10.089 Armeebericht 2010 vom 1. Oktober 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen den Armeebericht 2010 gemäss Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz vom 23. Juni 2010.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

1. Oktober 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-1543

8871

Übersicht Im vorliegenden Bericht werden zuerst die Entwicklungsschritte von der Armee 61 bis heute dargestellt. Danach folgt ein Bericht über die von der heutigen Armee erbrachten Leistungen und Einsätze. Dabei wird auf die Akzentverschiebung bei der Ausbildung hin zu wahrscheinlichen Einsätzen hingewiesen. Bezüglich der Einsätze wird festgehalten, dass die Armee ihre Aufträge erfüllt hat; namentlich wurden die Bereitschaft und die Durchführung der angeordneten Einsätze stets sichergestellt.

Im Weiteren wird auf Mängel eingegangen, z.B. auf den Mangel an Personal für die Grundausbildung und für die Instandhaltung von Material (Logistik), den Mangel bei der Infrastruktur (Immobilienbestand) und bei den Finanzen, die heute nicht mehr den Leistungen entsprechen, die von der Armee gefordert werden. Gleichzeitig werden die Massnahmen zur Behebung dieser Mängel dargelegt, die bereits eingeleitet worden sind oder in Kürze an die Hand genommen werden sollen.

In Anlehnung an den sicherheitspolitischen Bericht werden dann die Bedrohungen und Gefahren aufgezeigt, bei welchen Leistungen der Armee zu erbringen sind. Es werden die Konsequenzen daraus für die Armee dargelegt, dazu gehören: die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung, die steigende Bedeutung der Frühwarnung, die Gewährleistung der Durchhaltefähigkeit und eine fähigkeitsorientierte Streitkräfteplanung sowie der Bedarf nach Zusammenarbeit mit Partnern inner- und ausserhalb der Landesgrenzen. Aus diesen Erfordernissen ergibt sich ein Leistungsprofil der Armee.

Darauf gestützt wird ein Grundmodell der Armee skizziert, das den in der Bundesverfassung festgelegten Rahmenbedingungen Neutralität, Milizprinzip und allgemeine Militärdienstpflicht entspricht. Das Modell trägt darüber hinaus der demografischen Entwicklung und den Möglichkeiten des Kadernachwuchses Rechnung.

Bei den Leistungen der Armee soll die Akzentverschiebung von der Verteidigung hin zu umfassenden Schutzaufgaben fortgesetzt werden. Die Friedensförderungseinsätze sollen qualitativ und quantitativ verstärkt werden, mit einem Schwergewicht beim Einsatz hochwertiger Mittel, für die besonders Bedarf besteht.

Das Grundmodell der Armee sieht grundsätzlich eine möglichst vollständige Erfüllung des Leistungsprofils vor. Bei der Verteidigung geht es um die Erhaltung
und Weiterentwicklung einer Kernkompetenz; diese bleibt die zentrale Befähigung der Armee. Die aktiven Verbände werden vollständig ausgerüstet, der Tiger-Teilersatz wird realisiert. Der aufgelaufene Instandhaltungsbedarf für die Immobilien wird soweit möglich abgebaut. Verschiedene Sparmassnahmen sollen es ermöglichen, den Finanzbedarf der Armee auf dem heutigen Stand von 4,4 Millliarden Franken (plus Teuerung) zu stabilisieren und mittelfristig ein adäquates Verhältnis zwischen Betriebs- und Investitionskosten zu gewährleisten. Dies bedeutet ­ bezogen auf den tatsächlichen heutigen Finanzbedarf ­ einen massiven Einschnitt. Schliesslich werden Eckwerte für die Weiterentwicklung der Armee festgelegt.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

8872

Abkürzungsverzeichnis

8875

1 Veranlassung

8876

2 Entwicklung der Armee

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3 Standbericht 3.1 Leistungen der Armee und der Militärverwaltung 3.1.1 Ausbildung 3.1.2 Einsätze 3.2 Doktrin 3.3 Armeeorganisation und Milizpersonal der Armee 3.4 Organisation des Bereichs Verteidigung 3.5 Ausbildung 3.6 Ausrüstung und Material 3.7 Logistik 3.8 Personal 3.9 Finanzen 3.10 Infrastruktur 3.11 Führungsunterstützung 3.12 Ökologische Rahmenbedingungen 3.13 Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Armee 3.14 Vergleich mit anderen Streitkräften 3.14.1 Quantitativer Vergleich 3.14.2 Qualitative Beurteilung

8883 8883 8883 8884 8884 8885 8889 8889 8891 8894 8897 8898 8900 8902 8903 8904 8905 8905 8907

4 Bedrohungen, Gefahren und Konsequenzen für die Armee 4.1 Kontext aus militärischer Sicht 4.2 Veranschaulichung von Bedrohungen und Gefahren 4.2.1 Katastrophen 4.2.2 Ereignisse im Ausland mit Auswirkungen auf die Schweiz 4.2.3 Nötigung oder Erpressung 4.3 Abwehr eines militärischen Angriffs 4.4 Verwundbarkeit der Schweiz und Leistungen der Armee 4.5 Konsequenzen für die Armee

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5 Leistungsprofil der Armee 5.1 Aufträge der Armee 5.2 Leistungsprofil

8916 8917 8917

6 Grundmodell der Armee 6.1 Rahmenbedingungen 6.1.1 Neutralität, Milizsystem und Militärdienstpflicht 6.1.2 Gesellschaftliche Entwicklung

8924 8924 8924 8924

8873

6.1.3 Ressourcen 6.2 Ausbildung 6.3 Leistungen 6.3.1 Umsetzung am Boden 6.3.2 Umsetzung in der Luft 6.3.3 Führungsunterstützung 6.3.4 Logistik 6.3.5 Friedensförderung und Assistenzdienst im Ausland 6.4 Grundmodell 6.5 Möglichkeiten für finanzielle Einsparungen 6.5.1 Verzicht auf vollständige, flächendeckende Ausrüstung der Verbände zur Unterstützung der zivilen Behörden 6.5.2 Ausrüstungsstandard, Technologieniveau 6.5.3 Verzicht auf den Abbau des aufgelaufenen Sanierungsbedarfs der Immobilien 6.5.4 Weiterer Abbau von Standorten und Infrastruktur 6.5.5 Weitere Ausserdienststellungen 6.5.6 Dienstleistungsmodelle und Reduktion der Anzahl Diensttage 6.5.7 Reduktion der Komponente Verteidigung 6.5.8 Verringerung des Armeebestandes 6.5.9 Internationale Kooperation 6.5.10 Verzicht auf den Tiger-Teilersatz 6.5.11 Neuordnung der Unterstützungsleistungen für zivile und ausserdienstliche Tätigkeiten 6.6 Durchdiener 6.6.1 Vorteile der Durchdiener 6.6.2 Nachteile der Durchdiener 6.6.3 Finanzielle Aspekte 6.6.4 Anreizsystem für Durchdiener 6.7 Rechtliche Aspekte 6.7.1 Rechtsgrundlagen 6.7.2 Rechtsgutachten von Prof. Rainer Schweizer

8925 8926 8927 8928 8929 8930 8931 8931 8935 8937 8937 8938 8939 8939 8939 8940 8941 8941 8943 8943 8944 8944 8945 8945 8946 8946 8946 8946 8947

7 Weiterentwicklung der Armee 7.1 Bewährtes erhalten 7.2 Eckwerte für die Weiterentwicklung der Armee 7.3 Weiteres Vorgehen und Überführung

8949 8949 8950 8952

Anhänge: 1 Übersicht Finanzen 2 Glossar

8954 8955

Bundesbeschluss zum Armeebericht 2010 (Entwurf)

8961

8874

Abkürzungsverzeichnis ABC AdA AK ALB Art Abt BIP Br Div ES 08/11 EU EVD FF Trp Fl Geschw FU Bat Br IKT Inf Bat L Flab Lwf Abt Log Bat LVb LW Mech Inf Bat Mil Sich NATO OSZE Pz Bat Sdt SIPOL B Ter Reg WEF WK

Atomar, biologisch, chemisch Angehöriger der Armee Armeekorps Armeeleitbild Artillerieabteilung Bruttoinlandprodukt Brigade Division Entwicklungsschritt 2008/11 Europäische Union Eidg. Volkswirtschaftsdepartement Flieger- und Fliegerabwehrtruppen Fliegergeschwader Führungsunterstützungsbataillon der Brigaden Informations- und Kommunikationstechnologie Infanteriebataillon Leichte Fliegerabwehr-Lenkwaffenabteilung Logistikbataillon Lehrverband Luftwaffe Mechanisiertes Infanteriebataillon Militärische Sicherheit North Atlantic Treaty Organization (Nordatlantische Vertragsorganisation) Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa Panzerbataillon Soldat Sicherheitspolitischer Bericht Territorialregion World Economic Forum Wiederholungskurs

8875

Bericht 1

Veranlassung

Diskussionen um die Sicherheitspolitik münden oft in Debatten über die Armee, über ihre Aufgaben, über den Stellenwert des Milizsystems, über die angemessene Höhe der Ausgaben für die militärische Landesverteidigung und über die bewaffneten Auslandeinsätze der Armee zur Friedensförderung: Die Armee ist ein Instrument der Sicherheitspolitik; sie ist aber auch eine Kerninstitution des Landes, und sie betrifft via Milizsystem direkt einen guten Teil aller Bürgerinnen und Bürger. Sie ist in jedem Fall ein öffentliches Thema.

Während der Erarbeitung des Berichts des Bundesrates über die Sicherheitspolitik der Schweiz1 ­ ein Bericht, der die ganze Breite der Sicherheitspolitik abdeckt, nicht nur die Armee ­ wurde in der öffentlichen und parlamentarischen Diskussion deutlich, dass ein Bericht über Stand und Perspektiven der Armee gewünscht wird und angezeigt ist.

Dafür gibt es mehrere Gründe: Zunächst einmal ist das Armeeleitbild XXI bald einmal zehn Jahre alt. Seitdem hat sich in der Armee und um sie herum Einiges verändert. Manche Veränderungen wurden bewusst herbeigeführt, andere mussten hingenommen werden. Die Reform Armee XXI wurde begonnen, aber wenige Jahre nach ihrem Beginn mit dem Entwicklungsschritt 2008/11 bereits wieder modifiziert.

Die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel haben abgenommen, aber die erhoffte Abnahme der Betriebsausgaben der Armee konnte bislang nicht verwirklicht werden. Die Armee wurde zwar nominell verkleinert,2 die jährliche Anzahl Diensttage blieb aber praktisch konstant. Kaderlaufbahnen wurden gestrafft, aber es sind immer noch zu wenige Angehörige der Armee bereit, eine militärische Karriere wie vorgesehen zu absolvieren. Die Armee kann vor allem deshalb nicht mehr ausreichend alimentiert werden, weil die Jahrgänge kleiner werden. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel kann der Sanierungs- und Instandhaltungsbedarf der Immobilien nicht mehr gedeckt werden. Die Personalstruktur des VBS kann nicht so schnell angepasst werden, wie es die Technologie der beschafften Rüstungsgüter und Verwaltungssysteme erfordert.

Die Last dieser Probleme verlangt Massnahmen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in einer grossen Organisation wie der Armee Steuerimpulse umsichtig gegeben werden müssen. Diese Notwendigkeit wird dadurch noch verstärkt, dass Stimmbürgerinnen und Stimmbürger
als Steuerzahlerinnen und Steuerzahler und Milizangehörige der Armee betroffen sind. Die Lage der Armee lässt es nicht zu, die nächsten Jahre vollständig der Konsolidierung bisherigen Wandels zu widmen und auf neue Anpassungen zu verzichten. Ihre Natur verbietet aber ebenfalls, wiederholt und ohne Zwischenphasen der Konsolidierung die Armee immer wieder und fast permanent zu reformieren.

1 2

Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über die Sicherheitspolitik der Schweiz vom 23. Juni 2010 (BBl 2010 5133).

Gemäss Armeeauszählung 2010 (Stichtag 1. März 2010), Anhang 3 Entwicklung der Armee nach Gradgruppen und Personalkategorien, waren 174 299 Angehörige der Armee als Aktive eingeteilt. Der Sollbestand betrug 133 981.

8876

Dieser Bericht konkretisiert die im sicherheitspolitischen Bericht skizzierte Weiterentwicklung der Armee. Es handelt sich nicht um ein Armeeleitbild, sondern um einen Bericht über den Stand und die Weiterentwicklung der Armee, basierend auf Bundesverfassung und in Übereinstimmung mit dem sicherheitspolitischen Bericht 2010. Detailliertere Konzeptionen zu Teilbereichen werden in der Folge erarbeitet werden, ebenso allfällige Anträge auf Änderungen in der Militärgesetzgebung.

Es geht bei der Weiterentwicklung der Armee darum, das sicherheitspolitisch Notwendige mit dem staatspolitisch Gebotenen und finanziell Tragbaren in Übereinstimmung zu bringen. Die Sicherheits- und Militärpolitik hat schon bisher immer wieder Beständigkeit und Wandel gegeneinander abwägen müssen. Das ist auch jetzt der Fall, und dieser Bericht soll Grundlage dazu sein.

2

Entwicklung der Armee

Von 1961 bis 2011 machten grundlegende Veränderungen der sicherheitspolitischen Lage, technisch-taktische Entwicklungen, Bedürfnisse der Wirtschaft und Budgetkürzungen wiederholt Anpassungen der Armee nötig. Dieser Anpassungsprozess geht weiter. Im Folgenden wird der Weg von der Armee 61 zum Entwicklungsschritt 2008/11 kurz nachgezeichnet.

Armee 61 Die Armee 61 war auf die Bedrohungssituation des Kalten Krieges zugeschnitten.

