19.069 Botschaft zur Genehmigung und Umsetzung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens vom 6. Dezember 2019
Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Genehmigung und die Umsetzung des Abkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens, mit dem Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland sowie des Anwaltsgesetzes.
Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.
6. Dezember 2019
Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ueli Maurer Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr
2019-2461
1029
Übersicht Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens schützt die unter dem Freizügigkeitsabkommen erworbenen Ansprüche und Anwartschaften von britischen und schweizerischen Staatsangehörigen. Es wurde am 25. Februar 2019 in Bern unterzeichnet. Die Umsetzung des Abkommens bedingt Änderungen des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland sowie des Anwaltsgesetzes.
Ausgangslage In der Referendumsabstimmung vom 23. Juni 2016 sprachen sich 51,9 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (EU) aus, den sogenannten Brexit. Die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU werden auf das Vereinigte Königreich nach dessen Austritt aus der EU nicht mehr anwendbar sein.
Im Oktober 2016 setzte sich der Bundesrat zum Ziel, die Rechte und Pflichten, die gegenwärtig in den Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich gelten, nach dessen Austritt aus der EU so weit als möglich zu bewahren und allenfalls die Beziehungen auszubauen («Mind the Gap»-Strategie). Entsprechend dieser Strategie haben die Schweiz und das Vereinigte Königreich Verhandlungen aufgenommen mit dem Ziel, die geltende Rechtsgrundlage so weit wie möglich zu ersetzen. Im Migrationsbereich betrifft dies das Freizügigkeitsabkommen (FZA).
Wenn ein Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zustande kommt, tritt das vorliegende Abkommen am Ende der zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich vereinbarten Übergangszeit in Kraft. Kommt kein Austrittsabkommen zustande, so ist das Abkommen ab dem Zeitpunkt des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU vorläufig anwendbar.
Inhalt der Vorlage Das vorliegende Abkommen deckt die drei Anhänge zum FZA ab: die Freizügigkeit (Anhang I), die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Anhang II) und die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen (Anhang III). Es übernimmt die Bestimmungen des FZA, ohne die darin genannten Rechte zu erweitern und ohne neue Rechte zu schaffen.
Bei gewissen Punkten
in Bezug auf die Personenfreizügigkeit (Anhang I) ist es restriktiver als das FZA und verweist auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften.
Dies gilt insbesondere für den Nachzug des künftigen Ehegatten oder der künftigen Ehegattin, die Erlangung des Daueraufenthaltsstatus, den rechtsbegründenden Charakter der Aufenthaltsbewilligung, die neu geschaffene Möglichkeit einer systematischen Überprüfung des Strafregisters, die Beschränkung des Aufenthaltsrechts nach
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innerstaatlichem Recht und die Dienstleistungserbringung. In Bezug auf die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Anhang II) sind die erworbenen Ansprüche und Anwartschaften gesichert, auch wenn gewisse Anpassungen nötig sind, falls das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlässt. Im Bereich der gegenseitigen Anerkennung von Berufsqualifikationen (Anhang III) sind die erworbenen Ansprüche gewährleistet. Es ist eine Übergangszeit von vier Jahren für die Sicherung der Anwartschaften vorgesehen. Danach gelangt das nationale Recht zur Anwendung.
Das Abkommen schützt die Rechte von schweizerischen und britischen Staatsangehörigen, die während der Zeit, in der das FZA anwendbar war, von ihrem Recht auf Personenfreizügigkeit Gebrauch gemacht haben. Es ist hingegen nicht anwendbar auf britische und schweizerische Staatsangehörige, die nach dem Wegfall des FZA zwischen den beiden Staaten in den jeweils anderen Staat einreisen, sich dort aufhalten oder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen möchten. Diese Personen fallen unter ein befristetes Abkommen über die Zulassung zum Arbeitsmarkt, für das eine separate Botschaft vorgesehen ist.
Das Abkommen ist Teil der schweizerischen Rechtsordnung und muss nicht umgesetzt werden, um landesrechtlich Geltung zu erlangen. Die Umsetzung des Abkommens bedingt einige Gesetzesänderungen. Der Bundesrat schlägt Änderungen von zwei Bundesgesetzen vor: dem Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland und dem Anwaltsgesetz. Durch die Änderungen lassen sich die britischen Staatsangehörigen in der Schweiz, die unter den Geltungsbereich dieses Abkommens fallen, besser von anderen britischen Staatsangehörigen unterscheiden.
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Inhaltsverzeichnis Übersicht
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1
Ausgangslage 1.1 Handlungsbedarf und Ziele 1.2 Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen 1.3 Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates
1034 1034 1036
2
Vorverfahren und Vernehmlassung 2.1 Ergebnisse der Vernehmlassung 2.2 Neuerung gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf
1038 1038 1039
3
Konsultation der parlamentarischen Kommissionen
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4
Grundzüge des Abkommens 4.1 Zweck des Abkommens 4.2 Geltungsbereich 4.3 Verhältnis zwischen dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger und dem FZA 4.4 Verhältnis zwischen dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger und dem Austrittsabkommen
1040 1040 1041
5
Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen des Abkommens 5.1 Teil Eins: Grundbestimmungen 5.2 Teil Zwei: Rechte betreffend Anhang I 5.3 Teil Drei: Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit 5.4 Teil Vier: Gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen 5.5 Teil Fünf: Schlussbestimmungen
1045 1045 1048 1061 1066 1068
6
Grundzüge des Umsetzungserlasses
1069
7
Erläuterungen zu den Bestimmungen des Umsetzungserlasses 7.1 BewG 7.2 BGFA 7.3 Umsetzung des Abkommens auf Verordnungsstufe
1070 1070 1071 1072
8
Auswirkungen des Abkommens und des Umsetzungserlasses 8.1 Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund 8.2 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete 8.3 Wirtschaftliche Auswirkungen
1072 1072
1032
1037
1042 1043
1073 1075
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9
Rechtliche Aspekte 9.1 Verfassungsmässigkeit 9.2 Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz 9.3 Erlassform 9.4 Unterstellung unter die Ausgabenbremse 9.5 Vorläufige Anwendung
1075 1075 1076 1076 1077 1077
Abkürzungsverzeichnis
1079
Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens (Entwurf)
1081
Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens
1085
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Botschaft 1
Ausgangslage
1.1
Handlungsbedarf und Ziele
Am 23. Juni 2016 sprachen sich in einer Referendumsabstimmung 51,9 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU aus (Brexit). Die britische Regierung leitete den Austritt durch Mitteilung an die EU am 29. März 2017 formell in die Wege. Mit dieser Mitteilung begann eine zweijährige Frist für Verhandlungen über ein Abkommen, das den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU regelt (nachfolgend: Austrittsabkommen).
Nach Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union (VEU1) finden die Verträge auf den betreffenden Staat keine Anwendung mehr:
bei Vorliegen eines Austrittsabkommens (Austritt mit Abkommen); ab dem Tag des Inkrafttretens des Austrittsabkommens;
ohne Austrittsabkommen; zwei Jahre nach der Mitteilung des Austritts an den Europäischen Rat (Austritt ohne Abkommen).
Am 19. März 2018 einigten sich das Vereinigte Königreich und die EU auf politischer Ebene auf eine Übergangsphase, die sich bei Vorliegen eines Austrittsabkommens vom 29. März 2019 bis zum 31. Dezember 2020 erstrecken sollte. Während dieser Übergangsphase wäre das Vereinigte Königreich weiterhin Teil des europäischen Binnenmarktes und der Zollunion und würde EU-Recht anwenden; es hätte aber kein Mitentscheidungsrecht mehr im internen Entscheidungsprozess der EU.
Ob eine solche Übergangsphase zur Anwendung kommt, hängt vom Erfolg der Verhandlungen ab also dem Abschluss des Austrittsabkommens innerhalb der vorgegebenen Frist. Solange das Austrittsabkommen auf britischer und europäischer Seite nicht ratifiziert ist, sind weder das Austrittsabkommen noch die Übergangsphase gewährleistet. Letztlich ist somit auch ein EU-Austritt des Vereinigten Königreichs mit einem Austrittsabkommen nicht gesichert.
Der Austritt des Vereinigten Königreichs hat auch Konsequenzen für die Schweiz, da die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich derzeit weitgehend durch die bilateralen Abkommen SchweizEU geregelt werden. Diese Rechtsgrundlage für die schweizerisch-britischen Beziehungen wird mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU zu ersetzen sein. Im Migrationsbereich betrifft dies das Abkommen vom 21. Juni 19992 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA).
1 2
Vertrag über die Europäische Union (konsolidierte Fassung), ABl. C 326 vom 26.10.2012, S. 13.
SR 0.142.112.681
1034
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Im Oktober 2016 setzte sich der Bundesrat zum Ziel, die Rechte und Pflichten, die gegenwärtig in den Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich gelten, nach dessen Austritt aus der EU so weit als möglich zu bewahren und allenfalls die Beziehungen in gewissen Bereichen auszubauen («Mind the Gap»Strategie3). Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Rechte der Bürgerinnen und Bürger infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens (nachfolgend: Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger) ist in diesem Kontext zu sehen. Es stützt sich auf Artikel 23 FZA, wonach im Falle der Kündigung oder der Nichtverlängerung des Abkommens die erworbenen Ansprüche von Einzelnen unberührt bleiben und die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen eine Regelung für die Anwartschaften treffen. Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger befasst sich also mit den erworbenen Ansprüchen und regelt die Anwartschaften, um deren Umsetzung zu erleichtern und die Rechtssicherheit für die betroffenen Personen zu erhöhen.
Am 25. April 2018 hat der Bundesrat die «Mind the Gap»-Strategie präzisiert und beschlossen, dass die bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU für die Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich während der Übergangsphase oder bis zum Ablauf einer allfälligen Verlängerung gelten.
Somit sind die bilateralen Abkommen (einschliesslich des FZA) bis zur Beendigung der Übergangsphase in den Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich weiterhin anwendbar. Dazu ist geplant, dass die EU den betroffenen Drittstaaten, darunter der Schweiz, notifiziert, dass das Vereinigte Königreich während der Übergangsphase weiterhin wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt werden soll; das heisst, dass Drittstaatenabkommen der EU während der Übergangsphase weiterhin auf das Vereinigte Königreich anwendbar sind4. Bei einem Austrittsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU tritt das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger erst nach Beendigung der Übergangsphase in Kraft.
Ebenfalls am 25. April 2018 hat der Bundesrat die
zuständigen Departemente beauftragt, Eventualmassnahmen für den Fall vorzusehen, dass das Vereinigte Königreich ohne Austrittsabkommen aus der EU ausscheidet, um die Rechte und Pflichten zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich trotzdem so weit als möglich zu gewährleisten.
Der Europäische Rat hat darauf am 25. November 2018 an einem Sondergipfel ohne Gegenstimme dem Austrittsabkommen sowie der politischen Erklärung über die künftigen Beziehungen zugestimmt. Damit war das Abkommen bereit für die parlamentarischen Beratungen in London und die Genehmigung des Abkommens durch das Europäische Parlament.
3 4
www.eda.admin.ch > EDA Home > Verhandlungen und offene Themen > Offene Themen > Brexit > Brexit: Informationsblatt Diese Notifikation in Form eines Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU ist nötig, um diese Vorgehensweise zu anerkennen.
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Ursprünglich hätte die Abstimmung über das Austrittsabkommen im britischen Unterhaus im Dezember 2018 stattfinden sollen. Das Austrittsabkommen wurde jedoch Anfang 2019 dreimal abgelehnt. Die EU hat daraufhin die Verlängerung der Frist nach Artikel 50 VEU bis zum 31. Oktober 2019 genehmigt.
Angesichts der aktuellen Lage (November 2019) im Vereinigten Königreich sind weiterhin beide Szenarien für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ein Austritt mit Anwendung des Austrittsabkommens oder ein Austritt ohne Abkommen möglich. Aufgrund dieser Situation können andere Optionen wie eine erneute Verlängerung der Frist nach Artikel 50 VEU, die Wiederaufnahme von Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich oder die Durchführung eines zweiten Referendums im Vereinigten Königreich über den Brexit nicht ausgeschlossen werden.
1.2
Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen
Das Staatssekretariat für Migration (SEM), das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) haben unter der Leitung des SEM das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger mit Vertretern der britischen Regierung ausgehandelt. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und eine Vertreterin der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) waren ebenfalls formelle Mitglieder der Delegation.
Die Sondierungsgespräche mit dem Vereinigten Königreich wie auch die Verhandlungen hingen sowohl in inhaltlicher als auch in zeitlicher Hinsicht unmittelbar von den Austrittsverhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ab.
Der Rhythmus der Gespräche zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich war demnach massgeblich beeinflusst durch den Stand der Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, die am 19. Juni 2017 begannen.
Am 19. März 2018 wurde der Entwurf des Austrittsabkommens, auf den sich London und Brüssel geeinigt hatten, veröffentlicht. Im Bereich der Rechte der Bürgerinnen und Bürger bestand somit bereits im März 2018 eine Einigung. In jenen Punkten, in denen die britische Seite von der EU Zugeständnisse erhielt, war die britische Verhandlungsdelegation gegenüber der Schweiz später nicht bereit, von diesen Lösungen abzuweichen. Im Vereinigten Königreich stand das Ziel, wieder Kontrolle über die Zuwanderung und über die eigenen Grenzen zu erlangen, im Zentrum.
Im Bereich des FZA fanden ab Mai 2017 erste Gespräche zwischen schweizerischen und britischen Vertretern statt. Dabei bestand auf beiden Seiten von Beginn an Einigkeit darüber, dass für alle drei Anhänge zum FZA das heisst die Personenfreizügigkeit (Anhang I), die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Anhang II) und die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen (Anhang III) eine Lösung auszuhandeln sie und diese drei Teilbereiche zusammen zu regeln seien. Bisher hat das Vereinigte Königreich Schweizer Staatsangehörige gleich behandelt wie Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten. Es hat somit faktisch
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die Bestimmungen der Richtlinie 2004/38/EG5 auch auf Schweizer Staatsangehörige angewendet, obwohl es dazu rechtlich nicht verpflichtet war. Geprägt durch die Verhandlungen mit der EU war es in einem ersten Schritt wichtig, der britischen Seite die Unterschiede des FZA im Vergleich zur Richtlinie 2004/38/EG aufzuzeigen. Da die Schweiz diese EU-Richtlinie nicht übernommen hat, war es für die Schweizer Seite nicht möglich, über die im FZA festgeschriebenen Rechte hinauszugehen. Dies führte dazu, dass unter anderem diese Spezifitäten des FZA im Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger abgebildet wurden und somit zwingend Unterschiede zum Austrittsabkommen entstanden. Für die Schweiz war zentral, dass Schweizer Staatsangehörige trotz unterschiedlicher Rechtsgrundlage EU- oder EFTA-Staatsangehörigen im Vereinigten Königreich weitgehend gleichgestellt werden.
Im Oktober 2017, im Februar 2018 und im Mai 2018 fanden drei Verhandlungsrunden zwischen beiden Delegationen abwechselnd in Bern und in London statt. Mehrere aufeinanderfolgende Regierungsumbildungen und die Rücktritte der Minister, die für die Verhandlungen zum Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger zuständig waren, erschwerten es den Delegationen, sich über Lösungen zu einigen. An der letzten Gesprächsrunde im September 2018 in Bern konnte aber eine grundsätzliche Einigung erzielt werden, die in den folgenden Wochen in einen Abkommenstext gegossen wurde. Am 20. November 2018 vereinbarten beide Delegationen, dass die Verhandlungen abgeschlossen sind und das Verhandlungsresultat den jeweiligen Regierungen zur Genehmigung zu unterbreiten ist.
Der Bundesrat hat am 19. Dezember 2018 dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger zugestimmt. Da im Abkommen eine vorläufige Anwendung vorgesehen ist, z. B. im Falle eines EU-Austritt des Vereinigten Königreichs ohne Austrittsabkommen, wurden darauf die zuständigen Kommissionen beider Räte konsultiert. Das Abkommen wurde am 25. Februar 2019 in Bern unterzeichnet.
1.3
Verhältnis zur Legislaturplanung und zu Strategien des Bundesrates
Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger wurde weder in der Botschaft vom 27. Januar 20166 zur Legislaturplanung 20152019 noch im Bundesbeschluss vom 14. Juni 20167 über die Legislaturplanung 2015 2019 angekündigt. Es hat sich während der Legislaturperiode infolge des Ausgangs
5
6 7
Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG, Abl. L 158 vom 30.4.2004, S. 77.
