10.016 Botschaft zur Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Katar vom 20. Januar 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des am 24. September 2009 unterzeichneten Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Katar.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. Januar 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2009-2438

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Übersicht Am 24. September 2009 wurde mit dem Staat Katar ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern auf dem Einkommen unterzeichnet.

Das Abkommen enthält Vorschriften zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und verschafft damit der Schweiz und der Schweizer Wirtschaft bedeutende Vorteile im Hinblick auf den Ausbau der bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen; es trägt zur Aufrechterhaltung und zur Förderung gegenseitiger direkter Investitionen bei.

Das Abkommen folgt im Wesentlichen dem Musterabkommen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sowie der einschlägigen Abkommenspolitik der Schweiz.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben dem Abschluss dieses Abkommens zugestimmt.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Allgemeine Überlegungen zur Weiterentwicklung der Politik im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen

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2 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

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3 Würdigung

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4 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Abkommens

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5 Finanzielle Auswirkungen

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6 Verfassungsmässigkeit

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Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Katar (Entwurf)

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Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Staat Katar zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen zur Weiterentwicklung der Politik im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit unserer Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz seit jeher den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung anderseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

Am 13. März 2009 hat der Bundesrat beschlossen, die Amtshilfe in Steuersachen an die neuen Gegebenheiten der internationalen Politik anzupassen.

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Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Katar ist seit 1996 Mitglied der Welthandelsorganisation. Es ist ebenfalls Mitglied des Golfkooperationsrats («Gulf Cooperation Council, GCC»), der seit 2003 zwischen den sechs Mitgliedern (Bahrain, Kuwait, Oman, Katar, Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate) eine Zollunion mit einem Einheitstarif von 5 % bildet (der Wert der Güterimporte beläuft sich auf schätzungsweise 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr). Des Weiteren unterzeichneten Katar und die übrigen Mitglieder des GCC am 22. Juni 2009 mit den Staaten der EFTA, der unter anderem die Schweiz angehört, ein Freihandelsabkommen sowie bilaterale Landwirtschaftsabkommen.

Die Wirtschaft von Katar hängt wie die der meisten anderen Golfstaaten im Wesentlichen vom Stand seiner Erdölreserven ab. Die Erträge aus dem Erdölgeschäft sind beträchtlich und werden von einem Staatsfonds, der «Qatar Investment Authority», verwaltet. Im September 2008 verfügte dieser Staatsfonds über ungefähr 60 Milliarden US-Dollar. Katar will diese Mittel im Ausland, insbesondere in Europa, investieren. Daneben ist Katar seit einigen Jahren bestrebt, eine Diversifizierung seiner Wirtschaft und eine vermehrte Ausrichtung auf die Industrie und den Dienstleistungssektor zu erreichen. Zu diesem Zweck wurde eine Politik der Privatisierung der Wirtschaft in die Wege geleitet, um die Entstehung eines Privatsektors zu fördern.

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Zwischen der Schweiz und Katar wurde am 12. November 2001 ein Investitionsschutzabkommen abgeschlossen (SR 0.975.265.6). 2008 exportierte die Schweiz Güter und Dienstleistungen im Wert von 506 Millionen Franken nach Katar. Ein grosser Teil entfällt auf den Luxussektor (Schmuck und Uhren), die chemische und die Maschinenindustrie. Was die Direktinvestitionen Katars in der Schweiz angeht, so ist die «Qatar Holding LLC», eine vollständig von der «Qatar Investment Authority» beherrschte Tochtergesellschaft, Aktionärin der Credit Suisse mit einem Anteil von ca. 6 Milliarden Franken und einem Stimmrechtsanteil von 9,9 Prozent. Die Wachstumsaussichten von Katar sowie das Investitionskapital, das dem Land via seine Staatsfonds zur Verfügung steht, bestätigen einerseits seine Bedeutung als wichtigen Wirtschafts- und Handelspartner und andererseits das Interesse an gegenseitigen Investitionen.

