10.068 Botschaft zur Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und den Niederlanden vom 25. August 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen, mit dem Antrag auf Zustimmung, den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Genehmigung des am 26. Februar 2010 unterzeichneten Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und dem Königreich der Niederlande.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. August 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-0480

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Übersicht Zwischen der Schweiz und den Niederlanden besteht ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Das Abkommen wurde am 12. November 1951 abgeschlossen und mit dem Protokoll vom 22. Juni 19661 revidiert.

Das Abkommen hat sich materiell bewährt und wird auch heute noch als vorteilhaft für die Wirtschaft beider Partnerländer erachtet. Es berücksichtigt jedoch nicht die Entwicklung der Abkommenspolitik der beiden Staaten und in Bezug auf die Schweiz auch nicht die jüngsten internationalen Entwicklungen beim Informationsaustausch.

Mehr als fünfzig Jahre nach Abschluss des Abkommens hat sich eine Revision auf der Basis des Musterabkommens der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) als notwendig erwiesen. Die zuständigen Behörden haben die Revision im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen und entsprechende Verhandlungen aufgenommen.

Das neue Abkommen folgt im Wesentlichen dem OECD-Musterabkommen sowie der einschlägigen Abkommenspolitik der Schweiz und entspricht dem neuen Standard bei der Amtshilfe, wie ihn der Bundesrat am 13. März 2009 beschlossen hat.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben dem Abschluss dieses Abkommens zugestimmt.

1

SR 0.672.963.61

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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1 Allgemeine Überlegungen zur Weiterentwicklung der Abkommenspolitik der Schweiz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

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2 Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

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3 Würdigung

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4 Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen des Abkommens

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5 Finanzielle Auswirkungen

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6 Verfassungsmässigkeit

5804

Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und den Niederlanden (Entwurf)

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Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen

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Botschaft 1

Allgemeine Überlegungen zur Weiterentwicklung der Abkommenspolitik der Schweiz zur Vermeidung der Doppelbesteuerung

Doppelbesteuerungsabkommen sind ein wichtiges Mittel der Steuerpolitik. Gute Abkommen erleichtern die Tätigkeit der Exportwirtschaft, fördern Investitionen in der Schweiz und tragen damit zum Wohlstand in der Schweiz und im Partnerland bei.

Die Politik der Schweiz im Bereich der Doppelbesteuerungsabkommen richtet sich seit jeher nach dem Standard der OECD, weil dieser am besten geeignet ist, das Wohlstandsziel zu erreichen. Sie zielt hauptsächlich darauf ab, die Zuständigkeiten bei der Besteuerung natürlicher und juristischer Personen klar zuzuweisen, die Quellensteuer auf Zinsen, Dividenden und Lizenzgebühren möglichst tief zu halten und allgemein Steuerkonflikte zu verhindern, die sich auf international tätige Steuerpflichtige nachteilig auswirken könnten. Dabei musste die Schweiz seit jeher den goldenen Mittelweg zwischen günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen im eigenen Land einerseits und internationaler Anerkennung ihrer Steuerordnung andererseits finden. Gute Schweizer Lösungen können wertlos werden, wenn sie international keine Anerkennung finden.

Am 13. März 2009 hat der Bundesrat beschlossen, die Amtshilfe in Steuersachen den neuen Gegebenheiten der internationalen Politik anzupassen.

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Ausgangslage, Verlauf und Ergebnis der Verhandlungen

Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (SR 0.672.963.61, nachstehend «Abkommen von 1951/66») wurde am 12. November 1951 abgeschlossen und seither nur einmal im Jahr 1966 revidiert. Es hat sich materiell bewährt und wird auch heute noch als vorteilhaft für die Wirtschaft beider Partnerländer erachtet; es berücksichtigt jedoch nicht die Entwicklung der Abkommenspolitik der beiden Staaten und in Bezug auf die Schweiz auch nicht die jüngsten internationalen Entwicklungen beim Informationsaustausch. Mehr als fünfzig Jahre nach Abschluss des Abkommens hat sich eine Revision auf der Basis des Musterabkommens der OECD als notwendig erwiesen. Die zuständigen Behörden haben die Revision im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen und entsprechende Verhandlungen aufgenommen.

Die Mitte der 1980er-Jahre begonnenen und nach einem Unterbruch 2002 wieder aufgenommenen Verhandlungen haben im November 2007 zum Entwurf eines neuen Abkommens geführt.

Das im November 2007 paraphierte Abkommen sah Amtshilfe in Steuersachen in dem Umfang vor, wie ihn die Schweiz bis vor Kurzem leistete. Es handelte sich im Wesentlichen um Amtshilfe auf Ersuchen für die ordnungsgemässe Anwendung des Abkommens und die Durchführung des innerstaatlichen Rechts des anderen 5790

Vertragsstaats bei Holdinggesellschaften sowie bei Steuerbetrug oder ähnlichen Delikten.

Nachdem der Bundesrat am 13. März 2009 beschlossen hatte, bei der Amtshilfe in Steuersachen den OECD-Standard nach Artikel 26 des Musterabkommens zu übernehmen, nahm die Schweiz entsprechende Verhandlungen auf. Gleichzeitig taten die Niederlande ihr Interesse kund, im Hinblick auf die neue Politik der Schweiz den Informationsaustausch nach Artikel 26 des OECD-Musterabkommens in das paraphierte Abkommen aufzunehmen.

Der Abkommensentwurf von 2007 enthielt ausserdem eine Meistbegünstigungsklausel, die automatisch zur Anwendung kommt, wenn die Schweiz mit einem anderen EU-Mitgliedstaat einen erweiterten Informationsaustausch vereinbart. Die Klausel wäre ausgelöst worden, sobald die Schweiz EU-Mitgliedern wie beispielsweise Frankreich oder Grossbritannien einen Informationsaustausch nach Artikel 26 des OECD-Abkommens gewährt hätte.

Durch den Entscheid der Schweiz vom März 2009 und die Haltung der Niederlande wurde eine Überarbeitung des Abkommensentwurfs von 2007 unumgänglich. In entsprechenden Verhandlungen konnten in kurzer Zeit die Anpassungen im beiderseitigen Interesse vorgenommen und am 26. Februar 2010 in Den Haag ein neues Abkommen unterzeichnet werden.

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Würdigung

Das neue Abkommen zwischen der Schweiz und den Niederlanden wurde an vielen Stellen in redaktioneller und technischer Hinsicht angepasst, führt aber materiell gegenüber dem Abkommen von 1951/66 zu keiner substanziellen Änderung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Das Abkommen trägt der Entwicklung der Abkommenspolitik beider Staaten und in Bezug auf die Schweiz auch der jüngsten internationalen Entwicklung beim Informationsaustausch Rechnung.

Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch entspricht dem OECD-Standard und erfüllt die vom Bundesrat beschlossenen Eckwerte. Mit der Aufnahme der Schiedsgerichtsklausel konnte zudem ein Anliegen der jüngeren schweizerischen Abkommenspolitik berücksichtigt werden. Das neue Abkommen bietet weitere Verbesserungen, unter anderem betreffend Dividendenausschüttungen an Muttergesellschaften und an Vorsorgeeinrichtungen.