BBl 2016 1105 BBl 2016 5183
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des Referendums vom 23. Juni 2016 über die Zugehörigkeit des Vereinigten Königreichs zur EU ergeben.
Es ist jedoch mit den Zielen 5 (Die Schweiz erneuert und entwickelt ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zur EU) und 14 (Die Schweiz steuert die Migration und nutzt deren wirtschaftliches und soziales Potenzial) des Bundesrates für das Jahr 20198 verknüpft:
Ziel 5 sieht vor, dass bei einem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU der Bundesrat die nötigen Beschlüsse fassen und Botschaften betreffend die künftigen bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich verabschieden wird. Die Beschlüsse sollen die «Mind the Gap»-Strategie so weit wie möglich umsetzen.
Ziel 14 sieht vor, dass bei einem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs ohne Austrittsabkommen der Bundesrat im Jahr 2019 je nach Fortschritt der Verhandlungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU eine Botschaft zu den erworbenen Ansprüchen (Art. 23 FZA) und gegebenenfalls zur Auffanglösung verabschieden wird.
2
Vorverfahren und Vernehmlassung
2.1
Ergebnisse der Vernehmlassung
Vom 22. März bis zum 29. Mai 2019 wurde eine Vernehmlassung zur Genehmigung und Umsetzung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger sowie zum Entwurf des Bundesbeschlusses durchgeführt. Im Rahmen dieser Vernehmlassung sind insgesamt 34 Stellungnahmen eingegangen.
Generell begrüssen alle Vernehmlassungsteilnehmer das Abkommen und den Entwurf des Bundesbeschlusses.
Die Kantone Tessin und Genf schlagen Änderungen des Bundesbeschlusses vor, die sich ausschliesslich auf formelle Aspekte, nicht aber auf materielle Aspekte der Änderung des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 19839 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) beziehen. Zur Änderung des Anwaltsgesetzes vom 23. Juni 200010 (BGFA) wurden keine Bemerkungen angebracht.
Die Sozialdemokratische Partei (SP) begrüsst das Abkommen und dessen Ziele. Sie bringt aber einen Kritikpunkt an, der sich nicht auf den eigentlichen Inhalt des Abkommens bezieht, sondern im weiteren Kontext der schweizerischen Europapolitik zu betrachten ist.
Einige Stellungnahmen beziehen sich direkt auf den Inhalt des Abkommens: Der Kanton Basel-Landschaft sieht in der Frist von fünf Jahren für den Nachzug des 8 9 10
www.bk.admin.ch > Dokumentation > Führungsunterstützung > Jahresziele > Jahresziele des Bundesrates 2019 Band I SR 211.412.41 Bundesgesetz vom 23. Juni 2000 über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte; SR 935.61.
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künftigen Ehegatten oder der künftigen Ehegattin nach den Bedingungen des FZA eine Diskriminierung gegenüber anderen Drittstaatsangehörigen. Der Schweizerische Arbeitgeberverband fordert, dass die Überprüfung des Strafregisters bei der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen nicht systematisch erfolgt.
Mehrere Vernehmlassungsteilnehmer (economiesuisse, Schweizerischer Arbeitgeberverband) haben betont, wie wichtig das Thema der Dienstleistungserbringung für die Wirtschaft und die Unternehmen in der Schweiz sei. Sie haben vor allem Bedenken in Bezug auf den Inhalt der künftigen Regelung für Dienstleistungserbringende und die strengeren Regeln im Vergleich zum FZA, die in Zukunft oder bei einem vertragslosen EU-Austritt des Vereinigten Königreichs gelten sollen. Zum Inhalt der neuen Bestimmungen haben sich die Vernehmlassungsteilnehmer, mit Ausnahme der SP, nicht geäussert; die SP bedauert, dass das Abkommen nicht ausdrücklich das Entsendegesetz vom 8. Oktober 199911 und den Schutz der Löhne und Arbeitsbedingungen in der Schweiz erwähnt.
Sieben Stellungnahmen bringen ein befristetes Abkommen über die Zulassung zum Arbeitsmarkt12 sowie die künftigen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich zur Sprache. Diese Bemerkungen, die nicht unter den Geltungsbereich dieses Abkommens fallen, verlangen mehrheitlich die Ausarbeitung einer an das FZA angelehnten Lösung, damit die wirtschaftlichen Interessen beider Länder gewahrt sind und der Zugang zu einem offenen Arbeitsmarkt gewährleistet ist.
Die übrigen Stellungnahmen beziehen sich auf die Umsetzung des Abkommens.
Sechs Kantone, zwei Dachverbände und eine politische Partei haben Bemerkungen zu den Verordnungsänderungen angebracht. Sie fordern vom Bund eine klare und einfache Umsetzung des Abkommens, damit sich der finanzielle und personelle Aufwand in Grenzen hält (weitere Einzelheiten siehe Ziff. 6 und 8.2).
Und schliesslich fordern mehrere Dachverbände der Wirtschaft und weitere Vernehmlassungsteilnehmer (economiesuisse, Schweizerischer Arbeitgeberverband, Handelskammer beider Basel), dass der Bundesrat sie weiterhin regelmässig über die neusten Entwicklungen und den Inhalt der künftigen Gespräche informiert.
2.2
Neuerung gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf
Inhaltlich ist das Abkommen unverändert geblieben. Der Entwurf des Bundesbeschlusses weist einige Änderungen gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf auf.
Diese Änderungen erfolgen aufgrund der Stellungnahmen zum BewG. Wie in Kapitel 2.1 erläutert, betreffen die Änderungen formelle und nicht materielle Aspekte der Artikel 5 und 7 BewG. Im BGFA wird der persönliche Geltungsbereich aus Trans11
12
Bundesgesetz vom 8. Oktober 1999 über die flankierenden Massnahmen bei entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und über die Kontrolle der in Normalarbeitsverträgen vorgesehenen Mindestlöhne; SR 823.20.
Abkommen vom 10. Juli 2019 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über die Zulassung zum Arbeitsmarkt für eine befristete Übergangszeit infolge des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union und des Wegfalls des Freizügigkeitsabkommens.
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parenzgründen ausgedehnt auf Anwältinnen und Anwälte, die Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs sind und unter das vorliegende Abkommen fallen.
3
Konsultation der parlamentarischen Kommissionen
Die zuständigen parlamentarischen Kommissionen wurden konsultiert. Am 16. Januar und 1. Februar 2019 haben sich die Aussenpolitischen Kommissionen des Nationalrats und des Ständerats mit dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger befasst. Beide Kommissionen haben die vorläufige Anwendung des Abkommens einstimmig gutgeheissen.
4
Grundzüge des Abkommens
4.1
Zweck des Abkommens
Das Vereinigte Königreich ist in wirtschaftlicher, politischer und migrationsbezogener Hinsicht ein wichtiger Partner, mit dem die Schweiz auch künftig enge, stabile und vorhersehbare Beziehungen pflegen möchte. Ende 201813 lebten rund 43 000 britische Staatsangehörige in der Schweiz. Im Jahr 2018 wurden 3504 Aufenthaltsbewilligungen (B)14 und 3744 Kurzaufenthaltsbewilligungen (L) 15 an britische Staatsangehörige erteilt. Hinzu kommen 433 Grenzgängerbewilligungen16 sowie 6236 Meldungen17 im Hinblick auf eine Erwerbstätigkeit in der Schweiz während maximal drei Monaten pro Kalenderjahr (grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung und Stellenantritt bei einem Unternehmen in der Schweiz). Umgekehrt leben zurzeit rund 34 500 Schweizer Staatsangehörige im Vereinigten Königreich 18.
Ihr Aufenthaltsstatus und ihr sozialer Schutz müssen gewahrt bleiben.
Die «Mind the Gap»-Strategie des Bundesrats soll die Staatsangehörigen und Gesellschaften beider Länder schützen angesichts der Rechtsunsicherheit, die mit dem Wegfall des FZA entsteht. Mit dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger wird dieses Ziel erreicht, indem die unter dem FZA erworbenen Ansprüche und Anwartschaften geschützt werden. Damit stellt die Schweiz sicher, dass beim tatsächlichen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU kein vertragsloser Zustand entsteht.
13 14
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16
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www.sem.admin.ch/dam/data/sem/publiservice/statistik/auslaenderstatistik/2018/12/ 2-10-Best-Tot-Kat-d-2018-12.xlsx www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Statistiken > Ausländerstatistik > Archiv ab 2008 > 3-25: Einwanderung ständige und nicht ständige ausländische Wohnbevölkerung nach Ausländergruppe Kantone; Nationen; Kantone/Nationen > Laufjahr 2018 www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Statistiken > Ausländerstatistik > Archiv ab 2008 > 2018 > 3-41: Einwanderung nicht ständige ausländische Wohnbevölkerung mit Erwerb nach Ausländergruppe Kantone; Nationen; Kantone/Nationen; Branchen www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Statistiken > Ausländerstatistik > Archiv ab 2008 > 2018 > Grenzgänger > 5-11: Gültige Grenzgängerbewilligungen nach Kanton und Nationalität Quelle: Zentrales Migrationsinformationssystem ZEMIS.
Quelle: Statistiken der Schweizer Botschaft im Vereinigten Königreich.
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4.2
Geltungsbereich
Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger ist ein bilaterales Abkommen, das zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz im Hinblick auf den Wegfall des FZA zwischen diesen beiden Staaten abgeschlossen wird. Dieses rechtlich verbindliche Abkommen soll die Rechte der schweizerischen und britischen Staatsangehörigen sowie ihrer Familienangehörigen schützen, die sie als Arbeitnehmende (einschliesslich Grenzgängerinnen und Grenzgänger), als Selbstständige (einschliesslich Grenzgängerinnen und Grenzgänger), als Dienstleistungserbringende oder als nicht erwerbstätige Personen unter dem FZA erworben haben oder dabei sind zu erwerben.
Es ist ähnlich wie das Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich aufgebaut und gliedert sich in fünf Teile: 1.
Grundbestimmungen;
2.
Personenfreizügigkeit (Anhang I FZA);
3.
Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (Anhang II FZA);
4.
Gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen (Anhang III FZA);
5.
Schlussbestimmungen.
Im vorliegenden Abkommen werden jene Personen geschützt, die gestützt auf das FZA vor dessen Wegfall Rechte erworben haben und Anwartschaften geltend machen können. Artikel 23 FZA sieht vor, dass die erworbenen Ansprüche von Einzelnen bei einem Wegfall des FZA unberührt bleiben und die Vertragsparteien im gegenseitigen Einvernehmen eine Regelung für Anwartschaften treffen.
Im Migrationsbereich vertrat die britische Verhandlungsdelegation während den Verhandlungen mit der Schweiz eine restriktive Definition der erworbenen Rechte.
Zudem wurde die Abgrenzung zwischen erworbenen Rechten und Anwartschaften in den Verhandlungen zwischen Brüssel und London nicht thematisiert, da eine vergleichbare Unterscheidung im Unionsbürgerrecht fehlt. Aus diesem Grund wurde mit der britischen Seite vereinbart, mit dem vorliegenden Abkommen nicht nur die Anwartschaften zu regeln, sondern zur Gewährleistung der Rechtssicherheit auch die erworbenen Ansprüche auszugestalten.
Inhaltlich gilt dieses Abkommen auch, wenn das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlässt; diesen Willen haben das Vereinigte Königreich und die Schweiz während den Verhandlungen zum Ausdruck gebracht. Dies bedingt jedoch einige Anpassungen in Teil Drei (Soziale Sicherheit). Sie werden in besonderen Bestimmungen geregelt, die im vorliegenden Abkommen bereits enthalten sind.
Hingegen ist das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger nicht anwendbar auf britische und schweizerische Staatsangehörige, die nach dem Wegfall des FZA zwischen den beiden Staaten in den jeweils anderen Staat einreisen, sich dort aufhalten oder dort eine Erwerbstätigkeit aufnehmen möchten.
Diese Frage wird separat behandelt. Der Bundesrat hat am 13. Februar 2019 über die Regelung der Zulassung von britischen Staatsangehörigen entschieden, für den Fall, dass das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlässt. Er hat 1041
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beschlossen, für erwerbstätige britische Staatsangehörige ein vorübergehendes separates Kontingent in der Höhe von insgesamt 3500 Einheiten für den Zeitraum vom 30. März bis zum 31. Dezember 2019 zu schaffen.19 Am 17. April 2019 hat der Bundesrat ein befristetes Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die Zulassung zum Arbeitsmarkt genehmigt (befristetes Abkommen über die Zulassung zum Arbeitsmarkt). Es sieht vor, befristet von gewissen Zulassungsbedingungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes vom 16. Dezember 200520 (AIG) abzuweichen.
Umgekehrt verpflichtet sich das Vereinigte Königreich, Schweizer Staatsangehörige ebenfalls erleichtert zum Arbeitsmarkt zuzulassen. Dieses bilaterale Abkommen wurde am 10. Juli 2019 in London unterzeichnet. Es ist nur anwendbar, wenn das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlässt. 21 Im Bereich der sozialen Sicherheit finden zurzeit Zusatzverhandlungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich statt. Diese sollen sicherstellen, dass, falls das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlässt, die Koordinierungsregeln gemäss Anhang II FZA anwendbar bleiben. Dieses bilaterale Abkommen würde für eine Übergangszeit abgeschlossen, bis eine neue Regelung zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz bestimmt ist. Es würde für britische und schweizerische Staatsangehörige sowie für EU-Bürgerinnen und -Bürger gelten, die sich in einer grenzüberschreitenden Situation befinden und die nach dem Stichtag Anwartschaften geltend machen können.
Sollte kein neues Abkommen zur Beibehaltung von Anhang II FZA zustande kommen, ist das Abkommen vom 21. Februar 196822 zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland über Soziale Sicherheit wieder anwendbar.
4.3
Verhältnis zwischen dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger und dem FZA
Um keinen vertragslosen Zustand zu schaffen, und im Hinblick auf die «Mind the Gap»-Strategie des Bundesrats, lehnt sich der Inhalt des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger eng an Anhang I (Freizügigkeit) und Anhang III (Gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen) zum FZA an.
In Bezug auf Anhang I FZA (Freizügigkeit) übernimmt das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger die Bestimmungen des FZA, ohne die darin genannten Rechte zu erweitern und ohne neue Rechte zu schaffen. Bei gewissen Punkten ist es jedoch restriktiver. Diese Abweichungen vom FZA entstanden durch Grundsatzentscheide in den Verhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, von denen das Vereinigte Königreich in den Verhandlungen mit der Schweiz aus politischen Gründen nicht mehr abweichen wollte (vgl.
Ziff. 1.2). In einigen Punkten verweist das Abkommen über die erworbenen Rechte 19 20 21 22
www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-73962.html SR 142.20 Gegebenenfalls kommt es vorläufig zur Anwendung.
SR 0.831.109.367.1
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der Bürgerinnen und Bürger auf die innerstaatlichen Rechtsvorschriften und weicht vom FZA ab:
Nachzug des Ehegatten nach dem Stichtag (vgl. Erläuterung zu Art. 10);
Daueraufenthaltsstatus (vgl. Erläuterung zu Art. 14);
Anspruch auf Nachzug von Familienangehörigen (vgl. Erläuterung zu Art. 15);
deklaratorischer Charakter der Aufenthaltsbewilligung (vgl. Erläuterung zu Art. 16);
öffentliche Ordnung (Einführung einer systematischen Überprüfung des Strafregisters und Beschränkung des Aufenthaltsrechts nach innerstaatlichem Recht; vgl. Erläuterungen zu Art. 16 und 17);
Dienstleistungserbringung (Einführung einer zeitlichen Begrenzung und Erfordernis eines schriftlichen Vertrags; vgl. Erläuterung zu Art. 23).
In Bezug auf Anhang II FZA (Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) sollte in erster Linie sichergestellt werden, dass die erworbenen Ansprüche und Anwartschaften gleichermassen geschützt sind wie im Austrittsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Der Verweis auf das im FZA verankerte Koordinierungsrecht der EU wird im vorliegenden Abkommen beibehalten, wobei der Wortlaut des Abkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich übernommen wird. Die Besonderheiten des FZA, die sich aus der schweizerischen Gesetzgebung ergeben, wurden allesamt beibehalten.
