863

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Reichenau über Ilanz nach Disentis.

(Vom 4. Juni 1894.)

Tit.

Herr F r a n z M a r c h i o n , Ingenieur, in Chur, hat schon unterm 5.11. April 1890 ein K o n z e s s i o n s g e s u c h für den Bau und Betrieb einer E i s e n b a h n von R e i e b e n a u nach I l a n z eingereicht, und zwar geleitet durch folgende Erwägungen : Nachdem das Projekt einer bündnerischen Centralbahn feste Gestalt gewonnen habe, sei es an der Zeit, an den weitern Ausbau eines bündnerischen Eisenbahnnetzes zu denken, welches sowohl die Stammlinie alimentieren, als auch umgekehrt letztere den in sie einmündenden Thalschaften nutzbar machen werde.

Die bedeutendste dieser Thalschaften sei das bündnerisehe Oberland, d. h. das Vorderrheinthal mit seinen Seitenthälern. Das Oberland berge eine Bevölkerung von beinahe 20,000 Einwohnern, habe einen großen Export an Holz, Vieh, Obst und einen bedeutenden Import an Waren aller Art.

Die Fremdenindustrie und der Reisenden verkehr wachsen mit jedem Jahr, da dieser Landesteil an der Verbindungsroute der beiden großen Fremdenverkehrscentren Vierwaldstättersee, bezw. Gotthardstraße und Engadin liege und in seiner ganzen Ausdehnung große landschaftliche Schönheiten oder wildromantische Partien aufweise.

Die Luftkurorte, unter denen die hervorragendsten Flims, Disentis,

864

Brigels seien, mehrten sich ebenfalls und zu denselben gesellten sich noch kleinere Badeorte, welche wie Peiden und das Tenigerbad vermöge ihrer ausgezeichneten Wasser jedenfalls einer großem Zukunft entgegengehen.

Petent beschränkte sein Konzessionsgesuch vorerst auf eine erste Sektion einer schmalspurigen Oberländerbahn, auf die Strecke Reichenau-Ilanz; es bezieht sich dagegen auf jedes Bausystem, sowie auf jede mögliche Richtung zwischen diesen beiden Endpunkten, weshalb 4 Tracevarianten ausgearbeitet wurdet), Dämlich für: 1. eine Rheiolinie; 2. ,, Linie über das rechtsseitige Thalgelände; 3. ,, solche über das linksseitige Thalgelände, auf mittlerer Höhe über Con führend; 4. ,, Linie über Flims oder die Flimser Waldhäusev.

Wir lassen hier an Hand des Gesuches eine gedrängte Beschreibung dieser verschiedenen Richtungen und eine Darlegung der Gründe, welche den Gesuchsteller zu der alternativen Eingabe veranlaßten, der mit den einzelnen Linien verknüpften divergierenden Interessen der Landesgegenden, sowie der Vor- und Nachteile der verschiedenen Tracierungen in technischer und wirtschaftlicher Beziehung, folgen.

1. Die R h e i n l i n i e zweigt von der (projektierten) Station Reichenau der bündnerischen Centralbahn in der Bonaduzer Isla gegenüber Reichenau in einer großen Kurve rheinaufwärts ab und folgt dem rechten Ufer des Flusses, indem sie den Hügel der Ruine Wackenau mittelst eines kleinen Tunnels durchbricht, bis zur Türkenisla, wo der Rhein an den Fuß des linksseitigen Abhanges hinübergedruckt werden muß, um diese Stelle für eine Station Trins verwenden zu können (km. 8,7).

In gleicher Weise ist die lala bella (km. 7) zu einer Station für Flims und Versam benutzt worden, indem das Rheinbett mittelst Durchstichs an den linken Thalhang verlegt wird. Unmittelbar hinter dieser Station wird die Breccie bei der krummen Waag (km. 7,2) durchtunnelt und das Trace geht nun dem rechten Ufer des Flußbettes entlang über die Stationen Sagens-Valendas (zwischen km. 12 und 13), Kästris-Schleuis (km. 16) nach der Endstation Ilanz oberhalb des Städtchens.

