10.014 Botschaft zur Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Finnland vom 20. Januar 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Abkommens vom 16. Dezember 1991 zwischen der Schweiz und Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. Januar 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-3108

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Übersicht Das vorgeschlagene Protokoll zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Finnland sieht die Aufnahme einer Bestimmung über den Informationsaustausch gemäss dem OECD-Standard vor. Zusätzlich konnte insbesondere die Reduktion der erforderlichen Beteiligungshöhe für die Anwendung des Nullsatzes auf Dividenden von 20 auf 10 Prozent vereinbart werden.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben den Abschluss des Protokolls begrüsst.

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen über die Weiterentwicklung der Abkommenspolitik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz seit jeher den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung anderseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

Am 13. März 2009 hat der Bundesrat beschlossen, die Amtshilfe in Steuersachen an die neuen Gegebenheiten der internationalen Politik anzupassen.

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Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Das Abkommen vom 16. Dezember 1991 zwischen der Schweiz und Finnland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.934.51, hiernach DBA-FIN) wurde mit dem Protokoll vom 19. April 2006 revidiert.

Nach dem Entscheid des Bundesrates vom 13. März 2009, den Vorbehalt der Schweiz hinsichtlich des Informationsaustausches nach dem OECD-Musterabkommen zurückzuziehen, haben die Schweiz und Finnland beschlossen, Verhandlungen über die Ergänzung des DBA-FIN mit einer entsprechenden Bestimmung aufzunehmen. Entsprechend dem bisherigen Vorgehen bei der Revision der Doppelbesteuerungsabkommen hat die Schweiz die Gelegenheit genutzt, die Anpassung gewisser Punkte im Abkommen an die heutigen Gegebenheiten vorzuschlagen. Dies betrifft namentlich die Reduktion der massgeblichen Beteiligungshöhe für den Nullsatz auf Dividenden, eine Bestimmung über die steuerliche Berücksichtigung von Beiträgen an die Vorsorge und die Aufnahme einer Schiedsgerichtsklausel.

Währenddem sich die finnische Delegation offen für eine Reduktion der massgeblichen Beteiligungshöhe für den Nullsatz auf Dividenden zeigte, konnte sie die anderen Begehren unter Hinweis auf die derzeitigen Abkommenspolitik Finnlands nicht akzeptieren. So ist das finnische Parlament Schiedsklauseln gegenüber ablehnend eingestellt, da die bisherigen Schiedsverfahren aufgrund des EU-Schiedsüber1173

einkommens Probleme bei der Umsetzung solcher Bestimmungen offenbarten. Eine Änderung dieser Haltung wurde von finnischer Seite jedoch nicht ausgeschlossen, sollte die finnische Wirtschaft auf die Vereinbarung solcher Bestimmungen drängen.

Weiter wurde auch eine Bestimmung über die steuerliche Berücksichtigung von Beiträgen an Vorsorgeeinrichtungen im anderen Vertragsstaat mit dem Hinweis abgelehnt, dass das finnische Recht den Abzug für Beiträge ins Ausland ohnehin vorsieht.

Angesichts der Tatsache, dass das Abkommen bereits heute vorteilhaft und der Revisionsbedarf relativ gering ist, sowie des zeitlichen Drucks zur Unterzeichnung von zwölf Abkommen, um von der grauen Liste der G-20 gestrichen zu werden, hat die Schweiz sich entschieden, die Revision auf Artikel 26 sowie die Reduktion der massgeblichen Beteiligungshöhe für den Nullsatz auf Dividenden zu beschränken.

Die Verhandlungen konnten am 23. Juli 2009 nach zwei Verhandlungstagen durch Paraphierung des Protokolls zur Änderung des Abkommens abgeschlossen werden.

Das Änderungsprotokoll wurde am 22. September 2009 in Helsinki unterzeichnet.

Die Kantone und die am Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen interessierten Kreise haben die Revision des DBA-FIN begrüsst.

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Würdigung

Die im Änderungsprotokoll vorgesehene reduzierte Beteiligungshöhe für die Anwendung des Nullsatzes auf Dividenden vermeidet eine Residualsteuerbelastung in Konzernverhältnissen mit schweizerischer Muttergesellschaft. Sie entspricht der jüngsten schweizerischen Abkommenspolitik. Die neue Bestimmung über den Informationsaustausch entspricht dem OECD-Standard und erfüllt die vom Bundesrat festgelegten Vorgaben. Obwohl Finnland nicht bereit war, im Änderungsprotokoll eine Schiedsgerichtsbestimmung zu vereinbaren oder der Schweiz eine Meistbegünstigung in diesem Bereich zu gewähren, wurde die Aufnahme von Revisionsverhandlungen in Aussicht gestellt, sollte Finnland seine derzeitige Haltung gegenüber solchen Bestimmungen ändern.

