10.098 Botschaft über die Verlängerung der Schweizer Beteiligung an der multinationalen Kosovo Force (KFOR) vom 17. November 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen die Botschaft zu einem einfachen Bundesbeschluss über die Verlängerung der Schweizer Beteiligung an der multinationalen Kosovo Force (KFOR) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. November 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-2254

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Übersicht Mit dem vorliegenden einfachen Bundesbeschluss soll der von der Bundesversammlung am 11. Juni 20081 bis zum 31. Dezember 2011 mandatierte Einsatz der «Swiss Company» (SWISSCOY) in der multinationalen Kosovo Force (KFOR) im personell leicht erweiterbaren Rahmen und Umfang bis zum 31. Dezember 2014 verlängert werden. Mit Blick auf die bereits vollzogenen und noch anstehenden Veränderungen in der Struktur der KFOR soll die mit Bundesbeschluss vom 11. Juni 2008 bereits mandatierte Möglichkeit der temporären Kontingentsaufstockung von 50 Personen für höchstens zwei Monate auf neu maximal 80 Personen für eine jeweils beschränkte Zeit von höchstens zwölf Monaten angehoben werden.

Seitdem sich Kosovo am 28. Februar 2008 für unabhängig erklärt hat, sind mit dem Inkrafttreten der Verfassung sowie einer Vielzahl von Gesetzen rechtliche und institutionelle Grundlagen geschaffen worden, die den Aufbau eines politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich stabilisierten Staatsgebildes erlauben und Kosovo längerfristig dem Fernziel einer Einbindung in die Europäische Union näherbringen können.

Trotz der nun bestehenden rechtlichen Voraussetzungen für nachhaltigen Fortschritt bestehen nach wie vor und wohl auf absehbare Zeit substanzielle Hürden auf diesem Weg.

Die Sicherheitslage in Kosovo hat sich seit der Unabhängigkeitserklärung vom Februar 2008 verbessert und gilt als ruhig und relativ stabil. Davon ausgenommen bleibt der mehrheitlich von Kosovoserben bewohnte Norden des Landes, wo die Sicherheitslage oberflächlich zwar ruhig, aber sehr unbeständig ist.

Auf absehbare Zeit bleibt die KFOR für die Stabilität Kosovos unverzichtbar. Ihre Präsenz stabilisiert durch flächendeckende Präsenz und erprobte Interventionsfähigkeit, bei Bedarf mittels rasch heranführbaren Reserven. Aus diesem Grund sieht die internationale Gemeinschaft derzeit keine Möglichkeit, auf die KFOR als robustes Instrument zur Absicherung der Stabilität Kosovos zu verzichten. Der Prozess zur etappenweisen Reduktion des KFOR-Bestandes ist indes seit geraumer Zeit eingeleitet.

Aktuelle Beurteilungen gehen davon aus, dass die KFOR ihre Interventionsfähigkeit, wenn auch in zahlenmässig reduziertem Ausmass, noch einige Jahre aufrechterhalten muss. Die Ideen für die Zukunft gehen derzeit davon aus, die KFOR dann in eine Beratungs- und
Ausbildungsmission für den Aufbau von demokratisch kontrollierten, rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichteten Sicherheitskräften umzubauen.

Das Interesse der Schweiz an einem gewaltfreien Kosovo ist unverändert hoch, da die Stabilität des Westbalkans, vor allem Kosovos, unmittelbar mit der Sicherheitslage in der Schweiz verbunden ist. Eine Verschlechterung der Sicherheitslage in Kosovo kann sich direkt auf die Schweiz auswirken. Vor diesem Hintergrund ist die 1

BBl 2008 517

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Weiterführung der KFOR-Präsenz als Teil eines fortgesetzten internationalen Engagements in Kosovo für die Schweiz von direktem Interesse.

Eine Verlängerung des SWISSCOY-Einsatzes ist deshalb folgerichtig, solange bei der KFOR Bedürfnisse nach schweizerischen Leistungen bestehen. Diese Situation ist gegeben.

Das angepasste künftige Leistungsspektrum der SWISSCOY fokussiert auf Leistungen zugunsten der KFOR, die unabhängig von der Grösse der KFOR zu erbringen sind. Aus diesen Gründen soll der Personalbestand der SWISSCOY auch künftig bei 220 Armeeangehörigen bleiben.

Jeweils per 31. Dezember legt das VBS zuhanden der Aussenpolitischen und Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte einen Zwischenbericht über den SWISSCOY-Einsatz vor.

Alle in der vorliegenden Botschaft gemachten Angaben beziehen sich auf den Stand Ende Oktober 2010. Zu diesem Zeitpunkt sind Prognosen über die weitere Entwicklung der politischen Lage nicht möglich. Die eidgenössischen Räte werden anlässlich der Behandlung der Botschaft über die aktuelle Lage informiert werden.

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Botschaft 1

Lagebeurteilung Kosovo

1.1

Ausgangslage

Am 23. Juni 1999 fällte der Bundesrat den Grundsatzentscheid, sich militärisch an der Kosovo-Friedenstruppe (KFOR) zu beteiligen. Dies als Teil des ganzen Paketes, das sich des Flüchtlings- und Vertriebenenproblems in der Schweiz annimmt, Hilfe in Kosovo vorsieht und einen Beitrag zur Stabilisierung der Region leistet. Mit Bundesbeschluss vom 12. September 2001 hat die Bundesversammlung die Schweizer Beteiligung an der KFOR genehmigt und in der Folge mit weiteren Bundesbeschlüssen bis zum 31. Dezember 2011 verlängert.

Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen haben die politischen Gremien auf internationaler Ebene beschlossen, den KFOR-Einsatz zur Absicherung der Stabilität Kosovos bis auf weiteres weiterzuführen, jedoch die Bestände etappenweise zu reduzieren. Es ist die allgemeine Meinung, dass dieser Reduktions-Prozess einige Jahre dauern wird.

Eine gewaltfreie und sichere Republik Kosovo ist für die Schweiz von besonderem Interesse, da die innere Sicherheit der Schweiz direkt von der Stabilität auf dem Balkan, vor allem in Kosovo betroffen sein kann. Rund 200 000 Personen aus der Republik Serbien und aus Kosovo sind in der Schweiz wohnhaft.2 Eine Verschlechterung der Sicherheitslage in Kosovo kann sich auf die Schweiz auswirken, weshalb die Schweiz nach wie vor ein hohes nationales Interesse an einem stabilen Kosovo hat.

1.2

Politische Entwicklungen in Kosovo

Nach Abschluss der im Jahr 2007 geführten Verhandlungen mit dem Resultat, dass keine Lösung zur Frage des Status von Kosovo ausgehandelt werden konnte, erklärte der Kosovo am 17. Februar 2008 in enger Absprache mit der Europäischen Union (EU) und den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) seine Unabhängigkeit.

Bei dieser Gelegenheit bekräftigte Kosovo die Einhaltung der Verpflichtungen, die aus dem Plan des Sondergesandten des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Martti Ahtisaari, resultieren. Dabei geht es insbesondere um den Schutz und die Förderung der nichtalbanischen Gemeinschaften. Ausserdem lud Kosovo die Europäische Union ein, seine Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX für den Aufbau von Justiz und Polizei umzusetzen. Und die NATO wurde gebeten, ihr Engagement in Kosovo mit der Beibehaltung der KFOR fortzusetzen. Die auf der Grundlage der Resolution 1244/1999 des UN-Sicherheitsrats nach wie vor präsente UNMIK wurde

2

Eine genaue Bezifferung der Grösse der kosovo-albanischen Diaspora in der Schweiz ist bis auf Weiteres noch nicht möglich, da es den bis zur Unabhängigkeitserklärung Kosovos grundsätzlich als Einwanderer aus Serbien bezeichneten albanischstämmigen Kosovaren erst seit Anfang 2009 möglich ist, ihren serbischen Pass in einen kosovarischen umzutauschen. Bis zur Niederschrift der Botschaft haben rund 42 000 Personen davon Gebrauch gemacht.