Sie bestand mehr als 30 Jahre (1962­1994) und wurde in dieser Zeit wiederholt verbessert und angepasst. Charakteristisch für die Armee 61 war das flächendeckende, tiefgestaffelte Abwehrdispositiv, das die infanteristische Raumverteidigung mit Elementen der mechanisierten Kampfführung kombinierte. Flieger- und Fliegerabwehrtruppen stellten eine dichte Luftverteidigung und die Unterstützung des Heeres aus der Luft sicher.

Trotz der Verbesserung von Ausrüstung und Bewaffnung zeigten sich in den 1980er Jahren eine Reihe von Mängeln. Lücken in der Bewaffnung konnten ­ wenn auch mit Verzögerung ­ noch gefüllt werden, aber die operativ-taktische Führung der Abwehr erwies sich als zu starr. Das Konzept war einseitig auf einen Durchmarsch des Gegners durch das Mittelland ausgerichtet und liess wenig Flexibilität zu. Eine weitere und angesichts kürzer werdender Vorwarnzeiten schwerwiegende Schwäche war die tiefe Anfangsleistung des Milizheeres, was mit der Schaffung von Alarmformationen Ende der 1980er Jahre teilweise korrigiert wurde.

Subsidiäre Einsätze zur Unterstützung der zivilen Behörden erfolgten zum Schutz von Anlässen und Objekten (internationale Konferenzen, Flughafenbewachung als Folge von Anschlägen, Bewachung ausländischer Vertretungen) und zur Bewältigung von Katastrophen (z.B. Überschwemmungen 1987, Sturm Vivian 1990).

Seit 1953 leistete die Schweizer Armee Einsätze zur Friedensförderung im Ausland; vorerst in Korea, später auch in weiteren Krisengebieten (1989/90 Namibia, ab 1990 im Nahen Osten, 1991­94 Westsahara).

8877

Armee 95 Die Abwehrkonzeption der Armee war angesichts der neuen Waffensysteme, die in den Achtzigerjahren aufkamen, zu wenig flexibel. Zudem veränderte sich die Lage mit dem Ende des Kalten Krieges grundlegend. Diese beiden Gründe waren Anlass für einen Umbau der Armee, mit dem Ziel einer Verbesserung der Multifunktionalität und der wirtschaftlichen Rationalisierung. Verstärkt wurden Teile der Armee, die zur Unterstützung der zivilen Behörden bei erhöhter Bedrohung beziehungsweise bei Katastrophen dienten. Das Gros der Armee blieb aber auf die Abwehr eines massiven militärischen Angriffs ausgerichtet. Mit dem Konzept der dynamischen Raumverteidigung löste sich die Armee von der flächendeckenden Kampfführung; dadurch liessen sich auch der jeweiligen Bedrohung entsprechende Schwerpunkte bilden. Bei der Ausrüstung und Bewaffnung wurde der Trend fortgesetzt, Quantität zu reduzieren und Qualität zu steigern. Grundsätzlich war die Armee noch flächendeckend ausgerüstet; jede Kompanie hatte ihr eigenes Material.

Die vollständige Umsetzung der dynamischen Raumverteidigung hätte die Beschaffung umfangreicher Waffensysteme (Raketenartillerie, Luft­Boden-Systeme3 usw.)

verlangt, was aber nicht realisiert wurde. Bei der Ausbildungsinfrastruktur konnte hingegen eine erhebliche Qualitätssteigerung erreicht werden, nicht zuletzt durch den Einsatz von Simulatoren.

Mit der Armee 95 wurde der Begriff subsidiäre (Sicherungs-)Einsätze eingeführt.

Musste vorher bei der Unterstützung der zivilen Polizeikräfte in der Regel auf die Rechtsform Aktivdienst zurückgegriffen werden, so ergaben sich durch die neue Rechtsform Assistenzdienst erhebliche Vereinfachungen. Gleichzeitig nahmen die Bedürfnisse der zivilen Behörden nach Unterstützung durch die Armee zu, insbesondere zur Bewachung ausländischer Vertretungen und zur Unterstützung des Grenzwachtkorps. Dies führte zusammen mit dem Zweijahresrhythmus der Wiederholungskurse zu Ausbildungsrückständen der eingesetzten Formationen und Unmut in der Miliz. Die militärische Katastrophenhilfe bewährte sich jedoch insbesondere bei den Überschwemmungen 2000 (Gondo).

Das Engagement der Armee in der Friedensförderung wurde in dieser Phase ausgebaut, mit Einsätzen von Kontingenten in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo sowie zahlreichen Einzelpersoneneinsätzen, wie zum Beispiel
UNO-Beobachter.

Armee XXI Die Armee XXI sollte mit einer grundlegenden Neukonzeption verschiedene Anliegen berücksichtigen: Ausrichtung auf die Bedrohungslage, Bedürfnisse der Wirtschaft, eine beschleunigte technisch-taktische Entwicklung und die Beseitigung von Mängeln der Armee 95 (Zweijahresrhythmus der Wiederholungskurse, Kadermangel). Wichtige Merkmale der Armee XXI waren Multifunktionalität, Modularität (Bildung von Einsatzverbänden für die jeweils anstehende Aufgabe), abgestufte Bereitschaft und Interoperabilität. Neu war die klar ausgesprochene Notwendigkeit eines Aufwuchses zur Abwehr eines militärischen Angriffs, umgekehrt aber auch die höhere Bereitschaft für Einsätze aus dem Stand, basierend auf Berufsmilitärs (vor allem Militärische Sicherheit) und Durchdienern, die ihren Militärdienst an einem Stück absolvieren. Neu war auch die Unterscheidung zwischen aktiven und 3

Die Fähigkeit der Luftwaffe zur Unterstützung der Bodentruppen war mit der Ausserdienststellung des Kampfflugzeuges Hunter 1994 aufgegeben worden, in der Absicht, sie später wieder aufzubauen.

8878

Reserveformationen. Aus finanziellen Gründen wurde der Grundsatz einer flächendeckenden Ausrüstung aufgegeben: Die Verbände erhielten ihr Material und ihre Fahrzeuge aus einem Pool.

Das Konzept der dynamischen Raumverteidigung wurde mit einem stark reduzierten Kräfteansatz beibehalten. Die in der Armee 95 gebildeten Territorialinfanterieverbände wurden im Sinne der Multifunktionalität aufgelöst. Lücken bei den zivilen Sicherheitsinstrumenten sollten weiterhin mit subsidiären Armeeeinsätzen gedeckt werden. Mit dem Konzept der Raumsicherung wurde eine Antwort auf Stabilisierungsbedürfnisse bei erhöhter Bedrohung gesucht. Die internationale Zusammenarbeit sollte durch die Interoperabilität ermöglicht werden.

Subsidiäre Einsätze bildeten weiterhin die Grundlast der militärischen Einsätze. Die umfangreiche Unterstützung der zivilen Polizeikräfte beim Schutz ausländischer Vertretungen wurde fortgesetzt. Gegen 2010 verlagerte sich diese Unterstützung tendenziell weg von den WK-Truppen zum Berufspersonal der Militärischen Sicherheit und zu den Durchdienern. 2004­2007 gingen bei der Armee mehr als 160 Unterstützungsgesuche aus zehn Kantonen aller Landesteile für Katastrophenhilfe ein.

Die Friedensförderung wurde in dieser Phase quantitativ konsolidiert und pendelte sich auf einer Beteiligung mit rund 270 Angehörigen der Armee in verschiedenen Krisengebieten ein.

Entwicklungsschritt 2008/11 Mit dem Entwicklungsschritt 2008/11 wurde der Fokus noch stärker auf die wahrscheinlichen Einsätze gelegt, nämlich auf die subsidiäre Unterstützung der zivilen Behörden. Die durch die Armee zu erbringenden Leistungen blieben gegenüber der Armee XXI im Wesentlichen unverändert. Die Fähigkeit zur Abwehr eines militärischen Angriffs wurde angesichts der Entwicklung der Bedrohung und der finanziellen Ressourcen4 noch weiter reduziert. Verringert wurden im Wesentlichen die Zahl der Panzer-, Artillerie- und Fliegerabwehrverbände sowie die Infrastruktur. Die Zahl der Infanteriebataillone wurde dagegen erhöht, um die geforderte Bereitschaft sicherzustellen. Dieser Prozess begann am 1. Januar 2008 und soll am 1. Januar 2011 abgeschlossen sein.

Bei den subsidiären Einsätzen sind Milizverbände von der Bewachung ausländischer Botschaften (und schon früher bei der Verstärkung des Grenzwachtkorps) entlastet worden; Formationen
der Militärischen Sicherheit und Durchdiener werden aber nach wie vor eingesetzt. Bei Grossveranstaltungen kommen weiterhin Milizverbände zum Einsatz, z.B. beim WEF oder den Fussball-Europameisterschaften 2008.

Die Reduktion des Armeebestandes verlangt auch grössere Zurückhaltung bezüglich Unterstützungseinsätzen gemäss der Verordnung vom 8. Dezember 1997 über den Einsatz militärischer Mittel für zivile und ausserdienstliche Tätigkeiten (SR 513.74).

Die anvisierte Verdoppelung des Kontingents für die Friedensförderung konnte nicht umgesetzt werden.

4

Die Entlastungsprogramme 2003 und 2004 hatten Kürzungen von mehreren 100 Mio. Fr.

jährlich bei der militärischen Landesverteidigung zur Folge.

8879

45 000 110 00

Sollbestand Offiziere

Sollbestand Unteroffiziere

39 256 742 Auszug, Landwehr, Landsturm

Grosse Verbände (AK, FF Trp, Div, Br, LVb9, Mil Sich9, Ter Reg9)

Regimenter / Kommandos9

Bataillone / Abteilungen / Geschwader

Heeresklassen

aufgehoben

592

204

34

7 162 508 (1995)

426

0006

64 500

36 000

400 000

Armee 95 (Stand 1.1.1995)

Aktive / Reserve

179 (aktiv, gemischt, Reserve)

7

25 (Wegfall AK, Div)

6 019 542 (2005)

232

8880

0007

30 000

20 000

total max. 220 000: 120 000 Aktive 80 000 Reserve 20 000 Rekruten

Armee XXI (Stand 1.1.2004)

Gerundeter Mittelwert aus den Armeeauszählungen 1984, 1989, 1992 und 1994 (Stichtage jeweils 1. März) Gerundeter Mittelwert aus den Armeeauszählungen 1996, 2000 und 2003 (Stichtage jeweils 1. März) Gerundeter Wert aus der Armeeauszählung per 1. März 2005 Prognose per 1. März 2011 (Endzustand ES 08/11) ab Armee XXI

11 993 277 (1990)

Geleistete Diensttage

5 6 7 8 9

781

Effektivbestand

5005

625 000

Bestand der Armee (gesetzliche Vorgaben)

Armee 61 (Stand 1.1.1990)

Tabellarische Zusammenstellung der Parameter der vier Armeeorganisationen

Aktive / Reserve

181 (aktiv, gemischt, Reserve)

11

22

6 375 549 (2009)

184 0008

27 500

19 800

total max. 220 000: 120 000 Aktive 80 000 Reserve 20 000 Rekruten

ES 08/11 (Stand 1.1.2011)

17 8 (jährlich) (Alter 20­32) flächendeckende Abwehr

600 / 800 / 260 16 000 Objekte 5,635 Mrd. Fr. / 1,7 % 17,8 %

Dauer Rekrutenschule (Wochen)

Wiederholungskurse (WK)

Verteidigungskonzeption

Kampfpanzer / Mobile Artillerie / Kampfflugzeuge

Kampfinfrastruktur

Ausgaben Militärische Landesverteidigung10 / Anteil BIP

Anteil Militärische Landesverteidigung am Bundeshaushalt

8881

11

13,6 %

5,493 Mrd. Fr. / 1,5 %

teilliquidiert

730 / 780 / 150

8,7 %

4,357 Mrd. Fr.

1,0 %

teilliquidiert

224 / 224 / 87 (1.1.2006)

Dynamische Raumverteidigung

7 / 6 (jährlich)

10 (alle 2 Jahre) Dynamische Raumverteidigung

18 / 21 / 25

330 (Gesetz) 262 (Verordnung)

20­30/34

Armee XXI (Stand 1.1.2004)

15

330 (Gesetz) 300 (Verordnung)

20­42

Armee 95 (Stand 1.1.1995)

7,1 % 11

4,413 Mrd. Fr. / 0,8 % 11

Totalliquidation vorgesehen

191 / 138 / 87

Dynamische Raumverteidigung (Kompetenzerhalt)

7 / 6 (jährlich)

18 / 21 / 25

330 (Gesetz) 262 (Verordnung)

20­30/34

ES 08/11 (Stand 1.1.2011)

Auswertung der Ausgaben im Bundeshaushalt nach Aufgabengebieten. Neben dem Bereich Verteidigung und anderen Verwaltungseinheiten des VBS sind auch Teile anderer Departemente, insbesondere des EDA, enthalten. Durch die Einführung des Neuen Finanzausgleichs (NFA) fand im Jahr 2008 ein Strukturbruch statt. Die neue Berechnungsmethode ist bis 1990 nachgeführt. Sie entspricht nicht den Angaben gemäss Staatsrechnungen 1990­2007.

gemäss Staatsrechnung 2009

330

Dienstleistungsdauer Sdt (Tage)

10

20­50

Dienstleistungspflicht Sdt (Altersjahre)

Armee 61 (Stand 1.1.1990)

ALB 95

Bericht 6.6.6614 ALB 8015

Armeeleitbild / Armeebericht / Botschaft

8882

16

ALB XXI (2001)

2000

Armee XXI (Stand 1.1.2004)

Botschaft vom 31. Mai 200616

ES 08/11 (Stand 1.1.2011)

Bericht des Bundesrates über die Sicherheitspolitik der Schweiz (Konzeption der Gesamtverteidigung) vom 27. Juni 1973 Zwischenbericht [des Bundesrates] zur Sicherheitspolitik, vom 3. Dezember 1979 Bericht des Bundesrates über die Konzeption der militärischen Landesverteidigung, vom 6. Juni 1966 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Leitbild der militärischen Landesverteidigung in den achtziger Jahren (Armee-Leitbild 80), vom 29. September 1975 Botschaft über Änderungen der Armeeorganisation und des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Verbesserung des Bundeshaushaltes (Rechtliche Anpassungen zur Umsetzung des Entwicklungsschrittes 2008/11 der Armee), vom 31. Mai 2006

1990

197312 / 197913

SIPOL Berichte (Jahr)

12 13 14 15

Armee 95 (Stand 1.1.1995)

Armee 61 (Stand 1.1.1990)

Fazit Die Armee hat sich in den letzten rund 20 Jahren laufend angepasst, in der Regel mit Verzögerungen und evolutionär. Anpassungen wie auch Reformen, die darauf abzielen, Effizienz und Wirksamkeit zu steigern sowie Akzeptanz unter sich wandelnden Bedingungen zu schaffen, sind ein normaler Vorgang. Die rasche Abfolge von Anpassungen stösst aber an Grenzen, weil sie sowohl von der Miliz als auch von den Berufsformationen in der gegebenen Zeit nur schwer verkraftet werden. Die Weiterentwicklung der Armee muss diesem Umstand Rechnung tragen.

