11.2.1

Botschaft zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Republik Albanien sowie zum Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Albanien vom 13. Januar 2010

11.2.1.1

Übersicht

Das am 17. Dezember 2009 in Genf unterzeichnete Freihandelsabkommen (FHA) mit Albanien umfasst den Handel mit Industrieprodukten, Fisch und anderen Meeresprodukten sowie mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten. Es enthält zudem Bestimmungen über das geistige Eigentum, zum Wettbewerb und zu Handelserleichterungen sowie Entwicklungsklauseln für Dienstleistungen, Investitionen und das öffentliche Beschaffungswesen. Wie in den bisherigen EFTA-Freihandelsabkommen ist die Behandlung der landwirtschaftlichen Basisprodukte in bilateralen Landwirtschaftsabkommen geregelt, die individuell zwischen den einzelnen EFTAStaaten und der Republik Albanien abgeschlossen worden sind. In diesen bilateralen Landwirtschaftsabkommen gewähren sich die EFTA-Staaten und Albanien Zollkonzessionen für ausgewählte Landwirtschaftsprodukte im Rahmen ihrer jeweiligen Landwirtschaftspolitiken (vgl. Ziff. 11.2.1.5). Die Zollkonzessionen der Schweiz ersetzen die Konzessionen, die Albanien unilateral im Rahmen des Allgemeinen Präferenzensystem zugunsten der Entwicklungsländer (APS)1 gewährt werden.

Das Abkommen mit Albanien erweitert das Netz von Freihandelsabkommen, das die EFTA-Staaten seit 1990 aufbauen2. Für die Schweiz als exportabhängiges Land mit weltweit diversifizierten Absatzmärkten, welches überdies keiner grösseren Einheit wie der Europäischen Union (EU) angehört, stellt der Abschluss von FHA neben der Mitgliedschaft bei der Welthandelsorganisation (WTO) und den vertraglichen Beziehungen zur Europäischen Union einen der drei Hauptpfeiler ihrer Politik der Marktöffnung und der Verbesserung der aussenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen dar. Der spezifische Beitrag der Freihandelsabkommen zu den Zielen der Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz ist die Vermeidung oder Beseitigung von Diskriminierungen, die sich aus Präferenzabkommen ergeben, welche unsere Handelspartner mit unseren Konkurrenten abschliessen. Mit dem Abschluss von Freihandelsabkommen (in der Regel im Rahmen der EFTA) zielt die Schweiz darauf 1 2

Zollpräferenzengesetz, SR 632.91 Im Moment haben die EFTA-Staaten 18 Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU abgeschlossen: Ägypten (SR 0.632.313.211), Chile (SR 0.632.312.141), Israel (SR 0.632.314.491), Golfkooperationsrat (GCC: Bahrain, Katar, Kuwait, Oman Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, BBl 2009 7251 ) Jordanien (SR 0.632.314.671), Kanada (SR 0.632.312.32), Kolumbien (BBl 2009 2391), Republik Korea (SR 0.632.312.811), Kroatien (SR 0.632.312.911), Libanon (SR 0.632.314.891), Mazedonien (SR 0.632.315.201.1), Marokko (SR 0.632.315.491), Mexiko (SR 0.632.315.631.1), PLO/Palästinensische Behörde (SR 0.632.316.251), Singapur (SR 0.632.316.891.1), Südafrikanische Zollunion (SACU: Botswana, Lesotho, Namibia, Südafrika, Swaziland) (SR 0.632.311.181), Tunesien (SR 0.632.317.581) Türkei (SR 0.632.317.613).

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ab, ihren Unternehmen einen Zugang zu ausländischen Märkten zu verschaffen, der mindestens gleichwertig ist wie jener ihrer wichtigsten Konkurrenten (insbesondere aus der EU, den USA und Japan). Gleichzeitig verbessern diese Abkommen die Rahmenbedingungen, die Rechtssicherheit und die Stabilität unserer Wirtschaftsbeziehungen mit den Vertragspartnern. Damit leisten sie auch dort, wo die Vermeidung von Diskriminierungen nicht im Vordergrund steht, einen Beitrag zur Diversifikation und zur Dynamisierung unserer Aussenwirtschaftsbeziehungen.

Der Aussenhandel trägt massgeblich zur Prosperität der Schweizer Wirtschaft und somit zur Förderung des Wohlstands der Schweiz bei. Angesichts des gegenwärtigen konjunkturellen Abschwungs auf internationaler Ebene ist es besonders wichtig, dass Schweizer Unternehmen einen möglichst offenen und diskriminierungsfreien Zugang zu ausländischen Märkten haben. Die Aushandlung von Freihandelsabkommen ist deshalb auch Teil der Massnahmen, welche der Bundesrat am 12. November 2008 zur Stützung der Auftrags- und Beschäftigungslage in der Schweiz beschlossen hat.

