Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele

Entwurf

(JSFVG) vom ...

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 95 Absatz 1 der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 11. September 20202, beschliesst:

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Art. 1

Zweck

Mit diesem Gesetz sollen Minderjährige vor Inhalten in Filmen und Videospielen geschützt werden, die ihre körperliche, geistige, psychische, sittliche oder soziale Entwicklung gefährden können.

Art. 2 1

Persönlicher Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt für: a.

Akteurinnen in den Bereichen Film und Videospiele, im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit; und

b.

Anbieterinnen von Plattformdiensten, im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit.

Für Anbieterinnen von Geldspielen gelten ausschliesslich die Bestimmungen des Geldspielgesetzes vom 29. September 20173.

2

Art. 3

Sachlicher Geltungsbereich

Dieses Gesetz gilt nicht für Werbefilme und von einer Redaktion gestaltete Beiträge.

1

SR ...

1 SR 101 2 BBl 2020 8203 3 SR 935.51 2019-3650

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Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele. BG

BBl 2020

Für Fernsehprogramme schweizerischer Programmveranstalter nach Artikel 2 Buchstabe d des Bundesgesetzes vom 24. März 20064 über Radio und Fernsehen (RTVG), für das zeitversetzte Fernsehen nach Artikel 61a RTVG5 sowie für das übrige publizistische Angebot der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft im Sinne von Artikel 25 Absatz 3 Buchstabe b RTVG gelten ausschliesslich die Bestimmungen des RTVG.

2

Art. 4

Gegenstand

Dieses Gesetz regelt für den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele: a.

die Vorgaben für die Alterskennzeichnung, die Inhaltsdeskriptoren und die Alterskontrolle;

b.

die Massnahmen bei Plattformdiensten;

c.

die Anforderungen an die Jugendschutzregelungen, das Verfahren zu deren Verbindlicherklärung sowie die subsidiäre Regelung durch den Bundesrat;

d.

die Zuständigkeiten für den Vollzug sowie die Aufsicht und die Koordination.

Art. 5

Begriffe

In diesem Gesetz bedeuten:

4 5

a.

Akteurin im Bereich Film oder Videospiele: natürliche oder juristische Person, die Filme oder Videospiele herstellt, verleiht, vertreibt oder damit handelt, Anbieterin von audiovisuellen Trägermedien oder eines Abrufdienstes sowie Veranstalterin;

b.

Anbieterin: natürliche oder juristische Person, die Konsumentinnen und Konsumenten Filme oder Videospiele zugänglich macht;

c.

Veranstalterin: natürliche oder juristische Person, die Konsumentinnen und Konsumenten Filme oder Videospiele an öffentlichen Anlässen zugänglich macht;

d.

Abrufdienst: Dienst oder abtrennbarer Teil eines Dienstes, dessen Hauptzweck darin besteht, von der Anbieterin ausgewählte Filme oder Videospiele zum Abruf für die Allgemeinheit bereitzustellen, wobei die Konsumentinnen und Konsumenten den Zeitpunkt des Abrufs selbst wählen können;

e.

Plattformdienst: Dienst oder abtrennbarer Teil eines Dienstes, dessen Hauptzweck darin besteht, der Allgemeinheit eine elektronische Plattform bereitzustellen, auf die die Nutzerinnen und Nutzer selbst Filme oder Videospiele hochladen und von der sie diese abrufen können, wobei die Anbieterin des Plattformdienstes die Organisation der nutzergenerierten Inhalte bestimmt, aber keine redaktionelle Verantwortung für diese Inhalte trägt;

SR 784.40 BBl 2019 2619, hier 2641

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f.

BBl 2020

Inhaltsdeskriptoren: Piktogramme, die die Art der Inhalte beschreiben, welche die Entwicklung von Minderjährigen gefährden können.

2. Kapitel: Filme und Videospiele, die auf audiovisuellen Trägermedien, an öffentlichen Anlässen und über Abrufdienste zugänglich gemacht werden 1. Abschnitt: Alterskennzeichnung und -kontrolle Art. 6

Alterskennzeichnung und Inhaltsdeskriptoren

Anbieterinnen von audiovisuellen Trägermedien und von Abrufdiensten dürfen Filme und Videospiele nur zugänglich machen, wenn das erforderliche Mindestalter (Alterskennzeichnung) sowie die Inhaltsdeskriptoren gut sichtbar angegeben sind.

