Aufsichtsrechtliches Verfahren betreffend Vorkommnisse am Bundesstrafgericht.

Bericht der Verwaltungskommission des Bundesgerichts vom 5. April 2020 (12_T2/2020) Stellungnahme der Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates vom 24. Juni 2020

Sehr geehrter Herr Bundesgerichtspräsident Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin des Bundesgerichts Sehr geehrter Herr Bundesrichter

2020-2124

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Bericht 1

Einleitung

Bereits im letzten Herbst stellten die Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) fest, dass es am Bundesstrafgericht (BStGer) erhebliche Probleme zwischen einzelnen Richterinnen und Richtern gab. Sie gelangten an den Präsidenten des Bundesgerichts (BGer), welches die Aufsicht über die erstinstanzlichen eidgenössischen Gerichte ausübt, mit der Bitte, dass sich das BGer dieser Probleme annehmen möge. Am 16. Oktober 2019 bestätigte der Bundesgerichtspräsident in einer Aussprache mit den Subkommissionen Gerichte/BA, dass es gewisse Probleme zwischen zwei Richterinnen an der Berufungskammer gab, welche das Gericht durch die Wahl des 3. Richters zum Kammerpräsidenten per Anfang 2020 zu lösen versuchte. Im Weiteren bestätigte er den Subkommissionen, dass das Gesamtgericht soweit ersichtlich nach den gesetzlichen Vorgaben funktioniere und seine Leistung erwartungsgemäss erbringe.

Im Dezember 2019 wurde eine Reihe weiterer Vorwürfe öffentlich bekannt1. Mit Schreiben vom 28. Januar 2020 haben die GPK deshalb das BGer ersucht, soweit nötig die Vorwürfe zu klären und im Rahmen seiner Aufsichtstätigkeit allenfalls notwendige Schritte zur Beruhigung der Situation zu unternehmen.

Der Aufsichtsbericht der Verwaltungskommission (VK) des BGer vom 5. April 2020 wurde den GPK am 16. April 2020 zugestellt, wofür Ihnen die GPK bestens danken. Nachdem die zuständigen Subkommissionen Gerichte/BA beider GPK den Aufsichtsbericht sowohl mit der VK des BGer als auch mit Vertretern des BStGer am 22. April 2020 besprochen haben, nehmen die GPK wie folgt dazu Stellung:

2

Formelles

2.1

Frist, Wahrung der Vertraulichkeit

Die GPK setzten dem BGer Frist zur Einreichung des Berichts bis am 6. April 2020.

Eine Fristerstreckung, insbesondere wegen der französischen Übersetzung, wurde am 3. April 2020 bis am 13. April 2020 gewährt.

Am 16. April 2020 kündigte der Generalsekretär des BGer dem Sekretariat GPK an, den Bericht mit Medienmitteilung am Nachmittag zuzustellen, und bat darum, dem BGer zu bestätigen, dass den Mitgliedern der Subkommissionen Gerichte/BA bei der Zustellung des Berichts im Hinblick auf die Sitzung vom 22. April 2020 auch der Kommunikationsplan des Bundesgerichts mitgeteilt werde und diese ausdrücklich auf die bis Montag, 20. April 2020, 16.00 Uhr, geltende Verschwiegenheitspflicht aufmerksam gemacht würden. Diese Bestätigung sei «Voraussetzung für den Versand von heute Donnerstag. Ohne eine solche Bestätigung behalten wir uns vor, den Bericht erst am Montag per E-Mail zu verschicken.» 1

AZ vom 17.12.2019, Eine Art Sittenzerfall in Bellinzona

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Die VK des BGer hat den GPK seinen Aufsichtsbericht mit Verspätung eingereicht.

Dies hat dazu geführt, dass die Mitglieder der zuständigen Subkommissionen nicht über genügend Zeit verfügten, den Bericht in der nötigen Tiefe zu studieren.

2.2

Form des Aufsichtsberichts und Veröffentlichung

Die VK des BGer hat ihren Bericht unter dem Titel «Aufsichtsrechtliches Verfahren betreffend Vorkommnisse am Bundesstrafgericht» den GPK in Beantwortung von deren Schreiben vom 28. Januar 2020 am 16. April 2020 zugestellt und am 20. April 2020 mit Medienmitteilung veröffentlicht, noch bevor die Subkommissionen Gerichte/BA ihn mit der VK des BGer und dem BStGer am 22. April 2020 besprechen konnten. Der Bericht richtet sich nicht an die GPK und enthält auch keinen Hinweis auf deren Auftrag. Die VK des BGer versteht den Bericht als einen in eigener Verantwortung erstellten Aufsichtsbericht mit Doppelcharakter, der den GPK gleichzeitig in Beantwortung ihres Schreibens vom 28. Januar 2020 zugestellt wurde.