Die zwischen den EFTA-Staaten und Albanien ausgehandelten Abkommen verbessern den Marktzugang für Warenexporte mit Schweizer Ursprung. Ausserdem stärken die Abkommen die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der Rahmenbedingungen unserer Wirtschaftsbeziehungen zu diesem Land und beseitigen insbesondere die Diskriminierung welche sich durch das Stabilisierungs- und Assoziationsabkommen (SAA) mit der EU ergeben: Die Zölle auf Industrieprodukten sowie auf Fisch und anderen Meeresprodukten werden mit Inkrafttreten des Abkommens beseitigt. In Bezug auf die verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte und die landwirtschaftlichen Basisprodukte gesteht Albanien der Schweiz eine mindestens gleichwertige Behandlung wie der EU zu. Der handelsrelevante Teil des SAA, insbesondere die Bestimmungen über die Errichtung von Freihandelsbeziehungen wird seit dem 1. Dezember 2006 durch ein Interimsabkommen angewendet. Das SAA ist nach der Ratifikation durch alle EU-Staaten am 1. April 2009 in Kraft getreten.

Durch das FHA EFTA-Albanien ebenso wie durch das ebenfalls am 17. Dezember 2009 unterzeichnete FHA EFTA-Serbien (vgl. Ziff. 11.2.2 des AWB) setzt die Schweiz ihre Politik zur Unterstützung von Wirtschaftsreformen und einer
Integration der Staaten der Westbalkanregion in die Strukturen der Wirtschaftszusammenarbeit auf europäischer und internationaler Ebene fort, die bereits zum Abschluss des FHA EFTA-Mazedonien (2000) und des FHA EFTA-Kroatien (2001) geführt hat.

11.2.1.2

Wirtschaftslage Albaniens, wirtschaftliche Beziehungen zwischen der Schweiz und Albanien

Nachdem Albaniens Volkswirtschaft 1997 mit dem Zusammenbruch des Finanzpyramidensystems einen Tiefpunkt erreichte, befindet sich das Transformationsland seit der Jahrhundertwende auf dem Wege zu einer funktionierenden, leistungsfähigen Marktwirtschaft mit durchgehend hohen Wachstumsraten um die 6 %. Im Zuge der Finanzkrise bewegen sich die Wachstumsprognosen, für das laufende Jahr gemäss IWF mittlerweile zwischen 0,4 und 1 %.

Auch wenn das Land nach wie vor als einer der ärmsten Staaten Europas gilt, nähert es sich mit einem BIP pro Kopf 2008 über 2700 an die Gruppe der Länder mit mittlerem Einkommen. Die Teuerung betrug 2008 aufgrund einer umsichtigen Geldpolitik und stabilen Lokalwährung 3,6% (Vorjahr 2,9 %), wobei der Lek nun in 604

den letzten Monaten 10% des Wertes gegenüber dem Euro verloren hat. Die Arbeitslosenrate sank laut Zentralbank um 0,6 % auf 12,5 %, eine Zahl, welche angesichts der grassierenden Schattenwirtschaft, deren Anteil gemäss IWF zwischen 30 % und 50 % des BIP schwankt, wenig aussagekräftig ist.

2008 betrugen die Exporte der Schweiz nach Albanien 37.4 Mio. CHF (+18 % im Vergleich zum Vorjahr). Die am häufigsten exportierten Waren sind pharmazeutische Erzeugnisse (64 %), Landwirtschaftsprodukte (9 %), Maschinen (5 %) und chemische Erzeugnisse (5 %). Die Importe der Schweiz aus Albanien betrugen 2008 2,3 Mio. CHF (+66 % im Vergleich zum Vorjahr). Die wichtigsten Importgüter sind Maschinen (56 %) und Landwirtschaftsprodukte (33 %).

Es liegen keine Angaben über den Bestand der Schweizer Direktinvestitionen in Albanien vor. Seit 2007 sind vermehrt Schweizer Firmen vor Ort auf dem albanischen Markt aktiv, insbesondere im Energiesektor.

11.2.1.3

Verhandlungsverlauf

Die EFTA-Staaten und Albanien haben am 10. Dezember 1992 eine Zusammenarbeitserklärung unterzeichnet. Insgesamt fanden drei Treffen des unter der Zusammenarbeitserklärung errichteten Gemischten Ausschuss statt, das Letzte davon am 5. November 2005. Anlässlich dieses Treffens entschieden die Parteien exploratorische Gespräche über ein Freihandelsabkommen aufzunehmen. Am 10. Dezember 2007 trafen sich die Parteien um die Modalitäten der Freihandelsverhandlungen zu diskutieren. Die Verhandlungen sind schlussendlich im Mai 2009 aufgenommen worden und konnten nach nur zwei Verhandlungsrunden (12.­14. Mai 2009 und 25.­26. Juni 2009) abgeschlossen werden.

Die Abkommen wurden 17. Dezember 2009 in Genf von den zuständigen Ministern der EFTA-Staaten und Albaniens unterzeichnet.

11.2.1.4

Inhalt des Freihandelsabkommens

Das Freihandelsabkommen mit Albanien entspricht anderen Abkommen, die die EFTA-Staaten mit zentral- und osteuropäischen Staaten (Mazedonien, Kroatien), im Mittelmeerraum (Türkei, Israel, PLO/palästinensische Behörde, Marokko, Jordanien, Tunesien, Libanon und Ägypten) sowie mit Serbien (vgl. Ziff. 11.2.2 des AWB) abgeschlossen haben. Das zwischen den EFTA-Staaten und Albanien ausgehandelte Freihandelsabkommen liberalisiert den Handel mit Industrieprodukten, Fisch und anderen Meeresprodukten sowie mit verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten. Es enthält zudem Bestimmungen zum geistigen Eigentum, Wettbewerb und zu Handelserleichterungen sowie Entwicklungsklauseln für Dienstleistungen, Investitionen und das öffentliche Beschaffungswesen.

