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Bundesblatt 92. Jahrgang.

Bern, den 8. Januar 1940.

Band I.

Erscheint wöchentlich Preis 20 Franken im Jahr, 10 Franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Einführung des obligatorischen militärischen VorUnterrichts für die männliche Jugend vom 16. bis 20. Altersjahr.

(Vom 29. Dezember 1939.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Abänderung der Artikel 103 und 104 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation (Einführung des obligatorischen militärischen Vorunterrichts) zu unterbreiten.

Die Anfänge des Vorunterrichts.

Die Anfänge des Vorunterrichts bzw. der Vorbereitung der männlichen Jugend auf den Wehrdienst reichen in das Zeitalter der alten Eidgenossenschaft zurück. Das junge Staatswesen, das seine Unabhängigkeit fortwährend gegen mächtige Nachbarn zu verteidigen hatte, war sich von jeher der Bedeutung körperlicher Übungen zur Erhaltung und Förderung der Wehrhaftigkeit seiner Jungmannschaft wohl bewusst. Gemeindeweise wurden die Knaben von 8 bis 16 Jahren in den althergebrachten Leibesübungen, die hauptsächlich das Eingen, Laufen und Steinstossen umfassten, geübt. Vom 16. bis 18. Altersjahre erlernte der junge Eidgenosse in harter Schule die Handhabung des Langspiesses und die Disziplin in Eeih und Glied. Mit dem Aufkommen der Feuerwaffen trat die Pflege der Schiesskunst in den Vordergrund. Zuerst herrschte die Armbrust vor; später trat die Muskete hinzu. An den Freischiessen des 15. und 16. Jahrhunderts, mit denen auch Wettkämpfe in Leibesübungen verbunden waren, nahmen bewaffnete und eingeübte Knabenscharen teil. In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts scheint die Pflege der Waffenund Leibesübungen zurückgegangen zu sein, eine Erscheinung, die sich mit dem fortschreitenden Zerfall des schweizerischen Staatslebens immer mehr auswirkte. Wohl fehlte es in der Folgezeit nicht an weitblickenden Männern, Bundesblatt. 92. Jahrg.

Bd. I.

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welche die Pflege der Leibesübungen durch die Jugend und deren Vorbereitung auf den Wehrdienst immer wieder forderten; allein der Gedanke, dass neben der geistigen Ausbildung auch die körperliche Ertüchtigung und die militärische Schulung nicht vernachlässigt werden dürfe, kam erst in der Gründung der Kadettenkorps zum Durchbruch. Von 1787 bis heute zeigte das Kadettenwesen, das hauptsächlich in den Mittelschulen der Kantone und Gemeinden eine Heimstätte fand, trotz zeitweiser Eückschläge eine aufsteigende Entwicklung. Die Kadettenkorps als Träger vaterländischer Gesinnung und Förderer der Jugenderziehung im Dienste der Landesverteidigung können als Vorläufer des heutigen Vorunterrichts betrachtet werden; doch die Bedeutung einer das ganze Land und die gesamte männliche Jugend umfassenden Einrichtung ging ihnen ab. Eine solche wollte die Militärorganisation vom 13. November 1874 schaffen, die in Art. 81 die Kantone zur Durchführung des obligatorischen Vorunterrichts in folgenden 3 Stufen verpflichtete: a. -Das Schulturnen der' Knaben vom 10. Altersjahr an bis zum Schulaustritt.

6. Das Turnen zu spezieller Vorbereitung auf den Wehrdienst vom Schulaustritt bis zum 20. Altersjahr.

c. Die Schiessausbildung, die beiden letzten Jahrgänge der Stufe b umfassend.

Wir besassen somit schon einmal den obligatorischen Vorunterricht; doch wurden die gesetzlichen Bestimmungen tatsächlich nicht oder nur unvollständig durchgeführt. Die Selbständigkeit der Kantone im Schulwesen, die Verschiedenheit der Lebensverhältnisse und Anschauungen der Bevölkerung und namentlich die ungenügende turnerische Ausbildung und Eignung des Lehrpersonals der Volksschule waren dafür die Ursache. Der Bund hatte keine Befugnis, einheitliche Weisungen über den Turnunterricht zu erlassen und für ihre Befolgung zu sorgen.