In Anbetracht der Investitionen Katars in der Schweiz sowie der wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung der Golfstaaten zum einen und der Auswirkungen der internationalen Finanzkrise zum andern schien es angebracht, dem Ersuchen Katars um möglichst rasche Aufnahme von Verhandlungen Folge zu leisten. So fand vom 2. bis 6. Februar 2009 eine Verhandlungsrunde in Bern statt. Am 6. Februar konnte der Entwurf für ein Abkommen paraphiert werden.

Am 13. März 2009 beschloss der Bundesrat, den OECD-Standard hinsichtlich des Informationsaustausches, das heisst Artikel 26 des OECD-Musterabkommens von 2005, in die Schweizer Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung zu übernehmen. Er zog deshalb den Vorbehalt der Schweiz zu dieser Bestimmung zurück.

In Erfüllung dieser Verpflichtung beschloss die Schweiz, mit Katar neue Verhandlungen aufzunehmen, um im Abkommensentwurf, der im Februar 2009 paraphiert worden war, eine Bestimmung über die Amtshilfe im Sinne von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens zu verankern. Diese Verhandlungen endeten am 13. August 2009 mit der erneuten Paraphierung des Abkommensentwurfs.

Dieser wurde am 24. September 2009 in New York unterzeichnet.

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Würdigung

Der Nahe Osten gehört heute zu den Gebieten mit der weltweit grössten Dynamik.

Die Investitionskapazitäten Katars im Ausland sind beträchtlich und sie dürften sich zunehmend nach Europa ausrichten. Zurzeit schliesst Katar mit zahlreichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union Doppelbesteuerungsabkommen ab, die sehr günstige Steuersätze für Investitionen vorsehen (grösstenteils beträgt der Quellensteuersatz für Dividenden und Zinsen 0 %). Der Abschluss dieses Abkommens dient daher der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz und soll zudem vermeiden, dass Investitionen in EU-Länder abfliessen oder über diese geleitet werden. Mit dem Abkommen soll also insbesondere der Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und Katar gefördert werden.

Abgesehen von einigen Anpassungen an die Besonderheiten des katarischen Rechts entspricht der Abkommensentwurf weitgehend dem OECD-Musterabkommen und der schweizerischen Abkommenspolitik. Die im Bereich der Quellenbesteuerung von Dividenden und Zinsen vereinbarten Lösungen sind im Gesamtzusammenhang zu werten, denn sie erlauben eine Verbesserung der steuerlichen Bedingungen der 3225

Investitionstätigkeit Katars in der Schweiz und tragen dazu bei, dass diese Tätigkeit aufrechterhalten bleibt. Die mit dem Abkommen geschaffenen Rahmenbedingungen werden es ermöglichen, die Direktinvestitionen aufrechtzuerhalten und zu begünstigen, was der wirtschaftlichen Entwicklung beider Länder zugute kommt. Nicht zuletzt schliesst das Abkommen eine Lücke im schweizerischen Abkommensnetz im Nahen Osten.

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Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Abkommens

Zum besseren Verständnis der im Abkommen vereinbarten Lösungen werden im Folgenden zuerst kurz die wirtschaftlichen und rechtlichen Besonderheiten Katars aufgezeigt.

Katar verfügt über ein Steuersystem, das auf dem Territorialitätsprinzip beruht. Es besteuert (mit Ausnahme der Staaten des Golfkooperationsrates) nur die ausländischen Personen und Gesellschaften, die in Katar eine Geschäftstätigkeit ausüben.

Wenn eine nach dem Recht Katars konstituierte Gesellschaft einen Ausländer als Aktionär hat, ist somit einzig der auf diesen Ausländer entfallende Gewinnanteil steuerbar. Die Gewinnsteuer beträgt zurzeit 35 Prozent. Zu dieser Steuer kommt eine sogenannte «sport and social programs»-Steuer von 2,5 Prozent hinzu, die von den börsenkotierten Unternehmen entrichtet wird. Natürliche Personen unterliegen dagegen der katarischen Einkommenssteuer nicht.