1

Veranstalterinnen müssen die Alterskennzeichnung und die Inhaltsdeskriptoren von Filmen und Videospielen an den Ticketverkaufsstellen und am Veranstaltungsort gut sichtbar anbringen.

2

Bei Filmen und Videospielen, die keine Inhalte enthalten, welche die Entwicklung von Minderjährigen gefährden können, sind keine Inhaltsdeskriptoren anzugeben.

3

Art. 7

Alterskontrolle durch Anbieterinnen von audiovisuellen Trägermedien und durch Veranstalterinnen

Anbieterinnen von audiovisuellen Trägermedien und Veranstalterinnen müssen bei Minderjährigen eine Alterskontrolle durchführen. Hat die minderjährige Person nicht das erforderliche Mindestalter, so müssen sie ihr den Zugang zum Film oder Videospiel verweigern.

1

2

6

Es gelten folgende Ausnahmen: a.

Veranstalterinnen dürfen einer minderjährigen Person einen Film oder ein Videospiel, der oder das ihr aufgrund ihres zu jungen Alters nicht zugänglich gemacht werden dürfte, unter Vorbehalt von Artikel 197 Absatz 1 des Strafgesetzbuches6 zugänglich machen, wenn: 1. sie in Begleitung einer volljährigen Person ist, die mindestens zehn Jahre älter ist als sie; 2. sie das erforderliche Mindestalter um höchstens zwei Jahre unterschreitet; und 3. der Film oder das Videospiel nicht erst für volljährige Personen freigegeben ist.

b.

Veranstalterinnen von Videospielturnieren dürfen eine minderjährige Person an einem Turnier teilnehmen lassen, bei dem ein Videospiel gespielt wird, das der minderjährigen Person aufgrund ihres zu jungen Alters nicht zugäng-

SR 311.0

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lich gemacht werden dürfte, sofern die schriftliche Einwilligung einer Inhaberin oder eines Inhabers der elterlichen Sorge vorliegt.

Art. 8

Alterskontrolle durch Anbieterinnen von Abrufdiensten

Anbieterinnen von Abrufdiensten müssen geeignete Massnahmen treffen, damit Minderjährige keinen Zugang zu Inhalten haben, für die sie das erforderliche Mindestalter nicht haben.

1

2

Solche Massnahmen müssen mindestens beinhalten: a.

die Einrichtung und den Betrieb eines Systems zur Alterskontrolle vor der erstmaligen Nutzung des Dienstes;

b.

die Bereitstellung eines Systems zur elterlichen Kontrolle.

Erheben die Anbieterinnen von Abrufdiensten im Rahmen der Massnahmen nach den Absätzen 1 und 2 Daten von Minderjährigen, so dürfen sie diese ausschliesslich für die Alterskontrolle verwenden.

3

4

Der Bundesrat regelt die Anforderungen an die Systeme nach Absatz 2.

2. Abschnitt: Verbindlicherklärung von Jugendschutzregelungen Art. 9

Grundsatz

Für den Bereich Film und für den Bereich Videospiele kann je eine von einer Organisation der jeweiligen Akteurinnen (Jugendschutzorganisation) erlassene Regelung zum Jugendschutz (Jugendschutzregelung) auch für die Akteurinnen, die nicht Mitglieder dieser Organisation sind, für verbindlich erklärt werden.

Art. 10

Anforderungen an die Jugendschutzorganisationen

Eine Jugendschutzregelung kann für verbindlich erklärt werden, wenn die Jugendschutzorganisation: 1

a.

den Jugendschutz im jeweiligen Bereich als Hauptzweck hat;

b.

allen Akteurinnen des jeweiligen Bereichs offensteht;

c.

repräsentativ für ihren jeweiligen Bereich zusammengesetzt ist;

d.

gesamtschweizerisch tätig ist;

e.

eine Anlaufstelle eingesetzt hat, die Anfragen und Beanstandungen bei der Anwendung der Jugendschutzregelung behandelt;

f.

für die Erarbeitung der Jugendschutzregelung Expertinnen und Experten beigezogen hat.

Der Bundesrat regelt die Anforderungen an die Repräsentativität der Jugendschutzorganisationen nach Absatz 1 Buchstabe c.

2

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Art. 11

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Allgemeine Anforderungen an die Jugendschutzregelungen

Die Jugendschutzregelung muss mindestens folgende Elemente umfassen: a.

anzuwendendes Altersklassifizierungssystem;

b.

