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Bundesrathsbeschluss über

die Rekursbeschwerde betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise Locarno.

(Vom 18. Juni 1891.)

Der schweizerische Bundesrath hat in Sachen der Rekursbeschwerden betreffend die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im tessinischen Wahlkreise Locamo nach dem Bericht des Justiz- und Polizeidepartements folgenden T h a t b e s t a n d gefunden : I. Auf Sonntag den 3. März 1889 waren im Kanton Tessin verfassungsgemäß die Wahlen der Mitglieder des Großen Rathes angesetzt. Zufolge der Bestimmungen des tessinischen Gesetzes vom 3. Dezember 1888 über die Abfassung der Stimmregister für die periodische Erneuerung des Großen Rathes wurden in sämmtlichen Gemeinden des Kantons im Anfang des Jahres 1889 die Stimmregister von den Munizipalitäten angefertigt und am 22. Januar öffentlich ausgestellt. So auch im Wahlkreis Locarno.

A. Betreffend die Gemeinde Locamo.

II. Mit Eingabe vom 26. Januar beschwerte sich Dr. Giuseppe Mariotti beim Regierungskommissär von Locamo darüber, daß in dieses Stimmregister n i c h t a u f g e n o m m e n worden sei: Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. III.

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D e c a r i i, Giovanni, genannt Plozer, sein Diener, der selbst nicht schreiben könne, weßhalb er, der Herr, für iha eintrete. Keiner der Ausschließungsgründe treffe zu, Steuerrückstände schulde Decarli nicht, wie erst gestern noch auf Befragen der Steuerbeamte (Esattore) der Gemeinde erklärt habe. In der That habe er ja gar kein Vermögen und lebe in der Familie des Rekurrenten, habe also keine Herdsteuer (focatico) zu bezahlen, aber auch keine Kopfsteuer (testatico)r da er am 24. Juni 1826 geboren sei.

Die Munizipalität, vom Kommissär hierüber angefragt, erklärte mit Eingabe vom 8. Februar, das Begehren des Dr. Mariotti könne deswegen gar nicht in Berücksichtigung gezogen werden, weil es nicht, wie das Gesetz es verlange, beim Sindaco oder einem anderen Mitgliede der Munizipalität eingereicht worden sei. Eine Abschrift dieser Erklärung wurde auch dem Rekurrenten Dr. Mariotti eingehändigt.

Dieser erwiderte mit Eingabe vom 9. Februar, die Antwort der Munizipalität sei verspätet und darum nicht mehr anzunehmen, da sie nicht innerhalb 3 Tagen seit Mittheilung des Rekurses eingereicht, worden sei, wie dies Art. 2 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 verlange. Eine Abschrift dieser Replik wurde am 9. Februar der Munizipalität eingehändigt.

Der Kommissär wies durch Verfügung vom 13. Februar, mitgetheilt den 16. desselben Monates, den Rekurs ab, weil er nicht gesetzmäßig eingereicht worden sei, vielmehr an eine ,,Person, welche im Gesetze nicht angegeben isttt ; die Munizipalität, wird hinzugefügt, hat das Recht, ihre Bemerkungen auch noch während 3 Tagen nach Ablauf der Rekursfrist von 15 Tagen zu machen, ist also im vorliegenden Falle mit denselben nicht verspätet.

In seinem Rekurse an den Staatsrath vom 18. Februar wiederholt Dr. Mariotti, was er dem Kommissär erklärt hatte, und fügt hinzu : Von der Mittheilung meiner Beschwerde an die Munizipalität, 26. Januar, blieb Alles still bis zum 8. Februar; die an diesem Tage von der Munizipalität abgegebene Erklärung ist aber unrichtig; das Begehren um Aufnahme Decarli's ist wie immer in der Stadtkanzlei durch den beeidigten Stadtsergeanten eingereicht worden.

Der Kommissär verwarf die Replik der Verspätung der Rekursbeantwortung aus dem Grunde, weil die Munizipalität das Recht habe, ihre Rekursbeantwortung noch bis zum Ablauf von 3 Tagen nach Beendigung
der Rekursfrist von 15 Tagen einzureichen. Rekurrent stützt sich dagegen neuerdings auf Art. 2 und 3 des zitirtea Gesetzes. Auch der Kommissär hat die in letzterem Artikel be-

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stimmte Frist nicht innegehalten und auch sein Dekret ist daher nichtig. Das Begehren geht dahin, daß der Entscheid des Kommissärs aufgehoben, auf den Rekurs vom 26. Januar eingetreten und die Eintragung des Decarli in das Stimmregister angeordnet werde.

Der Munizipalität wurde am 18. Februar eine Abschrift dieser Eingabe zugestellt.

Die Munizipalität antwortete mit Eingabe vom 20. Februar : Es braucht eine starke Dosis Ungenirtheit, um für den Bettler Decarli von dem Staatsrath ohne Vollmacht die Aufnahme in das Stimmregister zu verlangen. Das Gesetz stellt der Munizipalität frei, ihre Bemerkungen über die eingegangenen Rekurse zu machen oder nicht; der Kommissär hat somit einfach nach seinem Ermessen zu entscheiden. Angenommen also auch, die Rekursbeantwortung sei verspätet, so wird doch dadurch der Rekurs des ,,egregioa Dr.

Mariotti nicht geheilt. Hat etwa Dr. Mariotti seit 40 Jahren die Steuern von Plozer bezahlt? oder vielleicht sein Onkel D. Giacomo?

Oder vielleicht sein Vater, oder Onkel Antonio? Er hätte sich damit unangenehme Rekurse ersparen können, an denen nun seine Verwegenheit schuld ist. Auch dieser neugebackene Protektor (novello protettore) des Plozer hat nie dessen Steuern bezahlt, sie sind für ihn und seine verstorbene Frau um mindestens 40 Jahre im Rückstände. Also bitten wir um Bestätigung des Entscheides des Kommissärs. Die Eingabe wurde am 20. Februar dem Dr. Mariotti mitgetheilt.

Dieser richtete am 22. Februar eine Zuschrift an den Staatsrath, von welcher er am gleichen Tage der Munizipalität eine Abschrift zustellen ließ. Mag diese Zuschrift zu den Akten genommen werden oder nicht, sagt er, die Eingabe der Munizipalität ist zu stark, als daß ich schweigen könnte. Ich habe nicht ungenirt und verwegen, sondern in der vollen Ueberzeugung, daß Plozer keine Steuerrüekstände habe, rekurrirt, da mir am 25. Januar der Steuerbeamte auf mein Befragen dies in Gegenwart zweier Zeugen, die das auf Verlangen bestätigen werden, versichert hat. Bin Steuerrückstand ist doch nur dann vorhanden, wenn Jemand im Steuerregister erscheint, Steuer von ihm verlangt worden ist und er sie nicht bezahlt hat ; das ist Alles bei Plozer gar nicht der Fall ; man hat ihn bis heute im guten Glauben gelassen, daß von ihm keine Steuer verlangt werde. Ich glaube auch nicht, daß man solche jetzt noch
reklamiren könne; sollte ich mich aber darin getäuscht haben, so verdiene ich doch keinen Hohn, denn ich habe nur gethao, was ich für meine Pflicht hielt. In Wirklichkeit hat aber Decarli im Dezember 1879, im letzten oder vorletzten Jahre, da er noch einen eigenen Rauch führte mit seiner 73jährigen Frau zu-

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sammen, die dann im folgenden Jahre starb, seine Herdsteuer bezahlt, und zwar die ganze, nicht wie viele Andere nur die Hälfte, weil er, zwar ,,Bettler", aber ohne Kinder ist. Die Steuerregister jenes und der vorhergehenden Jahre, welche wohl noch in der Hand der Munizipalität liegen, werden bestätigen, daß er seine Steuern zahlte. Seitdem er Wittwer geworden, lebte er stets als Knecht in meinem Hause, und die Gemeindekasse hat stets die Steuern erhalten, welche sie verlangte.

Durch Dekret vom 26. Februar wies der Staatsrat h den Rekurs als verspätet ab, ohne auch nur die in Betracht fallenden Daten anzugeben. Das Dekret wurde dem Rekurrenten am 1. März mitgetheilt. Am 6. wandte er sich an den eidgenössischen Kommissär Borei um Hülfe, da die gesetzlichen Rechte des Plozer verletzt seien.

III. Am 5. Februar 1889 verlangte Arturo Lotti durch Eingabe beim Regierungskommissär die A u f n a h m e folgender Bürger in das Stimmregister: Bottata, Virginio, di Carlo, Fellanda, Pietro Alberto, fu Giovanni.

Rosselet, Edoardo, di Guatavo, und die S t r e i c h u n g von Nessi, Pietro, fu Giuseppe, und Suter, Paolo.

Mit Eingabe vom 8. Februar erklärte Nesai dem Kommissär: Er habe erfahren, daß seine Streichung beantragt worden sei, weil noch Steuern ausstehen, die er an die Gemeinde Muralto hätte zahlen sollen. Es seien aber nie solche Steuern von ihm verlangt worden; gleichwohl habe er, um Umtriebe zu vermeiden, sich bereit erklärt, was er etwa schulden möchte, zu bezahlen. Die Munizipalität habe ihm aber erklärt, daß sie auf höheren Befehl keinerlei Zahlung von ihm annehmen dürfe. Er bestreite durchaus, noch Rückstände an die Gemeinde Muralto zu schulden.

Durch Verfügung vom 13. Februar wies der Kommissär das Begehren betreffend Rosselet ab, weil derselbe die für nicht tessinische Schweizerbürger nothwendige Aufenthaltskarte nicht besitze, erklärte, daß aus dem gleichen Grunde S u t e r zu streichen sei, obgleich er allerdings Domizil in Locamo habe, und ebenso N e s s i , da er sich geweigert habe, Steuern der Gemeinde Muralto zu bezahlen, vielmehr gegen deren Auflage protestirt habe.

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Das Dispositiv des Dekretes, dessen einzelne Theile nicht miteinander übereinstimmen, und welches mit Bezug auf Bettata und Pellanda gar keine Begründung enthält, geht dahin : A u f g e n o m m e n werden : Bettata, Pellanda, Respini Geremia, di Giuseppe.

G e s t r i c h e n : Nessi und Suter.

Mitthoilung hievon an Lotti, an die Munizipalität von Locamo und an Nessi.

Hievon machte die Kanzlei der Munizipalität dem Paul S u t e r , von Zofingen, durch Zuschrift vom 18. Februar Mittheilung.

Gleich am folgenden Tage wandte sich Suter an das eidgenössische Departement des Innern. Er erklärte : Vor 3lk Monaten kam ich hieher an den Bahnhof Locamo, habe meine Schriften rechtzeitig abgegeben und die ßmonatliche Aufenthaltsbewilligung, welche bis Anfangs Juni geht, nach Bezahlung der gesetzlichen Taxe erhalten. Ich war hiemit regelrecht in das Stimmregister eingetragen. Eine triftige Erklärung meiner Streichung hat man mir verweigert. Ich stehe in vollen bürgerlichen Ehren und Rechten. Da ich und Andere, die im gleichen Falle sind, nach gemachter Erfahrung bei der Kantonsbehörde kein Recht erhalten, bitte ich um eine Verfügung der Bundesbehörde. Meine Aufenthaltsbewilligung steht zur Verfügung. Der Bahnhofvorstand Ferd. Desax bestätigte schriftlieh die Richtigkeit dieser Angaben.

Am nämlichen 19. Februar wandte sich übrigens P. Suter auch an den Staatsrath. Er erklärte, er sei im Besitze einer regelrechten Aufenthaltskarte, Nr. 6256, vom Staatsrath ausgestellt, und habe schon am 3. Dezember 1888 die Niederlassung in der Gemeinde Locamo verlangt. Die Kanzlei der Munizipalität habe ihn hiefür an den Regierungskommissär, der Regierungskotnmissäian den Staatsrath gewiesen und viceversa, bis zuletzt der Kommissär erklärt habe, daß die Aufenthaltskarte genüge. Es wird eine Abschrift des Begehrens um die Niederlassungsbevvilligung beigelegt, sowie das appellirte Dekret. Der Munizipalität von Locarne wurde am 20. Februar eine Abschrift dieses Rekurses zugestellt.

Das eidgenössische Justizdepartement telegraphirte am 20. Februar an Suter, er habe sich vorerst an den Staatsrath zu wenden und könne dann eventuell gegen dessen Entscheid an den Bundesrath gelangen.

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Unterm 22. Februar beantragte die M u n i z i p a l i t ä t dem Staatsrathe Abweisung des Rekurses: 1. weil die Gegenpartei Suter's ein Herr Arturo Lotti sei, welcher keine Abschrift des Rekurses erhalten habe; 2. weil er verspätet sei, mitgetheilt nach Ablauf der 3 Tage, die das Gesetz hiefür gewähre.

Zum Ueberfluß wurde indessen noch auf die dem Kommissär vorgebrachten Gründe verwiesen.

Der Staatsrath erklärte, daß laut Vormerk auf dem Rücken des appellirten Dekretes dasselbe am 16. Februar dem Rekurrenten mitgetheilt worden sei, Suter aber den vom 19. datirten Rekurs erst am 20. eingereicht habe, uud wies daher, gestützt auf Art. 4 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888, den Rekurs wegen Verspätung ab, da beim Mangel einer entgegengesetzten Bestimmung anzunehmen sei, daß bei den hier angesetzten 3 Tagen derjenige der Mittheilung des rekurrirten Dekretes mitgezählt werden müsse.

Mit Zuschrift vom 1. März wandte sich Suter an das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement mit dem Begehren um Aufhebung dieses Entscheides. Er sagt: Da ich von der Munizipalität am 18. Mittheilung von meiner Streichung erhielt, hatte ich Zeit bis zum 20. (inklusive) zur Einreichung meines Rekurses.

Den wahren Grund meiner Streichung kenne ich bis zur Stunde noch nicht. Viele sind im gleichen Falle wie ich.

Zugleich sandte er eine telegraphische Depesche wesentlich gleichen Inhaltes und mit dringender Bitte um Eintragung an den Buüdesrath.

Unterm gleichen Tage appellirte auch N e s s i gegen seine Streichung, die ihm am 16. Februar mitgetheilt worden sei, an den Staatsrath. Er erklärte: Vor ungefähr 8 Monaten aus dem Auslande aurückgekehrt, habe ich regelrechtes Domizil in Locamo genommen, und ich stand auch daselbst bis zum 5. dieses Monats auf dem Stimmregister. In meiner Heimatgemeinde zahlte ich die Steuern für das Jahr 1887, und die Behörde sagte nichts von irgendwelchen Ruckständen, die etwa während meines Aufenthaltes im Auslande aufgelaufen wären. Ich war daher von dem appellirten Dekret ganz überrascht. Vor dessen Erlaß erschien ich übrigens auf der Munizipalität, um Alles zu bezahlen, was sie, sei es mit, sei es ohne Recht, verlange; man nahm aber keinerlei Zahlung an.

Am 20. Februar wurde eine Abschrift dieses Rekurses der Munizipalität zugestellt.

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Die Munizipalität antwortete auf diesen Rekurs das Nämliche, ·wie bezüglich des Rekurses von Paul Suter (s. v. Nr. HI, pag. 828).

Der Erfolg war der nämliche.

Am 1. März wandte sich Nessi an den Bundesrath mit der Mittheilung, er habe noch zur Stunde, Abends 6 Uhr, keine Antwort vom Staatsrathe auf seinen Rekurs erhalten und bitte daher, von Bundes wegen seine Eintragung anzuordnen. Noch gestern habe er alle Steuern zahlen wollen, die man mit Recht oder Unrecht von ihm verlange; die Munizipalität habe ihn aber zurückgewiesen.

Mit der nämlichen Eingabe vom 19. Februar beschwerten sich ·die Genannten, Paul Suter und Pietio Nessi, beim Staatsrathe auch darüber, daß durch das schon erwähnte Dekret des Regierungskommissärs in das Stimmregister e i n g e t r a g e n worden seien: Bottata, Virginio, von Ascona, Pellanda, Pietro Alberto, fu Giovanni, und Respini, Geremia, ·entgegen Art. 10, § l, des zitirten Gesetzes.

Es wird dazu bemerkt: Settata ist im Auslande seit seinem 17. Lebensjahr. Pellanda steht nicht auf dem Steuerregister und zahlt auch keine Steuern.

Der Kommissär hat auch gar keine Begründung fllr die Aufnahme dieser Beiden beigefügt.

Respini's Eintragung ist von Lotti, der das Dekret des Kommissärs veranlaßt hat, gar nicht verlangt worden. Respini ist Bürger von Cevio, wo er auch seine Steuern zahlt; hier zahlt er keine Steuern irgend welcher Art; er steht auch auf .dem Stimmregister von Cevio. Dem gegenüber hat der Kommissär Balli, Attilio und Riccardo, gestrichen, welche hier Steuern zahlen.

Es wird verlangt, daß jene Drei wieder gestrichen werden.

Der Rekurs wurde am 20. Februar in Abschrift der Munizipalität mitgetheilt.

Ueber die Antwort derselben siehe vorn betreffend P. Suter.

Der Staatsrath wies auch diesen Rekurs wegen Verspätung ab.

IV. Mit Eingabe vom 4. Februar verlangte der Hauptmann O. Boletti beim Regierungskommissär, daß in das Stimmregister aufgenommen werden: B a l l i , Attilio und B a l l i , Riccardo, welche seit dem 1. Dezember ihr Domizil in Locamo haben. Der Eommisaär wies das Begehren durch Verfügung vom 13. Februar, mitgetheilt

832 den 16., ab, weil die Genannten, wenn auch seit 1. Dezember in Locamo wohnhaft, ihre Steuern nicht in Locamo bezahlen und demgemäß schon im Stimmregister einer andern Gemeinde stehen.

Uebrigens sei ihr Ausschluß res judicata.

Mit Datum vom 19. Februar appellirte hiegegen Boletti an den Staatsrath. Er bestritt, daß es sich um eine bereits abgeurtheilte Sache handle. Wenn sich dies beziehen solle auf den Rekurs vom 10. Mai 1887, so sei ja gegen den betreffenden Entscheid des Staatsrathes an den Bundesrath appellirt worden, welcher noch nicht entschieden habe, wie der Staatsrath wohl wisse; beziehe sich der Kommissär auf den Rekurs Boletti's vom 16. April 1888, so liege wiederum nicht abgeurtheilte Sache vor; denn entgegen dem Gesetze, wonach der Kommissär innerhalb 10 Tagen hätte darüber entscheiden sollen, stehe dessen Entscheid zur Stunde noch aus. Die Behauptung der res judicata sei also bloße Rechtsverweigerung. Ferner sei durch die Weigerung, die beiden Balli einzutragen, weil sie nicht auf dem Steuerregister von Locamo stehen, die Rechtsgleichheit verletzt ; denn der nämliche Kommissär habe die Eintragung von Geremia Respini angeordnet, welcher ganz in gleicher Lage sei, in Locamo erst seit November domizilirt, daselbst keine Steuern bezahle und dazu noch in seiner Heimatgemeinde Cevio eingetragen sei.

Der Staatsrath wies das Begehren wegen Verspätung ab.

Mit Depesche vom 1. März an den Bundesrath verlangte Boletti Aufhebung dieses Entscheides.

V. Mit Eingabe vom 4. Februar, eingereicht den 5., wandte sich Gradino Boletti an den Regierungskommissär. Er bezog sich auf seinen Rekurs vom 16. April 1888, durch welchen er die Streichung und die Aufnahme von Bürgern im Stirnmregister verlangt hatte, und von welchem er eine Abschrift beifügte, mit der Bemerkung, daß der Kommissär bis heute auf denselben noch aicht geantwortet habe. Seine Begehren gingen auf: A u f n a h m e folgender Bürger in das Stimmregister: Grigolli, Carlo, fu Luigi.

Grigolli, Luigi, di Carlo.

Grigolli, Carlo, di Carlo.

Rusca, Prospero, di Francesco.

Arnoldi, Giuseppe.

Buffi, Giovanni.

Barassi, Natale.

Barassi, Antonio, di Natale.

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Balestra, Agostino.

Pessina, Abelardo.

Balli, Attilio, schon seit 1. November in Locamo domizilirt.

Balli, Luisano.

Balli, Benedetto.

Balli, Riccardo (wie Attilio domizilirt).

Barboni, Giuseppe.

Dagegen S t r e i c h u n g folgender Bürger: Biscara, Giovanni.

Pedrazzi, Domenico, fu Domenico.

Pedrazzi, Giuseppe, di Domenico.

Pedrazzi, Domenico, di Domenico.

Gnesa, Giuseppe, fu Giuseppe.

Trolli, Domenico.

Consolascio, Giuseppe, fu Giuseppe.

Consolaselo, Giuseppe, di Giuseppe.

Der Kommissär erklärte in seinem Dekret: Die Begehren des Rekurrenten sind schon bei einem früheren Rekurse desselben entschieden worden; seither haben sich die Verhältnisse nicht geändert, und er hat keine neuen Argumente beigebracht. Der bezügliche Entscheid des Staatsrathes ist für dea Kommissär so lange maßgebend, als nicht das Aufhören der in jenem Entscheide angegebenen Gründe nachgewiesen ist; demzufoge sind die Begehren abzuweisen.

Dieses Dekret wurde Boletti am 16. Februar mitgetheilt. Am 18. desselben Monats appellirte er dagegen an den Staatsrath, indem er bestritt, daß dessen Entscheid auf den Rekurs vom 10. Mai 1887 res judieata begründe, da ja die Sache noch vor dem Bundesrathe anhängig sei.

Mit Eingabe vom 22. Februar entgegnete hierauf die Munizipalität : Der Rekurs ist nichtig, weil nach Ablauf der 3 Tage eingereicht. Der Entscheid über das Begehren vom 10. Mai 1887 ist in Rechtskraft erwachsen, weil gegen das Dekret des Staatsrathes nicht an den Großen Rath appellirt worden ist, der Rekurrent also das Dekret acceptirt hat. Es ist auch unzulässig, sich in einem solchen Rekurs auf einen früheren Rekurs zu beziehen. Die Herren Balli kamen nach Locamo erst am 5. oder 6. Dezember, wie jede» Jahr, um da einen Theil des Winters als Aufenthalter zuzubringen während sie ihr Domizil in Orselina behielten, wo sie seit 1877 die Steuern bezahlen.

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Respini, Geremia, hatte sein Domizil seit November in Locamo in der wahren Meinung, sich da festzusetzen; er richtete in der Stadt seinen Haushalt und seine Familie ein; und wenn er keine Steuern bezahlt hat, so geschah das, weil er dazu nach dem Gesetze erst für das Jahr 1889 verpflichtet ist.

Der Staatsrath wies den Appellanten ab, da nach Art. 4 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 die Appellation verspätet sei, übrigens der Entscheid des Staatsrathes über den Rekurs vom 10. Mai 1887 res judicata mache, da gegen denselben die Appellation an den Großen Rath nicht ergriffen worden sei.

Mit Depesche vom 1. März an den Bundesrath verlangte Boletti die Aufhebung dieses Entscheides.

VI. Mit Eingabe vom 5. Februar stellte Gradino Boletti beim Regierungskommissär die unten folgenden Begehren unter Berufung auf Art. 43 der Bundesverfassung, das Gemeindegesetz, Art. 6, litt, f, und das Gesetz vom 15. Juli 1880, Art. l, §§ l und 2, Art. 3 und 4. Er verlangte genaue Untersuchung, insbesondere Einziehung der Steuerregister von Locamo. Es wird ferner auf folgende Ungleichheiten im Stimmregister von Locamo hingewiesen: 1. Auf dem Stimmregister erscheinen 8 kantonale Polizeisoldaten, welche in Locamo weder ihr Domizil haben, noch auch Steuern daselbst bezahlen -- während auf der andern Seite die in ganz gleicher Lage befindlichen eidgenössischen Grenzwächter von dem Stimmregister ausgeschlossen worden sind.

2. Die Zöglinge des Lehrerseminars, welche in Locamo kein Domizil haben, noch auch Steuern daselbst bezahlen, erscheinen auf dem Stimmregister -- dagegen sind 7 Bürger nicht aufgenommen worden, die sich in gleicher oder besserer Lage befinden.

(Liste b.)

3. Auf dem Stimmregister erscheinen Boccioloni, Pietro, di Pasquale, Pedretti, Giuseppe, di Eliseo, Roggiero, Carlo, fu Carlo u. s. w. (Liste d), Studenten auf schweizerischen Universitäten; -- dagegen sind ausgeschlossen Mariotti, Carlo, Roggero, Giuseppe und Francesco, Spigaglia, Vittore, fu Luigi, Balli, Ettore, Studenten in gleicher Lage.

