zu 08.447 Parlamentarische Initiative Schutz der Vertraulichkeit der Kommissionsberatungen und Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Immunität Bericht vom 19. August 2010 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 20. Oktober 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Sänderatspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 19. August 2010 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates betreffend Schutz der Vertraulichkeit der Kommissionsberatungen und Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Immunität nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

20. Oktober 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-2479

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Diskussionen über die Verletzung des Amtsgeheimnisses und insbesondere der Vertraulichkeit der Sitzungen der parlamentarischen Kommissionen durch Mitglieder des Nationalrates im Frühjahr 2008 führten dazu, dass das geltende Disziplinarrecht der Bundesversammlung in Frage gestellt wird. In der Frühjahrssession 2008 wurden drei parlamentarische Initiativen zu diesem Thema eingereicht. Zwei Initiativen (08.410 Pa.Iv. Fraktion der SVP. Veröffentlichung der Kommissionsprotokolle; 08.427 Pa.Iv. Noser. Kommissionsprotokolle veröffentlichen) forderten einen Verzicht auf die Vertraulichkeit der Kommissionsberatungen. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK-N) lehnte die beiden Initiativen am 26. Juni 2008 ab; der Rat folgte diesem Antrag am 25. September 2008 mit 106 zu 56 bzw.

98 zu 60 Stimmen (AB 2008 N 1357). Im Gegensatz zu diesen Initiativen verlangte die dritte Initiative eine Verschärfung der Disziplinarmassnahmen (08.422 Pa.Iv.

Lustenberger. Kommissionsgeheimnis schützen).

Am 26. Juni 2008 beschloss die SPK-N unter Vorbehalt der Zustimmung der Staatspolitischen Kommission des Ständerates (SPK-S), die vorliegende Initiative (08.447 Pa.Iv. SPK-N. Schutz der Vertraulichkeit der Kommissionsberatungen) auszuarbeiten. Das Ziel der Initiative ist es, mit einer Änderung des Parlamentsgesetzes das Verfahren bei der Ergreifung von Disziplinarmassnahmen gegen Ratsmitglieder so anzupassen, dass insbesondere der Schutz der Vertraulichkeit der Kommissionsberatungen gewährleistet wird. Nationalrat Lustenberger zog daraufhin seine Initiative zurück. Die SPK-S hat ihrerseits am 28. August 2008 die parlamentarische Initiative des Nationalrates einstimmig gutgeheissen. Damit konnte die SPK-N mit der Ausarbeitung einer Gesetzesrevision beginnen.

Die SPK-N nahm in der Folge zur Kenntnis, dass die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates (RK-N) am 17. Oktober 2008 eine ähnliche Initiative (08.497 Pa.Iv. Änderung der gesetzlichen Bestimmungen über die Immunität) zur Ausarbeitung beschlossen hatte, die bezüglich des Verfahrens bei der Behandlung von Gesuchen um die Aufhebung der Immunität zu einer analogen Schlussfolgerung gelangt war. Da sich die Bestrebungen der beiden Kommissionen (RK und SPK) in einem zentralen Punkt treffen, hat die SPK-N an ihrer Sitzung vom 19. Februar 2009 einen Vorentwurf
ihres Sekretariates beraten, welcher die Anliegen beider Kommissionen in einer Vorlage vereinigt. Die SPK-N übermittelte darauf den von ihr angenommenen Vorentwurf an die RK-N und an das Büro des Nationalrates. Sie nahm an ihrer Sitzung vom 19. August 2010 von den entsprechenden Stellungnahmen und Anträgen Kenntnis. Diese wurden wiederum weitgehend in den definitiven Bericht und in die Erlassentwürfe übernommen, wobei die SPK-N teilweise auch Minderheitsanträgen der RK-N gefolgt ist. Mit Schreiben vom 19. August 2010 wurde die Vorlage dem Bundesrat zur Stellungnahme unterbreitet.