Bei allen Zwischenstationen muß die Verbindung mit den linksufrigen Ortschaften durch den Bau von Rheinbrilcken hergestellt werden.

Die Linie selbst hat die Rabiusa (km, 6,3), den Carrerabach (km. 11) und den Glenner (km. 17,5) zu überbrücken; Straßenübergänge sind bei Reichenau und Ilanz notwendig.

865

2. Die r e c h t s s e i t i g e L i n i e geht von der Station Reichenau nach Süden, steigt auf das Plateau Bonaduz-Rhäzüns bis zur Station gleichen Namens an der Splügenstraße. Nach Kreuzung der letztern steigt die Bahn neuerdings an, überschreitet die neue Straße Bonaduz-Ilanz und erreicht in der Nähe von km. 6 die Rheinschiucnt.

Eine l Va Kilometer kürzere Variante zweigt von Reichenau nördlich ab und erreicht nach 4 km. in ausgeglichener Steigung von 33,62 °/oo die erste Linie. Ihr fehlt die Station Bonaduz.

Nach einer kurzen Horizontalen am Rand der Rheinschlucht zieht sich die Linie mit 7,5 °/oo Gefäll weiter, biegt durch einen kurzen Tunnel nach der Rabiusaschlucht um, überschreitet diese horizontal unterhalb der bestehenden Straßenbrücke, steigt längs der Schutthalde bis zu km. 10,640 auf die Höhe von 813,4, m., und gewinnt nun in einer langen Horizontalen vou 5,2 km. die Station Versam (zwischen km. 11 und 12) und, nach Überbrückung des Carreratobels, die Station Valendes (km. 15,s). Von da weg fällt die Linie über Kästris bis zum Glenner, von wo an die horizontale Strecke mit der Rheinlinie zusammenfällt.

Außer den erwähnten Zwischenstationen sind noch eventuelle Haltstellen auf der rechten Seite der Rabiusaschlucht und des Carreratobels vorgesehen.

Die hauptsächlichsten Bauten dieser Linie sind die Versamtobel-, die Carreratobel- und die Glennerbrücke, der erwähnte Tunnel, große Stützmauern und einige Galerien in der Rhein- und Rabiusaschlucht.

Außer den erwähnten zwei Straßenübergängen sind noch solche bei km. 14,4, km. 21 und in Jlanz selbst nötig.

3. Die l i n k s s e i t i g e L i n i e ü b e r Con überschreitet vorerst die Splügenstraße und einen Kanal für Sägebetrieb, überbrückt hierauf dea Vorderrhein, biegt dann links um und steigt zu der auf der Terrasse Dabi unter Trins-Digg placierten Station Trins an und in weiterer Steigung dem schwierigen Rheinabhang bis zum Flem folgend und in die Schlucht dieses Baches einbiegend, den sie dreimal kreuzt, bis zur Station Flims, welche so nahe als möglich gegen das Dorf gerückt ist.

Von dieser Station steigt die Bahn bis Con, erreicht daselbst die Höhe von 951 m., die sie auf einer Strecke von 1600 m. Länge beibehält, unterfährt eine steile Trümmerfelswand und fällt vom Tunnelende weg gleichmäßig bis zur Station Sagens, zuerst
dichten schonen Wald, dann aber das für den Bahnbau unberechenbare, tiefe und weite Laaxertobel durchziehend. Von Sagens weg läuft die Bahn auf schönem Plateau über Schleuis, überbrückt vor Ilanz den Rhein und erreicht bei km. 24,6 die Rheinliuie.

866

An größern Bauobjekten sind zu verzeichnen 2 Rheinbrücken, 2 Durchlässe, 5 weitere Brücken und der erwähnte Tunnel. Straßenübergänge kommen, wie bei der Rheinlinie, zwei vor.

