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Botschaft

7012

des

Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer neuen Konzession für die Forchbahn (Vom S.Dezember 1955)

Herr Präsident !

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen mit der vorhegenden Botschaft ;den Entwurf einer neuen Konzession für die Forchbahn zu unterbreiten.

L

Mit Beschluss vom 12. Juni 1908 erteilte die Bundesversammlung einem.

Initiativkomitee zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Strassenbahn von Zürich Eehalp ·über die Forch nach Egg bzw. Esslihgen (EAS 24,194). Mit Bundesbeschluss vom 1. November 1910 -wurde die Konzession in dem Sinne geändert, dass Zürich V statt Egg als Sitz der Gesellschaft bezeichnet wurde (EAS 26, 229). Am 29. Kovember 1912 konnte die Bahn dem Betrieb übergeben werden. Dieser wurde von Anfang an durch die Städtische Strassenbahn Zürich besorgt, welche auch bis auf den heutigen Tag ihre Geleise zur Verfügung stellt, damit die Züge.der Forchbahn in der Richtung auf die Stadt über Eehalp hinaus bis zur SBB-Station Zürich Stadelhofen fahren können: . , Die Konzession für die Forchbahn wurde auf eine Dauer von 50 Jahren erteilt und läuft am 30. Juni 1958 ab. Wenn die Bahngesellschaft schon heute die Erneuerung der Konzession nachsucht und wir Ihnen beantragen, diesem Begehren zu entsprechen, so liegt der Grund in folgendem: Wie die Bahngesellschaft in ihrem Gesuch vom 12.August 1955 ausführt, beabsichtigt der Kanton .Zürich, die Forchstrasse den Ansprüchen des stark angewachsenen Verkehrs entsprechend auszubauen. Spätestens im Frühjahr 1956 soll die Strecke Zollikerberg-Forch in Angriff genommen und bald nach

1344 deren "Vollendung soll auch die Strecke Forch-Esslingen ausgebaut werden. Ber dieser Gelegenheit ist die Forchbahn auf einen neben der Strasse verlaufenden eigenen Bahnkörper zu verlegen. Im heutigen Zustand beansprucht das Bahngeleise nicht nur einen, wesentlichen Teil der Strassenfahrbahn, sondern kreuzt diese überdies wiederholt. Des weitern steht die Bahn vor der Notwendigkeit, für die sehr dringliche Fortführung der Erneuerung und "Vergrösserung des Bollmaterialparkes in nächster Zeit Aufwendungen im Betrage von rund 2,5 Millionen Franken zu machen.

Die Bahngesellschaft möchte nun dieses umfassende Umbau-:und Ausbauprogramm nicht in Angriff nehmen, ohne die Gewissheit zu haben, dass ihr die Eisenbahnkonzession im Zeitpunkte des Ablaufes im Jahre 1958 erneuert wird.

Anderseits möchte sie auch1 vermeiden, Ihnen das Konzessionserneuerungsgesuch in einem Zeitpunkte zu unterbreiten, in dem der vorangegangene kostspielige Umbau der Bahn den Entscheid über das Gesuch weitgehend präjudi-zieren müsste. Diese Sachlage liess es angezeigt erscheinen, Ihnen das Konzessionserneuerungsgesuch schon heute vorzulegen.

II.