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stark redimensioniert und übt abgesehen vom Norden des Landes praktisch keine operative Funktion mehr aus.

Die neue Verfassung der Republik Kosovo trat am 15. Juni 2008 in Kraft. Dieses Regelwerk entspricht internationalen Standards und räumt insbesondere den Rechten von Minderheiten, deren Vertretung in den Institutionen und der Dezentralisierung besondere Bedeutung ein. Entsprechend den Verpflichtungen im obenerwähnten Ahtisaari-Plan wurden auch zahlreiche Gesetze verabschiedet. Insgesamt scheint nun der rechtliche und institutionelle Rahmen vorhanden zu sein, den das Land benötigt, um die politische und sozioökonomische Entwicklung erfolgreich zu durchlaufen. Somit sollte Kosovo in der Lage sein, sich der EU anzunähern. Dieses Ziel wurde von der Regierung in Pristina klar als Priorität deklariert. Nun muss die Regierung unter Beweis stellen, dass sie über genügend politischen Willen verfügt, um die zahlreichen und schwierigen Reformen zu realisieren, die noch erforderlich sind.

Bis heute wurde die Unabhängigkeit Kosovos von 70 Staaten anerkannt. Dazu gehören die Schweiz und die Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU (22 von 27), der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE (32 von 56), der NATO (22 von 26) und des Europarats (32 von 47).

Serbien dagegen trat der Unabhängigkeitserklärung Kosovos vehement entgegen und lancierte zu diesem Zweck eine sehr aktive diplomatische Kampagne. Eines der bekanntesten Ergebnisse bestand darin, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen am 8. Oktober 2008 an den Internationalen Gerichtshof (IGH) gelangte, um die Frage der Rechtmässigkeit der Unabhängigkeitserklärung Kosovos klären zu lassen. Am 22. Juli 2010 erliess der IGH sein Rechtsgutachten in dieser Sache. Er hielt fest, die Unabhängigkeitserklärung habe nicht gegen internationales Recht verstossen. Damit widersprach der IGH der Auffassung Serbiens, womit die Erwartungen der Regierung in Belgrad bitter enttäuscht wurden. In der Folge beschloss Serbien, der Generalversammlung der Vereinten Nationen eine neue Resolution vorzulegen. Damit wurde versucht, die Verhandlungen über den Status Kosovos wieder aufzunehmen. Nach Abschluss intensiver Verhandlungen namentlich mit der EU und Serbien, wurde eine Resolution im Konsensus verabschiedet, die festhält, dass zwischen Serbien und
Kosovo mit Unterstützung der EU ein Dialogprozess gefördert werden soll. Es wird davon ausgegangen, dass das Rechtsgutachten und diese Resolution zahlreiche Staaten veranlassen könnten, die Unabhängigkeit Kosovos ebenfalls anzuerkennen. Die EULEX-Mission, bei der es sich um die bisher grösste zivile Mission der EU handelt, konnte nach intensiven Verhandlungen am 9. Dezember 2008 lanciert werden. Diese Mission hat den Auftrag, den Rechtsstaat in drei zentralen Bereichen (Justiz, Polizei und Zollbehörde) zu stärken sowie die Korruption und die organisierte Kriminalität zu bekämpfen. Letztere Aufgabe entspricht in diesem Zusammenhang einer besonders schwierigen und grossen Herausforderung.

Daneben wurde mit dem International Civilian Office (ICO) ein internationales Büro kreiert, das für die Umsetzung der Vorgaben für den jungen Staat, insbesondere im Bereich der Minderheiten-Gemeinschaften, der Dezentralisierung, des Schutzes des religiösen und kulturellen Erbes stark engagiert ist und eng mit der Regierung zusammenarbeitet.

Eine Herausforderung von grundlegender Bedeutung für die Stabilität und die Zukunft Kosovos ist die Frage der Dezentralisierung. Diese hat den Zweck, in 8429

Kosovo eine angemessene Integration und Mitwirkung aller Gemeinschaften ­ insbesondere auch der serbischen Gemeinschaft ­ zu ermöglichen, aber auch den albanischen Bevölkerungsschichten den Zugang zu staatlichen Institutionen (wie z.B. Bildung oder Gesundheit) zu erleichtern und näher zu bringen. In diesem Zusammenhang ist zwischen dem Norden und dem Süden des Landes zu unterscheiden. Im Norden bestehen weiterhin Spannungen, und die Integrationsbereitschaft der Serben ist dort nach wie vor gering. Südlich des Flusses Ibar dagegen, wo neue Gemeinden mit mehrheitlich serbischer Bevölkerung gegründet wurden (was an sich schon einen beachtlichen Erfolg darstellt), nehmen die Serben zunehmend am politischen Leben Kosovos teil, und ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit Pristina steigt ebenfalls an.

Die Gemeindewahlen im November und Dezember 2009 entsprachen diesbezüglich einem wichtigen politischen Wendepunkt: Im Süden des Landes betrug die Wahlbeteiligung der serbischen Bevölkerung im ersten Wahlgang 15 bis 25 %, und im zweiten Wahlgang belief sie sich sogar auf bis zu 60 %, obwohl sich die Regierung in Belgrad für einen Boykott dieser Wahlen ausgesprochen hatte. Es kann zwar bei weitem noch nicht von einem durchschlagenden Erfolg gesprochen werden, doch diese positiven Entwicklungen geben in Bezug auf den Dezentralisierungsprozess immerhin Anlass für einen vorsichtigen Optimismus.

Die Schweiz leistet einen Beitrag zum Friedensprozess in Kosovo, indem sie lokale Projekte und Akteure unterstützt sowie internationalen Organisationen qualifiziertes Personal zur Verfügung stellt. Die Wiederherstellung des Vertrauens, die Auseinandersetzung mit der jüngeren Vergangenheit, die Verbesserung der Tätigkeit der Institutionen und der Schutz von Minderheiten sind gleichermassen bedeutende Ziele für die Stabilität Kosovos. Mit einem Beitrag von rund 7 Millionen Franken erleichtert die Schweiz den politischen Dialog zwischen den Gemeinschaften, unterstützt die Verfahren für die juristische und nicht-juristische Bearbeitung der Vergangenheit und engagiert sich für die Rechte sowie die Beteiligung von Minderheiten im Rahmen der Dezentralisierung. Der EULEX und dem Internationalen Zivilbüro (ICO) werden gegenwärtig 15 Expertinnen und Experten in den Bereichen Polizei, Justiz, Minderheiten und Vergangenheitsbewältigung
zur Verfügung gestellt.

Auf politischer Ebene kam als Ergebnis der Parlamentswahlen vom 17. November 2007 eine Koalition an die Macht, die von der Demokratischen Partei des Kosovo (PDK) von Hashim Thaci geleitet wird und der auch die Demokratische Liga des Kosovo (LDK) des am 27. September 2010 zurückgetretenen Präsidenten Sejdju (und des verstorbenen Präsidenten Rugova) sowie die serbische Partei SLS und die türkische Partei KDTP angehören. Die fragile Regierung ­ die Beziehungen zwischen der PDK und der LDK sind gespannt ­ ist mit den objektiven Schwierigkeiten in der Praxis (insbesondere auf wirtschaftlicher Ebene) konfrontiert und erweist sich angesichts der Störmanöver von Serbien immer wieder als recht unsicher. Ausserdem steht sie unter dem Druck der Öffentlichkeit, die mehr Unabhängigkeit und eine raschere Entwicklung in diese Richtung erwartet hatte.