3

Standbericht

Als Ausgangslage für die Weiterentwicklung der Armee soll über die von der Armee in den letzten Jahren erbrachten Leistungen berichtet werden. Im Weiteren wird auf Mängel in einzelnen Bereichen und auf Massnahmen zu deren Behebung eingegangen, die bereits eingeleitet worden sind oder in Kürze eingeleitet werden sollen.

3.1

Leistungen der Armee und der Militärverwaltung

In der Armee werden jährlich rund 6,4 Millionen Diensttage geleistet. Davon machen Einsätze im In- und Ausland rund 6 Prozent aus; 94 Prozent der Diensttage dienen der Ausbildung und den Grundfunktionen des Bereichs Verteidigung,17 insbesondere den Supportbereichen Logistikbasis und Führungsunterstützungsbasis der Armee. Dazu kommen Basisleistungen für externe Partner, die grösstenteils permanent zur Verfügung stehen müssen. Parallel dazu wird der Entwicklungsschritt 2008/11 umgesetzt.

Angesichts geringer werdender Ressourcen und ständiger Transformationen bei gleich bleibendem Auftrag fällt es der Armee immer schwerer, die von ihr geforderten Leistungen zu erbringen. Leistungen und Ressourcen18 stehen nicht mehr im Gleichgewicht.

3.1.1

Ausbildung

Die Ausbildung der Armee ist modern konzipiert.

In der Ausbildung entfallen zwei Drittel der Diensttage auf Rekruten- und Kaderschulen und ein Drittel auf Fortbildungsdienste der Truppe (vor allem Wiederholungskurse). Der Ausbildungsbetrieb ist ressourcenintensiv und umfasst auch Armeestabsrahmenübungen wie Stabilo 07 und Einsatzübungen von Truppenverbänden wie Protector 09. Die Armee betreibt auch Ausbildungsprogramme mit Simulatoren (z.B. Führungssimulator) für das gesamte Einsatzspektrum und bietet Weiterbildung für zivile Führungskräfte an.

17

18

Der Bereich Verteidigung besteht aus dem Hauptquartier mit dem Armeestab und dem Führungsstab, aus Heer und Luftwaffe, aus der Höheren Kaderausbildung der Armee sowie aus der Logistik- und der Führungsunterstützungsbasis der Armee.

Unter Ressourcen werden sowohl finanzielle als auch personelle Ressourcen verstanden.

8883

Die Akzentverschiebung hin zu wahrscheinlichen Einsätzen ist umgesetzt worden und hat in der Ausbildung zur Unterstützung ziviler Behörden wesentliche Fortschritte gebracht. Das Ziel, die Verteidigungskompetenz zu erhalten und weiterzuentwickeln, wird in der Ausbildung so gut umgesetzt, wie die Lage es erlaubt. Sich häufende materielle Lücken und unzureichende Übungsmöglichkeiten demotivieren allerdings Kader und Truppe.

3.1.2

Einsätze

Die Armee erfüllte die ihr erteilten Aufträge.

Für eine positive Wahrnehmung der Armee sind die im In- und Ausland geleisteten Einsätze entscheidend. Die Armee leistete 2009 in Einsätzen rund 387 000 Diensttage.19 Alle der Armee zugewiesenen Aufgaben wurden zur Zufriedenheit der Leistungsbezüger und ohne nennenswerte Zwischenfälle erfüllt. 70 Prozent der Diensttage in Einsätzen entfielen auf subsidiäre Sicherungseinsätze (Botschaftsschutz, WEF, Verstärkung Grenzwachtkorps, Sicherheitsmassnahmen im zivilen Luftverkehr, Staatsbesuche), 24 Prozent auf friedensfördernde Einsätze im Ausland (Kosovo, Bosnien und Herzegowina, Militärbeobachter), 5 Prozent auf Unterstützungseinsätze (z.B. Grippeprävention) und 1 Prozent auf Katastrophenhilfe (Grossbrandbekämpfung, Erdbebenhilfe). Jeden Tag standen durchschnittlich 1062 Angehörige der Armee im Einsatz, davon 263 im Ausland.

80 Prozent der Diensttage wurden von den Miliztruppen geleistet (69 % WK-Verbände, 11 % Durchdiener), die restlichen 20 Prozent vom Berufspersonal: 16 Prozent von der Militärischen Sicherheit, 4 Prozent durch Personal der Luftwaffe, der Logistikbasis der Armee und der Führungsunterstützungsbasis. Zu den Einsätzen der Luftwaffe zählten neben Lufttransport und Luftaufklärung auch die tägliche Wahrung der Lufthoheit mit Luftraumüberwachung und Luftpolizeidienst einschliesslich Interventionen durch Kampfflugzeuge.

Die sogenannten Basisleistungen umfassen Beiträge der Armee und der Militärverwaltung an die permanente Aufrechterhaltung von Bereitschaft (primär Führungsbereitschaft) und Betrieb (vor allem im Bereich Luftwaffe, Militärische Sicherheit, Logistik, Führungsunterstützung, Ausbildung) und auch Leistungen für Dritte.20

3.2

Doktrin

Die Doktrin bezüglich Verteidigung muss auf die Erhaltung der entsprechenden Kernkompetenz ausgerichtet werden.

Der Armee XXI lag eine Doktrin zugrunde, deren Mittelansatz alle Infanterie-, Gebirgsinfanterie- und Panzerbrigaden umfasste und eine entsprechende Ausrüstung und Bewaffnung zur Führung des Kampfes voraussetzte. Die möglicherweise notwendig werdende Kooperation mit anderen Staaten wurde angesprochen und als 19 20

Darin eingeschlossen sind auch die vom Berufspersonal der Armee im Rahmen konkreter Einsätze geleisteten unbesoldeten «Einsatztage».

Beispielsweise Sicherstellung der Führungsfähigkeit der politischen Ebene (Bund und Kantone) sowie des Sicherheitsverbundes Schweiz; im Weiteren strategische Funkaufklärung für politische Auftraggeber auf nationaler Stufe.

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unvermeidlich erkannt. Im Hinblick auf einen Kompetenzerhalt mit einem Minimum an Mitteln auf hohem Niveau muss die Doktrin überdacht und auf das zu erreichende Technologieniveau neu abgestimmt werden. Daraus ist abzuleiten, welche Fähigkeiten die Armee haben muss: Die Doktrin muss bestimmen, wie viele Kräfte, auf welchem technologischen Niveau und mit welchen Einsatzverfahren für den Erhalt der Kernkompetenz bereitgehalten werden müssen.

Es besteht keine technisch einheitliche Basis für eine vernetzte Operationsführung.

Alle Streitkräfte streben mehr Wirksamkeit und Effizienz an. Die vernetzte Operationsführung ist dafür eine Schlüsselfähigkeit. Sie erleichtert einen koordinierten, raschen und präzisen Kräfteeinsatz. Die vernetzte Operationsführung ist aber in der Armee heute nur in Teilen realisiert (z.B. Luftwaffe, elektronische Kriegführung). Ein Ausbau ist notwendig, kann aber nur etappenweise erfolgen. Dabei sollen Einsätze mit kurzen Reaktionszeiten in der Führung Vorrang haben.

Erkenntnisse Die Armee hat zurzeit keine umfassende, aktualisierte Verteidigungsdoktrin. Die vernetzte Operationsführung ist nicht auf dem gebotenen Stand.

Massnahmen bis 2013 ­

Die Vorgaben der Doktrin im Bereich Verteidigung sind zu überprüfen und im Sinne einer realen Kompetenzerhaltung neu zu definieren.

­

Als Voraussetzung für die vernetzte Operationsführung ist eine leistungsfähige Gesamtarchitektur zu realisieren, ein Detailplan, der basierend auf den Armeeprozessen die Verarbeitung, Verwendung, Vernetzung, Verbreitung und Verwaltung von Informationen und deren Beziehungen untereinander sowie die dazu benötigte IKT-Struktur darstellt.

3.3

Armeeorganisation und Milizpersonal der Armee

Die Armeestruktur und die Armeeorganisation sind angesichts der demografischen Entwicklung zu gross, wenn das Dienstleistungsmodell unverändert bleibt.

Rekrutierung Das Rekrutierungspotenzial der männlichen Jugend sinkt, vor allem aus demografischen Gründen. Derzeitig werden rund 18 800 junge Männer pro Jahr rekrutiert.

Diese Zahl wird sich bis 2025 auf gegen 16 300 reduzieren.21 Wenn das Dienstpflichtmodell nicht angepasst wird, wird dies zusammen mit bereits jetzt bestehenden Unterbeständen dazu führen, dass der Sollbestand der Armee um bis zu 25 Prozent22 reduziert werden muss, damit die Formationen alimentiert werden können. Je nach Entwicklung der Zivildienstzulassungen ist eine Akzentuierung 21

22

Angaben basieren auf der angenommenen Entwicklung der Zahl an Ausexerzierten im Zeitraum 2010 bis 2025 auf Basis angenommener hoher Verluste durch Abgänge zum Zivildienst. Vgl. Armeeauszählung 2010, S. 47, Fig. 8.5. (armeeinternes Dokument).

Notwendig für den Armeebestand nach Entwicklungsschritt 2008/11 wären 22 100 Angehörige der Armee, welche die Rekrutenschule absolviert haben. Für 2010 lautet die Prognose auf 18 800 und für 2025 auf 16 300, was noch gut 73 % der notwendigen Anzahl gemäss Entwicklungsschritt 2008/11 ist.

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dieser Problematik möglich. Die Tauglichkeitsquote dagegen ist in den letzten Jahren bei rund 65 Prozent stabil geblieben.

Soll- und Effektivbestände der Armee sind keine stabilen Grössen. Sie werden von vielen Faktoren beeinflusst und verändern sich dauernd. Die Sollbestände werden jährlich im Rahmen von Revisionen überarbeitet. Diese Anpassungen sind meist kleineren Umfangs, ausser es erfolgt ein Umbau im Zug der Weiterentwicklung der Armee.

Kadernachwuchs Der ungenügende Kadernachwuchs bereitet der Armee schon seit Langem Sorgen.

Das langjährige Mittel potenzieller Offiziere liegt bei rund 5 Prozent der Angehörigen der Armee, welche die Rekrutenschule absolviert haben.23 Seit dem Start der Armee XXI fehlen rund 20 Prozent der benötigten Milizoffiziere. Für 2009 ergibt sich folgendes Bild (Messperiode 1. Dezember 2008 bis 1. Dezember 2009): ­

Es besteht ein Bedarf an 1200 neuen Leutnants, aber nur 915 wurden in die Armee eingeteilt.

­

Die Mehrheit der Kommandantenfunktionen ist besetzt, und der Nachwuchsbedarf kann sichergestellt werden, aber bei der Reserve fehlen die Führungsgehilfen in den Stäben.

­

Die Bereitschaft für die Übernahme einer Funktion in einem Bataillons- oder Abteilungsstab ist anhaltend schwach. 2009 konnten nur die Hälfte der Funktionen besetzt werden.24

­

Die Sollbestände der Generalstabsoffiziere sind nur noch zu 62 Prozent alimentiert. Der erforderliche Nachwuchs von etwa 50 Generalstabsoffizieren pro Jahr konnte in den letzten Jahren nicht mehr erreicht werden. Zudem wird es immer schwieriger, Milizoffiziere für die Generalstabsausbildung zu gewinnen.25

Die Schwierigkeit, Offiziere für eine Weiterausbildung zu gewinnen, hat mehrere Gründe:

23 24

25

­

Die abnehmende Anzahl der Offiziere (Zugführer) verringert auch die Zahl potenzieller Kader (Kommandanten und Führungsgehilfen in Stäben).

­

Der berufliche Druck macht es schwieriger, zusätzliche Militärdienstperioden zu akzeptieren; Kandidaten stehen vor schwierigen Karriereentscheidungen.

­

Es wird immer schwieriger, die militärische Grundausbildung und die Fortbildungsdienste der Truppe mit der zivilen Aus- und Weiterbildung zu vereinbaren. Der Studienplan der Hochschulen (Anpassung an BolognaSystem) erschwert die Koordination. Auch wenn die militärische Kaderausbildung wertvolle Erfahrungen und einen zivilen Nutzen bringt sowie finanziell interessant sein kann, verzichten viele Anwärter auf eine Weiterderzeit knapp 19 000.