Sowohl von der Forchbahn AG. als auch von den zuständigen kantonalen Behörden sind umfassende Untersuchungen über die Frage einer Umstellung des Bahnbetriebes auf ein schienenloses Transportmittel (Trolleybus oder Autobus) durchgeführt worden. In diesem Bahmen wurde im Spätherbst 1950 während zweier Wochen ein praktischer Versuch mit dem Einsatz von Autobussen der Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich gemacht. Die Direktion der Forchbahn erstattete unter Mitwirkung von Herrn Dr. ing. K. Leibbrand, Professor an der Eidgenössischen Technischen Hochschule, und der leitenden Beamten der Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich ein Gutachten über die Eignung der drei verschiedenen Transportmittel. Die Untersuchungen ergaben, dass sich die Bahn trotz der erheblichen Aufwendungen für die Verlegung auf eigenen Bahnkörper und der verhältnismässig hohen Kosten für Bollmaterial als die günstigste Betriebsart erweist. Wirtschaftlich betrachtet ist keine der drei Lösungen selbsttragend, d.h. keine ermöglicht die volle Verzinsung des zu investierenden Kapitals. In der Gewinn- und Verlustrechung ist aber bei Bahnbetrieb das beste Ergebnis zu erwarten. Nach Abwägen der wirtschaftlichen und technischen Verhältnisse beantragt daher das Gutachten, von einer Umstellung desBahnbetriebes auf Autobus oder Trolleybus abzusehen, d.h. den Bahnbetrieb weiterhin beizubehalten und die Arbeiten zur Verlegung der Forchbahn auf eigenen Bahnkörper und zur Erneuerung des Eollmaterials fortzusetzen.

Der Eegierungsrat des Kantons Zürich liess die Frage auch noch durch die Herren Ing. H.Hürlimann, Direktor der Mittel-Thurgaubahn, und E.Meyer, Sektionschef des Automobildienstes der Post-, Telegraphen -und Telephonverwaltung, abklären. Diese Experten legen ihren Untersuchungen einen etwas geringeren Kapitalbedarf des Autobusbetriebes (weniger Fahrzeuge) zugrunde

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als die Direktion der Forchbahn. Sie kommen deshalb zum Schluss, dass die Rechnungsergebnisse der beiden Betriebsformen Bahn und Autobus sich ungefähr die Waage zu halten vermöchten.

Nach dem erwähnten Versuch mit Autobussen haben sich alle an der Linie liegenden Gemeinden für die Beibehaltung des Bahnbetriebes ausgesprochen.

Entscheidend fällt aber ins Gewicht, dass der Zürcher Kantonsrat auf Antrag des Regierungsrates beschlossen hat, dass der Kanton sich an der Erhöhung des Aktienkapitals der Forchbahn um ; l 000 000 Franken mit 386 000 Franken und an der Deckung allfälliger Defizite der Gewinn- und Verlustrechung mit 38,6 Prozent beteilige. Gegen den Beschluss wurde das Eeferendum ergriffen. Die Volksabstimmung vom 3. Juli 1955 ergab 79 488 Ja gegen 42 536 Nein zugunsten dieses Beschlusses und damit zugunsten der Erhaltung der Bahn.

Bei diesem eindeutigen Volksentscheid und in Würdigung des Umstandes, dass für den Weiterbetrieb der Bahn keine Bundesmittel beansprucht werden, sind wir der Meinung, dass die Frage einer Umstellung der Bahn auf ein schienenloses Verkehrsmittel als erledigt zu betrachten und auf Bundesebene nicht nochmals zu prüfen ist.

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III.

Für die Benützung der öffentlichen Strassen besitzt'die Bahngesellschaft eine Bewilligung des Regierungsrates des Kantons Zürich, deren Dauer mit derjenigen der heute noch gültigen Bundeskonzession übereinstimmt. Sie läuft mit andern Worten ebenfalls am 30. Juni 1958 ab. Wie der Regierungsrat unserem Post- und Eisenbahndepartement in seiner Vernehnllassung vom 24. November 1955 zum Konzessionserneuerungsgesuch bestätigt hat, soll ;die Forchbahn gemäss dem vorliegenden Strassen- und Bahnprojekt, soweit dies nicht heute schon der Fall ist, vollständig auf eigenes: Trasse verlegt werden. Unter diesen Umständen werde keine kantonale Konzession im Sinne von § 30 des kantonalen Gesetzes vom 20. August 1893 betreffend das Strassenwesen mehr erforderlich sein. Für den Fall, dass die geplante Trennung von Schiene und Strasse bis zum Ablauf der geltenden Konzession noch nicht vollständig durchgeführt sein sollte, erklärt sich der Regierungsrat bereit, seinerzeit die Strassenbenützungsbewilligung der Forchbahn AG. im Rahmen der dannzumal noch befahrenen: Strassenstrecke zu erneuern, so dass der Bähnverkehr keinen Unterbruch erleiden werde. Bei dieser Sachlage braucht in die neue Konzession keine Bestimmung'über die Strassenbenützung mehr aufgenommen zu werden.