4. Die L i n i e ü b e r die F l i m s e r w a l d h ä u s e r setzt Zahnradsystem voraus. Bis km. 6,5 würde sie der Conerlinie entsprechen.

Von da weg bliebe sie auf der linken Seite des Flem, erreichte die Station Mulina und würde dann zuerst horizontal, nachher mit einer Steigung von 78 °/oo zu den Waldhäusern sich hinaufziehen, diese Höhe (1104 m.) auf einer Strecke von 2,s km. innehalten, um sich hierauf thalwärts bis Laax und mit 85 °/oo Gefäll zur Station Schleuis zu senken und bei km. 24 mit der Conerlinie zu vereinigen.

Der Aufwand für Kunstbauten würde ungefähr demjenigen der letztern Linie entsprechen. Dagegen wären zwei Straßenübergänge mehr zu rechnen.

Nachstehende Tabelle enthält eine vergleichende Zusammenstellung der wichtigsten Konstruktionselemente.

Projekt

Iï Länge der Bahn Spurweite Maximal Steigung Höhendifferenz Minimalradius Zwischenstationen (inklusive Haltstellen) Betrieh . .· Kostenanschlag Total . . .

per km. . .

m. 18,800 1,00 m.

°/00 6,s m.

104 m.

200

ÏII 22,300 1,00

35 217,4 100

III 25,100

IV 25,300

1,00

1,00

35 355 100

85 508 100

5 6 5 5 mit Adhäsionslokomotiven * Fr. 3,100,000 3,350,000 4,250,000 4,000,000 ,, 163,000 152,000 168,000 160,000

Die Gründe, welche den Petenten zur Ausarbeitung von vier verschiedenen Projekten veranlaßt haben, werden von ihm in dein allgemeinen Bericht zum Konzessionsgesuch näher dargelegt.

6 Kilometer unterhalb Ilanz trete der Rhein in eine tiefe Schlucht, die sich in vielen Windungen his gegen Reichenau hinziehe und von mehr oder weniger steilen, waldreichen Abhängen, zum Teil aber auch von Abstürzen nackten Trilmmergesteins eingefaßt sei. Infolge dieser Terraingestaltung liegen die. Ortschaften dieser Strecke rechts und links auf Terrassen hoch über dem Rhein, und eine direkte Verkehrsverbindung zwischen beiden Thalseiten sei schwierig.

* Lokomotiven für Adhäsion nnd Zahnradbetrieb (Zahnstange- auf 6550 m.)-

867

Die rechte Thalseite biete gegenüber der linksseitigen die technisch günstigem Verhältnisse, bessere Steigungs- und Richtungsverhältnisse und geringere Länge. Der Unterschied in letzterer betrage e f f e k t i v 2,s km., beziehungsweise bei Annahme der (blau punktierten) Variante 4,a km., v i r t u e l l , also unter Berechnung der Steigungen über 10 %o, sogar rund 18 km.

Dagegen würde eine Linie auf der linken Thalseite durch den Lokalverkehr besser alimentiert, da sie erheblich größere Ortschaften, worunter den bedeutenden Luftkurort Flims, bediente.

Allein die rationellste, unter den gegebenen Verhältnissen die einzig rationelle Richtung sei diejenige in der Thulsohie. Hinsichtlich der Steigungen (Maximum 6.8 %o) habe sie vollständig den Charakter einer Thalbahn; sie sei überdies die kürzeste Linie, e f f e k t i v 3,6, beziehungsweise 6,3 km., und v i r t u e l l 22, beziehungsweise 40 km. kürzer als die rechts- und linksseitige Linie.

Diese außerordentlichen Vorzüge kommen nicht nur im gewöhnlichen Verkehr, soudern auch in militärischer Beziehung in Betracht.