In Bezug auf Anhang III FZA (Gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen) bleiben die Anerkennungsentscheide gemäss diesem Anhang, die eine schweizerische oder britische Behörde vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU erlassen hat, gültig. Unter einem Anerkennungsentscheid ist jedes Recht zu verstehen, das nach Anhang III FZA verliehen wurde. Dabei kann es sich um einen Anerkennungsentscheid im engeren Sinn handeln, aber auch beispielsweise um den Eintrag in einem Register oder eine Berufsausübungsbewilligung. Nach dem Austritt können schweizerische und britische Staatsangehörige während einer Übergangszeit von vier Jahren einen Anerkennungsentscheid beantragen (Schutz der Anwartschaften). Dieser Zeitraum trägt der durchschnittlichen Dauer einer Ausbildung Rechnung und begrenzt in zeitlicher Hinsicht die Anwendung eines Abkommens, das nicht mehr anwendbar ist. Nach diesen vier Jahren gelangt das nationale Recht zur Anwendung, wenn ein Abkommen über die künftige Regelung fehlt.
4.4
Verhältnis zwischen dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger und dem Austrittsabkommen
Inhaltlich lehnt sich das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger dem FZA (vgl. Ziff. 4.3), aber auch dem Austrittsabkommen an, damit Schweizer Staatsangehörige im Vereinigten Königreich gegenüber EU-Staatsangehörigen nicht diskriminiert werden (vgl. Ziff. 1.2).
1043
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Dennoch bestehen einige Unterschiede zwischen dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger und dem Austrittsabkommen:
Erworbene Ansprüche (Art. 1 des Abkommens): Für den in Artikel 23 FZA verwendeten Begriff des erworbenen Anspruchs gibt es im europäischen Recht keine Entsprechung. Dieses Konzept war deshalb Gegenstand von Verhandlungen, um dessen Wirkung und Auslegung zu bestimmen (vgl.
Ziff. 4.2).
Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten durch den Gemischten Ausschuss (Art. 6 des Abkommens): Analog zum FZA haben sich die Schweiz und das Vereinigte Königreich auf die Schaffung eines bilateral zusammengesetzten Gemischten Ausschusses geeinigt. Der Gemischte Ausschuss ist beauftragt, für eine ordnungsgemässe Anwendung dieses Abkommens zu sorgen und bei Auslegungsfragen und Streitigkeiten zwischen den Parteien Lösungen zu finden. Der Gemischte Ausschuss trifft einvernehmliche Entscheide. Die Anrufung eines Gerichts mit abschliessender und verbindlicher Entscheid- und Weisungskompetenz betreffend Anwendung und Interpretation dieses Abkommens ist nicht vorgesehen, anders als dies das Austrittsabkommen zwischen London und Brüssel festlegt. Sowohl die Schweiz als auch das Vereinigte Königreich überwachen die korrekte Anwendung dieses Abkommens selbstständig. Für die Behandlung von Beschwerden sind die jeweils nationalen Gerichte zuständig.
Möglichkeit zur Fristverlängerung des Registrierungsverfahrens (Art. 16 Abs. 1 Bst. c des Abkommens): Die EU hat den konstitutiven Charakter des Registrierungsverfahrens anerkannt. Im vorliegenden Abkommen können die Schweiz und das Vereinigte Königreich jedoch die Frist zur Registrierung der Staatsangehörigen der jeweils anderen Vertragspartei um ein Jahr verlängern, wenn dies im Gemischten Ausschuss einvernehmlich entschieden wird. Diese Möglichkeit ist im Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht enthalten.
Weiterführung der Dienstleistungserbringung (Art. 23 des Abkommens) im Rahmen dieses Abkommens (im Austrittsabkommen nicht vorgesehen).
Nachzug des Ehegatten (Art. 10 Abs. 1 Bst. e Ziff. iv des Abkommens): Anders als im Entwurf des Austrittsabkommens ist im vorliegenden Abkommen für Schweizerinnen und Schweizer im Vereinigten Königreich eine fünfjährige Frist für den Nachzug des Ehegatten oder der Ehegattin vorgesehen, während der die Freizügigkeitsbestimmungen und nicht die restriktiveren nationalen Regeln weiterhin Anwendung finden; diese sind bis zum Ablauf dieser Frist anwendbar. Diese Bestimmung, die gemäss der «Mind the Gap»-Strategie die FZA-Rechte so weit als möglich über den Brexit hinaus sichern möchte, wird reziprok angewendet und kommt so auch Schweizer Staatsangehörigen im Vereinigten Königreich zugute.
Niederlassungsrecht (Art. 14 des Abkommens): Die Richtlinie 2004/38/EG, welche die Grundlage für das Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ist, beinhaltet einen Rechtsanspruch auf Daueraufenthalt. In der Schweiz werden die Erteilung und der Verlust der Nieder-
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lassungsbewilligung nicht im FZA, sondern im AIG geregelt. Gemäss AIG kann bei einer Landesabwesenheit die Niederlassungsbewilligung auf Ersuchen hin während vier Jahren aufrechterhalten werden. Diese Frist beträgt im Austrittsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich fünf Jahre.
Anwendbarkeit des Abkommens (Art. 4 Abs. 1 des Abkommens): Aufgrund der verschiedenen Rechtssysteme wird dieses Abkommen in der Schweiz unmittelbar gelten (monistischer Ansatz, vgl. Ziff. 6), während das Vereinigte Königreich die Bestimmungen in die nationale Gesetzgebung überführen wird (dualistischer Ansatz). Das Austrittsabkommen hält hingegen am Grundsatz der direkten Anwendbarkeit von EU-Recht fest.
Umfassenderer Schutz der Anwartschaften: Bezüglich der Anerkennung von Berufsqualifikationen sieht das vorliegende Abkommen einen umfassenderen Schutz dieser Rechte vor (vgl. Ziff. 4.3).
5
Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen des Abkommens
5.1
Teil Eins: Grundbestimmungen
Art. 1
Ziel
Das FZA ist zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nach dessen Austritt aus der EU nicht mehr anwendbar. Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger soll diese Rechtsgrundlage so weit wie möglich ersetzen. Dieses Abkommen bezieht sich ausdrücklich auf Artikel 23 FZA. Es befasst sich mit den nach dem FZA (einschliesslich seiner drei Anhänge) erworbenen Ansprüchen und regelt die Anwartschaften von schweizerischen und britischen Staatsangehörigen sowie ihren Familienangehörigen.
Das Abkommen regelt die von EU-Staatsangehörigen erworbenen Ansprüche in Bezug auf die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, sofern das Vereinigte Königreich und die EU ein Austrittsabkommen abschliessen (vgl. Erläuterung zu Art. 26b).
Art. 2
Begriffsbestimmungen
Bst. b Die Definition des Stichtags trägt den beiden Szenarien des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU Rechnung. Sie ist flexibel genug, um die Anwendung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger mit oder ohne Austrittsabkommen zu gewährleisten.
Bst. c Die Übergangsbestimmung bezieht sich auf den Zeitraum zwischen dem Datum des Inkrafttretens des Austrittsabkommens und dem 31. Dezember 2020 oder auf einen 1045
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späteren Zeitpunkt, der zwischen den beiden Parteien zu vereinbaren ist. Diese Übergangszeit gilt nur bei Ratifizierung des Austrittsabkommens durch beide Parteien.
Bst. d Die Definition des Begriffs «Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs», wie sie im FZA angewendet wird, bleibt unverändert.
Art. 3
Räumlicher Geltungsbereich
Dieser Artikel befasst sich mit dem geografischen Geltungsbereich des Abkommens.
Dieser umfasst das Hoheitsgebiet der Schweiz und dasjenige des Vereinigten Königreichs, einschliesslich Gibraltar. Das Abkommen ist somit weder auf die britischen Überseegebiete noch auf die Kronbesitzungen der britischen Krone anwendbar.
Art. 4
Methoden und Grundsätze betreffend die Wirkung, die Durchführung und die Anwendung dieses Abkommens
Abs. 1 In der Schweiz ist das Abkommen Bestandteil des innerstaatlichen Rechts (monistisches System; vgl. Ziff. 6). Im Vereinigten Königreich muss das Abkommen hingegen in die nationale Gesetzgebung überführt werden, bevor es anwendbar ist (dualistisches System). Die Formulierung dieses Absatzes trägt diesem Unterschied insofern Rechnung, als es die Parteien verpflichtet, die Ansprüche unabhängig von ihrem Rechtssystem zu gewährleisten.
Abs. 2 Die unter dem FZA erworbenen und vom Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger garantierten Ansprüche sind zeitlich unbegrenzt, solange die Voraussetzungen des Abkommens erfüllt sind. Da die erworbenen Ansprüche auf Lebenszeit gewährleistet sind und nur eine begrenzte Anzahl Personen betreffen, haben die beiden Delegationen auf eine Kündigungsklausel im Abkommen verzichtet.
Die erworbenen Ansprüche können jedoch gemäss den Artikeln 16 Absatz 5 und 17 des Abkommens eingeschränkt werden.
Abs. 3 Dieser Absatz bezieht sich auf Artikel 12 FZA, wonach das innerstaatliche Recht günstigere Bestimmungen vorsehen kann. Für britische Staatsangehörige unter diesem Abkommen werden die Bestimmungen des AIG und von dessen Ausführungserlassen subsidiär angewendet. Das AIG gilt für sie, wenn es eine vorteilhaftere Rechtsstellung vorsieht und im FZA und seinen Protokollen keine abweichende Regelung besteht. Ausserhalb des Geltungsbereichs dieses Abkommens bleibt das AIG jedoch auf britische Staatsangehörige anwendbar, beispielsweise auch was die Sanktionsbestimmungen im AIG angeht (z. B. bei Verletzung der Anmeldepflicht
1046
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nach Art. 120 AIG). Weder das FZA noch das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger enthalten Sanktionsbestimmungen.
Abs. 4 Dieser Absatz betrifft lediglich das Vereinigte Königreich, in dessen nationales Recht das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger umgesetzt werden muss, damit Schweizer Staatsangehörige bei den zuständigen britischen Justizbehörden ihre Rechte geltend machen können.
Abs. 5 Gemäss Artikel 16 Absatz 2 FZA ist für die Anwendung des FZA einzig die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vor dem Zeitpunkt der Unterzeichnung des FZA (21. Juni 1999) zu berücksichtigen. Das Bundesgericht kann jedoch hinsichtlich der Auslegung des FZA auch später ergangene Urteile des EuGH heranziehen, ohne dass es jedoch dazu verpflichtet ist. Dieser Absatz stellt sicher, dass der statische Charakter des FZA auch im Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger zum Tragen kommt.
Art. 4a
Treu und Glauben
Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger übernimmt den Grundsatz von Treu und Glauben nach Artikel 5 des Austrittsabkommens.
Art. 5
Bezugnahmen auf das FZA
Durch die gewählte Formulierung wird in diesem Artikel das statische Prinzip des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger unterstrichen.
Alle Verweise auf das FZA in diesem Abkommen (Abs. 1), auf das Unionsrecht und auf Bestimmungen dieser Rechtsakte (Abs. 2) entsprechen diesem Grundsatz. Nur die Rechtsentwicklungen vor dem Stichtag werden bei der Anwendung und Umsetzung dieses Abkommens berücksichtigt.
Einige Bestimmungen des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger weichen jedoch vom statischen Prinzip ab, um die Rechtsentwicklungen im Unionsrecht abzubilden. Solche Verweise finden sich beispielsweise in Teil Drei dieses Abkommens. In diesem Bereich entscheidet der Gemischte Ausschuss über eine allfällige Übernahme der Rechtsentwicklung (vgl. Art. 28).
Für diese Teile wendet das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger somit den gleichen Mechanismus zur Übernahme von EU-Recht an wie das FZA. Damit wird beabsichtigt, im Vergleich zur EU möglichst gleiche Bestimmungen im Bereich der sozialen Sicherheit und der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen zur Anwendung zu bringen. Es kommt oft zu Situationen, in denen nebst den beiden Vertragsparteien, also der Schweiz und dem Vereinigten Königreich, auch ein EU-Mitgliedstaat betroffen ist (Triangulierung). Auch hinsichtlich ihres Vollzugs sollen diese Bestimmungen möglichst nahe am Unionsrecht liegen.
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Art. 5a
Bezugnahme auf Mitgliedstaaten
Um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden, hält dieser Artikel fest, dass im Rahmen dieses Abkommens der im FZA verwendete Begriff «Mitgliedstaat» auch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU auf dieses Land anwendbar ist.
Art. 6
Gemischter Ausschuss
Es wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt, der aus Vertreterinnen und Vertretern der Schweiz und des Vereinigten Königreichs besteht. Dieser Ausschuss ist für die Anwendung und korrekte Auslegung des Abkommens verantwortlich. Er klärt alle Änderungsvorschläge nach der Unterzeichnung dieses Abkommens ab. Der Gemischte Ausschuss beschliesst einvernehmlich.
Der Gemischte Ausschuss nimmt eine wichtige Funktion für den Teil Drei (Soziale Sicherheit) dieses Abkommens ein. Er soll nämlich die Bestimmungen dieses Teils regelmässig überprüfen. Das Abkommen sieht vor, dass diese Bestimmungen durch Beschluss des Gemischten Ausschusses geändert werden können, sofern die Genehmigungsverfahren der beiden Parteien eingehalten werden. Für die übrigen Teile weichen die Zuständigkeiten dieses Ausschusses nicht von denjenigen des Gemischten Ausschuss nach dem FZA ab (Art. 14 FZA).
Art. 7
Nichtdiskriminierung
Das Abkommen ist dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung nach Artikel 2 FZA verpflichtet.
Art. 8
Beschwerderecht
Für die Behandlung von Beschwerden übernimmt das Abkommen die Bestimmungen von Artikel 11 FZA.
5.2
Teil Zwei: Rechte betreffend Anhang I
Titel 1: Allgemeine Bestimmungen Art. 9
Begriffsbestimmungen
Bst. b Nach dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger fallen nur schweizerische und britische Staatsangehörige unter den Begriff des Grenzgängers. Staatsangehörige der EU, die im Vereinigten Königreich oder in der Schweiz leben und im anderen Staat arbeiten, können sich nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU weder auf das FZA noch auf das vorliegende Abkommen berufen, um den Grenzgängerstatus zu erlangen.
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Bst. d Auch bei den selbstständigen Dienstleistungserbringern (i) gelten diese Bestimmungen einzig für schweizerische und britische Staatsangehörige, die sich im Gebiet der Schweiz oder des Vereinigten Königreichs niedergelassen haben und im jeweils anderen Staat eine Dienstleistung erbringen. Selbstständige Dienstleistungserbringer mit britischer Staatsangehörigkeit, die in einem anderen EU-Mitgliedstaat niedergelassen sind (z. B. in Frankreich), werden von diesem Abkommen nicht erfasst (vgl. Art. 23).
Art. 10
Persönlicher Geltungsbereich
Die Bestimmungen dieses Artikels legen den persönlichen Geltungsbereich des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger fest. Sie gelten für das gesamte Abkommen. Die Bestimmungen der Artikel 25, 26a und 29 legen den persönlichen Geltungsbereich der Teile Drei (Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit) und Vier (Gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen) fest.
Bst. e i)
Hier geht es um Familienangehörige, die vor dem Stichtag im Rahmen des Familiennachzugs nach den Bestimmungen des FZA eingereist sind (Art. 3 Anhang I FZA). Diese Personen behalten ihre Ansprüche, sofern sie sich nach dem Stichtag weiter im Aufnahmestaat aufhalten und die Voraussetzungen des FZA erfüllen. Für diese Personen ist der Familiennachzug unter dem FZA durch das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger gewährleistet.
ii)
Hier geht es um Familienangehörige nach Artikel 3 Absatz 2 Anhang I FZA; das heisst den Ehegatten und die Verwandten in absteigender Linie, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen Unterhalt gewährt wird, die Verwandten und die Verwandten des Ehegatten in aufsteigender Linie, denen Unterhalt gewährt wird, und im Fall von Studierenden den Ehegatten und die unterhaltsberechtigten Kinder. Für diese Personen ist der Familiennachzug im Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger geregelt, da sie Familienangehörige nach dem FZA vor dem Stichtag sind, aber das Gesuch um Familiennachzug nach dem Stichtag gestellt wird.
iii) Der Familiennachzug von Kindern ist im Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger geregelt, wenn die Geburt oder Adoption nach dem Stichtag erfolgt. Sie können weiterhin einen Familiennachzug nach den Bestimmungen des FZA geltend machen.
iv) Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger sieht für den Nachzug des künftigen Ehegatten eine Übergangszeit von fünf Jahren nach dem Stichtag vor. Nach diesem Zeitraum sind die Regeln im innerstaatlichen Recht der Schweiz und des Vereinigten Königreichs anwendbar (vgl. Ziff. 4.4).