Warenverkehr Der Geltungsbereich von Kapitel 2 (Warenverkehr) des Freihandelsabkommens umfasst die Industrieprodukte, Fisch und andere Meeresprodukte sowie verarbeitete Landwirtschaftsprodukte (Art. 6). Für die Industrieprodukte sowie für Fisch und andere Meeresprodukte bringt das Abkommen mit wenigen Ausnahmen die gegenseitige Zollbefreiung ab Inkrafttreten des Abkommens (Art. 8). Die üblichen, für die 605

Landwirtschaftspolitik der EFTA-Staaten sensiblen Tarifpositionen (insbesondere Futtermittel) sind vom Geltungsbereich des Abkommens ausgenommen (Anhang I).

In Bezug auf die verarbeiteten Landwirtschaftsprodukte gestehen die EFTA-Staaten Albanien analoge Konzessionen wie der Europäischen Union zu (Beseitigung des Industrieschutzes). Die EFTA-Staaten beseitigen das Industrieschutzelement der Zölle, behalten jedoch das Recht, auf der Einfuhr Abgaben zu erheben und auf Ausfuhren Rückerstattungen auszurichten, um den Unterschied zwischen den Rohstoffpreisen auf den EFTA-Märkten und auf dem Weltmarkt auszugleichen. Die EFTA-Staaten kommen mit wenigen Ausnahmen in den Genuss eines zollfreien Marktzugangs für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte in Albanien. Dieser zollfreie Marktzugang gilt auch für Alkohol mit mehr als 80 Volumenprozenten und gewisse Zigaretten- und Tabakerzeugnisse, die Albanien als verarbeitete Landwirtschaftsprodukte betrachtet.

Die Ursprungsregeln (Art. 7 und Protokoll B) entsprechen denjenigen des EuroMedUrsprungsprotokolls. Die vollständige Pan-Euro-Med-Kumulation wird aber erst möglich sein, sobald auch die Europäische Union und alle anderen möglichen Freihandelspartner die entsprechenden Anpassungen vorgenommen haben. Solange noch keine diagonale Kumulation möglich ist, werden im bilateralen Verkehr zwischen den EFTA-Staaten und Albanien nur die bekannten Ursprungsnachweise EUR.1 und Erklärung auf der Rechnung verwendet. Die Rückerstattung von Zöllen, die auf Einfuhren aus Drittländern erhoben wurden (sog. drawback, Protokoll B, Art. 15), ist verboten.

Das Abkommen enthält ausserdem Bestimmungen zur Handelserleichterung (Art. 13 und Anhang III). Die Parteien verpflichten sich unter anderem zur Beachtung internationaler Standards bei der Ausgestaltung von Zollverfahren sowie zur Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden, im Hinblick auf die Vermeidung unnötiger administrativer Handelserschwernisse, beispielsweise durch erhöhte Transparenz und die Nutzung von Informationstechnologien.

Unter dem Abkommen wird auch ein Unterausschuss für Ursprungfragen, Zollverfahren und Handelserleichterung errichtet (Art. 14 und Anhang IV). Dieser ist unter anderem für den Informationsaustausch und die Untersuchung der Entwicklungen in diesen Bereichen zuständig sowie für die Koordination der
Positionen und der Vorbereitung der technischen Anpassungen die sich daraus ergeben.

Weiter enthält das Freihandelsabkommen Bestimmungen zu den mengenmässigen Beschränkungen bei Ein- und Ausfuhr (Art. 9), über die Nichtdiskriminierung durch interne Steuern (Art. 10), zu staatlichen Handelsunternehmen (Art. 15) und verweist in Bezug auf die gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Massnahmen (Art. 11), die technischen Vorschriften (Art. 12), Subventionen und Ausgleichsmassnahmen (Art. 16) auf die entsprechenden WTO/GATT-Bestimmungen.

In Bezug auf die Ausnahmen (namentlich zum Schutz der öffentlichen Ordnung, der Gesundheit und der inneren und äusseren Sicherheit des Landes, Art. 21 und 22) übernimmt das Abkommen die einschlägigen WTO-Bestimmungen, die ins FHA inkorporiert werden. Ausserdem verpflichten sich die Parteien einander gegenüber keine Antidumpingmassnahmen anzuwenden (Art. 17). Zudem definiert das Abkommen das Verhältnis gegenüber der allgemeinen Schutzklausel des GATTAbkommens (Art. 19) und enthält eine bilaterale Schutzklausel (Art. 20), die entsprechende Massnahmen auf maximal drei Jahre beschränkt und deren Notwendigkeit fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens überprüft wird.

606

Geistiges Eigentum Die Abkommensbestimmungen über den Schutz der Rechte an geistigem Eigentum (Art. 23 und Anhang V) verpflichten die Parteien, einen wirksamen Immaterialgüterrechtsschutz zu gewährleisten und die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum sicherzustellen. Die Grundsätze der Inländerbehandlung und der Meistbegünstigung gelten gemäss den relevanten Bestimmungen des TRIPS-Abkommens der WTO (Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum3).