Bisher konnte Katar seine öffentlichen Ausgaben im Wesentlichen durch die Einnahmen aus dem Erdölgeschäft sowie durch den Ertrag aus den im Ausland getätigten Investitionen decken. Seit einiger Zeit sind jedoch Diskussionen über eine mögliche Modernisierung des katarischen Systems in Gang, um die Steuereinnahmen zu erhöhen.

Bei dieser besonderen Rechtslage ist an sich ein Doppelbesteuerungsabkommen nur in beschränktem Umfange erforderlich. Eine Doppelbesteuerung der gleichen Einkünfte von ein und derselben steuerpflichtigen Person tritt wegen der fehlenden Besteuerung in Katar nur selten ein. Eine allfällige Nichtbesteuerung in Katar lässt aber Befürchtungen aufkommen, dass Personen, die in einem Drittstaat ansässig sind, versucht sein könnten, durch Zwischenschaltung einer in Katar ansässigen Person in den Genuss von Abkommensvorteilen zu gelangen. Aus diesem Grund wurde in das Protokoll zum Abkommen eine allgemeine Bestimmung aufgenommen, die gegenseitige Beratungen zur Vermeidung von Abkommensmissbräuchen vorsieht. In Bezug auf natürliche Personen wird festgehalten, dass nur diejenigen Personen im Sinne des Abkommens in Katar als ansässig gelten, die dort sowohl ihren ständigen Wohnsitz wie auch ihren Lebensmittelpunkt oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, was eine substanzielle Präsenz in diesem Staat voraussetzt.

Mit dem Abkommensentwurf wird angestrebt, unter Berücksichtigung aller Besonderheiten sowohl den schweizerischen Interessen als
auch den katarischen Interessen gebührend Rechnung zu tragen. Das macht, insbesondere hinsichtlich der Ansässigkeit (Art. 4) und der Ruhegehälter (Art. 18), aber auch in Bezug auf die Bestimmung über die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (Art. 22) einige Sonderregelungen notwendig. Im Übrigen folgt der Abkommensentwurf ­ sowohl formell wie materiell ­ weitgehend dem OECD-Musterabkommen sowie der schweize3226

rischen Abkommenspraxis auf diesem Gebiet. Deshalb werden nachstehend nur die hauptsächlichen Abweichungen gegenüber diesem Musterabkommen und der schweizerischen Praxis kommentiert.

Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Da Katar keine Vermögenssteuern erhebt, gilt das Abkommen nur für Einkommenssteuern. Die schweizerische Verrechnungssteuer auf Lotteriegewinnen wird gemäss der schweizerischen Abkommenspraxis vom Geltungsbereich des Abkommens ausgenommen.

Art. 4

Ansässige Person

Wie oben bereits erwähnt, besteuert Katar zurzeit weder die auf seinem Territorium ansässigen (natürlichen) Personen noch die von katarischen Personen erzielten Gewinne. Deshalb werden für in Katar ansässige Personen und für in der Schweiz ansässige Personen unterschiedliche Kriterien festgelegt. In Katar gilt eine natürliche Person als ansässig, wenn sie dort ihren ständigen Wohnsitz, ihren Lebensmittelpunkt oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das setzt in jedem Fall eine substanzielle Präsenz in diesem Staat voraus. Eine juristische Person gilt in Katar als ansässig, wenn sie dort eingetragen ist oder sich ihre tatsächliche Geschäftsleitung in diesem Staat befindet (Abs. 1 Bst. b). Als substanzielle Präsenz gilt, wenn die natürliche Person sich überwiegend dort aufhält und die Verbindungen (familiärer, sozialer und beruflicher Natur) zu Katar enger sind als zu einem anderen Staat.