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Die Absätze 2 und 3 regeln den Nachzug der übrigen Familienmitglieder im Rahmen der erleichterten Zulassung (Art. 3 Abs. 2 Anhang I FZA), beispielsweise von Tanten und Onkeln oder Nichten und Neffen. Die erleichterte Zulassung wird gemäss den innerstaatlichen Rechtsvorschriften und der geltenden Praxis gewährt.
Vom Anwendungsbereich von Teil Zwei nicht erfasst werden britische Staatsangehörige, die zum Zeitpunkt des Wegfalls des FZA über eine Legitimationskarte des EDA oder einen Ci-Ausweis verfügen (z. B. Angestellte von internationalen Organisationen mit Sitz in der Schweiz sowie deren Familienangehörige). Sie fallen nicht unter den Geltungsbereich von Anhang I FZA (vgl. Art. 3 der Verordnung vom 22. Mai 200223 über die Einführung des freien Personenverkehrs [VEP] in Verbindung mit Art. 43 der Verordnung vom 24. Oktober 200724 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE]; zusätzlich auch Ziffer 1.3.4 der VEP-Weisungen25) und somit grundsätzlich auch nicht unter Teil Zwei des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger.
Art. 11
Fortbestand des Aufenthalts
Aufenthaltsunterbrechungen, die sechs aufeinanderfolgende Monate nicht überschreiten, sowie durch Militärdienst gerechtfertigte Abwesenheiten berühren nicht die Gültigkeit des Aufenthalts.
Im Rahmen des Verbleiberechts, wie es in der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 vom 29. Juni 197026 festgehalten ist, kann die Person den Wohnsitzstaat maximal für sechs Monate pro Jahr verlassen, bevor das Aufenthaltsrecht erlischt.
Titel 2: Rechte und Pflichten Kapitel 1: Aufenthaltsrechte, Aufenthaltsdokumente Art. 12
Aufenthaltsrechte
Die Aufenthaltsrechte sind analog den geltenden Bestimmungen des Anhangs I FZA ausgestaltet.
Abs. 1 Dieser Absatz betrifft alle im FZA vorgesehenen Aufenthaltskategorien: Aufenthalt mit Erwerbstätigkeit (Art. 2 Anhang I FZA), Unselbständigerwerbende (Art. 6 Anhang I FZA), Selbständigerwerbende (Art. 12 Anhang I FZA), Personen mit einem Verbleiberecht (Art. 4 Anhang I FZA) sowie Personen ohne Erwerbstätigkeit (Art. 24 Anhang I FZA). Diese Personen haben einen originären Rechtsanspruch auf Aufenthalt unter dem FZA erworben.
23 24 25 26
SR 142.203 SR 142.201 www.sem.admin.ch > Publikationen und Service > Weisungen und Kreisschreiben > Freizügigkeitsabkommen > Weisungen VEP Verordnung (EWG) Nr. 1251/70 der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben, ABl. L 142 vom 30.6.1970, S. 24.
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Die Artikel 10 und 16 Anhang I FZA sehen die Möglichkeit vor, den Staatsangehörigen der anderen Partei die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in den Bereichen der öffentlichen Verwaltung (z. B. Zulassung zum diplomatischen Dienst) zu verweigern, sofern diese die Ausübung von hoheitlichen Befugnissen umfasst.
Abs. 2 Dieser Absatz betrifft die Familienangehörigen und verweist direkt auf die Bestimmungen im Anhang I FZA, um Abweichungen von den aktuell anwendbaren Bestimmungen gegenüber schweizerischen und britischen Staatsangehörigen zu vermeiden. So soll unter anderem die Aufenthaltsbewilligung für Familienmitglieder dieselbe Dauer enthalten wie für den Hauptbewilligungsinhaber. In Artikel 3 Anhang I FZA ist auch das Recht auf Zugang zu einer Erwerbstätigkeit ungeachtet der Staatsangehörigkeit festgehalten. Kinder, die im Rahmen des Familiennachzugs vom Hauptbewilligungsinhaber nachgezogen wurden, haben zudem ein Recht, am allgemeinen Unterricht und an der Berufsbildung teilzunehmen. Familienangehörige von Personen mit einem Verbleiberecht profitieren weiterhin von den Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 1251/70.
Abs. 3 Die Behörden haben keinen Ermessensspielraum, sofern ein Rechtsanspruch auf Aufenthalt gemäss dem FZA besteht es sei denn, das Ermessen werde zugunsten der betreffenden Person angewendet und nicht zu deren Ungunsten. Es können zudem keine weiteren Bedingungen und Beschränkungen eingeführt werden, die nicht bereits unter dem FZA vorgesehen sind.
Art. 13
Recht zur Ausreise und Einreise
Abs. 1 Das Recht zur Einreise in und zur Ausreise aus dem Aufnahmestaat ist für schweizerische und britische Staatsangehörige, die sich auf das vorliegende Abkommen berufen können, gewährleistet, wenn sie einen nationalen Personalausweis (Identitätskarte) oder einen gültigen Reisepass besitzen. Das Gleiche gilt für ihre Familienangehörigen, die Drittstaatsangehörige sind und einen gültigen Reisepass sowie ein anderes Dokument (z. B. Visum) besitzen, das nach den Rechtsvorschriften von Schengen für die Schweiz erforderlich ist (vgl. Abs. 3).
Fünf Jahre nach dem Stichtag kann das Vereinigte Königreich beschliessen, eine Schweizer Identitätskarte, die nicht den Standards der Internationalen ZivilluftfahrtOrganisation (ICAO) zur biometrischen Identifikation entspricht, für die Einreise in sein Hoheitsgebiet und die Ausreise daraus nicht mehr zu akzeptieren. Gegebenenfalls prüft die Schweiz rechtzeitig, welche Massnahmen in Betracht zu ziehen sind, um sich angemessen auf die Einführung solcher neuen Bestimmungen vorzubereiten.
Abs. 2 Mit diesem Absatz wird unter Vorbehalt von Absatz 3 festgehalten, dass von Personen mit einem gültigen Ausweis, der nach diesem Abkommen ausgestellt wurde, 1051
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weder ein Einreise- noch ein Ausreisevisum verlangt werden darf. Dies betrifft Personen mit einem Aufenthaltsrecht, Grenzgängerinnen und Grenzgänger sowie Dienstleistungserbringende.
Abs. 3 Dieser Absatz weist hin auf die Verpflichtungen der Schweiz im Rahmen ihrer Schengen-Assoziierung. Der Status eines assoziierten Mitglieds könnte eine gewisse Asymmetrie im Verhältnis zum Vereinigten Königreich schaffen, da die Schweiz die künftigen Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands übernehmen und umsetzen muss. Das Vereinigte Königreich behält sich das Recht vor, für die Einreise von Schweizer Staatsangehörigen in sein Hoheitsgebiet und die Ausreise daraus die gleichen Dokumente zu verlangen, wie sie für die Einreise in die Schweiz und die Ausreise aus der Schweiz erforderlich sind.
Die EU hat Vorbereitungen getroffen, damit das Vereinigte Königreich nach seinem Austritt aus der EU als Drittstaat behandelt wird. Aufgrund ihrer Schengen-Assoziierung wird die Schweiz dieselben Einreiseregeln anwenden wie die EU, sofern es sich um den Geltungsbereich des Schengen-Acquis handelt. Für kurzfristige Aufenthalte werden Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs von den SchengenMitgliedstaaten weiterhin visumsbefreit sein, soweit sie über biometrische Reisepässe verfügen.
Der Bundesrat hat am 22. März 201927 die dafür nötigen Änderungen der Verordnung vom 15. August 201828 über die Einreise und die Visumerteilung (VEV) genehmigt. Der Bundesrat hat zudem entschieden, die Staatsangehörigen des Vereinigten Königreichs für die Einreise in die Schweiz sowohl für kurzfristige Aufenthalte mit Erwerbstätigkeit als auch für längerfristige Aufenthalte von der Visumpflicht zu befreien. Die VEV wurde diesbezüglich ebenfalls angepasst. Diese Änderung gilt ab dem Tag, an dem das FZA im Verhältnis zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich keine Anwendung mehr findet.
Das Vereinigte Königreich hat seinerseits bestätigt, dass Schweizer Staatsangehörige ab dem Zeitpunkt seines Austritts aus der EU für kurzfristige Aufenthalte in seinem Hoheitsgebiet von der Visumpflicht befreit sind. Zudem hat sich das Vereinigte Königreich verpflichtet, einen erleichterten Zugang sicherzustellen für Schweizer Staatsangehörige, die für einen längerfristigen Aufenthalt in sein Hoheitsgebiet einreisen möchten.
Abs. 4 Die Parteien
verpflichten sich, folgenden Personen, die weder schweizerische noch britische Staatsangehörige sind, die Beschaffung des erforderlichen Visums zu erleichtern:
27
28
Siehe Medienmitteilung des Bundesrates vom 22. März 2019 «Sicherung der Beziehungen Schweiz UK im Migrationsbereich nach dem Brexit», einsehbar unter www.admin.ch > Dokumentation > Medienmitteilung > Medienmitteilung des Bundesrates > Sicherung der Beziehungen Schweiz UK im Migrationsbereich nach dem Brexit.
SR 142.204
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Dienstleistungserbringenden;
Familienangehörigen, die nach dem Stichtag zu einem unter den Geltungsbereich dieses Abkommens fallenden schweizerischen oder britischen Staatsangehörigen ziehen.
Art. 14
Daueraufenthaltsstatus
Abs. 1 In der Schweiz legt Artikel 34 Absatz 2 AIG29 die Voraussetzungen fest, unter denen Ausländerinnen und Ausländer Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung haben: Sie müssen sich insgesamt mindestens zehn Jahre mit einer Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz aufgehalten haben und während den letzten fünf Jahren ununterbrochen im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung gewesen sein, es darf kein Widerrufsgrund nach Artikel 62 oder 63 Absatz 2 AIG vorliegen, und sie müssen integriert sein.
Da das FZA weder die Erteilung noch den Widerruf einer Niederlassungsbewilligung EU/EFTA regelt, ist das AIG anwendbar (Art. 34 und 63 AIG; vgl. Art. 23 Abs. 2 VEP). Das FZA ist dennoch zu berücksichtigen: Der Widerruf einer Niederlassungsbewilligung, der eine Beschränkung der Personenfreizügigkeit darstellt, muss nämlich den Anforderungen des FZA entsprechen.
Artikel 14 stützt sich nicht auf Artikel 23 FZA (vgl. Ziff. 4.4), sondern auf die zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz geltende Praxis. Diese Praxis ist nun durch das vorliegende Abkommen im schweizerischen Recht verankert und ersetzt die allgemeine Regel von Artikel 34 Absatz 2 AIG, die einen Aufenthalt von zehn Jahren vorsieht.
Daher können gemäss dieser langjährigen Praxis britische Staatsangehörige nach einem fünfjährigen ununterbrochenen Aufenthalt die Niederlassungsbewilligung beantragen, sofern auch die Bestimmungen des AIG erfüllt sind (Art. 34 Abs. 2 AIG; vgl. auch Ziff. 3.5.2.1 der Weisungen AIG30). Deshalb gelten die sprachlichen Anforderungen nach Artikel 62 VZAE auch für britische Staatsangehörige.
Auch Schweizer Staatsangehörige erhalten im Vereinigten Königreich nach dieser Praxis eine Niederlassungsbewilligung nach fünf Jahren Aufenthalt; dabei werden sie durch die britischen Behörden gleich behandelt wie Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten, welchen das Daueraufenthaltsrecht gestützt auf die Richtlinie 2004/38/EG gewährt wird (vgl. Ziff. 4.4).
Abs. 2 Dieser Absatz stützt sich auf Artikel 61 Absatz 2 AIG, der auf Gesuch hin die Aufrechterhaltung des Daueraufenthaltsstatus bei einem Auslandaufenthalt von bis zu vier Jahren festlegt.
29 30
SR 142.20 www.sem.admin.ch > Publikationen & Service > Weisungen und Kreisschreiben > I. Ausländerbereich
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Abs. 3 Um der schweizerischen Gesetzgebung zu entsprechen, sieht dieser Absatz vor, dass die Parteien des Abkommens die Aufrechterhaltung des Daueraufenthaltsstatus an die Bedingung knüpfen können, dass die Abreise gemeldet wird, ein Gesuch an die zuständigen Behörden gerichtet worden ist und dem Gesuch entsprochen wird.
Art. 15
Aufenthaltsstatus und Statuswechsel
Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger erkennt schweizerischen und britischen Staatsangehörigen, die sich auf einen originären Aufenthaltsanspruch unter dem FZA berufen können, den Statuswechsel zu. Diese Personen müssen dazu jedoch die Bestimmungen für die jeweilige Aufenthaltskategorie erfüllen. Dies betrifft demnach Personen, die bereits ein Aufenthaltsrecht in Anwendung des FZA erworben haben und somit unter das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger fallen.
Hingegen können Familienangehörige von schweizerischen oder britischen Staatsangehörigen, die einen abgeleiteten Aufenthaltsanspruch erworben haben (Familiennachzug), sich nicht auf Artikel 10 Absätze a und b berufen; sie haben also keinen originären Aufenthaltsanspruch. Das Recht auf Familiennachzug nach dem FZA beschränkt sich somit auf Personen, die ein originäres Aufenthaltsrecht besitzen.
Grenzgängerinnen und Grenzgänger verfügen über ein Recht, in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, jedoch nicht über ein Aufenthaltsrecht. Im Rahmen des Statuswechsels sieht dieses Abkommen auch nicht vor, dass die Grenzgängerbewilligung gegen eine Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung getauscht werden kann.
Art. 16
Ausstellen von Aufenthaltsdokumenten
Unter dem FZA stellt das Vereinigte Königreich für Schweizer Staatsangehörige keine Aufenthaltsdokumente aus, die das Recht zur Einreise, zum Aufenthalt oder zu einer selbstständigen oder unselbstständigen Erwerbstätigkeit bescheinigen (vgl.
hierzu die Erläuterung zu Art. 21). Zudem benötigen Dienstleistungserbringende kein Dokument für Aufenthalte von weniger als 90 Tagen (vgl. hierzu die Erläuterung zu Art. 24).
Mit dem EU-Austritt beabsichtigt das Vereinigte Königreich, ein zentrales Migrationsregister aufzubauen. Dieser Artikel soll das Verfahren festlegen, das für Schweizer Staatsangehörige im Rahmen des neuen Systems zur Registrierung von Ausländerinnen und Ausländern im Vereinigten Königreich gilt, um ein Aufenthaltsrecht zu erlangen. Dieses Verfahren gilt für alle Staatsangehörigen der EU, des EWR und der Schweiz. Damit soll geprüft werden, ob die Antragstellerin oder der Antragsteller nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU und dem Wegfall des FZA Anspruch auf Aufenthalt im Vereinigten Königreich hat.
Der Aufnahmestaat kann beschliessen, von Staatsangehörigen der anderen Partei sowie von ihren Familienangehörigen einen neuen Antrag nach den Bedingungen von Artikel 16 zu verlangen, damit diese ihre Ansprüche aus dem vorliegenden Abkommen geltend machen können. Das neue Registrierungsverfahren im Vereinig1054
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ten Königreich bedeutet, dass die Bewilligungen nicht mehr einen deklaratorischen sondern einen konstitutiven Charakter haben. Der deklaratorische Charakter kommt zur Anwendung, wenn das Aufenthaltsrecht (oder ein anderes Recht) ab dem Zeitpunkt besteht, an dem die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erfüllt sind. Die Aufenthaltsbewilligung begründet nicht das Aufenthaltsrecht, sondern bescheinigt es nur. Umgekehrt bedeutet der konstitutive Charakter, dass die Bewilligungserteilung den Staatsangehörigen der anderen Partei, die darum ersucht haben, ein Aufenthaltsrecht verleiht. Schweizer Staatsangehörige im Vereinigten Königreich, die binnen der vorgeschriebenen Frist keinen neuen Aufenthaltsstatus beantragt haben, halten sich danach ohne Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich auf.