Obwohl ein allfälliger EU-Beitritt noch in weiter Ferne liegt, engagiert sich Kosovo bereits jetzt für die europäische Integration. So wurde ein «Dialog» über den Stabilisierungs- und Anschlussprozess lanciert, bei dem es auch um eine Liberalisierung der Visabestimmungen geht.

Die Schweiz verfolgt in Bezug auf Kosovo aussen- und sicherheitspolitisch einen gesamtheitlichen Ansatz. Alle wichtigen Akteure ­ Verteidigung, Diplomatie (z.B.

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in der zivilen Friedensförderung oder der Migrationspolitik) und Entwicklungszusammenarbeit - sind mit wichtigen Beiträgen vertreten. Die beteiligten Stellen haben effiziente Synergien geschaffen und stimmen ihre Engagements in enger Koordination sowohl in Bern wie in der Region aufeinander ab. Es ist wichtig zu betonen, dass in der Vergangenheit das militärische Engagement eine Voraussetzung für die zivilen Beiträge war und dass die Präsenz der KFOR weiterhin für die Stabilisierung der Region und für die Sicherstellung der zivilen Engagements entscheidend ist. In diesem Sinne ist es auch zu begrüssen, dass die Beteiligung der Schweiz an der KFOR vorläufig in ähnlichem Umfang beibehalten wird, da gerade in dieser heiklen Phase von möglichen zukünftigen Verhandlungen zwischen Belgrad und Pristina, wie sie von der Anfang September 2010 verabschiedeten Resolution der UNOGeneralversammlung vorgeschlagen wurden, die Erhaltung der Stabilität ­ insbesondere auch im Norden Kosovos ­ von entscheidender Bedeutung ist. Ansonsten könnte dies negative Auswirkungen auf einen zukünftigen Dialog haben.

Die Schweiz engagiert sich seit langem politisch und operationell für einen Dialog zwischen den ethnischen Gruppen Kosovos und für eine Sicherung der Partizipation und der Rechte der verschiedenen Gemeinschaften. Sei dies durch konkrete Projekte, sei dies durch die Entsendung von Polizei- und anderen Experten. Eine Beteiligung an der KFOR ist in diesem Sinne eine effektive und effiziente Ergänzung und Umsetzung von schweizerischen Prioritäten im Bereich der Etablierung der Rechtsstaatlichkeit und des Aufbaus einer demokratischen Sicherheitsarchitektur.

1.3

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage in Kosovo kann als ruhig und stabil beschrieben werden. Eine Ausnahme bildet dabei der mehrheitlich von Kosovoserben bewohnte Norden des Landes, wo die Lage ebenfalls ruhig, jedoch sehr unbeständig ist.

Seit der Unabhängigkeitserklärung Kosovos im Februar 2008 hat sich die Sicherheitslage allgemein verbessert. So ist die Anzahl interethnischer Zwischenfälle unter albanischen und serbischen Kosovaren generell stark zurückgegangen. Dies kann zum Einen auf die verbesserte Arbeit der kosovarischen Polizei und der seit Ende 2008 aktiven Rechtsstaatlichkeitsmission der EU in Kosovo (EULEX) und andererseits auf die anhaltende Auswanderung der kosovoserbischen Bevölkerung zurückgeführt werden. Zudem ist festzustellen, dass kosovo-albanische, extremistische Gruppierungen seit der Unabhängigkeitserklärung wenig in Erscheinung getreten sind. Ein Grossteil dieser Gruppierungen musste erhebliche finanzielle Einbussen eingestehen, da das Interesse der kosovarischen Bevölkerung, und auch der Diaspora, an deren Themen beträchtlich abnahm. Gruppierungen wie die Bewegung für Selbstbestimmung, die Veteranenorganisationen oder die Albanische Nationalarmee haben sich in der Vergangenheit stark auf die Rechte der albanischen Bevölkerung, sowie der Unabhängigkeit Kosovos konzentriert, und konnten oder wollten sich nicht den neuen Gegebenheiten anpassen.

Im Norden des Landes ist jedoch weiterhin ein anhaltendes, interethnisch-motiviertes Gewaltpotenzial vorhanden, das sich an der Schnittstelle zwischen kosovoserbischen und kosovoalbanischen Siedlungsgebieten periodisch entlädt und in der Regel internationaler Intervention bedarf. Mehrere gewalttätige Zwischenfälle in den letzten Jahren, so beispielsweise die Auseinandersetzungen letztmals am 11. Sep8431

tember 2010 in Mitrovica, an denen auch Personal der KFOR durch Schusswaffen verletzt wurde, haben gezeigt, dass die multiethnische Stadt Mitrovica weiterhin Ausgangspunkt für interethnische Spannungen sein kann. Die Mehrzahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle im Norden des Landes ist jedoch auf kriminelle Hintergründe oder Grundstücksstreitigkeiten zurückzuführen.

1.4

Wirtschaftliche Lage

Zahlreiche Faktoren behindern Wiederaufbau und Stabilität in Kosovo. Vor allem die nach wie vor bestehenden ethnischen Spannungen, die Präsenz radikaler politischer Gruppierungen sowie die weit verbreitete organisierte Kriminalität beeinträchtigen die Sicherheit im Land. Bei einer Arbeitslosigkeit von etwa 50% lebt sowohl in den Städten als auch auf dem Land mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Armut oder extremer Armut.

Aus dem Krieg hervorgegangene organisierte Kriminalität kombiniert mit der albanischen Tradition einer engen Familienbande hat ein undurchsichtiges Netz von Verbindungen in Kosovo entstehen lassen, das die gesamte Gesellschaft durchsetzt.

Zwar wurde der EU-Standard der Gesetzgebung weitgehend übernommen, die Umsetzung ist bisher aber sehr lückenhaft. Die kaum vorhandene wirtschaftliche Perspektive bildet einen idealen Nährboden für diese kriminellen Aktivitäten.

Im Umfeld von Untergrundstrukturen, Verteilungskämpfen und Geschäftemacherei, wie sie die Kriegsgesellschaften aller betroffenen Balkanländer kennzeichneten, fand die organisierte Kriminalität ideale Existenz- und Wachstumsbedingungen. Die Hauptbedrohungen für die Sicherheit bilden heute Menschen- und Drogenhandel, Prostitution, illegale Bautätigkeit und Schmuggel, Erpressung sowie der Waffenhandel. Diese Bedrohungen können die immer noch im Aufbau befindlichen Behörden Kosovos nur zusammen mit der internationalen Gemeinschaft wirksam bekämpfen können. Die organisierte Kriminalität stellt keinen kosovarischen Sonderfall dar, sondern kann auch in den Nachbarstaaten Kosovo teils erhebliche Freiräume nutzen.

2

Die Rolle der KFOR

Der Grundauftrag der KFOR wird in der UNO-Resolution 1244 vom 10. Juni 1999 festgelegt. Er umfasst im Wesentlichen die ­

Schaffung und Erhaltung eines sicheren und stabilen Umfeldes;

­

Anwendung und Überwachung des Military Technical Agreements, das den Rückzug der serbischen Kräfte aus Kosovo sowie die Entwaffnung der kosovarischen Befreiungsarmee (UCK) vorsieht;

­

Unterstützung der zivilen UNO-Mission UNMIK sowie weiterer internationaler ziviler Partner.