Gemäss allgemeiner Praxis der GPK werden von ihnen verlangte Berichte der Behörden zu Dokumenten der Oberaufsicht. In der Regel werden so erstellte Aufsichtsberichte erst veröffentlicht, nachdem die GPK sie behandelt hat. Andererseits ist das Bundesgericht berechtigt, einen in eigener Verantwortung erstellten Aufsichtsbericht selber zu veröffentlichen. Die GPK nehmen vom Vorgehen der VK des BGer im vorliegenden Fall Kenntnis, würden sich jedoch wünschen, dass von ihnen verlangte Berichte vor einer Veröffentlichung von den GPK behandelt werden können.

3

Stellungnahme zu materiellen Befunden und Empfehlungen des Aufsichtsberichts

3.1

Klärung verschiedener Vorwürfe

Die VK des BGer hat die verschiedenen, in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Vorwürfe an das BStGer anhand von Anhörungen, eingeholten Berichten und Dokumenten vertieft untersucht. Die GPK stellen fest, dass der Aufsichtsbericht der VK in vielen Bereichen Antworten auf die sich stellenden Fragen gegeben hat.

Verschiedene Fragen sind aber weiterhin nicht restlos geklärt und werden von der VK des BGer im Rahmen von deren Aufsicht weiter behandelt (Aufsichtsbericht, RN 95 Ziff. 1 d) und RN 98). Die GPK werden sich vom BGer über die weitere Entwicklung informieren lassen.

3.2

Mobbing und Sexismus

Die GPK stellen fest, dass sich das Aufsichtsverfahren der VK des BGer vertieft mit den Mobbing-Vorwürfen gegen Tessiner Gerichtspersonen befasst hat. Solche

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Vorwürfe gegen eine sprachliche Minderheit an einem eidgenössischen Gericht sind ernst zu nehmen.

Der Aufsichtsbericht führt dazu aus, dass Aussage gegen Aussage stehe, wobei die Grenze exakt der Sprachgrenze entlang verläuft (Italienischsprachige und Übrige) und zieht dann den Schluss, die Vorwürfe würden einer näheren Prüfung aufgrund der fassbaren objektiven Gegebenheiten nicht standhalten (Seite 29).

Sodann geht der Aufsichtsbericht dazu über, den Aufsichtskommissionen des Parlamentes eine Überschreitung ihrer Kompetenzen vorzuwerfen (siehe auch die oberaufsichtsrechtliche Feststellung der GPK im Anhang), sowie insbesondere mehrere italienischsprachige Gerichtspersonen namentlich zu nennen und sprachlich auf eine Art und Weise zu qualifizieren, die dem BGer schlecht ansteht (Seite 30 ff.). Zu nennen sind etwa folgende Beispiele: ­

Betreffend Bundesstrafrichter Giorgio Bomio-Giovanascini ist zu lesen: «Die Wahrnehmung von Bundesstrafrichter Bomio-Giovanascini ist selektiv und von Feindbildern geprägt. Die Fähigkeit zu Selbstreflexion und Introspektion geht ihm ab.» Und weiter: «Er ist sich offenbar der Tragweite seiner Affäre Lauber vom Sommer 2019 ­ eine eklatante, grobe Verletzung der Richterpflicht in mehrfacher Hinsicht ­ mitsamt negativen Folgen für sein eigenes Ansehen inner- und ausserhalb des Bundesstrafgerichts und desjenigen der Institution selber nicht bewusst» (Seite 32). Hier geht es nach Meinung der GPK nicht nur um eine Stilfrage. Vielmehr ist festzuhalten, dass die VK des BGer ausserordentlich schwerwiegende Vorwürfe mit ihrem Bericht veröffentlicht, obwohl diese im Verfahren des Ausstandsgesuchs von Bundesanwalt Michael Lauber gegen Bundesstrafrichter Bomio abgeklärt wurden und sich mit einem letztinstanzlichen und rechtskräftigen Entscheid der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts vom 3. September 2019 als unbegründet erwiesen.2

­

Zu Bundesstrafrichterin Claudia Solcà führt der Bericht aus: «Was anderseits eine Nichtwiederwahl im Jahre 2021 anbelangt, wird das Bundesgericht nicht zögern, der Gerichtskommission entsprechend Meldung zu machen, falls Bundesstrafrichterin Solcà nicht endlich begreift, dass sie als Richterin in der Berufungskammer in ein Kollegium eingebunden ist» (Seite 38).