Nach Absatz 2 gelten auch die nach öffentlichem Recht errichteten staatlichen Einrichtungen, einschliesslich der Staatsfonds oder anderer, staatlich kontrollierter Fonds, als ansässige juristische Personen. Der Staatsfonds ist ein Anlagevehikel, das durch staatliche Mittel alimentiert wird und deshalb der staatlichen Kontrolle untersteht. Er gilt somit vollumfänglich als staatliche Einrichtung, deren Zweck die Anlage des Staatsvermögens ist. Die Schweizer Delegation ergriff die Gelegenheit, um gemäss heutiger schweizerischer Abkommenspolitik auch die Pensionskassen und Vorsorgeeinrichtungen einzuschliessen (Abs. 2 Bst. b und Protokoll zu Art. 4).

Art. 5

Betriebstätte

Im Rahmen eines Kompromisses, der sämtliche im Vertragswerk verankerten Lösungen berücksichtigt, sieht das Abkommen vor, dass Baustellen und Montagevorhaben, die mehr als 6 Monate dauern, als Betriebstätten gelten. Zudem wird ausdrücklich festgehalten, dass auch eine Verkaufsstelle sowie die Aktivitäten zum Schürfen und Abbauen natürlicher Ressourcen als Betriebstätte gelten.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Das Abkommen befolgt den im OECD-Musterabkommen verankerten Grundsatz, wonach die Gewinne eines Unternehmens, das im anderen Vertragsstaat eine Betriebstätte unterhält, dort nur insoweit besteuert werden können, als sie tatsächlich mit dieser Betriebstätte in Zusammenhang stehen.

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Art. 10

Dividenden

Es wurde der Nullsatz für die Dividendenauszahlungen einer schweizerischen Gesellschaft an den Staat oder an staatliche Institutionen (insbesondere Staatsfonds) und an Pensionskassen vereinbart. Dividenden, die an einen Staatsfonds gezahlt werden, gelten als an den betreffenden Staat gezahlt, weil diese Fonds dem Staat gehören und von ihm beherrscht werden. Entsprechend der aktuellen Abkommenspolitik der Schweiz werden auch an Pensionskassen oder Vorsorgeeinrichtungen ausgeschüttete Dividenden vollständig von der Quellensteuer befreit. Kollektive Kapitalanlagen, in welche ausschliesslich Vorsorgeeinrichtungen investieren, werden gleich behandelt wie direkte Kapitalanlagen durch die Vorsorgeeinrichtung selbst.

Für Gesellschaften mit einer Beteiligung von über 10 Prozent des Kapitals der ausschüttenden Gesellschaft ist ein Steuersatz von 5 Prozent vorgesehen, für natürliche Personen mit einer Beteiligung von über 10 Prozent des Kapitals der ausschüttenden Gesellschaft ein Satz von 10 Prozent und in allen anderen Fällen einer von 15 Prozent. Das Protokoll enthält eine allgemeine Klausel (Ziff. 1), welche die Konsultation zwecks Vermeidung des Abkommensmissbrauchs vorsieht. Das Protokoll spezifiziert zudem (Bst. b), dass die in den Artikeln 10 und 11 genannten Vorteile nicht gewährt werden, wenn der hauptsächliche Zweck einer Person, die von der Schaffung oder Zuteilung von Aktien, Forderungen oder anderen Rechtstiteln betroffen ist, für welche die Dividenden oder Zinsen geleistet werden, darin besteht, von den in diesen Artikeln verankerten Steuervorteilen zu profitieren.

Art. 11

Zinsen

Gemäss schweizerischer Abkommenspolitik wird das Recht zur Besteuerung von Zinsen ausschliesslich dem Ansässigkeitsstaat des Empfängers zugewiesen. Das Protokoll enthält ­ wie für die Dividenden ­ eine Klausel zur Vermeidung des Abkommensmissbrauchs.

Art. 12

Lizenzgebühren

Katar forderte, sich bezüglich der Teilung des Besteuerungsrechts nach dem Musterabkommen der Vereinten Nationen zu richten. Ein Gesetzesentwurf in Katar sieht die Einführung einer Quellenbesteuerung auf Lizenzgebühren in Höhe von 5 Prozent vor. Schliesslich einigte man sich darauf, das Recht zur Besteuerung von Lizenzgebühren gemäss schweizerischer Abkommenspolitik ausschliesslich dem Ansässigkeitsstaat zuzuweisen.