4. Auf dem Stimmregister stehen, ohne Steuern zu zahlen, die Professoren Fossati, Giov. Maria, der seit mehr als 5 Jahren in Locamo ein Bildhaueratelier betreibt, Pedretti, Paolo, fu Lorenzo, ebenfalls seit mehreren Jahren in Locamo, Pedroja, Cesare, Imperatori, Luigi, di Difendente u. s. w. -- dagegen sind gestrichen

835 worden Zenna, Paola, Zolleinnehmer in Locamo, Chiesa, Rocco, Pessina, Aurelio, höhere Zollangestellte, seit mehreren Jahren in Locamo, die früher auf dem Stimmregister gestanden sind, und ebenso Bezzola, Modesto, Kreisforstinspektor mit Sitz in Locamo.

5. Auf dem Stimmregister stehen Adamina, Francesco, Giacomo, Luigi; Gambetta, Gottardo; Gianini, Francesco u. s. w., die keine Steuern bezahlen -- dagegen nicht Decarli, Giovanni ; Rusca, Francesco Zaverio; Saglio, Giulio u. A. in gleicher Lage, die noch dazu Bürger von Locamo sind.

6. Auf dem Stimmregister stehen Pedrazzini, Giuseppe, fu Guglielmo, und Giovanni, Beide im Auslande, keine Steuern bezahlend -- dagegen sind nicht aufgenommen Nessi, Pasquale, fu Luigi, und viele Andere in gleicher Lage, auch Fanciola, Giulio, der alle Steuern für 1888 bezahlt hat.

Ein Exemplar dieser Beschwerde wurde auch der Munizipalität und eines dem Bundesrath übermittelt.

Die Begehren des Rekurrenten sind folgende: A. A u f n a h m e folgender Bürger, welche mit den Steuern in Ordnung sind: Bizzozero, Giovanni.

Fanciola, Giulio.

Franzoni, Curzio.

Mantegazza, Francesco.

Mantegazza, Giuseppe.

Nessi, Prò, fu Prò.

Nessi, Luigi.

Perpellini, Giovanni.

Quattrini, Giov. Batt., di Giuseppe.

Righetti, Gius.

Roggero, Francesco.

Sciaroni, Abele.

Marazzi, Andrea.

Balli, Attilio.

Balli, Riccardo.

Balli, Luciano.

. Balli, Ettore.

Balli, Benedetto.

Cattaneo, Carlo.

Cattaneo, Gius., di Carlo.

Cattaneo, Paolo, di Carlo.

Cattaneo, Batt., di Carlo.

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Chiesa, Costante.

Bustelli, Gius., fu Michele.

Bustelli, Èrcole, fu Michele.

Bustelli, Felice, fu Michele.

Bustelli, Costantino, fu Michele.

Decarli, Giovanni, calzolaio.

Carminé, Gius., fu Venanzio.

Ferriroli, Andrea.

Ferriroli, Andrea, di Andrea.

Giugni, Prò, fu Goliardo.

Giugni, Gius., fu Batt. Pistola.

Guglielmotti, Angelo.

Giacometti, Gìov. Batt., presso Zaccheo.

Gobbi, Costantino.

Maggi, Giosuè.

Mazzola, Achille.

Pioda, Angelo, fu Martino.

Pioda, Giuseppe, fu Martino.

Paganetti, Giuseppe.

Paganetti, Salvatore.

Simona, Prò, fu Giov. Battista.

Simona, Prò, fu Giacomo.

Capitaneo, Giov. Antonio.

B. A u f n a h m e folgender Bürger, die nicht auf dem Steuerregister erscheinen : Bezzola, Modesto, von Comologno, seit mehreren Jahren als Kreisforstinspektor in Locamo.

Capitaneo, Giov. (s. unter A).

Chiesa, Rocco, von Berzona (angestellt an der Douane, seit mehreren Jahren in Locamo, früher im Stimmregister eingetragen).

Decarli, Giovanni, gen. Plozer.

Barboni, Giovanni, di Giuseppe.

Morgantini, Giacomo.

Rusca, Francesco Zaverio.

Saglio, Giulio.

Tenca, Luigi.

Tenca, Antonio.

Zenna, Paolo, Zolleinnehmer.

Pessina, Aurelio, Zolleinnehmer.

Rossi, Amedeo, Zolleinnehmer.

Fontana, Giosuè, Zollwächter.

Candolfì, Giovanni.

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Bizzini, Michele, fu Carlo, von Avegno (seit mehr als 5 Monaten in Locamo bei Milani domizilirt).

Waldisbühl, Alfr., von Luzern.

C. S t r e i c h u n g folgender Bürger, welche mit der Zahlung von Steuern im Rückstände sind : Ciseri, Francesco, di Vicenzo, von Ronco, Ciseri, Giuseppe, di Vicenzo, von Ronco, beide verheirathet, mit eigener Haushaltung, zahlen keine Steuern.

Franzoni, Giuseppe, di Filippo, zahlt keine Kopfsteuer.

Franzoni, Paolo, di Filippo, zahlt keine Kopfsteuer.

Franzoni, Antonio, di Filippo, zahlt keine Kopfsteuer.

Barazzi, Francesco, di Antonio, zahlte nur eine Kopfsteuer 1887.

Rossi, Pietro, fu Francesco, zahlte nicht die Kantonalsteuer 1887.

Gatti, Martino, fu Francesco, zahlte nicht die Gemeindesteuer 1886 und 1887.

Catti, Pietro, di Martino, zahlte nicht die Kopfsteuer 1886 und 1887.

Catti, Pietro Ant., fu Pietro Ant.

Catti, Pietro Ant., di Pietro Ant.

Diese Beiden zahlten nicht die Steuern für 1886 und 1887.

Madonna, Battista, fu Giacomo, von Intragna, zahlt nur Herdsteuer.

Mei la-Mal vatti, Pietro, fu Giac., zahlte nicht Steuern für 1886 und 1887.

Mella-Malvatti, Battista, fu Giac., zahlte nicht Steuern für 1886 und 1887.

Mella-Malvatti, Giacomo, di Batt., zahlte nicht Kopfsteuer.

Pioda, Giacomo, fu Pietro, zahlte nicht die Steuern von 1886 und 1887.

Pioda, Giacomo, di Giac., zahlte nicht die Steuern von 1886 und 1887.

Pioda, Giuseppe, fu Giac., zahlte nicht die Steuern von 1887.

Rusconi, Davide.

Nessi, Paolo, fu Luigi, zahlte nicht die Steuern von 1886 und 1887.

Gnesa, Giuseppe, fu Giov., von Brione-Verzasca, ebenso.

Melini, Domenico, fu Giuseppe, von Lavertezzo, ebenso.

Melini, Giuseppe, di Domenico, von Lavertezzo, ebenso.

Pedrazzi, Domenico, fu Domenico, zahlte nicht die Steuer von 1887.

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Pedrazzi, Domenico, di Domenico, zahlte nicht die Steuer von 1887.

Pedrazzi, Giuseppe, di Domenico, von Gera-Verzasca, ebenso.

Livio, Antonio, fu Franc., von Lugano, ebenso.

Mazzola, Angelo, di Luigi, zahlte nur die Kopfsteuer 1887.

Consolascio, Giuseppe, fu Gius., von Brione s./M.

Consolaselo, Giuseppe, di Gius., von Brione s./M.

Diese Beiden zahlten nur eine Kopfsteuer und die Hälfte der Herdsteuer für 1887.

D. S t r e i c h u n g folgender Bürger, welche weder im Steuerregister stehen, noch auch ihr Domizil in Locamo haben: Adamina, Francesco, fu Giacomo.

Adamina, Giacomo, fu Giacomo.

Adamina, Luigi.

Fossati, Giov. Maria, Professor.

Gianini, Frane., fu Gaetano.

Gambetta, Goliardo, di Bonavesitura.'

Pedrazzini, Gius., fu Guglielmo, von Campo, jetzt im Ausland, letztes Domizil in Genf.

Pedretti, Paolo, fu Lorenzo, Professor.

Pedi-etti, Gius. Eliseo, Student in Lugano.

Pedretti, Eliseo.

Pedroja, Cesare, Professor in Locamo seit mehr als 3 Jahren.

Pedrazzini, Giov., fu Paolo, von Campo, im Ausland.

Imperatori, Luigi, di Difendente, Professor am Lehrerseminar.

Imperatori, Luigi, fu Antonio, Professor am Lehrerseminar.

Anastasi, Giovanni.

Boffa, Daniele, fu Giov., von Agno, Gendarm, hier stationirt.

Molina, Francesco, von Magliaso, ebenso.

Monti, Giuseppe, von Magliaso, ebenso.

Gambetta, Gottardo, von Intragna, ebenso.

Bregliocchi, Antonio, von Sessa, erst seit l "/a Monat, ebenso.

Rusca, Gerolamo, von Agno, ebenso.

Tani, Casiano, von Monteggio, ebenso.

Massimino, Boscacci, von Scareglia, Seminarist.

Genzoli, Cipriano, von Carasio (gestorben), Seminarist.

Laffranchi, Roberto, von Croglio, Seminarist.

Ponci, Antonio, von Bidogno, Seminarist.

Ronchetti, Bernardo, von Cadrò, Seminarist.

Snozzi, Giovanni, von Carasso, Seminarist.

Boccioloni, Pietro, von Locamo, seit November Student in Lugano.

Pedretti, Giuseppe, di Eliseo, seit November Student in Lugano.

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Roggiero, Carlo, von Locamo, Student an einer schweizerischen Universität, seit Oktober von Locamo abwesend.

Ronchetti, Bernardo, di Luigi, von Cadrò.

Crivelli, Giuseppe, di Francesco, von Baierna.

Diese Beiden hier stationirte Gendarmes.

Die Gendarmen Rusca, Monti, Ronchetti und Boffa haben im laufenden Jahre in andern Gemeinden an den Wahlen der Munizipalität Theil genommen.

Die Munizipalität reichte ihre Gegenbemerkungen am 8. Februar ein.

Mit Dekret vom 13. Februar, mitgetheilt den 16. Februar, verfügte der Kommissär Folgendes : Ad A. Von den angeführten 45 Bürgern sind nur 15 in Ordnung mit der Zahlung ihrer Steuern und demnach stimmberechtigt; sie hatten aber das Stimmrecht in dem Momente, als das Stimmregister angefertigt wurde, noch nicht, da sie damals noch alle mit den Steuern im Rückstande waren. Der Erwerb des Stimmrechtes ist bei ihnen nach dem Gesetz vom 3. Dezember 1888 für die bevorstehenden Wahlen zu spät eingetreten, da er erst erfolgte in den 15 Tagen nach Ausstellung des Stimmregisters; sonst würde dem Register gerade die vom Gesetz beabsichtigte Sicherheit abgehen.

Dies gilt auch für alle übrigen diesfalls angeführten Bürger; übrigens sind sie auch mit den Steuern im Rückstande.

Ferner können wegen fehlenden Domizils folgende Bürger n i c h t a u f g e n o m m e n werden: Pioda, Giuseppe, fu Martino.

Roggero, Francesco.

Bustelli, Costantino.

Bustelli, Felice.

Righetti, Giuseppe.

Quattrini, Gio. Batt.

Perpellini, Giov.

Balli, Ettore.

Dagegen ist e i n z u t r a g e n : Fanoiola, Giulio, da er mit den Steuern in Ordnung ist und kein Domizil iis andern Theilen der Schweiz gehabt hat.

840

Ad B. Diese Bürger können aus den nämlichen Gründen sowohl bezüglich der Steuern als auch bezüglich des Domizils n i c h t a u f g e n o m m e n werden, nämlich: Bozzini, Michele.

Candolfi, Giovanni.

Fontana, Giosuè.

Rossi, Amedeo.

Barboni, Giov., di Giuseppe.

Dagegen ist a u f z u n e h m e n : Waldisbühl, Alfredo.

Ad C. Diese Bürger sind in Ordnung mit den Steuern und haben Domizil in Locamo mit Ausnahme von zweien, Pioda, Giuseppe, fu GiUcomo, und Rusconi, Davide, die ja gar nicht auf dem Stimmregister erscheinen und über welche daher auch nicht zu erkennen ist.

Ad D. Auch diese Bürger sind mit Recht aufgenommen.

Crenzoli Cipriano ist unterdessen gestorben.

Es wird demgemäß verfügt: Die E i n t r a g u n g von Fanciola Giulio und Waldisbühl Alfredo; die S t r e i c h u n g von Genzoli, im Uebrigen aber werden die Begehren abgewiesen.

Am 18. Februar rekurrirte Boletti hiegegen an den Staatsrath und verlangte die Aufhebung des Dekretes, so weit es nicht Fanciola und Waldisbühl betraf. Sein Rekurs wurde am 19. Februar eingereicht.

Er beschwerte sich darüber, daß der Kommissär auch nicht die geringste Untersuchung über die streitigen thatsächlichen Behauptungen angestellt, nicht einmal die angerufenen Steuerregister «ingesehen habe, wiederholte die schon vor dem Kommissär vorgebrachten Gründe und rief gegen dessen Dekret das Gesetz vom 15. Juli 1880 über den Begriff des Domizils Art. l, § l, und Art. 2 und einen Entscheid der Regierung vom 28. Februar 1881 an, welcher feststelle, wo der Polizeisoldat sein Domizil habe.

Mit Dekret vom 10. Febiuar, insinuirt am 14., auf den Rekurs von Borradori und Genossen hin hat der nämliche Kommissär erklärt, daß Cattori, Leone und Giuseppe, und Signoretti Carlo, die seit mehr als 3 Monaten als Studenten in Bern und Lugano von

841 Goi'dola abwesend sind, gleichwohl daselbst stimmen können, ,,weil sie Bürger (attinenti) von Gordola sind und ihre Familie daselbst beständig wohnt" -- dagegen mit Dekret vom 13. Februar entschieden, daß die in ganz gleicher Lage befindlichen Studenten Mariotti, Roggero (Giuseppe und Francesco), Spigaglia und Balli nicht auf dem Stimmregister von Locamo erscheinen dürfen !

Konsequent dem Dekret betr. die Cattori und Signorotti hätten im Stimmregister von Locamo die Schüler des dortigen Seminars gestrichen werden sollen, von denen zudem einige noch nicht einmal 3 Monate überhaupt hier sind; der Kommissär aber hat entschieden, daß sie. auf dem Stimmregister zu erscheinen haben.

Es wird mit Bezug auf viele Bürger, von denen die Munizipalität behauptet, daß sie mit ihren Steuern in Ordnung seien, gesagt, es gehe aus dem Steuerregister hervor, daß dies in Wahrheit nicht der Fall sei, wie eine nach jener Angabe der Munizipalität durch ehrbare Bürger vorgenommene Untersuchung dieser Register ergeben habe, und neuerdings dringend eine amtliche Untersuchung hierüber, durch den Staatsrath, verlangt.

Es wird bestritten, daß der Umstand, daß 15 Bürger ihre Steuern erst nach der Abfassung des Stimmregislers bezahlt haben, ihren Ausschluß von der Abstimmung rechtfertige. Daß dies nicht der Fall sei, zeige auch die im Großen Rathe bei Berathung des Gesetzes vom 3. Dezember v. J. gepflogene Diskussion.

Dem Rekurse sind die nämlichen Listen beigelegt, welche schon dem Kommissär eingereicht worden waren, nur fehlen darin (vielleicht aus Versehen) die Namen Gianini Francesco und Pedretti.

Auch von diesem Rekurse wurde dem Bundesrathe und der Munizipalität Abschrift gegeben.

Die Munizipalität antwortete unterm 20. Februar Folgendes: Wenn der Rekurreut verlangt, daß die Grenzwächter eingeschrieben werden, so muß er dieses Recht auch den Polizeisoldaten zuerkennen. Letztere stehen seit vielen Jahren auf unsern Stimmregistern. Wenn nach der Bundesverfassung diejenigen, welche seit '6 Monaten in einer Gemeinde wohnen, daselbst Stimmrecht haben, so kann davon nicht eine Ausnahme zu Ungunsten irgend einer Klasse von Beamten gemacht werden. Wir haben demzufolge auch diecAngestellten der Gotthardbahn und der Post eingeschrieben, welche in Locamo seit wenigstens drei Monaten wohnen, wenn sie auch von ihren Vorgesetzten
wie die Polizeisoldaten anderswohin versetzt werden können. Letztere aber haben schon vor mehr als 3 Monaten der Munizipalität angezeigt, ßundesblatt. 43. Jahrg. Bd. III.

56

842 daß sie sich in Locamo niederlassen, und demgemäß verlangt, hier in das Stimmregister aufgenommen zu werden. Den Polizeisoldaten am 3. März nicht zu gestatten, am Orte, wo sie stationirt sind, zu stimmen, würde sie übrigens einfach des Stimmrechts beraubt haben. Ob 2 oder 3 Polizeisoldaten in Gemeindeangelegenheiten ihrer Heimat gestimmt haben, wissen wir nicht, das ist übrigens gleichgültig, denn ihre dortige Stimmabgabe würde eben unberechtigt gewesen sein ; übrigens können sie damals das Stimmrecht dort gehabt und jetzt hier haben.

Der Widerspruch gegenüber der Behandlung der Grenzwächter besteht nur in dem armseligen Geiste des Herrn Rekurrenten; denn Fontana Giosuè kam nach Locamo erst in der zweiten Hälfte des Dezember, und Rossi Amadeo noch später.

Beide haben 'hier also noch nicht Domizil seit 3 Monaten.

Andere Grenzwächter mit dreimonatlichem Domizil gibt es in Locamo nicht.

Von den Studenten aus Locamo sind 3 in Genf seit mehreren Jahren und üben dort ihr Aküvbürgerrecht aus; der vierte, Mariotti Carlo, ist seit mehreren Jahren in Chur, Balli Ettore war in Luzern, ist jetzt in Bern und hatte sein Domizil niemals in Locamo, sondern in Orselina.

Die Seminaristen haben nicht nur Domizil von 3 Monaten, sondern sie machten auch Anzeige davon an die Munizipalität Anfangs November und verlangten ihre Aufnahme in das Stimmregister ; sie können das Institut nicht verlassen, würden also durch Streichung auf dem Register von Locamo ihres Stimmrechtes beraubt sein wie Verbrecher.

Pedrazzini Giuseppe und Giovanni sind in Locamo domizilirt und nicht im Rückstand mit den Steuern. Von den Brüdern Nessi aber wohnt der eine in Mailand, der andere unbekannt wo im Auslande seit Jahren, und sie sind seit mehreren Jahren mit der Herdsteuer im Rückstande.

Pedretti Paolo hat vor kaum einem Jahr sein Domizil nach Locamo verlegt.

Zenna, Chiesa, Rocco, Pessina, Bezzola haben immer sich geweigert, die Gemeindesteuern zu bezahlen, und sind darum behandelt worden wie die, welche die geforderten Steuern nicht bezahlt haben.

Bezzola Modesto hat zudem sein Domizil verlegt und ist in Comologno eingeschrieben worden.

843

Es wird bestritten, daß eine Delegation von Liberalen zu den Steuerregistern zugelassen worden sei und sie geprüft habe, der Munizipalität ist auch kein solches Begehren zugekommen. Der Kommissär hat seine Akten geprüft, ohne den Herrn Hauptmann Boletti um Erlaubniß zu fragen oder in Kenntniß zu setzen.

Kein Mensch von gesundem Verstand wird behaupten, daß diejenigen, welche innerhalb 40 Tagen seit der Ausstellung des Stimmregisters die rückständigen Steuern zahlen, nach dem Gesetz noch aufgenommen werden müssen ; da kann nur noch in Folge Rekurses an den Kommissär wegen eines Fehlers der Munizipalität etwas geändert werden; Herr Boletti will das Absurde, was der Große Rath gerade nicht wollte, indem er den Antrag Soldati verwarf; man wollte die Zuverlässigkeit der Stimmregister (Gabuzzi) 40 Tage vor der Abstimmung; eine andere Ansicht ist absurd.

Schließlich wird darauf aufmerksam gemacht, daß im Rekurse nicht mehr alle Individuen erscheinen, welche im Rekurse an den Kommissär aufgeführt wurden, Rekurrent also für die Fehlenden das Dekret des Kommissärs anerkannt habe.

Der Staatsrath erklärte, nach Art. 4 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 sei der Rekurs verspätet, da in den daselbst angesetzten 3 Tagen auch derjenige, an welchem das rekurrirte Dekret mitgetheilt worden sei, Inbegriffen sein müsse, indem der Gesetzgeber, wenn er etwas Anderes gewollt hätte, es gesagt haben würde, wie in dem Gesetz vom 27. November 1863. Er wies daher den Rekurs ohne Weiteres, ohne materiell auf ihn einzutreten, ab.

Mit Zuschrift vom i. März gab die Munizipalität dem Rekurrenten Boletti Kenntniß hievon. (Act. 87 E.)

Schon mit Eingabe vom 26. Februar hatte jedoch Boletti hiegegen an den Bundesrath rekurrirt, gestützt auf die schon dem Staatsrathe vorgebrachten Gründe. Am 1. März wiederholte er die Beschwerde, sowohl durch Telegramm als auch brieflich, und bestritt, daß sein Rekurs an den Staatsrath verspätet gewesen sei.

VII. Am 26. Februar 1889 telegraphirte das liberale Komite von Locamo an den Bundesrath: Ciseri Giuseppe, wohnhaft in Como, auf Anordnung des Kommissärs auf dem Stimmregister von Locamo eingeschrieben, nahm letzten Sonntag Theil an den Gemeindewahlen von Ronco. Bitten, dafür zu sorgen, daß er nicht in zwei Gemeinden stimmen kann.

844

VIII. Mit Datum vom 18. Februar 1889 schrieb der Gemeindeschreiber von Locamo an B o n e t t i , Pietro : ,,Wir theilen Buch mit, daß der Regierungskommissär auf die Reklamation eines Bürgers hin Eure Streichung vom Stimmregister angeordnet hat mit der Begründung, daß Ihr mit den Steuern im Rückstande seied, da Ihr nur einige Jahre bezahlt habt." (Act. C.)

Eine wörtlich gleiche Mittheilung ging unter dein nämlichen Datum an G i o v a n e lli, Giuseppe. (Act. B.)

Unterm 20. Februar appellirteu die beiden Genannten gegen diesen Entscheid an den Staatsrath. Sie führen Folgendes aus: Giovanelli wurde im Jahre 1883 im Stimmregister von Locarno eingetragen und hat von da an immer regelmäßig seine Steuern bezahlt, wofür er die Quittungen einlegt. Zum Ueberfluß ging er noch diesen Morgen zum Kassier der Gemeinde und zum Regierungskommissär, um zu erfahren, mit was für Steuern er denn im Rückstande sein solle. Der Kassier antwortete, er sei mit den Steuern vollständig in Ordnung, und der Kommissär wußte nichts, als daß ein Bürger mit jener Behauptung seine Streichung verlangt habe.

Bonetti ist ebenfalls in Ordnung mit seinen Steuern, sonst würde ihn gleich Andern die Munizipalität gar nicht aufgenommen haben. Auch -er legte seine Steuerquittungen bei.

Am folgenden Tage erhielten sie vorn Staatsrathe die Einladung, das Dekret des Kommissärs in Original oder beglaubigter Abschrift einzusenden.

Sie antworteten umgehend, daß sie das nicht thun können, da ihnen nie irgend welches Dekret eingehändigt worden sei, sie nicht einmal dessen Datum kennen.

Mit Datum vom 22. Februar beantwortete dits Munizipalität, der sie eine Abschrift dieses Rekurses mitgetheilt hatten, denselben folgendermaßen : Der Rekurs ist nichtig, weil die Rekurrenten die Abschrift des Rekurses nicht dem Herrn Bianchetti Gerolamo, der ihre Streichung verlangt hat, sondern uns mitgetheilt haben ; zum Ueberfluß sei noch hinzugefügt, daß die Mittheilung von der Entscheidung des Kommissärs den Rekurrenten brieflich am 19. dieses Monats gemacht worden ist, nachdem mau ihnen mündlich hatte Kenntniß zukommen lassen wollen, sie aber nicht zu Hause getroffen hatte.

845 In der Hauptsache bestätigen wir die dem Kommissär gemachten Bemerkungen.

Bei den Akten liegen die Steuerquittungen für Giovanelli, sowohl für focatico als auch für testatico der Jahre 1884, 1885, 1886, 1887 und 1888, und solche für Bonetti vom Jahre 1888.