Die Lücken wurden teilweise mit Offizieren gefüllt, die zur Verfügung des Kommandanten eingeteilt wurden und die Weiterausbildung für die entsprechende Funktion nicht absolviert haben.

Der Anteil der Milizoffiziere (exkl. Angestellte VBS) hat sich 2007­2010 von rund 40 % auf rund 20 % reduziert.

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ausbildung beziehungsweise Beförderung und beschränken sich darauf, die minimale Dienstpflicht zu erfüllen.

­

Es besteht der Eindruck, dass der gesellschaftliche Wertewandel der letzten Jahrzehnte zu einer geringeren Bereitschaft geführt hat, sich für die Allgemeinheit zu engagieren.

­

Die seit längerer Zeit negative Wahrnehmung der Armee führt bei potenziellen Kaderkandidaten zu Unsicherheiten.

­

Weil in den letzten Jahren keine anspruchsvollen Volltruppenübungen durchgeführt wurden, war die Stabsarbeit oft wenig herausfordernd, was der Motivation abträglich war.

­

Der Armee ist es bislang nicht ausreichend gelungen, den Nutzen der militärischen Kaderausbildung wie das frühe Erleben von Herausforderungen und Erfahrungen26 potenziellen Kadern aufzuzeigen.

Bei den Unteroffizieren erreichen die Effektivbestände die Sollbestände (Alimentierungsquote 105 %), und der Nachwuchsbedarf von rund 3250 wird erfüllt.

Dienstverschiebungen Das Bild bei den Dienstverschiebungen hat sich in den letzten Jahren nicht stark verändert. Jedes Jahr können mehr als 25 Prozent der Angehörigen der Armee ihren Militärdienst aus verschiedenen Gründen (Beruf, Studium, Ausland, Familie, medizinische Gründe) nicht wie geplant und vorgegeben leisten. Zudem absolviert nur etwa die Hälfte der Rekruten die Rekrutenschule im 20. Altersjahr. Dies alles führt dazu, dass ca. 93 Prozent aller Angehörigen der Armee mit mindestens einem Wiederholungskurs im Verzug sind.

Erfüllung der Dienstleistungspflicht Heute erfüllen noch rund 50 Prozent eines Jahrgangs im ordentlichen Entlassungsalter (30. Altersjahr) ihre Dienstleistungspflicht in der Armee. Sollte sich die gegenwärtige Entwicklung der Abgänge in den Zivildienst fortsetzen, werden die Endbestände in Zukunft noch tiefer liegen. Nach der Abschaffung der Gewissensprüfung ist der Zivildienst für immer mehr junge Schweizer eine Alternative zum Militärdienst. 2009 wurden 7219 Gesuche eingereicht, von denen die Vollzugsstelle Zivildienst im EVD 98 Prozent bewilligte. Der Bundesrat setzte per 15. März 2010 eine Änderung von Artikel 26 der Zivildienstverordnung27 (Karenzfrist von vier Wochen) in Kraft, und die beiden Räte überwiesen im Hinblick auf eine Änderung des Zivildienstgesetzes in der Frühjahrssession 2010 eine Motion an den Bundesrat. Am 23. Juni 2010 beschloss der Bundesrat, vorläufig von einer Revision des Zivildienstgesetzes abzusehen. Das EVD wurde beauftragt, bis Ende 2011 einen Bericht vorzulegen, der sich zur Notwendigkeit einer Revision äussert.

Abgänge aus medizinischen Gründen finden während der ganzen Dauer der Militärdienstpflicht statt, die meisten davon während der Grundausbildung (Rekrutenschule, Unteroffiziers- und Offiziersausbildung). 2009 mussten rund 12 Prozent der Eingerückten medizinisch entlassen und weiteren Abklärungen zugewiesen werden.

Bei weiteren 3 Prozent erfolgte aus verschiedensten Gründen eine Entlassung durch 26 27

Führen von Menschen, hohe Verantwortung, persönliche Grenzen kennen lernen, Teamarbeit unter Stress, sicheres Auftreten, Kameradschaft usw.

SR 824.01

8887

den Schulkommandanten. Auch in den WK-Formationen sind medizinisch begründete vorzeitige Abgänge zu verzeichnen.

Der Bestand an Spezialisten auf allen Stufen ist nicht mehr sichergestellt.

Der Sollbestand der Spezialisten wird nur noch teilweise erreicht. Fachspezialisten fehlen vor allem im Bereich Führungsunterstützung. Dies sind Funktionen mit einem hohen Anforderungsprofil (Hochschulabsolvent einer speziellen Studienrichtung).

Zudem wurden sie teilweise mit der Armee XXI neu eingeführt, und die Erstbesetzung der Funktionen ist noch nicht abgeschlossen. Im Bereich Wartung und Instandhaltung bestehen bei der Mehrheit der Funktionen Unterbestände, weil es nicht mehr genügend Angehörige der Armee gibt, die eine entsprechende Ausbildung aus dem zivilen Leben mitbringen.

Das Potenzial an Durchdienern wird nicht ausgeschöpft.

Durchdiener sind für die Bereitschaft und den Betrieb der Armee wichtig. Gegenwärtig werden 2718 Durchdiener pro Jahr benötigt, ab 1. Januar 2012 2850. Es ist davon auszugehen, dass auf freiwilliger Basis eine Rekrutierung von rund 2800 Durchdienern pro Jahr möglich ist. Damit wird das rechtlich mögliche Potenzial von 15 Prozent eines Rekrutenjahrganges nicht ganz ausgeschöpft. Eine markante Erhöhung der Durchdienerbestände dürfte auf freiwilliger Basis kaum oder nur mit Anreizmassnahmen machbar sein.

Erkenntnisse Gemessen am Rekrutierungspotenzial sind die heute gültigen Strukturen der Armee überdimensioniert und nicht alimentierbar. Die Unterbestände an Offizieren, Spezialisten und Durchdienern können mit kurzfristigen Massnahmen nicht grundsätzlich behoben, sondern nur teilweise korrigiert werden. Für den Kadernachwuchs sind primär Verbesserungen der Vereinbarkeit von militärischer und ziviler Karriere und sekundär Anreize ­ allenfalls auch finanzielle ­ ins Auge zu fassen. Bei der Weiterentwicklung der Armee soll die Zahl der benötigten Generalstabsoffiziere reduziert werden.

Massnahmen bis 2013 ­

Formationen, deren Hauptsysteme in absehbarer Zeit ausser Dienst gestellt werden, werden personell nicht mehr alimentiert/rekrutiert.

­

Spezialistenfunktionen auf allen Stufen (auch in den Stäben) sind bezüglich effektiver Bedürfnisse, Anzahl und Anforderungen zu überprüfen und anzupassen.

­

Durch Werbung und Anreize sollen die 15-Prozent-Limite für den Durchdieneranteil ausgeschöpft und die Rekrutenschulen ausgeglichener besetzt werden.

8888

3.4

Organisation des Bereichs Verteidigung

Die Organisation des Bereichs Verteidigung soll gestrafft und noch stärker auf die von der Armee zu erbringenden Leistungen ausgerichtet werden.

Der Umfang der Führungsstruktur der Armee, insbesondere des Bereichs Verteidigung des VBS, bemisst sich grundsätzlich an den Aufgaben der Armee und den von ihr erwarteten Leistungen. Die Organisation des Bereichs Verteidigung kann und muss deshalb von Zeit zu Zeit überprüft und allenfalls angepasst werden. Es kann aber nicht erwartet werden, dass eine Verkleinerung der Armee zwingend eine proportionale Straffung dieses Bereichs beziehungsweise der Führungsstruktur zulässt, weil verschiedene Aufgaben auch für eine kleinere Armee den gleichen Aufwand verursachen.

Im Zuge der 2003 vom Bundesrat beschlossenen Reduktion des Personalbestandes werden 2010 im Bereich Verteidigung 270 Stellenäquivalente abgebaut.

Erkenntnisse Eine Anpassung der Organisation ist zur Effizienzsteigerung, zur Erfüllung des vorgegebenen Stellenabbaus und angesichts der Überprüfung des Leistungsprofils der Armee nötig. Dazu muss die Armeeorganisation verändert werden.

Massnahmen bis 2013 ­

Die rechtlichen Voraussetzungen für organisatorische Veränderungen im Bereich Verteidigung müssen erarbeitet werden.

­

Zur Effizienzsteigerung soll die Steuerung der Querschnittsbereiche (Finanzen, Personal, Informatik, Immobilien, Unternehmensentwicklung, Doktrin, Kommunikation, Recht und Krisenführung) grundsätzlich zentralisiert werden.

3.5

Ausbildung

Die Grundausbildung von Rekruten und Kadern ist zielorientiert und gründlicher als früher. Die Armee hat gute Kader- und Rekrutenschulen, in denen effizient und wirksam ausgebildet wird. Zu diesem positiven Befund hat geführt, dass die Ausbildungszeit gegenüber der Armee 95 verlängert und der Einsatz von militärischem (Berufs-)Personal verstärkt wurden. Die Kaderausbildung und -weiterbildung findet bei Unteroffizieren und Offizieren hohe Zustimmung als stufengerechte Erwachsenenbildung. Dies gilt auch für die Ausbildung der höheren Kader der Armee.

Nachteilig ist, dass die angehenden Kader auf Stufe Zugführer bei Beginn ihres praktischen Dienstes noch keine eigentliche Führungspraxis haben.

Die Armee hat sehr gute Ausbildungsplätze und Simulatoren. Das Material ist technisch auf einem guten Stand. Die Ausbildungsinfrastruktur ist umfassend, aber von unterschiedlicher Qualität.

Das Ausbildungs- und Dienstleistungsmodell beansprucht einen wesentlichen Teil der Ressourcen der Armee.

8889

Für die Grundausbildung steht zu wenig militärisches Personal zur Verfügung.

Das grösste Problem in der Ausbildung ist der Mangel an Berufs- und Zeitmilitär, von denen die Armee derzeit über rund 3600 verfügt. Die Rückkehr zum Einsatz von Milizkader ab dem Beginn der Rekrutenschulen bringt zwar eine Entlastung, umgekehrt haben die intensivere Betreuung und Weiterausbildung der Milizkader während des Abverdienens zusätzliche Belastungen zur Folge. Auch der Mangel an Milizkader wirkt sich ungünstig auf die Ausbildung aus.

Das gegenwärtige Kaderausbildungsmodell vermittelt zu wenig Führungserfahrung.

Gemäss dem gegenwärtigen Modell werden junge Milizkader früh ausgewählt und phasenweise zentral ausgebildet. Die mit der Armee XXI geschaffene Möglichkeit, innerhalb eines Jahres Offizier zu werden, berücksichtigt die Bedingungen des zivilen Umfeldes. Aus Rücksicht auf dieses wurde der Zeitbedarf für Kaderlaufbahnen gegenüber der Armee 95 reduziert. Der Preis dafür ist ein Defizit an Führungserfahrung, weil den Offizieren die erlebte Praxis als Rekrut oder Unteroffizier fehlt.

Dieses Problem ist mit der Verlängerung des Abverdienens aber bereits teilweise angegangen worden.

Das traditionelle Modell der Wiederholungskurse ist aufwändig und teilweise wenig effizient.

WK-Formationen sind in Bezug auf Altersstruktur, zivile Kompetenzen und Sozialkompetenz stärker durchmischt als Verbände von Durchdienern. Sie haben aber den Nachteil, dass selbst bei jährlichen Wiederholungskursen viel Wissen und Können verloren geht. Durchdiener sind in der Regel besser ausgebildet und haben einen höheren Wissensstand als WK-Verbände. Sie haben aber weniger Lebenserfahrung und Reife, was für Einsätze ebenso wichtig ist.

Der Aufwand für die administrative und logistische Vor- und Nachbereitung eines Wiederholungskurses ist hoch. Von einem dreiwöchigen Wiederholungskurs bleiben nach Abzug der Wochenenden sowie der für die Materialfassung und -abgabe nötigen Zeit 12 Tage für die Ausbildung übrig. Für Truppengattungen mit komplexen Systemen genügt dies nicht. Die Einführung von neuem Material, neuen Prozessen und Einsatzverfahren belastet das Zeitbudget zusätzlich.

Die Ausbildung wird durch die mangelhafte Verfügbarkeit des Materials erschwert.

Die Armee hat modernes Material, das aber nicht immer in der notwendigen
Qualität und Quantität instandgehalten und zur Verfügung gestellt werden kann. Die Gründe dafür liegen darin, dass das Material nicht mehr in den gleichen Mengen wie früher beschafft werden kann. Zudem kann die Logistikbasis der Armee infolge Personalabbaus nicht mehr die gleichen Leistungen erbringen, und diese Defizite können von Dritten nicht vollständig kompensiert werden.

Die Ausbildungsinfrastruktur ist nicht optimal ausgelastet.

Das gegenwärtige Modell, wonach Rekrutenschulen dreimal pro Jahr beginnen, ermöglicht es den Militärdienstpflichtigen, zwischen drei Rekrutenschul-Terminen zu wählen. Dies erleichtert zwar die Koordination von Ausbildung und Berufsleben mit militärischer Ausbildung, bringt aber mit sich, dass nicht alle Rekrutenschulen gleich ausgelastet sind und damit auch die Infrastruktur über- oder unterbelegt ist.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht und wegen der ungleichen Belastung des Berufspersonals ist dies wenig sinnvoll.