Ähnlich wie in anderen von der EFTA abgeschlossenen Freihandelsabkommen bestätigen die Parteien ihre Pflichten unter verschiedenen internationalen Immaterialgüterrechtsabkommen, deren Partei sie sind (TRIPS-Abkommen, Pariser Verbandsübereinkunft4 zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert am 14. Juli 1967, die Berner Übereinkunft5 zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst, revidiert am 24. Juli 1971 sowie das Internationale Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen (Rom-Abkommen)6). Weiter verpflichten sich die Parteien, soweit dies nicht bereits der Fall ist, bis spätestens am 31. Dezember 2010 wichtigen internationalen Schutzund Harmonisierungsabkommen beizutreten (Genfer Akte (1999) des Haager Abkommens7 betreffend die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle, dem WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 20. Dezember 19968, dem WIPOVertrag vom 20. Dezember 19969 über Darbietungen und Tonträger) sowie dem Internationalen Übereinkommen vom 2. Dezember 1961 zum Schutz von Pflanzenzüchtungen (in der revidierten Fassung von 1978 oder 1991)10.

Im Anhang V zum Hauptabkommen sind materielle Schutzstandards bezüglich bestimmter Immaterialgüterrechtsbereiche festgelegt, welche grundsätzlich europäischen Standards entsprechen und in verschiedenen Bereichen über das im TRIPSAbkommen festgesetzte Schutzniveau hinausgehen. Dies betrifft namentlich die Bestimmungen zum Patentschutz (welche die Staaten bei Verlust effektiver Schutzdauer aufgrund eines Marktzulassungsverfahrens u.a. verpflichten, insbesondere auch für biotechnologische Erfindungen Patentschutz zu gewähren und ein ergänzendes Schutzzertifikat von bis zu 5 Jahren für Patente im Pharma- und Agrochemiebereich vorzusehen) (Anhang V, Art. 4), zum Testdatenschutz für pharmazeutische (8-jährige
Schutzdauer) und agro-chemische (10-jährige Schutzdauer) Produkte (Anhang V, Art. 5), sowie zum Designschutz (Ausdehnung auf 25 Jahre) und Markenschutz (Verweis auf WIPO Richtlinien zum Schutz notorisch-bekannter Marken und zum Schutz von Marken im Internet) (Anhang V, Art. 3 und 6) sowie zu den Zollhilfemassnahmen (Ausdehnung der Zollhilfemassnahmen auf alle immaterialgüterrechtlich geschützten Güter, inklusive patentgeschützte Güter), die neben der Einfuhr auch auf die Ausfuhr der Güter anwendbar sind.

3 4 5 6 7 8 9 10

SR 0.632.20, Anhang 1C SR 0.232.04 SR 0.231.15 SR 0.231.171 SR 0.232.121.4 SR 0.232.151 SR 0.231.171.1 SR 0.232.162

607

Das Abkommen verpflichtet ausserdem zum Schutz geographischer Herkunftsbezeichnungen, ebenso wie zum Schutz der Ländernamen der Vertragsparteien (für die Schweiz beispielsweise: «Switzerland», «Schweiz», «Swiss») sowie zum Schutz ihrer Wappen, Fahnen und Embleme, etwa gegen deren missbräuchliche Verwendung in Marken oder Firmennamen (Anhang V, Art. 7).

Die Bestimmungen im Bezug auf die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum (Anhang V, Art. 9­12) widerspiegeln gewisse Grundsätze der nationalen Gesetzgebung Albaniens und gehen über die Minimalstandards des TRIPSAbkommens hinaus. Sie bewegen sich jedoch im Rahmen dessen, was mit anderen EFTA-Freihandelspartnern vereinbart wurde.

Ausserdem sieht das Abkommen vor, dass die Bestimmungen über das geistige Eigentum auf Antrag einer Partei vom gemischten Ausschuss überprüft werden, um das Schutzniveau zu verbessern und die Entwicklung des Handels zwischen den Parteien zu fördern (Art. 23 Abs. 4). Auch wollen die Parteien ihre Zusammenarbeit im Bereich des geistigen Eigentums verstärken (Anhang V, Art. 13).

Dienstleistungen, Investitionen, öffentliches Beschaffungswesen und Wettbewerb Im Kapitel 4 Investitionen, Dienstleistungen und öffentliches Beschaffungswesen bekräftigen die Partien in Bezug auf die Dienstleistungen (Art. 25) die Verpflichtungen unter dem Allgemeinen Abkommen der WTO über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)11. Das Abkommen enthält ausserdem das Ziel einer schrittweisen Liberalisierung des gegenseitigen Zugangs zum öffentlichen Beschaffungswesen (Art. 26). Sowohl für die Dienstleistungen als auch für das öffentliche Beschaffungswesen enthält das Abkommen Entwicklungs- und Verhandlungsklauseln, insbesondere im Hinblick auf die Vermeidung allfälliger Diskriminierungen, die Albanien oder den EFTA-Staaten aus künftigen Präferenzabkommen eines Abkommenspartner mit Drittstaaten erwachsen könnten.

Die Bestimmungen über die Investitionen beinhalten Grundsätze für deren Förderung und Schutz sowie eine Entwicklungsklausel, welche vorsieht, dass spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens die Möglichkeit geprüft wird, den Geltungsbereich des Abkommens auf das Niederlassungsrecht von Unternehmen auszudehnen (Art. 24). Das inhaltlich umfassendere bilaterale Investitionsschutzabkommen Schweiz-Albanien von 199312 bleibt bestehen.
Kapitel 5, Zahlungen und Kapitaltransfer, gewährleistet den freien Zahlungs- und Kapitaltransfer (Art 27 und 28). Vorbehalten bleibt den Vertragsparteien die Möglichkeit der Einführung transferbeschränkender Massnahmen im Fall von Zahlungsbilanzschwierigkeiten (Art 29). Massnahmen in Übereinstimmung mit Gerichtsurteilen oder administrativen Verfahren bleiben in Bezug auf die Zahlungen und Kapitaltransfer vorbehalten (Art. 30).