Regeln zur Alterskennzeichnung, zur Alterskontrolle, zum Umgang mit Werbung und Trailern, die in Zusammenhang mit einem Film oder einem Videospiel zugänglich gemacht werden, und zum Umgang mit Filmen oder Videospielen, die bereits vor dem Inkrafttreten der Jugendschutzregelung auf dem Markt waren;

c.

Regeln zu Inhaltsdeskriptoren, es sei denn die Aufnahme von Inhaltsdeskriptoren in die Jugendschutzregelung bringt einen unverhältnismässigen Aufwand für die Jugendschutzorganisation oder die Akteurinnen des jeweiligen Bereichs mit sich;

d.

die Pflicht, Filme oder Videospiele, die bisher nicht mit einem Altersklassifizierungssystem eingestuft wurden, besonders zu bezeichnen und so zu behandeln, als wären sie in der höchsten Altersstufe eingestuft;

e.

Bezeichnung einer Anlaufstelle für den Jugendschutz;

f.

Möglichkeit für jede Person, das für einen bestimmten Film oder ein bestimmtes Videospiel festgelegte Mindestalter oder die Nichteinhaltung der Jugendschutzregelung bei der Anlaufstelle zu beanstanden;

g.

Art der Information der Öffentlichkeit über die Inhalte der Jugendschutzregelung;

h.

Kontrolle der Umsetzung der Jugendschutzregelung durch die Jugendschutzorganisation, insbesondere mithilfe von Testkäufen oder Testeintritten oder über die Eröffnung von Testkonten;

i.

Massnahmen bei Verstössen gegen die Jugendschutzregelung durch Akteurinnen, die Mitglieder der Jugendschutzorganisation sind;

j.

Verteilung der Kosten für die Erarbeitung und die Umsetzung der Jugendschutzregelung.

Art. 12

Altersklassifizierungssysteme

Jede Jugendschutzregelung muss ein Altersklassifizierungssystem festlegen, das den aktuellen Erkenntnissen in Bezug auf den Jugendschutz Rechnung trägt.

1

2

Das Altersklassifizierungssystem muss vorsehen: a.

einheitliche Kriterien für die Klassifizierung aller Filme beziehungsweise Videospiele;

b.

mindestens fünf verschiedene Altersstufen, wobei die höchste zwingend ein Zugänglichmachen nur für volljährige Personen vorsieht.

Die Jugendschutzorganisation muss dafür sorgen, dass das Altersklassifizierungssystem angepasst wird, wenn dies aufgrund von neuen Erkenntnissen erforderlich ist.

3

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Art. 13

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Anlaufstellen für den Jugendschutz und Beanstandungen

Die Anlaufstelle der Jugendschutzorganisation behandelt Beanstandungen bei Filmen beziehungsweise Videospielen und beantwortet Anfragen in Bezug auf den Jugendschutz.

1

2

Beanstandungen sind schriftlich einzureichen und zu begründen.

Die Anlaufstelle muss die Beanstandung innerhalb von 30 Tagen behandeln. Sie muss der beanstandenden Person die Ergebnisse ihrer Abklärungen schriftlich mitteilen und sie über die weiteren Schritte informieren.

3

Sie muss dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) einmal jährlich Bericht erstatten über Anzahl, Inhalt und Ergebnisse der behandelten Beanstandungen sowie über allfällige Massnahmen nach Artikel 11 Buchstabe i, welche die jeweilige Jugendschutzorganisation aufgrund von Beanstandungen getroffen hat.

4

Das BSV kann jederzeit Einsicht in sämtliche Unterlagen verlangen, die im Zusammenhang mit den Beanstandungen stehen.

5

Die Behandlung von Beanstandungen und die Beantwortung von Anfragen ist kostenlos.

6

Art. 14

Antrag auf Verbindlicherklärung der Jugendschutzregelung

Die Verbindlicherklärung einer Jugendschutzregelung geschieht auf Antrag der Jugendschutzorganisation.

1

Der Antrag ist schriftlich beim BSV einzureichen. Die Jugendschutzregelung ist dem Antrag in allen Amtssprachen beizulegen.

2

Art. 15

Prüfung der Jugendschutzregelung

Das BSV prüft, ob die Jugendschutzregelung die Anforderungen nach den Artikeln 10­13 erfüllt.

1

2

Es konsultiert die Kantone und zieht externe Expertinnen und Experten bei.

Erachtet es die Anforderungen nach den Artikeln 10­13 als erfüllt, so übermittelt es dem Bundesrat den Antrag auf Verbindlicherklärung.