8890

Für die Grundausbildung sind in den meisten Fällen gute bis sehr gute Einrichtungen vorhanden, auf einem mit dem zivilen Umfeld vergleichbaren Stand. In den Wiederholungskursen dagegen stehen nicht immer geeignete Infrastrukturen zur Verfügung, da teilweise nicht auf Kasernen zurückgegriffen werden kann. Wiederholungskurse in Gemeinden fördern zwar die Verankerung der Armee in der Bevölkerung und ihre Sichtbarkeit. Die Infrastrukturen der Gemeinden entsprechen aber nicht überall den Bedürfnissen. Dazu kommt, dass Ausbildungsplätze für eine realistische Ausbildung mechanisierter Verbände fehlen.

Erkenntnisse Das Ausbildungsmodell und die Ausbildungsinfrastruktur müssen aus wirtschaftlichen Gründen angepasst werden.

Massnahmen bis 2013 ­

Die Anstrengungen zur Gewinnung von Berufsmilitär sollen verstärkt werden, sobald die für die Stellenbesetzung nötigen Ressourcen zur Verfügung stehen.

­

Das Ausbildungsmodell wird für das Gros der unteren Milizkader angepasst: ­ Einsatz der Milizkader ab dem ersten Tag der Rekrutenschule; ­ Begleitung der gesamten Rekrutenschule durch das gleiche Team von Berufsmilitärs; ­ intensivere Begleitung und Weiterbildung der Milizkader durch Berufsmilitär; ­ Straffung der Ausbildung in den Kaderschulen, damit für den praktischen Dienst mehr Zeit zur Verfügung steht.

­

Es soll geprüft werden, ob die die freie Wahl des Zeitpunkts für die Absolvierung der Rekrutenschule eingeschränkt werden soll.

­

Die Bedürfnisse der Ausbildung sollen bei der Bestimmung der Menge künftiger Beschaffungen stärker berücksichtigt werden.

­

Die Ausbildungsinfrastruktur soll besser ausgelastet werden, um Betriebskosten zu sparen.

­

Freie Kapazitäten bei Ausbildungsinstallationen sollen als Teil des Gebens und Nehmens in der Ausbildungszusammenarbeit weiterhin anderen Armeen angeboten werden.

3.6

Ausrüstung und Material

Die persönliche Ausrüstung des Soldaten entspricht internationalem Standard.

Darüber hinaus verfügt die Armee zum grossen Teil über sehr leistungsfähige Systeme auf einem guten technologischen Stand. Es bestehen trotzdem erhebliche Probleme: Erstens sind (aus finanziellen Gründen) nicht alle Verbände vollständig ausgerüstet; zweitens sind militärisch an sich notwendige Systeme nicht beschafft worden, was Fähigkeitslücken zur Folge hat. Der Umgang mit diesen Lücken ist eine Herausforderung. Eine Herausforderung ist aber auch, das an sich vorhandene Material verfügbar zu machen. Grundsätzlich gilt eine abgestufte Bereitschaft auch für das Material, die Mängel (z.B. zu wenig Umlaufmaterial, fehlende Beschaffun8891

gen, reduzierte Bevorratung) sind aber in der Regel nicht durch kurzfristige organisatorische Massnahmen korrigierbar. Sie haben auch einen Einfluss auf die Ausbildung: Diese wird dadurch, dass das Material zum Teil nicht fristgerecht und nicht in der notwendigen Qualität bereitgestellt werden kann, erschwert.

Die aktiven Formationen sind nicht vollständig ausgerüstet.

Die aktiven Verbände einzelner Truppengattungen (Verbände, die aus Angehörigen der Armee bestehen, die noch Wiederholungskurse zu leisten haben) sind unterschiedlich ausgerüstet. Bei der Infanterie zum Beispiel gibt es nicht genügend geschützte Mannschaftstransportfahrzeuge, Radschützenpanzer, Kommandopanzer und Übermittlungsmittel.

Die Reserveverbände sind nicht ausgerüstet. Bei den aktiven Verbänden verhält es sich so, dass unter Einschränkungen des Ausbildungsbetriebs etwa zwei von sechs Brigaden vollständig ausgerüstet werden könnten.

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L Flab Lwf Abt

Verbände können vollständig ausgerüstet werden, auch wenn die Ausbildung in Schulen und Kursen normal abläuft.

Für diese Verbände steht nicht genügend Material zur Verfügung.

Fl Geschw

Gegenwärtiger Stand der Ausrüstung

Die Verfügbarkeit des Materials ist nicht mehr sichergestellt.

Die Menge Material ist, bei praktisch gleich bleibender Anzahl Diensttage, verglichen mit früher wesentlich geringer. Dadurch wird das Material in Ausbildung und Einsatz stärker beansprucht. Dies wiederum führt zu mehr Verschleiss und Instandhaltungsbedarf, der mit dem Personal der Armee nicht mehr bewältigt werden kann.

Das Material muss deshalb rascher ersetzt werden, und es entstehen Verteilungskonflikte und Mehrausgaben. Mit dem Betriebssystem Logistik@V soll die Verfügbarkeit des vorhandenen Materials verbessert werden.

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Materielle Fähigkeitslücken bestehen vor allem bei der Abwehr eines militärischen Angriffs.

Bei der Fähigkeit zur Abwehr eines militärischen Angriffs, die sehr kostenintensiv ist, bestehen die meisten Fähigkeitslücken (z.B. operative Aufklärung aus der Luft, operatives Feuer, Luft­Boden-Fähigkeiten der Luftwaffe, Gefechtsfeldlogistik, indirekte taktische Feuerunterstützung Boden­Boden). Soweit diese nicht geschlossen werden können, verbleiben sie als Aufgabe für einen Aufwuchs beziehungsweise als kalkuliertes Risiko.28 Daraus ergeben sich Unsicherheiten für die Ausbildung, weil unklar ist, über welche Mittel die Armee verfügen beziehungsweise nicht verfügen wird.

Die finanziellen und personellen Mittel lassen nur selektive Investitionen in hoch technologisierte Bereiche zu.

Für eine Armee, die keine grossen Einsätze im internationalen Rahmen zu bestehen hat und sich nicht auf eine umfassende nationale Rüstungsindustrie abstützen kann, ist es weder nötig noch möglich, in allen Bereichen mit der internationalen Entwicklung Schritt zu halten. Ausschlaggebend dafür, wie modern die Verbände auszurüsten sind, ist ihre Aufgabe. Das kann dazu führen, dass Verbände, die auf die Abwehr eines militärischen Angriffs ausgerichtet sind, technologisch anders ausgerüstet werden als Verbände, die in erster Linie zivile Behörden zu unterstützen haben.

Der Einsatz von hochtechnologisierten Systemen beeinflusst die Einsatzverfahren der Armee. So lassen sich Überwachungs-, Aufklärungs- und Führungsunterstützungsaufgaben vermehrt mit technischen Mitteln lösen. Dadurch kann (Miliz-)Personal eingespart und entlastet werden. Der Ersatz von Personal durch Technologie erhöht aber die Ausgaben im Betrieb (Instandhaltung) und stellt höhere Anforderungen an das verbleibende Personal. Seit einiger Zeit kann ein Trend zu steigenden Betriebsausgaben nachgewiesen werden. Der technologische Fortschritt führt dazu, dass auch technologisch relativ einfaches Material wie beispielsweise Fahrzeuge heute anteilsmässig grössere Betriebsausgaben verursachen.

Ausserdienststellungen benötigen Zeit.

Die Armee hat viel Kampf- und Führungsinfrastruktur sowie Waffen und Geräte, die aus der Zeit des Kalten Krieges stammen und nur mehr von geringem Nutzen sind.

Der Zwang zu finanziellen Einsparungen sowie Effizienzüberlegungen haben dazu
geführt, dass ganze Systeme wie das Panzerabwehrlenkwaffensystem Dragon und Panzerminenwerfer ausser Dienst gestellt werden mussten. Elemente der Kampfinfrastruktur stehen als Nächstes an. Nur die Ausserdienststellung kompletter Systeme ist zur finanziellen Entlastung wirksam.

Die Ausserdienststellungen verursachen zunächst einen beträchtlichen finanziellen Aufwand und erfordern einige Zeit, weil damit auch die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, der Abbau von Verbänden und die Anpassung der Doktrin verbunden sind.

28

Die Abschätzung der Risiken ist Gegenstand einer kontinuierlichen Lagebeurteilung durch die Armeeführung.

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Erkenntnisse Für die Unterstützung ziviler Behörden sollen die Einsatzverbände ­ bezogen auf diese Aufgabe ­ möglichst vollständig ausgerüstet sein. Auch die Formationen, die sich auf die Abwehr eines militärischen Angriffs konzentrieren, sind grundsätzlich ohne materielle Lücken auf angemessenem Technologieniveau auszurüsten. Ausserdienststellungen sind mit finanziellem Aufwand verbunden, was nötig machen kann, für diesen Zweck die der Armee zur Verfügung stehenden Mittel zeitweilig zu erhöhen Massnahmen bis 2013 ­

Ausgehend vom Leistungsprofil und den zu seiner Erfüllung notwendigen Fähigkeiten ist ein Konzept für ein differenziertes Technologieniveau zu erarbeiten.

­

Systeme, die künftig nicht mehr benötigt werden oder nicht mehr einsatztauglich sind (z.B. Helikopter Alouette III, Festungsminenwerfer, Festungskanone Bison, Brückenlegepanzer 68) sind sofort ausser Dienst zu stellen.

­

Material, bei dem bereits abzusehen ist, dass es in Kürze seinen Nutzen ganz verliert, soll vorzeitig ausser Dienst gestellt werden.

­

Die Fahrzeugflotte der Armee soll erneuert und vereinheitlicht werden.29

­

Die neue Technologiestrategie soll verabschiedet und der Forschungsplan für die Legislaturperiode 2012­2015 festgelegt werden.

3.7

Logistik

Die Logistik erbringt Leistungen in den Bereichen Nach-, Rückschub, Instandhaltung, Sanität, Verkehr, Transport und Infrastruktur für die Armee, die Bundesverwaltung und auch für Dritte. Die Logistikkonzeption XXI wurde seit 2004 grösstenteils umgesetzt, das damit angestrebte Einsparpotenzial konnte aber nicht realisiert werden. Die Nachfrage nach logistischen Leistungen nahm in dieser Zeit zu, u.a.

wegen der Wiedereinführung des Einjahresrhythmus bei den Wiederholungskursen; gleichzeitig mussten aber Personalabbauvorgaben umgesetzt werden. 2010 wurde Logistik@V eingeführt, um die ortsgebundene Logistik zu vernetzen. Die damit verbundene und zur effizienteren Leistungserbringung notwendige Infrastruktur (insbesondere bauliche Veränderungen der Logistikzentren) wird jedoch erst in den nächsten Jahren realisiert. Dies führte dazu, dass wesentliche Leistungen von Dritten ausserhalb der Armee erbracht werden müssen und dass die Logistik mehr Ressourcen als vorgesehen braucht, was zulasten der Investitionen für die Erneuerung der Armee geht. Bei der Infrastruktur der Armee konnte durch die Reduktion von Systemen und geringere Vorratshaltung der Bestand an Immobilien markant abgebaut und zur Verwertung freigegeben werden.

29

Gründe dafür sind überdurchschnittliche Instandhaltungskosten, sicherheits- und umwelttechnische Aspekte und neue Bedürfnisse (vgl. dazu Rüstungsprogramm 2010).

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Wegen Personal- und Kompetenzmangel müssen Leistungen zunehmend ausgelagert werden.

Der verbleibende Personalbestand der Logistikbasis der Armee reicht nicht aus, um die erforderlichen Leistungen zu erbringen. Rund drei Viertel der Instandhaltungsleistungen werden heute durch Externe erbracht. Auch sensible Systeme des Nachrichtendienstes oder der Luftwaffe können nur noch unter Zuhilfenahme von Fremdleistungen betrieben werden, da die dafür nötigen Kompetenzen intern nicht mehr vorhanden sind. Diese externen Leistungen werden von einigen wenigen Firmen erbracht (v.a. RUAG). Die vermehrte Vergabe von Aufträgen an Dritte führte zwar zu einer Verbesserung der logistischen Unterstützung für der Armee, gleichzeitig aber auch zu einer Abhängigkeit von Externen und oft zu höheren Kosten.30 Eine Kooperationsstrategie, die sich damit befasst, welche Leistungen die Armee selbst erbringen beziehungsweise von Dritten einkaufen soll, soll bis Ende 2010 vorliegen.

Der Zustand des Materials ist mangelhaft.

Die Truppe sollte rund 80 Prozent des Materials am Ende eines Dienstes einsatzbereit zurückgeben. Diese Vorgabe wird aber nicht in allen Fällen erreicht. Hinzu kommt, dass wegen der starken Personalreduktion der Zustand des Materials durch die Logistikzentren nur teilweise überprüft und Instandhaltungsarbeiten ebenfalls nur teilweise unterstützt werden können. Weiter werden Material und Systeme verglichen mit früher stärker beansprucht, weil weniger Material und Systeme vorhanden sind und diese dadurch intensiver genutzt werden. Die Folge davon ist zu wenig einsatzbereites Material für Schulen31 und Truppe.

Die Einführung einer nationalen informatikbasierten und mit Echtzeitdaten operierenden Logistik ist eine grosse Herausforderung.

Mit dem Logistiksystem Logistik@V sollen nicht nur alle Material- und Fahrzeugdaten der Armee verwaltet und die Materialflüsse gesteuert werden. Es sollen auch die Finanzdaten und später auch das Milizpersonal in einem System erfasst werden.