In der Essenz hat die KFOR ein sicheres und stabiles Umfeld zu gewährleisten, in dem der soziale, politische und wirtschaftliche Wiederaufbau Kosovos erst möglich wird.

8432

2.1

Aufgaben der KFOR

Gewaltausbrüche und Unruhen mit kosovoweitem Eskalationspotenzial bleiben möglich. Es gibt deshalb vorderhand keine realistische Alternative zur Präsenz von Friedenstruppen zur Gewährleistung eines sicheren und stabilen Umfeldes.

2.2

Entwicklungen in der KFOR

Für die multinationale KFOR steht die lagegerechte und vom Mittelansatz her optimierte Auftragserfüllung im Vordergrund. Es haben sich für die KFOR Möglichkeiten zum Abbau der Truppenbestände und zur Anpassung der Aufgabengebiete ergeben, welche verschiedenen truppenstellenden Staaten ermöglichten, ihre Truppen für andere internationale Einsätze freizuspielen.

Das von der NATO unter Beizug der Nicht-NATO-Truppensteller beschlossene Konzept zur Verringerung der KFOR findet in drei Etappen (sogenannte Gates) statt. Im Rahmen von Gate 1 erfolgte eine schrittweise Reduktion von 14 000 KFOR-Angehörigen auf derzeit rund 10 000. Der Übergang zum Dispositiv Gate 2 ist mit einer Reduktion auf ca. 5700 KFOR-Soldaten verbunden. In Gate 3 schliesslich wird die KFOR auf rund 2300 Angehörige heruntergefahren.

Am 29. Oktober 2010 beschloss die NATO, das Dispositiv Gate 2 einzuleiten, den Bestand also auf rund 5700 zu verringern.. Dieser Entscheid wurde aufgrund der positiven Entwicklungen der Sicherheitslage vor Ort gefällt. Reduktionsautomatismen früherer Zeiten, welche den negativen Eindruck erwecken konnten, dass die KFOR-Staaten ihre Dispositionen unbesehen der Sicherheitslage vor Ort trafen, konnten mit diesem Vorgehen vermieden werden. Damit werden für potenzielle Unruhestifter die Anreize reduziert, die automatisch erscheinende Auflösung der internationalen Militärpräsenz einfach abzuwarten. Der definitive Bezug von Gate 2 wird ungefähr 3­4 Monate dauern, also im Frühjahr 2011 vollzogen sein.

Die Einnahme des Dispositivs von Gate 1 erfolgte ohne substanzielle Veränderungen der KFOR-Struktur. Es handelte sich im Wesentlichen um eine Truppenausdünnung.

Hiermit sind mit dem Übergang ins Gate 2 strukturelle Anpassungenverknüpft.

Konkret verschiebt sich dabei der Fokus der operativen Schwergewichte der im Kosovo stationierten Truppenteile: die Wahrnehmung von infanterielastigen Schutzaufgaben wird substanziell reduziert, die Nachrichten- und Informationsbeschaffung und -auswertung soll im Gegenzug ausgebaut werden. Die direkte Interventionsfähigkeit der KFOR soll durch Konzentration der KFOR an bekannten Brennpunkten sowie durch gesteigerte Mobilität erhalten bleiben. Statische Schutzaufgaben, die bislang von der KFOR wahrgenommen werden, gehen an die kosovarischen Sicherheitskräfte, die dabei von der KFOR
überwacht werden.

Dies bedeutet, dass die KFOR in Gate 2 ihre Fähigkeiten in den Bereichen der Aufklärung, der Überwachung und der Nachrichten/Informations-beschaffung und analyse erheblich ausbauen muss. Da gleichzeitig weniger Truppen im selben Raum verfügbar sind, steigen die Anforderungen an die Mobilität der KFOR: Neben der Fähigkeit zum Lufttransport von Truppenteilen ist sicherzustellen, dass die Mobilität

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am Boden auch unter schwierigen Bedingungen erhalten bleibt. Hierzu sind Geniemittel und Elemente zur Kampfmittelbeseitigung wichtig.

Das Konzept der KFOR sieht weiter vor, dass bei einer Eskalation der Sicherheitslage oder einer entsprechenden Gefahr vorausbezeichnete Reserve-Verbände Kosovo zugeführt werden. Diese Reserveteile sind bereits heute in verschiedenen Staaten, vornehmlich grösseren NATO-Staaten, ausgeschieden und können rasch vor Ort verbracht werden. Die Schweiz ist an diesem Reservesystem nicht beteiligt.

Der vorgesehene Truppenabbau wird auch zu einer Reduktion der KFOR-Standorte in Kosovo und zu entsprechenden Konzentrationen führen. Die Planung sieht vor, dass mittelfristig von den heute 21 KFOR-Standorten bis zu 16 geschlossen werden.

Daneben sind Änderungen im Logistikbereich geplant. Vor allem die Transportkapazitäten gilt es so zu reorganisieren, dass die entsprechenden Aufgaben effizient und mit möglichst wenigen Truppen ausgeführt werden können.

Es wird davon ausgegangen, dass Umbau und Reduktion der KFOR mehrere Jahre dauern wird. Die Ideen für die Zukunft der KFOR gehen derzeit davon aus, dass diese nach Erreichen von Gate 3 in die nächste Operationsphase übergehen (Minimal Presence) und gleichzeitig in eine Beratungs- und Ausbildungsmission für den Aufbau von demokratisch kontrollierten, rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichteten Sicherheitskräften umgebaut wird. Es ist denkbar, dass die NATO aufgrund der fehlenden Einmeldungen von Truppen den Reduktionsschritt Gate 3 auslässt und direkt das Dispositiv von Minimal Presence beziehen wird.

3

Anpassung der SWISSCOY

3.1

Auftrag der SWISSCOY

Das Schweizer KFOR-Kontingent SWISSCOY umfasst zurzeit 220 Personen. Das Gros der SWISSCOY operiert aus dem Feldlager CASABLANCA in Suva Reka.

Dieses Feldlager wird zusammen mit dem österreichischen KFOR-Kontingent betrieben.

Die verschiedenen Veränderungen der operativen und bestandesmässigen Ausrichtung der KFOR hatten seit Frühjahr 2010 Auswirkungen auf die Struktur der SWISSCOY. Richtschnur für die Anpassungen waren die neuen Bedürfnisse der KFOR sowie die Möglichkeiten der Schweizer Armee, im Rahmen der Vorgaben des geltenden Bundesbeschlusses ihre besonderen Stärken entsprechend einbringen zu können.

Für die Phasen Gate 2 und Gate 3 der KFOR ist die Schweizer Armee vor allem in den Bereichen Logistik und Transport, Genie und Kampfmittelbeseitigung sowie Nachrichten- und Informationsbeschaffung prädestiniert. Für die KFOR unverzichtbar ist die Fortsetzung der schweizerischen Lufttransportunterstützung. Für die NATO entspricht der Einsatz eines Transporthelikopters der Wertigkeit eines Truppen-Äquivalents von 70 Infanteristen. Mit dem Lufttransport-Detachement gehört die Schweiz zu den vier Staaten, die entsprechende Leistungen zugunsten der KFOR erbringen. Dabei stellen die Schweizer Transporthelikopter gegenwärtig die grösste Kapazität pro Maschine in der KFOR, was vor allem für die rasche Verschiebung von Truppenteilen im Bedarfsfall entscheidend sein kann.