Mit Beschluß vom 26. Februar, den Rekurrenten mitgetheilt den 1. März, wies der Staatsrath ihren Rekurs, gestützt auf Art. 6 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888, ohne auf das Materielle einzutreten, aus dem Grunde ab, daß sie das Dekret des Kommissärs nicht eingesandt haben.

Am nämlichen 1. März rekurrirten sie an den Bundesrath und baten um Aufhebung dieses Entscheides aus den angeführten Gründen und telegraphischen Auftrag an die Munizipalität, sie in das Stimmreeister aufzunehmen.

^ö1 IX. Folgende Bürger wurden von der Munizipalität n i c h t in das S t i m m r e g i s t e r a u f g e n o m m e n : R u s c a , Prospero, di Francesco, Hauptzolleinnehmer in Luino.

B u f f i , Giovanni, fu Melchiorre, Zollinspektor daselbst.

A r n o I di, Giuseppe, fu Francesco, ebenso.

Alle drei Bürger von Locamo.

Mit Eingabe vom 5. Februar stellten sie an den Regierungskommissär von Locamo das Gesuch, daß sie aufgenommeu werden möchten. Sie wurden jedoch abgewiesen, desgleichen ihre Appellation an den Staatsrath, aus den i. S. Codiga angegebenen Gründen, d. h. wegen Verspätung.

Mit Eingabe vom 25. Februar wandte sich Prospero Rusca für sich und seine genannten Streitgenossen an den Bundesrath.

Er führte Folgendes aus : Rusca hat in Locamo sein väterliches Haus, seine Eltern und seinen Bruder. Er wurde aufgefordert, die Steuern zu bezahlen, und erwiderte, daß er dazu bereit sei, vorausgesetzt, daß er in das Stirn mregister eingetragen werde.

Darauf erhielt er keine Antwort.

Buffi hat ein Haus, seine Frau und Kinder in Locamo, Arnoldi daselbst Liegenschaften.

^s1 Alle 3 waren, obwohl schon seit 1882 in Luino angestellt, bis 1887 im Stimmregister von Locamo eingetragen. Ueber ihre Streichung am 30. April 1887 vergleiche den Rekurs betreffend die

846

Gemeinderathswahlen vom 1. Mai 1887. Seither haben sie nie mehr, weder an einer eidgenössischen, noch an einer kantonalen oder kommunalen Abstimmung theilnehmen können. Das könnte man begreifen, wenn es mit allen im. Auslande wohnenden Tessineru so gehalten würde. Dies ist jedoch keineswegs der Fall, ja in Luino selbst kommt das Gegentheil vor : Maspero, von Ponte Tresa, Zollkontroleur in Luino, ist eingeschrieben in den Stimmregistern und nimmt Theil an den Abstimmungen von Ponte Tresa, Crivelli und De Ambrasi, Zollangestellte in Luino, an denen von Monteggio, De Filippis, ebenfalls Zollangestellter in Luino, au denen- von Lugano, Rossi, Arzt in Germignaga, an denen von Sessa, Pedraz/ini, Giuseppe, fu Guglielmo, seit vielen Jahren in Intra domizilirt, an denen von Locamo. Die Rekurrenten fallen nicht unter Art. 4 des Gesetzes vom 15. Juli 1880; nach regierungsräthlicher Verfügung vom 11. November 1857 (Nuova Race. Vol. I, p. 107) müssen die außerhalb des Kantons Befindlichen, wenn sie die Steuern zahlen, in der Heimatgemeinde eingesehrieben werden; dieses Stimmrecht kann nur dadurch aufhören, daß in einer andern Gemeinde des Kantons durch Domizil ein anderes erworben wird, und nur auf so lange, als letzteres besteht. Art. 2 der Bundesverfassung garantirt die Rechte der Bürger. Es wird die Aufnahme in das Stimmregister von Locamo verlangt, nötigenfalls die telegraphische Zulassung der Rekurrenten zur bevorstehenden Abstimmung.

Mit Telegramm an den Bundesrath, d. d. 1. März, gab Boletti Namens Prospero Rusca von der Abweisung des Rekurses durch den Staatsvath Kenntaiß und wiederholte das Begehren um Aufnahme der Genannten in das Stimmregister. Am folgenden Tage richtete auch Rusca selbst für sich und die genannten Streitgenossen ein Telegramm an den Bundesrath, worin er seine Eingabe vom 25. Februar bestätigte und hinzufügte, der Ausschluß werde aufrecht erhalten, trotz Zahlung aller Steuern auch für die Zeit, da die Rekurrenten ungerechter Weise ihres Stimmrechts beraubt gewesen seien.

X. Mit Eingabe vom 1. März verlangte Mario Maggetti, von und in Locamo, daß der Bundesrath telegraphisch die A u f n a h m e folgender Bürger in das dortige Stimmregister anordne: 1. Bizzozero, Giovanni.

2. Giugni, Pietro, fu Gottardo.

3. Cattaneo, Carlo.

4. Cattaneo, Giuseppe.

5. Cattaneo, Paolo.

847

6. Cattaneo, Battista.

7. Giugni, Giuseppe, genannt Pistola.

8. Maggi, Giosuè.

9. Pioda, Angelo.

10. Marazzi, Andrea.

11. Bustelli, Giuseppe.

12. Bustelli, Èrcole.

13. Capitaneo, Giovanni.

14. Decadi, Giovanni, Schuster.

15. Gobbi,fCostantino, von denen die Munizipalität in ihrer vom 8. Februar datirten Beantwortung des Rekurses Boletti vom 5. Februar anerkenne, daß sie ihre Steuern bezahlt haben, und nur einwende, daß dies erst zwischen dem 22. Januar, dem Tage der Ausstellung des Stimmregisters, und dem 5. Februar, dem letzten Tage der Rekursfrist, geschehen sei, welche Einwendung der Kommissär laut seinem beiliegenden Dekret für zutreffend erachtet habe.

16. Bonetti, Pietro, di Giovna Maria.

17. Mazzola, Achille, di Luigi.

18. Simona, Pietro, fu Gmo.

19. Nessi, Luigi, fu Pietro.

20. Nessi, Pietro, fu Pietro: 21. Mantegazza, Francesco.

22. Mantegazza, Giuseppe.

23. Simona, Pietro, fu Giov. B.

24. Franzoni, Curzio.

25. Chiesa, Costantino.

26. Morgantini, Giacomo.

27. Paganetti, Giuseppe.

28. Paganetti, Salvatore.

29. Ferriroli, Andrea.

30. Ferriroli, Andrea figlio.

31. Guglielmotti, Angelo.

Zum Beweise dafür, daß diese Bürger mit den Steuern in Ordnung seien, werden Steuerzettel beigelegt; manche von -ihnen haben bezahlt, ohne auch nur auf den Steuerregistern zu stehen.

Die beigelegten Steuei-quittungen, entsprechend einem ebenfalls beiliegenden, wie es seheint von amtlicher Seite ausgestellten, Verzeichniß von Steuerrückständen, und ausgestellt vom Steuereinnehmer ("Esattore, Cassiere) von Locamo, betreffen: Mazzola, Achille di Luigi, für 1883--1887 incl., d. d. 4. Februar 1889, Act. 87 Q.

848

Franzoni, Curzio fu Gius., rückständige, d. ci. 5. Februar 1889, Act. 87 X.

Pa^anetti, Gius, und Salvatore, rückständige, d. d. 5. Februar 1H89, Act. 87 Ü.

Morgantini, Giac. fu Gottardo, rückständige, d. d. 5. Februar 1889, Act. 87 V.

Simona, Pietro fu G. B. Mouighino, 1883--1887 luci., d. d. 5. Februar 1889, Act, 87 S.

Simona, Pietro fu Gmo., 1887, d. d. 4. Februar 1889, Act. 87 S.

Ferriroli, Andrea, rückständige, d. d. 5. Februar 1889, Act. 87 T.

Chiesa, Costantino, 1887, d. d. 5. Februar 1889, Aot. 87 W.

Guglielmoni, Angelo, 1881--1888 incl, d. d. 5. Februar 1889, Act. 87 R.

Nessi, Luigi und Pietro fu Pietro, 1885--1887 incl., d. d. 5. Februar 1889.

Malvatti, Maria, Wittwe, 1887, d. d. 3. Jauuar 1888, Act. 105.

(Diese zahlte lk Herdsteuer und 2 Kopfsteuern; es findet sich von anderer Hand die Notiz auf der Quittung,, daß Bonetti, Pietro zu dieser Familie gehöre.)

XI. Mit Datum vom 3. März 1889 wurde dem Bundesrath eine Eingabe, unterzeichnet von 46 Bürgern, gemacht, durch welche dieselben erklären, daß sie, obgleich in Locamo domizilirt, dennoch rechtswidriger Weise an diesem Tage von der dortiffen Wahl aus~ O O geschlossen worden seien, und daß sie, wenn sie zugelassen worden wären, ihre Stimmen abgegeben haben würden zu Gunsten der liberalen Kandidaten Pioda, Dr. Alfr.; Rusea, Franchino; Balli, Attilio, Ingenieur ; Frizzi, Ambrogio, Hauptmann. Die Unterzeichner dieser Eingabe sind: 1. Rusca, Prospero di Francesco.

2. Giugni, Pietro fu Gottardo.

3. Guardo, Ferrari fu Giuseppe.

4. Suter, Paolo fu Arnoldo.

5. Saglio, Giulio fu Giulio.

6. Nessi, Pietro fu Giuseppe.

7. Simona, Pietro fu Giacomo.

8. Buffi, Giovanni fu Melchiorre.

9. Simona, Pietro fu Battista.

10. Decarli, Gni., Schuster.

11. Arnold!, Giuseppe.

12. Morgantini, Giacomo.

13. Capitanio (?), Giovanni.

849 14.

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Pioda, Angelo fu Martino.

Pioda, Giuseppe fu Martino.

Righini, Francesco di Antonio.

Bonetti, Pietro di Annamaria.

Toraasettj, Batl. fu Rafaele.

Nicora, Giovanni di Giuseppe.

Bizzini, Michele fu Carlo.

Marazzi, Andrea Giuseppe.

Guglielinoni, Angelo fu Giacomo.

Righini, Attilio di Antonio.

Giovanelli, Giuseppe di Secondo.

Carlo Cattaneo.

Gingoni, Carlo fu Luisi.

O i ö Carminé,'Giuseppe.

Martignoni, Giovanni fu Giacomo.

Tenea, Antonio fu Domenico.

Mazzola, Achille di Luigi.

Giugni, Giuseppe fu Battista.

Pnganetti, Giuseppe fu Giacomo.

Paganetti, Salvatore (zeichnet mit f).

Bustelli, Èrcole fu Michele.

Capi-ara, Giuseppe fu Giov. Carlo.

Somaini, Angelo (zeichnet mit f).

Rusca, Fco. fu Alessandro (zeichnet mit f).

Decarli, Geronimo (zeichnet mit f).

Roggero, Francesco fu Francesco.

Scionini, Stefano fu Pietro.

Perpellini, Giovanni.

Barboni, Giovanni di Giuseppe.

Candolfi, Antonio (zeichnet mit f).

Giulieri, Francesco fu Giacomo.

Giacometti, Battista fu Luigi (zeichnet mit f).

Chiesa, Costantino.

XII. Der Bundesrath erhielt ferner folgende Depeschen :

^

telegraphische

a. Von Zaccheo Giacometti am 26. Februar: G i a c o m e t t i , Giovan Battista, von Locamo, sein Onkel, sei im Stimmregister g e s t r i c h e n worden, obgleich er immer seine Steuern bezahlt und auch seit 19 Jahren stets an allen Abstimmungen Theil genommen habe; wo er nun stimmen solle?

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6. Von R i g h i n i , Attilio und Francesco, am 2. März den Bericht, sie seien, aus dem Auslande zurückgekehrt, vor der Muuizipalität erschienen, um die Steuern zu bezahlen und in das Stimmregister eingetragen zu werden. Die Annahme der Zahlung und die Eintragung ohne höhern Befehl seieu jedoch abgelehnt worden. Sie bitten, die Eintragung anzuordnen.

c. Von M a r t i g n o n i , Giovanni, und T o m a s e t t i , Battista, uaterm 3. März einen Protest gegen ihre A u s s c h l i e ß u n g mit dem Verlangen telegraphischer Intervention. Sie erklären, daß sie mit den Steuern in Ordnung seien.

XIII. Durch Dekret vom 7. März 1889 sandte der Bundesrath den eidgenössischen Justizoffizier A. Schneider nach dem Kanton Tessin zur Untersuchung der eingereichten Rekurse. Dieser hörte sowohl die Rekurrenten als auch die Munizipalitäten und wo nöthig die Regierungskommissäre an, und sowohl er, als der Bundesrath selbst gab auch dem Staatsrathe die Gelegenheit, auf die erhobenen Rekurse zu antworten.

Auf Ansuchen des Staatsrathes wurde dem eidgenössischen Delegirten zu dem aus dem Bundesrathhause abgeordneten Sekretär hinau noch ein zweiter, vom Staatsrathe selbst vorgeschlagener, beigegeben, und die UntersuchungO überall öffentlich OsrefUhrt. Der O D i Staatsrath gab seine Dekrete zu den Akten, wo nöthig wurden die Stimm- und Steuerregister der Gemeinden in Einsicht genommen.

Ueber die Resultate seiner Untersuchung hat der genannte Delegirte dem Bundesrathe mit Datum vom 1. Juni 1889 schriftlichen Bericht erstattet.

Mittelst Zuschriften vom 14. und 21. März bestritt indessen der Staatsrath die Kompetenz des Bundesrathes zur Entscheidung der vorliegenden Rekurse, da die Rekurrenten die kantonalen Instanzen nicht erschöpft haben, indem sie nicht an den Großen Rath gelangt seien, wie das Gesetz von 1863 über Administrativstreitigkeiten und daajeuige vom 3. Dezember 1888 es vorschreiben.

Durch diese Unterlassung, sagt er, seien die angefochtenen Dekrete in Rechtskraft erwachsen, res judicata pro veritate accipitur.

XIV. Nach Herausgabe des Berichtes des Bundesdelegirten reichte unterm 12. Juni 1889 Advokat G. Volonterio, Sindaco, eine Anzahl Bemerkungen ein, welche in dem nämlichen groben und höhnischen Tone gehalten sind, der die Rekursbeantwortungen der Munizipalität von Locamo, sowohl bezuglich der Wahlen von 1887,

851 als auch bezüglich derjenigen von 1889, so unvortheilhaft auszeichnet. Laut seinem Berichte ergab die Untersuchung des Bundesdelegirten außer den schon im Obigen hergestellten Thatbeständen folgende Resultate : 1. Decarli, genannt Plozer. Der Sindaco erklärte: Der Rekurs ist vom Rekurrenten ordnungsgemäß dem Weibel zu Händen der Munizipalität abgegeben, von diesem aber nur dem Adjunkten des Sekretärs der Munizipalität, statt der Munizipalität oder ihrem Sekretär selbst abgegeben worden, also als nicht eingereicht zu betrachten. Plozer hat auch vor 1880 keine Steuer bezahlt, da er elend war (essendo miserabile). Daß er seither keine Steuerzettel erhalten habe, wurde nicht bestritten. Volonterio behauptet in seiner Schrift, Plozer sei nicht Knecht, sondern geistesschwach, in größter Bedürftigkeit.

2. Suter, Paul, seit 16. November 1888 in Locamo, wies eine regelrechte Niederlassungsbewilligung vor, und Stadtrath Magoria erklärte, daß er in der That lediglich aus Versehen wegen unrichtiger Schreibung seines Namens gestrichen worden sei.

3. Nessi, Pietro, fu Giuseppe, war in Amerika, kehrte nach Muralto zurück, ging Anfangs 1888 wieder nach Amerika und kam Ende Juli wieder. Am 1. August ließ er sich in Locamo nieder. Er hat in Muralto die Steuern für 1887 bezahlt.

4--5. Bettata und Pellanda. Nichts Neues.

6. Respini, Geremia, Advokat, bestritt in einem mit Datum vom 20. April an den Bundesdelegirteo gerichteten Briefe nicht, daß er in Cevio auf dem Stimmregister stehe, während er mit seiner Familie io Locamo wohne und daselbst auch die Advokatur betreibe, und erklärte nur, er habe weder am 3. März, noch sonst je in Locamo gestimmt, sondern immer in Cevio.

7. Balli, Attilio, nach der Behauptung des Sindaco in Orselina eingetragen, wo er auch gestimmt hat; sein Wohnsitz wechselt ab zwischen Locamo und Orselina. Der Sindaco erklärte, daß die Familie Balli im Jahre 1876 nach Orselina übergesiedelt sei und darum im Jahre 1877 verweigert habe, künftig die Steuern in Locamo zu bezahlen, da nunmehr als ihr Domizil Orselina zu gelten habe; infolge dessen sei sie vom Steuerrodel von Locamo gestrichen worden und habe daher auch nicht mehr in den dortigen Stimmregistern figurirt, sondern in denen voo Muralto-Orselina, auch immer dort gestimmt, die Familie bringe in der That mehr als die Hälfte des Jahres in Orselina zu.

852 Attilio Bulli bestritt dies und 'erklärte, daß er schou im Dezember i 886 seinen Hauptwohnsitz (il suo principale domicilio) nach Locamo verlegt habe; den 30. April 1887 habe er verlaugt, in Locamo eingetragen zu werden, und seither wohne er circa 7 Monate im Jahre in der Stadt, diesen Winter seit 1. Dezember.

Mit Zuschrift vom 20. März übersandte Herr Balli dem Delegirten einen Brief, mit welchem er nach sehr heftiger Bestreitung dervAngaben des Sindaco (sfrontata e menzognera deposizione) einlegte : a. Bürgerrechtsurkunde vorn 22. Dezember 1871, ausgestellt von der Munizipalität von Locamo für seinen Vater Giacomo Balli.

b. Zaugniß der genannten Munizipalität d. d. 28. November IbB? dafür, daß sein Bruder Hektor Balli, stud. med. in Bern, Bürger von Locamo sei, wobei er hinzufügte, daß dieser Balli Ettore ganz in der gleichen Lage sei wie er seihst, hinsichtlich Bürgerrecht, und ebenso wie seine Brüder Luciano und Riccardo, mit deneri-er, Attilio, zusammen wohne. Die beiden Aktenstücke wurden dem Produzenten nach genommener Einsicht auf sein Begehren wieder zurückgestellt.

8. Balli, Riccardo, siehe Nr. 7, Balli, Attilio.

9. Giovanelli, G. Volonterio schreibt in seinem Nachtrag: ,,Es ist nicht wahr, daß er mit den Steuern bis 1877 in Ordnung sei."

10. Bonetti reichte Steuerquittungen ein.

G. Volonterio sehreibt, das beziehe sich nur auf die Steuern der Familie Catti, genannt Cadora, mit welcher Bonetti seit einiger Zeit zusammenlebe.

11. Rusca, Prospero. G. Volonterio schreibt, die Munizipalität habe nie daran gedacht, ihn wegen Nichtzahlung von Steuern auszuschließen, sondern nur Mangels Domizils; es sei in dem Berichte des Bundesdelegirten verschwiegen, gewiß aus Versehen, daß Rusca sich vor vielen Jahren mit Weib und Kind nach Chiasso, daun nach Orselina und vor 6 oder 7 Jahren nach Luino hegeben habe.

Hievon steht indessen in den Akten nur die Erklärung des Sindaco Volonterio, daß Busca vou Muralto nach Luino gezogen sei und nie Steuern in Muralto bezahlt habe.

853 12. Buffi, Giov., wurde nach Angabe des Sindaco deßwegen gestrichen, weil er vor dem Wegzug nach Luino sein letztes Domizil im Kanton in Gerra, gehabt habe. In nachträglicher Eingabe vom 12. Juni behauptet der Sindaco Volonterio, Buffi habe in Locamo nur die Frau und eine Tochter, welche Magd in einem Hause sei.

13. Arnoldi, gestrichen, weil er sein letztes Domizil im Kanton zu Brissago gehabt habe.

14. Giacometti. Es zeigte sich, daß es sich in Wahrheit nicht um das Stimmrecht des Onkels, sondern um dasjenige des Neffen handelte. Es wurde erklärt, daß von diesem keine Steuern verlangt worden seien. Der Steuereinnehmer, über ihn angefragt, berichtete, Giacometti lebe mit seinem Onkel Zaccheo zusammen und habe also keine Herdsteuer zu bezahlen ; aber da er nun 20 Jahre alt sei, so hätte er Kopfsteuer bezahlen sollen. Der Sindaco fügte hinzu, daß der Mann auch keine Staatssteuer bezahlt habe; es liegt aber nichts dafür vor, daß er Vermögen oder Einkommen besitze und dafür eingeschätzt worden sei. In seiner nachträgliehen Eingabe behauptet Volonterio : Die behaupteten Erklärungen habe ich nicht gemacht; ich habe nur gesagt, daß Giacometti ausgeschlossen wurde wegen rückständiger Herdsteuer.

15--18. Righini, Martignoni, Tomasetti nichts Neues.

19. Grigolli, Carlo fu Luigi, ist Zolleinnehmer in Macagno, gebürtig von Scareglia, war vor seiner Versetzung nach Macagno in Dirinella.

20--21. Grigoili, Luigi und Carlo, nichts Neues.

22. Guardi erscheint nicht im Protokoll.

23--25. Barassi und Balestra nichts Neues.

26. Pessina, Abelardo (im Protokoll des Bundesdelegirt als Aurelio aufgeführt), ist Zolleinnehmer, seit 10 Jahren in Locarno, wo er auch seine Familie hat, vomKommissär gestrichen, weil er nicht da domizilirt sei. Die nachträgliche Eingabe von Volonterio sagt mir Bezug auf diesen, sowie auf C h i e s a , R o c c o , und Z e n n a : ,,Sie standen im Stimmregister und stimmten auch in Locamo, selbst noch bei den Gemeindewahlen von 1887 ; sie wurden gestrichen, nachdem auf Rekurs der Radikalen der Befehl gekommen w a r , diejenigen zu streichen, welche mit den Steuern im Rückstände waren, weil sie sich immer weigerten, in Locamo das schuldige testatico und focatico zu bezahlen."

854 27 u. 28. Balli, Luciano und Benedetto, s. Nr. 7.

29. Barboni (im Protokoll des Delegirten nicht Giuseppe, sondern Giovanni di Giuseppe). Der Sindaco erklärt, daß er in Ascona wohne, Barboni selbst bestreitet dies und behauptet, er sei auch in Ascona nicht auf dem Stimmregister eingeschrieben.

30. Biscara erscheint nicht in den Protokollen.

31--33. Pedrazzi, sind Verzasker, in Locamo seit-10 Jahren ansässig uud haben daselbst nur für 1887 bezahlt. Sie verlangten gar nicht, in Locamo eingeschrieben zu werden, sie sind es in Gerra-Verzasca und haben am 3. März auch dort gestimmt.

34. Gnesa, seit drei Jahren Pompier, hat seine Steuer durch Verrechnung mit seinem Fompiersold bezahlt; aber die Rekurrenten behaupten, daß er für die früheren Jahre keine Steuern bezahlt habe.

35. Trolli erscheint nicht in den Protokollen.

36 u. 37. Consolascio, Vater und Sohn. Es wird behauptet, daß sie nur die zwei letzten Kopfsteuern und eine halbe Herdsteuer bezahlt haben. Der Sindaco antwortet, sie haben immer bestritten, mehr als 6 Monate im Jahr in Locamo domizilirt zu sein, und seien deßhalb nur mit der halben Herdsteuer belebt worden.

O 38. Bizzozero zahlte seine Steuern laut Quittung am 4. Februar.

39. Franzoni ,, ,, ,, ,, ,, ,, 5.

,, 40 u. 41. Mantegazza, Franc, und Gius., in Wien wohnhaft.

42. Nessi, Pietro fu Pietro, ist in Mailand wohnhaft.

43. Nessi, Luigi fu Pietro, ist im Ausland wohnhaft.

44. Perpellini. Seiu Aufenthaltsort ist nach seiner Behauptung seit dein 1. Oktober 1888 Locamo, was die Munizipalität hestreitet. Seine Familie wohnt in Muralto. Der Munizipale Magoria erklärt, daß Perpellini ihm im Dezember v. ,T. die Erklärung abgegeben habe, er wohne in Muralto, was Perpellini bestreitet.