Das soll in den nächsten Jahren schrittweise erreicht werden. Mit der Einführung des informatikbasierten Logistiksystems per 1. Januar 2010 wurde ein erster Schritt getan. Die organisatorische Umsetzung ist noch nicht abgeschlossen. 2010 geht es darum, sich auf die Konsolidierung und Integration des Systems im Tagesgeschäft zu
konzentrieren. Bis Ende 2011 ist das System zu stabilisieren. Dazu sind die Serialisierung32 und das Gros der Auszeichnungen33 abzuschliessen.

Eine nachhaltige Sicherung der Logistikleistungen erfordert den Aus- und Umbau der Logistikinfrastruktur.

Die Konzentration der Logistikzentren ist weit fortgeschritten und eine gute Basis für eine effiziente Leistungserbringung. Ein weiterer Schritt für eine nachhaltige Sicherung der Logistikleistungen ist die Modernisierung der Logistikzentren. Mit der Immobilienbotschaft 2009 hat das Parlament dafür 103 Millionen Franken 30 31 32 33

Zusätzliche Schnittstellen, Mehrwertsteuer, Gewinnanteil etc.

Wegen des Fehlens von Instandhaltungsteams in den Rekrutenschulen ist keine Verbesserung des Materialzustandes vor Ort möglich.

Serialisierung bedeutet die Bezeichnung von Artikeln desselben Materials mit einer Identifikation jedes einzelnen Artikels.

Auszeichnung bedeutet das Anbringen von Informationen über Material auf die einzelnen Artikel, um die maschinelle Lesbarkeit sicherzustellen.

8895

bewilligt. In der Immobilienbotschaft 2010 sind weitere 126 Millionen Franken für Werkstätten und Lager der Zentren beantragt.

Die beiden Massnahmen ­ informatikbasiertes Logistiksystem und Modernisierung der Bauten ­ werden erst in drei bis vier Jahren Wirkung zeigen. Bis dahin hat die Logistikbasis der Armee die Leistungen weiterhin mit Unterstützung der Truppe sicherzustellen.

Die sanitätsdienstlichen Mittel erlauben heute weder die quantitative noch die qualitative Abdeckung der Bedürfnisse der Armee.

Die sanitätsdienstliche Grundversorgung, inkl. Rekrutierung, kann ohne Externe nicht mehr sichergestellt werden. Die sanitätsdienstlichen Einsatzmittel im prähospitalen Bereich erlauben heute eine Abdeckung der Bedürfnisse von maximal einer Brigade. Auf die umfassende armeeinterne Sicherstellung der hospitalen Akutversorgung der Angehörigen der Armee in besonderen und ausserordentlichen Lagen wird ab 2012 verzichtet. Aufgrund des Entscheids der Sanitätsdirektorenkonferenz vom November 2009 besteht eine politische Vorgabe für eine strategische Bettenreserve von 800 Betten. Diese setzt sich aus den 200 Betten im zu modernisierenden Militärspital Einsiedeln34 sowie den durch die sieben Spitäler des Koordinierten Sanitätsdienstes (KSD) gestellten Betten zusammen.

Mit einem automatisierten Informationssystem kann eine Übersicht über die verfügbaren Ressourcen im Gesundheitswesen der Schweiz online erstellt und den Partnern im Koordinierten Sanitätsdienst, inklusive der Armee, für die Vorbereitung und zur Einsatzführung zur Verfügung gestellt werden.

Erkenntnisse Die Armee benötigt immer mehr Leistungen von Externen und gerät dadurch in Abhängigkeiten. Die Verringerung des Personals für die Instandhaltung ist einer der Gründe dafür, dass Kommandanten zu Beginn ihrer Dienstleistung nicht das gesamte vereinbarte Material für die Ausbildung erhalten. Eine vorübergehende Leistungsschwäche der Logistikbasis der Armee ergibt sich auch durch die Einführung des neuen Logistiksystems Logistik@V, das erst mittelfristig eine effiziente und wirksame Leistungserbringung ermöglicht. In der Sanität ist vermehrt mit zivilen Leistungserbringern zusammenzuarbeiten.

Massnahmen bis 2013

34

­

Grundsätzlich sollen Leistungen nicht ausgelagert werden, wenn keine Aussicht auf eine längerfristige Kostenreduktion besteht. Bei sicherheitsrelevanten Leistungen sind die Risiken einer Auslagerung zu berücksichtigen.

­

Für zusätzliche Logistikleistungen, die von der Armee selbst erbracht werden sollen, ist der Personalbestand der Logistikbasis der Armee zu erhöhen.

­

Die informatikgestützte Logistikführung (Auszeichnung, Serialisierung, Ausbildung) soll stabilisiert werden.

­

Die baulichen Anpassungen in den Logistikzentren sollen realisiert werden.

Die Kosten für die Modernisierung des Spitals Einsiedeln belaufen sich gemäss Masterplan 2009 auf total 40 Mio. Fr. Der Beitrag an die sieben KSD-Spitäler ist mit 168 000 Fr.

pro Jahr budgetiert.

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­

Die Armee soll ein Militärspital behalten und ein weiteres Spital als Übergangslösung bis 2017 betreiben. Die restlichen Militärspitäler werden in den Dispositionsbestand überführt.

­

Zur Sicherstellung der geforderten Leistungen sind die Spitalbataillone quantitativ und qualitativ zu restrukturieren.

­

Bis 2011 soll die neue Kooperationsstrategie verabschiedet sein.

3.8

Personal

Die Personalbezüge und Arbeitgeberbeiträge des Bereichs Verteidigung betragen 2010 für einen Personalbestand von rund 9600 Stellen rund 1240 Millionen Franken.

Das sind rund 30 Prozent des Budgets und damit ein wesentlicher Ausgabenfaktor.

Der Bereich Verteidigung erhielt im Rahmen der Armee XXI die Vorgabe, von 2002 bis Ende 2011 netto rund 2000 zivile Stellen abzubauen. Per Ende 2009 war der Abbau von rund 1300 Stellen vollzogen. Es verblieben 600­700 Stellen, die noch abzubauen wären. Wegen der massiven Probleme in der Logistik und Informatik sistierte der Chef VBS den Stellenabbau in der Logistikbasis der Armee. Der Stellenabbau im Bereich Verteidigung soll mit einer Verzögerung von zwei bis drei Jahren realisiert werden. Die Personalsituation wird bezüglich Abbaumöglichkeiten von Jahr zu Jahr neu beurteilt.

Das Personal für moderne Systeme kann intern nicht zeitgerecht bereitgestellt werden.

Neu beschafftes komplexes Rüstungsmaterial kann zunehmend nicht mehr allein durch eigenes Personal gewartet und betrieben werden, weil die Armee selbst nicht genügend Spezialisten für den technologischen Kompetenz- und Kapazitätsaufbau hat. Der interne Aufbau neuer Fähigkeiten erfordert zudem Zeit. Deshalb besteht zurzeit ein hoher Bedarf an externen Spezialisten. Die Folge davon sind steigende Ausgaben für Fremdleistungen, Wissensverlust beim eigenen Personal und Abhängigkeit von Dritten.

Berufsmilitärs sind stark belastet und können bei einem Austritt nicht rasch ersetzt werden.

Die Anforderungen an Berufsmilitärs steigen. Ausschlaggebend dafür sind komplexere Waffen- und Führungssysteme, höhere Anforderungen an die Führungsfähigkeiten und umfassendere Planungs- und Organisationsaufgaben. Die erhöhten Anforderungen, die dreimalige Durchführung der Rekrutenschulen pro Jahr und knappe Personalbestände im Ausbildungsbereich haben zu erheblichen Problemen geführt. Die Armeeführung hat ­ auch aufgrund eines Berichts der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates ­ vor rund drei Jahren Massnahmen zur Verbesserung der Situation ergriffen. Die Ausbildung eines Berufsmilitärs dauert lange und ist kostspielig, und Abgänge können nicht rasch ersetzt werden.

8897

Wegen der Altersstruktur der zivilen Mitarbeitenden ist in den nächsten Jahren mit einem grossen Wissensverlust zu rechnen.

Rund 2500 der insgesamt 5900 zivilen Mitarbeitenden sind im Alter zwischen 50 und 59 Jahren; deshalb stehen mittelfristig viele Austritte an. Damit wird es zu einem hohen Wissensabfluss kommen. Gleichzeitig steigen die fachlichen Anforderungen mit der Einführung von neuen Systemen.

Erkenntnisse Neue, komplexere Systeme stellen oft höhere Anforderungen an das Personal. Oft erfordern sie zusätzliches Personal, was mit den verfügbaren Personalressourcen nicht abgedeckt werden kann. Dies führt dazu, dass externe Fachkräfte beigezogen werden müssen, und damit zu hohen Kosten. Zudem können Berufskader wegen der relativ langen Ausbildungs- und Einarbeitungszeit nicht immer zeitgerecht ersetzt werden, was zu Mehrbelastungen beim verbleibenden Personal führt. Ohne entsprechende Massnahmen wird der Bereich Verteidigung in Zukunft entweder noch mehr teures externes Personal beiziehen oder auf bisher erbrachte Leistungen verzichten müssen. Der Handlungsspielraum in der Personalbewirtschaftung muss deshalb genutzt werden.

Massnahmen bis 2013 ­

Der Stellenabbau bei der Logistikbasis der Armee bleibt bis Ende 2011 sistiert.

­

Mit Blick auf die Ausbildungsbedürfnisse der Armee findet ein Umbau des Personalkörpers (Berufsmilitär, Zeitmilitär, Fachlehrer und Zivilpersonal) statt.

­

Zur Sicherstellung der Handlungsfreiheit der Armeeführung wird im Bereich Verteidigung eine strategische Personalreserve35 geschaffen.

3.9

Finanzen

Ein nachhaltiges Verhältnis zwischen Leistungen und Ressourcen kann unter den bestehenden Rahmenbedingungen nicht hergestellt werden.

Kleinere Bestände, eine abgestufte Bereitschaft und eine professionalisierte Ausbildung waren wesentliche Punkte der Armee XXI. Beabsichtigt war eine deutliche Senkung der Betriebsausgaben zugunsten der Rüstungsausgaben. Massnahmen zur Senkung der Betriebsausgaben wurden insbesondere in der Logistik und in der Verwaltung eingeleitet. Überzählige Waffensysteme wurden in der Folge ausser Dienst gestellt.

Mit den Entlastungsprogrammen 2003 und 2004 wurden die Mittel der Armee um mehrere 100 Millionen Franken gekürzt. Um diese Vorgaben umzusetzen, verabschiedete das Parlament 2007 den Entwicklungsschritt 2008/11. Das Stationierungskonzept der Armee und die Optimierungsmassnahmen in der Logistik werden aber nicht vor 2014 realisiert sein. Die Erwartungen bezüglich der Einsparungen bei den

35

Auf Stufe Chef der Armee im Bereich Verteidigung durch interne Umlagerung zu schaffende Personalreserve.

8898

Betriebsausgaben erwiesen sich deshalb als zu optimistisch, weshalb Engpässe im Personal- und Logistikbereich bestehen.

Ein wesentlicher Treiber bei den Aufwendungen für den logistischen Betrieb, die Infrastruktur und die Bereitstellung von Material ist die Zahl der geleisteten Diensttage, die in den vergangenen zehn Jahren nicht merklich gesunken ist. Zusätzlich führen komplexere Technologie, kleinere Beschaffungszahlen von Systemen und damit deren intensivere Nutzung zu zusätzlichen Kosten bei Betrieb und Instandhaltung. Als Folge stiegen in den letzten Jahren die Betriebsausgaben zulasten der Investitionen.

Die Multifunktionalität der Armee sowie das Ausbildungs- und Dienstleistungsmodell sind wesentliche Treiber für den Ressourcenbedarf der Armee.

Die Multifunktionalität der Armee erweist sich als wesentlicher Treiber für den Ressourcenbedarf. Eine Spezialisierung in der Armee ist deshalb praktisch unausweichlich.

Die Armee betreibt ein milizfreundliches, grosszügig konzipiertes Dienstleistungsund Ausbildungsmodell. Dazu gehören die faktische Wahlfreiheit für den Zeitpunkt der Rekrutenschule und die jährlichen Wiederholungskurse für das Gros der Armee.

Damit werden pro Jahr ca. 6,4 Millionen Diensttage generiert, und diese Grösse bestimmt zu einem guten Teil den Betriebsaufwand. Innerhalb der geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen kann jedoch die Zahl der Diensttage nicht beliebig gesenkt werden. Dies wäre nur über eine Verkleinerung der Armee und/oder die Anpassung des Ausbildungs- und Dienstleistungsmodells zu erreichen.

Mit dem Konsolidierungsprogramm 2012/2013 wird dem Parlament beantragt, den mehrjährigen Ausgabenplafond für die Armee für die Jahre 2012 bis 2015 fortzuführen.

Gemäss Staatsrechnung 2009 stand der Armee36 ein finanzierungswirksamer Voranschlagskredit von 4,26 Milliarden Franken zur Verfügung. Der Voranschlag 201137 sieht einen Betrag von 4,64 Milliarden Franken vor.38 Der Bericht zum Konsolidierungsprogramm 2012/2013 für den Bundeshaushalt geht von Ausgaben für die Armee (mehrjähriger Ausgabenplafond) in den Jahren 2012 bis 2015 von durchschnittlich 4,4 Milliarden Franken 39 und einem Wachstum von 1,0 Prozent aus.40 Mit dem Konsolidierungsprogramm 2012/2013 wird dem Parlament beantragt, den mehrjährigen Ausgabenplafond der Armee für die Jahre 2012 bis 2015 für den Bereich Verteidigung und armasuisse Immobilien fortzuführen. Dies ermöglicht einen flexibleren Einsatz der finanziellen Mittel und mehr Planungssicherheit.