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Die SWISSCOY erbringt ferner Leistungen zu Gunsten des deutschen und österreichischen KFOR-Kontingentes. Diese Dienste sind zum Grossteil standortabhängig, d.h. sie sind so lange zu erbringen, wie die entsprechenden Installationen und Infrastrukturen aktiv genutzt werden. Das Gros dieser Leistungen fällt im Feldlager CASABLANCA an, womit die Angehörigen der SWISSCOY wiederum indirekt davon profitieren.

Das künftige Leistungsspektrum der SWISSCOY fokussiert sich auf Leistungen zugunsten der KFOR, die unabhängig von deren Grösse zu erbringen sind. Entsprechend wird der Gesamtbestand der SWISSCOY gegenüber der aktuellen Grösse nur moderat zurückgehen. Der Truppenabbau anderer Staaten führt deshalb dazu, dass das relative Gewicht des Schweizer Beitrags an die KFOR mit jedem ihrer Reduktionsschritte proportional zunimmt. Aus diesen Gründen soll der Personalbestand der SWISSCOY auch künftig bei 220 Armeeangehörigen bleiben.

Bezüglich der Auftragserfüllung in der Vergangenheit darf festgehalten werden, dass die Partner die SWISSCOY als zuverlässig, verlässlich und professionell agierend einschätzen. Die SWISSCOY hat sich vor Ort einen ausgezeichneten Ruf erworben. Die Fremdsprachengewandtheit sowie das zivile Know-how, welches unsere freiwilligen Militärangehörigen in den Einsatz bringen, spielen dabei eine vorteilhafte Rolle.

3.2

Aufgabenbereiche der SWISSCOY im Gate 1

Mit der Anpassung des Leistungsspektrums stellte die SWISSCOY neu zwei sogenannte Liaison and Monitoring Teams (LMT) und ein Team zur Kampfmittelbeseitigung (Explosive Ordnance Disposal, EOD). Gleichzeitig wurden die Infanterieleistungen reduziert, die von der KFOR nicht mehr im bisherigen Ausmass benötigt wurden.

Die LMT sind Teil des Frühwarnsystems, das die KFOR im Nachrichten- und Informationsbereich aufbaut. Dabei besteht das Ziel darin, durch eine offene Präsenz und direkte Kontakte zu den lokalen Behörden, zur einheimischen Bevölkerung, zu vor Ort tätigen Repräsentanten der UNO, der EU und von Nichtregierungsorganisationen ein umfassendes Lagebild zu erhalten und allfällige negative Trends möglichst frühzeitig zu erkennen, und zu verfolgen. Das weit verbreitete Netzwerk der LMT führt auch dazu, dass die KFOR auch mit weniger Truppen in ganz Kosovo dauerhaft präsent bleibt.

Das Konzept der LMT lehnt sich eng dasjenige der Liaison and Observation Teams (LOT) an, das in Bosnien und Herzegowina seit 2004 erfolgreich praktiziert wird und mit dem die Schweizer Armee bereits Erfahrungen sammeln konnte. Dabei zeigte sich, dass die Schweizer Armeeangehörigen für derartige Aufgaben gut geeignet sind, da sie in dieser Tätigkeit von ihrer Ausbildung und ihren Erfahrungen aus dem zivilen und militärischen Umfeld profitieren können.

Auch in Kosovo hat die Bevölkerung zu den LMT Vertrauen gefasst und ist bereit, dieses Instrument auch zu benutzen, d.h. ihre wahren Einschätzungen und Sorgen mit den LMT zu teilen. Die ersten Erfahrungen zeigen weiter, dass der Einsatz von Militärs für diese Aufgabe ebenfalls ein grosser Vorteil ist. Mit dem Tragen von Uniformen wird einerseits deutlich Präsenz vor Ort markiert. Andererseits können die LMT auch dann noch agieren, wenn sich die Sicherheitslage verschärft.

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Das im Rahmen des Übergangs zu Gate 1 entsandte Kampfmittelbeseitigungsteam, das für Aufgaben in internationalen Friedensmissionen ausgebildet ist, besteht aus Spezialisten, die als militärisches Berufspersonal dem Kompetenzzentrum für Kampfmittelbeseitigung angehören. Vor Ort kann das Team für sämtliche Aufgaben der Beurteilung und Räumung von Kampfmitteln eingesetzt werden. Durch seine Motorisierung und seinen Schutz ist es in ganz Kosovo einsatzfähig.

3.3

Aufgabenbereiche der SWISSCOY in den Gates 2 und 3

Wie bereits angeführt, werden für die Phasen Gate 2 und Gate 3 schwergewichtig Leistungen in den Bereichen Logistik und Transport, Genie und Kampfmittelbeseitigung sowie Nachrichten- und Informationsbeschaffung benötigt. So ist die weitere Bereitstellung eines Lufttransportdetachementes (Helikopter) für die KFOR von grösster Bedeutung. Ebenso ist die Fortführung der Bereitstellung der Nachrichtenzellen (Swiss Intelligence Cell, SWIC), der Militärpolizeikomponente, des Sanitätspersonals und der Stabsoffiziere vorgesehen. Daneben soll die 2010 begonnene, bereits dargestellte Entsendung LMT so erhöht werden, dass die SWISSCOY in diesen Phasen mindestens vier LMT stellt.

Zusätzlich erhöht die Schweiz ihren Beitrag an die Transportkapazität der KFOR in Kosovo und auf den Logistikachsen nach Kosovo. Schweizer Motorfahrer sind dafür besonders geeignet, weil ihr ziviler Hintergrund das Führen verschiedener Fahrzeugtypen zulässt.

Ausgewiesenen Bedürfnissen der KFOR entsprechend belässt die Schweiz ihre Teams zur Kampfmittelbeseitigung und baut gleichzeitig ein Genie-Element auf.

Letzteres soll überwiegend mit freiwilligen Milizangehörigen bestückt werden.

Gleichzeitig kann die Infanteriekomponente der SWISSCOY signifikant reduziert werden. Im Ergebnis werden nur noch die Infanterieelemente rekrutiert, die für den Schutz der eigenen Infrastruktur im Camp CASABLANCA notwendig sind, solange dieses noch im Operationskonzept der KFOR figuriert.

3.4

Weitere Entwicklungsmöglichkeiten

In der heutigen Planung wird davon ausgegangen, dass die SWISSCOY spätestens mit Vollzug des dritten Reduktionsschrittes (Gate 3) ihr Schwergewicht auf Leistungen in den Bereichen Mobilität und Nachrichten-/Informationsbeschaffung legen wird. Mit dieser Perspektive prüft das VBS die Möglichkeit, auf der Basis desintegrierten Funk-Aufklärungs- und -Sendesystems (IFASS) Leistungen im Bereich der elektronischen Aufklärung zu erbringen.

Für die Gewährleistung einer minimalen taktischen Mobilität ist die KFOR weiterhin auf das Lufttransportdetachement angewiesen. Auch die Transportkapazitäten am Boden dürften über Gate 3 hinaus benötigt werden. Deren Umfang kann heute jedoch noch nicht klar abgeschätzt werden.

