswirkungen

5.1

Auswirkungen auf den Bund

Gestützt auf Artikel 90a AVIG beträgt der jährliche Beitrag des Bundes an die ALV 0,159 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme; dies entspricht derzeit gut 500 Millionen Franken pro Jahr.

Mit der vorliegenden Gesetzesänderung wird der Bund im Jahr 2020 einen zusätzlichen Beitrag im Umfang der Kosten der KAE für die Abrechnungsperioden Januar ­ Dezember 2020 leisten. Die Kosten für KAE für das Jahr 2020 werden auf insgesamt bis zu 12,2 Milliarden Franken geschätzt (Stand Juni 2020). Gestützt auf Artikel 8 der COVID-19-Verordnung Arbeitslosenversicherung und mit dem von den eidgenössischen Räten im Rahmen des Nachtrags I zum Voranschlag 2020 genehmigten Kredit hat der Bund bereits einen zusätzlichen Beitrag von 6 Milliarden Franken an die ALV überwiesen. Die vorliegende Gesetzesänderung führt daher gemäss aktuellen Schätzungen zu einer entsprechenden Mehrbelastung des Bundes von bis zu 6,2 Milliarden Franken. Die eidgenössischen Räte haben in der Sommersession 2020 einen entsprechenden Nachtragskredit in der Höhe von 14,2 Milliarden Franken genehmigt. Dieser Betrag ist als Maximalbetrag zu verstehen. Die Mittel sollen dem ALV-Fonds ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der vorliegenden Gesetzesänderung und abgestimmt auf den effektiven Bedarf überwiesen werden. Wie bereits unter Ziffer 3.3 erläutert, werden die finanziellen Auswirkungen erst im Sommer 2021 exakt quantifiziert werden können.

Es ist indes nicht völlig auszuschliessen, dass Nachwirkungen der Covid-19Epidemie auch 2021 noch zu einer Überschreitung der Schuldenobergrenze der ALV führen können. Artikel 90a Absatz 3 E-AVIG sieht daher vor, dass der Bund auch für das Jahr 2021 einen ausserordentlichen Beitrag an die ALV leisten kann, sollte sich abzeichnen, dass der Schuldenstand der ALV Ende 2021 die Schuldenobergrenze überschreiten wird. Indem dieser Artikel als Kann-Bestimmung ausgestaltet ist, wird es Aufgabe des Parlaments sein, dies zu entscheiden.

Die Vorlage hat keine personellen Auswirkungen auf den Bund.

5.2

Auswirkungen auf die Kantone

Der jährliche Beitrag der Kantone an die ALV im Umfang von 0,053 Prozent der beitragspflichtigen Lohnsumme oder rund 170 Millionen Franken pro Jahr (Art. 92 Abs. 7bis AVIG) bleibt unverändert.

5.3

Auswirkungen auf die Arbeitslosenversicherung

Ziel des ausserordentlichen Zusatzbeitrags des Bundes an die ALV ist es, die infolge von Covid-19 entstandene Verschuldung der ALV innerhalb eines Konjunkturzyklus so zu reduzieren, dass die ALV die nächste Krise aus eigener Kraft meistern kann.

Gleichzeitig soll in der aktuellen wirtschaftlichen Lage ein Erreichen der Schulden6704

BBl 2020

obergrenze verbunden mit einer Erhöhung der Lohnbeiträge vermieden werden. Das finanzielle Gleichgewicht der ALV und deren Liquidität werden sichergestellt. Die ALV kann ihre Funktion als Konjunkturstabilisator weiterhin wahrnehmen. Die Zusatzfinanzierung schützt vor höheren Abgaben an die ALV und sichert Leistungen für Arbeitnehmende (wie ALE) und Arbeitgeber (wie KAE) auf absehbare Zeit.

Die Vorlage hat keine personellen Auswirkungen auf die ALV oder deren Durchführungsstellen.

5.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Zusatzfinanzierung sichert die finanzielle Stabilität der ALV. Damit trägt sie zur Stabilisierung der Konjunktur bei. Arbeitgeber und Arbeitnehmende werden vor höheren Abgaben geschützt, was zur wirtschaftlichen Erholung nach der Covid-19Krise beiträgt. Durch die Aktivierung der Schuldenbremse würden Arbeitgeber und Arbeitnehmende jährlich mit je bis zu fast einer halben Milliarde Franken zusätzlich belastet. Dieser Betrag würde nicht mehr für Konsum und Investitionen zur Verfügung stehen. Die Vorlage hat keinen negativen Einfluss auf die Lohnkosten, die unter Umständen mit entsprechenden Preiserhöhungen an Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben werden könnten. Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird erhalten. Die ALV wird weiterhin in der Lage sein, Ersatzeinkommen in der gleichen Höhe und Dauer auszurichten, wodurch die Kaufkraft gewahrt wird.