45. Quattrini, wohnhaft in Amerika.

46. Righetti, wohnhaft in Genua.

47. Roggero, Francesco hat sich laut Protokoll nach der Erklärung der Munizipalität seit 3 Jahren in Genf als Student aufgehalten, ist am Schlüsse des Sommersemesters heimgekommen und am 17. November wieder nach Genf gereist, um dort eine Stelle zu suchen, am 4. Februar 1889 nach Locamo zurückgekehrt.

855

In nachträglicher Eingabe vom 12. Juni bemerkt der Sindaco Volonterio, Roggero habe keine Eltern mehr, er sei getrennt von seinen Brüdern, sei nicht in Genf gewesen, weder als Student noch als Lehrling; er sei nur deßwegen nicht aufgenommen worden, weil er die Eintragung erst zu einer Zeit verlangt habe, da'nach dem Gesetz vom 3. Dezember 1888 jede Aenderung des Stimmregisters außer den im Geselz ausdrücklich erwähnten Fällen ausgeschlossen gewesen sei.

48. Sciaroni wohnt in London.

49. Marazzi zahlte am 4. oder 5. Februar.

50. Balli, Ettore, Student in Bern, s. Nr. 7.

51 -- 54. Cattaneo zahlten am 4. oder 5. Februar.

55. Chiesa, Cost. zahlte am 4. oder 5. Februar.

56 u. 57. Bustelli, Gius, und Èrcole, ebenso.

58. Bustelli, Felice wohnt in Mailand.

59. Bustelli, Costantino ist laut Bericht des Polizeibüreau Winterthur (Art. 87 P) seit 11. September 1888 in Winterthur niedergelassen und dort im Stimmregister eingetragen.

60. Decarli, Giovanni, Schuster, zahlte seine Steuern am 6. oder 5. Februar.

61. Carminé hat nach dem Protokoll des Bundesdelegirten die Note bezahlt, welche ihm vom Esattore präsentirt wurde. Die Munizipalität erklärt, daß er noch Vermögenssteuer schulde.

In seinem Nachtrag ' best reitet Volonterio das Erstere; Carminé, sagt er, habe weniger, nicht die Steuer von seinem Haus in Locamo, bezahlt, wofür die unbezahlten Steuerzettel auf Verlangen werden vorgelegt werden.

62 u. 63. Ferriroli, Vater und Sohn, haben nach dem Protokoll am 4. oder 5. Februar bezahlt, was der Esattore verlangte.

Volonterio schreibt im Nachtrag: Das ist nicht wahr, sie machten nur eine Anzahlung und blieben mit mehr als zwei Jahren im Rückstand.

64 u. 65. Giugni zahlten am 4. oder 5. Februar.

66. 6-uglielmoni zahlte am 5. Februar, nach seiner Behauptung Alles, was der Esattore von ihm forderte. Volonterio schreibt: Er ist im Rückstand mit dem testatico seit sehr vielen Jahren.

67. Gobbi zahlte am 4. oder 5. Februar.

68. Maggi ebenso.

856 69. Mazzola zahlte am 4. Februar die Kopfsteuer für 1887, nicht die früheren.

70. Pioda, Angelo, zahlte am 4. oder 5. Februar.

71. Pioda, Giuseppe, Maurer, nach seiner Behauptung am 3. Dezember, nach der des Sindaco erst an eicern späteren Tage des Dezember in Locamo eingezogen.

Irn Nachtrag sagt Volonterio, Pinda sei als Arbeiter in Luzern gewesen und ungefähr 2 Monate vor dem 3. März heimgekehrt.

72. Pas;anetti, Giuseppe, zahlte am 5. Februar die Rückstände der letzten Zeit, seit welcher er in Locamo dotnizilirt ist. Der Sindaco wendete ein, daß der Mann noch die Steuern einer langen Reihe von Jahren an alle diejenigen Gemeinden schulde, in denen er früher domizilirt gewesen sei.

In seinem Nachtrage behauptet Volonterio, Paganetti habe nicht Alles bezahlt, sondern schulde noch mehr als 2 Jahre.

73. Paganetti, Salvatore, zahlte am 5. Februar. Gleiche Bemerkung von Volonterio wie zu Nr. 72.

74 u. 75. Simona, ebenso.

76. Capitaneo, ebenso.

77. Bezzola, Modesto, seit 4 Jahren in Locamo, unverheirathet, lebt bei seinen Eltern in Comologuo, seiner Heimatgemeinde, zahlt dort seine Steuern und hat von jeher dort gestimmt.

Er wurde dort gestrichen, weil er sein Domizil iu Locamo habe, konnte aber hier auch nicht stimmen, weil er seine Steuern nicht hier zahlt; vom Kommissär wurde er ausgeschlossen, weil nicht in Locamo domizilirt. Auf telegraphische Anfrage vorn 28. Februar antwortete der Siudaco VOLI Locamo, daß Bezzola dort nicht eingetragen sei. Nachher verfügte der Kommissär dessen Eintragung in Locamo doeh, aber Bezzola erhielt hievon keine Mittlieilung und konnte also nicht stimmen.

Volonterio schreibt: Es ist nicht wahr, daß er immer ia Comologno gestimmt habe und daß er wegen Nichtzahlung der Steuern in Locamo nicht habe stimmen können. Seit mehreren Jahren stand er auf dem Stimmregister von Locamo und nahm an Abstimmungen Theil, auch an der Gemeiudewahl von 1887, über welche zu urtheileu Ihr Euch herausnehmt.

78. Chiesa, Rocco, unverheirathet, in Locamo seit 1883, zahlt seine Steuern in Berzona, dort aber gestrichen, weil iu Lo-

857 carno domizilirt, hier aber ausgeschlossen, weil er da keine Steuern bezahle. Er erscheint in Locamo nicht auf dem Steuerregister und erklärt, daselbst auch nie eine Aufforderung zur Zahlung von Steuern erhalten zu haben.

Volonterio schreibt, daß er früher in Locamo eingeschrieben gewesen sei und auch gestimmt habe, auf Rekurs der Radikalen aber gestrichen worden sf:i wie Pessina.

79. Morgantini, Weibel des Friedensrichters in Locamo, hat gemäß dem Begehren des Esattore nur die Kopfsteuer pro 1886/1887 avn 5. Februar bezahlt. Er wurde nach dem Protokoll des Butidesdelegirten ausgeschlossen wegen Rückstandes mit den Steuern sowohl in Locamo, als auch in seiner Heimatgemeinde Loco, von welch letzterer er zudem im Jahre 1883 öffentliche Unterstützung genossen habe.

Volonterio schreibt, es sei nicht wahr, daß Morgantini wegen einer solchen Unterstützung ausgeschlossen worden sei, 'er brauche darüber keine Lektion.

80. Rusca, Francesco, erseheint nicht in den Protokollen.

81. Saglio war viele Jahre in Paris und kam erst Anfangs Januar 1889 nach Locamo zurück.

Volonterio schreibt, daß er nur bei Gelegenheit des Todes eines Bruders nach Locamo gekommen und wieder nach Paris abgereist sei, und daß die Munizipalität diesfalls keine Beweislast treffe.

82 u. 83. Tenca, Brüder, erklären, niemals einen Steuerzettel erhalten zu haben, was der Sindaco bestreitet.

84. Zemia, seit 10 Jahren in Locamo, wo er auch seine Familie hat. Volonterio macht hiezu die nämliche Bemerkung wie zu Pessina und Chiesa Rocco (26 und 78).

85. Rossi, Grenzwächter. Laut Protokoll sagte der Sindaco, daß er erst seit letztem Januar mit. seiner Familie in Locamo wohne, Rossi wies aber durch ein Zeugniß des Chefs der Zolleinnehmer nach, daß dies schon seit dem 23. November der Fall war.

Volonterio schreibt; er habe im Gegentheil gesagt, daß die Registerkommission zu konstatiren gehabt habe, daß Rossi erst im Januar Domizil genommen habe.

86. Fontana, stationirt in Caslano seit Bade Januar, vorher in Locamo. Seine Familie, zu der er immer wieder zurückkehrt, wohnt io seinem Heimatorte Novazzano. Der Sindaco von Caslano berichtet, er habe sich überzeugt, daß Fontana gar Btmdesblatt. 43. Jahrg. Bd. III.

57

858 nirgends im Kanton eingetragen sei ; infolge dessen habe er sich am 14. Februar an den Regierungskommissär mit der Frage gewendet, ob er ihn unter diesen Umständen nicht, wie auch einige andere Bürger, in Caslano einschreiben dürfe.

Der Kommissär habe in seiner Ani wort vom 28. Februar Fontana gar nicht erwähnt, während er die Streichung anderer Bürger befohlen habe; infolge dessen habe man seinen Namen steheu lassen und Fontana habe in Caslano geslimmt.^ 87. Candolfi von Comologno behauptet, in Locamo zu wohnen, was der Sindaco bestreitet. Ein Beweis ist nicht erbracht, worden.

88. Bizzini kam vor 5 bis 6 Monaten aus Neuchâtel zurück und behauptet, seither bei Theodor Milani in Locamo zu wohnen.

Der Sindaco bestreitet dies, indem er sagt, der Mann habe seither stets in Avegno gewohnt, ausgenommen während der Zeit, in welcher er in Ascona in der Villa Bonetti gearbeitet habe ; einige Zeit nach seiner Ankunft habe er auch seine Frau, eine Fabrikarbeiterin, dahin kommen lassen ; im Stimmregister von Avegno sei er nur wegen Nichtzahlung der Steuern gestrichen worden. Diese Angaben sind unbestritten geblieben.

89 u. 90. Brüder Ciseri. Sie sind in Ronco eingeschrieben ; der eine von ihnen wohnt in Florenz, der andere in Como.

91--93. Franzoni, Vater und zwei" Söhne, Arbeiter. Der Vater zahlt für sich und sie im Ganzen zwei Kopfsteuern. Der Sindaco erklärt, daß der Vater schon über 60 Jahre alt sei und nach einem längst gefaßten Entscheide der Munizipalität nur zwei Kopfsteuern für seine Söhne zu entrichten habe.

94. Barazzi. Dev Sindaco bestreitet, daß diesergnoch mitjSteuero im Rückstande sei.

95. Rossi, Pietro, und 96 u. 97. Pioda, Giacomo, Vater und Sohn, zahlten nach der Behauptung der Rekurrenten ihre Ruckstände erst am 16. Februar.

Der Sindaco entgegnet, daß Rossi nur für ein Jahr im Rückstande gewesen sei und daß Alle ihre Rückstände vor der Vollendung des Stimmregisters, also vor dem 22. Januar, bezahlt haben. Allein das Steuerregister weist die Zahlung in der That erst am 16. Februar auf. Es \vird erwidert, daß dies nur der Tag der Eintragung aei, erheben könne der Einnehmer das Geld schon vorher.

859 98--101. Catti. Das Protokoll des Delegirten enthält darüber folgenden Eintrag: Der Sindaco bemerkt, daß sie nicht im Rückstande sind mit den Steuern zufolge eines Abkommens dieser Bürger als Feuerwehrmänner mit der Munizipalität.

Herr Gasp. Franzoni bemerkt, daß dieses Abkommen sich nur auf die Gemeindesteuern beziehe und nicht auf die kantonalen. Der Sindaco entgegnet, daß die kantonalen Steuern bezahlt seien. Aus den Steuerquittungen ergibt sich, daß diese Zahlung am 1. Februar 1889 erfolgt ist.

Volonterio schreibt nun: Ich kenne diese Catti nicht und weiß nichts von den Erklärungen, welche in Ihrem Bericht stehen. Ich weiß, daß mit Bezug auf einige Feuerwehrmänner Gemeinderath Magoria Ihnen zu zeigen hatte, daß sie mit den Steuern vollständig in Ordnung waren zufolge einer Verständigung, welche von dem radikalen Gemeinderath Franzoni mit dem Feuerwehrkorps geschlossen und von der Munizipalität genehmigt wurde.

102. Madonna. Der Sindaco erklärt, daß . dieser als kantonaler Angestellter laut Gesetz nichts als die Herdsteuer zu bezahlen habe.

103 u. 104. Mei la-Malvatti, Brüder.

Der Rekurrent erklärte, daß sie ihre Rückstände erst am 1. Februar bezahlt haben, der Sindaco dagegen behauptete, daß dies am 20. Januar der Fall gewesen sei. Das Steuerregister weist die Zahlung unterm 1. Februar auf.

105. Mella-Malvatti, Giacomo.

Die Munizipalität erklärte, daß er erst einige Tage vor dem 3. März volljährig wurde, also auch nicht vorher mit den Steuern im Rückstand sein konnte. Volonterio schreibt: Ich sagte, daß, da er am 2. März 20 Jahre alt wurde, er unmöglich mit der einzigen von ihm geschuldeten Steuer, der Kopfsteuer, um mehr als ein Jahr im Rückstand gewesen sein kann, da diese erst vom zurückgelegten 18. Altersjahr an bezahlt werden muß.

106. Nessi, Paolo. Die Behauptung, daß er mit Steuern im Rückstande sei, wurde durch das Steuerregister, nach welchem er seine Rückstände im Dezember bezahlt hat, widerlegt.

107 u. 108. Melini, zwei Verzasker, vgl. zu Pedrazzi Nr. 31--33.

109 u. 110. Pioda und Rusconi stehen gar nicht im Stimmregister und doch wird ihre Streichung verlangt!

860

111.

Livio, Antooio. Es wird behauptet, daß er seit 30 Jahren keine Steuern mehr bezahlt habe. Das Protokoll sagt: ,,Der Sindaco bemerkt, der Rekurs sei einzig darauf gegründet worden, daß Livio das Jahr 1887 nicht bezahlt habe."

Volonterio schreibt nun: ,,Es ist nicht wahr, daß ich mich auf diese formelle Einwendung beschränkt habe, ich habe nie etwas von dem Rekurs gewußt."

112--114. Adamina. Die Rekurrenten behaupten, daß diese drei Personen nur eine Kopf- und Herdsteuer bezahlen. Mehr ist aber von ihnen nicht gefordert worden, weil, wie der Sindaco sagt, zwei von ihnen nicht sechs Monate im Jahr in Locamo wohnen, was nicht bestritten wird.

115 u. 116. Imperatori, Luigi, und Fossati, Giov. Mar., Professoren, nach Ansicht der Munizipalität von der Gemeindesteuer befreit, weßhalb eine solche von ihnen auch nicht verlangt wurde. Die Rekurrenten behaupten, daß sie solche zahlen sollten, insbesondere Fossati, welcher neben seiner Professur ein Bildhaueratelier betreibe.

117. Giannini, Franc., erscheint nicht in den Protokollen.

118. Gambetta wohnt seit Oktober 1888 in Locamo.

119. Pedrazzini, Gius., wohnt in Intra.

120. Pedretti, Paolo, von Sigirino, seit Oktober 1888 Professor in Locamo, hat seine Familie in Brissago, ist aber dort vom Kommissär gestrichen worden, weil er sein Domizil in Locamo habe.

Volonterio schreibt, er sei schon 20 Jahre in Locamo (vielleicht Verwechslung mit 121).

121. Pedretti, Eliseo, von Anzonico, seit vielen Jahren Professor in Locamo, zahlt Staatssteuer, nicht Gemeindesteuer, weil nach Angabe des Sindaco davon befreit, was der Rekurrent bestreitet.

122. Pedretti, Giuseppe Eliseo, Student in Lugano. Der Sindaco sagt, daß er über Weihnachten von Lugano fort gewesen sei, wie Boecioloni und Roggero, und daß diese Drei aus diesem Grunde nicht in das dortige Stimmregister aufgenommen worden seien. Die Munizipalität von Lugano, hierüber angefragt, erklärt jedoch, die Drei seien ihr ganz unbekannt, von den beiden Ersten habe sie erst jetzt erfahren, daß sie Seminaristen seien ; von dem Dritten wisse sie auch jetzt noch nichts.

861 123. Pedroja, Cesare, nach Angabe der Rekurrenten domizilirt in Brione, wo er auch die Steuern bezahlt, auf dem Stimmregister, steht und wohin er fast täglich heimkehrt, dagegen stehe er nicht auf dem Steuerregister von Locamo.

Die Munizipalität behauptet, daß er als Professor in Locamo domizilirt und nach dem Gesetze von den Gemeindesteuern frei sei.

Volonterio schreibt, daß Pedroja stets auf dem Stimmregister von Locamo gestanden habe, und es sei nicht wahr, daß er fast täglich an seinen Geburtsort Brione s/M. zurückkehre.

124. Pedrazzini, Giov., wohnt in Amerika.

125. Imperatori. Der Rekurs wurde zurückgezogen.

126. Anastasi, ebenso.

127--133. Sieben Polizeisoldaten, die in Locamo stationirt sind.

Aus dem Zeugniß des Polizeisergeanten Rusca Gerolamo geht hervor, daß sie ihre Familien, Frauen und Kinder, in ihren Heimatorten haben und in denselben ebenfalls eingeschrieben sind. Der Sindaco erklärt, daß die Munizipalität stets die Polizeisoldaten und die Grenzwächtef eingeschrieben habe, sobald sie 3 Monate lang in Locamo stationirt gewesen seien, was hier zweifellos zutreffe.

Volonterio schreibt, daß nur 4 von ihneu gestimmt haben.

134--138. Zöglinge des Lehrerseminars in Locamo. Der Sindaco erklärte, daß sie seit mehr als 3 Monaten in Locamo seien und daselbst zu stimmen gewünscht haben.

139. Boccioloni, s. Nr. 122.

140. Roggero, s. Nr. 122.

141. Ronchetti, Bernardo, Polizeisoldat von Cadrò, stationirt in Locamo, war an beiden Orten eingeschrieben, hat in Locamo gestimmt.

142. Crivelli, nichts Neues.

143. Nicora, Giovanni, ebenso.

144 u. 145. Righini, ebenso.

146.$Martignoni, ebenso.

147. Tenca, ebenso.

148. Caprara, ebenso.

149. Somaini, ebenso.

862 150.

151.

152.

153.

Busca, Franc., ebenso.

Scionini, ebenso.

Giulieri, ebenso.

Gingoni, ebenso.

B. Betreffend die Gemeinden Orselina und Muralto.

XV. Unterm 5. Februar 1889 verlangte Giacometti Quirico beim Regierungskommissär die Streichung von 40 Bürgern vom Stimmregister, und der Kommissär ordnete darauf hin in der That die Streichung sämmtlicher genannter Bürger, mit Ausnahme eines einzigen, durch Dekret vom 14. Februar, mitgetheilt an die Munizipalität am 16., an.

Die G e s t r i c h e n e n sind: a. Wegen rückständiger Steuern: Adamina, Giuseppe, fu Giuseppe, dessen Wohnung unbekannt.

Adamina, Giuseppe, fu Felice.

Adamina, Felice, fu Felice.

Adamina, Battista, fu Giacomo.

Adamina, Felice, fu Giacomo.

Adamina, Alessio, fu Battista.

Adamina, Luigi, fu Battista.

Giovannoni, Celestino, di Battista.

Giovaunoni, Giuseppe, di Giuseppe.

Giovannoni, Giuseppe, fu Giovanni.

Giovannoni, Giovanni, fu Giovanni.

Giovannoni, Anselmo, fu Bernardo.

Giovannoni, Bmilio, fu Martino.

Giovannoni, Luigi, fu Martino.

Nicora, Giacomo, fu Giacomo.

Nicora, Pietro, fu Giacomo.

Nicora, Giuseppe Bern., fu Bartol.

Nicora, Giuseppe, di Giovanni.

Nicora, Giacomo, fu Pietro.

Nicora, Bernardo, fu Giacomo.

Rossi, Pietro, fu Bartol.

Rossi, Andrea, fu Pietro.

b. Wegen fehlenden Domizils in Orselina: * Adamina, Enrico, fu Giuseppe, in Locamo.

Adamina, Pietro Natale, di Gius. Ant.

Adamina, Giacomo, fu Ant.

863

Giovannoni, Domenico, di Giovanni, in St. Imier.

Giovannoni, Vincenzo, di Giovanni, in St. Imier.

Giovannoni, Battista, di Giovanni, in St. Imier.

Giovannoni, Faustino, di Battista, in Chaux-de-Fonds.

Giovanaoni, Antonio, fu Bernardo, in Chaux-de-Fonds.

Nicora, Giacomo, fu Bartolomeo, in Chaux-de-Fonds.

Nicora, Severino, di Giuseppe, in Chaux-de-Fouds.

Passalli, Giac. Ant., di Dco., in Lausanne.

Passalli, Giuseppe, di Dco., in Lausanne.

Balli, Ettore, fu Giacomo, in Bern.

Giulieri, Giuseppe.

Demartini, Giuseppe, in Brontallo.

Demartini, Andrea, di Giuseppe.

Demartini, Giov. Dionigi, di Giuseppe.

Mit Datum vom 19. Februar, dem Kommissär amtlich zugestellt den 20., appellirten an den Staatsrath Nicora, Severino, di Gius., und Rossi, Pietro, sowohl für sich, als auch für andere Gestrichene. Sie erklären, das Dekret des Kommissärs erst am 17. von der Munizipalität erhalten zu haben, und bringen im Einzelnen Folgendes vor: Nicora, Severino, di Gius., ist in Orselina seit dem 27. August 1888 und zahlt die Steuern.

Rossi, Pietro, fu Bartolomeo, hat immer die von ihm verlangten Steuern bezahlt; er lebt zusammen mit seinem Onkel Rossi, Giacomo, fu Pietro, und ist mit keinen Steuern im Bückstand.

Giovannoni, Celestino, di Battista, ist mit allen Steuern in Ordnung.

Beigelegt waren und bei den Akten liegen auf seinen Namen lautende Steuerquittungen für die Kantoualsteuer 1888 d. d. 1. Juni und 1. Dezember 1888 und die Gemeindesteuer 1888 d. d. 1. November 1888.

Nicora, Gius. Bern., fu Bart., ist ebenso in Ordnung mit seinen Steuern.

Beigelegt waren und sind auf seinen Namen lautende Quittungen für die Kantonalsteuer 1888 d. d. 1. Dezember 1888 und für die Gemeindesteuer 1888 d. d. 1. November 1888.

Nicora, Gius., di Giov., ist ebenfalls in Ordnung mit den Steuern, wie das Register zeigt.

Adarnina, Pietro Natale, vollendete die 3 Monate des Domizils am 22. Februar.

864

Passali, Gius., di Domenico, ist am 2. Dezember v. J. in die Heimat zurückgekehrt und hat seine Aufnahme in das Stimmregister verlangt.

Balli, Ettore, ist gestrichen worden, während der nämliche Kommissär in Gordola die Streichung der Studenten Catturi und Signorotti verweigert hat, da die Abwesenheit der Studenten keinen Verlust des Domizils bedeute.

Demartini, Giuseppe, ist seit Jahren domizilirt in Orselina, wo er Güter besitzt und die Steuern bezahlt, hat auch immer daselbst auf dem Stimmregister gestanden.

Balli, Luciano, sollte auch eingeschrieben sein als hier domizilirt, wie die Munizipalität von Orselina dem Kommissär vorgeschlagen hat. Unbegreiflicher Weise schweigt das Dekret des Kommissärs hierüber.

Beigelegt ist ferner ein Zeugniß der Munizipalität von Orselina d. d. 17. Februar 1889, dahin lautend, daß die folgenden Burger auf das Stimmregister gehören: Nicora, Giuseppe Bernardo, fu Bart., ohne Steuerrückstände.

Nicora, Beverino, di Gius., zu Hause angekommen am 27. August 1888.

Giovannoni, Celest., di Batt., lebt mit seiner Familie und zahlt die Steuern.

Adamina, Pietro Nat., vollendet das Domizil von 3 Monaten am 22. d. Mts.

Passali!, Gius., ebenso am 2. März, da er am 2. Dezember erklärt hat, wieder dauernd in die Heimat zurückgekehrt (rimpatriato) zu sein.

Der Staatsrath erklärte durch Dekret vom 26. Februar: Da das Dekret des Kommissärs schon am 16. der Munizipalität mitgetheilt wurde, die Appellation aber erst am 20., so ist nach Art. 4 und 6 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 letztere verspätet, da sie i n n e r h a l b 3 Tagen eingereicht sein sollte, den Tag der Mittheilung mitgerechnet, da der Gesetzgeber, wenn er das anders gewollt hätte, es gesagt haben würde, wie im Gesetz vom 27. November 1863; es wird daher wegen Verspätung nicht eingetreten. Am 1. März rekurrirte hiegegen Nicora, Severino, für sich und seine Streitgenossen an den Bundesrath. Am 2. März telegraphirten Giovannoni, Domenico, Battista, Vincenzo und Faustino, einen gleichen Rekurs an den Bundesrath ; am 3. und 4. März schickten an denselben 13 der Obgenannten mit ihrer Unterschrift

865 versehene Rekurse ein, mit dem Beifügen, daß sie, wenn zur Abstimmung zugelassen, für die liberalen Kandidaten Pioda, Balli, Rusca, Frizzi gestimmt haben würden.