Auch wenn die VK des BGer zum Schluss kommt, die Mobbingvorwürfe seien unbegründet, zeigt der Aufsichtsbericht deutlich auf, dass es Probleme zwischen einzelnen Sprachgruppen gibt, die dem Funktionieren und dem Ansehen des BStGer abträglich sind.

Im Weiteren kommt die VK des BGer in ihrem Aufsichtsbericht zum Schluss, es gebe keine Hinweise auf Fälle von sexuellen Übergriffen irgendwelcher Art am Bundesstrafgericht, weder physische noch psychische sexuelle Belästigungen, insbesondere keine unter Ausnützung der hierarchischen Überordnung erfolgten Belästigungen, oder Zudringlichkeiten (Seite 28).

2

Urteile CA.2019.13, CA.2019.14, CA.2019.15, CA 2019.16 der Berufungskammer des BStGer vom 3.9.2019

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Die den GPK vorliegenden Bilder von Plakaten von Gerichtspersonen, welche am 20. Februar 2020 an den Wänden des Bundesstrafgerichts montiert worden waren und am 10. Juni 2020 auch in der Rundschau gezeigt wurden, stützen die Aussage der VK nicht. Die Plakate enthielten Sprüche wie: «gambetta» (Beinchen), «chiacchierona» (Plaudertasche), «generale» (Generalin) «salamicuttersine» (Salamischneiderin) und «presidentslover» (Geliebte des Präsidenten). Als sexuelle Belästigung gilt jede die Persönlichkeit verletzende Verhaltensweise mit sexuellem Bezug, die seitens der betroffenen Person unerwünscht ist. Die genannten Aussagen können als sexistisch bezeichnet werden und sind eines Bundesstrafgerichtes nicht würdig.

Für die GPK ist die Schlussfolgerung der VK nicht nachvollziehbar, dass es keine Hinweise auf sexuelle Übergriffe irgendwelcher Art, weder physische noch psychische sexuelle Belästigungen gebe.

Zudem waren zwei Plakate von Tessiner Gerichtspersonen mit «Not wanted» überschrieben, während die übrigen Bilder den Titel «Wanted» trugen. Die Affichen waren offenbar von einem inzwischen pensionierten Richter als Fastnachtsposse gemeint gewesen. Für die GPK ist nicht nachvollziehbar, dass dieser Vorfall im Aufsichtsbericht der VK des BGer keine Erwähnung fand.

Nach Meinung der GPK können die Probleme zwischen einzelnen Sprachgruppen nicht durch Druck von aussen gelöst werden. Vielmehr steht das BStGer nun in der Pflicht, geeignete Massnahmen zur besseren Verständigung mit den italienischsprachigen Gerichtspersonen auf allen Stufen des Gerichts zu ergreifen.

Die GPK empfehlen dem BStGer, eine Fachperson für Mobbing und Sexismus beizuziehen, welche die Situation in diesem Bereich analysiert und die Gerichtsleitung im weiteren Vorgehen berät.

Die GPK werden ihrerseits auf Versuche von einzelnen Gerichtspersonen, in Umgehung der personalrechtlich oder aufsichtsrechtlich zuständigen Stellen an die Oberaufsicht zu eskalieren, nicht eintreten.

3.3

Verletzung des rechtlichen Gehörs

Die VK des BGer hat ihren Aufsichtsbericht vom 5. April 2020 am 20. April 2020 veröffentlicht, ohne vorher dem BStGer und den im Bericht namentlich erwähnten Direktbetroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Bundesgerichtspräsident Ulrich Meyer eröffnete die Ergebnisse des Berichts den Betroffenen persönlich vor Ort nur Stunden vor dessen Veröffentlichung.

Artikel 7 Absatz 3 des Aufsichtsreglements des Bundesgerichts3 hält in Bezug auf aufsichtsrechtliche Verfahren fest: «Das Ergebnis der Untersuchung wird in einem Bericht festgehalten; das betroffene Gericht und gegebenenfalls die betroffenen Personen können zum Bericht Stellung nehmen.»