Mit dem Instrument der KAE können Arbeitsplätze nachhaltig erhalten werden.

Hingegen wird die Zusatzfinanzierung die Steuerzahlenden auf Bundesebene entsprechend belasten.

5.5

Andere Auswirkungen

Es ist offensichtlich, dass die Vorlage keine weiteren Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden, urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete, Volkswirtschaft, Gesellschaft und Umwelt hat, sodass solche nicht eingehender geprüft wurden.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit und Erlassform

Die Vorlage stützt sich primär auf die Artikel 114 Absätze 1 und 4 BV. Absatz 1 gibt dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung im Bereich der ALV. Absatz 4 sieht vor, dass der Bund und die Kantone bei ausserordentlichen Verhältnissen finanzielle Leistungen an die ALV erbringen. Mit der Bezugnahme auf die Covid19-Epidemie werden die aktuellen ausserordentlichen Verhältnisse im Gesetzestext der Vorlage statuiert.

6705

BBl 2020

Ausgehend von Gegenstand, Inhalt und Tragweite der vorgesehenen Änderungen ist es aufgrund von Artikel 164 Absatz 1 BV notwendig, die anzupassenden und neuen Bestimmungen in der Form eines Bundesgesetzes zu erlassen. Artikel 165 BV ermächtigt das Parlament, Bundesgesetze, deren Inkrafttreten keinen Aufschub dulden, für dringlich zu erklären. Ein solches Gesetz ist zu befristen. Aufgrund ihrer Dringlichkeit sind die vorgesehenen Änderungen im AVIG nach Artikel 165 Absatz 1 BV unmittelbar nach ihrer Verabschiedung durch das Parlament in Kraft zu setzen. Die dringliche Gesetzesänderung soll bis am 31. Dezember 2022 befristet werden. Da somit das hier beantragte Gesetz länger als ein Jahr gelten soll, untersteht es dem fakultativen Referendum (Art. 141 Abs. 1 Bst. b BV). Sollte dazu die Volksabstimmung verlangt werden, so würde es ein Jahr nach Inkrafttreten ausser Kraft treten, wenn es nicht innerhalb dieser Frist vom Volk angenommen wird.

6.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Die Vorlage ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Sie hat keine Auswirkungen auf das Übereinkommen Nr. 168 der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) vom 21. Juni 198820 über Beschäftigungsförderung und den Schutz gegen Arbeitslosigkeit, das von der Schweiz am 17. Oktober 1990 ratifiziert worden ist. Die Vorlage hat ebenfalls keine Auswirkungen auf das Übereinkommen vom 4. Januar 196021 zur Errichtung der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) sowie auf das Abkommen vom 21. Juni 199922 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA), aufgrund deren die Schweiz äquivalente Bestimmungen zu den Koordinierungsbestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 883/200423 und Nr. 987/200924 erlässt.

6.3

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Der zusätzliche Beitrag des Bundes an die ALV im Umfang der Kosten für die KAE im Abrechnungsjahr 2020 führt zu einer einmaligen Subvention von schätzungsweise bis zu maximal 20,2 Milliarden Franken. Nach Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b 20 21 22 23

24

SR 0.822.726.8 SR 0.632.31 SR 0.142.112.681 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der für die Schweiz verbindlichen Fassung gemäss Anhang II FZA (SR 0.142.112.681) bzw.

Anlage 2 von Anhang K EFTA (SR 0.632.31). Eine konsolidierte (nicht verbindliche) Fassung der Verordnung ist in der SR 0.831.109.268.1 publiziert.

Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, in der für die Schweiz verbindlichen Fassung gemäss Anhang II FZA (SR 0.142.112.681) bzw. Anlage 2 von Anhang K EFTA (SR 0.632.31). Eine konsolidierte (nicht verbindliche) Fassung der Verordnung ist in der SR 0.831.109.268.11 publiziert.

6706

BBl 2020

BV bedürfen Subventionsbestimmungen, die neue einmalige Ausgaben von mehr als 20 Millionen Franken nach sich ziehen, der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte. Artikel 90a Absatz 2 E-AVIG ist daher der Ausgabenbremse zu unterstellen.