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2

Stellungnahme des Bundesrates

2.1

Parlamentarisches Disziplinarrecht und parlamentarische Immunität

Was das parlamentarische Disziplinarrecht und die parlamentarische Immunität betrifft, nimmt der Bundesrat die Änderungen zur Kenntnis. Er begrüsst grundsätzlich Bestrebungen, das Amtsgeheimnis im Parlament besser zu schützen. Im Einzelnen nimmt er aber zu diesen parlamentsinternen Angelegenheiten unter Vorbehalt der folgenden Ausführungen nicht Stellung.

Die Mehrheit der SPK-N schlägt vor, Artikel 18 Absätze 2­4 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 20021 (ParlG) zu streichen. Hingegen soll das Ermächtigungsverfahren im Zusammenhang mit einer Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs beibehalten werden (Art. 18 Abs. 1 ParlG). In der Strafprozessordnung (StPO), welche am 1. Januar 2011 in Kraft tritt2, werden die Voraussetzungen einer Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs geregelt. Die Postadresse und der Fernmeldeanschluss einer Drittperson darf nur überwacht werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass die beschuldigte Person die Postadresse oder den Fernmeldeanschluss der Drittperson benutzt oder dass die Drittperson für die beschuldigte Person bestimmte Mitteilungen entgegennimmt oder von dieser stammende Mitteilungen an eine weitere Person weiterleitet (Art. 270 Bst. b StPO). Postadresse und Fernmeldeanschluss von Drittpersonen können demnach nur bei ganz besonderen Konstellationen überwacht werden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine von der Staatsanwaltschaft angeordnete Post- und Fernmeldeüberwachung von einem Gericht genehmigt werden muss (Art. 272 Abs. 1 StPO). Im Übrigen gelten die im Bericht der SPK-N aufgeführten Gründe (abhörungsfreier Kontakt mit Dritten) nicht nur für Ratsmitglieder, sondern für alle Bürger und Bürgerinnen. Ein besonders schützenswertes Interesse der Parlamentsmitglieder, das über dasjenige Privater, die in sensiblen Berufen arbeiten (z.B. Ärzte, Anwälte) hinausgeht, ist nicht ersichtlich. Schliesslich entfällt mit der Aufhebung der relativen Immunität für die Mitglieder des Parlaments die Grundlage für die Beibehaltung dieses Ermächtigungsverfahrens im Falle einer Post- und Fernmeldeüberwachung. Weiter ist zu berücksichtigen, dass das in Artikel 18 Absatz 1 ParlG vorgesehene Ermächtigungsverfahren im Falle der Notsuche einer vermissten Person ausserhalb eines Strafverfahrens zeitaufwendig ist und dadurch
wertvolle Zeit verloren gehen kann. Aus den dargelegten Gründen wäre Artikel 18 Absätze 1 und 2 ParlG aufzuheben und folglich auch Artikel 19 ParlG hinfällig. Das Gleiche gilt auch in Bezug auf Artikel 14bis des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 19583 VG.

Was die Bestimmungen über die Magistratspersonen und die Angestellten des Bundes betrifft, macht der Bundesrat im Folgenden gerne von seinem Recht auf Stellungnahme und Antrag Gebrauch.

1 2 3

SR 171.10 AS 2010 1881 SR 170.32

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2.2

Weitere Immunitätsvorschriften

2.2.1

Allgemeines

Eine mit den Artikeln 17 und 20 ParlG vergleichbare Regelung besteht heute in den entsprechenden Spezialgesetzen für Behördenmitglieder und Magistratspersonen, die von der Bundesversammlung gewählt werden. Zum einen unterstehen sie der relativen Immunität für strafbare Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit beziehen. Zum anderen besteht mit der sogenannten «Amtsausübungsgarantie» ein gewisser Schutz gegen die Verfolgung für strafbare Handlungen, die nicht im Zusammenhang mit der amtlichen Stellung oder Tätigkeit stehen. Ferner sieht das Verantwortlichkeitsgesetz in Artikel 15 eine Ermächtigung als Voraussetzung zur Einleitung von Strafverfolgungen gegen Bundesbedienstete vor.