Die Bestimmungen zum Wettbewerb (Art. 18) nennen die wettbewerbsverzerrenden Praktiken, die mit dem guten Funktionieren des Abkommens unvereinbar sind. Die Parteien sorgen unter anderem dafür, dass sich auch öffentliche Unternehmen oder Unternehmen mit speziellen oder ausschliesslichen Rechten an die allgemeinen Wettbewerbsregeln halten.

11 12

608

SR 0.632.20, Anhang 1B SR 0.975.212.3

Institutionelle Bestimmungen, Streitbeilegung Die institutionellen Bestimmungen finden sich in Kapitel 6. Um die Verwaltung sowie die ordnungsgemässe Anwendung des Abkommens sicherzustellen, wird ein Gemischter Ausschuss eingesetzt (Art. 31). Dieser setzt sich aus Vertretern aller Vertragsparteien zusammen und entscheidet als paritätisches Organ durch Konsens.

Er hat die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen durch die Vertragsparteien zu überwachen, bei allfälligen Problemen bei der Anwendung des Abkommens Konsultationen abzuhalten sowie die Erweiterung und Vertiefung des Abkommens zu prüfen.

Das Abkommen sieht in Kapitel 7 auch ein Streitschlichtungsverfahren vor. Dieses basiert auf Konsultationen im Rahmen des Gemischten Ausschusses (Art. 32). Kann ein Streitfall nicht innerhalb 60 Tagen im Rahmen von Konsultationen beigelegt werden oder antwortet die andere Partei nicht innerhalb von 10 Tagen auf das Begehren der klagenden Partei oder können die Konsultationen nicht innert 20 Tage nach Erhalt des Begehrens aufgenommen werden, so kann die Einsetzung eines Schiedsgerichts verlangt werden (Art. 33). Dessen Urteile sind für die Parteien endgültig und bindend. Die Parteien sollen das Urteil rasch umsetzen (Art. 35). Falls eine Partei das Urteil des Schiedsgerichts nicht innerhalb einer angemessenen Frist umsetzt und keine Kompensation vereinbart worden ist, kann ihr die klagende Partei nach Ablauf einer 30-tägigen Notifikationsfrist gleichwertige Vorteile entziehen bis der Entscheid des Schiedsgerichts umgesetzt wird oder der Streit anderweitig beigelegt werden konnte.

Präambel, Eingangs- und Schlussbestimmungen Die Präambel und die Bestimmung über die Zielsetzung des Abkommens (Art. 1) in Kapitel 1, Allgemeine Bestimmungen, halten die allgemeinen Zielsetzungen der Zusammenarbeit zwischen den Vertragsstaaten im Rahmen des Freihandelsabkommens fest. Die Parteien bestätigen unter anderem ihr Bekenntnis zu den Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie ­ basierend auf den Prinzipien der relevanten Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation ­ zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung und zur Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards. Die Parteien bekräftigen auch ihre Absicht, die Umwelt in Einklang mit dem Prinzip der
nachhaltigen Entwicklung zu schützen. Ziele des Abkommens sind insbesondere die Liberalisierung des Warenhandels sowie eine gegenseitige Verbesserung der Investitionsmöglichkeiten, die Schaffung von Rahmenbedingungen für eine Ausdehnung des Handels mit Dienstleistungen, der Schutz der Rechte an geistigem Eigentum und gerechter Wettbewerbsbedingungen ebenso wie die schrittweise künftige Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens.

In Kapitel 8 (Schlussbestimmungen) sieht eine allgemeine Entwicklungsklausel vor, dass die Vertragsparteien das Abkommen im Lichte der Entwicklungen in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen und insbesondere in der WTO überprüfen und dabei gemeinsam Möglichkeiten zur Vertiefung und Ausweitung der Zusammenarbeit nach diesem Abkommen prüfen und gegebenenfalls Verhandlungen eröffnen können. Insbesondere der Gemischte Ausschuss kann regelmässig eine solche Überprüfung vornehmen (Art. 37).

Weitere Artikel betreffen den territorialen Anwendungsbereich (Art. 3) und die Anwendung des Abkommens durch die regionalen und lokalen Behörden (Art. 4).

609

Das Abkommen hat keine Wirkung auf die Handelsbeziehungen zwischen den EFTA-Staaten (Art. 2). Die Transparenzbestimmung (Art. 5) regelt die Informationspflichten der Parteien. Diese müssen ihre Gesetze, Vorschriften und allgemein anwendbaren Gerichts- und Verwaltungsentscheide veröffentlichen oder öffentlich zugänglich machen. Dies gilt auch für internationale Abkommen, die einen Einfluss auf die Umsetzung des Freihandelsabkommens haben können. Ausserdem verpflichten sich die Parteien, rasch auf spezifische Fragen zu reagieren und einander relevante Informationen zur Verfügung zu stellen.

