A Bundesgesetz über die Bundesversammlung

Entwurf

(Parlamentsgesetz, ParlG) (Behandlung von Disziplinarmassnahmen und von Gesuchen um die Aufhebung der Immunität) Änderung vom ...

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in den Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 19. August 20101 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 20. Oktober 20102, beschliesst: I Das Parlamentsgesetz vom 13. Dezember 20023 wird wie folgt geändert: Art. 13 Sachüberschrift, Abs. 1 Einleitungssatz, 2 und 3 Disziplinarverfahren während einer Ratssitzung Verstösst ein Ratsmitglied während einer Ratssitzung gegen die Ordnungs- oder die Verfahrensvorschriften des Rates, so kann die Präsidentin oder der Präsident nach erfolgter Mahnung und im Wiederholungsfall: 1

2

Aufgehoben

Ein Ratsmitglied, das von der Sitzung ausgeschlossen wird, kann beim Rat Einsprache erheben; dieser entscheidet ohne Diskussion. Ein Wortentzug durch die Präsidentin oder den Präsidenten kann nicht bestritten werden.

3

Art. 13a (neu)

Disziplinarverfahren ausserhalb einer Ratssitzung

Verstösst ein Ratsmitglied in schwerwiegender Weise gegen die Ordnungs- oder die Verfahrensvorschriften oder verletzt es das Amtsgeheimnis, so kann: 1

1 2 3

a.

gegen das Ratsmitglied ein Verweis ausgesprochen werden; oder

b.

das Ratsmitglied bis zu sechs Monate aus seinen Kommissionen ausgeschlossen werden.

BBl 2010 7345 BBl 2010 7385 SR 171.10

2010-2048

7375

Parlamentsgesetz

Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens kann von einem Ratsmitglied oder einem Ratsorgan beantragt werden. Das Verfahren wird von dem Organ durchgeführt, das vom Geschäftsreglement des Rates, dem das Ratsmitglied angehört, bezeichnet wird.

2

Stimmt das zuständige Organ dem Antrag zu, so hört es das betroffene Ratsmitglied an. Dieses kann sich weder vertreten noch begleiten lassen.

3

Hat das zuständige Organ dem betroffenen Ratsmitglied den Entscheid eröffnet, so informiert es unverzüglich die Öffentlichkeit. Gleichzeitig orientiert es alle Mitglieder des Rates mit einer schriftlichen Mitteilung.

4

5 Das betroffene Ratsmitglied kann spätestens zwanzig Tage nach Eröffnung einer Disziplinarmassnahme beim vom Geschäftsreglement des Rates bezeichneten Beschwerdeorgan Einsprache erheben.

Das Beschwerdeorgan hört das betroffene Ratsmitglied sowie eine Vertreterin oder einen Vertreter des erstinstanzlichen Organs an.

6

7

Es entscheidet endgültig und informiert darüber nach Absatz 4.

Das erstinstanzliche Organ und das Beschwerdeorgan sind beschlussfähig, wenn die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist. Die Beschlussfähigkeit ist ausdrücklich festzustellen.

8

9 Ist das betroffene Ratsmitglied Mitglied des erstinstanzlichen Organs oder der Beschwerdeinstanz, so tritt es in den Ausstand.

Art. 17 Aufgehoben Minderheit I (Stöckli, Heim, Leuenberger-Genève, Roth-Bernasconi, Schenker Silvia, Tschümperlin, Zisyadis): Art. 17

Relative Immunität: Begriff und Zuständigkeiten

Gegen ein Ratsmitglied kann ein Strafverfahren wegen einer strafbaren Handlung, die in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner amtlichen Stellung oder Tätigkeit steht, nur mit der Ermächtigung der zuständigen Kommissionen beider Räte eingeleitet werden. Das Geschäftsreglement jedes Rates bezeichnet die zuständige Kommission.

1

2 Erscheint es nach den Umständen des Falls gerechtfertigt, so können die zuständigen Kommissionen eine der kantonalen Gerichtsbarkeit unterstehende strafbare Handlung den Strafbehörden des Bundes zur Untersuchung und Beurteilung übertragen.

Die Vereinigte Bundesversammlung kann eine ausserordentliche Bundesanwältin oder einen ausserordentlichen Bundesanwalt wählen.

3

Ist ein Gesuch offensichtlich unhaltbar, so können die Präsidentinnen oder Präsidenten der zuständigen Kommissionen im gegenseitigen Einvernehmen das Gesuch direkt erledigen.

4

7376

Parlamentsgesetz

Minderheit II (Joder, Bugnon, Fehr Hans, Geissbühler, Rutschmann, Scherer Marcel, Wobmann): 1

..., die in Zusammenhang ...