Nur der obligatorische Turnunterricht der männlichen Jugend bis zum Schulaustritt wurde mehr oder weniger verwirklicht. Für die Durchführung de« Vorunterrichts von der Schulentlassung bis zum Eintritt in den Wehrdienst blieb der Bund auf die freiwillige Beteiligung und die Tätigkeit der Turn-, Schützen- und militärischen Vereine angewiesen. Zusammen mit der damaligen kriegsungenügenden Disziplin und Ausbildung der Armee förderte der damalige Vorunterricht naturgemäss den Kriegswert unseres Wehrwesens wenig oder gar
nicht und stand demgemäss sowohl in der öffentlichen Meinung wie in den Augen der militärischen Fachleute in keinem hohen Ansehen. Diese waren der Ansicht, die unseres Erachtens noch heute zutrifft, dass der Vorunterricht überhaupt nie eine zu kurze oder sonstwie ungenügende Ausbildung unserer Eekruten und Kader ersetzen wird. Die vordienstliche militärische Ausbildung kann im allgemeinen nur militärische Vorkenntnisse liefern, nicht aber die SchweizerJünglinge zu Soldaten erziehen, ja sie kann sogar falsche Bogriffe hierüber pflanzen. Jedenfalls verschaffte der missglückte Versuch

der Militärorganisation von 1874 dem Obligatorium des Vorunterrichtes keine Freunde unter denjenigen, denen die Kriegstüchtigkeit der Armee am Herzen lag.

Die Entwicklung des Vorunterrichtes seit der Militärorganisation von 1907.

1. Im Vorentwurf zur Militärorganisation vom 12. April 1907 wurde der obligatorische Vorunterricht im nachschulpflichtigen Alter vorgesehen.

Wer keinen genügenden Vorunterricht mitmachen konnte, sollte unmittelbar vor Beginn der Rekrutenschule einen Vorkurs von 15 Tagen absolvieren, um das Versäumte nach Möglichkeit nachzuholen.

Die Kosten wurden mit Fr. 800 000 jährlich veranschlagt (S. 130--187 des Vorentwurfes).

In der Militärorganisation von 1907 aber wurde das Obligatorium fallen gelassen, um nicht die Annahme des Gesetzes zu gefährden. Man beschränkte sich auf die Einführung der turnerischen Rekrutenprüfung und die vermehrte Unterstützung der freiwilligen Tätigkeit.

2. Mitten im Weltkrieg, im Jahre 1916, erfolgte seitens einer Reihe von Verbänden unter Führung des eidgenössischen Turnvereins ein weiterer Vorstoss für das Obligatorium, der aber zu keinem Erfolg führte.

3. Die gegenwärtig noch in Kraft bestehende Militärorganisation von 1907 hat das Obligatorium des Vorunterrichts im nachschulpflichtigen Alter nicht gebracht, wohl aber bietet sie dem Vorunterricht unter Verwertung der gemachten Erfahrungen eine festere Grundlage in folgenden Bestimmungen: Art. 102. Die Kantone sorgen dafür, dass die männliche Jugend im schulpflichtigen Alter Turnunterricht erhält. Dieser Unterricht wird durch Lehrer erteilt, welche die dazu nötige Ausbildung in den Lehrerbildungsanstalten und in vom Bunde zu veranstaltenden Turnlehrerkursen erhalten haben.

Dem Bunde steht die oberste Aufsicht über die Ausführung dieser Bestimmungen zu.

Art. 103. Der Bund unterstützt Vereine und Bestrebungen, die sich die körperliche Ausbildung und die Vorbildung der Jünglinge für den Wehrdienst nach dem Austritt aus der Schule zur Aufgabe machen.

Bei der Aushebung der Wehrpflichtigen findet über deren körperliche Leistungsfähigkeit eine Prüfung statt. Der Bund erlässt die Vorschriften über den vorbereitenden Turnunterricht. Er veranstaltet Vorturnerkurse.

Art. 104. Der Bund unterstützt ferner Vereine und Bestrebungen, die eine militärische Vorbildung der Jünglinge vor dem Eintritt in das
dienstpflichtige Alter bezwecken. Besonderes Gewicht boli dabei auf die Ausbildung im Schiessen gelegt werden. Der Bund liefert unentgeltlich Waffen, Munition und die nötige Ausrüstung. Der Bundesrat erlässt die bezüglichen Vorschriften.