Die Schweiz plant, die SWISSCOY so lange am gegenwärtigen Standort in Suva Reka zu behalten, wie es aus operationellen und betriebswirtschaftlichen Gründen sinnvoll ist. Da das Feldlager CASABLANCA nicht von der KFOR, sondern bilate8436

ral von Österreich und der Schweiz betrieben wird, untersteht es auch nicht der entsprechenden KFOR-Verfügungshoheit. In jedem Fall müssen Entscheidungen über Betrieb oder Schliessung des Camps CASABLANCA von der Schweiz und Österreich gemeinsam gefällt werden. Sollte der Standort Suva Reka geschlossen werden, sind in Kooperation mit der KFOR und anderen Partnern neue Lösungen zu finden.

3.5

Möglichkeit einer temporären Kontingentsaufstockung

Mit Bundesbeschluss vom 11. Juni 2008 wurde der Bundesrat ermächtigt, das Kontingent über die Obergrenze von 220 Angehörigen der Armee hinaus bei Bedarf mit maximal 50 Personen für höchstens zwei Monate zum Zweck der Instandhaltung oder für verstärkte Sicherung bei erhöhter Bedrohung aufzustocken.

Mit Blick auf die bereits vollzogenen und noch anstehenden Veränderungen in der Struktur der KFOR soll die Flexibilität erhöht werden, das Kontingent im Bedarfsfall zeitlich befristet aufstocken zu können. Der Grund liegt darin, dass der normale Kontingentsbestand auf die Erbringung der Leistungen ausgerichtet ist, welche mit der KFOR vereinbart wurden. Ausserordentliche Ereignisse wie Standortwechsel oder Rückbau des bisherigen Feldlagers CASABLANCA können innerhalb dieser personellen Obergrenze parallel zur weitergehenden Leistungserbringung nicht bewältigt werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Standortschliessung ansteht und die Leistungen der SWISSCOY künftig dezentraler aus weniger Feldlagern zu erbringen sind, die multinationaler durchmischt sind. Die KFOR versucht damit, den Bedarf an Kräften zu reduzieren, die eigene Installationen bewachen müssen.

Zum Zweiten können vorübergehende Lageverschärfungen vor Ort, die erhöhten Sicherheitsbedarf nach sich ziehen, nach wie vor nicht ausgeschlossen werden.

Die Möglichkeit einer temporären Kontingentsaufstockung für mehr als die bislang bewilligten zwei Monate böten der Schweiz erstmals die Möglichkeit, für die Dauer von sechs bis zwölf Monaten innerhalb der KFOR Generalsposten wahrzunehmen, was in aller Regel an die Bereitschaft des entsprechenden Landes gebunden ist, für die Dauer der entsprechenden Kommandierung das fragliche Hauptquartier mit zusätzlichem Stabspersonal zu verstärken. Die Wahrnehmung einer solchen Führungsposition würde einerseits das Profil der Schweiz innerhalb der KFOR sichtbar erhöhen und wäre für die Armee eine wertvolle Gelegenheit, ihre personelle Qualität auf eine neue Art unter Beweis zu stellen.

Es ist möglich, dass diese verschiedenen Zusatzaufgaben gleichzeitig erfüllt werden müssen.

Aus diesen Gründen soll die bestehende Möglichkeit der temporären Kontingentsaufstockung von 50 Personen für höchstens zwei Monate auf neu maximal 80 Personen für eine jeweils beschränkte Zeit von höchstens zwölf Monaten angehoben
werden. Die zusätzlichen Personen, die primär aus dem zivilen und militärischen Berufspersonal rekrutiert würden, wären in speziellen Detachementen zusammengefasst und würden bedarfs- und aufgabenspezifisch eingesetzt. Theoretisch könnten so für maximal zwölf Monate bis zu 300 Personen dem SWISSCOYKontingent angehören.

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Eine temporäre Kontingentsaufstockung innerhalb der hier beschriebenen Parameter soll durch einen Bundesratsbeschluss ausgelöst werden.

3.6

Nationales Interesse an Weiterführung des Einsatzes

Die SWISSCOY ist das bislang mit Abstand grösste Engagement der Schweiz im Rahmen der militärischen Friedensförderung. Für eine Weiterführung eines substanziellen Engagements der Schweizer Armee an der multinationalen Friedenstruppe KFOR sprechen folgende Überlegungen: ­

Der Westbalkan hat aussen- und sicherheitspolitisch für die Schweiz hohe Priorität. Keine Region hat in den letzten Jahren pro Kopf der Bevölkerung so viel schweizerische Hilfe erhalten wie Kosovo. Eine erfolgreiche Fortsetzung unseres politischen und wirtschaftlichen Engagements setzt voraus, dass vor Ort kein Sicherheitsvakuum entsteht.

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Die Schweiz kann nicht erwarten, dass andere Staaten sich für die militärische Absicherung der Sicherheitslage in Kosovo engagieren, wenn sie selbst als unmittelbar betroffener Staat ihren Beitrag künftig verweigern sollte. Die Schweiz kann aufgrund ihrer besonderen Vergangenheit, der traditionellen Neutralität und politischen Strukturen auf gewisses Verständnis zählen, dass sie internationalen Stabilisierungseinsätzen mit kriegsähnlichen Merkmalen, wie zum Beispiel in Afghanistan, fernbleibt. Ein Rückzug aus ihrem unmittelbaren Interessenraum Westbalkan, solange sie noch gebraucht wird, wäre hingegen schwierig vermittelbar.

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Weder die Schweiz noch ihre europäischen Nachbarn können ein Interesse daran haben, dass in Kosovo ein Sicherheitsvakuum entsteht. Den Bemühungen des noch schwachen kosovarischen Staates, mit Unterstützung vor allem der EU-Mission EULEX, mit schweizerischer Beteiligung, die organisierte Kriminalität schrittweise einzudämmen, würde eine wesentliche Grundlage entzogen, mit Auswirkungen auf die Stabilität im gesamten Westbalkan.

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Die Schweiz ist ein bewährter, zuverlässiger und geschätzter Partner der KFOR geworden, die Leistung der SWISSCOY wird von den für die Schweiz wichtigen Partnern anerkannt. Der Kosovoeinsatz hat bis heute wesentlich zum Ansehen der Leistungsfähigkeit der Schweizer Armee beigetragen und hat relevante Erkenntnisse für zukünftige Einsätze gezeitigt.

3.7

Kompatibilität mit dem Sicherheitspolitischen Bericht 2010

Die Fortsetzung des militärischen Engagements in Kosovo entspricht zentralen Aussagen im Sicherheitspolitischen Bericht 2010 zur militärischen Friedensförderung. So ist es die Absicht des Bundesrates, diese Engagements quantitativ wie qualitativ zu stärken. Der Einsatz ist zudem in ein departementübergreifendes, gesamtheitliches Engagement der Schweiz im Westbalkan eingebettet. Weiter ermöglicht der KFOR-Einsatz der Schweiz, hochwertige Leistungen und solche im Bereich traditioneller Schweizer Stärken zu erbringen. Auch verstärkt die Schweiz 8438

durch die Langfristigkeit des Ansatzes ihren Ruf als verlässlicher Partner. Nicht zuletzt passt sich die Schweiz mit der Neuorientierung des Leistungsspektrums flexibel an die wandelnden Bedürfnisse der internationalen Gemeinschaft an und soll noch vermehrt in Bereichen tätig sein, die den komparativen Vorteilen der Schweiz entsprechen. Eine Verlängerung des SWISSCOY-Einsatzes ist aus diesen Gründen folgerichtig.