XVI. Mit Datum vom 20. Februar 1889 rekurrirte Luciano Balli an den Staatsrath, indem er sagte: Erst gestern in Kenntniß gesetzt, und nur auf privatem Wege, von dem am 16. d. Mts. der Munizipalität mitgetheilten Dekrete, welches meine Streichung anordnet, schließe ich mich den im Rekurse der Herren Nicora und Rossi von gestern gemachten Bemerkungen an. Bürger von Locamo, stehe ich dort nicht auf dem Stimmregister, weil in>Muralto domizilirt; ich bin aber auch in Muralto nicht eingeschrieben, weil in Orselina aufgenommen, und nun hat der Kommissär auch hier ineine Streichung angeordnet, ohne die mindeste Motivirung. Ich bin also in der traurigen, Lage, als Schweizerbürger die Steuern zu zahlen und des Stimmrechtes beraubt zu sein. Ich verlange meine Eintragung in Orselina.

Der Kommissär antwortete auf den Rekurs: Ich habe Balli nicht gestrichen, weil er gar nicht im Stimmregister stand. Heute erschien Balli, nachdem er seinen Irrthum gewahr geworden, und verlangte seine Eintragung. Die Munizipalität hat nichts einzuwenden, ich auch nicht, wenn nicht das Begehren verspätet ist.

Mögen Sie entscheiden.

Am 23. Februar schrieb Balli an das Departement des Innern : Ich kann Ihnen das verlangte Dekret des Kommissärs nicht schicken, da ich kein solches erhalten habe, der Kommissär hat einfach das von der Munizipalität gestellte Begehren meiner Eintragung mit Stillschweigen übergangen. Ich bin in Orselina zu der Abstimmung vom 2. Februar d. J. zugelassen als hier domizilirt ; ich durfte also wohl annehmen, daß ich gehörig eingeschrieben sei. Der Staatsrath entschied : Da der Rekurrent das verlangte Dekret des Kommissärs nicht eingereicht hat, der Kommissär auch erklärt, keines erlassen zu haben, das Begehren der Eintragung vom 20. d. Mts.

aber verspätet ist, in Erwägung, daß ohne Dekret des Kommissärs kein Grund vorhanden ist, sich mit der Sache zu befassen -- wird abgewiesen. Am 26. Februar schrieb Luciano Balli an den Bundesrath, er habe, bis im vorigen Jahre in Unter-Italien sich aufhaltend, stets sein Domizil in Muralto-Orselina aufrecht erhalten und daselbst seine Steuern bezahlt, dort sei auch seine ganze Familie domizilirt und dort
habe er auch vor seiner Abreise stets sein Aktivbürgerrecht ausgeübt; er protestire daher gegen seine Streichung und bitte, eingetragen zu werden, wie er ja auch noch am 2. dieses selben Monats daselbst gestimmt habe Am 1. März wiederholte er seine

866

Bitte telegraphiseh aufs Dringendste und zugleich auch durch ein längeres Schreiben an den Bundesrath unter Beilegung der Akten.

Orselina-Muralto bildete früher eine einzige Gemeinde. Bei der Trennung derselben wurde er in Muralto gestrichen, weil seine Liegenschaften sich; im Gebiete von Orselina befinden. Jetzt ist er auch da gestrichen worden.

XVII. Am 1. Februar wandte sich Toma, Vittore, aa den Regierungskommissär mit dem Gesuche um E i n t r a g u n g folgender Bürger : Quattrini, Matteo, di Giovanni, von Ascona, seit mehr als einem Jahre wohnhaft in Muralto, im Hause von Cappella, Tomaso.

Meuli-Hilty, Dr. med., von Buchs, seit mehr als einem Jahre mit seiner Familie wohnhaft in Muralto bei Fiotti, Francesco.

Maggetti, Pietro, di Mansueto, seit mehr als 6 Monaten in Muralto domizilirt.

Sant1 Ambrogio, Pietro, von Gordola, seit mehr als eiuem Jahr in Muralto domizilirt im Hause der Erben Ludw. Pedrazzi. Wenn er nicht auf dem Steuerregister steht, so ist das nicht seine Schuld.

Müller, Karl, seit mehr als einem Jahre in Muralto domizilirt.

Tognalda, Stefano, von Vogorao, seit mehreren Jahren domizilirt in Muralto hei den Erben Varenna.

Rusca, Prospero, in Luino, der sein letales Domizil in der Schweiz zu Muralto hatte.

Rossi, Achille, seit mehr als einem Jahre mit seiner Familie in Muralto domizilirt, wo er auch die Steuern bezahlt.

Cotti, Giorgio, von Prato Sonvico, seit mehr als einem Jahre domizilirt in Muralto, bei Beretta, und auf der Gemeinderathskauzlei angezeigt im November.

Angerufen wird Art. 43 der Bundesverfassung, Art. l und 2 des Gesetzes vom 15. Juli 1880 über das Aktivbürgerrecht, Artikel 6 und 7 des Gemeindegesetzes, und im Falle Widerspruchs genaue Untersuchung verlangt.

Mit Dekret vom 13., tnitgetheilt den 16. Februar, wies der Kommissär die Begehren ab, ausgenommen Tognalda und Bossi; da Quattrini, Meuli, Sant Ambrogio, Müller, Rusca und Cotti nie die schuldigen Steuern in Muralto bezahlt haben und ,,Einige11 auch in ihrer Heimatsgemeinde im Rückstande seien.

Mittelst Eingabe vom 19. Februar, mitgetheilt den 20., appellirte Toma hiegegen an den Staatsrath mit folgender Begründung:

867

Es wird gesagt, daß Quattrini, Matteo, Sant' Ambrogio und Cotti, Giorgio, mit den Steuern im Rückstande seien. Allein es sind ihnen nie Steuerzettel zugestellt worden und ihre Namen stehen auch nicht auf dem Steuerregister von Muralto.

Der nämliche Kommissär hat in Locamo Respini, Geremia, eintragen lassen, der nie Steuern daselbst bezahlt hat.

Auch von Rusca, Prospero, sind hier nie Steuern verlangt worden.

Dr. Meuli-Hilty und Karl Müller können nicht deswegen ihres Aktivbürgerrechtes beraubt werden, weil man sie nicht auf das Steuerregister gesetzt hat.

Maggetti, Pietro, ist vom Kommissär ganz vergessen worden.

Die Munizipalität beantragte Abweisung des Rekurses, gestützt auf Art. 4 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888.

Der Staatsrath wies den Rekurs am 28. Februar wegen Verspätung ab. Am 1. März rekurrirte Toma hiegegen an den Bundesrath. Er erklärt, daß Rekurs an den Staatsrath gemäß Art. 12 des Gesetzes vom 27. November 1863 und Art. 99 des Gesetzes vom 7. Juni 1853 rechtzeitig eingereicht worden sei, und bittet um telegraphische Anordnung der beantragten Eintragungen.

Mit Eingabe vom 3. März an den Bundesrath erklärte unter Protest gegen seinen Ausschluß vom Stimmregister Cotti, Giorgio, daß er für die Kandidaten Attilio Balli, Rusca, Franc., Alfr. Pioda und Frizzi, Ainbr., gestimmt haben würde.

XVIII. Mit Datum vom 20. Februar 1889 sandte die Munizipalität gleichlautende Briefe an Sant Ambrogio, Pietro, Cotti, Giorgio und Nessi, Franc., fu Franc., worin sie ihnen mittheilte, daß sie durch Dekret des Regierungskommissärs auf dem Stimmregister gestrichen worden seien.

Mit Datum vom 22. desselben Monats reichten dieselben, sowie Devecis, Giuseppe, fu Giuseppe, welcher die nämliche Mittheilung erhalten zu haben scheint, am 23. eine Appellation hiegegen beim Staatsrathe ein. Sie geben ihrer Verwunderung Ausdruck und erklären, gar nicht zu wissen, was der Grund ihrer Streichung sein möchte. Das Dekret hätte nach Art 2 und 3 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 spätestens am 17. Februar mitgetheilt sein sollen, ist aber erst am 21. mitgetheilt worden, also verspätet und darum nichtig.

Ferner ist zu sagen :

868

Nessi, Franc., war in Muralto immer eingetragen, wo er auch Bürger ist und wohnt, hat immer alle von ihm verlangten Steuern bezahlt; Herdsteuer schuldet er nicht, weil er nicht Feuer macht, sondern in der Wirthschaft ißt, eine solche ist von ihm auch nicht verlangt worden.

Cotti, Giorgio, und Sant' Ambrogio, Pietro.

Diesfalls wird auf den Rekurs Toma verwiesen.

Devecis lebt mit Bruder und Schwester zusammen.

Das Dekret, sagt der Rekurs, kennen wir nicht, wir bitten, es von der Munizipalität einzuziehen.

Beigelegt sind die Steuerquittungen für Nessi per 1886, 1887 und 1888, in denen nur das testatico, nicht das focatico, verlangt und bezahlt erscheint. Der Kommissär übermittelte diesen Rekurs dem Staatsrathe mit Schreiben vom 26. Februar.

Die Munizipalität beantragte, die Streichung aufrecht zu halten, da von Nessi und Devecis weder Herdsteuer (focatico) noch Militärsteuer bezahlt worden sei ; im Uebrigen wurde auf die Beantwortung des Rekurses Toma verwiesen.

Der Staatsrath wies den Rekurs ab, und zwar betreffend Sant' Ambrogio und Cotti, Giorgio, weil sie schon im Rekurse Toma wegen Verspätung abgewiesen worden seien, betreffend Nessi und Devecis, weil sie das Dekret des Kommissärs nicht eingereicht haben.

Mit Eingabe vom 1. März 1890 beschwerte sich hierüber Frizzi, Ambrogio, beim Bundesrathe Namens Nessi und Devecis.

Er sagt, die Rekurrenten haben, da sie die Briefe vom 18. Februar erhalten hatten, erst nach vielen Umtrieben den Grund ihrer Streichung erfahren können, nämlich die angeblichen Steuerrllckstände, aber nicht einmal den Betrag derselben. Sie hätten ein Dekret des Kommissärs gar nicht einreichen können, da dasselbe ihnen niemals übergeben worden sei. Sie bitten um telegraphische Anordnung ihrer Eintragung.

Unterm 3. März protestirten die beiden Genannten auch noch durch eigene Unterschrift beim Bundesrathe gegen ihre Ausschließung und fügten bei, sie würden, wenn zugelassen, für die liberalen Kandidaten gestimmt haben.

XIX. Mit Datum vom 26. Februar wandte sich Karl Maller in Muralto an den Bundesrath mit der Beschwerde, daß er daselbst vom Kommissär, gestützt auf Art. 6 des Gesetzes vom 3. De-

869 zember 1888, im Stimmregister gestrichen worden sei. Schon seit über 14 Jahren hier ansässig, sagt er, mußte ich seit mehreren Jahren keine Gemeindesteuern mehr bezahlen, da ich 69 Jahre alt geworden und hier nur eine Wohnung zum Schlafen habe, sonst aber beständig auf Reisen bin, so dali ich auch eine Herdsteuer nicht schulde. Er schreibt den Ausschluß lediglich politischen Motiven zu und bittet um den Schutz seiner bürgerlichen Rechte.

Mit Eingabe vom 3. März ah den Bundesrath protestiren folgende Bürger gegen ihren Ausschluß vom Stimmregister und erklären, daß sie für die liberalen Kandidaten Dr. Alfr. Pioda, Attilio Balli, Franchino Rusca und Frizzi gestimmt haben würden : K. Müller und Quattrini, Matteo, di Giovanni.

XX. Die Untersuchung des Bundesdelegirten hat folgende weitere Resultate ergeben: // 154. Adamina, Pietro, 155. Adamina, Giacomo, und 156. PassalJi, Gius., di Dom., arbeiten als Gypser im Sommer, der Erstere in Chaux-de-Fonds, die beiden Letztern in Lausanne, und kehren jedes Jahr auf den Winter nach Orselina zurück.

Sie haben auch da ihre Familien und zahlen da ihre Steuern.

Sie sind diesen Winter, der Eine am 16. November, die An- 0 dern am 2. Dezember, nach Orselina zurückgekehrt. Sie wurden gestrichen, weil in Chaux-de-Fonds, bezw. Lausanne domizilirt.

157. Giovannoni, Celestino. Nichts Neues.

158--61. -Giovannoni, Domenico, Batt., Vinc., Faustino, sind wohnhaft in St. Imier und Chaux-de-Fonds.

162. Nicora, Giuseppe, di Giov., wohnt in Paris.

163. Nicora, Séverine. Der Sindaco bestätigte, daß er schon seit Ende August 1888 wieder in Orselina domizilirt sei.

164--165. Rossi, Pietro und Sohn. Die Familie besteht aus drei Personen und zahlt nur für einen Kopf; der Sindaco erklärt, er wisse nicht, für welchen.

t 166. Balli, Ettore^ s. v.

167. Balli, Luciano, s. v., hielt sich bis zum Anfang Dezember in Neapel auf.

168. Sant' Ambrogio, Pietro, von Gordola, seit mehr als 6 Monaten in Muralto, ausgeschlossen wegen Nichtzahlung der Steuern von 1888. Toma erklärt, der Mann habe sich einige Tage

870

vor der Abstimmung zum Steuereinnehmer verfügt, um zu zahlen; der Sindaco erklärt, hievon nichts zu wissen.

169. Cotti, Giorgio, Angestellter in der Birreria Nazionale von Muralto, aus Prato, seit 6 Monaten in Muralto, stimmte 1886 in Locamo, hat keine Steuern bezahlt. Der Sindaco erklärt, daß er sich nie der Munizipalität vorgestellt habe.

170. Kessi, Francesco, zahlte die Kopf-, aber nicht die Täerdsteuer, für welche er keinen Steuerzettel erhalten habe.

171. Devecis, Giuseppe, seit 1887 in Muralto, zahlte nur Kopf-, nicht Herdsteuer. Sein Verwandter Nessi erklärte, Devecis habe sich 2 Tage vor der Abstimmung bei der Munizipalität eingestellt, um das Fehlende zu bezahlen, die Annahme sei aber abgelehnt worden.

172. Müller, Karl, von Andermatt, wechselt seine Wohnung zwischen Locamo und Muralto, ausgeschlossen wegen Nichtzahlung von Steuern, erklärt, daß nie solche von ihm verlangt worden seien.

Der Sindaco bemerkt, das Verlangen der Zahlung von Steuern werde nach Gesetz und Gebrauch öffentlich kundgegeben. Müller sei schon einmal gestrichen worden.

173. Quattrini, Matteo, seit mehr als l Jahr in Muralto, Bäckerjunge. Der Sindaco sagt, daß er 1888 die Steuern nicht bezahlt habe, während Quattrini behauptet, Alles bezahlt zu haben.

174. Meuli-Hiltj, Dr. med., von Buchs, seit ungefähr einem Jahr in Muralto, ausgeschlossen, weil er die Zahlung der Steuer für 1888 verweigerte, vom Staatsrath wegen Verspätung abgewiesen (Rekurs Toma).

175. Maggetti, Pietro, Schmied, von Brione s./M. Der Sindaco erklärt, daß er ihn nicht kenne; der Rekurrent weiß nicht anzugeben, wo Maggetti wohne.

176--201. Bezüglich der Uebrigen^nichts Neues.

C. Betreffend die Gemeinde Minusio.

XXI. Mit Eingabe vom 29. Januar 1889 verlangten die Bürger Varozza, Vincenzo, di Gius. Antonio, Maggetti, Tomaso, fu Pietro, und Maggetti, Giuseppe, fu Pietro, beim Kommissär, in das Stimmregister aufgenommen zu werden.

871 Die Munizipalität erklärte sich einverstanden, vorausgesetzt, daß sie ihren Heimatschein bei der Munizipalität deponiren, und ebenso einen Ausweis darüber, daß sie im Besitze des Aktivbürgerrechtes seien.

Der Kommissär entschied mit Datum vom 13. Februar, mitgetheilt den 16. Februar: Da es die Pflicht der Petenten war, a. Z.

der Gemeindebehörde den Ausweis ihrer Identität und ihres Aktivbürgerrechtes zu leisten, was sie nicht gethan haben und man nicht einen Platz im Stimmregister jedem Hergelaufenen einräumen kann, sind sie nach dem Gemeindegesetz vom 13. Juni 1854, Art. 17 der Gemeindeordnung von Minusio und den Gesetzen vom 15. Juli 1880 und 3. Dezember 1888 abgewiesen.

Sie rekurrirten unterm 17. Februar an den Staatsrath, indem sie Folgendes ausführten : Die B r ü d e r M a g g e t t i sind in Minusio selbst geboren. Sie haben dort auf dem Stimmregister gestanden und gestimmt. Dort zahlen sie focatico und testatico, und mit keinen Steuern sind sie im Rückstand. Von Jugend auf sind sie hier gewesen und der Kommissär spricht von jedem Hergelaufeneu ! Ja wohl hat man Ankömmlinge aufgenommen, die Brüder Togni, die noch gar kein Domizil in Minusio haben und keine Steuern da bezahlen, und uns verweigert man die Eintragung. Die Munizipalität verlangt einen Heimatscliein, den kein Gesetz vorschreibt; gleichwohl haben die Rekurrenten das Verlangen schon am 9. erfüllt. Hat ein einziger von den Verzaskern, deren Eintragung in Gordola angeordnet wurde, ein einziger von den 54, die in Cugnasco eingeschrieben werden mußten, einen Heimatschein oder irgend einen Ausweis dafür beigebracht, daß er im Besitze des Aktivbürgerrechtes sei?

V a r o z z a ist schon seit 2 Jahren in Minusio.

Mit Datum vom 18. Februar schrieb die Munizipalität an die Brüder Maggetti: ,,Mit Bezug auf das Dekret des Kommissärs vom 13. dieses Monats theilen wir Euch mit, daß, wenn Ihr an den Staatsrath rekurriren wollt, wir Burer Eintragung in das Stimmregister für den 3. März keine Opposition mehr machen werden. a Der Staatsrath entschied unterm 26. Februar: Da das Dekret des Kommissärs den Rekurrenten am 16. des Monats mitgetheilt worden, und sie ihre Appellation erst am 19. eingereicht haben, sind sie gemäß Art. 6 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 wegen Verspätung abgewiesen.

Mit Eingabe vom 1. März rekurrirte hiegegen Maggetti, Tomaso, für sich und seine Streitgenossen an den Bundesrath.

872 XXII. Unterm 3. Februar verlangte Frizzi, Ambrogio, beim Regierungskommissär die E i n t r a g u n g folgender Bürger: Bolognini, Pietro, Angestellter der Gotthardbalm.

Gianoni, Alberto, von Brione s./M., seit circa 3 Jahren mit seiner Familie ia Minusio.

Decarli, .Vincenzo, nach mehrjährigem Aufenthalt im Kanton Waadt am 1. Dezember nach Minusio zurückgekehrt, zeigte noch am gleichen 1. Dezember der Munizipalität seine Rückkehr an.

Seascighini, Domenico, di Pietro, hat alle Steuern bezahlt, bestreitet aber eine Miethzinsforderung der Gemeinde.

Biondina, Battista, di Nicodemo, von Brione, in Minusio geboren, jetzt im Ausland.

Ferner B. Löscher und R. Weber, die nicht weiter in Frage kommen.

Dagegen verlangte er die S t r e i c h u n g der Brüder Togni, Innocente und Filippo, welche nicht in Minusio domizilirt seien, erst seit 2 Monaten da wohnen und keine Steuern da bezahlen.

Der Kommissär entschied: Da die Munizipalität die gemachten Angaben, mit Ausnahme derjenigen, welche Lüscher und Weber betreffen, bestreitet und beweist, daß die Betreffenden entweder mit Steuern im Rückstände oder nicht in Miüusio doniizalirt sind, die Brüder Togni aber ihr Domizil seit mehr als 3 Monaten daselbst haben, so wird das Begehren, soweit es nicht Weber und Lüscher betrifft, abgewiesen.

Das Dekret ist vom 13. Februar datirt und dem Rekurrenten am 16. mitgetheilt worden.

Am 18. rekurrirte Frizzi an den Staatsrath. In seinem Rekurs führte er Folgendes aus: Gianoni, Alberto, übernachtet fast immer in Minusio, wo er Frau und Kinder hat und alle Steuern bezahlt. Die Munizipalität von Locamo hat ihn nicht eintragen wollen, weil er nicht in Locarno steure und in Minusio domizilirt sei, und der Kommissär gibt ihr mit Dekret vom 13. dieses Monats Recht. Nun behauptet die Munizipalität von Minusio das Gegentheil, und der Kommissär fiodet, daß auch sie Recht habe. So ist Giauoui ganz in Ordnung mit seinen Steuern, kann aber doch nicht stimmen.

Decarli, Vincenzo, anerbietet Zeugen dafür, daß er schon am 2. Dezember, nicht erst am 7., zurückgekehrt sei.

Seascighini, Domenico. Die Zahlung seiner Steuern wurde der Munizipalität mit Brief vom 7. Februar 1889 anerboten; die Munizipalität lehnte die Zahlung ab und stellte noch eine Miethzins-

873 forderuüg. Es wird bestritten, daß er von der Gemeinde Minusio unterstützt worden sei.

Biondina, Battista, hat immer mit seiner Familie hier gewohnt, sein Vater zahlt hier seine Steuern, hier war sein letztes Domizil.

Togni, Brüder, stehen auf dem Stimmregister ihrer Gemeinde Brione-Verzasea, halten als Bauern sieh nur zeitweise hier auf.

Am 18. rekurrirte Frizzi an den Slaatsralh; eingereicht wurde der Rekurs am 19. desselben Monats. Der Staatsrath erklärte ihn für verspätet. Mit Schreiben vom 1. März wandte sich Frizzi an den Bundesrath und wiederholte seine dem Staatsrathe eingereichte!!

Begehren.

XXIII. Mit Datum vom 3. März gingen dem Bundesrathe zwei Erklärungen ein von Bürgern, welche angabeu, sie seien ungerechter Weise vom Siimmrecht, ausgeschlossen worden, und würden, wenn zugebissen, für die Kandidaten Dr. Alfr. Pioda, Rusca, Franchino, Balli, Attilio, uud Frizzi, Ambrogio, gestimmt haben.

Diese Bürger sind : J. Stucki, Gärtner bei R. Simen.

Magetti, Tomnso, fu Pietro.

Russoni (?), Fedele (zeichnet mit f).

Magetti, Giuseppe, fu Pietro.

Gianoni, Alberto, di Ignazio.

Scascighini, Domenico.

XXIV. Mit Rekurs vom 22. Februar verlangte R. Simen beim Slauisrathe, daß im Stimmregister von Minusio e i n g e t r a g e n werde : Stu"ki, Joh., aus Hern Ranton Bern, mit folgender Begründung: S t u c k i stulie seit 1. November 1887 in seinem Dienst und habe am 11. Januar 1088 l.iut Empfangsschein seinen Heimatschein bei der Munizipalität von Minusio in Verwahrung gegeben.

Der Staatsrath erklärt: Am 20. Februar benachrichtigte der Kegienmgskommissär Herrn Simen, daß ei1 sich mit dem Gesuche nic-ht hei'nsseu könne, weil dasselbe nicht gemäß den Vorschriften des A r t . 2, Gesetz vom 3. Dezember 18b8, eingereicht worden sei. Wenn man nun auch noci) darüber wegkommen wollte, so könnte Slucki gleichwohl nicht eingetragen werden , weil er die vierjährige Niederlassungskarte nicht hat, von deren Datum arj erst die drei Monate zu laufen beginnen, welche die Bundesverfassung JBuudeshlatt. 43. Jahrg. Bd. III.

58

874

und das Gesetz vom 15. Juli 1880 für den Erwerb des Domizils verlangt.

Somit Abweisung des Rekurses.

XXV. Die Untersuchung des Bundesdelegirten> hat im Weiteren Folgendes ergeben: 202. V arozza, Vino.

203--204. Maggetti, Tomaso und Giuseppe.

Der Sindaco anerkennt, daß diese Drei einfach vergessen worden sind und daß der verlangte Heimatscluiin wirklich eingereicht worden war, nur von Varozza habe er keinen solchen erhalten.