Art. 147. Der Bundesrat erlässt die zur Vollziehung dieses Gesetzes notwendigen Verordnungen.

4. In Ausführung dieser Bestimmungen erliess der Bundesrat die Verordnung über den Vorunterricht vom 2. November 1909, später ergänzt durch die Verordnung über den Vorunterricht von 1915.

Die während des Weltkrieges und in den Nachkriegsjahren gemachten Erfahrungen führten zum Erlass der Verordnung und Vorschriften über den Vorunterricht vom 10. Juli 1928, die heute noch in Kraft bestehen und durch ihre straffere Erfassung der verfügbaren Kräfte und Mittel dem gesamten Vorünterrichtswesen zu einem merklichen Aufschwung verhelfen haben.

Die Verordnung von 1928 enthält in 4 Hauptabschnitten Vorschriften über : den Turnunterricht in der Schule (Art. 102 M. 0.), den Vorunterricht nach Ablauf der obligatorischen Schulzeit) Art. 103 und 104 M. 0.), die Militärversicherung, die Disziplin und Verantwortlichkeit.

Der Schulturnunterricht wurde gefördert durch den Erlass der eidgenössischen Turnschule für die körperliche Erziehung der Knaben vom 7. bis 15. Altersjahr, 1927, die Anleitung zur Erstellung und Ausstattung von Turn-, Spiel-, Sportplätzen und Turnhallen, 1931, die eidgenössischen Turnlehrerdiplome I und II, 1924 und 1936, die Inspektion des Turnunterrichtes in den Lehrerbildungsanstalten 1934/35, die Ausgestaltung der Turnlehrerkurse usw.

Der Vorunterricht nach Ablauf der obligatorischen Schulzeit, durchgeführt als turnerischer Vorunterricht (Art. 103 M. 0.), Kurse für Jungschützen (Art. 104 M. 0.) und b e w a f f n e t e r Vorunterricht (Art. 104 M. 0.), gewann an Bedeutung durch klare Zweckbestimmung, bessere Organisation, Aufstellung verbindlicher Arbeitsprogramme, gründlichere Ausbildung der Leiter, Steigerung der Anforderungen an Leiter und Schüler, intensivere Kontrolle.

Immerhin wurde bis zur Sistierung des bewaffneten Vorunterrichts im Jahre 1934 die Aufteilung des Vorunterrichtes in 3 Arten, die notgedrungen eino Zersplitterung der Kräfte und Mittel und gegenseitige Konkurrenzierung zur Folge hatte, als Nachteil empfunden. Der bewaffnete Vorunterricht ist seit 1934 verschwunden; turnerischer Vorunterricht und Jungschützenkurse ergänzen sich in vorteilhafter Weise und haben mit den Kadetten eine bedeutende Erhöhung der Beteiligungsziffern aufzuweisen.

Turnerischer Vorunterricht

1933 1998

Jungschlltzen

Kadetten (schiessende)

28734 17590 2840 40273 46976 4177 Zunahme 11539 29386 1337 Der bewaffnete Vorunterricht, der 1913 noch 14041 Teilnehmer aufwies, zählte 1933 bloss noch deren 8214 und ging somit um 5827 Mann zurück.

Für die Aufhebung des bewaffneten Vorunterrichts im Jahre 1934 waren finanzielle Gründe und die Erfahrung massgebend, dass auf dem Boden der

Freiwilligkeit nicht 3 Vorunterrichtsarten parallel nebeneinander arbeiten können, ohne sich gegenseitig zu konkurrenzieren und eine ungesunde Zersplitterung der Kräfte und Mittel hervorzurufen.

Seit der Aufhebung des bewaffneten Vorunterrichts gingen die führenden Verbände, eidgenössischer Turnverein und schweizerischer Schützenverein, mit verdoppeltem Eifer daran, den turnerischen Vorunterricht und das Jungschützenwesen zu vervollkommnen und auszubauen, da nunmehr, die erforderliche Zeit zur Verfügung stand und an Stelle der Konkurrenzierung eine freundschaftliche Zusammenarbeit und gegenseitige Ergänzung trat.