2.2.2

Relative Immunität

Die Artikel 14, 14bis und 14ter VG regeln die relative Immunität der von der Bundesversammlung gewählten Behördenmitglieder und Magistratspersonen wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, sowie die Aufhebung des Post- und Fernmeldegeheimnisses und die Einleitung weiterer Ermittlungsmassnahmen gegen diese Personen. Die SPK-N schlägt eine differenzierte Regelung für die analoge relative Immunität der von der Bundesversammlung gewählten Mitglieder von Bundesbehörden vor, mit der das Verfolgungsprivileg in zweifacher Hinsicht eingeschränkt werden soll. Zum einen soll das Verfolgungsprivileg nur noch für die Mitglieder des Bundesrates, die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler und die Mitglieder des Bundesgerichts gelten. Vom Personenkreis sollen neu die Richter und Richterinnen des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesstrafgerichts, des Bundespatentgerichts sowie die Bundesanwaltschaft und die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft ausgeschlossen werden. Die Wahrung der Funktionsfähigkeit der obersten Bundesbehörden rechtfertigt es nach der SPK-N, dass die Mitglieder des Bundesrates, die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler und die Mitglieder des Bundesgerichts aufgrund ihrer besonders exponierten Stellung vor einer Strafverfolgung wegen Delikten im Zusammenhang mit ihrer amtlichen Tätigkeit geschützt bleiben. Die Beibehaltung dieser relativen Immunität sei zudem Voraussetzung dafür, dass die Bundesversammlung zusammen mit einer Ermächtigung zur Strafverfolgung gegebenenfalls gemäss dem Vorschlag der SPK-N auch «über die vorläufige Einstellung im Amte» beschliessen könne ­ eine Massnahme, die sich aus politischen Gründen als notwendig erweisen könne. Für die Mitglieder der unteren eidgenössischen Gerichte, den Bundesanwalt oder die Bundesanwältin sowie die Stellvertretenden Bundesanwälte und Bundesanwältinnen lägen diese Gründe für eine Beibehaltung der relativen Immunität nicht vor. Zum anderen soll sich die relative Immunität auf diejenigen Fälle beschränken, in denen die vorgeworfene strafbare Handlung sich unmittelbar auf die amtliche Tätigkeit oder Stellung bezieht.

Die SPK-N hat die eidgenössischen Gerichte zur Frage der Einschränkung des Personenkreises konsultiert. Diese haben sich dazu jedoch nicht geäussert. Der Bundesrat erachtet
die von der SPK-N vorgeschlagene Aufhebung der relativen Immunität für die von der Bundesversammlung gewählten Richter und Richterinnen aus folgenden Gründen für nicht sinnvoll: Einen Unterschied in Bezug auf das 7388

Verfolgungsprivileg zwischen den Richtern und Richterinnen unterer Instanzen und denjenigen oberer Instanzen zu machen, lässt sich sachlich nicht rechtfertigen und muss daher als willkürlich bezeichnet werden. Die Mitglieder der erst- und zweitinstanzlichen Bundesgerichte sollten gleich behandelt werden. Beide Instanzen können gleichermassen politisch exponiert sein. So behandelt das Bundesverwaltungsgericht z.B. Asylrekurse und das Bundestrafgericht z.B. Fälle der Wirtschaftskriminalität, die unter Umständen eine grosse mediale Aufmerksamkeit nach sich ziehen. Die Exponiertheit, vor allem aber die staatspolitisch hoch zu gewichtende richterliche Unabhängigkeit (Justiz als dritte Gewalt) sprechen für eine Gleichbehandlung und Beibehaltung der relativen Immunität für alle von der Bundesversammlung gewählten Richter und Richterinnen.

