Ablauf der Referendumsfrist: 10. April 2021 (1. Arbeitstag: 12. April 2021)

Schweizerisches Zivilgesetzbuch (Erbrecht) Änderung vom 18. Dezember 2020 Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 29. August 20181, beschliesst: I Das Zivilgesetzbuch2 wird wie folgt geändert: Art. 120 Abs. 2 und 3 2

Geschiedene Ehegatten haben zueinander kein gesetzliches Erbrecht.

Unter Vorbehalt einer abweichenden Anordnung können Ehegatten keine Ansprüche aus Verfügungen von Todes wegen erheben: 3

1.

nach der Scheidung;

2.

nach dem Tod eines Ehegatten während eines Scheidungsverfahrens, das den Verlust des Pflichtteilsanspruchs des überlebenden Ehegatten bewirkt.

Art. 216 Abs. 2 und 3 2

Die über die Hälfte hinaus zugewiesene Beteiligung am Vorschlag wird bei der Berechnung der Pflichtteile des überlebenden Ehegatten oder eingetragenen Partners, der gemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht hinzugerechnet.

Eine solche Vereinbarung darf die Pflichtteilsansprüche der nichtgemeinsamen Kinder und deren Nachkommen nicht beeinträchtigen.

3

1 2

BBl 2018 5813 SR 210

2018-1537

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Art. 217 Abs. 2 Dies gilt auch bei Auflösung des Güterstands durch Tod, wenn ein Scheidungsverfahren hängig ist, das den Verlust des Pflichtteilsanspruchs des überlebenden Ehegatten bewirkt.

2

Art. 241 Abs. 4 Unter Vorbehalt einer abweichenden Anordnung im Ehevertrag gelten die Vereinbarungen über eine andere Teilung im Todesfall nicht, wenn ein Scheidungsverfahren hängig ist, das den Verlust des Pflichtteilsanspruchs des überlebenden Ehegatten bewirkt.

4

Art. 470 Abs. 1 Wer Nachkommen, den Ehegatten, die eingetragene Partnerin oder den eingetragenen Partner hinterlässt, kann bis zu deren Pflichtteil über sein Vermögen von Todes wegen verfügen.

1

Art. 471 II. Pflichtteil

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs.

Art. 472

III. Verlust des Pflichtteilsanspruchs im Scheidungsverfahren

Ist beim Tod des Erblassers ein Scheidungsverfahren hängig, so verliert der überlebende Ehegatte seinen Pflichtteilsanspruch, wenn: 1

1.

das Verfahren auf gemeinsames Begehren eingeleitet oder nach den Vorschriften über die Scheidung auf gemeinsames Begehren fortgesetzt wurde; oder

2.

die Ehegatten mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben.

In einem solchen Fall gelten die Pflichtteile, wie wenn der Erblasser nicht verheiratet wäre.

2

Die Absätze 1 und 2 gelten bei Verfahren zur Auflösung einer eingetragenen Partnerschaft sinngemäss.

3

Art. 473 IV.

Nutzniessung

Unabhängig von einer allfälligen Verfügung über den verfügbaren Teil kann der Erblasser dem überlebenden Ehegatten, der überlebenden eingetragenen Partnerin oder dem überlebenden eingetragenen Partner durch Verfügung von Todes wegen gegenüber den gemeinsamen Nachkommen die Nutzniessung am ganzen ihnen zufallenden Teil der Erbschaft zuwenden.

1

Diese Nutzniessung tritt an die Stelle des dem Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder dem eingetragenen Partner neben diesen 2

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Nachkommen zustehenden gesetzlichen Erbrechts. Neben dieser Nutzniessung beträgt der verfügbare Teil die Hälfte des Nachlasses.

Heiratet der überlebende Ehegatte wieder oder begründet er eine eingetragene Partnerschaft, so entfällt die Nutzniessung auf jenem Teil der Erbschaft, der im Zeitpunkt des Erbgangs nach den ordentlichen Bestimmungen über den Pflichtteil der Nachkommen nicht hätte mit der Nutzniessung belastet werden können. Diese Bestimmung gilt sinngemäss, wenn die überlebende eingetragene Partnerin oder der überlebende eingetragene Partner eine neue eingetragene Partnerschaft begründet oder heiratet.

3

Art. 476 3. Versicherung und gebundene Selbstvorsorge

Ist ein auf den Tod des Erblassers gestellter Versicherungsanspruch, einschliesslich eines solchen Anspruchs aus der gebundenen Selbstvorsorge, mit Verfügung unter Lebenden oder von Todes wegen zugunsten eines Dritten begründet oder bei Lebzeiten des Erblassers unentgeltlich auf einen Dritten übertragen worden, so wird der Rückkaufswert des Versicherungsanspruchs im Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu dessen Vermögen hinzugerechnet.

1

Ebenfalls zum Vermögen des Erblassers hinzugerechnet werden Ansprüche von Begünstigten aus der gebundenen Selbstvorsorge des Erblassers bei einer Bankstiftung.