Mit dem vorliegenden Abkommen konnte ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden, das zur weiteren positiven Entwicklung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen beitragen wird.

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Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen des Abkommens

Das neue Abkommen folgt formell und materiell weitgehend dem OECD-Musterabkommen sowie der schweizerischen Abkommenspraxis auf diesem Gebiet. Nachstehend werden deshalb nur die Bestimmungen, die vom Musterabkommen und von der schweizerischer Praxis abweichen, kommentiert.

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Art. 2

Unter das Abkommen fallende Steuern

Das Abkommen gilt für die Steuern vom Einkommen mit Ausnahme der Verrechnungssteuer auf Lotteriegewinnen. Das Abkommen von 1951/66 umfasst auch die Steuern vom Vermögen. Diese wurden aber in den Niederlanden im Jahr 2001 abgeschafft und deshalb von den unter das Abkommen fallenden Steuern ausgenommen.

Ausdrücklich genannt wird die niederländische Bergbausteuer. Es handelt sich dabei um eine besondere Form der Einkommenssteuer, die an das Wirtschaftsministerium (und nicht an das Finanzministerium) entrichtet wird, wobei Gesellschaften, die diese Steuer anstelle der Gewinnsteuer leisten, als in den Niederlanden unbeschränkt steuerpflichtig gelten.

Art. 3

Allgemeine Begriffsbestimmungen

Das Abkommen gilt für den in Europa gelegenen Teil der Niederlande einschliesslich der Hoheitsgewässer sowie der Gebiete ausserhalb der Hoheitsgewässer, in denen die Niederlande in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht Hoheitsrechte ausüben dürfen. Eine besondere Bestimmung (vgl. Art. 23) betrifft die Besteuerung der Tätigkeiten auf dem Festlandsockel.

Das Abkommen gilt nicht für die aussereuropäischen Gebiete des Königreichs der Niederlande. Es sieht aber wie Artikel 10 des Abkommens von 1951/66 in einer besonderen Bestimmung (vgl. Art. 28) die Möglichkeit vor, den Geltungsbereich auf diese Gebiete auszudehnen.

Art. 4

Ansässige Person

Gemäss dem Abkommen von 1951/66 gilt eine juristische Person, deren statutarischer Sitz sich im einen und deren tatsächliche Geschäftsleitung sich im anderen Staat befindet, im Staat mit dem statutarischen Sitz als ansässig. Gemäss dem neuen Abkommen gilt die juristische Person in einem solchen Fall, in Übereinstimmung mit dem OECD-Musterabkommen, als in dem Staat ansässig, in dem sich ihre tatsächliche Geschäftsleitung befindet.

Im Protokoll (Ziff. I) wird die Frage der Anwendbarkeit des Abkommens auf transparente Rechtsträger wie beispielsweise Personengesellschaften behandelt. Rechnet der Ansässigkeitsstaat Einkünfte einer ansässigen Person (z. B. einem Gesellschafter) tatsächlich zu, so muss der Quellenstaat diese Einkünfte als an eine im anderen Staat ansässige Person entrichtete Einkünfte betrachten und muss die entsprechenden Abkommensvorteile gewähren. Ist hingegen der transparente Rechtsträger im Quellenstaat ansässig und gilt nach dessen innerstaatlichem Recht nicht als steuerlich transparent, muss der Quellenstaat die Abkommensvorteile nicht gewähren.

Diese Bestimmungen schützen auch vor doppelter Nichtbesteuerung und folgen im Grundsatz den Empfehlungen des OECD-Berichts von 1999 zur Anwendung des OECD-Musterabkommens auf Personengesellschaften. Die von den Niederlanden gewünschten Bestimmungen verankern die bisherige Situation in den bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und den Niederlanden auf Abkommensebene.

Ziffer III des Protokolls bestätigt die bisherige Praxis und Auslegung der Schweiz von Artikel 4 des OECD-Musterabkommens, dass anerkannte Vorsorgeeinrichtungen als ansässige Person im Sinne des Abkommens gelten und somit die Abkommensvorteile beanspruchen können, auch wenn sie steuerbefreit sind.

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Ziffer IV des Protokoll sieht vor, dass eine Person, die an Bord eines Schiffes lebt, in dem Staat als ansässig gilt, in dem das Schiff seinen Heimathafen hat, sofern die Person in keinem der Vertragsstaaten einen Wohnsitz hat.

Art. 5

Betriebsstätte

Die Übernahme des OECD-Musterabkommens stellt keine wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Praxis dar. Bei den Bauausführungen erfolgt aber eine Anpassung.

Gemäss einem Briefwechsel der zuständigen Behörden galt eine Bauausführung oder Montage bisher auch bei über 12 Monaten Dauer nicht als Betriebsstätte, sofern von einem provisorischen Charakter auszugehen war. Nun haben die Vertragsstaaten vereinbart, den OECD-Standard zu übernehmen, wonach eine Bauausführung oder Montage als Betriebsstätte gilt, wenn sie länger als 12 Monate dauert. Für Bauausführungen, die unter dem Abkommen von 1951/66 aufgenommen worden sind und bei Inkrafttreten dieses Abkommens noch nicht abgeschlossen sind, gelten gestützt auf eine Übergangsklausel im Protokoll (Ziff. VI) ausschliesslich die Bestimmungen des Abkommens von 1951/66 und der Briefwechsel. Die strenge 12-Monats-Regel findet somit nur auf Bauausführungen Anwendung, die nach Inkrafttreten dieses Abkommens beginnen.

Art. 7

Unternehmensgewinne

Das Abkommen übernimmt die Grundsätze des OECD-Musterabkommens. Die allgemeinen Grundsätze von Artikel 7 gelten auch für Versicherungsgesellschaften.

Art. 9

Verbundene Unternehmen

Diese Bestimmung entspricht Artikel 9 des OECD-Musterabkommens.

Der letzte Satz von Absatz 1 bestätigt die schweizerische und niederländische Praxis, wonach Kostenumlagevereinbarungen («cost sharing agreements») mit dem Grundsatz des Drittvergleichs («arm's length principle») vereinbar sind.

Absatz 2 präzisiert, dass ein Vertragsstaat bei einer Anpassung durch den anderen Vertragsstaat nicht automatisch eine Berichtigung vornehmen muss. Er muss die Berichtigung aber vornehmen, wenn er die Anpassung als berechtigt erachtet.

Art. 10

Dividenden

Das neue Abkommen sieht, in Übereinstimmung mit der schweizerischen Politik, einen Nullsatz bei der Quellensteuer auf Dividenden einer Tochtergesellschaft an die Muttergesellschaft vor (Abs. 3). Die Mindestbeteiligung am Kapital der Gesellschaft, die die Dividenden ausschüttet, muss neu noch 10 anstelle der bisher 25 Prozent betragen. Ausserdem muss es sich um eine direkte Beteiligung handeln.

Ziffer IX des Protokolls nennt die Gesellschaften, auf welche diese Bestimmung Anwendung findet.