Art. 14

Selbstständige Arbeit

Wie in anderen schweizerischen Doppelbesteuerungsabkommen wurde auch in diesem Vertragswerk, alternativ zur festen Einrichtung, die Dauer des Aufenthalts im Quellenstaat als Kriterium für eine steuerliche Anknüpfung eingeräumt. Eine innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten während mindestens 183 Tagen ausgeübte selbstständige Tätigkeit, die im betreffenden Steuerjahr beginnt oder aufhört, führt ebenfalls zu einer wirtschaftlichen Anknüpfung und damit zu einer beschränkten Steuerpflicht für die selbstständige Tätigkeit. Das Besteuerungsrecht beschränkt sich jedoch auf die Einkommen, die den im Quellenstaat ausgeübten Tätigkeiten zugeordnet werden können.

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Art. 18

Ruhegehälter

Da die Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen in der Schweiz steuerlich abziehbar sind und die Pensionszahlungen an Rentnerinnen und Rentner mit Wohnsitz in Katar dort nicht besteuert werden, wurde zwecks Vermeidung einer doppelten Nichtbesteuerung ein Besteuerungsrecht im Quellenstaat vereinbart.

Art. 21

Andere Einkünfte

Diese Bestimmung weist das Recht zur Besteuerung der Einkommensbestandteile, die nicht unter das Abkommen fallen, ausschliesslich dem Wohnsitzstaat zu. Die schweizerische Verrechnungssteuer auf Lotteriegewinnen wird gemäss der schweizerischen Abkommenspraxis vom Geltungsbereich dieses Artikels ausgenommen.

Dasselbe wird für allfällige katarische Lotteriegewinne gelten.

Art. 22

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Katar vermeidet die Doppelbesteuerung mittels der Anrechnungsmethode.

In der Schweiz wird die Doppelbesteuerung vermieden durch Befreiung unter Progressionsvorbehalt und gegebenenfalls durch die pauschale Steueranrechnung für die nicht rückforderbaren Quellensteuern auf Dividenden. Entsprechend ihrer Abkommenspolitik behält sich die Schweiz aber das Recht zur Besteuerung der Kapitalgewinne aus dem Verkauf von Immobiliengesellschaften vor, wenn diese Gewinne in Katar effektiv nicht besteuert wurden.

Was die Ruhegehälter betrifft, so wird für in der Schweiz ansässige Personen, die aus Katar eine dort besteuerte Pension beziehen, eine Anrechnung dieser Steuer Katars an die schweizerischen Steuern vorgesehen. Diese Situation ist derzeit allerdings bloss von theoretischer Bedeutung.

Art. 23

Gleichbehandlung

Unter Berücksichtigung des besonderen Steuersystems in Katar wurde eine Bestimmung in das Protokoll aufgenommen (Ziff. 5), wonach die Nichtbesteuerung der katarischen Staatsangehörigen nicht als Diskriminierung im Sinne von Artikel 23 gilt.

Art. 25

Informationsaustausch

Das Abkommen enthält eine Klausel über den Informationsaustausch auf Anfrage, der weitgehend den Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens übernimmt. Indem die Schweiz ihren Vorbehalt gegenüber diesem Artikel aufgab, verpflichtete sie sich zur Übernahme des OECD-Standards.

Es wurden jedoch einige Abweichungen vom Wortlaut des OECD-Musterabkommens vorgesehen, um den Informationsaustausch auf Steuern zu beschränken, die unter das Abkommen fallen, die Weitergabe der Informationen an Aufsichtsbehörden auszuschliessen und die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten zu ermächtigen, gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtigten und Treuhändern Informationsbegehren durchzusetzen sowie Beteiligungsverhältnisse zu ermitteln. Diese Abweichungen sind im Kommentar zum OECD-Musterabkommen vorgesehen und mit dem OECD-Standard vereinbar.