Überdies sei sie einzig geeignet, den Verkehr aller Dörfer rechts und links über der Rheinschlucht aufzunehmen. Allerdings bedürfe es der Zufahrtswege und Wegbrücken von erheblichem Kostenaufwand, mittelst welcher aber die projektierten Stationen die beidseiligen Dörfer je paarweise zu bedienen vermögen.

.Von einer rechtsseitigen Bahn hätten dagegen die stärker bevölkerten, linksseitigen Dörfer gar nichts, und umgekehrt gehe es auch nicht an, die rechte Thalseite für alle Zukunft vom Verkehr abzuschneiden, während diese Route wegen ihrer geringeren Kulmination zur Zeit den ganzen Güterverkehr zwischen Chur und Ilanz besitze.

Es gehe nicht an, diese Thalseite, in welche auch das Hochthal Savien debouchiere, der Hauptbedingung für eine gedeihliche Entwicklung für immer zu berauben, während sie alle andern Bedingungen für eine zukünftige große Fremdenfrequenz ebenfalls aufweisen könne.

Aus allen diesen Gründen mochte der Petent in seinem Konzessionsgesuche, das zwar ü b e r h a u p t eine Bahnverbindung zwischen Reichenau und Ilanz anstrebt und die einzuschlagende Richtung sich noch vorbehält, das Hauptgewicht auf die R h e i n l i n i e gelegt wissen.

Die Regierung des Kantons Graubünden, welcher das Gesuch gemäß Art. 2 des Eisenbahngesetzes zur Vernehmlassung mitgeteilt wurde, macht in ihrem bezüglichen Schreiben vom 4. Juni 1890

868 nach kurzer Skizzierung der vier in Wahl gesetzten Vorschläge folgende Bemerkungen: Die Rheinlinie mit den bestausgelesenen Steigungsverhältnissen biete die geringsten Transportwiderstände und sei dabei auch die kürzeste. Sie diene der ganzen Grub und dem oberhalb liegenden Teile des Oberlandes und dem Lungnez aufs beste. Die auf dea rechteo und liakea Thalstufen angebauten Ortschaften hätten dagegen bei dieser Richtung geringe Vorteile. Die Flimser Waldhäuser z. B. lägen nahezu 500 m. über der Station Flims der Rheinlinie und erforderten bei 10 °/o Steigung eine Zufahrtsstraße von 5000 m., bei 8 °/o Steigung eine solche von 6250 m. Länge.

Der Nutzen der Rheinlinie sei daher für die linksufrigen Gemeinden, nicht allein für Flims, sondern auch für Trins, Laax und Schleuis, niedrig anzuschlagen, zumal auch noch Rheinübergänge zu unterhalten seien.

Die rechtsseitige Richtung komme den Gemeinden Versarci und Valendas zu statten. Größere Vorteile zu bieten, seien die linksseitigen Varianten geeignet. Trins, Flims, Laax, Sageus und Schleuis, also fünf Gemeinden, kämen an die Linie zu liegen und erhielten Stationen.

Die Kostenvoranschläge scheinen der Regierung alle vier zu niedrig gehalten zu sein, besonders wenn aus denselben auch die Beschaffung des erforderlichen Rollmaterials und der Hochbauten nebst Lokomotivremisen und Reparaturwerkstätten etc. bestatten, werden solle.

Ohne sich im weitern auf eine Wertvergleichung der vier Linien einzulassen, halte sie dafür, daß dermalen die Frage, ob die Konzession in der verlangten alternativen Weise erteilt werden könne oder nicht, sie nicht berühre, sondern daß dies vorderhand unserer Prüfung allein zufalle. Sobald einmal ein Konzessionsentwurf vorliege, werde sie Anlaß erhalteu und nehmen, sich nach Einholung der Wunsche der Interessenten über das Projekt weiter auszusprechen.

Auf diese Vernehmlassung, welche seitens der Regierung von Graubünden dem Konzessionspetenten zur Kenntnis gebracht wurde,, hat letzterer unterm 20. Juni 1890 an genannte Regierung ein Berichtigungsschreiben gerichtet, in welchem gegenüber einzelnen mit den Angaben des Konzessionsgesuches nicht übereinstimmenden thatsächlichen Angaben diejenigen des letztem zum Teil ausdrucklich aufrechterhalten, zum Teil ergänzt werden.