: Im übrigen gibt uns der Inhalt des Konzessionsentwurfes, den wir Ihnen beiliegend unterbreiten, zu keinen Bemerkungen Anlass. Dbr Text lehnt sich weitgehend an die in den letzten Jahren von Ihnen erteilten' Eisenbahnkonzessionen an. Auch gegenüber der bisherigen Konzession der Forchbahn bringt er materiell nur unwesentliche Änderungen mit sich. So sei insbesondere auf Artikel 9 hingewiesen, der die Höchsttaxen nicht mehr geldmässig festlegt, sondern die Tarifgrundlagen der Schweizerischen Bundesbahnen1 anwendbar erklärt, wobei

1346 zu den wirklichen Entfernungen ein Zuschlag von höchstens 150 Prozent berechnet werden darf.

Als Datum des Inkrafttretens der neuen Konzession nehmen wir den 1. Juli 1958, d.h. den Zeitpunkt des Ablaufs der gegenwärtigen Konzession, in Aussicht.

IV.

Gestützt auf diese Ausführungen beantragen wir Ihnen, dem nachstehenden Entwurf eines ·Bundesbeschhisses über die Erteilung einer neuen Konzession für die Forchbahn AG. in Zürich Ihre Zustimmung zu erteilen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den S.Dezember 1955.

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Max Petitpierre Der Bundeskanzler : Ch. Oser

1347 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

die Erteilung einer neuen Konzession für die Forchbahn

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestutzt auf Artikel l und 39 des Bundesgesetzes vom 23. Dezember 1872 !) über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiete der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in ein Gesuch der Forchbahn AG., in Zürich, vom 12. August 1955, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 5. Dezember 1955, beschliesst: I.

Der Forchbahn Aktiengesellschaft, in Zürich, wird zu den nachstehend angeführten Bedingungen eine neue Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn von Zürich Behalp über die Forch nach Esslingen erteilt.

Art. l Die jeweiligen Bundesgesetze sowie alle übrigen bundesrechtlichen Gesetzgebung Vorschriften über Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen sind jederzeit zu beachten.

Art. 2 Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vorn 21.Dezember 18992) erklärt.

Art. 3

Nebenbahn

Die Konzession wird für die Dauer von 50 Jahren, d.h. für die Zeit vom 1. Juli 1958 bis 31. Dezember 2008, erteilt.

Dauer

Art. 4 Der Sitz der Gesellschaft ist in Zürich.

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ES 7, S.

3 ) ES 7, 117.

Sitz

1348 Art. 5 Pläne

Dem Betrieb dienende Anlagen sowie die Fahrzeuge dürfen nur auf Grund von durch die Aufsichtsbehörde vorher genehmigten Plänen erstellt werden. Diese Behörde ist berechtigt, auch nach Erstellung der Anlagen und Fahrzeuge deren Änderung zu verlangen, wenn die Betriebssicherheit es erfordert.

Art. 6 Spurweite

Die Spurweite der Bahn beträgt einen Meter.

Art. 7 Fahrpian

Die Zahl der täglichen Züge und deren Verkehrszeiten haben sich nach den Bedürfnissen zu richten. Die Fahrpläne sind nach den geltenden Bestimmungen aufzustellen und vor dem Inkrafttreten durch die Aufsichtsbehörde genehmigen zu lassen.

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Art. 8 Wagenklassen

Die Konzessionärin ist für die Personenbeförderung zur Führung nur einer Wagenklasse verpflichtet.

Art. 9

Transporte und Tarife

Reservefonds

Die Konzessionärin übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck, lebenden Tieren und Gütern. Massgebend sind die Tarifgrundlagen der Schweizerischen Bundesbahnen. Dabei darf zu den wirklichen Entfernungen ein Zuschlag von höchstens 150 Prozent berechnet werden.