Abs. 1 Die Absätze 13 betreffen nur das Vereinigte Königreich. Nach Abschluss des Verfahrens erhält die antragstellende Person ein Dokument, das ihren Aufenthaltsstatus nachweist (Bst. a). Buchstabe b hält fest, dass für Personen, die sich bereits im Vereinigten Königreich aufhalten, die Frist zum Einreichen eines Gesuchs für einen Aufenthaltsstatus nicht weniger als sechs Monate ab dem festgelegten Stichtag betragen darf. Diese Frist zum Einreichen eines Gesuchs beträgt mindestens drei Monate, wenn die Person erst nach dem festgelegten Stichtag ins Vereinigte Königreich einreist (z. B. im Rahmen des Familiennachzugs nach dem festgelegten Stichtag). Buchstabe c sieht zwei Fälle vor, in denen die in Buchstabe b genannten Fristen um ein Jahr verlängert werden können: (i) wenn technische Probleme das Registrierungsverfahren verunmöglichen oder (ii) wenn der Gemischte Ausschuss beschliesst, dass berechtigte Gründe für eine Fristverlängerung bestehen. Dies kann beispielsweise ein Problem sein, das eine bestimmte Personengruppe betrifft und das die fristgerechte Einreichung des Antrags verunmöglicht.
Buchstabe d ist bei Nichteinhaltung der Fristen anwendbar. Die zuständigen Behörden beurteilen die Umstände, die zum verspäteten Antrag geführt haben. Der Zweck besteht nicht darin, Personen vom neuen System auszuschliessen, sondern einen möglichst einfachen Übergang zum neuen britischen System zu ermöglichen.
Buchstabe o ermöglicht die Einführung einer systematischen Überprüfung des
Strafregisters der Antragstellerin oder des Antragstellers im Registrierungsverfahren.
Deren Zweck liegt ausschliesslich darin, zu prüfen, ob allenfalls die Beschränkungen nach Artikel 17 des Abkommens anwendbar sind (vgl. Erläuterung zu Art. 17).
Diese Bedingungen sind restriktiver als die geltenden Bestimmungen des FZA, die nur in begründeten Einzelfällen eine Überprüfung des Strafregisters vorsehen (Art. 5 Anhang I FZA).
Abs. 2 Dieser Absatz schützt die Rechte von Schweizer Staatsangehörigen und ihren Familienangehörigen während der gesamten Dauer des Registrierungsverfahrens, soweit keine Beschränkung des Aufenthaltsrechts nach Artikel 17 anwendbar ist (vgl. Erläuterung zu Bst. o).
1055
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Abs. 3 Dieser Absatz sieht vor, dass bei einem abschlägigen Entscheid des Gesuchs um einen neuen Aufenthaltstitel eine anfechtbare Verfügung verlangt werden kann. Die Verfügung kann vor einem Gericht angefochten werden (siehe Art. 8 des Abkommens). Bis ein letztinstanzliches Urteil vorliegt, bleiben die Bestimmungen dieses Abkommens anwendbar.
Abs. 4 und 5 Diese Absätze betreffen die Schweiz. Die Schweiz, die bereits ein zentrales Migrationssystem kennt (ZEMIS) und wo bereits alle ausländischen Staatsangehörigen eine Bewilligung beantragen müssen, verzichtet darauf, neue Aufenthaltsbewilligungen auszustellen. Solange ihre Bewilligung in der Schweiz gültig ist, müssen britische Staatsangehörige in der Schweiz nach dem Wegfall des FZA keine neue Bewilligung beantragen, um von den Bestimmungen dieses Abkommens zu profitieren.
Sobald eine Bewilligung EU/EFTA abläuft oder aufgrund geänderter Daten neu erteilt werden muss, stellt die zuständige kantonale Behörde eine neue Bewilligung gestützt auf das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger aus (weitere Einzelheiten siehe Ziff. 6, 8.1 und 8.2). Um den Aufwand für die kantonalen Vollzugsbehörden klein zu halten, sind nur die nötigsten Veränderungen und möglichst wenige zusätzliche administrative Schritte vorzusehen.
Absatz 5 erlaubt es auch der Schweiz, bei der Erneuerung einer Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Grenzgängerbewilligung von britischen Staatsangehörigen systematisch einen Strafregisterauszug zu verlangen. Es steht somit den kantonalen Behörden frei, einen Strafregisterauszug von britischen Staatsangehörigen zu verlangen.
Art. 17
Beschränkungen des Aufenthaltsrechts
Ein strafbares Verhalten kann je nach Schwere eine Beschränkung der unter dem FZA erworbenen und durch das vorliegende Abkommen gewährleisteten Ansprüche nach sich ziehen. Es ist zu unterscheiden zwischen Straftaten, die vor dem Stichtag begangen wurden (Abs. 1), und Straftaten, die nach dem Stichtag begangen wurden (Abs. 2). Artikel 17 ist auch anwendbar bei Grenzgängerinnen und Grenzgängern sowie bei Dienstleistungserbringenden (Art. 20 Abs. 3 und 24 Abs. 6 des vorliegenden Abkommens).
Abs. 1 Straftaten, die vor dem Wegfall des FZA begangen wurden, werden weiterhin nach den Grundsätzen von Artikel 5 Anhang I FZA beurteilt. Nach der gemäss Artikel 16 Absatz 2 FZA zu berücksichtigenden Rechtsprechung des EuGH und derjenigen des Bundesgerichts darf eine strafrechtliche Verurteilung nur insoweit herangezogen werden, als ein persönliches Verhalten vorliegt, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Eine Massnahme ist somit nur gerechtfertigt, wenn eine hinreichend schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt. So dürfen keine Massnahmen allein aus generalpräventiven Gründen verfügt werden. Während die Prognose über das künftige 1056
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Wohlverhalten im Rahmen der Interessenabwägung nach AIG zwar mit zu berücksichtigen, jedoch nicht ausschlaggebend ist, kommt es bei Artikel 5 Anhang I FZA entscheidend auf das Rückfallrisiko an. Verlangt wird eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die ausländische Person auch künftig die öffentliche Ordnung stören wird.31 Abs. 2 Für Straftaten, die nach dem Wegfall des FZA begangen werden, kommt das nationale Recht zur Anwendung (in der Schweiz Art. 62 und 63 AIG). Somit kann beispielsweise bereits eine Freiheitsstrafe von mehr als zwölf Monaten zum Widerruf der Aufenthaltsbewilligung führen, unter dem Vorbehalt des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes.
Art. 18
Verbundene Rechte
Das Abkommen übernimmt die den Familienangehörigen verliehenen Rechte nach Artikel 3 Absätze 5 und 6 Anhang I FZA. Somit haben unter diesem Abkommen nachgezogene Familienangehörige ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit das Recht auf Zugang zu einer Erwerbstätigkeit. Kinder von britischen Staatsangehörigen können weiter wie im Rahmen des FZA unter den gleichen Bedingungen wie Schweizer Staatsangehörige am allgemeinen Unterricht sowie an der Lehrlings- und Berufsbildung teilnehmen. Dasselbe gilt für Kinder von Schweizer Staatsangehörigen im Vereinigten Königreich.
Art. 19
Rechte von Arbeitnehmenden und Selbstständigen, die ihr Aufenthaltsrecht ausüben, und ihrer Familienangehörigen
Abs. 1 Das Abkommen übernimmt den Grundsatz der beruflichen und geografischen Mobilität sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung nach den Artikeln 8 und 9 Anhang I FZA für Arbeitnehmende und nach den Artikeln 14 und 15 Anhang I FZA für Selbstständige. Durch die geografische Mobilität können Arbeitnehmende und Selbstständige aus dem Vereinigten Königreich oder aus der Schweiz ihren Wohnsitz im ganzen Gebiet der Schweiz und des Vereinigten Königreichs frei wählen. Im Rahmen der beruflichen Mobilität sind sie weiter zum Stellen- und Berufswechsel sowie zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt.
Beide Vertragsparteien haben auf eine Aufzählung der FZA-Rechte unter dem Gleichbehandlungsgrundsatz gemäss den Artikeln 9 und 15 Anhang I FZA verzichtet. Diese Rechte beziehen sich auf Bedingungen im Zusammenhang mit der Beschäftigung, beispielsweise die Entlöhnung, und im Fall von Arbeitslosigkeit auf die berufliche Wiedereingliederung. In diesem Bereich dürfen britische und schweizerische Staatsangehörige unter diesem Abkommen nicht anders behandelt werden als inländische Arbeitnehmende. Auch was steuerliche und soziale Vergünstigungen
31
Vgl. BGE 139 II 121.
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angeht, darf keine Diskriminierung zwischen Personen, die unter dieses Abkommen fallen, und inländischen Arbeitnehmenden und Selbstständigen vorliegen.
Abs. 2 Familienangehörige von Arbeitnehmenden und Selbstständigen werden durch dieses Abkommen im selben Mass wie unter dem FZA geschützt.
Kapitel 2: Grenzgängerinnen und Grenzgänger Art. 20
Rechte und Beschränkung der Rechte von Grenzgängerinnen und Grenzgängern
Als Arbeitnehmende oder Selbstständige haben Grenzgängerinnen und Grenzgänger das gleiche Recht auf berufliche und geografische Mobilität (Art. 8 und 14 Anhang I FZA) und auf Gleichbehandlung (Art. 9 und 15 Anhang I FZA).
Grenzgängerinnen und Grenzgänger haben das Recht zur Einreise und Ausreise nach Artikel 13 des vorliegenden Abkommens. Ihre Rechte können nach Artikel 17 beschränkt werden.
Sie behalten den Grenzgängerstatus und damit ihre erworbenen Ansprüche, wenn sie den Arbeitgeber ohne Unterbruch der Erwerbstätigkeit wechseln. Wenn sie hingegen eine Zeitlang arbeitslos sind, verlieren sie die in diesem Abkommen gewährleisteten Ansprüche. Dieser Unterschied zum FZA ist auf den Übergang des deklaratorischen Charakters der Grenzgängerbewilligung zum konstitutiven Charakter zurückzuführen (vgl. Ziff. 4.3 und Erläuterung zu Art. 16).
Art. 21
Ausstellung eines Dokuments über die Rechte von Grenzgängerinnen und Grenzgängern
Nach Absatz 1 können die Schweiz und das Vereinigte Königreich von Grenzgängerinnen und Grenzgängern verlangen, dass diese ein Dokument beantragen, das die Rechte gestützt auf dieses Abkommen bescheinigt.
Die Schweiz wird weiterhin und gemäss der üblichen Praxis verlangen, dass britische Grenzgängerinnen und Grenzgänger eine Grenzgängerbewilligung beantragen.
Diese Bewilligung ist in der ganzen Schweiz gültig.
Kapitel 3: Immobilien Art. 22
Erwerb und Beibehaltung von Immobilien
Abs. 1 Schweizerische und britische Staatsangehörige, die von diesem Abkommen profitieren, sollen weiterhin die vor dem Wegfall des FZA erworbenen Immobilien behalten können. Sie müssen diese auch nicht veräussern, wenn sie die Schweiz wieder verlassen. Es gibt diesbezüglich keine Veränderungen zu den aktuellen Bestimmungen des FZA (Art. 25 Anhang I FZA).
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Abs. 2 Von diesem Abkommen erfasste schweizerische und britische Staatsangehörige mit einem Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich bzw. in der Schweiz können nach dem Wegfall des FZA gemäss denselben Regeln eine Immobilie erwerben, sofern das Aufenthaltsrecht weiterhin besteht. Darunter fallen sowohl Personen mit Erwerbstätigkeit als auch Personen ohne Erwerbstätigkeit in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich. Diese anwendbaren Regeln sollen weiterhin dieselben sein wie für inländische Personen. Absatz 2 präzisiert in diesem Zusammenhang, dass zum Erwerbszeitpunkt der Immobilie das Aufenthaltsrecht weiterhin bestehen und die betreffende Person ihren Hauptwohnsitz im Aufnahmestaat haben muss.
Abs. 3 Grenzgängerinnen und Grenzgänger, die ihren Hauptwohnsitz gemäss Definition nicht im Beschäftigungsstaat haben, können weiterhin innerhalb der Beschränkungen von Artikel 25 Absatz 3 Anhang I FZA eine Immobilie erwerben. Erfüllen sie die Bestimmungen dieses Abkommens, so können schweizerische und britische Grenzgängerinnen und Grenzgänger eine für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit dienende Immobilie und eine Zweitwohnung gemäss den gleichen Rechten erwerben wie schweizerische und britische Staatsangehörige, die im entsprechenden Land wohnen.
Der Erwerb von Immobilien durch britische Staatsangehörige wird im BewG32 geregelt.
Kapitel 4: Dienstleistungserbringende Art. 23
Rechte der Dienstleistungserbringenden
Artikel 23 regelt unter anderem die erworbenen Ansprüche in Bezug auf die Dienstleistungserbringung durch selbstständig oder unselbstständig erwerbende Personen («90-Tage-Regel»).
Abs. 1 Die Rechtssicherheit ist zu gewährleisten. Das heisst, für bestehende Vertragsbeziehungen zwischen Dienstleistungserbringenden und Kundinnen oder Kunden aus der Schweiz und aus dem Vereinigten Königreich und umgekehrt sind die entsprechenden Pflichten des FZA beizubehalten, und dies während eines Zeitraums von fünf Jahren (Bst. ii). Die Erbringung einer Dienstleistung nach dem Stichtag setzt voraus, dass vor dem Ende des Stichtags ein schriftlicher Dienstleistungsvertrag abgeschlossen wurde (Bst. i).
Abs. 2 Vor Ablauf des Zeitraums von fünf Jahren gemäss Absatz 1 entscheidet der Gemischte Ausschuss, ob die von den Dienstleistungserbringenden erworbenen An-
32
SR 211.412.41
1059
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sprüche um weitere fünf Jahre verlängert werden können, sofern keine zwingenden Gründe dagegensprechen.
Abs. 3 Wenn die Schweiz und das Vereinigte Königreich ein Abkommen zum gleichen Gegenstand abschliessen, so ersetzt dieses neue Abkommen gemäss den Rechten und Pflichten aus dem Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen33 (GATS) der Welthandelsorganisation (WTO) auf jeden Fall die Bestimmungen zur Dienstleistungserbringung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger.
Abs. 4 In Bezug auf die Anerkennung von Berufsqualifikationen bezweckt dieser Absatz, im Rahmen der Dienstleistungserbringung in reglementierten Berufen den Geltungsbereich dieses Abkommens gegenüber dem Austrittsabkommen zu beschränken. Er soll sicherstellen, dass nur die im Vereinigten Königreich und in der Schweiz niedergelassenen Dienstleistungserbringenden betroffen sind. Britische Staatsangehörige könnten nämlich in einem EU-Staat niedergelassen sein, wenn sie Dienstleistungen in der Schweiz erbringen. In einem solchen Fall ist das Austrittsabkommen anwendbar und nicht das vorliegende Abkommen. Ausserdem sieht dieser Absatz vor, dass nur die schweizerischen und britischen Behörden für die Aufsicht über Dienstleistungserbringende zuständig sind.
In Bezug auf die Koordinierung der sozialen Sicherheit legt dieser Absatz fest, dass für Dienstleistungserbringende, die die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllen, die Koordinierungsregeln der sozialen Sicherheit nach dem FZA gelten.
Abs. 5 und 6 Dienstleistungserbringende unterliegen den Bedingungen in Bezug auf das Recht zur Einreise und Ausreise nach Artikel 13 und den Bedingungen von Artikel 17 (Vorbehalt der öffentlichen Ordnung).
So wie das FZA steht Artikel 23 unter anderem nicht der Anwendbarkeit des Entsendegesetzes und den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 198934 über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih entgegen. Britische Dienstleistungserbringende, die von diesen Bestimmungen Gebrauch machen, unterliegen somit weiterhin den flankierenden Massnahmen zum Schutz der in der Schweiz geltenden Lohn- und Arbeitsbedingungen.
Art. 24
Ausstellung eines Dokuments über die Rechte von Dienstleistungserbringenden
Dieser Artikel gibt der Schweiz und dem Vereinigten Königreich die Möglichkeit, auch von Dienstleistungserbringenden ein Dokument zu verlangen, das die Rechte aus diesem Abkommen bescheinigt. In der Schweiz werden britische Dienstleis33 34
www.wto.org > Documents, données et ressources > Textes juridiques de l'OMC > Accord général sur le commerce des services SR 823.11
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tungserbringende weiterhin das Online-Meldeverfahren benutzen, um Dienstleistungen in der Schweiz erbringen zu können. Die bereits in der Schweiz geltenden Meldevorschriften (z. B. die «8-Tage-Regel» gemäss Entsendegesetz) müssen weiterhin eingehalten werden. Im Gegensatz zur Regelung für Dienstleistungserbringende aus der EU/EFTA kann die Schweiz verlangen, dass Unternehmen mit Sitz im Vereinigten Königreich und selbstständige Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs, die ihre Rechte geltend machen möchten, über ein Dokument verfügen, das die Rechte aus diesem Abkommen bescheinigt (das Meldeverfahren hat konstitutiven Charakter, vgl. Erläuterung zu Ziff. 16).