Wir gestatten uns, diesbezüglich auf den Inhalt des erwähnten, in Abschrift bei den Akten liegenden Schreibens zu verweisen.

869 Uns scheinen die vorgebrachten Gründe zunächst am meisten für die Rheinlinie zu sprechen; wir behalten uns jedoch die Entscheidung bis zur Vorlage der definitiven Pläne vor und empfehlen deshalb nur allgemein die Konzessionierung einer s c h m a l s p u r i g e n E i s e n b a h n von Reichena u n a c h I l a n z , mit welcher Fassung der spätem Festsetzung des definitiven Tracés nicht präjudiziert ist.

Inzwischen ist unterm 14. September 1890 vom gleichen Bewerber ein weiteres K o n z e s s i o n s g e s u c h für den Bau und Betrieb einer S c h m a l s p u r b a h n von Ilan n z nach D i s e n t i a eingereicht worden. Diese Bahn würde die Fortsetzung derjenigen, von Reichenau nach Ilanz bilden; die Erwägungen über die Zweckmäßigkeit der Linie sind im Prinzipe die nämlichen, wie bei der letztem, so daß sieh die gemeinsame Behandlung und Konzessionierung als in der Natur der Sache liegend empfiehlt.

Die specielle Begründung dieser zweiten Sektion einer bündnerischen Oberlandbahn weist zunächst auf die Wichtigkeit von Disentis als Vereinigungspunkt der Oberalp- und Lukmanierstraße hin ; ihr Hauptwert sei aber der, daß sie den ganzen Kanton Graubünden der Gotthardbahn näher bringe, und es unterliege keinem Zweifel, daß, wenn sie einmal im Betriebe sei, in Bälde die kurze Verbindung mit dieser Weltbahn durch den Gebirgsstock des Badus hergestellt werde.

Diese sichere Perspektive bilde denn auch den Grund, für die Anlage der ganzen Oberländerbahn die mögliehst vorteilhaften Richtungs- und Steigungsverhältnisse zu wählen.

Es hieße sowohl mit Rücksicht auf das gewöhnliche Verkehrsinteresse, als namentlich auf das militärische Interesse der Eidgenossenschaft für alle Zeit einen schweren Fehler begehen, wollte man die von der Natur gegebenen günstigen Bedingungen unberücksichtigt lassen und gekünstelte Wege wählen.

Eine Bahn Ilanz-Disentis und in noch höherem Maße IlanzDisentis-Andermatt würde beispielsweise in einem Kriege mit Italien von großer Wichtigkeit werden, indem sie die Verbindung zwischen der Gotthardbahn und den festen Plätzen um Gotthard mit den bündnerischen Pässen Lukmanier, Cristallina, Greina, Diesrut und Searadra herstelle.

Das Trace geht von der projektierten Station Ilanz, km. 18.8 der frühem Rheinlinie, aus, deren Kilometrierung für das neue Stück fortgesetzt wird.

Die Linie
überbrückt bei km. 19 den Rhein, geht bei der Station Ruis wieder auf die linke Thalseite hinüber und führt hier, stets in der Tahlsohle bleibend, über die Station Tavanasa nach Rinkenberg, wo sie den Rhein zum drittenmal überschreitet, bis

«70 Truns. Von dieser Station an geht die Bahn mit einer konstanten Steigung von 30 °/oo über Rabius und Somvix nach Disentis.

Eine Variante von gleicher Länge, aber mit einer Maximalsteigung von nur 27 °/oo, überschreitet den Rhein früher bei km. 32 und führt oberhalb der Dörfer Darvela, Truns und Campliun durch.