205--206. Togui, Filippo und Innocente, von Brione-Verzasca, wohnen acht Monate im Jahr iu Minusio und vier Monate in der Verzasca, haben bis dahin in Brione-Verzasca gestimmt, haben die Familie in Minusio.

207. Giannoni, Alberto, Postkondukteur von Brione s./M., übernachtet in Locamo, hat aber seine Familie in Minusio, « tir bis jetzt nirgends im Stimmregister eingeschrieben, zahlt, aber seine Steuern in Minusio.

208. Decarli, Vincenzo, von Minusio, seit 1877 im Kanton Wandt, kehrte Anfangs Dezember 1888 nach Minusio zurück, zahlt daselbst keine Steuern.

209. Scascighini, Dom., Bauer, von Minusio, hat seit, vier Jahren keine Steuern mehr bezahlt. Rekurrent Frizzi erklärt, er habe sich bereit erklärt, die Rückstände zu bezahlen mit Abxug dessen, was Herrn Scascighini als patrizio (aus dem Bilrgernutzungsgut) zukomme. Die Vertreter der Munizipalität anerkennen dies, erklären aber, daß sie darauf nicht haben eingehen können.

210. Biondina, Battista, Kaminfeger, von Brione, lebt seit vier bis fünf Jahren in Holland und kam einmal, 1883, zurück, seither nicht mehr. Seine Frau zahlt das testatico in Minusio, er selbst zahlt dort keine Steuern.

211--212. Bolognini und Rusconi erscheinen nicht in den Protokollen.

213. Stucki, von Großhöchstetten. Der Empfangschein für seinen Heimatschein liegt unter Nr. 84 A bei den Akten. Es ist aber versäumt worden, ihm die Niederlassungsbewilliguug auszustellen.

875 R. Simen berichtet in seinem Rekurs an den Bundesrath vom 22. Februar Folgendes (Act. 84 D) : Als er gesehen habe, daß der in seinem Dienst stehende Stucki nicht eingetragen war, habe er bei der Munizipalität von Minusio reklamirt. (Der Brief liegt unter A im Original und unter Nr. 84 in Abschrift bei den Akten und ist vom 3ü. Januar datirt.) ,,Sie ließ mir sagen, das sei offenbar ein Versehen, aber man könne nicht mehr an das Stirnmregister rühren ohne Auf'trag des Kommissärs. ,,Reklamiren Sie und man wird ihn eintragen. a Ich reklamirte somit gemäß dem GeseU : ich schrieb die Rekursschrift in Doppel und" gab das eine Exemplar der Munizipalität und das andere dem Kommissär. Das letztere habe ich selbst persönlich am 31. Januar in die Hand des Kommissärs gelegt und ihm dabei das Original des Empfangscheines, den die Munizipalität für Stucki's Heimatschein ausgestellt hatte, das ich ihm eigentlich nur zeigen wollte, überlassen. Er antwortete mir: ,,Wir werden die Gründe der Munizipalität hören und dann wird man sehen.a Ich wartete also ruhig eine Entscheidung ab, die ja nach dem Gesetze spätestens den 9. Februar erfolgen sollte.

Da immer nichts kam, ging ich endlich am 20. Februar selbst auf das Kommissariat und vernahm da nicht ohne Ueberraschung aus dem Munde des Kommissärs, daß er meinen Rekurs einfach auf die Seite gelegt habe, weil er die Adresse der Munizipalität trug.

Das war allerdings der Fall ; es war aber am Schlüsse gesagt, man gebe davon Abschrift dem Kommissär, damit er entscheide. Ich verlangte meine Akten mit einem schriftlichen Entscheide zurück und beschwerte mich am nächsten Tage beim Staatsrath. a Der Kommissär schrieb unterm 20. Februar an R. Simen (Act. C und 84 B), er könne sich mit der Sache nicht beschäftigen, weil das Begehren ja an die Munizipalität gerichtet sei, somit dem Art. 2 des Gesetzes vom 3. Dezember 1880 nicht entspreche.

D. Betreffend die Gemeinde Solduno.

XXVI. Mit Brief vom 28. Februar 1889 theilte die Mimizipalität dem 214. Colombi, Luigi, mit, daß sein am 27. Februar eingereichtes Begehren abgewiesen worden sei.

Mit Datum vom 4. März reichte Colombi dem ßundesrathe eine gedruckte, von ihm unterzeichnete Erklärung ein, dahin gehend, er habe an der Abstimmung theilnehmen wollen und sich bereit erklärt, die Steuerrückstände zu bezahlen, sei aber wegen Verspätung zurückgewiesen worden; er würde für die radikalen Kandidaten gestimmt haben.

. Im Protokoll des Delegirten erscheint Colombi nicht.

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E. Betreffend ditf Gemeinde Contra.

XXVII. Mit Eingabe vorn 3. März 1889 beschwerte sich beim Buodesrathe 215. Maffioretti, Edoardo, di Èrcole, von Brissago, darüber, daß er in Contra nicht auf dem Stimmregister stehe; suit 1887 sei er daselbst eingetragen gewesen, er zahle auch daselbst regelmäßig alle seine Steuern und gebe wenigstens alle Monate einmal dahin, um die Geschäfte der Firma Gebrüder Maffioretti zu überwachen. Erst heute au der Urne, als er habe stimmen wollen, habe er erfahren, daß er nicht im Stimmregister stehe; aus Italien zurückgekehrt, sehe er sich durch ein bloßes Versehen, sei es der Munizipalität von Contra oder einer andern, seines Stimmrechtes berauht, wogegen er protestire. Wenn zugelassen, würde er für Pioda, Alfr., Rusca, Franch., Balli, Attilio, Frizzi, Ambi1., gestimmt habeu, wofür er eine Stimmkarte beilegt.

Eine wörtlich gleichlautende Eingabe mit gleichlautendem Stimmzettel reichte am nämlichen Tage 218. Maffioretti, Èrcole, dem Bundesrathe ein.

Die Untersuchung des Bundesdelegirten ergab, daß die Beiden in Italien dotnizilirt sind, in Contra aber ein Geschäft besitzen, welches der Vater alle 14 Tage, der Sohn alle Monate besucht.

F. Betreffend den ganzen Wahlkreis Nr. XI, Locamo.

XXVIII. Laut dem Berichte der Wahlaktenprüfungskoramission des Großen Rathes vom 12. März 1889 [Protokolle des Großen Käthes Tessins, außerordentliche Sitzung März 1889, pag. 21) war das Ergebniß der Abstimmung für die Wahl der 4 Vertreter dieses Wahlkreises folgendes: Abgegebene Stimmzettel 798 Absolutes Mehr . . . 399 (sollte beißen 400) Gültige Stimmzettel . . 787 Es erhielten Stimmen: Advokat Volonterio, Gius. 480, gewählt.

Magoria, Luigi . . . . 469, ,, ScHzziga, Federico . . . 467, ,, Bianchi, Pietro . . . . 463, ,,

877

Balli, Attilio Rusca, Franchino . . .

Pioda, Alfredo . . . .

Frizzi, Ambrogio . . .

331.

318.

318.

308.

XXIX. Nachdem der Bundesdelegirte dem Staatsrathe die beim Bundesrathe eingegangenen Rekurse mitgetheilt hatte, antwortete der Staatsrath mit Schreiben vom 14. März 1889 Folgendes : Wir halten den Bundesrath für inkompetent, sich mit diesen Rekursen zu beschäftigen, von denen die meisten gegen unsere Entscheidungen, einige nicht einmal gegen ein Dekret eines Regierungskommissärs gerichtet sind. Unser vom Bundesrathe genehmigtes Gesetz vom 15. Juli 1880 über die Ausübung des Aktivbürgerreclites schreibt in Art. 8 vor, daß alle diese Ausübung betreffenden Fragen nach Vorschrift des Gesetzes über das Administrativverfahren vom 27. November 1863 zu behandeln seien. Nach diesem ist aber der Große Rath des Kantons die höchste Instanz, die nothwendig angerufen werden muß, bevor man sieh an die Bundesbehörden wenden kann. Keiner der Rekurse ist jedoch dem Großen liathe eingereicht worden, somit sind Entscheidungen des Staatsrathes rechtskräftig geworden. Wir tragen daher darauf an, daß der Bundesrath diese Rekurse wegen Inkompetenz von der Hand weise.

Das Gesetz vom 3. Dezember 1888 hat dasjenige von 1880 keineswegs aufgehoben. Das Alles muß um so mehr gelten für diejenigen Rekurse, welche Stimmrechtsfragen betreffen, über die nicht einmal der Staatsrath angerufen worden war. Im Uebrigen beziehen wir uns lediglieh auf unsere Entscheidungen.

Den wesentlichen' Inhalt dieser Erklärung wiederholte der Staatsrath nach Mittheilung weiterer Rekurse mit Brief vom 21.

desselben Monats.

XXX. Die Großrathswahlen vom 3. März 1889 im Kanton Tessin gaben außer der eidgenössischen Untersuchung über die Stimmrechtsverhältnisse auch Veranlassung zu einer eidgenössischen Kriminaluntersuchung, deren Folge eine Reihe von Anklagen waren wegen Wahlbestechung, Bestechungsversuch, Anstiftung zu falschem Zeugniß, u. dgl. Ein Urtheil über diese Anklagen ist zur Zeit noch nicht gefällt worden.

Die eidgenössische Intervention ist auch zum Gegenstand von Verhandlungen der Bundesversammlung geworden, die zur Zeit noch nicht beendigt sind.

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Während der Pendenz der obigen Rekurse wurde dem Staatsrathe des Kantons Tessin von der verfassungsmäßig vorausgesetzten Zahl von Aktivbürgern das Begehren um Revision der Kantonalverfassung eingereicht. In der Folge wurde diese Revision vorgenommen, eine neue Verfassung ausgearbeitet, vom Volke angenommen und von der Bundesversammlung in der Frühjahrssession 1891 genehmigt. Nach den Uebergangshestimmungen derselben bleibt jedoch der im Jahre 1889 gewählte Große Rath bis zum Ablauf seiner Amtsdauer in Funktion. Es ist daher über die Gültigkeit der diesfälligen Wahlen auch jetzt noch zu entscheiden.

Der B u n d e s r a t h zieht in E r w ä g u n g : 1. Was die Kompetenz des Bundesrathes zur Entscheidung der vorliegenden Rekurse betrifft, so ist vor Allem zu beachten, daß eine Reihe von Bürgern, deren Stimmrecht hier streitig ist, schweizerische Niedergelassene sind. Nach der Bundesverfassung, Art. 102, Ziff. 2, zusammengehalten mit Art. 113, ferner nach Art. 59, Ziff. 5, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 27. Juni 1874 ist die Entscheidung von Rekursen betreffend Rechte der Niedergelassenen, welche sich auf Art. 43 der Bundesverfassung stützen, Sache des Bundesrathes.

Der citirte Art. 43 bestimmt in Absatz 5, daß der niedergelassene Schweizerbür°;er in kantonalen Angelegenheiten das Stimmrecht nach O ~ O einer Niederlassung von 3 Monaten erwerbe. Da gerade dieses Stimmrecht den hierortigen Streitgegenstand bildet, so ist damit die Kompetenz des Bundesrathes begründet. Daß unter den niedergelassenen Schweizerbürgern des zitirten Art. 43 nicht nur die außurkantonalen, sondern auch die im Niederlassungskanton selbst verbürgei'teu zu verstehen sind, ist von den Bundesbehörden von jeher angenommen und festgehalten worden, vergleiche den Entscheid des Bundesrathes betreffend die Munizipal wählen vou Locamo vom 1. Mai 1887, Erwägung 1.

2. In Bezug auf die Anwendung des kantonalen Rechts bei kantonalen Wahlen ist Folgendes in Betracht zu ziehen : Den Kantonsbehörden gehört allerdings die Handhabung des kantonalen Rechts; sie haben dasselbe auszulegen und festzustellen.

Wenn aber in einem Gebiete, dessen Schutz der Bund übernommen hat, von den kantonalen Behörden bei gleichen Verhältnissen ungleiches Recht angewendet, das einmal festgestellte Recht nicht ·überall gleichmäßig
gehandhabt wird, so haben die davon betroffenen Bürger laut Art. 4 der Bundesverfassung das Recht, den Schutz des Bundes anzurufen, und der Bund hat die Aufgabe, die Kau-

879 tonsbehörde zur Handhabung des von ihr in gleichartigen Fällen festgestellten Rechtes zu verhalten. Es haben übrigens die Bundesbehürden auch für das kantonale Stimmrecht bindende Grundsätze aufgestellt, welche die Kantonsbehörden nicht mißachten dürfen (vergleiche Entscheid des Bundesrathes in Sachen Dürnten, Bundesblatt 1876, Bd. I, p. 437).

Nun wird von den Rekurrenten gerade das behauptet, daß die Gleichheit der Bürger durch die Entscheidungen der Munizipalitäten, des Regierungskommissärs und des Staatsrathes des Kantons Tessin verletzt worden sei, und ihre Beschwerden stützen sich gerade auf Art. 4 der Bundesverfassung und Art. 5 derselben, durch welchen der Bund die verfassungsmäßigen Rechte der Bürger gewährleistet.

Es ist also in der That die Aufgabe des Bundes, zu prüfen, ob die Beschwerden begründet sind oder nicht.

Und zwar fällt diese Prüfung in die Kompetenz des Bundesrathes, da laut Art. 102, Ziff. 2, der Bundesverfassung, zusammengehalten mit Art. 59, Ziff. 9, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 27. Juni 1874, Beschwerden gegen die Gültigkeit kantonaler Wahlen dem Entscheide des Bundesrathes unterliegen (vergleiche Entscheid betreffend Sessa, Bundeablatt 1875, Bd. IV, p. 429, bestätigt von der Bundesversammlung; betreffend Caneggio, Bundesblatt 1877, Bd. IV, p. 133, ebepfalls von der Bundesversammlung bestätigt), 3. Gegen die Behandlung dieser Angelegenheit durch den Bundesrath wendet nun aber der Staatsrath des Kantons Tessin vor Allem ein, daß von den Rekurrenten nicht alle kantonalen Instanzen durchlaufen worden seien, daß denselben vielmehr noch die Appellation gegen den Entscheid des Staatsrathes an den Großen Rath offen gestanden wäre, und daß daher nach feststehender eidgenössischer Praxis die Rekurrenten angebrachter Maßen abzuweisen seien.

Es ist richtig, daß der Bundesrath erklärt hat, daß nach konstanter Praxis die in Art. 59, Ziff. 9, des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vorgesehenen Beschwerden gegen die Gültigkeit kantonaler Wahlen erst dann beim Bundesrathe angehoben werden können, wenn die zuständigen kantonalen Behörden entschieden haben. So lehnte der Bundesrath seine Intervention auf «ine Beschwerde hin ab, welche dahin ging, daß die Regierung des Kantons Luzern die Kassation stattgefundener
Richterwahlen, bei ·denen die Kantonsverfassung verletzt worden sei, abgewiesen hatte, gestützt darauf, daß nach § 51 der Luzerner Verfassung über diesfällige Entscheide des Regierungsrathes die Besehwerdeführung an

880 den Großen Rath vorbehalten ist (Bundesbl. 1878, Bd. II, p. 496), und ebenso wurde entschieden in Sachen Gruyère am 15. Dezember 1881 (vergi. Entscheid i. S. Escholzmatt, Bundesbl. 1884, II, 760 ff.).

Die hier zur Anwendung kommenden Artikel 6 und 7 des tessinischen Gesetzes über das Verfahren in nicht streitigen Verwaltungssachen vom 27. November 1863 bestimmen ausdrücklich : ,,Gegen den Entscheid des Staatsrathes können die Parteien den .Rekurs an den Großen Rath ergreifen, der in seiner nächsten ordentlichen Sitzung zu entscheiden hat. Dieser Rekurs ist innerhalb der peremtorischen Frist von 15 Tagen von der Mittheilung des Entscheides der Regierung beim Regierungskommissär einzureichen, der ihn dem Staatsrath übermittelt."

Es steht fest, daß ein solcher Rekurs von den Rekurrenten nicht eingereicht worden ist.

^ 4. Allein der Bundesrath hat im Geschäftsberichte über das Jahr 1875, welcher von der Bundesversammlung genehmigt worden ist, hinwieder grundsätzlich erklärt, die Durchlaufung aller kantonalen Instanzen bilde nicht für alle Fälle eine Voraussetzung seiner Kompetenz. Er spricht sich nämlich daselbst folgendermassen aus (Bundesbl. 1876, Bd. II, p. 258): ,,Wir müssen darauf halten, daß die hohem kantonalen Behörden nicht ohne Weiteres umgangen werden. Wo es sich um Verletzung k a n t o n a l e r Verfassungsvorschriften handelt, müssen alle kantonalen Instanzen angerufen sein und entschieden haben, bevor ein Rekurs angenommen werden kann. Wenn es sich
Im vorliegenden Falle handelt es sich in der Thal, um eine Verletzung der Bundesverfassung.

Einige Rekurrenten haben die kantonalen Instanzen nicht ordnungsgemäß bis zur Kantonsregierung hinauf durchlaufen, und es rechtfertigt sich, diese von vorneherein von der Hand zu weisen, da gar nichts dafür vorliegt, daß dem Betreten dieses regelrechten Weges Schwierigkeiten in den Weg gelegt worden wären. Soweit

881 aber der Instanzenzug in der That bis zur obersten Administrativbehörde des Landes hinauf durchlaufen worden ist, würde eine solche Abweisung durchaus ungerechtfertigt erscheinen, sobald man bedenkt, daß der Staalsrath einen einzigen der vorliegenden Rekurse materiell untersucht hat, daß nach Art. 10 des Gesetzes vorn 27. November 1863 der Rekurs gegen den Entscheid des Staatsrathes die Exekution desselben weder unterbricht, noch aufhebt (non interrompono né sospendono), also nicht (ils ordentliches, sondern als außerordentliches Rechtsmittel erscheint, das hier gerade den von den Rekurrenten zunächst verfolgten Zweck, die Theilnahme oder den Ausschluß von flen bevorstehenden Wahlen zu erzielen, verfehlt haben würde, und daß es sich gerade um die Wahlen von Mitgliedern des Großen Rutiles handelte, welche zu der die Mehrheit desselben bildenden politischen Partei gehören.

5. Sobald man davon ausgeht, daß die Rekurrenten bis an den Staatsrath des Kantons gelangt sein müssen, bevor der Bundesrath über ihr Stinimrecht entscheiden kann, versteht sich von selbst, daß diese Anrufung der kantonalen Behörden gemäß den Bestimmungen der kantonalen Verfassung und Gesetze und innerhalb der von diesen augesetzten Fristen erfolgt sein muß, um eine Einmischung von Bundes wegen zu rechtfertigen ; denn sonst haben ja die kantonalen Behörden mit Fug und Recht die Rekurrenten zurückgewiesen. Da nun auch nicht ein einziger aller im Vorstehenden aufgezählten Rekurse sich findet, der vom Staatsraihe nicht aus formellen Gründen zurückgewiesen worden wäre, so muß vor Allem untersucht werden, ob diese so sehr auffallende Erscheinung in der That den Gesetzen entspricht oder nicht. Es sind dieser formellen Gründe (motivi d'ordine) -- außer wenigen Fällen, die im Folgenden besonders zu besprechen sind -- zweierlei, nämlich : a. Verspätung, und b. der umstand, daß der Rekurrent das appellirte Dekret des Regierungskommissärs seiner Appellation nicht beigelegt hat.

6. Was die V e r s p ä t u n g betrifft, so bestimmt Art. 4 des Gesetzes über die Abfassung der Stimmregister für die periodische Wahl des Großen Ratbes vorn 8. Dezember 1888 Folgendes: ,,Gegen den Entscheid des Kommissärs steht innerhalb drei Tagen von der Mittheilung an die Appellation an den Staatsrath offen, welchem die Gegenparteien ihre Bemerkungen innerhalb
dreier Tage einreichen können.1'11 Es fragt sich nun, wie diese Appellationsfrist von drei Tagen zu berechnen ist. Das Gesetz selbst sagt hierüber lediglieh in Art. 10: ,,Die in diesem Gesetz bestimmten Fristen sind ununter-

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brochene (sogenanntes tempus continuum)". Das Gesetz vom 15.

Juli 1880 über die Ausübung des Aktivbürgerrechts enthält gar keine direkte Bestimmung hierüber. Dagegen sagt dasselbe in Art. 8, daß alle Fragen betreffend seine Anwendung gemäß dem Gesetze über das Administrativverfahren vom 27. November 18(53 zu behandeln seien. In diesem letzleren Gesetze spricht Art. 2 vom Rekurs an den Staatsrath, und Art. 12 lautet: ,,Die Fristen dieses Gesetzes sind tempus continuum, ohne Ausschluß der Festtage; jedoch werden iu die Frist weder der Tag der Zustellung noch derjenige des Ablaufes mit eingerechnet (non computandosi però nel termine uè quello dell'intimazione né quello della scadenza).

Danach ist also nicht nur der Tag der Zustellung der Verfügung des Kommissärs, sondern auch derjenige der Einreichung der Rekursschrift an die Munizipalität zu Händen des Staatsrathes nicht mitzurechnen. Wenn dem gegenüber in den Dekreten des Staatsrathes betont wird, daß das Gesetz ausdrücklich sage ,, i n n e r t drei Tagen" (entro tre giorni), so kann dieser Umstand hiegegen nicht ins Gewicht fallen; denn auch das zitirte Gesetz vom 27.

November 1863 selbst, welches bestimmt, daß die Fristen in der angegebenen Weise berechnet werden sollen, bedient sich für deren Bezeichnung des nämlichen Ausdruckes (so art. l § l : entro 10 giorni ; art. 2: entro giorni quindici dalla comunicazione; art. 7: entro il perentorio termine di 15 giorni), der eben nur sagen will ,,vor Ablauf der Frist". Noch weniger gerechtfertigt aber und kaum zu begreifen ist die Argumentation der Dekrete des Staatsrathes, daß der Gesetzgeber iu der Frist von drei Tagen beide Tage, den der Insinuation des appellirten Entscheides und den der Einreichung der Appellationsschrift, mit Inbegriffen haben müsse, weil er, wenn er etwas Anderes gewollt hätte, das gesagt haben würde, wie in dem Gesetz von 1863; denn der Staatsrath erklärt ja selbst mit Recht, das Gesetz vorn Jahre 1880 siebe noch in Kraft, und dieses verweist ja gerade auf jenes von 1863. Uebrigens wenn das nicht der Fall wäre, so dürfte daraus gewiß nicht geschlossen werden, daß nun gerade das Gegentheil gelte. Berechnet doch auch das schweizerische Obligationenrecht Art. 88, das gemeine Recht Deutschlands, der Codice di Proc. Civ. Ital. art. 43, wie das Gesetz von 1863 bei Fristen den Tag
der Zustellung nicht, und sagt doch das tessinische Civilprozeßgesetz iu Art. 567 ausdrücklich, daß in die Fristen weder der Tag der Zustellung noch derjenige des Auslaufes der Frist einzurechnen sei.

7. Eine Anzahl Rekurse sind vorn Staatsrathe deswegen ohne Weiteres abgewiesen worden, weil denselben das appellirte Dekret

883 nicht beigelegt war. Nun ist klar, daß ordnungsgemäß ein solches Dekret stets der Appellationsschrift beigelegt werdeu sollte; allein es fragt sich, ob in der That die Unterlassung dieser Beilegung die Ungültigkeit des ganzen Rechtsmittels zur Folge haben könne, und, wenn ja, ob sie die Ungültigkeit immer zur Folge habe.