Ausser den vorerwähnten Verbänden befassen sich seit den letzten Jahren auch andere Vereinigungen- und Institutionen mit der Durchführung des turnerischen Vorunterrichts und der Jungschützenkurse.

Trotz dieses erfreulichen Aufschwunges der freiwilligen Vorunterrichtstätigkeit drängt sich heute die Frage der Einführung des Obligatoriums gebieterisch auf, wie aus den nachfolgenden Ausführungen hervorgeht.

Gründe und Voraussetzungen für die Einführung des obligatorischen militärischen Vorunterrichts.

1. Zwischen dem Ende der obligatorischen Schulzeit mit ihrem verbindlichen Turnunterricht und dem Eintritt des Jünglings in den Wehrdienst klafft zurzeit eine empfindliche Lücke. Wohl stellt der Bund die Mittel zur Verfügung, um auf dem Boden der Freiwilligkeit die Jünglinge im nachschulpflichtigen Alter auf den Wehrdienst vorzubereiten. Bei der Freiwilligkeit wird aber in dieser Periode der abschliessenden Entwicklung nur ein Teil der männlichen Jugend, die Elite, erfasst. Die alte Forderung einsichtiger vaterländischer Kreise, die Vorbereitung auf den Wehrdienst durch Einführung des obligatorischen Vorunterrichts auf die gesamte männliche Jugend auszudehnen, findet heute den Boden wohl vorbereitet für die Verwirklichung dieser Idee; denn die heutige militärpolitische Weltlage und das Beispiel der uns umgebenden Staaten haben den Wehrwillen unserer Jugend entfacht und weite Bevölkerungsschichten von der Notwendigkeit des obligatorischen militärischen Vorunterrichts überzeugt.

2. Die Eekrutenschule kann infolge der stets wachsenden Anforderungen, welche die neuzeitliche Technik mit ihrer Vervollkommnung und Spezialisierung der Waffen stellt, uns nur dann kriegstüchtige Mannschaft und Kader
liefern, wenn alle Eekruten bestmöglich vorbereitet einrücken. Man muss bei Beginn der Eekrutenschulen bei allen Eekruten einen bestimmten Ausbildungsstand voraussetzen und darauf aufbauen können. Diese Vorbildung vermag uns nur ein obligatorischer Vorunterricht zu liefern, der teilweise durch freiwillige Leiter erteilt wird, in seinem letzten wichtigsten, rein militärischen Vorunterricht aber durch dazu dienstlich verpflichtete Kader der Armee. Dieser letzte bewaffnete Vorunterricht hat den jungen Mann kurz vor dem Eintritt in den Wehrdienst körperlich zu trainieren, mit den

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Handfeuerwaffen und den Elementen der Schiesskunst vertraut zu machen, ihn geistig zu wecken, also den Wehrpflichtigen allseitig so vorzuschulen, dass er in die -Eekrutenschule einen durch Übung gestählten Körper und Willen, aufgeweckte Sinne und Gemeinschaftsgefühle mitbringt: 3. Die Einführung des obligatorischen Vorunterrichtes wird eine entsprechende Änderung der Militärorganisation von 1907 erfordern.

Der obligatorische Vorunterricht muss frei sein von jedem engherzigen Schema und die in mancher Hinsicht weit auseinandergehenden Verhältnisse und Bedürfnisse der verschiedenen Teile unseres vielgestaltigen Landes berücksichtigen. Er muss zweitens entsprechend den guten bisherigen Erfahrungen die tüchtigen verfügbaren Kräfte aller turnerisch-sportlichen und militärischen Verbände, sowie die Schule, zur Mitarbeit herbeiziehen.

Ferner muss eine Überlastung der jungen Leute von 16 bis 20 Jahren, die durch Beruf, Berufsschulen, Kirche und Vereine bereits stark beansprucht sind, tunlichst vermieden werden.

Der Entwurf zu einer «Verordnung über den obligatorischen militärischen Voranterricht» sucht alle diese Faktoren möglichst zu berücksichtigen, was durch die nachfolgende Übersicht veranschaulicht werden soll.

Programm für den obligatorischen militärischen Vorunterricht.