Minderheit (Stöckli, Heim, Leuenberger-Genève, Roth-Bernasconi, Schenker Silvia, Tschümperlin, Zisyadis): Art. 17a

Relative Immunität: Verfahren

Das Gesuch um Aufhebung der Immunität wird von der zuständigen Kommission desjenigen Rates zuerst behandelt, dem das beschuldigte Ratsmitglied angehört.

1

Stimmen die Beschlüsse der beiden Kommissionen über das Eintreten auf das Gesuch oder über die Aufhebung der Immunität nicht überein, so findet eine Differenzbereinigung zwischen den Kommissionen statt. Die zweite Ablehnung durch eine Kommission ist endgültig.

2

3 Die beiden Kommissionen sind beschlussfähig, wenn die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist. Die Beschlussfähigkeit ist ausdrücklich festzustellen.

4 Die Kommissionen hören das beschuldigte Ratsmitglied an. Dieses kann sich weder vertreten noch begleiten lassen.

5

Der Entscheid der Kommissionen ist endgültig.

Hat eine Kommission ihren Entscheid dem betroffenen Ratsmitglied eröffnet, so informiert sie unverzüglich die Öffentlichkeit. Gleichzeitig orientiert sie die Mitglieder beider Räte mit einer schriftlichen Mitteilung.

6

Ist das beschuldigte Ratsmitglied Mitglied einer der zuständigen Kommissionen, so tritt es in den Ausstand.

7

Art. 18 Abs. 2­4 Aufgehoben Minderheit I (Stöckli, Heim, Leuenberger-Genève, Roth-Bernasconi, Schenker Silvia, Tschümperlin, Zisyadis): 2

Gemäss geltendem Recht

Sobald die von den Ratspräsidien bewilligten Massnahmen durchgeführt sind, ist die Ermächtigung der zuständigen Kommissionen beider Räte zur Strafverfolgung nach Artikel 17 einzuholen, es sei denn, das Verfahren werde eingestellt.

3

4 Eine Verhaftung ohne Ermächtigung der zuständigen Kommissionen beider Räte ist unzulässig.

7377

Parlamentsgesetz

Art. 20 Aufgehoben Minderheit I (Stöckli, Heim, Leuenberger-Genève, Roth-Bernasconi, Schenker Silvia, Tschümperlin, Zisyadis): Ein Strafverfahren gegen ein Ratsmitglied wegen Verbrechen oder Vergehen, welche nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner amtlichen Stellung oder Tätigkeit stehen, kann während der Session nur eingeleitet werden mit seiner schriftlichen Zustimmung oder mit Ermächtigung der zuständigen Kommission seines Rates. Das Geschäftsreglement jedes Rates bezeichnet die zuständige Kommission.

1

Vorbehalten bleibt die vorsorgliche Verhaftung wegen Fluchtgefahr oder im Fall des Ergreifens auf frischer Tat bei der Verübung eines Verbrechens.

Für eine solche Verhaftung muss von der anordnenden Behörde innert vierundzwanzig Stunden direkt bei der zuständigen Kommission des Rates, dem das Ratsmitglied angehört, um Zustimmung nachgesucht werden, sofern das verhaftete Ratsmitglied nicht sein schriftliches Einverständnis zur Haft gegeben hat.

2

3 Ist ein Strafverfahren wegen den in den Absätzen 1 und 2 genannten Straftaten gegen ein Ratsmitglied bei Beginn der Session bereits eingeleitet, so hat das Ratsmitglied das Recht, gegen die Fortsetzung der bereits angeordneten Haft sowie gegen Vorladungen zu Verhandlungen den Entscheid der zuständigen Kommission seines Rates zu verlangen. Die Eingabe hat keine aufschiebende Wirkung.

4

Gemäss geltendem Recht

Minderheit II (Joder, Bugnon, Fehr Hans, Geissbühler, Rutschmann, Scherer Marcel, Wobmann): 1

... nicht in Zusammenhang ...

Art. 95 Bst. i Aufgehoben II Die Änderung bisherigen Rechts wird im Anhang geregelt.

7378

Parlamentsgesetz

III Übergangsbestimmung zur Änderung vom ...

Für Disziplinarverfahren sowie für die Behandlung von Gesuchen um die Aufhebung der Immunität und von ähnlichen Gesuchen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderung vom ... dieses Gesetzes hängig sind, gilt weiterhin das bisherige Recht.

IV 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Die Koordinationskonferenz bestimmt das Inkrafttreten.