Die Missbrauchsklausel von Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a im Abkommen von 1951/66 wurde im Grundsatz übernommen, im Protokoll aber noch ausformuliert (Ziff. VIII des Protokolls). Demnach gelten die Bestimmungen von Artikel 10 nicht, wenn die Beziehung zwischen der Gesellschaft, die die Dividenden auschüttet, und 5793

der Muttergesellschaft hauptsächlich hergestellt oder beibehalten wird, um die Vorteile dieses Artikels zu beanspruchen.

In Übereinstimmung mit der schweizerischen Abkommenspolitik wird die vollständige Entlastung von der Quellensteuer auch für Dividendenzahlungen an Vorsorgeeinrichtungen gewährt. Ziffer IX Absatz 2 des Protokolls präzisiert, welche Schweizer Einrichtungen zu den «Vorsorgeeinrichtungen» gehören.

In allen anderen Fällen (Halten von Aktienportfolios und natürliche Personen) beläuft sich der Steuerrückbehalt des Quellenstaates auf maximal 15 Prozent.

Ziffer X des Protokolls führt aus, dass auch Zinszahlungen als Dividenden im Sinne des Abkommens gelten, soweit dies nach dem innerstaatlichen Recht des Ansässigkeitsstaates der Gesellschaft, die diese Zahlungen vornimmt, so vorgesehen ist.

Ziffer XIII Absatz 1 des Protokolls präzisiert, dass Einkünfte aus einer Total- oder Teilliquidation einer Gesellschaft oder dem Rückkauf von eigenen Aktien in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichem Recht der Vertragsstaaten nicht als Kapitalgewinn, sondern als Dividenden zu behandeln sind. Somit muss auch eine bereits in einer früheren Steuerperiode erhobene Quellensteuer bei der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat angerechnet werden.

Artikel 10 Absatz 9 bezieht sich auf die neue niederländische «Sicherungsveranlagung» («conserverende aanslag») zur Besteuerung natürlicher Personen, die wesentliche Beteiligungen an niederländischen Gesellschaften haben und die Niederlande verlassen. Die Sicherungsveranlagung betrifft nur den Wertzuwachs der Beteiligungen während der Ansässigkeit der betreffenden Person in den Niederlanden.

Absatz 9 sichert das Recht der Niederlande, beim Wegzug einer steuerpflichtigen Person eine Sicherungsveranlagung («conserverende aanslag») vorzunehmen und eine Steuer von 25 Prozent auf dem Wertzuwachs der Beteiligung während der Ansässigkeit dieser Person in den Niederlanden zu erheben. Die Steuer kann nach niederländischem Recht aufgeschoben werden, wenn die steuerpflichtige Person ausreichende Sicherheiten bietet (Ziff. XIII Abs. 2 des Protokolls). Die Steuer wird dann bei der Dividendenausschüttung und/oder der Veräusserung der Aktien erhoben.

Im Gegenzug reduzieren die Niederlande, um eine Überbesteuerung zu vermeiden, die Steuer der Sicherungsveranlagung nach innerstaatlichem
Recht und ziehen die in der Schweiz für diese Einkünfte geschuldete Steuer in der Höhe von maximal 10 Prozent dieser Einkünfte ab oder erstatten sie zurück (Ziff. XI des Protokolls, vgl.

auch Kommentar zu Art. 13).

Diese Steuer kann (ganz oder teilweise) innert maximal zehn Jahren nach dem Wegzug erhoben werden. Nach dieser Frist von zehn Jahren verfallen allfällige Forderungen.

Art. 11

Zinsen

Das Abkommen von 1951/66 sieht eine Quellensteuer von 5 Prozent vor. Der schweizerischen Abkommenspolitik entsprechend wird das Besteuerungsrecht für Zinsen im neuen Abkommen ausschliesslich dem Ansässigkeitsstaat zugewiesen.

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Art. 12

Lizenzgebühren

Bei den Lizenzgebühren wird die bisherige Regelung der ausschliesslichen Besteuerung im Ansässigkeitsstaat weitergeführt.

Art. 13

Gewinne aus der Veräusserung von Vermögen

Das neue Abkommen mit den Niederlanden enthält, wie auch andere Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz (z.B. mit Frankreich oder mit Grossbritannien), eine Bestimmung, wonach bei Gewinnen aus der Veräusserung von unbeweglichem Vermögen einer Immobiliengesellschaft das Besteuerungsrecht des Belegenheitsstaats nicht eingeschränkt ist.

Die Bestimmung lässt jedoch Ausnahmen zu, namentlich wenn die Gewinne aus der Veräusserung von Anteilen an Gesellschaften stammen, die an einer von den Vertragsstaaten anerkannten Börse kotiert sind, wenn die Person, die den Gewinn erzielt, vor der Veräusserung weniger als 5 Prozent der Anteile der Gesellschaft hielt, wenn die Gewinne im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung erzielt wurden oder wenn das unbewegliche Vermögen von einer Gesellschaft als Betriebsvermögen genutzt wird.

Art. 13 Abs. 6, in Verbindung mit Art. 10 Abs. 9, «Sicherungsveranlagung» natürlicher Personen Das neue Abkommen sieht in Übereinstimmung mit der niederländischen Abkommenspolitik eine besondere Bestimmung zur niederländischen Sicherungsveranlagung («conserverende aanslag») bei wesentlichen Beteiligungen vor (vgl. Art. 10).

Die Sicherungsveranlagung unterscheidet sich vom früheren «Folgerecht» der Niederlande zur Besteuerung von Übertragungen niederländischer Staatsangehöriger in einem bestimmten Zeitraum nach dem Wegzug aus den Niederlanden (vgl. Zu Art. 2 und Zu Art. 9 im Schlussprotokoll zum Abkommen von 1951/66).

Das Abkommen sorgt ausserdem dafür, dass die Sicherungsveranlagung nicht zu einer Doppelbesteuerung führt und dass sie Betroffene nicht in Liquiditätsschwierigkeiten bringt. Es hält weiter fest, dass nur der Wertzuwachs besteuert werden kann, der während der Ansässigkeit in den Niederlanden realisiert worden ist, und dass auch Werteinbussen berücksichtigt werden, die nach dem Wegzug aus den Niederlanden stattgefunden haben (sofern diese nicht auf einer Gewinnausschüttung oder Kapitalherabsetzung beruhen).

Die Sicherungsveranlagung sieht vor, dass niederländische Steuerpflichtige, die die Niederlande verlassen,, unter gewissen Voraussetzungen auf dem Wertzuwachs wesentlicher Beteiligungen (ab 5 %) am Kapital niederländischer Gesellschaften, der während der Ansässigkeit in den Niederlanden realisiert wurde, mit 25 Prozent besteuert werden. Wenn die steuerpflichtige Person
ausreichende Sicherheiten bietet, kann die Steuer aufgeschoben werden (Ziff. XIII Abs. 2 des Protokolls).