2.2.3

Aufhebung der Ermächtigung als Voraussetzung zur Strafverfolgung von Bundesbediensteten

Die Vorlage der SPK-N sieht ferner die Aufhebung von Artikel 15 VG vor. Diese Bestimmung macht die Strafverfolgung von Bundesbediensteten wegen strafbarer Handlungen, die sich auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, in der Regel von einer Ermächtigung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) abhängig. Ausgenommen davon sind lediglich Widerhandlungen im Strassenverkehr.

Das Bundesgericht, das Bundesstrafgericht und das Bundesverwaltungsgericht wenden sich in ihren Stellungnahmen gegen die Aufhebung von Artikel 15 VG. Es komme nicht selten vor, dass unzufriedene Adressatinnen und Adressaten von Gerichtsurteilen Anklagen gegen Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber erheben würden, z.B. wegen angeblichem Amtsmissbrauch (S. 27 des Berichts).

Diese Mitarbeiter bedürften zur Sicherstellung eines geordneten Ganges der Rechtspflege eines besonderen Schutzes vor ungerechtfertigter Strafverfolgung. Strafanzeigen z.B. wegen angeblichen Amtsmissbrauchs bei der Ausübung der amtlichen Tätigkeit kämen immer wieder vor. An einer Ermächtigung durch die Verwaltungskommission (Art. 15 Abs. 1 Bst. b VG) des Bundesgerichts, Bundesstrafgerichts und Bundesverwaltungsgerichts sei daher festzuhalten. Dies sei auch erforderlich, um die Strafverfolgungsbehörden davor zu bewahren, auf Strafanzeigen hin handeln zu müssen, die von vornherein haltlos sind.

Im Rahmen der Arbeiten betreffend die Aufsicht über die Bundesanwaltschaft wurde die ersatzlose Streichung von Artikel 15 VG geprüft. Das Vernehmlassungsverfahren vom 23. Juni bis 30. Oktober 2005 zeitigte kein eindeutiges Ergebnis zu dieser Frage,4 weshalb der Bundesrat die Frage damals nicht weiter verfolgte.

Jährlich werden 15­30 Ermächtigungsgesuche zur Strafverfolgung beim EJPD behandelt. Wie die Gerichte ist der Bundesrat der Ansicht, dass Bundesangestellte weiterhin vor haltlosen Strafanzeigen zu schützen sind. Das Ermächtigungsverfahren nach Artikel 15 VG hat einen präventiven Charakter und dient der täglichen Amtstätigkeit stark exponierter Bundesangestellter. Der Bundesrat ist daher für die Beibehaltung von Artikel 15 VG.

4

Vgl. Bericht «Zusammenstellung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens» vom April 2006, Ziff. 4, S. 6, publ. auf www.admin.ch/ch/d/gg/pc/ind2005.html

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2.2.4

Aufhebung der Amtsausübungsgarantie

Obschon die vorliegende Gesetzesrevision einzig und allein als Massnahme gegen die Verletzung des Amtsgeheimnisses durch Parlamentarier und Parlamentarierinnen und zu dessen besserem Schutz in Angriff genommen wurde, soll nun auch die Amtsausübungsgarantie von Behördenmitgliedern und Magistratspersonen, die von der Bundesversammlung gewählt sind, abgeschafft werden. Dies betrachtet der Bundesrat aus staatspolitischen Erwägungen als problematisch.