5.3
Teil Drei: Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
Teil Drei bezweckt den Schutz der Ansprüche aus Anhang II FZA betreffend die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, wenn das FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich ab dem festgelegten Stichtag nicht mehr anwendbar ist.
Teil Drei legt die Koordinierungsregeln der Verordnungen (EG) Nr. 883/200435 und 987/200936 fest, die zum Schutz der erworbenen Ansprüche weiterhin anwendbar sind.
Der Text spiegelt das Austrittsabkommen. Er übernimmt die gleichen Bestimmungen und passt sie an den zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich bestehenden Kontext an, um einheitliche Prozesse zwischen den verschiedenen Parteien zu gewährleisten.
Im Kern wird die Koordinierung in ihrer Gesamtheit beibehalten für Personen, die sich in einer grenzüberschreitenden Situation befinden. Bei Personen, die sich nicht in dieser Situation befinden, sondern in beiden Staaten Versicherungszeiten aufweisen, sind die sich daraus ergebenden Ansprüche geschützt. Dies gilt insbesondere für den künftigen Rentenbezug sowie die Ansprüche im Bereich der Krankenversicherung und der Familienleistungen.
In einigen Punkten hängen der Inhalt und das Funktionieren des Abkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich vom Bestehen eines Austrittsabkommens ab. Um der diesbezüglichen Unsicherheit zum Zeitpunkt der Erstellung des Textes Rechnung zu tragen, haben die Schweiz und das Vereinigte Königreich besondere Bestimmungen vereinbart für den Fall, dass kein Austrittsabkommen zustande kommt.
35
36
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. L 166 vom 30.4.2004, S. 1.
Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABl. L 284 vom 30.10.2009, S. 1.
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Art. 25
Persönlicher Geltungsbereich
Dieser Artikel regelt den persönlichen Geltungsbereich des Teils zur sozialen Sicherheit und ergänzt den persönlichen Geltungsbereich von Artikel 10 des Abkommens. Die vom Geltungsbereich erfassten Personen profitieren von der Beibehaltung sämtlicher Koordinierungsregeln, die im FZA festgelegt sind.
Abs. 1 Dieser Absatz gilt für Personen, die sich in Bezug auf die soziale Sicherheit am Stichtag, ab dem das FZA auf die Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz nicht mehr anwendbar ist, in einer grenzüberschreitenden Situation befinden. Er führt die verschiedenen grenzüberschreitenden Situationen auf.
Bst. a und b Diese Buchstaben beziehen sich auf schweizerische und britische Staatsangehörige, die am Stichtag im anderen Staat gesetzlich versichert sind, beispielsweise auf einen Schweizer Staatsangehörigen, der dauerhaft im Vereinigten Königreich lebt und arbeitet, oder eine britische Grenzgängerin, die im Vereinigten Königreich wohnt und in der Schweiz arbeitet.
Bst. c und d Diese Buchstaben beziehen sich auf entsandte Arbeitskräfte, das heisst schweizerische und britische Staatsangehörige, die vorübergehend in den anderen Staat entsandt werden und die der Gesetzgebung ihres Herkunftsstaats unterstellt bleiben.
Bst. e Dieser Buchstabe betrifft alle anderen Situationen der grenzüberschreitenden Unterstellung, in denen schweizerische und britische Staatsangehörige im anderen Staat arbeiten, aber gemäss der Koordinierungsverordnung (EG) Nr. 883/2004 im Herkunftsstaat versichert bleiben, beispielsweise einen selbstständigerwerbenden Schweizer, der seinen Beruf in beiden Staaten ausübt und in der Schweiz wohnt.
Bst. f Dieser Buchstabe regelt den Schutz von Staatenlosen und Flüchtlingen, die sich in einer der oben genannten Situationen befinden.
Abs. 2 Dieser Absatz legt fest, wie lange die betroffenen Personen unter die Bestimmungen der Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 fallen: Sie sind so lange geschützt, wie ihre grenzüberschreitende Situation anhält. Die Ansprüche von entsandten Arbeitskräften bleiben somit bis zum Ablauf der Entsendedauer erhalten.
Abs. 3 und 4 Diese Absätze gewährleisten ebenfalls die Beibehaltung der Koordinierungsregeln nach dem FZA für Personen, die sich in Bezug auf die sozialversicherungsrechtliche Unterstellung nicht oder nicht mehr in einer grenzüberschreitenden Situation befin1062
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den, aber im anderen Staat wohnen oder arbeiten dürfen. Dies kann beispielsweise ein in das Vereinigte Königreich entsandter Schweizer Arbeitnehmer sein, der nach dem Ablauf der Entsendedauer im Vereinigten Königreich bleibt, um dort zu arbeiten. Diese Absätze gewährleisten, dass alle Personen, die nach dem vorliegenden Abkommen berechtigt sind, im anderen Staat zu wohnen und zu arbeiten, von der Koordinierung im Bereich der sozialen Sicherheit profitieren.
Die Familienangehörigen sind in allen diesen Situationen ebenfalls vom Geltungsbereich erfasst. Absatz 5 hält aber fest, dass nur die abgeleiteten Rechte geschützt sind, das heisst die Rechte, die sich aus ihrem Verwandtschaftsverhältnis mit der Arbeitnehmerin oder dem Arbeitnehmer ergeben.
Art. 26
Regeln für die Koordinierung der sozialen Sicherheit
Dieser Artikel bestimmt die Regeln, die für die unter den Teil Drei fallenden Personen gelten. Er verweist auf die Koordinierungsregeln der Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und 987/2009 sowie auf die sekundären Rechtsakte, die sich daraus ergeben (Beschlüsse, Empfehlungen) und die im Anhang II FZA enthalten sind.
Art. 26a
Abgedeckte Sonderfälle
Personen, die sich am Stichtag nicht oder nicht mehr in einer grenzüberschreitenden Situation befinden, profitieren von der Beibehaltung gewisser Rechte nach diesem Artikel. Diese Personen sind nicht berechtigt, im anderen Staat gestützt auf das vorliegende Abkommen zu wohnen oder zu arbeiten.
Abs. 1 Bst. a Schweizerische und britische Staatsangehörige, die Rechte erworben haben, weil sie vor dem Stichtag Versicherungszeiten im anderen Staat zurückgelegt haben, sind geschützt. Es geht vor allem darum, die vor und nach dem Stichtag zurückgelegten Versicherungszeiten bei der Gewährung einer künftigen Rente zu berücksichtigen.
Bst. b und c Die Koordinierung im Bereich der Krankenversicherung wird beibehalten für Personen, die vor dem Stichtag die Genehmigung für eine Behandlung im anderen Staat erhalten haben oder die sich am Stichtag vorübergehend im anderen Staat aufhalten, beispielsweise Touristen.
Bst. d Der Anspruch auf Familienleistungen wird beibehalten für Personen, die sich nicht selber in einer grenzüberschreitenden Situation befinden, die aber am Stichtag den Rechtsvorschriften eines Staates unterliegen und Kinder haben, die im anderen Staat wohnen.
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Bst. e Für im Ausland lebende Personen, die am Stichtag Rechte als Familienangehörige haben, beispielsweise abgeleitete Ansprüche auf Sachleistungen bei Krankheit, sind die Koordinierungsregeln weiterhin anwendbar.
Abs. 2 Die Koordinierungsregeln gelten für die Krankenversicherung von Personen, die eine Leistung in Anwendung von Absatz 1 Buchstabe a erhalten. Dies sind im Wesentlichen Personen, die eine Rente erhalten aufgrund von Versicherungszeiten, die im anderen Staat zurückgelegt wurden. Ebenso können diese Personen vom Export von Familienleistungen profitieren.
Art. 26b
Staatsangehörige von Mitgliedstaaten der Europäischen Union
Im Bereich der sozialen Sicherheit sieht das FZA eine multilaterale Koordinierung vor, die alle Mitgliedstaaten der EU umfasst und alle Bürgerinnen und Bürger der EU betrifft.
Staatsangehörige der EU können sich somit in einer grenzüberschreitenden Situation mit der Schweiz und dem Vereinigten Königreich befinden oder Rechte im Zusammenhang mit diesen beiden Staaten erworben haben. Auch diese Rechte sind so weit wie möglich zu schützen.
Artikel 26b sieht somit vor, den Teil Drei des vorliegenden Abkommens auf Staatsangehörige der EU anzuwenden, sofern das Vereinigte Königreich und die EU ein Austrittsabkommen abgeschlossen haben.
Damit dieser Schutz möglichst umfassend ist, muss die EU ebenfalls einbezogen werden. Sie muss einerseits die Schweizer Staatsangehörigen in ihre Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich und andererseits die Staatsangehörigen des Vereinigten Königreichs in ihre Beziehungen mit der Schweiz einbinden (Triangulation).
Deshalb sieht dieser Artikel seine Anwendbarkeit vor, sofern die EU entsprechende Abkommen mit dem Vereinigten Königreich einerseits und der Schweiz andererseits abschliesst. Der gleiche Artikel wird mutatis mutandis in das Austrittsabkommen aufgenommen, um Schweizer Staatsangehörige zu schützen.
Es ist jedoch zu betonen, dass diese Lösung die bestehende multilaterale Beziehung gestützt auf das FZA nicht vollständig ersetzt. Sie bietet keinen umfassenden Schutz der Rechte von Personen, die sich in einer Situation befinden, die gleichzeitig die Schweiz, das Vereinigte Königreich und die EU betrifft.
Art. 26c
Anwendung dieses Teils unter Umständen, in denen es kein massgebliches Austrittsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich gibt
Durch diese Bestimmung sind die erworbenen Ansprüche in den Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Schweiz auch dann geschützt, wenn das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlässt.
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Art. 27
Rückerstattung, Rückforderung und Verrechnung
Die Regeln betreffend die Rückerstattung, die Rückforderung und die Verrechnung von Forderungen werden beibehalten für Ereignisse, die vor dem Stichtag aufgetreten sind, und zwar auch für Personen, die nicht unter den persönlichen Geltungsbereich von Artikel 25 fallen. Ereignisse, die nach dem Stichtag auftreten, sind jedoch nur geschützt, wenn sie sich auf Personen beziehen, die unter Artikel 25 fallen.
Art. 28
Rechtsentwicklung und Anpassung von Rechtsakten der Union
Abs. 1 Die Parteien vereinbaren, untereinander das Koordinierungsrecht der EU anzuwenden, wie es am Stichtag im FZA enthalten ist.
Ein optimales Funktionieren der Koordinierungsregeln bedingt jedoch, dass alle Parteien die gleichen Regeln anwenden. Da die EU, das Vereinigte Königreich und die Schweiz weiterhin miteinander verbunden sind (Art. 26b), ist vorzusehen, dass die Anpassungen der europäischen Rechtsvorschriften, zu deren Übernahme sich die Schweiz und das Vereinigte Königreich in ihren jeweiligen Abkommen mit der EU verpflichtet haben, ebenfalls in das vorliegende Abkommen übernommen werden können (Verordnungsänderungen, neue Beschlüsse und Empfehlungen).
Der gemäss dem vorliegenden Abkommen eingesetzte Gemischte Ausschuss ist für diese Anpassungen zuständig. Ein Anhang zum Abkommen führt die anwendbaren Rechtsakte der EU auf.
Abs. 2 Bei substanziellen Änderungen des EU-Rechts sieht dieses Abkommen eine spezifische Prüfung der Auswirkungen der neuen Regeln auf die beiden Parteien vor.
Abs. 3 Die für die Schweiz und das Vereinigte Königreich massgebenden Anpassungen der EU-Verordnungen (gemäss den Anhängen zu den Verordnungen [EG] Nr. 883/2004 und 987/2009) sind ebenfalls in einem Anhang zu diesem Abkommen aufgeführt.
Art. 28a
Rechtsentwicklung und Anpassung von Rechtsakten der Union, wenn kein entsprechendes Austrittsabkommen besteht
Auch wenn kein Austrittsabkommen besteht, können die Änderungen der Koordinierungsregeln nach dem gleichen Mechanismus gemäss den jeweiligen Umständen übernommen werden: vorgängige Übernahme ins FZA, Entscheid des Gemischten Ausschusses.
Art. 28b
Überprüfung von Teil Drei, wenn kein massgebliches Austrittsabkommen besteht
Die Anwendung der Koordinierungsregeln der EU zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich bei Fehlen eines Austrittsabkommens könnte sich in der
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Praxis als kompliziert, unbefriedigend oder von den Parteien nicht mehr erwünscht erweisen.
Dieser Artikel sieht ausdrücklich vor, dass die Schweiz und das Vereinigte Königreich nach einem Jahr überprüfen, ob die angewandten Regeln angemessen sind, und diese allenfalls ändern können.
5.4
Teil Vier: Gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen
Teil Vier bezweckt den Schutz der erworbenen Ansprüche und der Anwartschaften, die sich aus Anhang III FZA betreffend die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen ergeben; dieser ist ab dem Stichtag zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich nicht mehr anwendbar.
Der Text stützt sich auf das Austrittsabkommen und geht in Bezug auf die Anwartschaften über dieses hinaus. Er bildet gewisse Bestimmungen nach und passt sie an den zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich bestehenden Kontext an. So übernimmt die Schweiz nicht alle Spezialweisungen der EU im Zusammenhang mit der Anerkennung von Qualifikationen. Das Vereinigte Königreich hat sich bei der Formulierung der Artikel sehr vorsichtig gezeigt und einen Wortlaut gewünscht, der dem Originaltext des Austrittsabkommens möglichst nahekommt.
Davon ausgenommen wurden die Anwartschaften, für die eine grosszügige Lösung ausgehandelt wurde.
Im Wesentlichen sind die erworbenen Ansprüche gewährleistet. Schweizerische und britische Staatsangehörige haben vier Jahre Zeit, um ihre Anwartschaften zu sichern.
Art. 29
Persönlicher Geltungsbereich
Dieser Artikel regelt den persönlichen Geltungsbereich des Teils betreffend die Anerkennung von Qualifikationen. Dieser wird gegenüber dem persönlichen Geltungsbereich von Artikel 10 des Abkommens erweitert, da er über das Kriterium des Wohnsitzes der schweizerischen oder britischen Staatsangehörigen hinausgeht. Der Geltungsbereich wird nicht auf EU-Bürgerinnen und -Bürger erweitert, die in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich eine Qualifikation gefolgt von einer Anerkennung erhalten haben. Diese fallen nämlich grösstenteils unter das Austrittsabkommen.
Art. 30
Anerkannte Berufsqualifikationen
Die Gültigkeit aller Anerkennungen durch das Vereinigte Königreich oder die Schweiz vor dem tatsächlichen Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ist gewährleistet. Dies gilt auch für Anerkennungen oder gleichwertige Dokumente, die
1066
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in Anwendung der europäischen Richtlinien gemäss Anhang III FZA37 einschliesslich aller Spezialweisungen erteilt wurden. Schweizerische und britische Berufspersonen, die vor dem Stichtag einen reglementierten Beruf gestützt auf eine Anerkennung ihrer Qualifikationen ausüben, können diesen Beruf auch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ausüben. Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, die bei der zuständigen Stelle in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich eingetragen und unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung tätig sind, dürfen diese Tätigkeit weiter ausüben, sofern ihr Eintrag fortbesteht.
Art. 30a
Dienstleistungserbringer in reglementierten Berufen
Dieser Artikel präzisiert den Artikel 23 in Bezug auf die Dienstleistungserbringung in reglementierten Berufen.
Art. 31
Laufende Verfahren betreffend die Anerkennung von Berufsqualifikationen
Dieser Artikel gewährleistet die Anwartschaften, namentlich von natürlichen Personen, die vor dem Stichtag im Vereinigten Königreich oder in der Schweiz einen Antrag auf Anerkennung ihrer Berufsqualifikation eingereicht haben, oder von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, die sich bei der zuständigen Stelle in der Schweiz oder im Vereinigten Königreich eintragen lassen, um unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung oder unter der Berufsbezeichnung des Aufnahmestaats tätig zu sein.