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Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustauschs fest. Auszutauschen sind die Informationen, die für die Durchführung des Abkommens oder die Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts auf dem Gebiet der unter das Abkommen fallenden Steuern erheblich sein können. Durch die Beschränkung auf erhebliche Informationen sollen sogenannte «fishing expeditions» verhindert werden. Zudem wird festgehalten, dass der ersuchende Staat alle nach seinem innerstaatlichen Steuerverfahren üblichen Auskunftsquellen ausschöpfen muss, bevor er den anderen Staat um Informationen ersucht (Subsidiaritätsprinzip). Nicht erforderlich für die Anwendung dieser Bestimmung ist die Ansässigkeit der steuerpflichtigen Person in der Schweiz oder in Katar, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung an einen der Vertragsstaaten besteht.

Absatz 2 befasst sich mit dem Grundsatz der Geheimhaltung und besagt, dass die ausgetauschten Informationen nur Personen oder Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung und Erhebung nach Absatz 1 oder mit der Durchsetzung, Strafverfolgung oder der Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der unter das Abkommen fallenden Steuern befasst sind. Die Informationen dürfen somit auch der steuerpflichtigen Person selbst oder der von ihr bevollmächtigten Person offenbart werden.

Absatz 3 sieht zugunsten des ersuchten Staates gewisse Einschränkungen des Informationsaustausches vor. Der ersuchte Staat ist weder gehalten, Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die über seine eigenen Gesetze oder seine eigene Verwaltungspraxis hinauszugehen, noch muss er Verwaltungsmassnahmen durchführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates abweichen.

Im Fall der Schweiz bedeutet dies insbesondere, dass das rechtliche Gehör der Betroffenen sowie die Rechtsmittel geschützt sind. Der ersuchte Staat braucht ferner keine Auskünfte zu erteilen, die nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis oder nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann der ersuchte Staat die Auskunft verweigern, wenn sie die öffentliche Ordnung (Ordre public) verletzt oder wenn wirtschaftliche Geheimnisse offenbart würden. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Informationen im ersuchenden
Vertragsstaat nicht ausreichend geheim gehalten werden.

Absatz 4 hält fest, dass der ersuchte Staat auch Informationen ermitteln und austauschen muss, die er selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht auf Informationen, die auch den Steuerbehörden des ersuchten Staates von Nutzen sind.

Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen zu Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten werden oder die Eigentumsverhältnisse an Personen betreffen. Solche Informationen sind unabhängig von den Einschränkungen des Absatzes 3 auszutauschen. Der ersuchte Staat muss die Informationen auch dann einholen und austauschen können, wenn sie nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis nicht zugänglich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern. Die Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ersuchten Informationen tatsächlich bestehen. Anfragen über die Eigentumsverhältnisse an Gesellschaften mit Inhaberaktien müssen daher nur so weit beantwortet werden, als diese Informationen für die Behörden des ersuchten Staates, ungeachtet allfälliger Einschränkungen des innerstaatlichen Rechts ermittelbar sind.

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Bei Steuerbetrug verfügt die Schweiz aufgrund des effektiv strafrechtlichen Verfahrens im innerstaatlichen Recht über die nötigen Mittel, um die Informationen nach Absatz 5 zu erlangen. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss der neuen Bestimmung keinen Steuerbetrug mehr voraus. Der letzte Satz in Absatz 5 schafft die nötige gesetzliche Grundlage für die Umsetzung dieser Abkommensverpflichtungen durch die Vertragsstaaten und die nötigen Verfahrensbefugnisse zur Erlangung der ersuchten Informationen. Das anwendbare Verfahren wird vorerst Gegenstand einer Verordnung des Bundesrats sein. Die Frage, ob die Verordnung letztlich durch ein Gesetz ersetzt werden soll, wird momentan geprüft.

Die Bestimmungen zum Informationsaustausch werden in Ziffer 6 des Protokolls präzisiert. Dort werden der Grundsatz der Subsidiarität und die Unzulässigkeit von «fishing expeditions» ausdrücklich festgehalten. Das Informationsbegehren muss zudem eine gewisse Anzahl Elemente enthalten, insbesondere zur eindeutigen Identifikation der betroffenen Steuerpflichtigen sowie der Person, (z.B. einer Bank), in deren Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet.