Die Steuer wird nicht im Moment des Wegzugs aus den Niederlanden erhoben, weil die betreffende steuerpflichtige Person zu diesem Zeitpunkt nicht über die zur Begleichung der Steuerschuld notwendige Liquidität verfügt. Dies ist allerdings nicht mehr der Fall, wenn die Gesellschaft Dividenden ausschüttet oder wenn die steuerpflichtige Person ihre Beteiligung veräussert. Diese beiden Fälle regelt das Abkommen wie folgt:

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a) Ausschüttung von Dividenden Schüttet die Gesellschaft Dividenden aus, so kann der niederländische Fiskus die gesamte Steuer von 25 Prozent geltend machen, bis die Forderung aus der Sicherungsveranlagung beglichen ist (Art. 10 Abs. 9).

Das Recht der Schweiz, diese Dividenden zu besteuern, wird dadurch nicht berührt, und die Schweiz gewährt wie bei allen Portfolio-Dividenden eine pauschale Steueranrechnung von maximal 15 Prozent des Bruttobetrags dieser Dividenden. Durch die limitierte Besteuerung in der Schweiz und die volle Steuer von 25 Prozent durch die Sicherungsveranlagung in den Niederlanden kann es für die Bezügerin oder den Bezüger der Dividenden zu einer höheren Besteuerung kommen als üblich. Dies wird dadurch vermieden, dass der niederländische Fiskus eine Rückerstattung in der Höhe der Steuer, die auf diesem Einkommen in der Schweiz erhoben wird, vornimmt; die Rückerstattung darf jedoch maximal 10 Prozent dieses Einkommens entsprechen (Ziff. XI des Protokolls).

b) Veräusserung der Beteiligung Erzielt die steuerpflichtige Person bei der späteren Veräusserung ihrer Beteiligung einen Kapitalgewinn in der Höhe der Veranlagung oder darüber, wird die Steuer wie festgelegt entrichtet, gegebenenfalls abzüglich der bei der Dividendenausschüttung bereits entrichteten Quellensteuer von 25 Prozent, wie unter a) beschrieben.

Liegt der Kapitalgewinn bei der Veräusserung unter der Veranlagung und ist der Wert der Aktie somit seit dem Wegzug aus den Niederlanden gesunken, wird die bei der Sicherungsveranlagung erhobene Steuer ermässigt, sofern die Einbusse nicht auf einer Gewinnausschüttung oder einer Kapitalherabsetzung beruht. Die Ermässigung entspricht 25 Prozent der Differenz zwischen dem beim Wegzug geschätzten und dem bei der Veräusserung erzielten Wert der Beteiligung (Ziff. XIV Abs. 2 des Protokolls). Bei einer solchen Steuerermässigung wird der Wert der Beteiligung im Zeitpunkt des Wegzugs um das Vierfache der Ermässigung reduziert (Ziff. XIV Abs. 3 des Protokolls).

Art. 15

Unselbständige Arbeit

Die Zuteilung des Rechts der Besteuerung unselbständiger Arbeit entspricht Artikel 15 des OECD-Musterabkommens. In Absatz 2 Buchstabe a konnte die Schweiz allerdings ihren Vorbehalt gegenüber Artikel 15 des OECD-Musterabkommens aufrechterhalten; es wurde vereinbart, dass sich die 183 Präsenztage auf das betreffende Steuerjahr beziehen (und nicht auf eine Zeitspanne von zwölf Monaten, die im betreffenden Steuerjahr beginnt oder endet).

Art. 16

Aufsichtsrats- und Verwaltungsratsvergütungen

Vergütungen für Verwaltungsratsmitglieder sind gemäss dem OECD-Musterabkommen im Sitzstaat des Unternehmens steuerpflichtig, das sie ausrichtet.

Das neue Abkommen behält die Regelung des Abkommens von 1951/66 bei, wonach Löhne und Gehälter von in der Schweiz ansässigen Leiterinnen und Leitern niederländischer Gesellschaften («bestuurders») zur Hälfte in der Schweiz und zur Hälfte in den Niederlanden besteuert werden.

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Eine Ausnahme bilden die Löhne und Gehälter, die in der Schweiz ansässige «bestuurders» aufgrund ihrer Tätigkeiten für eine Betriebsstätte einer niederländischen Gesellschaft in der Schweiz beziehen und die von dieser Betriebsstätte getragen werden. Diese Löhne und Gehälter werden in der Schweiz besteuert (Art. 16 Abs. 3).

Art. 18

Ruhegehälter, Renten und Sozialversicherungsleistungen

Nach Absatz 1 dieses Artikels liegt das Recht, Ruhegehälter, Renten und Sozialversicherungsleistungen zu besteuern, grundsätzlich beim Ansässigkeitsstaat der Empfängerinnen und Empfänger dieser Leistungen.

Die wichtigste Änderung gegenüber dem aktuellen Abkommen ist die Abschaffung der bisherigen Unterscheidung zwischen Ruhegehältern privatrechtlicher Einrichtungen und Ruhegehältern öffentlich-rechtlicher Einrichtungen. Neu fallen Ruhegehälter öffentlich-rechtlicher Einrichtungen unter diesen Artikel.

Die Niederlande ersuchten, ihrer Abkommenspolitik entsprechend, um eine Klausel, wonach der Quellenstaat sein Besteuerungsrecht beibehält, wenn der Ansässigkeitsstaat die Ruhegehälter steuerlich begünstigt. Neu ist nach Absatz 2 die Besteuerung im Quellenstaat unter folgenden kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen zulässig: ­

Der Anspruch auf ein Ruhegehalt, eine ähnliche Vergütung oder eine Rente ist im Quellenstaat von der Besteuerung ausgenommen, die Beiträge waren im Quellenstaat abzugsfähig oder auf andere Weise steuerlich begünstigt;

­

der Empfänger wird im Quellenstaat nicht zum ordentlichen Satz auf den Erwerbseinkünften besteuert, oder es werden weniger als 90 Prozent dieses Ruhegehalts im Ansässigkeitsstaat besteuert; und

­

der Gesamtbetrag der Ruhegehälter, ähnlicher Vergütungen oder Renten übersteigt in einem Jahr 20 000 Euro.

Von Seiten der Schweiz dürfte diese Klausel nicht zur Anwendung kommen, da die Schweiz Ruhegehälter nach dem ordentlichen Satz besteuert und auch bei einer Aufwandbesteuerung die fraglichen Einkünfte in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden müssen.

Absatz 3 sieht vor, dass Kapitalleistungen sowohl im Quellenstaat als auch im Ansässigkeitsstaat der Empfängerinnen und Empfänger besteuert werden können.

Der Quellenstaat wendet den dafür nach innerstaatlichem Recht geltenden Steuersatz an, und der Ansässigkeitsstaat rechnet diese Steuer auf seine Einkommenssteuer an.