Die Amtsausübungsgarantie nach Artikel 61a des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 19975 (RVOG) schützt die Mitglieder des Bundesrates, den Bundeskanzler und die Bundeskanzlerin während der Dauer ihres Amtes vor einer polizeilichen oder gerichtlichen Verfolgung wegen Verbrechen und Vergehen, die nicht in Zusammenhang mit der amtlichen Stellung oder Tätigkeit dieser Magistratspersonen stehen. Die Amtsausübungsgarantie schützt nur vor der unberechtigten Einleitung von Strafverfahren, nicht hingegen vor Zivilverfahren oder vor betreibungsrechtlichen Verfahren. Der Grund liegt darin, dass die persönliche Beanspruchung der angeschuldigten oder angeklagten Person, namentlich bei Verhaftungen, die Amtsausübung schwerwiegend beeinträchtigen kann. Im Unterschied zur Sessionsteilnahmegarantie der Ratsmitglieder nach Artikel 20 ParlG gilt die Amtsausübungsgarantie für die Mitglieder des Bundesrates, den Bundeskanzler oder die Bundeskanzlerin während der ganzen Amtstätigkeit; die Schutzzeit der Sessionsgarantie dagegen gilt für die Dauer der jeweiligen Session (Art. 20 Abs. 1 ParlG geht auf das Garantiegesetz zurück; vgl. dazu BBl 1933 II 497, S. 500). Weiter geht aber auch die Betroffenheit des Bundesrats als Kollegium, wenn eines seiner Mitglieder in ein Strafverfahren einbezogen wird. Der Bundesrat als oberste leitende und vollziehende Behörde des Bundes (Art. 174 BV) ist in seiner Tätigkeit eher und schwerwiegender eingeschränkt, wenn eines seiner Mitglieder ausfällt. Bundesratsmitglieder sind vielfach politisch sehr exponiert und die uneingeschränkte Amtsausübung kann in diesem Umfeld von grosser Tragweite für das Bundesratskollegium, das Departement und unser Regierungssystem sein. Ein politischer Missbrauch durch die Einleitung eines unberechtigten Strafverfahrens gegen ein Bundesratsmitglied muss daher zwingend vermieden werden. Das
Gleiche gilt auch für die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler.

Zwar gab es bislang in der Praxis kaum Anwendungsfälle der Amtsausübungsgarantie; in aller Regel lag ein Fall der relativen Immunität vor.6 Nichtsdestotrotz erachtet der Bundesrat den generalpräventiven Charakter der Schutzbestimmung von Artikel 61a RVOG als sehr wichtig. Diese Schutzbestimmung verhindert einen offensichtlichen Missbrauch unberechtigter Strafverfahren und sollte daher beibehalten werden.

5 6

SR 172.010 Sägesser, Stämpflis Handkommentar zum RVOG, S. 570, Rz. 21­24

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3

Anträge des Bundesrates

Der Bundesrat stellt folgende Anträge: a.

In Abweichung der von der SPK-N beantragten Änderung der Artikel 14 Absatz 1 und 14bis VG sind diese Artikel wie folgt zu ändern (Erlassentwurf A, Ziff. II/1): Art. 14 Abs. 1 Die Strafverfolgung von Mitgliedern des Bundesrates, der Bundeskanzlerin oder des Bundeskanzlers und von durch die Bundesversammlung gewählten Richterinnen und Richtern wegen strafbarer Handlungen, die sich unmittelbar auf ihre amtliche Tätigkeit oder Stellung beziehen, bedarf einer Ermächtigung der zuständigen Kommissionen der eidgenössischen Räte. Das Geschäftsreglement jedes Rates bezeichnet die zuständige Kommission.

1

Art. 14bis Aufgehoben b.

Streichen der von der SPK-N beantragten Aufhebung von Art. 15 VG (Erlassentwurf A, Ziff II/1);

c.

Streichen der von der SPK-N beantragten Aufhebung von Artikel 61a RVOG (Erlassentwurf A, Ziff. II/2);

d.

In Abweichung der von der SPK-N beantragten Aufhebung von Artikel 18 Absätze 2­4 (bzw. Änderung der Abs. 3 und 4 gemäss Minderheit I) ParlG: Aufhebung der Artikel 18 und 19 ParlG (Erlassentwurf A, Ziff. I).

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