Weiter enthält das Abkommen Bestimmungen über die Einhaltung von Verpflichtungen (Art. 35), zu den Anhängen, Protokollen und Appendizes (Art. 36), über Änderungen des Abkommens (Art. 38), über die Beziehung zu anderen internationalen Abkommen, über die Aufnahme neuer Parteien (Art. 40), über den Rücktritt vom und die Beendigung des Abkommens (Art. 41) sowie über das Inkrafttreten des Abkommens (Art. 42). Ausserdem wird die Regierung Norwegens als Depositar eingesetzt (Art. 43).

Wie in anderen Freihandelsabkommen der EFTA werden Änderungen des Abkommens den Vertragsparteien zur Ratifikation vorgelegt (Art. 38); ausgenommen sind Änderungen der Anhänge und der Protokolle, die in der Kompetenz des Gemischten Ausschusses liegen (Art. 31 Abs. 7). Ziel dieser Kompetenzdelegation an den Gemischten Ausschuss ist es, das Verfahren für technische Anpassungen zu vereinfachen und so die Verwaltung des Abkommens zu erleichtern. Solche Beschlüsse des Gemischten Ausschusses fallen in der Schweiz gemäss Artikel 7a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes13 üblicherweise in die Genehmigungskompetenz des Bundesrates. Über solche Änderungen informiert der Bundesrat die Bundesversammlung im Rahmen der jährlichen Berichterstattung über die von ihm abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge. Die Anhänge und Protokolle der von den EFTA-Staaten abgeschlossenen Freihandelsabkommen werden regelmässig aktualisiert, insbesondere um Entwicklungen im internationalen Handelssystem (z.B. WTO, Weltzollrat oder im Rahmen anderer Freihandelsabkommen von EFTA-Staaten oder ihrer Partner) Rechnung zu tragen. Bei den technischen Anhängen und Protokollen des vorliegenden Abkommens, die von der Kompetenzdelegation erfasst sind, handelt es
sich um Anhang I (Ausgenommene Produkte), Anhang II (Fisch und andere Meeresprodukte), Anhang III (Handelserleichterung), Anhang IV (Mandat des Unterausschuss für Ursprungsregeln, Zollverfahren und Handelserleichterung), Anhang V (Schutz der Rechte an geistigem Eigentum), Protokoll A (Verarbeitete Landwirtschaftsprodukte) und Protokoll B (Ursprungsregeln und Methoden für die Zusammenarbeit der Verwaltungen).

11.2.1.5

Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Albanien

Gleichzeitig mit dem Freihandelsabkommen haben die EFTA-Staaten mit Albanien je ein bilaterales Abkommen über landwirtschaftliche Basisprodukte abgeschlossen.

Die bilateralen Landwirtschaftsabkommen sind mit dem Freihandelsabkommen verbunden und können keine eigenständige Rechtswirkung erlangen (Art. 6 Abs. 2 des Freihandelsabkommens, Art. 8 des Landwirtschaftsabkommens).

13

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Insbesondere gemäss Art. 7a, Abs. 2 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997, SR 172.010

Im nichttarifären Bereich wird auf die relevanten Regeln der WTO (Art. 6) beziehungsweise auf diejenigen des Freihandelsabkommens (Art. 7) verwiesen. Dies gilt auch für die Schutzmassnahmen bei Marktstörungen. Bei Streitfällen ist das Streitbeilegungsverfahren des Freihandelsabkommens sinngemäss anwendbar. Die Ursprungsregeln sind in Protokoll B des Freihandelsabkommens geregelt.

Die von der Schweiz eingeräumten Zugeständnisse bestehen aus der Senkung oder Beseitigung von Einfuhrzöllen ­ soweit anwendbar im Rahmen der WTO Zollkontingente sowie saisonaler Einschränkungen ­ für ausgewählte landwirtschaftliche Produkte, darunter für Olivenöl für den menschlichen Konsum und Trockenwürste, für die Albanien (vgl. Anhang II des Landwirtschaftsabkommens) besondere Interessen geltend gemacht hat. Die Schweiz gewährt Albanien ein Zollfreikontingent von 500 Tonnen für natives Olivenöl und einen Rabatt auf dem Meistbegünstigungszollansatz für Trockenwürste. Albanien gewährt der Schweiz dieselben Konzessionen, wie es sie der Europäischen Union zugestanden hat (vgl. Anhang I des Landwirtschaftsabkommens). Dadurch kommt die Schweiz unter anderem in Genuss eines zollfreien Marktzugangs für lebende Pferde, Rinder, Schweine, Schafe/Ziegen (andere als Schlachttiere), Käse, Fleischzubereitungen, Fruchtzubereitungen, Säfte (ausser Apfelsaft) sowie weiterer Erzeugnisse, die allerdings für die Schweizer Exporteure von geringerem Interesse sind. Darüber hinaus gewährt Albanien der Schweiz Zollfreiheit für getrocknetes Rindfleisch.

Die Konzessionen der Schweiz bewegen sich im Rahmen der geltenden Landwirtschaftspolitik. Es wurden keine Konzessionen gewährt, die über bisherige FHA oder das APS hinausgehen. Die gewährten Konzessionen ersetzen die bisher im Rahmen des APS unilateral gewährten Konzessionen.