3

Reglement des Bundesgerichts betreffend die Aufsicht über das Bundesstrafgericht, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundespatentgericht vom 11. Sep. 2006 (AufRBGer, SR 173.110.132)

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Im Rahmen der Anhörung durch die Subkommissionen Gerichte/BA der GPK am 22. April 2020 machte der Bundesgerichtspräsident geltend, der betreffende Artikel besage nicht, dass den betroffenen Personen das rechtliche Gehör vor der Berichterstattung gewährt werden müsse. Wer sich betroffen fühle, habe in der Phase der Umsetzung der Empfehlungen die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Es sei nicht nötig gewesen, das rechtliche Gehör zu gewähren, da der Bericht lediglich Empfehlungen, aber keine Rechtsfolgen ausgesprochen habe.

Als Begründung, weshalb die VK des BGer den Betroffenen keine Möglichkeit zur Stellungnahme vor der Veröffentlichung gegeben hat, führte der Bundesgerichtspräsident aus, im Moment, wo der Bericht beim BStGer gewesen sei habe dieser nach den gemachten Erfahrungen auch publiziert werden müssen, denn wenn dort etwas ankomme, finde man es am nächsten Tag in den Medien. Daher sei es gar nicht anders gegangen.

Die GPK sind klar der Meinung, dass die Veröffentlichung des Aufsichtsberichts ohne vorgängige Möglichkeit zur Stellungnahme für die Betroffenen mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Artikel 29 BV4 nicht vereinbar ist. Für die GPK als Oberaufsichtsbehörde ist es eine Selbstverständlichkeit, dass sie ihre Untersuchungsberichte den betroffenen Behörden und Einzelpersonen vor einer Veröffentlichung zur Vernehmlassung zustellen (Art. 157 ParlG5). Sie können deshalb die Auslegung der VK des BGer von Artikel 7 Absatz 3 des AufRBGer nicht nachvollziehen.

Im Übrigen stellen die GPK immer wieder fest, dass Behörden mit der Gefahr leben müssen, dass (noch) vertrauliche Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, besonders wenn es um «brisante» Informationen geht. Damit sollen Indiskretionen keineswegs verharmlost werden. Doch berechtigt dieses Problem die Behörden nicht, deswegen elementare Rechtsgrundsätze wie die Gewährung des rechtlichen Gehörs zu missachten.

Besonders stossend ist die Missachtung des rechtlichen Gehörs gegenüber der Generalsekretärin des Bundesstrafgerichts, da der Aufsichtsbericht ihre Entlassung empfohlen hat (Massnahme 7). Zusätzlich gereicht es ihr zum Nachteil, dass sie das Vorgehen der VK des BGer im personalrechtlichen Verfahren nicht rügen kann, steht doch gegen ein Aufsichtsverfahren durch das BGer kein Rechtsmittel offen.

3.4

Organisationsautonomie des Bundesstrafgerichts

Als problematisch erachten die GPK es im Weiteren, dass die VK des BGer mit der Veröffentlichung von Massnahme 7 einen unmittelbaren Druck auf das BStGer ausübte, die empfohlene Entlassung vorzunehmen, widrigenfalls es sich gegen seine eigene Aufsichtsbehörde stellen müsste, dies, obwohl Artikel 60 Absatz 1 StBOG6 dem BStGer Organisationsautonomie zugesteht und der VK des BGer keinerlei Personalkompetenzen in Bezug auf das Personal des BStGer zukommen. Die GPK 4 5 6

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (SR 101) Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (SR 171.10) Strafbehördenorganisationsgesetz vom 19. März 2010 (SR 173.71)

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erachten deshalb das Vorgehen der VK des BGer als unzulässigen Eingriff in die Organisationsautonomie des BStGer.

4

Positionsbezüge des Bundesgerichts zu Umfang und Reichweite der Informationsrechte der parlamentarischen Aufsichtskommissionen

Die VK des BGer hat in ihrem Aufsichtsbericht die Informationsrechte der parlamentarischen Aufsichtskommissionen gemäss dem Parlamentsgesetz in extenso ausgelegt. Die Rechtsauffassung der VK des BGer widerspricht in mehreren Punkten der konstanten Auslegung und langjährigen Praxis der GPK. Dies veranlasst die GPK zu einer Richtigstellung in Form einer oberaufsichtsrechtlichen Feststellung an das Bundesgericht. Diese wird der vorliegenden Stellungnahme als Anhang beigefügt.