36

37 38 39 40

Gemäss Definition des Ausgabenplafonds der Armee. Dieser enthält sämtliche finanzierungswirksamen Kredite des Bereichs Verteidigung und der armasuisse Immobilien. Vgl.

Tabelle im Anhang 1, Übersicht Finanzen.

Bundesratsbeschluss vom 23. Juni 2010 zum Voranschlag 2011/Finanzplan 2012­14.

Der höhere Betrag im Voranschlag 2011 entsteht durch die Verwendung von Kreditresten der Vorjahre.

inkl. armasuisse Immobilien.

Durchschnittlich jährliche Budgetzahl gemäss Ausgabenplafond der Armee 2012­2015.

Vgl. Entwurf Bundesgesetz über das Konsolidierungsprogramm 2012/2013, Stand 23. Juni 2010.

8899

Erkenntnisse Ein nachhaltig ausgewogenes Verhältnis zwischen Leistungen und Ressourcen kann nur über eine Erhöhung der finanziellen Mittel für die Armee und über Anpassungen der Armeeorganisation, der Bereitschaft, des Dienstleistungs- und Ausbildungsmodells und des Technologieniveaus erreicht werden ­ oder durch eine massive Reduktion der geforderten Leistungen. Die Multifunktionalität der Armee kann nicht länger finanziert werden. Eine Senkung der Zahl der auszubildenden Angehörigen der Armee würde das Milizprinzip und die Wehrgerechtigkeit berühren und fällt deshalb ausser Betracht. Steigende Betriebsausgaben gehen zulasten der Investitionen.

Massnahmen bis 2013 ­

Mit dem Konsolidierungsprogramm 2012/2013 soll für den Bereich Verteidigung und die armasuisse Immobilien die Fortführung des Ausgabenplafonds der Armee für die Jahre 2012 bis 2015 beantragt werden.

­

Die budgetären Auswirkungen der Auslagerungen von Leistungen an Dritte zur Entlastung der Logistikbasis der Armee und der Führungsunterstützungsbasis sind zu überprüfen.

­

Zügige und konsequente vorzeitige Ausserdienststellung veralteter Systeme sollen zur Stabilisierung der Betriebsausgaben beitragen.

3.10

Infrastruktur

Die Armee verfügt über eine umfangreiche Infrastruktur für Führung, Kampf, Logistik, Ausbildung und Verwaltung. Der grosse Bestand an Immobilien wurde seit 2005 im Kernbestand41 beträchtlich reduziert. Als Folge davon wuchs der Dispositionsbestand an, weil die Immobilien meist ausserhalb der Bauzone liegen und deshalb nur schwer zu veräussern sind.

Die Armee hat nicht mehr genügend finanzielle Mittel, um die benutzten Immobilien zu sanieren und instandzuhalten. Mit Finanzumlagerungen können die grössten Mängel behoben werden. Längerfristig muss der Immobilienbedarf und -bestand weiter verringert werden.

Der Immobilienbestand der Armee ist immer noch zu hoch.

Das Stationierungskonzept der Armee aus dem Jahr 2005 basiert auf dem Bedarf der Armee nach dem Entwicklungsschritt 2008/11. Von den über 26 000 Immobilien, die vor 2005 zum Kernbestand der Armee gehörten, wurde in der Zwischenzeit rund die Hälfte ausgeschieden und stillgelegt, verkauft oder zurückgebaut. Ende 2009 umfasste der Immobilien-Kernbestand der Armee noch ca. 14 000 Objekte mit einem indexierten Neuwert von über 22 Milliarden Franken.

41

Unter Kernbestand versteht man die Immobilien, welche die Armee über 2010 hinaus für Ausbildung, Einsatz und Logistik benötigt. Zum Dispositionsbestand gehören Immobilien, welche die Armee nicht mehr benötigt.

8900

Es besteht ein aufgelaufener Instandhaltungsbedarf.

Die Immobilien für Einsatz, Ausbildung und Logistik sind in unterschiedlichem Zustand, von sehr schlecht bis sehr gut. Für den Immobilien-Kernbestand der Armee besteht ein aufgelaufener Instandhaltungsbedarf von 4,4 Milliarden Franken, plus 0,8 Milliarden Franken Nachholbedarf für den Vollzug gesetzlicher Auflagen. Diese Aufwendungen müssten zusätzlich zur jährlich notwendigen Instandhaltungstranche von 300­400 Millionen Franken geleistet werden.42 Anpassung, Modernisierung und Instandsetzung des bestehenden Immobilienvolumens können unter den gegebenen Umständen nicht finanziert werden.

Dem VBS stehen für Anpassung, Modernisierung und Instandsetzung der Immobilien aller Departementsbereiche jährlich 240­280 Millionen Franken zur Verfügung.

Schon die Gegenüberstellung dieses Betrags mit den genannten Bedürfnissen der Armee belegt das Missverhältnis zwischen erforderlichen und verfügbaren Mitteln.

Im Masterplan 2009 wurde auf Immobilienvorhaben der Armee im Umfang von 175 Millionen Franken verzichtet; trotzdem verbleibt für die Jahre 2012­2016 immer noch eine Finanzierungslücke von 500 Millionen Franken. Dies führt dazu, dass die Bausubstanz bestehender Immobilien Schaden nimmt und bauliche Massnahmen zur Abdeckung veränderter Bedürfnisse oder zur Behebung von Sicherheitsmängeln und Umsetzung gesetzlicher Vorschriften verzögert werden oder dass ganz darauf verzichtet werden muss.

Die Ausserdienststellung von Kampfinfrastruktur und Teilen der Führungsinfrastruktur ist möglich und nötig, verursacht aber zunächst hohe Ausgaben.

Als Folge der veränderten Bedrohungslage ist die Bedeutung der Kampfinfrastruktur (Festungskanonen, Festungsminenwerfer, Sperrstellen und Sprengobjekte) stark gesunken: Moderne Präzisions- und Abstandswaffen haben den Kampfwert dieser Anlagen so stark verringert, dass sie kaum mehr einen wesentlichen Beitrag zur Abwehr eines Gegners leisten könnten. Auf die Kampfinfrastruktur kann darum verzichtet werden. Die Ausserdienststellung verursacht aber erhebliche Ausgaben.

Militärische und zivile Auflagen müssen erfüllt werden. Aus finanziellen Gründen kann deshalb die Ausserdienststellung von Kampfinfrastruktur nur gestaffelt erfolgen. Die Überführung in den Dispositionsbestand kann aus Informationsschutzgründen erst nach
vollständiger Ausserdienststellung des betreffenden Systems vorgenommen werden. Nettoeinsparungen sind erst nach Jahren zu erwarten.

Erkenntnisse Wenn die Armee verkleinert wird, muss auch der Immobilienbestand abnehmen.

Der aufgelaufene Instandhaltungsbedarf, der Nachholbedarf für den Vollzug gesetzlicher Auflagen sowie die jährlich notwendige Instandhaltungstranche erfordern erhebliche zusätzliche Mittel für den Immobilienbereich.

Massnahmen bis 2013 ­

42

2011 und 2012 sollen je 40­50 Millionen Franken von anderen Bereichen der Armee zugunsten des Immobilienbereichs verschoben werden.

Diese Berechnung basiert auf Kennzahlen aus der Immobilienbranche, die von einem jährlichen Instandhaltungsaufwand von 1,5­2 % vom Reprowert (indexierter Wiederbeschaffungswert) einer Immobilie ausgeht.

8901

­

Das Stationierungskonzept der Armee muss erneut angepasst werden.

­

Mit der Ausserdienststellung der Kampfinfrastruktur (15,5-cm-Festungskanone Bison, 12-cm-Festungsminenwerfer, Sperrstellen und Sprengobjekte) wird begonnen.

­

Auf Teile der Führungsinfrastruktur wird verzichtet.

3.11

Führungsunterstützung

Die Führungsunterstützung hat zur Aufgabe, die Führungsfähigkeit der politischen Ebene (Bund, Kantone) und der Armee in allen Lagen und permanent zu gewährleisten. Sie erbringt dazu breitgefächerte und krisenresistente Leistungen in den Bereichen Telekommunikation, Informatik, elektronische Kriegführung, Sensoren (z.B.

für die elektronische Luftraumüberwachung), Kryptologie, lnformationssicherheit, Schutz der Informatik-Infrastruktur und Sprachspezialisten.

Die Systeme sind ungenügend konsolidiert.

Unter Einbezug der Miliz betreibt die Führungsunterstützung ortsfeste und mobile Informations-, Führungs- und Kommunikationssysteme, Rechenzentren, elektronische Sensoren, Sendesysteme und Führungseinrichtungen. Diese Systeme basieren auf unterschiedlichen technischen, betrieblichen und organisatorischen Konzeptionen.

Die Systemvielfalt ist zu gross und hat bezüglich Betrieb und Weiterentwicklung zu wenig Synergiepotenzial. Entsprechend ist der Aufwand für Betrieb, Vernetzung, Schutz und Weiterentwicklung hoch. Das ist der Grund für das gegenwärtige Ungleichgewicht zwischen der geforderten Leistung und den zur Verfügung stehenden Personal- und Finanzressourcen. Eine Reduktion der Systemvielfalt unter Beibehaltung der Leistungsfähigkeit und der Funktionalität ist das Ziel der konsolidierten IKT-Basisinfrastruktur.

Der Schutz und die Ausfallsicherung der Informatik und Telekommunikation sind ungenügend.

Die Benutzerinnen und Benutzer sollen lage-, auftrags- und rollengerecht über eine sichere und geschützte Arbeitsumgebung mit krisenresistenten Telekommunikations-, Informations- und Führungssystemen verfügen. Dazu sollen die Netzwerke sowie Daten- und Rechenzentren wo nötig physisch und betrieblich geschützt und Daten durchgehend verschlüsselt werden können. Hier besteht erheblicher Nachholbedarf, der gleichzeitig mit der Reduktion der Systemvielfalt gedeckt werden soll.

Mit Milizformationen sollen der Betrieb und der Schutz der Netzwerke sichergestellt sowie die Daten- und Rechenzentren zusätzlich gehärtet43 werden.

Bei den elektronischen Operationen besteht ein leistungsfähiger Kern.

Das Zentrum Elektronische Operationen der Armee befasst sich mit Informationen und deren Schutz im elektromagnetischen Raum (drahtlos bzw. funkbasiert) sowie in leitergebundenen Netzwerken. Mit der strategischen Funkaufklärung werden

43

Mit zusätzlichem Aufwand (Personal, bauliche Massnahmen, Redundanzen) werden Objekte vor Zugriffen und Ausfällen geschützt, um die Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit sicherzustellen.

8902

nachrichtendienstlich relevante Informationen für die politische und militärische Führung gewonnen.44 Militärische und zivile Führungs- und Informationssysteme basieren auf permanent verfügbaren, mehrheitlich ortsfesten Netzwerken. Diese müssen geschützt werden, damit die Führungsfähigkeit erhalten oder nach Angriffen rasch wieder erlangt werden kann. Die Koordination mit zivilen Netzpartnern ist dabei zwingend.

Die Berufs- und Milizorganisationen sind derzeit nicht genügend in der Lage, aussergewöhnliche Aktivitäten auf den eigenen Netzen frühzeitig zu erkennen und wirksam darauf zu reagieren. Deshalb wird ein Team von Spezialisten zur Bedrohungsanalyse, zur Überwachung und zum Schutz der armeeeigenen IKT-Basisinfrastruktur aufgebaut.

Erkenntnisse Aufgaben und Zuständigkeiten sind klar zu regeln. Alle im Bereich Verteidigung notwendigen IKT-Leistungen sollen durch einen zentralen Leistungserbringer zur Verfügung gestellt werden, der für die fachtechnische Führung von IKT-Leistungen im Bereich Verteidigung verantwortlich sein soll. Soweit IKT-Systeme anderer Bereiche auf der Infrastruktur der Verteidigung basieren (z.B. Einsatznetz Verteidigung), kann der fachtechnische Führungsanspruch des zentralen Leistungserbringers sich auch auf diese Bereiche erstrecken.

Massnahmen bis 2013 ­

Die geforderten Leistungen müssen im Lichte steigender Bedürfnisse und sinkender Budgets mit den Personal- und Finanzressourcen neu abgestimmt werden.

­

Übergeordnete Konzepte wie Business- und IT-Architektur, Informationsaustausch zwischen den Systemen, Integration verschiedener Systemarbeitsplätze und integrale Sicherheit müssen erarbeitet werden.

­

Die Vielfalt der Systeme soll unter Beibehaltung der Leistungsfähigkeit und der Funktionalität verringert werden.

3.12

Ökologische Rahmenbedingungen

Die Aktivitäten der Armee wirken sich direkt auf die natürlichen Lebensgrundlagen aus. Das VBS hat in den vergangenen 20 Jahren durch den Aufbau des Bereichs Raum und Umwelt und die Ausbildung von Berufs- und Milizkadern sowie der Verwaltung grosse Anstrengungen zum Schutz der natürlichen Ressourcen unternommen. Diese gilt es weiterzuführen.

Die Armee hat dafür gesorgt, dass auf Waffen- und Schiessplätzen wertvolle natürliche Lebensräume erhalten geblieben sind. Sie schützt und pflegt diese Lebensräume und leistet damit einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität. Angesichts knapper Ressourcen ist die Zusammenarbeit mit anderen Bundesstellen und den Kantonen zum Erhalt dieser Lebensräume zu verstärken.

44

Dies erfolgt auf Basis der Verordnung über die elektronische Kriegführung (SR 510.292).

8903

In den nächsten Jahrzehnten stehen umfangreiche Sanierungen bei mit Schwermetall belasteten Böden, bei Abwasserentsorgungssystemen und bei übermässigen Lärmbelastungen an. Diese Massnahmen werden mehrere 100 Millionen Franken kosten.