11.2.1.6

Inkrafttreten

Artikel 42 des FHA sieht vor, dass das FHA am 1. April 2010 für jene Parteien in Kraft tritt, welche mindestens zwei Monate vor dem Inkrafttreten ihre Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde beim Depositar hinterlegt haben oder die vorläufige Anwendung notifiziert haben, vorausgesetzt dass dies für Albanien der Fall ist. Ansonsten bzw. für die anderen Staaten erfolgt das Inkrafttreten am ersten Tag des dritten Monates, der auf die Hinterlegung der Ratifikations-, Genehmigungs- oder Annahmeurkunde oder der Notifikation der vorläufigen Anwendung folgt. Das Inkrafttreten oder die vorläufige Anwendung des jeweiligen Landwirtschaftsabkommens ist ans Inkrafttreten oder die vorläufige Anwendung des FHA für den entsprechenden EFTA-Staat gekoppelt.

Da die Schweizer Wirtschaft im Vergleich zur EU auf Grund des SAA auf dem albanischen Markt benachteiligt ist, beabsichtigt der Bundesrat, gestützt auf Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 198214 über aussenwirtschaftliche Massnahmen die im Artikel 42 Absatz 5 vorgesehene vorläufige Anwendung ab dem Datum vorzunehmen, ab dem für Albanien die Voraussetzungen für das Inkrafttreten der Abkommen erfüllt sind.

14

SR 946.201

611

11.2.1.7

Wirtschaftliche, finanzielle und personelle Auswirkungen

Finanzielle und personelle Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden Die finanziellen Auswirkungen sind äusserst gering und bestehen aus dem zu erwartenden Ausfall von Zöllen auf Einfuhren aus Albanien. 2008 betrug der Zollertrag aus den Einfuhren mit Albanien nur rund 15 500 Franken (davon 5450 Franken auf Landwirtschaftsprodukten). Diese geringen finanziellen Auswirkungen sind in Beziehung zu den positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen für den Standort Schweiz zu setzen.

Personelle Auswirkungen beim Bund können sich aus der steigenden Gesamtzahl umzusetzender und weiter zu entwickelnder Freihandelsabkommen ergeben. Für den Zeitraum 2010­2014 wurden entsprechende Ressourcen bewilligt. Für diesen Zeitraum haben die vorliegenden Abkommen keine weitere personelle Aufstockung zur Folge. Der Ressourcenbedarf für die Aushandlung neuer und die Umsetzung und Weiterentwicklung aller bestehender Freihandelsabkommen nach 2014 wird vom EVD im Jahre 2013 neu beurteilt. Die personellen Auswirkungen im EFD für die Aushandlung, den Vollzug und den Unterhalt neuer Freihandelsabkommen bis 2014 sind noch zu prüfen. Für die Kantone und Gemeinden haben die Abkommen mit Albanien keine finanziellen und personellen Auswirkungen.

Volkswirtschaftliche Auswirkungen Durch den Abbau der Industrie- und eines Teils der Landwirtschaftszölle im Handel zwischen Albanien und der Schweiz wirken sich die Abkommen positiv auf schweizerische und albanische Unternehmen sowie Konsumentinnen und Konsumenten aus, und die bestehenden Absatzmöglichkeiten für Exporte werden verbessert.

Ausserdem stärken die Abkommen generell die Rechtssicherheit und die Vorhersehbarkeit der Rahmenbedingungen für unsere Wirtschaftsbeziehungen mit Albanien.

Da die Zollermässigungen der Schweiz im Bereich der Landwirtschaftserzeugnisse schon anderen Freihandelspartnern oder Entwicklungsländern im Rahmen des Allgemeinen Präferenzensystems zugestanden worden sind und soweit vorhanden im Rahmen der WTO-Zollkontingente gewährt werden, sind keine nennenswerten Auswirkungen auf die schweizerische Landwirtschaft zu erwarten.

11.2.1.8

Verhältnis zur Legislaturplanung

Das Freihandelsabkommen mit Albanien und das bilaterale Landwirtschaftabkommen fallen unter die Massnahme «Ausbau des Netzes von Freihandelsabkommen mit Partnern ausserhalb der EU», die in der Botschaft vom 23. Januar 200815 über die Legislaturplanung 2007­2011 und im Bundesbeschluss vom 18. September 200816 über die Legislaturplanung 2007­2011angekündigt sind.

15 16

612

BBl 2008 782 817 BBl 2008 8544

11.2.1.9

Rechtliche Aspekte

Bezug zur WTO und zum europäischen Recht Die Schweiz und die anderen EFTA-Staaten sowie Albanien gehören der Welthandelsorganisation (WTO) an. Die Vertragsparteien sind der Auffassung, dass das vorliegende Abkommen im Einklang mit den aus der WTO-Mitgliedschaft resultierenden Verpflichtungen steht. Freihandelsabkommen unterliegen der Überprüfung durch die zuständigen WTO-Organe und können Gegenstand eines Streitbeilegungsverfahrens in der WTO sein.

Der Abschluss von Freihandelsabkommen mit Drittstaaten steht weder mit den staatsvertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Europäischen Union noch mit den Zielen der europäischen Integrationspolitik der Schweiz in Widerspruch.