Art. 32
Noch nicht eingeleitete Anerkennungsverfahren
Dieser Artikel ist eine Besonderheit des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger, die im Austrittsabkommen nicht vorkommt. Er soll während einer gewissen Zeit Schutz bieten für Inhaberinnen und Inhaber von schweizerischen oder britischen Berufsqualifikationen, die nach dem Stichtag das Anerkennungsverfahren noch nicht eingeleitet haben und dies aber tun möchten, oder für Personen, die im Vereinigten Königreich oder in der Schweiz eine Ausbildung absolvieren und die einen Anerkennungsentscheid beantragen möchten, sobald sie ihre Qualifikation nach dem Stichtag erhalten haben. Diese Gruppe von Berufsleuten kann sich bis zu vier Jahre nach dem Stichtag auf die Regeln des FZA berufen. Wird die Ausbildung innerhalb dieser Frist nicht abgeschlossen, gewährleistet 37
Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255 vom 30.9.2005, S. 22); Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, ABl. L 77 vom 14.3.1998, S. 36; Richtlinie 74/556/EWG des Rates vom 4. Juni 1974 über die Einzelheiten der Übergangsmassnahmen auf dem Gebiet der Tätigkeiten des Handels mit und der Verteilung von Giftstoffen und der Tätigkeiten, die die berufliche Verwendung dieser Stoffe umfassen, einschliesslich der Vermittlertätigkeiten, ABl. L 307 vom 18.11.1974, S. 1; Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, ABl. L 382 vom 31.12.1986, S. 1.
1067
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Artikel 32 keinen Schutz. Aus Gründen der Rechtssicherheit wollten die Parteien keine längere Frist festlegen.
Art. 33
Verwaltungszusammenarbeit bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen
Dieser Artikel regelt die Verwaltungszusammenarbeit und spiegelt den Wortlaut des Austrittsabkommens.
5.5 Art. 34
Teil Fünf: Schlussbestimmungen Anhänge
Anhang I, der ein integraler Bestandteil des Abkommens ist, betrifft die soziale Sicherheit. In diesem Zusammenhang verweisen die anwendbaren Bestimmungen auf das Koordinierungsrecht der EU. Dieses Koordinierungsrecht umfasst zwei Verordnungen sowie Beschlüsse und Empfehlungen, die deren Anwendung und Auslegung präzisieren. Wie im FZA sind die zwischen den Parteien anwendbaren Beschlüsse und Empfehlungen (Teil I des Anhangs) sowie die Verordnungsänderungen, deren Übernahme die Parteien beschlossen haben (Teil II), aufzulisten.
Teil III des Anhangs enthält besondere Durchführungsbestimmungen im Zusammenhang mit den Rechtsvorschriften der beiden Vertragsparteien, die sich nach dem FZA richten.
Art. 35
Authentische Texte
Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger ist in deutscher und englischer Sprache verfasst, wobei der Wortlaut beider Texte gleichermassen verbindlich ist.
Art. 36
Inkrafttreten und Anwendung
In den Schlussbestimmungen (Art. 36) werden das Inkrafttreten des Abkommens sowie dessen vorläufige Anwendung ab dem «festgelegten Stichtag» geregelt. Der «festgelegte Stichtag» wird in Artikel 2 Buchstabe b des Abkommens definiert.
Somit wird sichergestellt, dass das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger nach dem Wegfall des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich ohne Unterbruch angewendet wird.
Falls das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlässt, wird das Abkommen am Tag nach dem EU-Austritt angewendet. Gegebenenfalls ist das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger vorläufig anwendbar (vgl. Ziff. 9.4). Kommt hingegen eine Übergangsphase zustande, so bezieht sich der festgelegte Stichtag auf den Zeitpunkt, an dem diese Übergangsphase endet. Gegenwärtig wäre dies der 1. Januar 2021, es sei denn, die EU und das Vereinigte Königreich beschliessen, die Übergangsphase zu verlängern.
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6
Grundzüge des Umsetzungserlasses
Die Rechtsordnung der Schweiz folgt dem monistischen System, wonach völkerrechtliche Bestimmungen automatisch innerstaatliche Geltung erlangen, ohne dass sie durch einen speziellen Transformationsakt in das Landesrecht überführt werden müssen.
Doch nicht alle Normen des Völkerrechts begründen direkte Rechte und Pflichten.
Es stellt sich die Frage, ob eine völkerrechtliche Bestimmung nur für den Staat gilt oder ob sie direkt Rechte und Pflichten für natürliche und juristische Personen begründet. Als direkt anwendbar gelten Normen, die genügend konkret und bestimmt sind, dass natürliche oder juristische Personen daraus direkt Rechte und Pflichten ableiten und vor Verwaltungs- und Gerichtsbehörden geltend machen oder einklagen können.38 Umgekehrt bedeutet dies, dass die rechtsanwendenden Behörden und die Gerichte solche Völkerrechtsnormen direkt anwenden können.
Britische Staatsangehörige können somit direkt die Rechte gemäss dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger geltend machen. Dieses Abkommen ist Teil der schweizerischen Rechtsordnung und muss nicht umgesetzt werden, um landesrechtlich Geltung zu erlangen.
Für die Umsetzung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger schlägt der Bundesrat die folgenden Gesetzesänderungen (Ziff. 7) vor, die in den Kompetenzbereich der Bundesversammlung fallen. Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger bedingt keine Anpassungen im AIG, da dieser völkerrechtliche Vertrag die Rechtsstellung von britischen Staatsangehörigen und ihren Familienangehörigen regelt, welche vor dem Stichtag über erworbene Rechte oder Anwartschaften gestützt auf das FZA verfügen (siehe Art. 2 Abs. 1 AIG). Aufgrund der direkten Anwendbarkeit des Abkommens sind mit Ausnahme der beiden im Bundesbeschluss aufgeführten Gesetze keine weiteren Gesetzesanpassungen notwendig.
Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen werden in den Genehmigungsbeschluss aufgenommen (Art. 141a Abs. 2 der Bundesverfassung39; BV) und treten somit erst nach ihrer Genehmigung durch die Bundesversammlung in Kraft, während das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger vorläufig anwendbar ist, falls das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlässt.
Der Vertrag enthält direkt anwendbare Bestimmungen, und er wird
gegebenenfalls im Sinne von Artikel 7b des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199740 (RVOG) vorläufig angewendet. Im Zeitpunkt des Beginns der vorläufigen Anwendung werden indessen die mit dem Bundesbeschluss ebenfalls zu ändernden Bestimmungen des BewG und des BGFA noch nicht in Kraft stehen.
Zum Zeitpunkt des Beginns der vorläufigen Anwendung des Abkommens werden indessen die mit dem Bundesbeschluss zu ändernden Bestimmungen des BewG und des BGFA noch nicht in Kraft stehen. Somit wären diese Bestimmungen bis zu 38 39 40
BGE 142 II 161 E. 4.5.1 und BGE 140 II 185 E. 4.2.
SR 101 SR 172.010
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ihrem Inkrafttreten nicht auf die unter das Abkommen fallenden Staatsangehörigen anwendbar. Während der Zeitspanne zwischen dem Beginn der vorläufigen Anwendung des Abkommens und dem Inkrafttreten der Gesetzesbestimmungen gelten die Bestimmungen des Abkommens.
Wird ein Austrittsabkommen abgeschlossen, so sind die Gesetzes- und Verordnungsänderungen (vgl. Ziff. 7.1) erst bei Beendigung der Übergangszeit wirksam.
7
Erläuterungen zu den Bestimmungen des Umsetzungserlasses
Der Umsetzungserlass enthält die vorgeschlagenen Änderungen des BewG und des BGFA.
7.1
BewG
Artikel 22 des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger bezweckt auf dem Gebiet des Immobilienerwerbs den Erhalt der durch britische Staatsbürger bereits vor dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU erworbenen Rechte gestützt auf Artikel 25 Anhang I FZA. Entsprechend dem Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger wird der Erhalt dieser Rechte in die Bestimmungen des BewG übernommen. Von diesen Änderungen sind keine Auswirkungen auf den schweizerischen Immobilienmarkt zu erwarten. An der Bewilligungspflicht und den Bewilligungsvoraussetzungen für den Erwerb von Ferienwohnungen ändert sich nichts.
Ingress Die Änderung des BewG wird zum Anlass genommen, die Verweise im Ingress zu aktualisieren. Der geltende Ingress enthält eine Zuständigkeitsumschreibung sowie Verweise auf die Artikel 64 und 64bis der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874.
Aktualisiert, jedoch inhaltlich unverändert verweist der Ingress neu auf die Artikel 54 Absatz 1, 122 Absatz 1 und 123 Absatz 1 BV.
Art. 5 Abs. 1 Bst. a Der neue Buchstabe a Ziffer 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind.
Weiterhin für jeglichen Erwerb von Grundstücken von der Bewilligungspflicht befreit sind britische Staatsangehörige, die ihren (nach wie vor gültigen) rechtmässigen Wohnsitz nach Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung vom 1. Oktober 198441 über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewV) vor dem in Artikel 2 des Abkommens festgelegten Stichtag erworben haben und ihren tatsächlichen Wohnsitz in der Schweiz haben. Um von der Bewilligungspflicht ausgenommen zu sein, müssen jedoch zum Erwerbszeitpunkt beide Voraussetzungen erfüllt 41
SR 211.412.411
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sein. Bereits rechtmässig erworbene Grundstücke müssen nicht veräussert werden, wenn der Erwerber oder die Erwerberin den Wohnsitz zu einem späteren Zeitpunkt ins Ausland verlegt. Der geltende Buchstabe a wird unverändert zum Buchstaben a Ziffer 1. Der Begriff «Europäische Gemeinschaft» wird ersetzt durch «Europäische Union».
Art. 7 Bst. j Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs, die ihre (nach wie vor gültige) Arbeitsbewilligung als Grenzgänger (Grenzgängerbewilligung EU/EFTA) vor dem in Artikel 2 des Abkommens festgelegten Stichtag erworben haben, können bewilligungsfrei in der Region ihres Arbeitsorts eine Zweitwohnung erwerben. Die in Artikel 10 BewV festgelegten Limiten für die Grundstückfläche und die Nettowohnfläche gelten nicht, da der Erwerb nicht der Bewilligungspflicht unterliegt. Es darf sich aber wie für den bewilligungsfreien Erwerb einer Hauptwohnung nach Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b BewG nur um eine einzige Wohneinheit handeln. Die Erwerberin oder der Erwerber muss die Zweitwohnung nicht veräussern, wenn sie oder er diese nicht mehr als solche verwendet. Der geltende Buchstabe j wird, ohne weitere Änderungen, zum Buchstaben j Ziffer 1. Der Begriff «Europäische Gemeinschaft» wird ersetzt durch «Europäische Union».
Schlussbestimmung zur Änderung vom ...
Die Schlussbestimmungen der Änderung des BewG vom 30. April 1997 (übergangsrechtliche Behandlung von Erwerbsgeschäften sowie Dahinfallen von Auflagen, die das neue Recht nicht mehr vorschreibt42) können unverändert übernommen werden.
7.2
BGFA
Art. 2 Abs. 2 und 4 Es handelt sich um eine geringfügige Änderung, die darauf abzielt, die Geltung des Anwaltsgesetzes auf Anwältinnen und Anwälte auszudehnen, die Staatsangehörige des Vereinigten Königreichs sind und die über erworbene Rechte entsprechend dem vorliegenden Abkommen verfügen. Das BGFA regelt unter anderem, gestützt auf das FZA, die grundlegenden Modalitäten für die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte eines Mitgliedstaats der EU oder der EFTA. Im Anhang zum BGFA werden die Mitgliedstaaten der EU (und der EFTA) mit den dort geltenden Berufsbezeichnungen gemäss den Richtlinien 77/249/EWG43 und 98/5/EG44 aufgelistet. Da mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU das FZA mit diesem Land nicht mehr gilt, ausgenommen für Personen, die Rechte im Sinne dieses Abkommens geltend machen können, ist der Geltungsbereich entsprechend anzupassen.
42 43 44
BBl 1997 II 1265 f.
Richtlinie 77/249/EWG des Rates vom 22. März 1977 zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs der Rechtsanwälte, ABl. L 78, S. 17.
Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, ABl. L 77 vom 14.3.1998, S. 36.
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Zusätzlich wird in einem neuen Absatz 4 präzisiert, dass die Bestimmungen des Anwaltsgesetzes, die Anwältinnen und Anwälte aus Mitgliedstaaten der EU oder der EFTA betreffen, sinngemäss auch für Anwältinnen und Anwälte des Vereinigten Königreichs gemäss dem vorliegenden Abkommen gelten.
7.3
Umsetzung des Abkommens auf Verordnungsstufe
Die Umsetzung des Abkommens bedingt einige Verordnungsanpassungen. Diese fallen in die Zuständigkeit des Bundesrats und sind im Umsetzungserlass nicht vorgesehen. Der Bundesrat hat sie am 22. März 2019 genehmigt. Es handelt sich um die VZAE, die VEP, die Gebührenverordnung AIG vom 24. Oktober 200745 (GebV-AIG) und die ZEMIS-Verordnung vom 12. April 200646.
Die Änderung der VEV steht nicht in direktem Zusammenhang mit der Umsetzung dieses Abkommens, sie wird sich aber auf diese auswirken.
Die Anpassungen der VZAE, der VEP, der GebV-AIG, der ZEMIS-Verordnung und der VEV treten am Tag nach dem Wegfall des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich in Kraft. Dies unter Vorbehalt allfälliger bilateraler Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU einerseits sowie der Schweiz andererseits betreffend die künftigen bilateralen Beziehungen.
Ebenfalls geändert wird die BewV. Ihre Änderungen treten in Kraft, sobald die Bundesversammlung die Änderungen des BewG beschlossen hat.
Die Anpassung weiterer Verordnungen kann nicht ausgeschlossen werden. Allfällige Verordnungsänderungen wird der Bundesrat zu gegebener Zeit beschliessen.
8
Auswirkungen des Abkommens und des Umsetzungserlasses
8.1
Finanzielle und personelle Auswirkungen auf den Bund
Die Umsetzung dieses Abkommens hat Auswirkungen auf die Ausstellung und Verlängerung der Ausländerausweise für britische Bürgerinnen und Bürger und ihre Familienangehörigen. Sie erfordert auch Anpassungen des Zentralen Migrationsinformationssystems (ZEMIS) und des Meldeverfahrens.
Wenn kein Austrittsabkommen vorliegt oder wenn die Übergangszeit endet, ändert sich der Status von britischen Staatsangehörigen: Sie gelten dann nicht mehr als Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats, sondern als Drittstaatsangehörige. Aufgrund dieser Statusänderung wird der Ausländerausweis für britische Staatsangehörige in der Schweiz biometrisch; dabei gelten die gleichen Regeln wie für die übrigen Drittstaatsangehörigen. Infolgedessen erhalten britische Staatsangehörige und 45 46
SR 142.209 SR 142.513
1072
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ihre Familienangehörigen bei der Verlängerung ihrer Bewilligung oder bei einer Änderung ihres Status einen biometrischen Ausländerausweis.
Der Übergang vom Ausländerausweis in Papierform zum biometrischen Ausweis sowie die Änderung des Status von britischen Staatsangehörigen, die zu Drittstaatsangehörigen mit Rechten gestützt auf das FZA werden, bringen Änderungen im ZEMIS-System und beim Meldeverfahren mit sich.
Die Umsetzung dieses Abkommens hat keine Auswirkungen im Bereich der Sozialversicherungen oder der Anerkennung von Berufsqualifikationen. Sie verursacht in diesen Bereichen weder zusätzliche Kosten noch einen Mehraufwand beim Personal.
Insgesamt wirken sich lediglich die ZEMIS-Anpassungen, die auch das Meldeverfahren für kurzfristige Erwerbstätigkeit umfassen, in finanzieller Hinsicht auf den Bund aus. Diese Auswirkungen auf den Bund sind gering, weshalb der zusätzliche Aufwand im Rahmen der eingestellten Mittel aufgefangen werden kann.