Der Staatsrath selbst beruft sich dabei nicht auf eine gesetzliche Bestimmung. Das Gesetz vom 3. Dezember 1888 spricht sich hierüber nicht aus; ebensowenig dasjenige vom 15. Juli 1880 und dasjenige vom 27. November 1863. Unter diesen Umständen erscheint es als durchaus unzulässig, an jene Unterlassung eine so weit gehende Folge zu knüpfen, zumal es ja für den Staatsrath ein Leichtes gewesen wäre, sich von dem Kommissär oder der Munizipalität das Dekret zu verschaffen. Daß der Gesetzgeber das nicht gewollt hat, ergibt sich wohl auch schon daraus, daß nach Art. 3 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 das Dekret des Kommissärs nur dem Petenten und der Munizipalität mitgetheilt werden muß, dagegen eine Mittheilung an diejenigen Bürger, welche nach dem Begehren des Ersteren gestrichen worden sind und nun an den S t a a t s r a t h g e l a n g e n m ü s s e n , wenn sie ihr Stimmrecht behalten wollen, gar nicht vorgeschrieben ist. Der Staatsrath scheint das auch selbst gefühlt zu haben; denn er hat keineswegs in allen Fällen einfach den Rekurs als dahingefallen erklärt, sondern ist ganz verschieden vorgegangen, hat bisweilen bei den Rekurrenten das fehlende Dekret reklamirt, bisweilen ihnen auch für dessen Einreichung eine pererntorische Frist angesetzt unter der Androhung, daß sonst der Rekurs als dahingefallen erklärt würde. Handgreiflich ungerecht aber war diese Abweisung dann, wenn der Rekurrent ausdrücklich erklärt hatte, daß er gar kein solches Dekret erhalten habe. Wenu der Staatsrath, der sich in seinen Dekreten um dieses Vorbringen einfach nicht kümmert, es nicht glauben wollte, hatte er doch wenigstens die Pflicht, die Munizipalität zu einem Berichte hierüber aufzufordern. Indessen ergibt sich in den vorliegenden Fällen schon aus dea vorhandenen Akten, daß jene Angabe der Rekurrenten in der That wahr ist; denn es sind die Briefe eingelegt worden, durch welche die Munizipalität ihnen von ihrer Streichung Kenntniß gab, und darin steht nichts von der Mittheilung einer Abschrift
des Dekretes, ja es ist vielfach das geradezu Absurde vorgekommen, daß dem Bürger nicht einmal mitgetheilt wurde, warum er gestrichen worden sei.

8. Bei dieser Sachlage muß in der That auf die eingereichten Rekurse gegen staatsräthliehe Dekrete eingetreten werden, soweit sie nicht nach der ia Erwägung 6 aufgestellten Norm als verspätet erscheinen. Es mag freilich eingewendet werden, daß

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damit der Bundesrath auf das Materielle der Sache eintrete, während ein materieller Entscheid der Vorinstanz, des Staatsrathes, noch gar nicht vorliege; allein dieser Unistand kann die Prüfung durch den Bundesrath nicht hindern ; es genügt, wenn der Staatsrath in gehöriger Weise angerufen worden ist; daß er dann nur Einen der Rekurse materiell behandelt hat und über die andern 215 Stimmrechte mit allerlei, zum Theil, wie sich zeigen wird, ganz unzweifelhaft unhaltbaren, formellen Wendungen hinweggeschritten ist, das kann offenbar das Prüfungsrecht des Bundesrathes nicht beeinträchtigen. Von jenen materiellen Gründen der Ausschließung eines Bürgers vom Stimmrechte sind es zwei, die beständig wiederkehren, und welche daher hier vor dem Eintreten in die einzelnen Rekurse grundsätzlich zu behandeln sich rechtfertigt: a. das Fehlen des Domizils in der Gemeinde ; b. Rückstand mit den Steuerzahlungen.

9. Was die Frage des Domizils betrifft, so kann als solches nur derjenige Ort angesehen werden, an welchem der Bürger thatsächlich wohnt. Weder die Bundesverfassung noch die tessinischen Gesetze berechtigen zu der Ansicht, daß ein fiktives Domizil anzunehmen sei. Diese Ansicht müßte auch zu großer Unsicherheit und unter Umständen weitläufigen Untersuchungen führen. Nur das Eine ist zuzugestehen, daß, da bei einem Wechsel des Domizils das Stimmrecht am neuen Niederlassungsorte erst nach Ablauf von drei Monaten erworben ist, der Bürger aber nicht unterdessen lediglieli dieses Wechsels wegen seines Aktivbürgerrechtes beraubt sein kann, während dieser Zeit noch sein Stimmrecht am alten Domizil fortdauern muß. Dagegen ist die Ansicht zu verwerfen, daß der im Auslande befindliche Tessiner Burger, der seinen heimatlichen Wohnsitz aufgegeben hat, noch ein politisches Domizil an seinem Heimatorte habe; im Gegentheil hat das Gesetz vom 15. Juli 1880 grundsätzlich gerade im Gegensatz, zum Heimatorte den Ort des Domizils für ans politische Stimmrecht maßgebend erklärt.

10. Betreffend den Rückstand mit Steuern fällt Folgendes in Betracht : Art. 4 des tessinischen Gesetzes über die Ausübung des Aktivbürgerrechtes sagt: ,,Ausgeschlossen von der Ausübung des Aktivbürgerrechtes ist: e. Wer seit zwei Jahren die Kantons- und die Gemeindesteuern nicht bezahlt.

,,Diese Ausschließungsgründe hören mit ihrer Beseitigung auf zu wirken."

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Danach ist klar, daß ein Bürger nicht ausgeschlossen werden kann wegen des Rückstandes von Steuern nur eines Jahres, oder wegen des Rückstandes nur eines Theils der Steuern für die zwei letzten Jahre.

Auch kann von einem Rückstande dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Steuerforderung verjährt ist, was mit dem Ablauf von 5 Jahren der Fall ist. Es kann sich also bei diesem Ausschließungsgrunde nur um Rückstände aus den letzten 5 Jahren handeln.

* Es ist ferner die Frage, wie es sich verhalte mit denjenigen Bürgern, die gar nicht um Zahlung ihrer Steuern angegangen worden sind. Dabei ist zu beachten, daß in den tessinischen Gemeinden nicht, wie anderwärts, jedem einzelnen Steuerpflichtigen ein Steuerzettel in's Haus geschickt zu werden scheint, sondern lediglich eine öffentliche Aufforderung, die Steuern zu bestimmter Zeit beim Einnehmer zu bezahlen, erlassen wird. Man kann also wohl daraus schließen, daß eben jeder Steuerpflichtige, welcher dieser Aufforderung nicht Folge leistet, unter Art. 4, lit. e, falle. Aliein bei näherem Zusehen erscheint dieser Schluß doch bedenklich.

Es ist ja leicht möglich, daß ein Aktivbürger gar nicht weiß, oder nicht daran denkt, daß er steuerpflichtig sei, meint, daß er schon bezahlt habe, oder daß ein Anderer für ihn bezahlt habe, oder sogar mit Recht sich für nicht steuerpflichtig hält, während die Gemeindebehörde ihn unter die Pflichtigen aufgenommen hat; hieran aber ohne Weiteres die so weit gehende Folge des Entzuges des Aktivbürgerrechtes zu knüpfen, erscheint nicht als gerechtfertigt. Zahlt Jemand nicht, während er auf dem Steuerregister steht, so ist es wahrhaftig nicht zu viel verlangt, daß er eine spezielle Aufforderung zur Zahlung erhalte, bevor min ihn seines Stimm rechtes verlustig erklärt; das Gegentheil würde einer Gemeindebehörde von politischer Parteifarbe das Mittel an die Hand geben, bei einem Wähler von der Gegenpartei zur Nichtzahlung der Steuer einfach fein stillzuschweigen, um ihn dann nachher unversehens seines Wahlrechtes zu berauhen, und schon der Schein eines solchen Manövers ist zu vermeiden. Der Bundesrath kann daher die Auslegung des Gesetzes, wonach es einer erfolglosen Aufforderung an den Rückständigen, die Steuer zu bezahlen, gar nicht bedürfte, um ihn des Aktivbürgerrechtes zu berauben, nicht theilen. Vollends kann von einem
Entzuge des Aktivbürgerrechtes, wenn der Bürger gar nicht auf dem Steuerregister erscheint, also von ihm auch nicht einmal durch das öffentliche Register eine Steuer verlangt worden ist, keine Rede sein.

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11. Da der angeführte Art. 4 bestimmt, daß mit der Beseitigung eines Ausschließungsgrundes auch seine Wirkung aufhöre, so wird der Aktivbürger mit dem Momente, in welchem er die Rückstände von zwei Jahren bezahlt, stimmberechtigt. Allein, damit ist noch nicht gesagt, daß er nun sofort schon an der unmittelbar darauf folgenden Abstimmung theilnehmen könne; vielmehr müssen in seiner Person auch außerdem alle diejenigen Requisite erfüllt sein, welche das Gesetz für die Theilnahme an einer Wahl aufstellt, und zu diesen Requisiten gehört vor A l l e m , daß der Betreffende auf Anordnung einer der kompetenten Behörden in das öffentliche Stimmregister aufgenommen worden sei. Daraus folgt ohne Weiteres, daß alle Diejenigen, welche erst zur Abstimmung mit den Rückständen in der Hand erschienen, und gegen deren Entrichtung zur Wahl zugelassen zu werden verlangten, mit Recht zurückgewiesen worden sind.

Es fragt sich ferner, ob die Munizipalität auch noch nach Ausstellung des Stimmregisters Recht und Pflicht gehabt habe, einen Aktivbürger, der seine Rückstände bezahlte, in das Stimmregister aufzunehmen. Diese Frage ist zu verneinen.

Wenn auch ernste Zweifel darüber bestehen, ob das Gesetz; vom 3. Dezember 1888 rechtsbeständig sei, weil es die Genehmigung des Bundes nicht erhalten hat, so will und kann der Bundesrath doch den kantonalen Behörden nicht verwehren, eine Praxis zu befolgen, die mit den Vorschriften jenes Gesetzes in einem Spezialpunkte übereinstimmt, da das vom Bundesrathe genehmigte Gesetz von 1880 über diesen Punkt schweigt und die eingeschlagene Praxis mit dem Inhalte dieses Gesetzes nicht in Widerspruch steht.

Nur daran muß der Bundesrath festhalten, daß die Praxis der kantonalen Behörden allen Bürgern gegenüber die gleiche sei. Nun verbietet Art. 7 des Gesetzes vom 3. Dezember 1888 den Munizipalitäten durchaus, nach Publikation des Stimmregisters von sich aus irgend welche Modifikationen an denselben anzubringen ; nach Art. 2 daselbst kann das Begehren um Aufnahme in das Stimmregister nach der Publikation nur noch beim Regieringskommissar gestellt werden.

Nach den Großrathsverhandlungen, welche bei der Berathung dieses Gesetzes gepflogen worden sind, ging die Tendenz des Gesetzgebers offenbar dahin, das Stimmregister von seiner Ausstellung an unabhängig zu machen von jeder Verfügung der
Munizipalität, und Aenderungen derselben, wie sie gerade in Locamo im Jahre 1887 noch sogar am Wahltage selbst vorgekommen waren, durchaus auszuschließen. Darnach ist zweifellos, daß die Munizipalität auch gegen Zahlung der Rückstände nach Ausstellung des Stimm-

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registers nicht mehr im Stande ist, von sich aus den Zahlenden in das Stimmregister aufzunehmen.

Eine andere Frage ist, ob der Kommissär die Aufnahme eines solchen nachträglich Zahlenden noch verfügen kann, vorausgesetzt, daß die Zahlung und der Rekurs an ihn innerhalb der in Art. 2 hierfür angesetzten Frist von 15 Tagen seit Publikation des Stimmregisters eingereicht wird; denn nachher ist gemäß ausdrücklicher Bestimmung dieses Artikels keine Reklamation dieser Art mehr zuläßig.

Diese Frage muß bejaht werden. Der Grundsatz des Gesetzes ist nicht etwa der, daß durchaus derjenige Thatbestand maßgebend sein soll, welcher im Momente der Publikation des Stimmregisters vorhanden ist; vielmehr bestimmt Art. l, § l, desselben ausdrücklich, daß auch diejenigen Bürger aufgenommen werden sollen, welche noch n a c h dieser Publikation und bis zum Tage der Abstimmung entweder volljährig werden oder die vorgeschriebenen drei Monate des Domizils vollenden. Im Zweifel ist aber auch hier zu Gunsten der Aufnahme in das Stimmregister zu entscheiden.

Wenn nun während dieser Frist ein Gesuch um Aufnahme gegen Zahlung der Rückstände an eine Munizipalität gerichtet wurde, so konnte nach dem Gesagten diese nicht von sich aus entsprechen; dagegen war es ein Gebot des Auslandes, daß sie den Petenten nicht einfach abwies oder gar im Ungewissen über den Erfolg seines Gesuches ließ, sondern ihn vielmehr an die kompetente Behörde, den Kommissär, verwies. Indessen kann, weun sie das nicht gethan hat, eine rechtliehe Folge zu seinen Gunsten durchaus nicht gezogen werden, da eine förmliche Rechtspflicht der Gemeinde, so zu handeln, nicht bestand.

Aus dem Vorstehenden darf nicht etwa gefolgert werden, daß Rückstände auch noch während der Frist der Appellation an den Staatsrath rnit dem Erfolge des Stimmrechtserwerbes haben bezahlt werden können, denn dieses ausdrücklich als Appellation bezeichnete, innert der kurzen Frist von 3 Tagen zu ergreifende Rechtsmittel hat lediglich den Zweck, entscheiden zu lassen, ob der Kommissär gestützt auf den ihm vorgelegten Thatbestand richtig entschieden habe oder nicht, und das ist offenbar auch der Sinn des Rekurses an den Großen Rath. Freilich setzt dies voraus, daß dem durch das Dekret des Kommissärs betroffenen Bürger auch die Gründe des über ihn getroffenen Entscheides mitgetheilt werden,
was nicht in allen vorliegenden Fällen geschehen ist.

Da nun bei den vorliegenden Wahlen gesetzesgemäß die Publikation der Stimmregister am 22. Januar stattgefunden hat, so konnte

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noch durch Eingabe vom 7. Februar an den Kommissär unter Geltendmachung der Quittungen für die bezahlten Steuerrückständ die Aufnahme in das Stimmregister verlangt werden, später nicht mehr.

12. Was zunächst den Rekurs des Dr. Mariotti, betreffend 1. Decarli, genannt Plozer, angeht, so hat der Staatsrath noch "nicht angegeben, auf welche Thatsachen gestützt er diesen Rekurs abgewiesen habe. Aus den Akten geht hervor, dal» dem Dr. Mariotti das Dekret des Kommissärs am 16. Februar mitgetheilt worden ist, und daß er seine Rekursschrift am 18. Februar der Munizipalität zu Händen des Staatsrathes eingereicht hat, also am zweiten Tage nachher, zu einer Zeit, da selbst nach der unrichtigen Theorie des Staatsrat hos ( i i c dreitägige Frist nicht verstrichen war. Es ist daher diese Abweisung nichts Anderes als eine schlecht bemäntelte Rechts Verweigerung und eine Ungleichheit der Behandlung des Rekurses gegenüber allen andern, in denen der Staatsrath seiner Pflicht und dem Gesetze gemäß gehandelt hat.

Aber auch schon der Kommissär hatte das Begehren um Aufnahme Decarli's lediglich aus einem formellen Grunde abgewiesen, aus dem nämlich, daß dasselbe nicht der richtigen Person abgegeben worden sei. Auch diese Abweisung ist nichts Anderes als eine Rechtsverweigerung und dami eine Pflichtverletzung. Es ist zugestanden, daß der Rekurs gehörig dem Weibel (usciere), einer mit öffentlichem Glauben versehenen Amtsperson, übergehen und von diesem in der Kanzlei der Munizipalität abgegeben worden ist. Mehr kann vom Bürger nicht verlangt werden, und es ist wohl zu begreifen, daß der Rekurrent über die unqualifizirbare Entgegnung der Munizipalität, es sei nur der Vizesekretär dagewesen, entrüstet ist, eine Widerlegung verdient eine solch trölerhafte Entgegnung einer Behörde in der That nicht.

Es muß also materiell auf die Beschwerde eingetreten werden. Nach dem in Erwägung 10 Gesagten ist die Behauptung der Munizipalität, Decatli habe vor vielen Jahren seine Steuern nicht bezahlt, unerheblich; eine Steuer für die letzten 2 Jahre ist von ihm nicht verlangt worden, nach den Ausführungen des Rekurrenten mit Recht; indessen kommt darauf nichts an, er ist mit solchen Steuern jedenfalls nicht im Rückstände. Damit fällt der einzige von der Behörde gegen Plozer geltend gemachte Aussschliessungsgrund ; die nachträgliche Eingabe Volouterio's,1 welche etwas unbeo stimmt die neue Behauptung aufstellt, Decartli sei nicht handlungsfähig, ist nicht zu beachten.

889 Somit ist der Rekurs g u t z u h e i ß e n und Decarli in das Stimmregister a u f z u n e h m e n .

13. Der Staatsrath wies den Rekurs der Bürger Paul Suter und Pedro Nessi wegen Verspätung ab. Dieser Rekurs wurde am 20. Februar eingereicht und ist gegen eia am 16. desselbeu Monals den Rekurrenten mitgetheiltes Dekret gerichtet und somit gemäß Erwägung 6 in Wirklichkeit nicht verspätet. Uebrigens hat Suter erst den 18. Februar Mittheilung von seiner Streichung erhalten, und bestand also in Wirklichkeit nicht einmal ein Vorwand, seinen Rekurs als verspätet zu erklären. Ferner hat. die Munizipalität ·eingewendet, der Rekurs müsse auch deßwegeu abgewiesen werden, weil derselbe der Munizipalität und nicht dem Bürger Lotti mitgetheilt worden sei. Allein auch diese Entgegnung ist nichts als ·eine Trölerei, \vie sie sich kaum eine andere Behörde der Schweiz würde zu Schulden kommen lassen. Suter hatte von der Munizipalität die Mittheilung erhalten, daß er gestrichen sei, nicht, auf wessen Antrag; er konnte daher das Doppel der Rekurssuhrift gar nicht Jemandem anders als der Munizipalität einreichen. Als sein Gegner, gegen den der Rekurs gerichtet ist, war auch in der That der Kommissär zu betrachten, und zu seinen Händen mußte der Rekurs der Munizipalität eingereicht werden, so ist es auch in allen andern Fällen, auch von der Munizipalität selbst, gehalten worden.

In materieller Hinsicht ergibt sich: 2. Suter, Paul. Die Behauptung, daß er keine Aufenthaltskarte besitze, war ein Irrthum, und damit fällt der einzige Grund seiner Ausschließung dahin. Der Rekurs ist gutzuheißen, Suter e i n z u t r a g e n .

3. Nessi, Pietro. Da ev die Steuern für 1887 bezahlt hatte, war seine Ausschließung wegen Nichtzahlung von Steuern unbegründet; er ist ei n z u t r a g en.

4. Bottata, Virginie. Es ist unbestritten, daß er seit, seinem 17. Lebensjahre im Auslande wohnt; der Rekurs gegen seine Eintragung ist also begründet und er ist wieder zu s t r e i c h e n .

5. Pellnnda, Pietro Alb. Da er nicht auf dem Stimmregister steht, ist er auch nicht mit Steuern im Rückstände; das Begehren seiner Streichung also u n b e g r ü n d e t .

6. Respini, Locamo erklärt, haben.

tragung

Geremia. Der Rekurs gegen seine Eintragung in ist dadurch gegenstandslos geworden, daß Kespini nicht in Locamo, sondern in Cevio gestimmt zu Es ist übrigens ohne Weiteres klar, daß seine Einauf zwei Stirn m régi s lern zugleich gesetzwidrig war.

Bundesblatt. 43. Jahrg. Bd. III.

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890 14. Der Staatsrath wies den Rekurs von 0. Boletti betreffend Brüder Balli wegen Verspätung ab; auch dieser Rekurs ist aber wie der vorige rechtzeitig der Behörde übergeben worden.

Es ist ferner behauptet worden, daß ihr Ausschluß vom Stimmregister von Locamo rea judicata sei. Dies ist schon deßwegen nicht zutreffend, weil ja gegen das betreffende Dekret des Staatsrathes Rekurs an den Bundesrath ergriffen worden war, über welchen erst im Jahre 1891 entschieden wurde; es trifft aber auch deßwegeu nicht zu, weil es sich in dem früheren Dekrete des Staatsrathes um die Munizipalitätswahlen von 1887, dieses Mal aber um die Großrathswahlen von 1889 handelte; es hat zudem die Gesetzgebung betreffend die Wahlen unterdessen geändert.

Was nun aber das Materielle der Sache betrifft, so erscheint nicht als von den Rekurrenten nachgewiesen, daß die Familie Balli iu der That in Locamo und nicht in Muralto Orselina domizilirt sei. Die Verlegung des Domizils der Familie nach Orselina im Jahr 1876 ist nicht bestritten worden; und wenn dieselbe uun auch seither einen größeren Theil des Winters in Locamo zubringt, so ist damit doch ein jeweiliges Zurückverlegen des Domizils in die Stadt noch nicht bewiesen, zumal nicht behauptet wird,
15. Die Rekurrenten Giovanelli und Bonetti sind vom Stantsrathe abgewiesen worden, weil sie das Dekret des Regierungakommissärs, das ihnen gar nicht zugestellt worden war, nicht eingereicht hatten. Dies ist schon oben in Erwägung 7 als unstatthaft erklärt worden.

Die Munizipalität hat auch ihnen gegenüber erklärt, daß sie das Doppel des Rekurses nicht ihr, sondern einem Bianchetti hätten zustellen sollen. Diesfalls gilt jedoch ganz das oben in Erwägung 13 Gesagte.

In materieller Beziehung ist zu sagen: 9. Giovanelli. Sein Ausschluß wegen vorhandener Steuerrückhtände war nach den eingereichten Steuerquittungen unbegründet, er ist also e i n z u t r a g e n .

10. Bonetti. Hier gilt das Nämliche; die Behörde hat nicht einmal bestimmte Angaben darüber gemacht, mit weMieu Steuern dieser Bürger im Rückstände sei, er ist e i n z u t r a g e n .

891 16. Der Rekurs von 11. Rusca, Prospero, 12. Buffi, Giovanni, 13. Arnoldi, Giuseppe, betrifft drei eidgenössische Angestellte in Luino. Was Rusca angeht, so hat er sein väterliches Haus und seine Familie, Eltern und Brüder in Locarno, und bei der Nähe von Luino und der leichten Verbindung mit diesem Ort darf wohl gesagt werden, daß er dort nur zur Ausübung seines Berufes sich aufhalte, sein wahres Domizil aber in Locamo habe.

Das Nämliche trifft auch mit Buffi zu, dessen Haushaltung in Locarno sieh befindet.

Dagegen kann das Nämliche nicht von Arnoldi gesagt werden, der eben nur Liegenschaften, keine Familie in Locarno hat. Sein Domizil ist also in Luino anzunehmen. Es ist freilieh hart, den Schweizerbürger, den sein Amt jenseits der Grenze festhält, deswegen der Ausübung seines Stimmrechtes zu berauben; und eine Reihe von Gemeinden an andern Grenzen der Schweiz, haben auch kein Bedenken getragen, solchen Schweizern in ihrer Gemarkung Stimmrecht einzuräumen; wenn aber eine Gemeinde aus irgend welchen Gründen oder Vorwänden dies nicht thun will, so hat, der Bundesrath kein Mittel in der Hand, sie dazu zu zwingen, so lange nicht ein eidgenössisches Gesetz solchen eidgenössischen Beamten ein Stimmrecht zusichert. Selbstverständlich liegt aber wieder in dem Umstände, daß die einen dieser Grenzbeamten im nämlichen Kanton bei denselben Wahlen zugelassen, die andern abgewiesen worden sind, eine Verletzung der von der Bundesverfassung garantirten Rechtsgleichheit. Ob Arooldi vor seinem Domizil in Luino in einer andern Gemeinde des Kantons domizilirt war oder nicht, ist nach Erwägung 9 durchaus gleichgültig.

Es hätte sich fragen können, ob Rusca und Buffi etwa wegen rückständiger Steuern hätten ausgeschlossen werden dürfen, allein nach der Erklärung von Volonterio ist dies nicht geschehen, die Dekrete enthalten nichts davon, und es ist daher hierorts darauf nicht einzutreten.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß der Rekurs betreffend Rusca und Buffi begründet ist, dieselben also e i n z u t r a g e n sind, dagegen der Rekurs betreffend Arnoldi unbegründet.

17. Der Rekurs von 0. Boletti betreffend die Eintragung einer Reihe und die Streichung einer andern Reihe von Bürgern ist dem Staatsrathe am 19. Februar eingereicht worden, gerichtet

892 gegen eine am 16. mitgetheilte Verfügung des Kommissärs; seine Abweisung wegen Verspätung geschah also mit Unrecht.

14. Giacometti. Wenn ein Steuerrückstund desselben überhaupt vorhanden ist, so beschlägt er jedenfalls nicht die sätnmtlichen Steuern von zwei Jahren. Der Bürger ist also e i n zutragen.

15--18. Righini, Martignoni, Tonwsetti haben nicht den gesetzlich vorgeschriebenen iQstanzen/.uij bis zum Staatsrath durchlaufen, ihre Beschwerde kann dalier hierorts nicht berücksichtigt werden. Uebrigens würde auch ihre Bereitschaft, noch vor der Wahl ihre Steuerrüukstände zu bezahlet), uai'h do m in Erwägung 11 Gesagteu verspätet gewesen sein.