Gültigkeit für das Fürstentum Liechtenstein Das Fürstentum Liechtenstein ist als EFTA-Mitglied Unterzeichnerstaat des Freihandelsabkommens mit Albanien. Aufgrund des Vertrags vom 29. März 192317 zwischen der Schweiz und Liechtenstein (Zollvertrag) wendet die Schweiz die im Freihandelsabkommen enthaltenen Bestimmungen über den Warenverkehr auch für Liechtenstein an. Aufgrund des Zollvertrags gilt auch das Landwirtschaftsabkommen zwischen der Schweiz und Albanien für das Fürstentum Liechtenstein (Art. 1 Abs. 2 des Landwirtschaftsabkommens).

Veröffentlichung der Anhänge zum Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Albanien Die Anhänge zum Freihandelsabkommen umfassen insgesamt mehrere hundert Seiten. Es handelt sich zur Hauptsache um Bestimmungen technischer Natur. Nach den Artikeln 5 und 13 Absatz 3 des Publikationsgesetzes vom 18. Juni 200418 sowie Artikel 9 Absatz 2 der Publikationsverordnung vom 17. November 200419 kann die Veröffentlichung solcher Texte auf Titel sowie Fundstelle oder Bezugsquelle beschränkt werden. Die Anhänge können beim Bundesamt für Bauten und Logistik, Vertrieb Publikationen, 3003 Bern20 bezogen werden und sind auf der Internetseite des EFTA-Sekretariats verfügbar21. Übersetzungen des Protokolls B des Freihandelsabkommens über die Ursprungsregeln und Zollverfahren werden ausserdem von der Eidgenössischen Zollverwaltung elektronisch publiziert22.

Verfassungsmässigkeit Nach Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV)23 sind die auswärtigen Angelegenheiten Sache des Bundes. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung zur Genehmigung von völkerrechtlichen Verträgen ergibt sich aus Artikel 166 Absatz
2 BV. Nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum völkerrechtliche Verträge, die unbefristet und unkündbar sind, den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen sowie solche, die 17 18 19 20 21 22 23

SR 0.631.112.514 SR 170.512 SR 170.512.1 http://www.bundespublikationen.admin.ch/de.html?

http://www.efta.int/content/free-trade/fta-countries http://www.ezv.admin.ch/index.html?lang=de SR 101

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wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert.

Das Freihandelsabkommen kann unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten jederzeit gekündigt werden (Art. 41 des Freihandelsabkommens). Die Kündigung des Freihandelsabkommens bewirkt die automatische Beendigung des Landwirtschaftsabkommens (Art. 8 des Landwirtschaftsabkommens). Es liegt kein Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Für die Umsetzung der Abkommen sind keine Anpassungen auf Gesetzesstufe erforderlich.

Die vorliegenden Abkommen enthalten rechtsetzende Bestimmungen (Zollkonzessionen, Gleichbehandlungsgebote). Zur Frage, ob es sich dabei um wichtige rechtsetzende Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV handelt (vgl. auch Art. 22 Abs. 4 des Parlamentsgesetzes24), ist einerseits festzuhalten, dass die Abkommensbestimmungen im Rahmen der Verordnungskompetenzen, die das Zolltarifgesetz25 dem Bundesrat für Zollkonzessionen einräumt, umgesetzt werden können. Anderseits sind die Bestimmungen nicht als grundlegend einzustufen. Sie ersetzen kein innerstaatliches Recht und treffen keine Grundsatzentscheide für die nationale Gesetzgebung. Die Verpflichtungen dieser Abkommen bewegen sich im Rahmen anderer von der Schweiz abgeschlossener internationaler Abkommen.

Inhaltlich sind sie vergleichbar ausgestaltet wie andere im EFTA-Rahmen abgeschlossene Drittlandabkommen, und sie sind von ähnlichem rechtlichem, wirtschaftlichem und politischem Gewicht.

Anlässlich der Beratungen zur Motion 04.3203 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 22. April 2004 sowie den seither verabschiedeten Botschaften zu Freihandelsabkommen mit Drittstaaten ausserhalb der Europäischen Union haben beide Räte die Haltung des Bundesrates unterstützt, wonach internationale Abkommen, die diesen Kriterien entsprechen, nicht dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen.

Aus Artikel 3 Absätze 1 und 2 des Vernehmlassungsgesetzes (VlG)26 ergibt sich, dass bei einem internationalen Abkommen, das nicht dem fakultativen Referendum unterstellt ist und keine wesentlichen Interessen der Kantone betrifft, grundsätzlich kein Vernehmlassungsverfahren durchgeführt wird, ausser wenn es sich um ein Vorhaben von grosser politischer,
finanzieller, wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer und kultureller Tragweite handelt oder wenn dieses in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen wird. Die vorliegenden Abkommen entsprechen bezüglich Inhalt sowie finanzieller, politischer oder wirtschaftlicher Bedeutung im Wesentlichen den früher abgeschlossenen FHA und Agrarabkommen. Es handelt sich somit um kein Vorhaben von besonderer Tragweite im Sinne des VlG, und die Kantone wurden gemäss Artikel 4 und 5 des Bundesgesetzes über die Mitwirkung der Kantone an der Aussenpolitik des Bundes (BGMK)27 sowohl bei der Vorbereitung des Verhandlungsmandats als auch, soweit erforderlich, während den Verhandlungen beigezogen. Da die Abkommen auch nicht in erheblichem Mass ausserhalb der Bundesverwaltung vollzogen werden, konnte auf die Durchführung einer Vernehmlassung verzichtet werden.

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SR 171.10 SR 632.10 SR 172.061 SR 138.1