Der letzte Satz in Artikel 18 Absatz 1 nimmt explizit Bezug auf Renten nach niederländischem Recht (im englischen Text: «annuities»), die an Personen ausgerichtet werden, die in der Schweiz ansässig sind. In Absatz 6 werden diese Renten genauer definiert. In den Niederlanden ist der Einkauf von Beitragsjahren in eine Pensionskasse nicht immer möglich. Die Bildung von «annuities» kann namentlich für bestimmte Kategorien von Steuerpflichtigen ein Mittel sein, Vorsorgelücken zu schliessen, um nach der Pensionierung 70 Prozent des letzten Einkommens zu erreichen. Diese Renten können in den Niederlanden vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden und tragen zur Bildung des Altersguthabens der steuerpflichtigen Person bei, nach dem gleichen Prinzip wie die zweite Säule in der Schweiz. Der letzte Satz in Absatz 1 stellt sicher, dass die «annuities» in der Schweiz wie Renten 5797

der beruflichen Vorsorge behandelt werden, mit entsprechendem Anspruch auf Entlastung an der Quelle in den Niederlanden.

Art. 19

Öffentlicher Dienst

Diese Bestimmung übernimmt das OECD-Musterabkommen, allerdings nur in Bezug auf die Löhne, nicht aber in Bezug auf die Ruhegehälter. Die Besteuerung der Ruhegehälter erfolgt gemäss Artikel 18 (vgl. oben) im Ansässigkeitsstaat. Durch die Übernahme der OECD-Grundsätze ergibt sich für Personen, die unter Buchstabe b fallen, insofern eine Änderung gegenüber dem Abkommen von 1951/66 (Art. 8), als diese künftig in ihrem Arbeitsstaat, der gleichzeitig ihr Ansässigkeitsstaat ist, besteuert werden.

Art. 22

Vermeidung der Doppelbesteuerung

Die Niederlande vermeiden die Doppelbesteuerung grundsätzlich durch die Steuerbefreiung. Dies gilt für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, Einkünfte aus Betriebsstätten, Gewinne aus der Veräusserung von unbeweglichem Vermögen, Einkünfte aus selbständiger Arbeit, Einkünfte aus unselbständiger Arbeit, für im Quellenstaat besteuerte Ruhegehälter und Sozialversicherungsleistungen und für im Quellenstaat besteuerte Vergütungen öffentlich-rechtlicher Einrichtungen (Abs. 2).

Bei Portfolio-Dividenden, Vergütungen für Verwaltungsratsmitglieder, Einkünften von Künstlerinnen und Künstlern und von Sportlerinnen und Sportlern sowie bei Kapitalleistungen von Vorsorgeeinrichtungen (Abs. 3) kommt die Anrechnungsmethode zur Anwendung.

Absatz 4 enthält einen Vorbehalt für Einkünfte, die nach niederländischem Recht als «passive» Einkommen gelten. In diesen Fällen wird die Doppelbesteuerung durch die Anrechnungsmethode vermieden.

Die Schweiz vermeidet die Doppelbesteuerung gemäss Absatz 5 durch die übliche Befreiung unter Progressionsvorbehalt (Bst. a). Bei Gewinnen aus der Veräusserung von Vermögen gemäss Artikel 13 Absatz 4 (Immobiliengesellschaften) und Einkünften von Künstlerinnen und Künstlern und von Sportlerinnen und Sportlern gemäss Artikel 17 Absätze 1 und 2 wird die Befreiung jedoch nur gewährt, wenn die Besteuerung in den Niederlanden nachgewiesen wird. Für Portfolio-Dividenden und Kapitalleistungen gemäss Artikel 18 Absatz 3 gewährt die Schweiz die pauschale Steueranrechnung (Bst. b).

Art. 23

Tätigkeiten auf dem Festlandsockel

Diese Bestimmung betrifft nur den Fall schweizerischer Unternehmen, die eine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Erforschung oder Ausbeutung von Bodenschätzen auf dem niederländischen Festlandsockel ausüben. Sie entspricht der allgemeinen Abkommenspolitik der Niederlande; es wird dann von einer Betriebsstätte in den Niederlanden ausgegangen, wenn die Tätigkeit an mehr als 30 Tagen ausgeübt wird. Wer länger als 30 Tage auf dem Festlandsockel eine freiberufliche Tätigkeit ausübt oder angestellt von einem schweizerischen Unternehmen für eine Betriebsstätte oder für eine feste Einrichtung auf dem Festlandsockel arbeitet und von dieser ein Gehalt bezieht, wird in den Niederlanden besteuert.

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Art. 24

Gleichbehandlung

Wie bereits das Revisionsprotokoll vom 26. Juni 2007 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland zur Änderung des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen (SR 0.672.936.712.1) enthält auch dieses Abkommens eine Sonderklausel zum Recht, Beiträge an ein Vorsorgesystem des anderen Staats abzuziehen. Mit dem neuen Absatz 6 wird explizit den Bestimmungen Rechnung getragen, die für (vorübergehend) entsandte Arbeitnehmende gemäss dem Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (Freizügigkeitsabkommen (SR 0.142.112.681) gelten. Sind die Voraussetzungen einer vorübergehenden Entsendung in einen anderen Staat gemäss Freizügigkeitsabkommen gegeben, bleibt die entsandte Person grundsätzlich der Sozialversicherung des Landes unterstellt, aus dem sie entsandt worden ist. Die Entsendedauer von maximal zwölf Monaten kann auf Gesuch hin verlängert werden, darf aber nach schweizerischer Praxis fünf bis sechs Jahre nicht überschreiten. Absatz 6 sieht für Fälle von Entsendungen vor, dass der Gaststaat Beiträge von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Selbständigerwerbenden an Vorsorgeeinrichtungen im Ursprungsstaat der entsandten Person steuerlich grundsätzlich gleich behandelt wie Beiträge an Vorsorgeeinrichtungen auf seinem Gebiet. Voraussetzung für die Gleichbehandlung von Beiträgen an Vorsorgeeinrichtungen im Ursprungsstaat durch den Gaststaat ist, dass nach dem Recht des Ursprungsstaats der Abzug von Arbeitnehmerbeiträgen an Vorsorgeeinrichtungen im eigenen Land zugelassen ist und dass die Arbeitgeberbeiträge nicht an das steuerbare Einkommen angerechnet werden.

Diese Neuregelung bringt für die entsandten Arbeitnehmenden und deren Arbeitgeber eine administrative Erleichterung. Sie müssen keinen Wechsel der Vorsorgeeinrichtung mehr vornehmen und werden steuerlich doch so behandelt, als wären sie einer im Gastland ansässigen Vorsorgeeinrichtung angeschlossen.

Art. 25

Verständigungsverfahren

Dieser Artikel sieht entsprechend der schweizerischen Abkommenspolitik die Aufnahme einer Schiedsgerichtsklausel auf der Basis des OECD-Musterabkommens in das Doppelbesteuerungsabkommen vor. Für Einzelheiten hinsichtlich des Schiedsverfahrens als solches wird auf die Botschaft über ein neues Doppelbesteuerungsabkommen mit Südafrika verwiesen (BBl 2007 6589). In der Praxis hat sich gezeigt, dass Verständigungsverfahren, insbesondere betreffend Transferpreisen, oft nicht innerhalb der nach OECD-Musterabkommen vorgesehenen zwei Jahre abgeschlossen werden können. Deshalb ist auf Ersuchen der Schweiz vereinbart worden, diese Frist auf drei Jahre auszudehnen.