1. Der Turnunterricht in der Schule (Art. 102 M. 0. und Abschnitt I der Verordnung) ist wie bisher für die Knaben vom 7. bis 15. Altersjahr als obligatorisches Unterrichtsfach zu betreiben. Den gesetzlichen Bestimmungen ist überall da nachzukommen, wo dies noch nicht in vollem Umfange geschieht.

2. Im nachschulpflichtigen Alter hat der Schweizerjüngling zu bestehen (Art. 103 M. 0. und Abschnitt II der Verordnung) : a. Eine obligatorische T u r n p r ü f u n g im 15., 16. und 17. Altersj a h r , d.h. im Vorjahr vor Beginn eines obligatorischen Kurses des turnerischen Vorunterrichts.

Wer diese Prüfung besteht,, ist im folgenden Jahr vom Besuche des obligatorischen Turnkurses befreit.

Die Vorbereitung auf die Prüfung kann von Schulen, Turn- und Sportvereinen, Kadettenkorps, Pfadfinderabteilungen und ebenso durch private Betätigung vermittelt werden.

Die Turnprüfung der 19jährigen Stellungspflichtigen findet bei der Aushebung im Frühjahr statt.

b. Einen obligatorischen Kurs des turnerischen Vorunterrichts von jährlich 60 Stunden
im 16., 17. und 18. Altersjahr, wenn die Turnprüfung nicht abgelegt oder nicht bestanden wurde.

<;. Einen obligatorischen Jungschützenkurs im 17. und 18. Altersjahr von jährlich mindestens 6 Übungen zu 4 Stunden.

ä. Einen Militärvorkurs für den diensttauglich Befundenen im 19. Altersjahr von 80 Stunden.

Findet in erreichbarer Nähe kein Militärvorkurs statt, so tritt an dessen Stelle die Verpflichtung zur Teilnahme am turnerischen Vorunterricht und an einem Jungschützenkurs.

Zurückgestellte haben an Stelle des Militärvorkurses einen Kurs des turnerischen Vorunterrichts und einen Jungschutzenkurs zu bestehen bis zum Jahre, in dem sie militärdiensttauglich, hilfsdiensttauglich oder dienstuntauglich erklärt werden.

Die Turnprüfungen im 15., 16. und 17. Altersjahr werden hauptsächlich, wie die turnerische Eekrutenprüfung im 19. Altersjahr, aus leichtathletischen Übungen: Hantelheben, Kugelstossen, Weitsprung und Schnellauf bestehen, mit jährlich gesteigerten Anforderungen.

Für die Kurse des turnerischen Vorunterrichts und der Jungschützen können die bisherigen Arbeitsprogramme beibehalten werden.

Dagegen ist eine Umgestaltung des früheren bewaffneten Vorunterrichts in militärisch besser organisierte Militärvorkurse mit tüchtigen Kaders unumgänglich.

Alle erforderlichen Einzelheiten betreffend die Organisation und Durchführung der unter lit. a bis d hievor genannten Prüfungen und Kurse sind aus dem Entwurf zur neuen Verordnung und der nachfolgenden Kostenberechnung ersichtlich.

Die vorgeschlagene Neuordnung sucht den Jüngling möglichst zu entlasten und den Bedürfnissen der Schule, Kirche und Verbände entgegenzukommen.

Für das 15. Altersjahr wird bloss die Ablegung einer Turnprüfung verlangt; erst vom 16. Altersjahr an wird der Jüngling zum obligatorischen Vorunterricht verpflichtet. Die Vorbereitung auf die Turnprüfungen wird den Schulen und Vereinen und der privaten Initiative überlassen; bei der Durchführung der obligatorischen Turn- und Jungschützenkurse werden die verschiedenen Institutionen zur Mitarbeit herangezogen. Der Militärvorkurs umfasst nur die diensttauglich erklärten, physisch und geistig leistungsfähigen Neunzehnjährigen und ermöglicht unter Ausschaltung von Halbheit und Oberflächlichkeit eine unmittelbare wertvolle Vorbereitung auf die nachfolgende Eekrutenschule im 20. Altersjahr.

Die Durchführung des gesamten Vorunterrichtswesens erfordert die Mitarbeit der kantonalen Militärbehörden und ihrer Organe (Kreiskommandanten und Sektionschefs). Sie stellen die Verzeichnisse der Pflichtigen auf und kontrollieren die erfüllte Teilnahmepflicht.