Angesichts der bereits heute vorteilhaften Regelungen hält der Bundesrat die Revision weiterer Bestimmungen nicht für dringend, zumal die begehrte steuerliche Abzugsfähigkeit der Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz auch ohne entsprechende Abkommensbestimmung von Finnland gewährt wird. Im vorliegenden Protokoll konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird.

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Änderungsprotokolls

Das Änderungsprotokoll ändert und ergänzt gewisse Bestimmungen im DBA-FIN.

Nachfolgend wird der wesentliche Inhalt dieser Änderungen dargelegt.

Art. I des Änderungsprotokolls betreffend Art. 2 des Abkommens (unter das Abkommen fallende Steuern) Das Steuersystem Finnlands hat in den vergangenen Jahren einige Änderungen erfahren. So wurden insbesondere die Vermögenssteuer abgeschafft und eine separate Zinsertragssteuer eingeführt. Der Katalog der finnischen Steuern wurde daher den heutigen Gegebenheiten angepasst.

Art. II des Änderungsprotokolls betreffend Art. 10 des Abkommens (Dividenden) Mit dem Protokoll vom 19. April 2006, anwendbar seit dem 1. Januar 2007, wurde der Nullsatz für Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen von mindestens 20 Prozent am Kapital einer Gesellschaft im finnisch-schweizerischen Verhältnis eingeführt. Im Hinblick auf die Reduktion der massgeblichen Beteiligungshöhe für den schweizerischen Beteiligungsabzug auf 10 Prozent per 1. Januar 2011 hat die Schweiz angeregt, die Mindestbeteiligung für den Nullsatz im DBA-FIN auch auf 10 Prozent zu reduzieren. Dies erlaubt es in der Schweiz ansässigen Gesellschaften mit massgeblichen Beteiligungen an finnischen Gesellschaften, Dividenden ohne residuale und aufgrund des Beteiligungsabzugs in der Schweiz nicht anrechenbare Steuerbelastung in Finnland zu vereinnahmen. Finnland hat diesem Begehren zugestimmt.

Art. III des Änderungsprotokolls betreffend Art. 26 des Abkommens (Informationsaustausch) Im Zuge der Globalisierung der Finanzmärkte und insbesondere vor dem Hintergrund der Finanzkrise hat die internationale Zusammenarbeit an Bedeutung gewonnen. Die Schweiz unterstützt seit jeher die diesbezüglichen Bemühungen. Mit Entscheid vom 13. März 2009 hat der Bundesrat zudem beschlossen, den OECDStandard bei der Amtshilfe in Steuersachen zu übernehmen und gleichzeitig die Wahrung des Verfahrensschutzes, die Begrenzung auf Amtshilfe im Einzelfall, faire Übergangslösungen, die Beschränkung auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, das Subsidiaritätsprinzip sowie die Beseitigung allfälliger Diskriminierungen zu den anzustrebenden Eckwerten des Übergangs auf den OECD-Standard erklärt. Auf die Erfüllung der vom Bundesrat festgelegten Richtwerte wird bei der nachfolgenden Kommentierung des Artikels eingegangen.

Die paraphierte Bestimmung
entspricht weitgehend dem Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens. Abweichungen bestehen hinsichtlich der Einschränkung des Informationsaustausches auf Steuern, die unter das Abkommen fallen, des Ausschlusses der Weitergabe der erhaltenen Informationen an Aufsichtsbehörden, der Möglichkeit zum Gebrauch der Informationen für andere Zwecke mit Einverständnis beider Staaten sowie der ausdrücklichen Ermächtigung der Vertragsstaaten zu Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung von Informationsbegehren gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtigten und Treuhändern sowie zur Ermittlung von Beteiligungsverhältnissen. Die vorgesehenen Einschränkungen der 1175

Amtshilfe sind im Kommentar zum OECD-Musterabkommen vorgesehen und mit dem OECD-Standard vereinbar.

Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustausches fest. Auszutauschen sind die Informationen, die zur Durchführung des Abkommens oder für die Veranlagung oder Durchsetzung der vom Abkommen erfassten Steuern voraussichtlich erheblich sind. Durch die Beschränkung auf voraussichtlich erhebliche Informationen sollen sogenannte «fishing expeditions» verhindert werden. Zudem wird festgehalten, dass der ersuchende Staat gehalten ist, seine eigenen Untersuchungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor er ein Auskunftsersuchen an den anderen Staat stellt. Nicht erforderlich ist für den Informationsaustausch, dass die betroffenen Steuerpflichtigen in der Schweiz oder in Finnland ansässig sind, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung in einem der Vertragsstaaten besteht.