Das Schiedsverfahren wird auf Verlangen der betroffenen steuerpflichtigen Person eingeleitet, sofern sich die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten nicht innert drei Jahren nach Vorlage des Falls gütlich einigen können und kein Gericht über die Sache entschieden hat. Sofern keine der betroffenen steuerpflichtigen Personen den Schiedsentscheid ablehnt, ist dieser im Einzelfall für die Vertragsstaaten verpflichtend und durch eine Verständigungsregelung umzusetzen. Die Verfahrensfragen müssen noch von den zuständigen Behörden vereinbart werden.

5799

Art. 26

Informationsaustausch

Im Zuge der Globalisierung der Finanzmärkte und insbesondere vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Finanzkrise hat die internationale Zusammenarbeit in Steuersachen an Bedeutung gewonnen. Der Bundesrat unterstützt seit jeher die diesbezüglichen Bemühungen. Wie eingangs erwähnt wurde, hat der Bundesrat mit seinem Beschluss vom 13. März 2009 bekanntgegeben, dass die Schweiz für die Amtshilfe in Steuersachen den OECD-Standard übernehmen wird. Der Bundesrat führte aus, dass die zukünftige schweizerische Politik in der Amtshilfe die Garantie der Verfahrensrechte, eine Amtshilfe im Einzelfall, angemessene Übergangslösungen, eine auf die unter das Abkommen fallenden Steuern eingeschränkte Anwendung, das Subsidiaritätsprinzip sowie die Beseitigung von Diskriminierungen berücksichtigen wird. Diese Elemente werden im Folgenden kommentiert.

Artikel 26 dieses Abkommens entspricht weitgehend dem Wortlaut von Artikel 26 des OECD-Musterabkommens. Abweichungen bestehen hinsichtlich der Möglichkeit zum Gebrauch der Informationen für andere Zwecke bei Vorliegen der notwendigen gesetzlichen Grundlagen im innerstaatlichen Recht und mit Einverständnis des ersuchten Staates sowie der ausdrücklichen Ermächtigung der Vertragsstaaten zu Zwangsmassnahmen zur Durchsetzung von Informationsbegehren gegenüber Banken, anderen Finanzinstituten, Bevollmächtigten und Treuhändern sowie zur Ermittlung von Beteiligungsverhältnissen. Die vorgesehenen Abweichungen bei den Bestimmungen zum Informationsaustausch sind im Kommentar zum OECD-Musterabkommen vorgesehen und mit dem OECD-Standard vereinbar.

Obschon die Schweiz den Informationsaustausch auf die vom Abkommen erfassten Steuern beschränken will, unter anderem um Überschneidungen mit anderen internationalen Abkommen (wie dem Betrugsbekämpfungsabkommen mit der EU und ihren Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der indirekten Steuern) zu vermeiden, musste im vorliegenden Fall auf ausdrückliches Ersuchen der Niederlande von diesem Grundsatz abgewichen werden. Ohne die Übernahme des Wortlauts von Artikel 26 Absatz 1 des OECD-Musterabkommens und ohne den erweiterten Geltungsbereich beim Informationsaustausch verlangten die Niederlande eine Revision des Doppelbesteuerungsabkommen im Erbschaftsbereich, wo unter anderem eine Bestimmung zum Informationsaustausch aufgenommen werden sollte. Das
Zugeständnis ist damit insofern nicht unverhältnismässig, als der Informationsaustausch über andere Steuern als auf dem Einkommen mittels anderer internationaler Abkommen möglich ist.

Auf jeden Fall wird jedes Abkommen, das parallel anwendbar sein könnte, in jedem Einzelfall gemäss seinen Besonderheiten und nach dem Grundsatz der «Lex specialis» zu prüfen sein.

Absatz 1 hält den Grundsatz des Informationsaustausches fest. Auszutauschen sind jene Informationen, die für die Durchführung des Abkommens oder die Anwendung oder Durchsetzung des innerstaatlichen Rechts auf dem Gebiet der unter das Abkommen fallenden Steuern voraussichtlich erheblich sind. Durch die Beschränkung auf voraussichtlich erhebliche Informationen sollen so genannte «fishing expeditions» verhindert werden, das heisst Ermittlungen, die ohne präzises Ermittlungsobjekt in der Hoffnung vorgenommen werden, steuerlich relevante Informationen zu erhalten. Zudem wird festgehalten, dass der ersuchende Staat gehalten ist, seine eigenen Untersuchungsmöglichkeiten auszuschöpfen, bevor er den anderen Staat um Informationen ersucht. Nicht erforderlich für die Anwendung dieser Bestimmung ist, dass die steuerpflichtige Person in der Schweiz oder in den Nieder-

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landen ansässig ist, sofern eine wirtschaftliche Anknüpfung in einem der Vertragsstaaten besteht.

Die Niederlande machten ihre Zustimmung zur Revision davon abhängig, dass diese dem OECD-Standard möglichst nahe kommt. Nach Artikel 26 Absatz 1 des OECDMusterabkommen erstreckt sich der Informationsaustausch aber auf Steuern jeder Art und Bezeichnung, nicht nur auf die vom Abkommen erfassten Steuern.

Absatz 2 umfasst Geheimhaltungsregeln. Diese Bestimmung erklärt die Geheimhaltungsregeln des Staates für anwendbar, der die Informationen erhalten hat. Er hält jedoch fest, dass die ausgetauschten Informationen nur Personen und Behörden zugänglich gemacht werden dürfen, die mit der Veranlagung, Erhebung, Durchsetzung, Strafverfolgung oder Entscheidung über Rechtsmittel hinsichtlich der vom Abkommen erfassten Steuern oder mit der Aufsicht über die vorgenannten Personen oder Behörden befasst sind. Die Informationen dürfen somit auch der steuerpflichtigen Person selbst oder der von ihr bevollmächtigten Person zugänglich gemacht werden. Der letzte Satz dieses Absatzes sieht die Möglichkeit der Verwendung für andere, nicht steuerliche Zwecke vor, wenn dies nach dem Recht beider Vertragsstaaten zulässig ist und der übermittelnde Staat seine Zustimmung zur steuerfremden Verwendung gibt. Diese Bestimmung ermöglicht beispielsweise die Verwendung der erhaltenen Auskünfte in einem anderen Strafverfahren, ohne jedoch der betroffenen Person die diesbezüglich separaten Verfahrensrechte in der Schweiz zu entziehen. Damit kann vermieden werden, dass gleiche Informationen für unterschiedliche Zwecke mehrmals beschafft und übermittelt werden müssen. Die Zustimmung des ersuchten Staates ist jedoch in allen Fällen notwendig. Diese Bestimmung wird zum Beispiel, unter denselben Bedingungen, auch die Verwendung der erhaltenen Informationen durch Sozialversicherungsbehörden im Rahmen ihres innerstaatlichen Zugangs zu steuerlichen Informationen ermöglichen (vgl. zum Beispiel Art. 9 Abs. 3 AHVG, SR 831.10, und Art. 27 AHVV, SR 831.101). Auf Seiten der Niederlande wollte die niederländische Delegation präzisieren, dass die Weitergabe von Informationen betreffend Sozialgelder ein anderer Zweck gemäss Artikel 26 Absatz 2 darstellt (vgl. Art. XVI zu Art. 26 Bst. f des Änderungsprotokolls), da die Regelung der Sozialgelder seit kurzem
nicht mehr in der Steuergesetzgebung, sondern in einem anderen Gesetz enthalten ist.