Um die Neuorganisation des Vorunterrichts
zu erleichtern und das Budget des Bundes nicht auf'einmal voll zu belasten, wird eine stufenweise Einführung des Obligatoriums vorgesehen. Wie diese geplant ist, geht aus den nachfolgenden Ausführungen hervor.

Kostenberechnung und Einführungsmodus.

Wenn jedes Jahr durchschnittlich mit rund 36 000 Stellungspflichtigen, 25 000 Diensttauglichen und 3000 Zurückgestellten gerechnet wird, so ergeben sich folgende Teilnehmerziffern für den obligatorischen Vorunterricht: 1. Obligatorische Turnprüfungen: 15., 16. und 17. Jahr = 3 Jahrgänge X 36 000 = 108 000 Mann.

Es wird angenommen, dass bei der allerersten Turnprüfung rund 50 % und nachher jeweilen 70 % der Schüler die Prüfung bestehen werden, da diese sich rasch eingelebt haben wird.

2. Die obligatorischen Kurse für turnerischen Vorunterricht (kurz Turnkurse genannt) für das 16., 17. und 18. Altersjahr werden somit erstmals 50 %, nachher bloss noch 30 % der Schüler zu bestehen haben.

Die entsprechenden Teilnehmerziffern werden im 2. Einführungsjahr 50 % von 2 x 36 000 Mann = 36 000 Mann und vom 3. Einführungsjahr an 30 % von 3 Jahrgängen zu 36 000 Mann = 32 400 Mann betragen, da 75600 Schüler (70%) nach.erfolgreich bestandener Turnprüfung vom Besuch des obligatorischen Turnkurses dispensiert werden können.

3. Obligatorische Jungschützenkurse: 17. und 18. Jahr = 2 Jahrgänge X 36000 = 72 000 Mann.

4. Obligatorischer Militärvorkurs für die diensttauglich befundenen Neunzehnjährigen = 25 000 Mann.

5. Ersatzkurse f ü r den Militärvorkurs (gemäss Art. 21, Abs. 2 und 3, der Verordnung) = 3000 Mann.

6. Bis zur vollständigen Einführung des obligatorischen Vorunterrichts wird den nichtpflichtigen Jünglingen der betreffenden Jahrgänge gestattet werden müssen, freiwillig an den Kursen für turnerischen Vorünterricht und Jungschützen teilzunehmen, wobei mit 10 000 Turnern und 20 000 Jungschützen zu rechnen ist.

Durchschnittliche Auslagen pro Schüler und Jahr für die totalen Kurskosten (inbegriffen die Instruktionskurse für die Leiter).

1. Obligatorische T u r n p r ü f u n g e n : Prüfungsexperte und ärztliche Untersuchung: je Fr. l pro Schüler Fr. 2.-- 2. Entschädigung an Vereine für jeden ausgebildeten Schüler, der die Prüfung mit Erfolg bestanden hat » 4.-- 3. Obligatorische Kurse für turnerischen Vorunterricht: pro Schüler » 12.50 4. Obligatorische Jungschützenkurse . . . . pro Schüler » 11.-- 5. Obligatorische Militärvorkurse pro Schüler » 30.-- Die vorstehenden Durchschnittskosten bedeuten das Minimum, wenn der obligatorische Vorunterricht mit Erfolg durchgeführt werden soll.

Modus für die stufenweise Einführung des Obligatoriums.

I.Jahr 1940.

a. Obligatorische T u r n p r ü f u n g e n für das 15. und 16. Altersjahr im Spätherbst, Jahrgänge 1925 und 1924.

b. Freiwilliger turnerischer Vorunterricht und Jungschützenkurse gemäss Verordnung über den Vorunterricht 1928 und Bundesbudget 1940: 42000 Turner und 48 000 Jungschützen.

2. Jahr 1941.

a. Obligatorische T u r n p r ü f u n g e n für das 15., 16. und 17. Jahr, Jahrgänge 1926, 1925 und 1924.

b. Obligatorische Turnkurse für das 16. und 17. Jahr, Jahrgänge 1925 und 1924.

c. Obligatorischer Jungschützenkurs für das 17. Jahr, Jahrgang 1924.

d. Freiwilliger turnerischer Vorunterricht für das 18. und 19. Jahr, Jahrgänge 1923 und 1922.

e. Freiwillige Jungschützenkurse für das 18. und 19. Jahr, Jahrgänge 1923 und 1922.