Absatz 2 umfasst Geheimhaltungsregeln. Diese Bestimmung erklärt die Geheimhaltungsregeln des Staates für anwendbar, der die Informationen erhalten hat. Sie hält jedoch fest, dass die ausgetauschten Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung, Erhebung, Durchsetzung, Strafverfolgung oder Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der vom Abkommen umfassten Steuern befasst sind. Die Informationen dürfen somit auch der steuerpflichtigen Person selbst oder der von ihr bevollmächtigten Person offenbart werden. Weiter sieht dieser Absatz die Möglichkeit der Verwendung für andere, nicht steuerliche Zwecke vor, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Diese Bestimmung ermöglicht beispielsweise die Verwendung der erhaltenen Auskünfte in einem anderen Strafverfahren, ohne jedoch der betroffenen Person die diesbezüglich separaten Verfahrensrechte in der Schweiz zu entziehen.

Damit kann vermieden werden, dass gleiche Informationen für unterschiedliche Zwecke mehrmals beschafft und übermittelt werden müssen. Die Zustimmung des ersuchten Staates ist jedoch in allen Fällen notwendig.

Absatz 3 sieht zugunsten des ersuchten Staates gewisse Einschränkungen des umfassenden Informationsaustausches vor. Der ersuchte Staat ist weder gehalten, Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die über seine eigenen Gesetze
oder Verwaltungspraxis hinauszugehen, noch muss er Verwaltungsmassnahmen durchführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates abweichen.

Im Fall der Schweiz bedeutet dies insbesondere, dass das rechtliche Gehör der Betroffenen ebenso wie die Möglichkeit, einen vorgesehenen Informationsaustausch gerichtlich überprüfen zu lassen, gewahrt bleibt. Der ersuchte Staat braucht ferner keine Auskünfte zu erteilen, die nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis oder nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann der ersuchte Staat die Auskunft verweigern, wenn sie die öffentliche Ordnung (Ordre public) verletzt oder wirtschaftliche Geheimnisse betrifft. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Informationen im ersuchenden Staat nicht in ausreichendem Mass geheim gehalten werden.

Absatz 4 hält fest, dass der ersuchte Staat auch Auskünfte ermitteln und austauschen muss, die er selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht auf Informationen, die auch den Steuerbehörden des ersuchten Vertragsstaates von Nutzen sind.

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Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen bezüglich Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten werden, sowie betreffend Eigentumsverhältnisse an Personen. Solche Informationen sind unabhängig von den Einschränkungen des Absatzes 3 auszutauschen. So hat der ersuchte Staat die Auskünfte auch dann einzuholen und auszutauschen, wenn nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis die begehrten Informationen nicht erhältlich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das schweizerische Bankgeheimnis verweigern. Die Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ersuchten Informationen tatsächlich bestehen. Anfragen über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften mit Inhaberaktien können und müssen daher nur so weit beantwortet werden, als diese Informationen für die Behörden des ersuchten Staates, ungeachtet allfälliger Einschränkungen des innerstaatlichen Rechtes, effektiv ermittelbar sind.

In Fällen von Steuerbetrug besitzt die Schweiz aufgrund des strafrechtlichen Verfahrens im innerstaatlichen Recht die notwendigen Mittel zur Durchsetzung der Herausgabe der durch den Absatz 5 erfassten Informationen. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss der neuen Bestimmung keinen Steuerbetrug mehr voraus. Damit die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen durch die Vertragsstaaten gewährleistet werden kann, gewährt der zweite Satz den Vertragsstaaten die notwendige rechtliche Grundlage, zur Durchsetzung des Informationsaustausches. Das anwendbare Verfahren wird vorerst Gegenstand einer Verordnung des Bundesrates sein. Die Frage, ob die Verordnung letztlich durch ein Gesetz ersetzt werden soll, wird momentan geprüft.

Die Bestimmungen von Artikel 26 werden im Protokoll zum Abkommen weiter konkretisiert. Ziffer 4 Buchstabe a hält den Grundsatz der Subsidiarität fest. Die Vertragsstaaten sind demnach gehalten, ein Auskunftsersuchen erst dann zu stellen, wenn sie sämtliche in ihrem innerstaatlichen Steuerverfahrensrecht üblichen Mittel der Informationsermittlung ausgeschöpft haben. Sogenannte «fishing expeditions», d.h. Ermittlungen, die ohne präzises Ermittlungsobjekt in der Hoffnung vorgenommen werden, steuerlich relevante Informationen zu erhalten, sind ausdrücklich ausgeschlossen (Ziff. 4 Bst. b).