8.2
Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden sowie auf urbane Zentren, Agglomerationen und Berggebiete
In Bezug auf die erworbenen Ansprüche oder die Anwartschaften von Personen, die bereits in den Genuss des FZA kommen, wenden die Kantone das bestehende Verfahren zur Bearbeitung der Bewilligungsgesuche weiter an. Die grösste Schwierigkeit für die Kantone wird sein, zwischen den verschiedenen Kategorien von britischen Staatsangehörigen, die sich im Hoheitsgebiet der Schweiz aufhalten, und ihren jeweiligen Rechten zu unterscheiden.
Die Gruppe der Personen, die von den Bestimmungen dieses Abkommens profitieren können, ist definiert und beschränkt. Vom Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger erfasst werden ausschliesslich schweizerische und britische Staatsangehörige, die vor dem Wegfall des FZA von diesem Gebrauch gemacht haben. Dies führt dazu, dass in der Schweiz künftig zwei Kategorien von britischen Staatsangehörigen leben werden: einerseits jene, die den Bestimmungen des FZA unterliegen, die vom Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger erfasst sind, und andererseits jene, die den Bestimmungen des AIG, eines befristeten Abkommens über die Zulassung zum Arbeitsmarkt (vgl.
Ziff. 4.2) oder eines Abkommens über die künftigen bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich unterliegen.
Die Herausforderung wird sein, diese beiden Kategorien für alle Vollzugsbehörden klar abzugrenzen. Dies betrifft nicht nur die kantonalen Migrationsbehörden; auch die Vollzugsstellen im Bereich der sozialen Sicherheit, die nicht über dieselben Möglichkeiten zur Überprüfung des Rechtsanspruchs einer bestimmten Person verfügen wie die Migrationsbehörden, werden sich mit dieser Frage befassen müssen.
Grundsätzlich kennen die zuständigen kantonalen Behörden diese Situation. So haben sie im Verlauf der schrittweisen Einführung der Personenfreizügigkeit und ihrer Ausweitung auf neue EU-Mitglieder Erfahrungen sammeln können in Bezug auf die Unterscheidung von verschiedenen Rechtsgrundlagen und Ansprüchen bei 1073
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derselben Kategorie von Personen. Diese Unterscheidung ist mit einem Zusatzaufwand verbunden. Im Bereich der sozialen Sicherheit könnten diese Schwierigkeiten bei der Anwendung aufgehoben werden, wenn das befristete bilaterale Abkommen, das die Beibehaltung der geltenden Regelung gemäss FZA vorsieht, abgeschlossen wird.
Die Umsetzung dieses Abkommens bedingt somit gewisse Gesetzes- und Verordnungsänderungen (vgl. Ziff. 7). Diese beziehen sich in erster Linie auf die Ausstellung und Verlängerung der Ausländerausweise für die rund 40 000 britischen Staatsangehörigen und ihre Familienangehörigen, die unter das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger fallen. Die Ausstellung von biometrischen Ausländerausweisen im Zusammenhang mit dem Übergang von der EU-Staatsangehörigkeit zur Drittstaatsangehörigkeit bringt direkt einen finanziellen und personellen Aufwand für die Kantone mit sich. Diese Kosten werden durch die höheren Gebühren gedeckt, die für die Ausstellung eines biometrischen Ausländerausweises erhoben werden können.
Allgemein werden Ausländerausweise in Papierform definitiv ab Juni 2021 durch Ausweise im Kreditkartenformat abgelöst. Die Kantone dürfen jedoch schon ab dem 1. November 2019 neue Ausweise ausstellen. Diese Ablösung steht nicht im Zusammenhang mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU. Sie betrifft folgende Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz: Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus der EU/EFTA und aus Drittstaaten, Ausweise N, F, S, Ci EU/EFTA und Drittstaaten sowie Ausweise L, B, C EU/EFTA.
In der Vernehmlassung haben mehrere Kantone eine klare und einfache Umsetzung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger gewünscht (vgl. Ziff. 2.1). Zwei Kantone fordern insbesondere, es sei zu vermeiden, dass die zuständigen kantonalen Behörden manuell spezielle Vermerke auf den Aufenthaltsbewilligungen anbringen müssen oder dass parallele Verfahren zur Ausstellung dieser Bewilligungen bestehen.
Das SEM wird die nötigen technischen Änderungen im ZEMIS vorbereiten. Diese können jedoch erst wirksam werden, wenn das Vereinigte Königreich tatsächlich aus der EU ausgetreten ist und die britischen Staatsangehörigen zu Drittstaatsangehörigen werden. Deshalb ist damit zu rechnen, dass die kantonalen Behörden in einer ersten zeitlich
begrenzten Umsetzungsphase mit Übergangslösungen arbeiten müssen (beispielsweise müssen Vermerke von Hand angebracht werden), was in dieser ersten Phase zu einem zusätzlichen administrativen Aufwand führen wird.
Entsprechend den Stellungnahmen aus der Vernehmlassung wird das SEM die zuständigen kantonalen Behörden mit besonderen Rundschreiben über die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Umsetzung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf dem Laufenden halten. Das BSV wird die zuständigen Institutionen und Behörden in gleicher Weise informieren.
1074
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8.3
Wirtschaftliche Auswirkungen
Indem der Fortbestand der erworbenen Ansprüche und der Anwartschaften von schweizerischen und britischen Staatsangehörigen in Anwendung des FZA sichergestellt wird, behält das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger den Status quo im Bereich der Freizügigkeit vor dem Stichtag bei. Infolgedessen bestehen neben der Wahrung der Interessen und der Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich keine wirtschaftlichen Auswirkungen.
9
Rechtliche Aspekte
9.1
Verfassungsmässigkeit
Nach Artikel 141a Absatz 2 BV können die Gesetzesänderungen, die der Umsetzung eines völkerrechtlichen Vertrags dienen, der dem fakultativen Referendum untersteht, in den Genehmigungsbeschluss aufgenommen werden. Die im Entwurf vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen dienen der Umsetzung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger und ergeben sich unmittelbar aus den darin enthaltenen Verpflichtungen. Der Entwurf des Umsetzungserlasses soll deshalb nicht als separate Vorlage dem fakultativen Referendum unterstellt, sondern in den Genehmigungsbeschluss integriert werden.
Die Zuständigkeit des Bundes zum Abschluss eines bilateralen Abkommens mit dem Vereinigten Königreich beruht auf Artikel 54 Absatz 1 BV, der dem Bund die Kompetenz erteilt, völkerrechtliche Abkommen abzuschliessen. Der Bundesrat kann aber völkerrechtliche Verträge selbstständig abschliessen, wenn er durch ein Bundesgesetz oder durch einen von der Bundesversammlung genehmigten völkerrechtlichen Vertrag dazu ermächtigt ist oder wenn es sich um einen Vertrag von beschränkter Tragweite handelt (Art. 166 Abs. 2 BV; Art. 24 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 200247 [ParlG]; Art. 7a RVOG).
Im vorliegenden Fall beruht die Zuständigkeit des Bundesrats weder auf einem Bundesgesetz noch auf einem völkerrechtlichen Vertrag. Das vorliegende Abkommen geht über die in Artikel 100 AIG vorgesehenen Anwendungsbereiche hinaus, in denen der Bundesrat Abkommen im Migrationsbereich abschliessen kann. Zudem kann das vorliegende Abkommen nicht als Vertrag von beschränkter Tragweite angesehen werden, da es die Kriterien von Artikel 7a Absatz 3 RVOG nicht erfüllt.
Namentlich werden die Rechte und Pflichten von schweizerischen und britischen Staatsangehörigen im Vereinigten Königreich und in der Schweiz durch das vorliegende Abkommen in gewissen Punkten verändert, sodass insbesondere nicht auf Artikel 7a Absatz 3 Buchstabe a RVOG abgestellt werden kann.
Vor diesem Hintergrund ist die Bundesversammlung nach Artikel 166 Absatz 2 BV für die Genehmigung des Abkommens zuständig.
47
SR 171.10
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Das Abkommen ist ferner mit Artikel 121a BV vereinbar, da mit dem vorliegenden Abkommen die Rechte von jenen britischen Staatsangehörigen geregelt werden, die bereits im Rahmen des FZA in die Schweiz zugewandert sind und Rechte erworben haben. Es handelt sich deshalb nicht um Personen, die neu in die Schweiz zuwandern, sondern um die Ausgestaltung der Rechte britischer Staatsangehöriger, die bereits in die Schweiz zugewandert sind. Im Rahmen des Familiennachzugs können hingegen Familienangehörige, die sich noch nicht in der Schweiz aufhalten, nachgezogen werden. Das unterbreitete Abkommen sieht vor (Art. 10 Abs. 1 Bst. e), dass britische Staatsangehörige, die ein Aufenthaltsrecht gestützt auf das FZA erworben haben, ihre Kinder nach den Bestimmungen des FZA nachziehen können. Da dies bereits unter dem FZA möglich war, werden durch das Abkommen keine neuen völkerrechtlichen Verpflichtungen im Sinne von Artikel 121a Absatz 4 BV eingegangen, die gegen Artikel 121a BV verstossen. Beim Nachzug von Ehegatten bleiben die Bestimmungen des FZA während fünf Jahren nach dessen Wegfall bestehen, danach gelten die Regeln des AIG48.
9.2
Vereinbarkeit mit anderen internationalen Verpflichtungen der Schweiz
Das Abkommen ist mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar, insbesondere mit den Rechten und Pflichten aus dem GATS hinsichtlich der Dienstleistungserbringung durch natürliche Personen («Modus 4») (vgl. Erläuterung zu Art. 23).
9.3
Erlassform
Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen völkerrechtliche Verträge dem Referendum, wenn sie unbefristet und unkündbar sind (Ziff. 1), wenn sie den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen (Ziff. 2), wenn sie wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert (Ziff. 3). Nach Artikel 22 Absatz 4 ParlG gelten Bestimmungen als rechtsetzend, die in unmittelbar verbindlicher und generell-abstrakter Weise Pflichten auferlegen, Rechte verleihen oder Zuständigkeiten festlegen. Als wichtig gelten nach Artikel 164 Absatz 1 BV Bestimmungen, die in der Form des Bundesgesetzes zu erlassen sind.
Im vorliegenden Fall enthält das Abkommen einige generell-abstrakte Bestimmungen, die gemäss Artikel 164 Absatz 1 BV auf Gesetzesstufe zu erlassen wären, wenn es sich um innerstaatliches Recht handeln würde. Das Abkommen hat nämlich zum Ziel, die Rechte und Pflichten festzulegen, die schweizerische und britische Staatsangehörige sowie ihre Familienangehörigen als Arbeitnehmende (einschliesslich Grenzgängerinnen und Grenzgänger), als Selbstständige (einschliesslich Grenzgängerinnen und Grenzgänger), als Dienstleistungserbringende oder als nicht erwerbstätige Personen unter dem FZA erworben haben oder dabei sind zu erwerben. Die 48
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Umsetzung des Abkommens zieht auch Änderungen von zwei Bundesgesetzen mit sich (vgl. Ziff. 6).
Demzufolge ist der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger dem fakultativen Referendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu unterstellen.
Nach Artikel 141a Absatz 2 BV können die Gesetzesänderungen, die der Umsetzung eines völkerrechtlichen Vertrags dienen, der dem fakultativen Referendum untersteht, in den Genehmigungsbeschluss aufgenommen werden. Die im Entwurf vorgeschlagenen Gesetzesbestimmungen dienen der Umsetzung des Abkommens über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger und ergeben sich unmittelbar aus den darin enthaltenen Verpflichtungen. Der Entwurf des Umsetzungserlasses soll deshalb nicht als separate Vorlage dem Referendum unterstellt, sondern in den Genehmigungsbeschluss integriert werden.
9.4
Unterstellung unter die Ausgabenbremse
Mit der Vorlage werden weder neue Subventionsbestimmungen noch neue Verpflichtungskredite oder Zahlungsrahmen beschlossen. Die Vorlage ist somit nicht der Ausgabenbremse (Art. 159 Abs. 3 Bst. b BV) unterstellt.
9.5
Vorläufige Anwendung
Verlässt das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen, so könnte dieses Abkommen von der Bundesversammlung wegen des anwendbaren Verfahrens nicht rechtzeitig verabschiedet werden. Es stellt sich somit die Frage einer vorläufigen Anwendung des Abkommens. Artikel 7b RVOG sieht vor, dass der Bundesrat die vorläufige Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrags, für dessen Genehmigung die Bundesversammlung zuständig ist, beschliessen oder vereinbaren kann, «wenn die Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz und eine besondere Dringlichkeit es gebieten». Nach Artikel 152 Absatz 3 bis ParlG muss der Bundesrat dazu vorgängig die zuständigen Kommissionen konsultieren. Er verzichtet auf die vorläufige Anwendung, wenn die zuständigen Kommissionen beider Räte sich dagegen aussprechen.
Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Voraussetzung der Wahrung wichtiger Interessen der Schweiz erfüllt ist. Denn das Vereinigte Königreich ist in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht ein wichtiger Partner der Schweiz. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind intensiv und komplex. Gemäss der «Mind the Gap»-Strategie ist der Aufenthaltsstatus der Schweizer Staatsangehörigen im Vereinigten Königreich zu schützen. Ausserdem ist die Schweizer Wirtschaft auf britische Arbeitskräfte angewiesen. Der Schutz der erworbenen Ansprüche dieser Personen ist auch im wirtschaftlichen Interesse der Schweiz.
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Die besondere Dringlichkeit erklärt sich nach Ansicht des Bundesrats dadurch, dass eine vorläufige Anwendung des Abkommens erforderlich ist, um die von schweizerischen und britischen Staatsangehörigen im jeweils anderen Land erworbenen Rechte auch dann zu schützen, wenn das Vereinigte Königreich die EU ohne Austrittsabkommen verlassen sollte. Wegen der anhaltenden Unsicherheit verfügte die Schweiz nicht über die erforderliche Zeit und Planungssicherheit, um das ordentliche Genehmigungsverfahren abzuschliessen.
Damit kein vertragsloser Zustand geschaffen wird, hat der Bundesrat eine vorläufige Anwendung des Abkommens beschlossen, die am Tag nach dem Wegfall des FZA zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich wirksam wird. Um die überwiegenden Interessen (in wirtschaftlicher, politischer und migrationsbezogener Hinsicht) zu wahren und der Dringlichkeit, die ein EU-Austritt ohne Abkommen nach sich ziehen würde, Rechnung zu tragen, sind die zuständigen parlamentarischen Kommissionen der Argumentation des Bundesrats gefolgt und haben die vorläufige Anwendung des Abkommens einstimmig genehmigt (vgl. Ziff. 3).
Ausserdem endet nach den Bestimmungen von Artikel 7b Absatz 2 RVOG die vorläufige Anwendung eines völkerrechtlichen Vertrags, wenn der Bundesrat nicht binnen sechs Monaten ab Beginn der vorläufigen Anwendung der Bundesversammlung den Entwurf des Bundesbeschlusses über die Genehmigung des betreffenden Vertrags unterbreitet. Um die vorläufige Anwendung dieses Abkommens bei einem ungeordneten Austritt zu ermöglichen, unterbreitet der Bundesrat die vorliegende Botschaft dem Parlament fristgerecht.
Verlässt das Vereinigte Königreich die EU mit einem Austrittsabkommen, bleibt das FZA bis zum Ende der im Austrittsabkommen vorgesehenen Übergangszeit anwendbar. Das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger wird nach dem Ende dieser Übergangszeit (Art. 36) in Kraft treten, also am 1. Januar 2021, sofern das Vereinigte Königreich und die EU nicht eine Verlängerung dieser Übergangszeit vereinbaren. Vor diesem Hintergrund ist eine vorläufige Anwendung nicht nötig, sofern das Abkommen über die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen eines ordentlichen Zustimmungsverfahrens vor dem Ende der Übergangszeit in Kraft treten kann.
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Abkürzungsverzeichnis ABl.
Amtsblatt der Europäischen Union
BBl
Bundesblatt
BGE
Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
BSV
Bundesamt für Sozialversicherungen
EFTA
Europäische Freihandelsassoziation
EG
Europäische Gemeinschaft
EU
Europäische Union
EUV
Vertrag über die Europäische Union
EWG
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft
EWR
Europäischer Wirtschaftsraum
ICAO
Internationale Zivilluftfahrt-Organisation
KdK
Konferenz der Kantonsregierungen
SBFI
Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation
SECO
Staatssekretariat für Wirtschaft
SEM
Staatssekretariat für Migration
SP
Sozialdemokratische Partei
SR
Systematische Sammlung
WTO
Welthandelsorganisation
ZEMIS
Zentrales Migrationsinformationssystem
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