3. Jahr 1942.

a. Obligatorische T u r n p r ü f u n g e n für das 15., 16. und 17. Jahr, Jahrgänge 1927, 1926 und 1925.

b. Obligatorische T u r n k u r s e für das 16., 17. und 18. Jahr, Jahrgänge 1926, 1925 und 1924.

c. Obligatorische Jungschützenkurse für das 17. und 18. Jahr, Jahrgänge 1925 und 1924.

d. Freiwilliger tur.nerischer Vorunterricht für das 19. Jahr, Jahrgang 1923.

e. Freiwillige Jungschützenkurse für das 19. Jahr, Jahrgang 1923.

4. Jahr 1943.

a. Obligatorische T u r n p r ü f u n g e n für das 15., 16. und 17. Jahr, Jahrgänge 1928, 1927 und 1926.

b. Obligatorische Turnkurse für das 16., 17. und 18. Jahr, Jahrgänge 1927, 1926 und 1925.

c. Obligatorische Jungschützenkurse für das 17. und 18. Jahr, Jahrgänge 1926 und 1925.

d. Obligatorischer M i l i t ä r v o r k u r s für das 19. Jahr (Diensttaugliche), Jahrgang 1924.

e. Obligatorischer T u r n k u r s und Jungschützenkurs für das 19. Jahr (Zurückgestellte), Jahrgang 1924.

10 Kosten der stuîenweisen Einführung des Obligatoriums.

I.Jahr 1940.

01. Obligatorische T u r n p r ü f u n g , 15., 16. Jahr: 2 x 36000 Mann zu Fr. 2 : Keine Entschädigung an Vereine für Vorbereitung der Prüf linge.

fr. Freiwilliger turnerischer Vorunterricht und Jungschützenkurse gemäss Verordnung 1928 und Budget 1940 (42000 Turner, 48000 Jungschützeh) 1. Jahr 2. Jahr 1941.

a. Obligatorische T u r n p r ü f u n g e n , 15., 16., 17. Jahr: 3 x 36 000 = 108 000 Mann X Fr. 2 b. Entschädigung an Vereine für ausgebildete Schüler mit erfolgreich bestandener Prüfung : 50 % von 108 000 Mann = 54000 X Fr. 4 c. Obligatorische Turnkurse, 16., 17. Jahr: 50% von 2 x 36 000 Mann = 36 000 X Fr. 12.50 d. Obligatorische Jungschützenkurse, 17. Jahr: 36 000 X Fr. 11 e. Freiwilliger turnerischer Vor Unterricht, 18., 19. Jahr: 10000 Mann x Fr. 12.50 /. Freiwillige Jungschützenkurse, 18., 19. Jahr: 20 000 Mann x Fr. 11 2. Jahr 3. Jahr 1942.

a. Obligatorische Turnprüfungen, 15., 16., 17. Jahr : 108 000 Mann X Fr. 2 &. Entschädigung an Vereine: 70% von 108000 Mann = 75 600 X Fr. 4 c. Obligatorische Turnkurse, 16., 17., 18. Jahr: 30 % von 108000 Mann = 32 400 x Fr. 12.50 d. Obligatorische Jungschützenkurse, 17., 18. Jahr: 72 000 Mann x Fr. 11 e. Freiwilliger turnerischer Vorunterricht, 19. Jahr: 10 000 Mann X Fr. 12.50 /. Freiwillige Jungschützenkurse, 19. Jahr: 20 000 Mann X Fr. 11 .'

3. Jahr

Fr.

144000

978000 l 122 000

216 000 216000 450000 396 000

125000 220 000 l 623 000

216 000 302 400

405000 792 000 125000 220 000 2 050 400

11 4. Jahr 1943.

a. Obligatorische Turnprüfungen, 15., 16., 17. Jahr: Fr.