3

Erachtet es die Anforderungen nach den Artikeln 10­13 als nicht erfüllt, so weist es sie an die Jugendschutzorganisation zurück.

4

Art. 16

Verbindlicherklärung und Veröffentlichung der Jugendschutzregelung

Der Bundesrat entscheidet über den Antrag auf Verbindlicherklärung der Jugendschutzregelung.

1

Er bestimmt, auf welche Bestimmungen der Jugendschutzregelung sich die Verbindlicherklärung erstreckt. Bestimmungen über Massnahmen bei Verstössen werden nicht für verbindlich erklärt.

2

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Für verbindlich erklärte Jugendschutzregelungen werden im Bundesblatt veröffentlicht. Im Schweizerischen Handelsamtsblatt wird ein Hinweis auf die Verbindlicherklärung veröffentlicht.

3

Art. 17

Widerruf und Hinfälligkeit der Verbindlicherklärung

Genügt eine für verbindlich erklärte Jugendschutzregelung den Anforderungen dieses Gesetzes nicht mehr, so widerruft der Bundesrat die Verbindlicherklärung.

Der Widerruf wird im Bundesblatt veröffentlicht.

1

Die Verbindlicherklärung der Jugendschutzregelung ist hinfällig, wenn die betroffene Jugendschutzorganisation eine Änderung der Jugendschutzregelung in Kraft setzt, ohne dass der Bundesrat diese Änderung für verbindlich erklärt hat.

2

3. Abschnitt: Subsidiäre Regelung durch den Bundesrat Art. 18 Der Bundesrat kann eine Jugendschutzregelung zu den Elementen nach Artikel 11 Buchstaben a­h für den Bereich Film oder den Bereich Videospiele erlassen, wenn: 1

a.

keine Jugendschutzregelung für verbindlich erklärt ist, frühestens aber zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes;

b.

die Verbindlicherklärung widerrufen wurde oder hinfällig geworden ist.

Er kann Dritte mit der Kontrolle der Umsetzung der Jugendschutzregelung und mit der Einrichtung einer Anlaufstelle beauftragen.

2

3. Kapitel: Filme und Videospiele, die über Plattformdienste zugänglich gemacht werden Art. 19 Die Anbieterinnen von Plattformdiensten müssen geeignete Massnahmen treffen, damit Minderjährige vor für sie ungeeigneten Inhalten geschützt werden.

1

2

Solche Massnahmen müssen mindestens beinhalten: a.

die Einrichtung und den Betrieb eines Systems zur Alterskontrolle vor der erstmaligen Nutzung des Dienstes;

b.

die Einrichtung und den Betrieb eines Systems, mit dem die Nutzerinnen und Nutzer dem Plattformdienst Inhalte melden können, die für Minderjährige nicht geeignet sind.

Erheben die Anbieterinnen von Plattformdiensten im Rahmen der Massnahmen nach den Absätzen 1 und 2 Daten von Minderjährigen, so dürfen sie diese ausschliesslich für die Alterskontrolle verwenden.

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4

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Der Bundesrat regelt die Anforderungen an die Systeme nach Absatz 2.

4. Kapitel: Tests Art. 20

Testkäufe und Testeintritte

Die Jugendschutzorganisationen, die Kantone und das BSV können im Rahmen ihrer jeweiligen Aufsichtsaufgaben Testkäufe und Testeintritte durchführen oder von Fachorganisationen durchführen lassen.

1

Als Testkauf gilt die Beschaffung oder die versuchte Beschaffung eines audiovisuellen Trägermediums durch eine minderjährige Person, das dieser nicht zugänglich gemacht werden dürfte, im Auftrag von Behörden, von Jugendschutzorganisationen oder von Fachorganisationen.

2

Als Testeintritt gilt der Zutritt oder der versuchte Zutritt zu einem öffentlichen Anlass durch eine minderjährige Person, zu dem diese nicht zugelassen werden dürfte, im Auftrag von Behörden, von Jugendschutzorganisationen oder von Fachorganisationen.

3

Art. 21

Eröffnung eines Testkontos

Die Jugendschutzorganisationen und das BSV können im Rahmen ihrer jeweiligen Aufsichtsaufgaben Testkonten bei Abrufdiensten eröffnen oder eröffnen lassen.

1

Das BSV kann im Rahmen seiner Aufsichtsaufgaben Testkonten bei Plattformdiensten eröffnen oder eröffnen lassen.