7379

Parlamentsgesetz

Anhang

Änderung bisherigen Rechts Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert:

1. Verantwortlichkeitsgesetz vom 14. März 19584 Ingress gestützt auf Artikel 146 der Bundesverfassung5, Art. 14 Die Strafverfolgung von Mitgliedern des Bundesrates, der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers und von Mitgliedern des Bundesgerichts wegen strafbarer Handlungen, die sich unmittelbar auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, bedarf einer Ermächtigung der zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte. Das Geschäftsreglement jedes Rates bezeichnet die zuständige Kommission.

1

Die Ratspräsidentinnen oder Ratspräsidenten bestimmen nach Artikel 84 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20026 (ParlG) denjenigen Rat, dessen Kommission das Gesuch um Aufhebung der Immunität zuerst behandelt.

2

Stimmen die Beschlüsse der beiden Kommissionen über das Eintreten auf das Gesuch oder über die Ermächtigung nicht überein, so findet eine Differenzbereinigung zwischen den Kommissionen statt. Die zweite Ablehnung durch eine Kommission ist endgültig.

3

4 Die beiden Kommissionen sind beschlussfähig, wenn die Mehrheit ihrer Mitglieder anwesend ist. Die Beschlussfähigkeit ist ausdrücklich festzustellen.

5

Die Kommissionen geben dem Beschuldigten Gelegenheit zu einer Stellungnahme.

Hat eine Kommission ihren Entscheid der betroffenen Person eröffnet, so informiert sie unverzüglich die Öffentlichkeit. Gleichzeitig orientiert sie die Mitglieder beider Räte mit einer schriftlichen Mitteilung.

6

Stimmen beide Kommissionen darin überein, dass die Ermächtigung zu erteilen ist, so können sie in gemeinsamer Sitzung als Kommission der Vereinigten Bundesversammlung dieser die vorläufige Einstellung im Amte beantragen. Die Zusammensetzung dieser Kommission richtet sich nach Artikel 39 Absatz 4 ParlG. Entsprechen die Kommissionen beider Räte dieser Zusammensetzung nicht, so werden sie durch das Büro jedes Rates dementsprechend ergänzt oder reduziert.

7

8 Erscheint es nach den Umständen des Falls gerechtfertigt, so können die zuständigen Kommissionen eine der kantonalen Gerichtsbarkeit unterstehende strafbare 4 5 6

SR 170.32 SR 101 SR 171.10

7380

Parlamentsgesetz

Handlung den Strafbehörden des Bundes zur Untersuchung und Beurteilung übertragen.

Die Vereinigte Bundesversammlung kann eine ausserordentliche Bundesanwältin oder einen ausserordentlichen Bundesanwalt wählen.

9

Ist ein Gesuch offensichtlich unhaltbar, so können die Präsidentinnen oder Präsidenten der zuständigen Kommissionen im gegenseitigen Einvernehmen das Gesuch direkt erledigen.

10

Minderheit I (Stöckli, Heim, Leuenberger-Genève, Roth-Bernasconi, Schenker Silvia, Tschümperlin, Zisyadis): 1, 2, 5, 7

Gemäss Mehrheit

Die Artikel 17 Absätze 2­4 sowie 17a Absätze 2, 3, 5 und 6 ParlG gelten ausserdem sinngemäss.

2bis

3, 4, 6, 8, 9, 10

Streichen (vgl. Art. 17 und 17a ParlG)

Minderheit II (Joder, Bugnon, Fehr Hans, Geissbühler, Rutschmann, Scherer Marcel, Wobmann): 1

... die sich auf ...

Art. 14bis Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 4 zweiter und dritter Satz ... Stimmen nicht mindestens fünf Kommissionsmitglieder zu, so ist die Ermächtigung verweigert.

2

4 ... Sobald die von der Kommission bewilligten Massnahmen durchgeführt sind, ist die Ermächtigung der zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte zur Strafverfolgung nach Artikel 14 einzuholen, es sei denn, das Verfahren werde eingestellt. Eine Verhaftung ist ohne Ermächtigung der zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte unzulässig.

Art. 14ter Ist streitig, ob die Ermächtigung erforderlich sei, so entscheiden die Kommissionen, die für die Ermächtigung zuständig sind.

Art. 15 Aufgehoben

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Parlamentsgesetz

2. Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 19977 Art. 61a Aufgehoben

3. Bundesgerichtsgesetz vom 17. Juni 20058 Art. 11 Aufgehoben

4. Verwaltungsgerichtsgesetz vom 17. Juni 20059 Art. 12 Aufgehoben

5. Patentgerichtsgesetz vom 20. März 200910 Art. 16 Aufgehoben

6. Strafbehördenorganisationsgesetz vom 19. März 201011 Art. 50 Aufgehoben

7 8 9 10 11

SR 172.010 SR 173.110 SR 173.32 SR 173.41 SR ... (BBl 2010 2031)

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