Mit Bezug auf das Terrain ist zu erwähnen, daß die Linie bis Tavanasa über angeschwemmtes Land, stellenweise auch über Goschiebsablagerungen der Gebirgsbäche führt und auf den ersten 5 Kilometern slreckenvvei.se der Uferversicherung gegen den Rhein bedarf. Von Tavanasa bis Lumneius lehnt sich die Bahn zwischen.

Poststraße und Rhein an die steile Berghalde, stellenweise auf einer Unterlage von Granitblöcken, welche sich früher vom Berge losgelöst hatten. Von Lumneins bis Compadiels geht sie durch Wiesengelände und von dieser Ortschaft an einer steilen, von nackten Felspartien unterbrochenen, ineist aber bewaldeten Berghalde von granitischem Gestein entlang.

Lawinenzüge, Steinschläge oder Rufen sind nicht zu befürchten, da die steilen Hänge überall bewaldet sind.

Die Länge der Bahn beträgt 28,100 m. oder, wenn der bei km. 21,6 vorgesehenen Rheinkorrektion, sowie der Straßenkorrektion bei km. 22,8 durch Contrekurven ausgewichen wird, 28,430 m.; die Spurweite l m., die Maximalsteigung 30, beziehungsweise 27 oder 25 °/oo, die Höhendifferenz 450 m., der Minimalradius 200 in.

Als Zwischenstationen inkl. .Haltstellen sind 8 vorgesehen, nämlich Schnaus, Ruis, Obersaxen, Tavanasa, Rinkenberg, Truns, Rabius und Sotnvix.

An Bauobjekten sind zu erwähnen die drei Rheinbrücken und die großen Brücken über das Muliueun- und Ruseintobel. Ferner fünf kleinere Brücken, mehrere Durchlässe und sechs, beziehungsweise bei der Variante vier Poststraßenübergänge, sowie die bereits erwähnte Rhein- und Straßenkorrektion.

Der Kostenvoranschlag basiert auf den Voranschlägen der Landquart-Davos-Bahn und des Moserschen Centralbahnprojektes und ist partienweise berechnet.

Die Summe der Baukosten belauft sich auf Fr. 4,100,000, beziehungsweise für die Variante auf Fr. 4,250,000 oder per Kilometer der Bahnlänge auf rund Fr. 146,000.

Zu diesem Projekt bemerkt die Regierung von Graubünden in ihrer Vernehmlassung vom 16. Juli 1. J., daß sie dasselbe begrüße. Sie betrachte die Strecke Ilanz-Disentis als zweite Sektion einer Oberländerbahn und halte dafür, daß eine solche nicht nur den angelegenen Thalschaften diene, sondern, wie das Konzessions-

871

gesuch näher ausführe, auch von strategischer Bedeutung für die Eidgenossenschaft sein dürfte. Dabei bemerke sie, daß die einvernommenen Ämter die Variante mit der Steigung von 25--27 °/oo bevorzugen, mit Rücksicht auf die Verkehrsei leichterung, wie auch darauf, daß dann die Bedingungen für allfällige Anlage einer Normalspurbahn erfüllbar wären.

Da die Taxen hier niedriger angesetzt seien, als in dem Konzessionsgesuch für Reichenau-llanz, so nehme sie an, daß diese Ansätze auch für jene Linie zu gelten haben, indem kein Grund bestehe, für die Sektion Reichenau-llanz höhere Taxen zu verlangen als für die zweite Sektion.

Im übrigen behalte sich die Regierung alle weitern Bemerkungen bis nach Vorlage der Detailpläne vor.

An den konferenziellen Verhandlungen, welche schon unterm 18. September 1891 stattfanden, erklärten sich sowohl die Regierun» als der Petent mit einer einheitlichen Konzession für beide Sektionen einverstanden, unter der Bedingung jedoch, daß eventuell die getrennte Ausführung der beiden Sektionen gleichwohl zulässig sein solle, da es nicht wahrscheinlich sei, daß die ganze Linie zu gleicher Zeit finanziell gesichert werden könne.