3.8

Nutzen für die Armee

Die Armee zieht aus dem Einsatz der SWISSCOY wichtige Lehren und Erkenntnisse, die sowohl für andere Armeeeinsätze als auch für die Ausbildung genutzt werden. So fliesst Einsatzerfahrung vor allem der Kader in die Ausbildung im Inland zurück. Eigene Verfahren und die eigene Ausrüstung können im Einsatz geprüft bzw. angepasst und verbessert werden. Der Einsatz über längere Zeit hat zu Verbesserungen in Unterhalt und in der Wartung im Einsatz geführt. Der Dauereinsatz von Fahrzeugen und Geräten offenbarte bislang nicht erkannte Schwachstellen, die in der Folge behoben werden konnten. So wurden beispielsweise bei den Radschützenpanzern die Gasdruckfederbeine der Einzelradaufhängungen verstärkt, da sich deren ursprüngliche Version beim SWISSCOY-Dauereinsatz als zu wenig robust erwiesen hatte. Die Erfahrungen in den SWISSCOY-Einsätzen führten zur Verbesserung oder Einführung gewisser Ausrüstungsgegenstände (zum Beispiel Kampfgilet verbunden mit schusssicherer Weste).

Erfahrungen aus der Führungs- und Stabsorganisation im Einsatz sind direkt in die entsprechenden Reglemente eingeflossen. Am wertvollsten sind jedoch die Erfahrungen, die aufgrund der langen Einsatzdauer im Bereich der Führung gemacht werden konnten: Die rund um die Uhr zu gewährleistende Bereitschaftssteuerung im Einsatz und die Aufrechterhaltung und Durchsetzung von Disziplin in einem Arbeitsumfeld, in dem menschliche Kompensationsmöglichkeiten fehlen und Phasen von periodischer Unterbeschäftigung einzelner Kontingents-Elemente auftreten können, stellt überproportionale Anforderungen an die Führung, die in keinem anderen Kontext geübt oder simuliert werden können.

3.9

Dauer des Einsatzes

Der Einsatz der SWISSCOY wurde bei ihrer ersten Entsendung 1999 vom Bundesrat jeweils auf ein Jahr beschlossen, in der Periode 2001­2004 von der Bundesversammlung (zuständig für einen bewaffneten Einsatz von mehr als 100 Armeeangehörigen) für zwei Jahre und seit 2005 für drei Jahre. In der UNO-Resolution 1244 wurde die internationale Sicherheitspräsenz im Kosovo für einen Zeitraum von zwölf Monaten eingerichtet, «der verlängert wird, sofern der Sicherheitsrat nichts anderes beschliesst.» Aktuelle Beurteilungen gehen davon aus, dass die KFOR ihre Interventionsfähigkeit, wenn auch in zahlenmässig reduziertem Ausmass, noch einige Jahre aufrechterhalten muss.

Die Dauer des SWISSCOY-Einsatzes soll dementsprechend für drei Jahre verlängert werden, d.h. bis zum 31. Dezember 2014. Eine vorherige Beendigung kann auf Beschluss des Bundesrates erfolgen. Der Bundesrat informiert die Aussenpolitischen 8439

und Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte gemäss Artikel 152 Absatz 2 Parlamentsgesetz (ParlG).

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die aktuelle Finanzplanung 2012 bis 2014 sieht für den militärischen Kontingentseinsatz im Umfang der SWISSCOY angenommene jährliche Kosten in der Höhe von 37,5 Millionen Franken vor.3 Mehrkosten gegenüber der aktuellen Finanzplanung müssen vollumfänglich im Rahmen des Ausgabenplafonds der Armee aufgefangen werden.

Für die Berechnung der finanziellen Auswirkungen werden im Folgenden zunächst die Kosten für das SWISSCOY-Kontingent aufgezeigt, das mit einem Sollbestand von 220 Personen dauerhaft vor Ort im Einsatz steht. Dabei werden die aktuellen Kosten, die geplanten Ausgaben bei einem Verbleib im Feldlager CASABLANCA bzw. bei einem Standortwechsel aufgezeigt, d.h. dem Bezug eines Standortes, der von einem Partner (KFOR oder Partnerstaat) betrieben wird. Während die Kostenabschätzung beim Feldlager CASABLANCA auf klaren Erfahrungswerten erfolgen kann, muss bei der Variante des Standortwechsels naturgemäss auf Schätzwerte zurückgegriffen werden. Diese basieren auf aktuell verfügbaren Daten, werden jedoch im Falle des Standortwechsels im Detail auszuhandeln sein.

3

Hierbei handelt es sich um effektiv anfallende Kosten, nicht um Vollkosten.

8440

4.1

Finanzielle Auswirkungen

Für das dauernd in Kosovo präsente SWISSCOY-Kontingent präsentieren sich die finanziellen Auswirkungen wie folgt: Rubrik

Aktueller Kostenrahmen

Geplanter Kostenrahmen mit Standort Feldlager CASABLANCA 2012­2014

Geplanter Kostenrahmen an neuem Standort4 2012­2014

Basisausgaben, Material, Nach-/ Rückschub, Instandhaltung, Rekrutierung

1 362 000

2 000 000

800 000

Betriebsausgaben, Verpflegung, Betriebsstoff, Kommunikation

6 098 000

5 500 000

9 400 000

Einmietung von Flugleistungen5

3 900 000

4 000 000

4 000 000

Personalausgaben

23 340 000

24 900 000

24 900 000

Projektbezogene Mitarbeitende/ Zentrale

2 800 000

3 500 000

3 500 000

Jährliche Gesamtkosten

37 500 000

39 900 000

42 600 000

Bei den Basisausgaben ist zu beachten, dass sich grosse Teile der Infrastruktur und gewisse Geräte und anderes Material seit 1999 im Dauereinsatz befinden. Dies hat zur Folge, dass der Instandhaltungsaufwand und Erneuerungsbedarf beim Verbleib im Feldlager CASABLANCA entsprechend zunimmt. Unter den Basisausgaben werden auch die Kosten verrechnet, die nicht nur bei der Rekrutierung, sondern auch bei der Ausbildung der SWISSCOY-Angehörigen anfallen, aber nicht Lohnkosten der projektbezogenen Mitarbeitenden in der Zentrale sind. Bei einem Standortwechsel fallen zwar die entsprechenden Infrastrukturkosten weg; die im Einsatz befindlichen Geräte und das Material verursachen aber weiterhin Instandhaltungs- und Erneuerungskosten.

An einem neuen Standort fallen bei den Betriebsausgaben zusätzliche Kosten an, da die Schweiz Unterkunfts- und Verpflegungskosten finanzwirksam bezahlen. Auch fallen mit der Schwergewichtsbildung LMT höhere finanzwirksame Kosten für Miete und Verpflegung an, da die LMT-Teams dezentral stationiert sind.

Bei einem Standortwechsel ist noch offen, was mit der bestehenden Infrastruktur des Feldlagers CASABLANCA geschehen soll. Neben einem Abbau und Rücktransport in die Schweiz sind auch andere Optionen wie die Abgabe an die UNO, die EU etc.

denkbar. In jedem Falle werden jedoch die sensiblen oder wiederverwendbaren Installationen (z.B. Funk und Kommunikationsmittel, Wasseraufbereitung) abgebaut 4 5

Exklusive Umzugskosten. Vgl. hierzu Ziffer 4.2.

Personalkosten der Luftwaffenangehörigen inkl. deren Flugzulagen werden mittels nachträglichen Belastungen dem Einsatz SWISSCOY belastet und sind in diesen Zahlen inbegriffen. Das Gleiche gilt für die Infrastruktur, welche die Luftwaffe im Einsatzgebiet benötigt. Der Betriebsstoff sowie die Ersatzteile werden nicht belastet, weil diese Kosten im Rahmen des ordentlichen Luftwaffenbudgets budgetiert sind und es unerheblich ist, ob diese Kosten in der Schweiz oder im Kosovo anfallen.