2

Art. 494 Abs. 3 Verfügungen von Todes wegen und Zuwendungen unter Lebenden, mit Ausnahme der üblichen Gelegenheitsgeschenke, unterliegen jedoch der Anfechtung, soweit sie: 3

1.

mit den Verpflichtungen aus dem Erbvertrag nicht vereinbar sind, namentlich wenn sie die erbvertraglichen Begünstigungen schmälern; und

2.

im Erbvertrag nicht vorbehalten worden sind.

Art. 522 B. Herabsetzungsklage I. Voraussetzungen 1. Im Allgemeinen

Die Erben, die dem Werte nach weniger als ihren Pflichtteil erhalten, können die Herabsetzung der folgenden Erwerbungen und Zuwendungen verlangen, bis der Pflichtteil hergestellt ist: 1

1.

der Erwerbungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge;

2.

der Zuwendungen von Todes wegen;

3.

der Zuwendungen unter Lebenden.

Enthält eine Verfügung von Todes wegen Bestimmungen über die Teile der gesetzlichen Erben, so sind sie als blosse Teilungsvorschrif2

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ten aufzufassen, wenn kein anderer Wille des Erblassers aus der Verfügung ersichtlich ist.

Art. 523 2. Pflichtteilsberechtigte

Bei pflichtteilsberechtigten Erben werden Erwerbungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge und Zuwendungen von Todes wegen im Verhältnis der Beträge herabgesetzt, die ihren Pflichtteil übersteigen.

Art. 529

4. Versicherung und gebundene Selbstvorsorge

Versicherungsansprüche auf den Tod des Erblassers, einschliesslich solcher Ansprüche aus der gebundenen Selbstvorsorge, die durch Verfügung unter Lebenden oder von Todes wegen zugunsten eines Dritten begründet oder bei Lebzeiten des Erblassers unentgeltlich auf einen Dritten übertragen worden sind, unterliegen der Herabsetzung mit ihrem Rückkaufswert.

1

Ebenfalls der Herabsetzung unterliegen Ansprüche von Begünstigten aus der gebundenen Selbstvorsorge des Erblassers bei einer Bankstiftung.

2

Art. 532 III.

Durchführung

Der Herabsetzung unterliegen wie folgt der Reihe nach, bis der Pflichtteil hergestellt ist: 1

1.

die Erwerbungen gemäss der gesetzlichen Erbfolge;

2.

die Zuwendungen von Todes wegen;

3.

die Zuwendungen unter Lebenden.

Die Zuwendungen unter Lebenden werden wie folgt der Reihe nach herabgesetzt: 2

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1.

die der Hinzurechnung unterliegenden Zuwendungen aus Ehevertrag oder Vermögensvertrag;

2.

die frei widerruflichen Zuwendungen und die Leistungen aus der gebundenen Selbstvorsorge, im gleichen Verhältnis;

3.

die weiteren Zuwendungen, und zwar die späteren vor den früheren.

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II Die Änderung anderer Erlasse wird im Anhang geregelt.

III 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Ständerat, 18. Dezember 2020

Nationalrat, 18. Dezember 2020

Der Präsident: Alex Kuprecht Die Sekretärin: Martina Buol

Der Präsident: Andreas Aebi Der Sekretär: Pierre-Hervé Freléchoz

Datum der Veröffentlichung: 31. Dezember 20203 Ablauf der Referendumsfrist: 10. April 2021

3

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Anhang (Ziff. II)

Änderung anderer Erlasse Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert:

1. Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 20044 Art. 25 Abs. 2 Aufgehoben Art. 31 Abs. 2 Unter Vorbehalt einer abweichenden Anordnung kann die Partnerin oder der Partner keine Ansprüche aus Verfügungen von Todes wegen erheben: 2

1.

nach der gerichtlichen Auflösung der Partnerschaft;

2.

nach dem Tod der Erblasserin oder des Erblassers während eines Auflösungsverfahrens, das den Verlust des Pflichtteilsanspruchs der überlebenden Partnerin oder des überlebenden Partners bewirkt.

2. Bundesgesetz vom 25. Juni 19825 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge Art. 82

Gleichstellung anderer Vorsorgeformen

Arbeitnehmer und Selbstständigerwerbende können Beiträge für weitere, ausschliesslich und unwiderruflich der beruflichen Vorsorge dienende, anerkannte Vorsorgeformen abziehen. Als solche Vorsorgeformen gelten: 1

a.

die gebundene Selbstvorsorge bei Versicherungseinrichtungen;

b.

die gebundene Selbstvorsorge bei Bankstiftungen.

Der Bundesrat legt in Zusammenarbeit mit den Kantonen die Abzugsberechtigung für Beiträge nach Absatz 1 fest.

2

Er regelt die Einzelheiten der anerkannten Vorsorgeformen, insbesondere bestimmt er den Kreis und die Reihenfolge der Begünstigten. Er legt fest, inwieweit der Vorsorgenehmer die Reihenfolge der Begünstigten ändern und deren Ansprüche näher bezeichnen kann; die vom Vorsorgenehmer getroffenen Anordnungen bedürfen der Schriftform.

3

4 5

SR 211.231 SR 831.40

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Die aus einer anerkannten Vorsorgeform Begünstigten haben einen eigenen Anspruch auf die ihnen daraus zugewiesene Leistung. Die Versicherungseinrichtung oder die Bankstiftung zahlt diese den Begünstigten aus.

4

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