Absatz 3 sieht zugunsten des ersuchten Staates gewisse Einschränkungen des umfassenden Informationsaustausches vor. Der ersuchte Staat ist weder gehalten, Verwaltungsmassnahmen durchzuführen, die über seine eigenen Gesetze oder seine eigene Verwaltungspraxis hinauszugehen, noch muss er Verwaltungsmassnahmen durchführen, die von den Gesetzen oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates abweichen. Im Fall der Schweiz bedeutet dies insbesondere, dass das rechtliche Gehör der Betroffenen ebenso wie die Möglichkeit, einen vorgesehenen Informationsaustausch gerichtlich überprüfen zu lassen, gewahrt bleibt. Der ersuchte Staat braucht ferner keine Auskünfte zu erteilen, die nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis oder nach dem Recht oder der Verwaltungspraxis des ersuchenden Staates nicht beschafft werden könnten. Schliesslich kann der ersuchte Staat die Auskunft verweigern, wenn sie wirtschaftliche Geheimnisse betrifft oder die öffentliche Ordnung (Ordre public) verletzt. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Informationen im ersuchenden Staat nicht in ausreichendem Mass geheim gehalten werden.

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Absatz 4 hält fest, dass der ersuchte Staat auch Auskünfte ermitteln und austauschen muss, die er selbst nicht für eigene Steuerzwecke benötigt. Der Informationsaustausch beschränkt sich folglich nicht auf Informationen, die auch den Steuerbehörden des ersuchten Staates von Nutzen sind.

Absatz 5 enthält besondere Bestimmungen bezüglich Informationen, die von Banken oder anderen Intermediären gehalten werden, sowie betreffend Eigentumsverhältnisse an Personen. Solche Informationen sind unabhängig von den Einschränkungen des Absatzes 3 auszutauschen. So hat der ersuchte Staat die Auskünfte auch dann einzuholen und auszutauschen, wenn nach seinen Gesetzen oder seiner Verwaltungspraxis die begehrten Informationen nicht erhältlich wären. Entsprechend kann die Schweiz den Informationsaustausch nicht unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern. Die Bestimmung setzt jedoch voraus, dass die ersuchten Informationen tatsächlich bestehen.

In Fällen von Steuerbetrug besitzt die Schweiz aufgrund des strafrechtlichen Verfahrens im innerstaatlichen Recht die notwendigen Mittel zur Durchsetzung der Herausgabe der durch den Absatz 5 erfassten Informationen. Der Austausch dieser Informationen setzt jedoch gemäss der neuen Bestimmung keinen Steuerbetrug mehr voraus. Damit die Umsetzung der abkommensrechtlichen Verpflichtungen durch die Vertragsstaaten gewährleistet werden kann, gewährt der zweite Satz den Vertragsstaaten die notwendigen rechtlichen Grundlagen zur Durchsetzung des Informationsaustausches. Das anwendbare Verfahren wird vorerst Gegenstand einer Verordnung sein, die voraussichtlich am 1. Oktober 2010 in Kraft tritt. Diese soll jedoch durch ein Gesetz abgelöst werden, mit dessen Ausarbeitung begonnen wurde. Dieses Vorgehen wurde durch die Bundesbeschlüsse vom 18. Juni 2010 zur Genehmigung zehn neuer oder revidierter Doppelbesteuerungsabkommen unterstützt und braucht, ausser bei Vorliegen eines speziellen Falles, nicht wiederholt zu werden.

In keinem Fall wird die Schweiz den Niederlanden Amtshilfe in Steuersachen leisten, wenn das Amtshilfegesuch auf illegal beschafften Daten beruht. Der Bundesrat wird der Regierung der Niederlande eine solche Erklärung abgeben und auf eine entsprechende Erklärung der niederländischen Regierung hinarbeiten. Zu diesem Vorgehen wurde der Bundesrat durch die Motion
10.3013 «Künftige Doppelbesteuerungsabkommen. Keine Amtshilfe bei illegal beschafften Daten» beauftragt.

Das Auskunftsersuchen ist schriftlich zu stellen (einfache Telefonanfragen sind somit ausgeschlossen), entsprechend den diesbezüglichen Vorschriften der OECD, insbesondere dem Modul 1 des Manuals der OECD zur Umsetzung des Informationsaustauschs in Steuersachen, das den Informationsaustausch auf Anfrage betrifft.

Die Bestimmungen von Artikel 26 werden im Protokoll zum Abkommen weiter konkretisiert (Art. XVI, zu Art. 26 des Änderungsprotokolls). Das Protokoll hält den Grundsatz der Subsidiarität fest und schliesst «fishing expeditions» ausdrücklich aus. Die Vertragsstaaten sind demnach gehalten ein Auskunftsersuchen erst dann zu stellen, wenn sie sämtliche in ihrem innerstaatlichen Steuerverfahrensrecht üblichen Mittel der Informationsermittlung ausgeschöpft haben. Sogenannte «fishing expeditions», das heisst Ermittlungen, die ohne präzises Ermittlungsobjekt in der Hoffnung vorgenommen werden, steuerlich relevante Informationen zu erhalten, sind ausdrücklich ausgeschlossen. Weiter legt das Protokoll die Anforderungen an ein Informationsbegehren detailliert fest (Art. XVI, Bst. b). Verlangt wird insbesondere eine eindeutige Identifikation der betroffenen steuerpflichtigen Person. Diese erfolgt insbesondere durch die Angabe des Namens des Steuerpflichtigen und soweit 5802

bekannt, weiterer Elemente die eine zweifelsfreie Identifikation ermöglichen, wie die Wohnadresse, die Bankkontonummer oder das Geburtsdatum. Uneingeschränkt vorausgesetzt ist zudem die Angabe des Namens des Informationsinhabers (z.B. der Bank), in dessen Besitz der ersuchende Staat die gewünschten Informationen vermutet; weitere spezifizierende Elemente sind jedoch nur vorausgesetzt, sofern sie bekannt sind. Der ersuchende Staat muss darlegen, welche Informationen er für welche Steuerperioden und zu welchen steuerlichen Zwecken benötigt. Daraus folgt, dass sich der Informationsaustausch auf konkrete Anfragen im Einzelfall beschränkt.

Die Verpflichtung eines Vertragsstaates zum spontanen oder automatischen Informationsaustausch wird zudem ausdrücklich ausgeschlossen, ohne den Vertragsstaaten jedoch die Möglichkeit eines automatischen oder spontanen Informationsaustausches zu nehmen, wenn ihr innerstaatliches Recht dies vorsieht (XVI, Bst. d).