8441

und in die Schweiz bzw. an den neuen Standort verschoben. Für diese Abbau- und allfälligen Übergabearbeiten ist ein Spezialdetachement notwendig. Die Kosten für diese Abbruch- und Aufräumarbeiten sind in Ziffer 4.2 in den Basisausgaben ausgewiesen.

Bei den Personalkosten ist zu beachten, dass mit der Verlagerung von Infanteriekräften zu LMT und zu Fachspezialisten das Anforderungsprofil steigt, was sich naturgemäss auch in den entsprechenden Lohnkosten niederschlägt.

Insgesamt steigen die Gesamtausgaben für das permanent vor Ort stationierte SWISSCOY-Kontingent ab dem Jahre 2012 auf 39,9 Millionen Franken bzw. auf maximal 42,6 Millionen Franken, wenn ein Standortwechsel vorzunehmen ist.

Letzteres stellt einen Schätzwert dar. Nicht aufgeführt sind hingegen allenfalls entstehende, aktuell jedoch nicht bezifferbare Infrastruktur- und übrige Kosten, die durch grundlegende Veränderungen in der KFOR-Organisation oder bei der Aufgabe des aktuellen Standortes anfallen könnten.

4.2

Finanzielle Auswirkungen zusätzlicher flexibler Elemente

Die allfällige Entsendung von zusätzlichen Spezialelementen, wie sie in Ziffer 3.5 beschrieben sind, würde unter den getroffenen Annahmen die folgenden finanziellen Auswirkungen zeitigen: Rubrik

Standortwechsel, Abbau Feldlager CASA-BLANCA

Erhöhung des Schutz-grades vor Ort

Angenommene Einsatzdauer vor Ort Angenommene Detachementsgrösse Basisausgaben, Material, Nach-/ Rückschub, Instandstellung/Übergabe Betriebsausgaben, Verpflegung, Betriebsstoff, Kommunikation Personalausgaben

2­4 Monate max.

60 Personen

2­4 Monate ca.

20 Personen

6 Monate

12 Monate

ca.

20 Personen

ca.

25 Personen

5 270 000

-

-

-

300 000

150 000

275 000

550 000

930 000

500 000

1 500 000

3 600 000

6 500 000

650 000

1 775 000

4 150 000

Zusatzkosten für Spezialdetachement pro Einsatz

Besetzung höherer Besetzung Stabsfunktionen höherer Kommandantenfunktionen

Im Gegensatz zu den Zahlen, die in Ziffer 4.1 ausgewiesen sind, fallen die hier genannten Kosten nur dann an, wenn der Bundesrat die Entsendung eines entsprechenden Detachements genehmigt.

8442

4.3

Personelle Auswirkungen

Seit Einsatzbeginn der SWISSCOY im Jahre 1999 liegt die Anzahl der bewilligten projektbezogenen Mitarbeitenden stabil bei maximal 25. Diese Zahl bleibt unverändert, da die Grösse der SWISSCOY ebenfalls stabil bleibt. Aufgrund des vollzogenen Personalabbaus bei den Zeitkadern in den Lehrverbänden und aufgrund der durch teilweise neue Aufgaben der SWISSCOY komplexer gewordenen einsatzbezogenen Ausbildung soll das Ausbildungszentrum durch neun projektbezogen angestellte Zeitkader verstärkt werden. Damit werden die einsatzbezogene Ausbildung und die Einsatzfähigkeit sowie die Sicherheit der eingesetzten Armeeangehörigen gewährleistet.

4.4

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und die Kantone

Die Fortführung des SWISSCOY-Einsatzes hat, ausser für den Standortkanton des Kompetenzzentrums SWISSINT, den Kanton Nidwalden, keine Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und die Kantone.

5

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 20046 über die Legislaturplanung 2007-2011 noch im Bundesbeschluss vom 18. September 20087 über die Legislaturplanung 2007-2011 konkret angekündigt. Sie entspricht jedoch dem Ziel 7 der Legislaturplanung 2007-2011 «Sicherheitspolitik umsetzen», zu welchem es in der Botschaft des Bundesrates heisst: «Die Sicherheit der Schweiz und ihrer Bewohner erfordert aber auch ein Engagement jenseits der Grenzen: Instabilität und bewaffnete Konflikte, selbst in weit entfernten Gebieten, können sich direkt und unmittelbar auf die Sicherheit der Schweiz auswirken. Die Friedensförderung mit zivilen und militärischen Mitteln kann hier einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der Schweiz leisten.» Mit dem vorliegenden Bundesbeschluss soll die Fortführung des Einsatzes der SWISSCOY in KFOR bis zum 31. Dezember 2014 verlängert werden, wobei die Schweiz jederzeit die Möglichkeit hat, den Einsatz zu beenden.

6

Rechtliche Aspekte

6.1

Verfassungsmässigkeit

Im Artikel 58 Absatz 2 gibt die Bundesverfassung (BV) der Armee folgenden Auftrag: «Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen». Artikel 1 Absatz 4 des Militärgesetzes führt denn auch 6 7

BBl 2008 753 BBl 2008 8543

8443

aus, dass die Armee im Rahmen ihres Auftrags friedensfördernde Beiträge im internationalen Rahmen zu leisten hat.

Die Verfassungsmässigkeit des Friedensförderungsdienstes wurde bereits mehrfach geprüft und bejaht, soweit die Einsätze auf Freiwilligkeit beruhen (vgl. insbesondere Botschaft vom 8. September 1993 betreffend das Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung sowie den Bundesbeschluss über die Organisation der Armee, BBl 1993 IV 1, Ziff. 61; H. Meyer, St. Galler Kommentar zu Art. 58 BV, Rz. 12).

Keine Rolle spielt dabei, welche Massnahmen zum Schutz von Personen, Truppen und Auftragserfüllung vorgenommen werden, wie insbesondere die Bewaffnung.

Der Bundesrat ist jedoch verpflichtet, Einsätze im Einzelfall auf die Vereinbarkeit mit den aussen- und sicherheitspolitischen Maximen, dem Neutralitätsrecht sowie der Neutralitätspolitik hin zu prüfen.

6.2

Zuständigkeiten

Der Bundesrat, der für die Führung der Aussen- und Sicherheitspolitik zuständig ist, kann zeitgerecht Friedensförderungseinsätze anordnen und die notwendige Ausrüstung und Bewaffnung sowie weitere Massnahmen festlegen. Die Befugnisse des Parlaments bleiben jedoch in grundsätzlichen Belangen stets gewahrt. Ein bewaffneter Einsatz von mehr als 100 Angehörigen der Armee oder einer Dauer von mehr als drei Wochen muss von der Bundesversammlung genehmigt werden (Art. 66b Abs. 4 MG). Dies trifft auf den SWISSCOY-Einsatz zu.

Nach Artikel 66b des Militärgesetzes muss der Bundesrat bei einem bewaffneten Einsatz zudem vorgängig die Aussenpolitischen und Sicherheitspolitischen Kommissionen beider Räte anhören.

6.3

Rechtsform

Der beiliegende Bundesbeschluss stellt einen Einzelakt der Bundesversammlung dar, der in einem Bundesgesetz ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 173 Abs. 1 Bst. h BV). Da er weder rechtsetzend ist, noch dem Referendum untersteht, wird er als einfacher Bundesbeschluss bezeichnet (Art. 163 Abs. 2 BV).

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