Wir trugen kein Bedenken, diesem Begehren zu entsprechen, und zwar in der Weise, daß schon im Titel und im Eingang der Konzession die Abschnitte Reiehenau-Ilanz und Ilanz-Disentis getrennt hervorgehoben werden und als Art. 6 a ein Zusatz eingeschaltet wird des Inhalts, dalS die Nichteinhaltung der in Art. 5 und 6 angesetzten Fristen für die eine Sektion ohne Einfluß auf den Fortbestand d«r Konzession für die andere Sektion sein soll.

Dagegen konnten wir uns nicht zu der vom Petenten gewünschten Verlängerung der in Art. 5 angesetzten Frist von 36 auf 48 Monate verstehen, da das damals für die Verlängerung geltend gemachte Argument, es sei das Zustandekommen der Bahn von der Erstellung der Linie Chur-Thusis abhängig und letztere erseheine noch nicht als gesichert, uns eher geeignet erschien, eventuell bei Auslauf der Frist für eine Fristverlängerung geltend gemacht zu werden, während bei Erteilung der Konzession innere Gründe bei Ansetzung der Fristen entscheiden sollten, indem sonst die Konzession leicht den Charakter eines alle von anderer Seite ausgehenden Bestrebungen ausschließenden Monopols erhielte.

Der Konzessionsbewerber zog es dann vor, um
Verschiebung der Behandlung seines Gesuches, solange die Realisierung der Linie Chur-Thusis in der Schwebe sei, einzukommen, welchem Wunsche wir keinen Grund hatten entgegenzutreten. Nachdem nun aber die

872 Stamrnlioie Chur-Thusis finanziell gesichert ist und demnächst mit dem Bau wird begonnen werden köunen, nimmt auch Herr Marchion sein Gesuch wieder auf und wünscht dessen beförderliche Erledigung, infolgedessen wir Ihnen dasselbe hiermit unterbreiten.

In der Taxfrage konnte an der Konferenz eine Einigung nicht erzielt werden. Das Eisenbahndepartement hatte in Art. 15 die Personentaxen und in Art. 17 die Viehtaxen nach den Ansätzen der Normalkonzession normiert, dio Gepäck- und Warentaxen dagegen auf 7, beziehungsweise 2,5 und 1,25 Rappen festgesetzt, in der Meinung, daß dieselben sieh auf die Ausführung der Rheinlinie, deren Maximalsteigung bloß 6,s %o betragen würde, beziehen.

Um aber die Wahl des Traces nicht dadurch zu präjudizieren, wurde ein Art. 18« aufgenommen, wonach der Bundesrat eine Erhöhung obiger Taxansätze nach Maßgabe der in der Botschaft betreffend Taxerhöhung für Eisenbahnstreeken mit größern Steigungen, vom 11. September 1873, ausgesprochenen Grundsätzen sollte bewilligen können, sofern nicht die Rheinlinie zur Ausführung gelange.

Demgegenüber machte der Konzessionspetent geltend, daß auch für den Fall der Ausführung der Rheinlinie deren außerordentlich hohe Baukosten eine Erhöhung der. Taxen hinlänglich rechtfertigen.

Er verzichte auf Art. 18 a, wenn ihm folgende Taxen gewährt werden : Personentaxen : I. Klasse 25 Rappen per Kilometer der Bahnlänge, TI 1K AJ "· n -n ·>·> n n n M-

T)

8

,,

,,

,,

,,

,,

Gepäcktaxe 10 Rappen per 100 kg. und per Kilometer; bei den Viehtaxen für Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 20 Rappen, die übrigen unverändert; Warentaxen 3, beziehungsweise 2 Rappen.

Die Erhöhung der Gepäck- und Viehtaxe wurde vom Departement unter der Voraussetzung der Streichung von Art. 18 a zugestanden und die Warentaxe nach -- seitens des Petenten zugestandener -- Herabsetzung der niedersten Klasse auf l,5 Rappen nicht beanstandet.