Der finanzielle Mehrbedarf von Artikel 90a Absatz 3 E-AVIG kann aus heutiger Sicht nicht quantifiziert werden. Es ist aber wahrscheinlich, dass er, falls er zur Anwendung kommen würde, ebenfalls zu einmaligen Mehrausgaben von über 20 Millionen Franken führen würde. Daher ist auch Artikel 90a Absatz 3 der Ausgabenbremse zu unterstellen.

6.4

Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und des Prinzips der fiskalischen Äquivalenz

Bund und Kantone beteiligen sich mit ihren ordentlichen Beiträgen an die ALV zusammen ungefähr zur Hälfte an den Kosten für die Arbeitsvermittlung und für arbeitsmarktliche Massnahmen, wobei der Bundesbeitrag mit 0,159 Prozent der von der Beitragspflicht erfassten Lohnsumme rund dreimal so hoch ausfällt wie der Kantonsbeitrag (0,053 %). Die Erwerbsersatzleistungen werden durch Lohnbeiträge finanziert. Der ausserordentliche Bundesbeitrag an die Kosten der KAE betrifft eine Erwerbsersatzleistung und entlastet damit die Beitragszahlenden. Die Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen bleibt unverändert; die Prinzipien der Subsidiarität und der fiskalischen Äquivalenz werden nicht tangiert.

6.5

Einhaltung der Grundsätze des Subventionsgesetzes

Die KAE ist ein zentrales Instrument zur Konjunkturstabilisierung. Der rasche und unkomplizierte Zugang zu KAE verbunden mit einer gezielten Erweiterung der Anspruchsberechtigung und mit Vereinfachungen beim Verfahren leistet einen wesentlichen Beitrag zur Abfederung der wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid19-Krise und dient zum Erhalt von Arbeitsplätzen. Mit der vorliegenden Gesetzesgrundlage für einen ausserordentlichen Bundesbeitrag an die ALV soll verhindert werden, dass die ALV in einer wirtschaftlich schwierigen Situation ihre Schuldenobergrenze erreicht.

Der Bundesbeitrag wird schrittweise und abgestimmt auf die durch die KAE entstandenen Kosten an den Fonds der ALV überwiesen. So ist sichergestellt, dass der Bund für 2020 lediglich die Kosten der KAE übernimmt. Die Schlusszahlung wird gestützt auf eine Kreditübertragung erst im ersten Semester 2021 in Kenntnis der effektiv erfolgten Abrechnungen erfolgen können.

Da es sich um eine einmalige Unterstützung des Bundes in den Jahren 2020 und allenfalls 2021 handelt, ist die gesetzliche Grundlage bis Ende 2022 zu befristen.

6707

BBl 2020

6.6

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Mit der Vorlage werden keine neuen Delegationen an den Bundesrat eingeführt.

6.7

Datenschutz

Die Vorlage hat keine Auswirkungen auf datenschutzrechtliche Regelungen.

6708

BBl 2020

Abkürzungsverzeichnis AHV

Alters- und Hinterlassenenversicherung

ALE

Arbeitslosentschädigung

ALV

Arbeitslosenversicherung (nach AVIG)

AS

Amtliche Sammlung des Bundesrechts

AVIG

Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung (Arbeitslosenversicherungsgesetz); SR 837.0

BBl

Bundesblatt

BV

Bundesverfassung; SR 101

E-AVIG

Mit dieser Botschaft vorgelegter Entwurf der Änderung des AVIG

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

EFTA

Europäischen Freihandelsassoziation

EG

Europäische Gemeinschaft

EpG

Bundesgesetz vom 28. September 2012 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz); SR 818.101

FZA

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen); SR 0.142.112.681

GPS

Grüne Partei der Schweiz

IAO

Internationale Arbeitsorganisation

KAE

Kurzarbeitsentschädigung

SBV

Schweizer Bauernverband

SECO

Staatssekretariat für Wirtschaft

SGB

Schweizerischer Gewerkschaftsbund

SGK-N

Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats

SGK-S

Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats

SPS

Sozialdemokratische Partei der Schweiz

SR

Systematische Sammlung des Bundesrechts (Systematische Rechtssammlung)

SVP

Schweizerische Volkspartei

ÜLG

Bundesgesetz vom 19. Juni 2020 über Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose, BBl 2020 5519

6709

BBl 2020

VE-AVIG

Am 1. Juli 2020 in die Vernehmlassung geschickter Vorentwurf der Änderung des AVIG

WBF

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung

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