Die Konzessionärin ist gehalten, Abonnemente zu ermässigten Taxen auszugeben.

Die Tarife bedürfen vor ihrem Inkrafttreten der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Art. 10 Vom Eeingewinn sind jährlich mindestens 10 Prozent einer allgemeinen Eeserve zuzuweisen, bis sie die Höhe von 30 Prozent des einbezahlten Aktienkapitals erreicht hat. Diese Eeserve darf nur zur Deckung von Bilanzverlusten verwendet werden.

Art. 11

Haftpflichtversicherung

Die Konzessionärin hat sich gegen die Folgen ihrer in der Bundesgesetzgebung über die Haftpflicht der Eisenbahn- und Dampfschiffahrtsunternehmungen und der Post umschriebenen Haftpflicht bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung

1349 oder einer andern, von der Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu ; versichern.

' · ' . - · : Die Verträge über die Haftpflichtversicherung bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

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Art. 12 Die Konzessionärin hat für das ständige Personal eine Dienstalterskasse oder eine Pensionskasse einzurichten oder es bei einer in der Schweiz zum Geschäftsbetrieb zugelassenen Versicherungsunternehmung oder einer andern, von der-Aufsichtsbehörde anerkannten Einrichtung zu versichern. Die Eeglemente und Jahresrechnungen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.

Die Konzessionärin hat dafür zu sorgen, dass das Personal gegen die wirtschaftlichen Folgen von Krankheit versichert ist.

Peraonalfürsorge

Art. 13

Den eidgenössischen Beamten, denen die Aufsicht über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen obliegt, ist zu jeder Zeit freie Fahrt und freier Zutritt zu allen Teilen der Anlagen zu gewähren. Das zur Vornahme von Untersuchungen nötige Personal und Material, Pläne inbegriffen, ist ihnen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Konzessionärin und ihr Personal haben ferner den mit der Kontrolle betrauten Organen alle hiefür notwendigen Auskünfte zu erteilen.

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Aufsicht

Art. 14

Die Aufsichtsbehörde kann verlangen, dass Beamte und Angestellte der Unternehmung, die bei Ausübung ihres Dienstes zu i begründeten Klagen Anlass geben und gegen die nicht von der Verwaltung selbst eingeschritten wird, gemassregelt oder entlassen werden.

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Art. 15

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Disziplinarmassnahtnen

,:

Für die Ausübung des Eückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch macht, des Kantons gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann jederzeit erfolgen. Er ist der Konzessionärin drei Jahre zum voraus schriftlich anzukündigen.

- " · o. Durch den Rückkauf wird der Bund Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allem übrigen Zubehör. Die Eechte Dritter gegenüber Personalfürsorgeeinrichtungen der .Konzessionärin bleiben vorbehalten. Die Bahn ist samt Zubehör in gutem Zustand abzutreten, andernfalls ein verhältnismässiger Betrag von der Rückkauf summe abzuziehen ist.

Rückkauf

1350 c. Als Bückkaufspreis hat 'der Bund eine angemessene Entschädigung auf Grund des kommerziellen Wertes der Bahn zu entrichten.

d. Streitigkeiten über den Eückkauf und damit zusammenhängende Fragen entscheidet das Bundesgericht.

Art. 16 Eückkauf Hat der Kanton die Bahn zurückgekauft, so ist der Bund jederzeit dfm^Kanton befugt, sein Bückkaufsrecht gegenüber dem Kanton auszuüben, und der Kanton hat die Bahn dem Bunde unter den gleichen Bechten und Pflichten abzutreten, wie dieser von der Konzessionärin zu fordern berechtigt gewesen wäre.

II.

Dieser Beschluss tritt am 1. Juli 1958 in Kraft.

Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Erteilung einer neuen Konzession für die Forchbahn (Vom 5.Dezember 1955)

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50

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7012

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15.12.1955

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1343-1350

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