Was die Personentaxen betrifft, so erklärte sich der Vertreter der Kantonsregierung mit den geforderten Ansätzen, betreffend die I. und II. Klasse, einverstanden, verlangte aber für die III. Klasse eine Ermäßigung auf 7 Rappen, während der Petent an 8 Rappen glaubte festhalten zu müssen.

Vom Departement waren ursprünglich die Taxen für ChurThusis 20, 15 und 7 Rappen eingestellt; wir können uns aber der Ansicht des Vertreters des Kantons Graubünden anschließen, daß

873

es für die Verkehrsinteressen von keiner wesentlichen Bedeutung sei, ob bei der I. Klasse 20 oder 25 Rappen eingehoben werden, während der Schutz des reisenden Publikums die Ermäßigung der III. Klasse auf 7 Rappen pro Kilometer verlange.

Wir empfehlen deshalb die in dem Konzessionsentwurf festgesetzten Taxen zur Annahme.

Mit Bezug auf die übrigen Artikel ist noch zu erwähnen, daß Art. 8 der Eventualität einer Linie über die Flimserwaldhäuser Rechnung trägt und daß in Art. 12 die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit dem Bundesrate vorbehalten worden ist, da auch diese von der definitiven Wahl des Traces wesentlich abhängt.

Im übrigen entspricht der Entwurf den normalen Bestimmungen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochschätzung.

B e r n , den 4. Juni 1894.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

E. Frey.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

874

(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer Eisenbahn von Reichenau nach Ilanz und von Ilanz nach Disentis.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. der Eingaben des Herrn Franz Marchion, Ingenieur in Chur, vom 5./7. April und 14. September 1890; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 4. Juni 1894, beschließt: Dem Herrn F r a n z M a r c h i o n , Ingenieur in Chur, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn von R e i c h e n a u nach I l a n z und von I l a n z nach D i s e n t i s unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehördeu über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Ilanz.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

875

Art. 5. Binnen einer Frist von 36 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiter) für die Erstellung der Bahn zu irmchen.

Art. 6. Binnen 3 Jahren, vom Beginn der Erdtirbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem.

Betriebe zu übergeben.

Art. 6 a. Die Nichteinhaltung der in Art. 5 und 6 angegebenen' Fristen für die eine Sektion ist ohne Einfluß auf den Fortbestand der Konzession für die andere Sektion.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betrieb erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt sein müssen.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt, eventuell mit Zahnstange, wo die Steigung es notwendig macht.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des KantonsGraubünden und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

C3

O

C

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funklionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen,, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

876

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Dem Bundesrate bleibt vorbehalten, die Geschwindigkeit der Züge zu bestimmen.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit drei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der ersten Wagenklasse 25 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 15 Rappen, in der dritten Wagenklasse 7 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Warenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 % niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter 3 Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz; beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 10 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benutzung der gleichen Bahnstrecke für Hin- und Rückfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

877 Art.. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen' sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen.

aufstellen1.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzögen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden : Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 20 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Hp.} Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport voit Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nieht über 3 Rappen, die niedrigste nicht über 1,5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stilcksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Grelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß im- 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenaügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Bandesblatt. 46. Jahrg. Bd. II.

59

878

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensrnittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer 'gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegencle Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestirnmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und dfe Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondei'e Réglemente.und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Ver-

879 ständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung eines genügenden^ Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubündeo gelten folgende Bestimmungen': a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkaut' erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethau werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 221/2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 uad dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug des Erneuerungs- und Reservefonds.

880

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmuna; mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden, d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abachreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

.

e. im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlageküsten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton Graubünden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bunclesrat ist mit dem Vollzüge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

-Ï5!-0-«g-

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von Reichenau über Ilanz nach Disentis. (Vom 4. Juni 1894.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1894

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

23

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

06.06.1894

Date Data Seite

863-880

Page Pagina Ref. No

10 016 632

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.