19 -- 21. Grigolli. Dieser eidgenössische Zolleinuehuier in JMiicagno sammt seinen beiden Sühnen kann aus dun oben in Erwägung 16 zu Arnold! angegebenen Gründen nicht aufgenommen werden.

22. Guardo. Diesfalls gilt das zu Nr. 15--18 Gesagte.

23--25. Barassi und Balestra. Eine Begründung des Begehrens um ihre Aufnahme liegt nicht vor, sie kann daher uiehl verfügt werden.

26. Pessina Abelardo. Die amtlichen Dekrete gehen keinen Grund seines Ausschlusses an;i nach dem naclitriü>liclieu n Briefe von Volonterio liegt der Grund darin, daß er einen Theil der Steuern nicht bezahlt hat. Da nieht gesagt wird, daß er mit allen Steuern von 2 Jahren im Rückstände sei, ist er a u f z u n e h m e n . Der Bericht der Munizipalität gibt an, daß er immer sich geweigert hnbe, die Gemeindesteuern y,u bezahlen; die Ötaatssteuer seheint er also bezahlt zu haben.

27. und 28. Balli, Luciano und Benedetto. Siehe vorn Nr. 7.

29. Barboni hat keinen Nachweis für seine Behauptung geli-isti'l, daß er in Ascona uirht anf dem Sliinmri'gisler stehe unii in Locamo domiüilirt sei; der Beweis hierfür würde ubi'r ihm gegenüber dem amtlichen Zeugniß der Behörde obgelegen haben. Er ist daher abzuweisen.

30. Biscara. Das Begehren seiner Streichung ist nicht begründet worden.

31--33. Pedrazzi. Da von den Rekurrenten selbst behauptet wird, daß sie am 3. März nicht in Locamo, sondern in der Verzasca gestimmt haben, so ist mit Bezuü; auf sie der Rekurs gegenstandslos geworden. Im Uebrigen rnti» dic.sfalls auf die Rekurse betreffend die Wahl iu Gordohi verwiesen werden.

893 34. Gnesa. Die' behaupteten Steuerrückstände aus frühern Jahren sind nach dem iu Erwägung 10 Gesagten unerheblich, das Begehren seiner Streichung ist demnach nicht begründet.

35. Trolli. Das Begehren seiner Streichung ist nicht begründet worden.

36 und 37. Consolaselo, Vater und Sohn. Da sie die von ihnen verlangten Steuern bezahlt haben, können sie nicht wegen Rückständen aus früherer Zeit gestrichen werden.

38 und 39. Bizzozero und Franzoni haben ihre Steuern vor dem 7. Februar bezahlt und auch schon am 5. desselben Monats ihre Eintragung beim Kommissär verlangt; laut Erwägung 11 war dies früh genug, und sie sind daher e i n zutragen.

40 und 41. Zwei Mantegazza können Mangels Domizils in der Gemeinde nicht aufgenommen werden.

42 und 43. Zwei Nessi ebenso.

44. Perpellini, Giov. Ein Beweis, daß er schon drei Monate vor dem 3. März in Locamo domizilirt gewesen sei, ist nicht geleistet.

45 und 46. Quattrini und Righetti sind Mangels Domizils nicht aufzunehmen.

47. Roggero, Franc. Da schon durch Eingabe vom 5. Februar seine Eintragung beim Kommissär verlangt wurde, wird nicht mit Recht gesagt, daß er zur Zeit dieses Begehrens nicht mehr habe aufgenommen werden können. Es ist unbestritten, daß er in Locamo domizilirt war; dahin kehrte er immer wieder zurück, ein Domizil hat er anderswo nicht aufgeschlagen, er ist daher noch e i n z u t r a g e n .

48. Sciaroni. Mangels Domizils nicht aufzutragen.

49. Marazzi. Für ihn gilt das zu 38 und 39 Gesagte. E i n z u tragen.

50. Balli, Ettore, vgl. zu Nr. 7.

51--54. Cattaneo. Wie zu Nr. 47. E i n z u t r a g e n .

55. Chiesa, Cost. Ebenso. E i n z u t r a g e n .

56 und 57. Bustelli, Gius, und Ere. Ebenso. E i n z u t r a g e n .

58. Bustelli, Felice. Mangels Domizils nicht aufzunehmen.

59. Bustelli, Costantino. Ebenso.

60. Decarli, Giov., Schuster. Gleich Nr. 49. E i n z u t r a g e n .

894 61. Carminé. Ist jedenfalls nicht mit sämmtlichen Steuern der letzten 2 Jahre im Rückstand, darum e i n z u t r a g e n .

62 und 63. Ferriroli, Vater und Sohn. Auf die nachträgliche Eingabe von Volonterio kann keine Rücksicht genommen werden. Sie haben noch rechtzeitig bezahlt und sind darum einzutragen.

64 und 65. Giugni. Gleich Nr. 49. E i n z u t r a g e n .

66. Guglielmoni. Gleich Nr. 62 und 63. E i n z u t r a g e n .

67--70. Gobbi, Maggi, Mazzola, Pioda. Gleich Nr. 49. Einzutragen.

71. Pioda, Giuseppe. Wenn dieser Mann nur als Arbeiter (Maurer) von Hause fort war und auf den Winter wieder heimkehrte, so ist er wohl als einer jener periodischen Auswanderer zu betrachten, welche durch ihre Abwesenheit ihr Domi/il in der Heimat nicht verlieren, und somit e i n z u t r a g e n , ohne daß es darauf ankommt, ob er vor oder nach dem 3. Dezember wieder heimgekehrt sei.

72--76. Paganetti, Simona, Capitaneo = Nr. 49. E i n z u t r a g e n .

77. Bezzola, Modesto. Da er seine ganze Gescbäftst.hätigkeit in Locamo hat, so würde leicht anzunehmen sein, daß er daselbst sein Domizil habe; allein da er unverheirathet ist, außer seinen Geschäftstagen bei seinen Eltern in Comologno lebt und in der Verhandlung unbestritten geblieben ist, daß er dort auch seine Steuern bezahle und gestimmt habe, so ist doch eher anzunehmen, daß er dort domizilirt sei, und er ist daher in Locamo nicht einzutragen.

78. Chiesa, Rocco. Es liegt nichts dafür vor, daß er iu Locamo, dem Orte seiner Amtsthätigkeit, auch domizilirt sei. Also nicht einzutragen.

79. Morgantini. Ein genügender Grund seines Ausschlusses liegt nicht vor. E i n z u t r a g e n .

80. Rusca, Franc. Das Begehren um seine Aufnahme ist nicht begründet worden.

81. Saglio nicht aufzunehmen Mangels dreimonatigen Domizils.

82 u. 83. Tenca, Brüder. Die bloß allgemeine Behauptung, daß sie mit ihren Steuern im Ruckstand seien, kann bei ihrer Behauptung, daß sie gar keine Aufforderung zu deren Zahlung erhalten haben, zu ihrem Ausschluß nicht genügen. E i n z u tragen.

895

84. Zennn. E i n z u t r a g e n .

85. Rossi. Es ist durch amtliches Zeugniß festgestellt, daß er in der That seit drei Monaten iu Locamo domizilirt war. Er ist daher e i n z u t r a g e n .

86. Fontana, Giosuè. Diesfalls ist der Rekurs gegenstandslos ge- worden, da Fontana in Caslano gestimmt hat. Es war dies übrigens auch in der That das Richtige.

87. Candolfi. Ein Beweis seines Domizils in Locamo ist nicht erbracht worden.

88. Bizzini. Ebenso.

89 u. 90. Ciseri, Brüder, sind nicht in Locamo domizilirt, daher zu s t r e i c h e n .

91--93. Franzoni, Brüder. Es ist nicht festgestellt, daß sie zwei Jahre gar keine Steuern zahlten ; das Begehren ihrer Streichung ist daher abzuweisen.

94. Barazzi. Ebenso.

95--97. Rossi, Pietro, und Pioda, Vater und Sohn. Für die Frage wann sie ihre Steuerrückstände bezahlt haben, ist lediglich das Datum des amtlichen Eintrages entscheidend ; nach diesem war es am 16. Februar, also zu spät. Allein Rossi war auch nur ein Jahr im Rückstand, und das genügt nicht dazu, ihn auszuschließen. Dagegen sind Pioda, Vater und Sohn, zu streichen.

98--101. Catti. Diese Leute sind unter allen Umständen nicht mit allen Steuern während zwei Jahren im Rückstand geblieben, und das Begehren ihrer Streichung ist daher abzuweisen.

102. Madonna. Ebenso.

103--104. Mella-Malvatti, Brüder. Sie haben nach dem Protokoll ihre Steuerrückstände erst am 1. Februar bezahlt und sind also, wenn diese Rückstände zwei Jahre bescblugen, am 22. Februar mit Unrecht aufgenommen worden. Immerhin erfolgte die Zahlung noch so früh, daß ihr Stimmrecht mit Erfolg vor dem Kommissär verfochten werden konnte, und darum ist das Begehren ihrer Streichung abzuweisen, nachdem nunmehr die Ungleichheit zwischen ihrer Behandlung und derjenigen so vieler anderer Steuerpflichtiger gehoben ist.

105. Mella-Malvatti, Giacomo, jedenfalls nicht mit den Steuern von zwei Jahren im Rückstand, daher nicht zu streichen.

106. Nessi, Paolo. Ebenso.

896 107 u. 108. Melini, zwei Verpacker. Dafür, daß ihr wahres Domizil das Verzaskathal ist, mag auf den gedruckten Bericht des Bundesdelegirten p. 69 ff. verwiesen werden. Sie sind also zu s t r e i c h e n .

109 u. 110 fallen weg.

111. Livio, Antonio. Es steht nicht fest, daß von ihm Steuern verlangt worden sind, die er nicht bezahlte; das Begehren seiner Streichung ist daher zu verwerfen.

112--114. Drei Adamina. Ebenso.

115 u. Hb. Imperatori, Luigi, und Fossati, Giov. Mar. Ebenso.

117. Giannini. Das Begehren seiner Streichung ist nicht begründet worden.

118. Gambetta. Ebenso.

119. Pedrazziui, G-ius., nicht in Locamo domizilirt, daher zu streichen.

120. Pedretti, Paolo, erscheint, wie Bezzola, nicht als in Locamo domizilirt, sondern bei seiner Familie in Brissago, daher zu s t r e i (· h e n.

121. Pedretti, Eliseo = 111.

Nicht zu streichen.

122. Pedretti, Giuseppe Eliseo. Da er sieh in Lugano nur als Student aufhält, hat er dort nicht sein Domizil, sondern dasjenige von Locamo behalten und ist daher hier nicht zu streichen.

123. Pedroja. Es liegt nichts dafür vor, daß er in Locamo, am Orte seiner Lehrthätigkeit, nicht auch domizilirt oder daß er mit verlangten Steuern im Rückstande geblieben sei. Er ist also nicht zu streichen.

124. Pedrazzini, Giov., Mangels Domizils zu s t r e i c h e n .

125 u. 126 fallen weg.

127 -- 133. Sieben Polizeisoldaten. Ihr wahres Domizil ist nicht der Ort, wo sie stationirt sind und von wo sie jeden Tag wieder abberufen werden können, sondern da, wo ihre Familie, der häusliche Herd, sich befindet, wohin sie daher auch immer wieder zurückkehren. Das stimmt auch überein mit der Praxis in andern Kantonen, z. B. im Kanton Zürich, und auch mit Entscheidungen des tessinischen Staatsrathes aus den Jahren 1868 und 1881 selbst. Sie sind daher zu streichen.

134--138. Seminaristen. Für diese gilt das Nämliche, wie für die Studenten : sie sind nicht an ihrem Studienorte domiälirt und daher hier zu s t r e i c h e n .

897 139 u. 140. Boccioloni noci Roggievo = 122, nicht zu streichen.

141. Ronchetti, Bernardo = 127--133, zu s t r e i c h e n .

142. Crivelli, ebenso zu s t r e i c h e n .

18. Die Eingabe der 46 Bürger an den Bundesrath, Fact. XI, kann nur bezüglich derjenigen Unterzeichner berücksichtigt werden, welche die kantonalen Instanzen bis zum Staatsrath durchlaufen haben und daher im Obigen schon behandelt sind ; dies ist nicht der Fall mit Bezug auf 143. Nicora, Giovanni.

144 u. 145. Righini.

146 --153. Martignoni, Tenca, Caprara, Somaini, Rusca, Franc., Scionini, Giulieri, Gingoni.

19. Die Appellation von Nicora, Beverino, und Streitgeuossen an den Staatsrath ist am 20. Februar eingereicht, das appelline Dekret des Kommissärs am 16. oder 17. desselben Monats ihnen zugestellt worden ; das Rechtsmittel war demnach nicht verspätet.

In materieller Beziehung fällt in Betracht : 154--156. Adamina, Pietro und Giacomo, und Passalli, Giuseppe.

Diese Drei gehören zu den periodischen Auswanderern, welche durch ihre jeweilige Abwesenheit ihr Domizil keineswegs verlieren, sondern am Orte, wo ihre Familien wohnen und wohin sie immer wieder zurückkehren, behalten. Diese drei Bürger sind also in der That in Orselina domizilirt und daher e i n z u t r a g e n .

157. Giovannoni, Celestino, ist jedenfalls nicht mit allen Steuern von zwei Jahren im Rückstand, daher e i n z u t r a g e n .

158--161. Diese Giovannoni sind nicht in Orselina domizilirt, daher nicht einzutragen.

162 u. 163. Nicora, Giuseppe, di Giovanni und Beverino, ebenso.

164 u. 165, Rossi, Pietro, und Sohn. Du der Sindaco erklasi, nicht zu wissen, welcher von ihnen sein testatico nicht bezahle, so kann er auch keinen vom Stimmregister ausschließen, sie sind daher e i n z u t r a g e n .

166. Balli, Ettore, hat als Student sein Domizil in Orselina behalten, ist daher e i n z u t r a g e n .

167. Balli, Luciano, ist gemäß dem zu Nr. 7 Gesagten in Orselina domizilirt und daher e i n z u t r a g e n . Der Staatsrath hätte ihn um so eher eintragen sollen, als Munizipalität und Kommissär seine Eintragung für gerechtfertigt erklären, erstere seine

898 Eintragung geradezu verlangt hatte. Von einer Verspätung konnte bei ihm vollends keine Rede sein, da er gleich am folgenden Tage nach erhaltener Mittheilung appellirte. Und nachdem der Kommissär die Angabe Balli's, daß er gar kein Dekret erlassen h;ibe, bestätigt hatte, war es in der That ein starkes Stück, Balli wegen Nichteinreichung des Dekretes abzuweisen und aar nicht auf die Sache einzutreten.

ö" 20. Die am 20. Februar dem Staatsrathe von Toma eingereichte Appellation gegen ein am 16. mitgetheiltes Dekret des Kommissärs war nicht verspätet, und es hätte daher der Staatsrath materiell darauf eintreten sollen. Die Bürger Sanf Ambrogio, Cotti, Nessi und wohl auch Devecis haben die Mittheilung ihrer Streichung erst am 20. Februar erhalten und schon am 22. dagegen appellirt; ihre Abweisung durch den Slaatsrath wegen Verspätung, weil schon ein Anderer verspätet ihre Eintragung verlangt habe, war daher mehr als sonderbar.

168. Sant' Ambrogio. Die Zahlung der Rückstände erst einige Tage vor der Abstimmung würde das Recht der Theilnahme an der Abstimmung nicht zu begründen vermögen. Es wird jedoch nur behauptet, daß der Mann mit den Steuern eines Jahres im Rückstand sei, und dies genügt nicht zu seiner Ausschließung. Er ist also e i n z u t r a g e n .

169. Cotti, Giorgio, hat keine spezielle Aufforderung, Steuern zu bezahlen, erhalten, und kann daher auch nicht wegen Rückstandes ausgeschlossen werden, er ist also e i n z u t r a g e n .

l'io. Nessi. Ist jedenfalls nicht mit allen Steuern während 2 Jahren im Rückstand,i also ei n z u t r äs; e n.

O 171. Devecis. Ebenso. E i n z u t r a g e n .

Die formelle Abweisung von Nessi und Devecis durch den Staatsrath wegen Nichteinreichung eines Dekretes ist nach dem oben Gesagten ungerechtfertigt.

172. Müller, Karl. Es steht nicht fest, daß er eine spezielle Aufforderung, Steuern zu bezahlen, erhalten und erfolglos gelassen habe. Er ist daher e i n z u t r a g e n .

173. Quattrini. Es wird nur der Rückstand mit den Steuern eines Jahres behauptet, der zur Ausschließung eines Bürgers nicht genügt. Er ist daher e i n z u t r a g e n .

174. Dr. Meuli-Hilty. Ebenso. E i n z u t r a g e n .

175. Maggetti. Eine Begründung des Begehrens seiner Eintragung ist nicht beiaebracht worden.

899 176. Nicora, Giuseppe Bern., fu Bart. Ist nicht im Rückstande mit den Steuern während 2 Jahren, daher e i n z u t r a g e n .

177. Adamina, Pietro Nat., ist e i n z u t r a g e n , da er nach dem Zeugniß der Munizipalität vor dem 3. März das Domizil von 3 Monaten vollendet.

178--201. Adamina, Giovannoni, Passali, Giac., Giulieri, Demartini, Tognalda, Rossi, Achille. Für ihre Berechtigung zur Theilnahme an der Wahl ist kein Ausweis geleistet worden.

21. Der Staatsrath anerkennt, daß die Bürger Varozza, Vincenzo, und Streitgenossen gegen ein ihnen am 16. Februar mitgetheiltes Dekret des Kommissärs am 19. desselben Monats Appellation eingereicht haben, weist aber gleichwohl die Appellation als verspätet ab. Das ist selbstverständlich ungerechtfertigt, und es muß materiell auf die Sache eingetreten werden.

202--204. Varozza und Maggetti, Tomaso und Giuseppe.

Es ist anerkannt, daß sie einfach gestrichen worden sind; es können auch in der That nicht von einem Kantonsbürger Ausweise" über sein Aktivbürgerrecht verlangt werden, die man von den andern nicht verlangt. Sie sind daher e i n zutragen.

22. Mit dem gleichen Unrecht hat der Staatsrath einen von Frizzi am 19. Februar ihm eingereichten Rekurs gegen ein am 16. mitgetheiltes Dekret wegen Verspätung abgewiesen, und es muß auch auf den Inhalt dieser Beschwerde materiell eingetreten werden.

205--206. Togni, Brüder. Ueber diese Verzasker ist das oben zu Melini und Pedrazzi Gesagte zu vergleichen. Sie sind demnach zu s t r e i c h e n .

207. Giannoni. Ist in Locamo mit Recht gestrichen worden, weil in der That in Minusio domizilirt, und daher hier e i n zutragen.

208. Decarli, Vincenzo, hat noch vor dem 3. März sein Smonatiges Domizil in Minusio vollendet, ist daher e i n z u t r a g e n .

209. Siascighini. Da einer Steuerforderung gegenüber eine Kompensation nicht erzwingbar ist, und die Munizipalität sieh weigerte, freiwillig eine solche vorzunehmen, wie die von Locamo es mit Bezug auf den Pompiersold gethan hat, so erschien Siascighini allerdings als im Rückstande befindlich.

Allein er hat noch rechtzeitig die Zahlung seiner Steuern anerboten, und sie ist ohne Grund zurückgewiesen worden. Er ist daher ei n z u t r a'g en. ·

900 210. Biondina. Ist nicht in Minusio domizilirt, daher nicht einzutragen.

211. Bologmni. Das Begehren um seine Aufnahme ist nicht begründet worden.

212. Russoni. Sein Begehren kann nicht behandelt werden, da er nicht an den Staatsrath gelangt ist.

23. Der Staatsrath hat den Rekurs des R. Simen betreffend Stucki sowohl aus einem formellen, als auch -- diesen allein von allen Rekursen des ganzen Wahlkreises -- uus einem materiellen Grunde abgewiesen. Als formeller Grund wird angegeben, daß das Gesuch dem Kommissär mit der Adresse der Munizipalität au der Spitze eingereicht worden ist. Allein diese Begründung ist eine trölerhafte. Denn da R. Simen selbst persönlich das Gesuch beim Kommissär abgegeben hatte, und am Fuße desselben ausdrücklich bemerkt war, daß zwei gleichlautende Doppel angefertigt worden seien, von denen das eine der Munizipalität, das andere dem Kommissär eingereicht werde, so konnte darüber, daß das diesem überreichte Exemplar in der That für ihn bestimmt sei, ehrlicher Weise ein Zweifel nicht vorhanden sein.

Als materieller Grund wird abgegeben, daß Stucki keine Niederlassungskarte habe, also auch noch nicht als seit 3 Monaten in Minusio domizilirt zu betrachten sei. Allein auch dieser Grund ist hinfällig, da Stucki seinen Heimatschein längst in der Gemeinde deponirt hat, und nicht dadurch seines Stimmrechtes beraubt werden kann, daß die Gemeindebehörde es pflichtwidrig versäumt hat, ihm die Niederlassungskarte auszustellen. Es ist daher 213. Stueki e i n z u t r a g e n .

2e. Die Rekurse betreifend die Wahlen in Solduno und Contra können hierorts nicht behandelt werden, weil die betreffenden Rekurrenten sich nicht vorher an den Staatsrath ihres Kantons gewendet haben.

25. Aus den vorhergehenden Erwägungen ergibt sich, daß in den Stimmregistern des Wahlkreises Locamo bezüglich der Wahlen vom 3. März 1889. folgende Aenderungen zu treffen waren: A. E i n t r a g u n g der Bürger Nr. l, 2, 3, 9, 10, 11. 12, 14, 26, 38, 39, 47, 49, 51, 52, 53, 54, 55, 56, 57, 60, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69. 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 79, 82, 83, 84, 85, 154, 155, 156, 157, 164, 165. 166, 167, 168, 169, 170, 171, 172, 173, 174, 176, 177, 202, 203, 204, 207, 208, 209, 213, zusammen 66 Bürger.

901

B. S t r e i c h u n g der Bürger Nr. 4, 89, 90, 96, 97, 107, 108, 119, 120, 124, 127, 128, 129, 130, 131, 132,133,134, 135, 136, 137, 138, 141, 142, 205, 206, zusammen 26 Bürger.

Durch die Theilnahme der einzutragenden und den Abzug der zu streichenden Bürger würde sich die Zahl der Stimmzettel auf 798 -4- 66 -- 26 = 838, das absolute Mehr auf 420 gestellt haben.

Nimmt man nun den für die Aufrechthaltung der getroffenen Wahlen ungünstigsten Fall an, nämlich den, daß die sämmtlichen zu streichenden Bürger für diejenigen Kandidaten gestimmt haben, welche die Mehrheit erhielten, die einzutragenden aber für diejenigen gestimmt haben würden, welche in Minderheit geblieben sind, so stellt sich da« Resultat folgendermaßen heraus : Gius. Volontario 480 -- 26 = 454.

Luigi Magoria 469 -- 26 = 443.

Federico Scazziga 467 -- 26 = 441.

Pietro Bianchi 463 -- 26 = 437.

Attilio Balli 331 -4- 66 = 397.

Franchino Rusca 318 -4- 66 = 384.

Alfredo Pioda 318 + 66 = 384.

Ambrogio Frizzi 308 + 66 = 374.

Es zeigt sich also, daß das Resultat der Wahl dadurch nicht geändert wird, dieselbe also nicht zu kassiren ist. Dagegen darf wohl dem Staatsrathe des Kantons Tessin gegenüber die Erwartung ausgesprochen werden, daß er in Zukunft die formelle Berechtigung der ihm eingereichten Rekurse sorgfältiger prüfen und in materieller Beziehung den oben aufgestellten Grundsätzen gemäß entscheiden werde.

D e m n a c h hat der Bundes r ath beschlossen: 1. Die eingegangenen Rekurse werden im Sinne der vorstehenden Erwägungen als erledigt erklärt.

2. Mittheilung an den Staatsrath des Kantons Tessin für sich und zu Händen der betheiligten Behörden und Bürger.

B e r n , den 18. Juni" 1891.

Im Namen des Schweiz Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Welti.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Riagier.

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Bundesrathsbeschluss über die Rekursbeschwerde betreffend die Großrathswahlen vom 3.

März 1889 im tessinischen Wahlkreise Locarno. (Vom 18. Juni 1891.)

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