Daraus folgt, dass sich der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen im Einzelfall beschränkt. Zumindest seitens der Schweiz steht fest, dass sie einem Informationsbegehren konkret nicht Folge leisten kann, wenn in diesem die nötigen Angaben zur Identifikation fehlen. Des Weiteren wird festgehalten, dass die Vertragsstaaten nicht zum spontanen oder automatischen Informationsaustausch verpflichtet sind, ohne diese Möglichkeit jedoch auszuschliessen, wenn das innerstaatliche Recht eines der Vertragsstaaten dies vorsieht. Schliesslich sind die Rechte der Steuerpflichtigen gemäss Vorschriften des Verwaltungsverfahrens einzuhalten. Diese Bestimmung dient dazu, den Steuerpflichtigen ein faires Verfahren zu gewährleisten; sie darf aber nicht den Informationsaustausch in unzulässiger Weise behindern oder verzögern.

Art. 27

Inkrafttreten

Das Abkommen tritt am Tag des Eingangs der letzten Notifikation über den Abschluss der hierfür erforderlichen innerstaatlichen Verfahren in Kraft. Seine Bestimmungen finden ab dem 1. Januar des Folgejahres Anwendung.

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Finanzielle Auswirkungen

In einem Doppelbesteuerungsabkommen verzichten beide Vertragsstaaten auf gewisse Steuereinnahmen. Für die Schweiz ergeben sich Einbussen durch die teilweise oder vollständige Rückerstattung der Verrechnungssteuer und, sofern die Rechtsgrundlagen dazu im innerstaatlichen Recht Katars geschaffen werden, durch die Anrechnung der in Katar auf Dividenden gestützt auf Artikel 10 erhobenen Quellensteuern. Die Einbussen, die sich aus der teilweisen oder vollständigen Rückerstattung der Verrechnungssteuer an in Katar ansässige Personen ergeben, dürften relativ bedeutend sein, aber ihr Umfang kann mangels geeigneter Instrumente nicht genau beziffert werden.

Dagegen wird die durch den Bundesratsbeschluss vom 22. August 1967 eingeführte pauschale Steueranrechnung die schweizerischen öffentlichen Finanzen zumindest vorderhand nicht belasten. Insgesamt bringt das Abkommen wesentliche Vorteile und es kann davon ausgegangen werden, dass es die bisher möglichen Benachteili3231

gungen von Unternehmen aus der Schweiz gegenüber Unternehmen aus anderen europäischen Staaten auf dem katarischen Markt aufheben wird. Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass Doppelbesteuerungsabkommen in erster Linie im Interesse der Steuerpflichtigen abgeschlossen werden und dass sie ganz allgemein zur Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beitragen, was ein Hauptanliegen der schweizerischen Aussenwirtschaftspolitik darstellt. Aufgrund des Abkommens bleibt schliesslich auch die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz für katarische Investitionen gewahrt.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das vorliegende Abkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung dieses Abkommens zuständig. Das Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterstellt werden, hat der Bundesrat in der Botschaft vom 19. September 2003 zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel festgehalten, dass er dem Parlament Staatsverträge auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten werde, diese dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nicht zu unterstellen, sofern sie im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten.

Das Abkommen führt eine neue, mit dem OECD-Musterabkommen konforme Bestimmung über den Informationsaustausch ein, welche eine erweiterte Amtshilfe vorsieht und in der schweizerischen Abkommenspolitik eine Neuheit darstellt. Die Bestimmung in Sachen Informationsaustausch ist nach dem Rückzug des Vorbehalts der Schweiz zu Artikel 26 des OECD-Musterabkommens nach dem Bundesratsentscheid vom 13. März 2009 neu für die Schweiz. Das neue Abkommen enthält gegenüber den bisher mit anderen Staaten vereinbarten Verpflichtungen damit eine wichtige neue Bestimmung im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines
Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Katar soll daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstellt werden.

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