108 000 Mann X Fr. 2 216 000 b. Entschädigung an Vereine: 70 % von 108000 Mann = 75 600 x Fr. 4 302 400 c. Obligatorische Turnkurse, 16., 17., 18. Jahr: 30% von 108000 Mann = 32 400 X Fr. 12.50 405000 d. Obligatorische Jungschützenkurse, 17., 18. Jahr: 72 000 Mann X Fr. 11 792 000 e. Obligatorischer Militärvorkurs, 19. Jahr: 25 000 Diensttaugliche X Fr. 30 750 000 /. Obligatorischer Turnkurs der Zurückgestellten: 3000Mann X Fr. 12.50 37500 g. Obligatorischer Jungschützenkurs der Z u r ü c k gestellten : 3000 Mann X Fr. 11 .

33000 4. Jahr 2 535 900 Mit dem 4. Jahr ist die Einführung des Obligatoriums vollzogen und setzt der Normalbetrieb ein, so dass die jährlichen Kosten für den obligatorischen militärischen Vorunterricht fortan rund 2% Millionen Franken betragen werden.

Teilrevision der Militärorganisation 1907.

Auf den bisherigen Artikeln 102, 103 und 104 der Militärorganisation von 1907 basiert die Unterstützung, die der Bund dem obligatorischen Schulturnunterricht, den Bestrebungen der Turn- und Sportverbände für die körperliche Ertüchtigung unseres Volkes und dem Vorunterricht zur Vorbereitung der Jünglinge auf den Wehrdienst angedeihen lässt.

Art. 102, den Schulturnunterricht betreffend, kann unverändert bestehen bleiben.

Dagegen bedürfen Art. 103 und 104 in Anpassung an die gegenwärtigen Verhältnisse und mit Eücksicht auf die beabsichtigte Neuordnung des Vorunterrichtswesens einer neuen Fassung und logischerweise einer Umstellung in der Reihenfolge.

Indem wir Sie bitten, dem nachstehenden Entwurf zu einem Bundesgesetz Ihre Genehmigung erteilen zu wollen, benützen wir den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 29. Dezember 1939.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident :

Etter.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

12 (Entwurf.)

Bnndesgesetz über

die Abänderung der Art. 103 und 104 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation.

(Einführung des obligatorischen militärischen Vorunterrichts.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 29. Dezember 1939, beschliesst :

Art. 1.

Die Art. 103 und 104 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation werden aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt : Art. 103. Der Bund sorgt in Verbindung mit den Kantonen dafür, dass jeder SchweizerJüngling vom 16. Altersjahr bis zum Eintritt in das dienstpflichtige Alter durch militärischen Vorunterricht auf den Wehrdienst vorbereitet wird.

Der militärische Vorunterricht umfasst folgende Kurse: a. den turnerischen Vorunterricht für das 16., 17. und 18. Altersjahr ; fe. die Kurse für Jungschützen für das 17. und 18. Altersjahr; c. den Militärvorkurs für die diensttauglich Befundenen des 19. Altersjahres.

Die Teilnahme am Jungschützen- und Militärvorkurs gemäss lit. Ta und c ist obligatorisch. Zur Teilnahme am turnerischen Vorunterricht gemäss lit. a sind nur jene Jünglinge verpflichtet, die sich an den alljährlich durchgeführten, obligatorischen Leistungsprüfungen nicht über die vorgeschriebenen Mindestleistungen auszuweisen vermögen.

Subalternoffiziere und Unteroffiziere des Auszuges sind verpflichtet, in den Militär Vorkursen denjenigen Unterricht zu erteilen, zu dem die eidgenössischen und kantonalen Militärbehörden sie auffordern.

Bei der Aushebung der Wehrpflichtigen findet über deren körperliche Leistungsfähigkeit eine Prüfung statt.

Art. 104. Der Bund unterstützt ferner Vereine und Bestrebungen, die sich im Interesse der Landesverteidigung die körperliche Ertüchtigung der Staatsangehörigen nach deren Entlassung aus der obligatorischen Schulpflicht zur Aufgabe machen.

Art. 2.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes und trifft die zu dessen Ausführung erforderlichen Anordnungen.

164J.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Einführung des obligatorischen militärischen Vorunterrichts für die männliche Jugend vom 16. bis 20.

Altersjahr. (Vom 29. Dezember 1939.)

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09.01.1940

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1-12

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