2

Als Eröffnung eines Testkontos gilt die Eröffnung oder der Versuch der Eröffnung eines Kontos bei einem Abruf- oder Plattformdienst, um zu testen, ob die vorgeschriebenen altersbezogenen Zugangsbeschränkungen vorhanden sind.

3

Art. 22 1

Koordination der Tests

Das BSV koordiniert seine Testkäufe mit denjenigen der Kantone.

Die Jugendschutzorganisationen müssen ihre Tests der zuständigen Aufsichtsbehörde vorgängig ankünden.

2

Art. 23

Verwertung der Testergebnisse in Strafverfahren

In Strafverfahren dürfen nur Erkenntnisse verwendet werden, die bei durch Bund und Kantone angeordneten Tests gewonnen wurden.

1

2

Die Tests müssen wie folgt durchgeführt worden sein: a.

Die Tests wurden von den Behörden selbst oder von durch sie beauftragten Fachorganisationen durchgeführt.

b.

Die Minderjährigen und die Inhaberinnen und Inhaber der elterlichen Sorge haben der Teilnahme an den Tests schriftlich zugestimmt.

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c.

Die zuständige Behörde oder die Fachorganisation hat festgestellt, dass die Minderjährigen: 1. sich für den vorgesehenen Einsatz eignen; und 2. hinreichend darauf vorbereitet wurden.

d.

Die Minderjährigen haben ihren Einsatz anonym geleistet und wurden dabei von einer volljährigen Person beaufsichtigt.

e.

Es wurden keine Massnahmen getroffen, die das wahre Alter der Minderjährigen verschleiern.

f.

Die Tests wurden umgehend protokolliert und dokumentiert.

Art. 24

Ausführungsbestimmungen zu den Tests

Der Bundesrat regelt insbesondere: a.

die Beaufsichtigung der Fachorganisationen;

b.

die Einzelheiten betreffend die Rekrutierung, die Vorbereitung, die Begleitung und den Persönlichkeitsschutz der Minderjährigen;

c.

die Anforderungen an die Protokollierung und die Dokumentation der durchgeführten Tests;

d.

die Rückmeldungen an die betroffenen Anbieterinnen und Veranstalterinnen.

5. Kapitel: Aufsicht und Koordination Art. 25

Aufsichtsaufgaben der Jugendschutzorganisationen

Die Jugendschutzorganisationen müssen die Einhaltung ihrer jeweiligen Jugendschutzregelung beaufsichtigen; sie haben bei Verstössen gegen die Jugendschutzregelung durch Mitglieder die darin vorgesehenen Massnahmen anzuwenden.

Art. 26

Aufsichtsaufgaben der Kantone

Jeder Kanton ist zuständig für die Aufsicht über die Einhaltung der Pflichten betreffend die Alterskennzeichnung, die Inhaltsdeskriptoren und die Alterskontrolle durch Anbieterinnen von audiovisuellen Trägermedien und Veranstalterinnen, die Filme oder Videospiele auf seinem Kantonsgebiet zugänglich machen.

1

Die Kantone erstatten dem BSV jährlich Bericht über ihre Aufsichtstätigkeit und die nach den Artikeln 32­34 verhängten Strafen.

2

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Art. 27

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Aufsichts- und Koordinationsaufgaben des BSV

Das BSV ist zuständig für die Aufsicht über die Einhaltung der Pflichten betreffend: 1

a.

die Alterskennzeichnung, die Inhaltsdeskriptoren und die Alterskontrolle durch Anbieterinnen von audiovisuellen Trägermedien, die Filme oder Videospiele im Internet zugänglich machen;

b.

die Alterskennzeichnung, die Inhaltsdeskriptoren, das System zur Alterskontrolle sowie das System zur elterlichen Kontrolle bei Abrufdiensten;

c.

das System zur Alterskontrolle und das System zur Meldung von für Minderjährige nicht geeigneten Inhalte bei Plattformdiensten.

Es nimmt Meldungen von Personen entgegen, die mit den Ergebnissen der Abklärungen der Anlaufstelle zu einer Beanstandung nicht einverstanden sind.

2

Es sorgt für den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den involvierten Stellen.

3

Es beaufsichtigt und koordiniert den Vollzug dieses Gesetzes durch die Kantone.

Zu diesem Zweck kann es den Kantonen im Hinblick auf einen einheitlichen Vollzug bestimmte Massnahmen vorschreiben.