Artikel XVI, Buchstabe e hält schliesslich die Garantie der Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen fest. In der Schweiz kann die betroffene steuerpflichtige Person die Schlussverfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung zum Austausch von Informationen mittels Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht anfechten, das die Sache abschliessend beurteilt. Die Beschwerde hat aufschiebende Wirkung.

Wurde Beschwerde erhoben, so kann der Auskunftsaustausch daher erst erfolgen, wenn diese rechtskräftig abgelehnt wurde. Dieses Verfahren darf den Informationsaustausch aber nicht in unzulässiger Weise behindern oder verzögern.

Das neue Abkommen sollte ursprünglich im Dezember 2009 unterzeichnet werden.

Wie im Zusatzabkommen mit Frankreich vom 27. August 2009 sollten die neuen Bestimmungen zum Informationsaustausch für die Kalender- oder Geschäftsjahre ab dem 1. Januar des Jahres gelten, das auf die Unterzeichnung des neuen Abkommens folgt (somit ab 1. Januar 2010). Die Unterzeichnung konnte aus administrativen Gründen aber nicht zum geplanten Zeitpunkt stattfinden. Deshalb wurde vereinbart, dass die neuen Bestimmungen zum Informationsaustausch für Gesuche gelten, die ab dem Tag des Inkrafttretens des Abkommens gestellt werden und Informationen betreffen, die sich auf den Zeitraum ab dem auf die Unterzeichnung des Abkommens folgenden 1. März beziehen. Für den Zeitraum
davor beschränkt sich der Informationsaustausch auf die Informationen, die für die ordentliche Anwendung gemäss dem aktuellen Abkommen erforderlich sind.

Art. 27

Mitglieder diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen

Die Bestimmung entspricht der schweizerischen Abkommenspraxis und ist im Vergleich zum OECD-Musterabkommen detaillierter.

Art. 28

Ausdehnung des räumlichen Geltungsbereichs

Diese Bestimmung stimmt abgesehen von einigen redaktionellen Anpassungen mit derjenigen im bisherigen Abkommen überein. Das Abkommen kann durch den Austausch diplomatischer Noten auf niederländische Gebiete ausserhalb Europas ausgedehnt werden, wenn diese Steuern gleicher Art wie die des Abkommens erheben.

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Art. 29

Inkrafttreten

Das Abkommen tritt 30 Tage nach Eingang der letzten der beiden Notifikationen zur Meldung der Erfüllung der innerstaatlichen gesetzlichen Erfordernisse für das Inkrafttreten in Kraft. Seine Bestimmungen finden ab dem 1. Januar nach dem Inkrafttreten Anwendung.

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Finanzielle Auswirkungen

Das neue Abkommen wurde an vielen Stellen in redaktioneller und technischer Hinsicht angepasst, führt aber materiell gegenüber dem Abkommen von 1951/66 zu keiner substanziellen Änderung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und den Niederlanden. Die Herabsetzung der erforderlichen Beteiligung für eine Steuerbefreiung der Dividenden von 25 auf 10 Prozent hat grundsätzlich steuerliche Einbussen zur Folge. Diese dürften aber moderat ausfallen, da die Dividenden bei Beteiligungen ab 25 Prozent bereits steuerbefreit sind. Dasselbe gilt für die Senkung der Quellensteuer auf Zinsen von 5 auf 0 Prozent. Auf der anderen Seite dürfte die Herabsetzung eine Standortverbesserung darstellen und so zu zusätzlichen Steuereinnahmen führen.

Das Abkommen, das Amtshilfe auf Ersuchen zur Durchführung des innerstaatlichen Rechts des ersuchenden Staats einerseits und Zugang zu Bankinformationen auf Ersuchen zu Steuerzwecken andererseits einführt, könnte zwar in gewisser Weise als dem Standort Schweiz und indirekt den Steuereinnahmen der Schweiz abträglich betrachtet werden. Angesichts der internationalen Bestrebungen für einheitliche Rahmenbedingungen bei der Amtshilfe in allen Staaten («global level playing field») und der Sicherstellung eines wirksamen Informationsaustauschs durch einen entsprechenden Kontrollmechanismus dürfte sich die neue Situation für die Schweiz insgesamt neutral auswirken.

Gleiches gilt für die Schiedsgerichtsklausel. Diese Bestimmung garantiert den Steuerpflichtigen einen erhöhten Schutz vor einer allfälligen Doppelbesteuerung. Im Einzelfall kann ein Schiedsentscheid daher zu einer Steuereinbusse für die Schweiz führen. Auf der anderen Seite stärkt die Aufnahme der Schiedsgerichtsklausel den Standort Schweiz, was sich indirekt auch positiv auf die Steuereinnahmen der Schweiz auswirken kann.

Die Kantone und die interessierten Wirtschaftskreise haben das Abkommen begrüsst. Insgesamt trägt es in positiver Weise zur Beibehaltung und zum Ausbau der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen bei und unterstützt damit die wesentlichen Ziele der schweizerischen Aussenhandelspolitik.

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Verfassungsmässigkeit

Verfassungsgrundlage für das vorliegende Abkommen ist Artikel 54 der Bundesverfassung (BV), der die Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten dem Bund zuweist. Nach Artikel 166 Absatz 2 BV ist die Bundesversammlung für die Genehmigung dieses Abkommens zuständig. Das Abkommen ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, kann aber jederzeit unter Einhaltung einer Frist von sechs Monaten auf das Ende eines Kalenderjahrs gekündigt werden. Es sieht keinen Beitritt zu einer 5804

internationalen Organisation vor. Dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV unterstehen seit dem 1. August 2003 die Staatsverträge, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. In Anlehnung an Artikel 22 Absatz 4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 gilt eine Bestimmung eines Staatsvertrags dann als rechtsetzend, wenn sie auf unmittelbar verbindliche und generell-abstrakte Weise Pflichten auferlegt, Rechte verleiht oder Zuständigkeiten festlegt. Um eine einheitliche Praxis bei der Anwendung von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV zu gewährleisten und zu vermeiden, dass Abkommen von ähnlicher Tragweite wiederholt dem Referendum unterstellt werden, hat der Bundesrat in der Botschaft vom 19. September 2003 zum Doppelbesteuerungsabkommen mit Israel festgehalten, dass er dem Parlament Staatsverträge auch in Zukunft mit dem Vorschlag unterbreiten werde, diese dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nicht zu unterstellen, sofern sie im Vergleich zu früher abgeschlossenen Abkommen keine wichtigen zusätzlichen Verpflichtungen für die Schweiz beinhalten.

Die neue Bestimmung zum Informationsaustausch gemäss OECD-Musterabkommen mit erweiterter Amtshilfe stellt eine wichtige Neuerung in der schweizerischen Abkommenspraxis dar.

Das neue Abkommen enthält damit gegenüber den bisher mit anderen Staaten vereinbarten Verpflichtungen wichtige neue Bestimmungen im Sinne von Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV. Der Bundesbeschluss über die Genehmigung eines Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und den Niederlanden wird daher dem fakultativen Staatsvertragsreferendum unterstellt.

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