Weiter legt das Protokoll
die Anforderungen an ein Auskunftsersuchen detailliert fest (Ziff. 4 Bst. c). Notwendig sind eine eindeutige Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person sowie der Person (z.B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet. Weiter muss der ersuchende Staat darlegen, welche Informationen er für welche Steuerperioden und zu welchen steuerlichen Zwecken benötigt. Das Ersuchen ist von der zuständigen Behörde des ersuchenden Staates schriftlich an die zuständige Behörde des ersuchten Staates zu richten.

Aufgrund der Anforderungen an das Auskunftsersuchen ist der Auskunftsaustausch auf konkrete Anfragen im Einzelfall beschränkt. Die Verpflichtung eines Vertragsstaates zum spontanen oder automatischen Auskunftsaustausch wird zudem ausdrücklich ausgeschlossen, ohne den Vertragsstaaten jedoch die Möglichkeit eines automatischen oder spontanen Informationsaustausches bei der internationalen Amtshilfe zu nehmen, wenn ihr innerstaatliches Recht dies vorsieht (Ziff. 4 Bst. d).

Ziffer 4 Buchstabe e hält schliesslich die Garantie der Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen fest. In der Schweiz kann die betroffene steuerpflichtige Person die Schlussverfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung zum Austausch von Informationen mittels Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht anfechten, das 1177

die Sache abschliessend beurteilt. Die Beschwerde hat Suspensivwirkung. Wurde Beschwerde erhoben, so kann der Auskunftsaustausch daher erst erfolgen, wenn diese rechtskräftig abgelehnt worden ist.

Art. V des Änderungsprotokolls (Inkrafttreten) Die revidierte Bestimmung zum Informationsaustausch wird für Steuerjahre Anwendung finden, die am oder nach dem 1. Januar des auf das Inkrafttreten folgenden Jahres beginnen. Sie gilt daher ausschliesslich für Einkünfte, die der betroffenen steuerpflichtigen Person an oder nach diesem Datum zugeflossen sind, bzw.

für den Vermögensstand an und nach diesem Datum. Für die Vorjahre gilt die bisherige Amtshilfebestimmung, die sich auf Informationen zur richtigen Durchführung des Abkommens sowie auf Informationen zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts bei Holdinggesellschaften oder in Fällen von Steuerbetrug beschränkt.

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Finanzielle Auswirkungen

Die Reduktion der massgeblichen Beteiligungshöhe für die Anwendung des Nullsatzes auf Dividenden von 20 auf 10 Prozent führt grundsätzlich zu einem Rückgang der Verrechnungssteuererträge. Da jedoch bereits heute Dividenden aus Beteiligungen von mindestens 20 Prozent vom Nullsatz profitieren konnten, dürften die Auswirkungen gering sein. Auf der anderen Seite führt die Reduktion der Beteiligungshöhe zu einer Standortverbesserung und damit potenziell zu zusätzlichen Erträgen.

Das Änderungsprotokoll, das Amtshilfe auf Ersuchen zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Staates einerseits und Zugang zu Bankinformationen auf Ersuchen zu Steuerzwecken andererseits einführt, könnte zwar in gewisser Weise als dem Standort Schweiz und indirekt den Steuereinnahmen der Schweiz abträglich betrachtet werden. Angesichts der internationalen Bestrebungen für einheitliche Rahmenbedingungen bei der Amtshilfe in allen Staaten («global level playing field») und der Sicherstellung eines wirksamen Informationsaustauschs durch einen entsprechenden Kontrollmechanismus dürfte sich die neue Situation für die Schweiz insgesamt neutral auswirken.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben das Änderungsprotokoll begrüsst. Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützt damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das Änderungsprotokoll ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Die Bundesversammlung ist nach Artikel 166 Absatz 2 BV zuständig für die Genehmigung des Änderungsprotokolls. Das zur Genehmigung unterbreitete Änderungsprotokoll wird einen integrierenden Bestandteil des Abkommens von 1991 bilden. Dieses ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor.

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Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrages dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterworfen werden, hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom 19. September 2003 zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel festgehalten, dass er dem Parlament Staatsverträge auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten werde, diese dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nicht zu unterstellen, sofern sie im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten.

Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch gemäss dem Musterabkommen der OECD sieht eine erweiterte Amtshilfe vor. Dies ist eine wichtige Neuerung in der schweizerischen Abkommenspraxis. Das neue Abkommen enthält damit gegenüber den bisher mit anderen Staaten vereinbarten Verpflichtungen eine wichtige Bestimmung im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Protokolls zur Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Finnland wird daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt.

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