4

6. Kapitel: Jahresberichte und Evaluation Art. 28

Jahresberichte

Das BSV veröffentlicht jährlich einen Bericht mit Angaben über die Aufsichtstätigkeit des Bundes und der Kantone sowie über die von den Kantonen nach den Artikeln 32­34 verhängten Strafen.

1

Die Jugendschutzorganisationen veröffentlichen jährlich einen Bericht mit Angaben über: 2

a.

ihre Kontrolltätigkeit;

b.

Massnahmen, die sie bei Verstössen durch ihre Mitglieder ergriffen haben;

c.

durch die Anlaufstellen behandelte Beanstandungen.

Art. 29

Evaluation und Berichterstattung an den Bundesrat

Das BSV evaluiert unter Beizug der Kantone und externer Expertinnen und Experten regelmässig die Wirksamkeit der Massnahmen zum Jugendschutz nach diesem Gesetz.

1

Es erstattet dem Bundesrat alle fünf Jahre Bericht über die Ergebnisse der Evaluation.

2

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7. Kapitel: Finanzierung Art. 30

Kostenteilung

Die Akteurinnen in den Bereichen Film und Videospiele, die Anbieterinnen von Plattformdiensten, der Bund und die Kantone tragen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich die Kosten für den Vollzug dieses Gesetzes. Vorbehalten bleibt die Erhebung von Gebühren nach Artikel 31.

1

Die Akteurinnen in den Bereichen Film und Videospiele, die nicht Mitglieder der jeweiligen Jugendschutzorganisation sind, müssen sich an den Kosten beteiligen, die der Jugendschutzorganisation bei der Erarbeitung und Umsetzung der verbindlich erklärten Jugendschutzregelung entstehen.

2

Erlässt der Bundesrat gestützt auf Artikel 18 Vorschriften für einen Bereich, so verpflichtet er die Akteurinnen des jeweiligen Bereichs zur Beteiligung an den Durchführungskosten.

3

Art. 31

Gebühren

Der Bundesrat legt die Gebühren fest für Tests, die vom BSV durchgeführt werden, sowie die Höchstgrenze für die Gebühren, die die Kantone für die Durchführung von Tests erheben dürfen.

1

2

Für Tests, die zu keinen Beanstandungen führen, werden keine Gebühren erhoben.

8. Kapitel: Strafbestimmungen Art. 32

Übertretungen

Mit Busse bis zu 40 000 Franken wird bestraft, wer einen Film oder ein Videospiel zugänglich macht und es dabei vorsätzlich unterlässt: 1

a.

die Alterskennzeichnung und die Inhaltsdeskriptoren gut sichtbar anzubringen (Art. 6);

b.

eine Alterskontrolle durchzuführen (Art. 7) oder ein System zur Alterskontrolle einzurichten oder zu betreiben (Art. 8 Abs. 2 Bst. a und 19 Abs. 2 Bst. a);

c.

ein System zur elterlichen Kontrolle bereitzustellen (Art. 8 Abs. 2 Bst. b);

d.

ein System zur Meldung von für Minderjährige nicht geeigneten Inhalte einzurichten oder zu betreiben (Art. 19 Abs. 2 Bst. b).

Mit Busse bis zu 40 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich Daten von Minderjährigen für Zwecke ausserhalb der Alterskontrolle verwendet (Art. 8 Abs. 3 und Art. 19 Abs. 3).

2

3

Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

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Art. 33

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Widerhandlung in Geschäftsbetrieben

Die Strafbestimmungen über Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben nach den Artikeln 6 und 7 des Bundesgesetzes vom 22. März 19747 über das Verwaltungsstrafrecht gelten auch für die kantonalen Behörden.

Art. 34 1

Strafverfolgung

Übertretungen nach Artikel 32 werden von den Kantonen verfolgt und beurteilt.

Das BSV kann der zuständigen kantonalen Strafverfolgungsbehörde Übertretungen anzeigen, die es im Rahmen seiner Aufsicht feststellt.

2

9. Kapitel: Schlussbestimmungen Art. 35

Vorschriften der Kantone

Die Kantone passen ihre Gesetze innert zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes an.

Art. 36

Vollzug

Die Kantone vollziehen dieses Gesetz, soweit der Vollzug nicht dem Bund übertragen ist.

Art. 37

Ausführungsbestimmungen

Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.

Art. 38

Referendum und Inkrafttreten

1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

7

SR 313.0

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