5

Verbale Verfehlung des die Aufsichtsuntersuchung leitenden Bundesgerichtspräsidenten

Die durch den Bundesgerichtspräsidenten während der Aufsichtsuntersuchung gemachten und von ihm nicht bestrittenen abschätzigen und sexistischen Bemerkungen über eine Richterin des Bundesstrafgerichts, welche durch die Rundschau von SRF am 10. Juni 2020 öffentlich gemacht wurden und für welche er sich öffentlich entschuldigte, sind für die GPK absolut unverständlich und inakzeptabel. Sie stellen einen Reputationsschaden für das Bundesgericht dar. Der Bundesgerichtspräsident informierte die GPK am 24. Juni 2020, dass er bei diesem Geschäft in der VK des BGer ab dem 25. Juni 2020 in den Ausstand treten werde.

6

Weiteres Vorgehen

Die GPK sehen einen gewissen Handlungsbedarf im Hinblick auf eine nähere Prüfung der Rechtsgrundlagen der bundesgerichtlichen Aufsicht über die erstinstanzlichen eidgenössischen Gerichte gemäss Artikel 1 Absatz 2 BGG7, die heute nur rudimentär geregelt ist. Die GPK werden zu gegebener Zeit über ihr diesbezügliches weiteres Vorgehen entscheiden und das BGer informieren.

Die GPK ersuchen das BGer, ihnen bis am 30. Oktober 2020 über allfällige Stellungnahmen des Bundesstrafgerichts oder von direkt Betroffenen, über die Umsetzung der Empfehlungen der VK des BGer durch das BStGer, über die noch offenen Punkte gemäss RN 95 Ziff. 1 d) und RN 98 des Aufsichtsberichts, welche die VK des BGer mit dem BStGer an der Aufsichtssitzung vom 21. September 2020 behandeln wird, sowie über die Massnahmen, welche das BStGer zur Aufarbeitung der allfälligen Spannungen zwischen den italienischsprachigen und den übrigen Ge7

Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 2005 (SR 173.110)

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richtspersonen sowie im Bereich Sexismus unternommen hat, schriftlich Bericht zu erstatten.

Die vorliegende Stellungnahme wurde dem BGer und dem BStGer zur Vernehmlassung zugestellt. Eine Vorversion der Stellungnahme gelangte durch eine Indiskretion an die Rundschau des Schweizer Fernsehens, was die GPK sehr bedauern. Die GPK haben im Weiteren den Bundesgerichtspräsidenten am 24. Juni 2020 zur Stellungnahme angehört, bevor sie diese verabschiedeten und zur Veröffentlichung freigaben.

Genehmigen Sie, sehr geehrter Herr Bundesgerichtspräsident, sehr geehrte Frau Vizepräsidentin des Bundesgerichts, sehr geehrter Herr Bundesrichter, den Ausdruck unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Juni 2020

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Der Präsident der GPK-N: Erich von Siebenthal Die Präsidentin der GPK-S: Maya Graf Die Präsidentin der Subkommission Gerichte/BA-N: Nationalrätin Manuela Weichelt-Picard Der Präsident der Subkommission Gerichte/BA-S: Ständeratspräsident Hans Stöckli Die Sekretärin der Geschäftsprüfungskommissionen: Beatrice Meli Andres Die Sekretärin der Subkommissionen Gerichte/BA: Irene Moser

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Abkürzungsverzeichnis Abs.

Absatz

Art.

Artikel

AufRBGer

Reglement des Bundesgerichts vom 11. September 2006 betreffend die Aufsicht über das Bundesstrafgericht, das Bundesverwaltungsgericht und das Bundespatentgericht (Aufsichtsreglement des Bundesgerichts; SR 173.110.132)

BA

Bundesanwaltschaft

BBl

Bundesblatt

BGer

Bundesgericht

BGG

Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz; SR 173.110)

BStGer

Bundesstrafgericht

BV

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.

April 1999 (SR 101)

ff.

fortfolgende

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte

GPK-N

Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates

GPK-S

Geschäftsprüfungskommission des Ständerates

ParlG

Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10)

RN

Randnummer

SR

Systematische Rechtssammlung

SRF

Schweizer Radio und Fernsehen

StBOG

Bundesgesetz vom 19. März 2010 über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz; SR 173.71)

VK

Verwaltungskommission des Bundesgerichts

Ziff.

Ziffer

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