Die Armee wird namentlich durch die Freisetzung von Schwermetallen in die Umwelt auch weiterhin Folgekosten verursachen. Durch den verstärkten Einbezug von ökologischen Aspekten bei den Lebenswegkosten von Rüstungsgütern, Einsatzund Ausbildungskonzepte sowie die Anpassung des Stationierungskonzeptes der Armee sind die Auswirkungen und deren Folgekosten zu minimieren.

Die Massnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen zwingen auch die Armee, den Energieverbrauch weiter zu senken. Energetische Sanierungen, der Einsatz erneuerbarer Energien und der Einbezug energetischer Aspekte bei der Beschaffung, Nutzung und Ausserdienststellung von Rüstungsgütern werden darum noch wichtiger. Das Energiekonzept VBS wird deshalb auf der Basis von EnergieSchweiz 2011­2020 fortgeführt.

Erkenntnisse Auch die Armee muss ökologische Rahmenbedingungen einhalten. Für die Behebung umfangreicher Altlasten sowie bauliche Sanierungen muss mit einem hohen finanziellen Aufwand gerechnet werden, was dazu beiträgt, dass die Betriebsausgaben zulasten der Investitionen steigen.

Massnahmen bis 2013 ­

Die Umweltausbildung in Armee und Verwaltung wird weitergeführt.

­

Die prioritären umweltrechtlichen Sanierungen werden umgesetzt.

­

Das Energiekonzept des VBS wird fortgeführt.

­

Bei der Anpassung des Stationierungskonzeptes der Armee werden ökologische Aspekte berücksichtigt.

3.13

Konsequenzen für die Weiterentwicklung der Armee

In diesem Bericht über den Stand der Armee wurden vor allem Probleme beleuchtet.

Das ist nicht das ganze Bild, aber es sind jene Elemente, die besondere Aufmerksamkeit und Anstrengungen verlangen. Für die Weiterentwicklung der Armee sind insbesondere folgende Aspekte zu beachten: ­

Leistungen und Ressourcen müssen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.

­

Das Leistungsprofil, die materielle Ausstattung von Formationen sowie die Doktrin müssen aufeinander abgestimmt sein.

­

Die Erhaltung und Weiterentwicklung der Verteidigungskompetenz muss auf eine aktualisierte Doktrin abgestützt werden.

­

Die Fähigkeit zur vernetzten Operationsführung ist, soweit für die Erbringung der Leistungen notwendig oder angezeigt, zu realisieren.

­

Wenn die Armee verkleinert wird, müssen auch Truppenkörper und Formationen aufgehoben werden.

8904

­

Die Strukturen (Stäbe, Formationen) sind auf einen kleineren Bedarf an Kadern und Spezialisten auszurichten, damit sie personell alimentiert werden können.

­

Die Vereinbarkeit von militärischem und zivilem Engagement soll verbessert werden, und es sollen Anreize für Ausbildungsdienste geschaffen werden, um die geordnete Erbringung der Dienstleistungen durch die Miliz zu fördern.

­

Für Leistungen, die aus Sicherheits- oder Effizienzgründen intern zu erbringen sind, ist Personal anzustellen, auch wenn dies eine Erhöhung des Personalbudgets erfordert.

­

Zur Senkung der Anzahl Diensttage soll eine Anpassung des Ausbildungsund Dienstleistungsmodells geprüft werden (Dauer der Grundausbildung für einzelne Truppengattungen und Anzahl der Wiederholungskurse).

­

Anstelle der Multifunktionalität soll bei der Weiterentwicklung der Armee grundsätzlich die Spezialisierung angestrebt werden.

­

Bei der Anpassung des Stationierungskonzeptes der Armee ist der Immobilienbestand an das Leistungsprofil anzupassen und eine Konzentration der Ausbildungsinfrastruktur zu prüfen.

3.14

Vergleich mit anderen Streitkräften

3.14.1

Quantitativer Vergleich

4.00 3.50 3.00 2.50 2.00 1.50 1.00 0.50

Schweiz

Deutschland

Frankreich

Schweden

Oesterreich

Finnland

2009

2008

2007

2006

2005

2004

2003

2002

2001

2000

1999

1998

1997

1996

1995

1994

1993

1992

1991

1990

0.00

Italien

Ausgaben für die Landesverteidigung in % des Bruttoinlandprodukts

8905

280 134 817 133 87 ­ 47

Angehörige der Armee im Auslandeinsatz

Einsatzbereite Kampfpanzer

Weitere gepanzerte Kampffahrzeuge (Rad und Raupe)

Einsatzbereite moderne Panzerhaubitzen

Kampfflugzeuge52

Kampfhelikopter

Transporthelikopter

196

202

352

63

1611

238

136

305

101

689

262

6770

880050 226

347 500

252 500

1,40

48,2

D

350 000

350 000

2,10

48,8

F

425

59

198

104

1508

159

9300

305 000

305 000

1,40

29,9

I

53

­

15

55

578

114

930

45 000

8906

48

­

28

­

62

126 150

666 ­51

100 1241

280

400

350 000

50 00049 790

41 000

1,63

4,1

FIN

18 500

1,4047

45 000

6,2

0,8047

S

3,2

A

Landesverteidigung umfasst die militärische Landesverteidigung zuzüglich Bundesamt für Bevölkerungsschutz (102 Mio. Fr.).

In dieser Zahl sind die Leistungen der Arbeitgeber für die Lohnfortzahlungen nicht enthalten.

im Jahr 2008 entspricht durchschnittlicher Präsenz von Armeeangehörigen (Gesamtzahl der Diensttage geteilt durch 365).

aufgrund der Aussetzung der Wehrpflicht ohne ständige Stationierungen im Ausland (rund 20 000 Personen) Die Beschaffung von 24 neuen Artilleriesystemen vom Typ Archer ist vorgesehen.

ohne die (teilweise substanziellen) Mittel der Marineflieger

220 000

Gesamtbestand der Armee (Mobilmachung)

45 46 47 48 49 50 51 52

18

00048

0,84

4,546

CH

Gesamtbestand der Armee

Ausgaben für Landesverteidigung 2009 als Anteil am BIP (in %)

Ausgaben für Landesverteidigung 2009 in Mrd.

Fr.45

Ausgaben für Landesverteidigung, Armeebestand, Hauptwaffensysteme

3.14.2

Qualitative Beurteilung

Die Streitkräfte als Instrument der Sicherheitspolitik In der sicherheitspolitischen Diskussion ist es in der Schweiz üblich, Vergleiche mit den Nachbarländern sowie mit den allianzfreien beziehungsweise neutralen Staaten Finnland, Schweden und Österreich vorzunehmen. Innerhalb des europäischen Umfelds setzen diese Länder in ihrer Sicherheitspolitik unterschiedliche Akzente.

Unterschiede ergeben sich aus der Grösse der Länder, ihrer Lage und ihren sicherheitspolitischen Ambitionen, Zielen und Strategien. Gemeinsam ist allen, dass sie nach dem Ende des Kalten Krieges neu definiert haben, wozu sie ihre Streitkräfte einsetzen wollen. Es ging darum, das Verhältnis zwischen drei Bereichen festzulegen: Abwehr eines militärischen Angriffes auf das eigene Staatsgebiet, Unterstützung der Sicherheitsorgane im Innern und Auslandeinsätze zur Krisenbewältigung.

Alle Länder haben ihr Auslandengagement gesteigert und ihre Streitkräfte stärker auf Auslandeinsätze ausgerichtet (Aufbau von Krisenreaktionskräften, Stärkung der Interoperabilität, Abbau der Territorialverteidigung). Sie behalten aber Kernfähigkeiten wie das Gefecht der verbundenen Waffen und die teilstreitkräfteübergreifende Zusammenarbeit am Boden, zu Wasser und in der Luft bei,53 zumal auch nichtstaatliche Gruppierungen moderne Führungs- und Waffensysteme einsetzen könnten.54 Die Verbände sind modular aufgebaut, damit sie über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, um flexibel eingesetzt zu werden. Wie weit Streitkräfte in der inneren Sicherheit zum Einsatz kommen, ist unterschiedlich und hängt von Staatsaufbau, Struktur der Polizei- und Streitkräfte und der nationalen Rechtsordnung ab. Änderungen des Wehrmodells und Rüstungsbeschaffungen sind vor diesem Hintergrund zu sehen. Sie waren und sind überall zugleich Gegenstand von sicherheitspolitischen Überlegungen und von innenpolitischen Debatten.

Territorialverteidigung Die Verteidigung des Staatsgebietes gegen einen militärischen Angriff wird in Finnland wegen der geografischen Lage als Aufgabe der eigenen Streitkräfte gesehen.

Frankreich, Deutschland und Italien sind im Rahmen der Nato zu gegenseitiger Hilfeleistung im Angriffsfall verpflichtet. Mit dem Lissabonner Vertrag der Europäischen Union wird die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik gestärkt.

Die Vertragspartner (darunter
auch Österreich, Schweden und Finnland) verpflichten sich ebenfalls zu gegenseitigem Beistand im Falle eines militärischen Angriffs oder von Terroranschlägen, ohne dass der EU die Rolle eines eigenständigen Verteidigungsbündnisses zukommt. Diese bleibt ­ für Länder, die zugleich Nato- und EU-Mitglied sind ­ der Nato vorbehalten.

Finnland und Schweden verstärken ihre Zusammenarbeit in der Militärkooperation der nordischen Staaten ebenso wie mit der Nato, beispielsweise in Form von gemeinsamer Ausbildung für rasch einsetzbare militärische Krisenreaktionskräfte.

Die Territorialverteidigung hat mit Ausnahme Finnlands für keinen der betrachteten Staaten mehr die höchste Priorität.

53

54

Die meisten europäischen Streitkräfte verfügen weiterhin über mindestens zwei schwere terrestrische Verbände (mechanisierte Brigaden oder Panzerbrigaden) und die entsprechenden Unterstützungsmittel auf dem Boden und in der Luft.

z.B. Cruise Missiles, bewaffnete Helikopter und Leichtflugzeuge, Einmann-Fliegerabwehrlenkwaffen.

8907

Entwicklung der Verteidigungsbudgets Seit dem Ende des Kalten Krieges haben die Verteidigungsbemühungen abgenommen. Der Vergleich zeigt aber deutliche Unterschiede. Österreich, Finnland und Schweden kürzten ihre Budgets parallel zu ihrer verstärkten Integration via EU.

Deutschland, Italien und Frankreich haben ihre Verteidigungsausgaben ebenfalls stark reduziert, diese bleiben jedoch mit 20 bis 35 Milliarden Euro auf einem hohen Niveau. Dies gilt insbesondere für Frankreich, das weiterhin beabsichtigt, zu Lande, auf See und in der Luft substanzielle Einsatzkräfte beizubehalten. Dagegen ist bei den anderen Staaten eine Tendenz erkennbar, sich im Bündnisrahmen auf NischenKapazitäten zu konzentrieren. Zusätzlich hebt sich Frankreich auch durch den politischen Willen ab, eine unabhängige Nuklearmacht zu bleiben, was rund 20 Prozent des Verteidigungsbudgets absorbiert.

Die Streitkräfte und ihre Verankerung in der Gesellschaft (Wehrmodell) Unter den betrachten Ländern, wie auch generell in Europa, läuft der Trend eher in Richtung Berufsarmee. Für Italien und Frankreich, die sich für eine Berufsarmee entschieden haben, steht eine Rückkehr zur Wehrpflicht ausser Frage. In Deutschland besteht die Wehrpflicht; sie soll aber ab 2011 ausgesetzt werden. Schon heute verfügt die deutsche Armee über eine grosse Berufskomponente, welche die meisten Einsätze bewältigt. In Schweden wurde die Wehrpflicht kürzlich suspendiert, und auch in Österreich werden Diskussionen über die Wehrpflicht geführt. Einzig in Finnland sind keine Anzeichen für einen Systemwechsel erkennbar. Die Berufsarmeen haben mit Personalschwierigkeiten zu kämpfen, aber in der aktuellen Wirtschaftslage scheint die Rekrutierung von Streitkräften sichergestellt. Jedoch muss in vielen Fällen neben der Vermittlung einer militärischen Grundausbildung auch das Niveau an Allgemein- und Schulbildung angehoben werden.

Streitkräfteentwicklung (Schaffung von rasch im Ausland einsetzbaren Kontingenten) Für die Mehrzahl der betrachteten Staaten sind Kapazitäten zur Friedensförderung von zentraler Bedeutung. Auslandeinsätze spielen, obwohl sie kaum planbar sind, eine wichtige Rolle. Dabei steht die rasche Verlegefähigkeit robuster Truppen im Fokus. Dank dieser Fähigkeit soll in einem Krisengebiet durch rechtzeitiges Eingreifen eine Verschlechterung der Situation
verhindert werden. Dies führt im Falle von Schweden dazu, dass die Beteiligung an der Nordic Battle Group ­ einer multinationalen, für Auslandeinsätze geschaffenen Eingreiftruppe ­ als verteidigungspolitische Priorität die Weiterentwicklung der Streitkräfte nachhaltig beeinflusst.

In der inneren Sicherheit ist eine steigende Bereitschaft erkennbar, Streitkräfte für die zivilen Behörden einzusetzen. So ist in Frankreich vorgesehen, jederzeit 10 000 Streitkräfteangehörige einsetzen zu können. In Italien werden die Streitkräfte traditionell häufig im Inneren eingesetzt. Auch in Österreich wird die Armee für Aufgaben in der inneren Sicherheit eingesetzt, z.B. zum Grenzschutz. In Deutschland sind dem Einsatz der Bundeswehr im Innern rechtliche Schranken gesetzt, er bleibt aber möglich, wie der Einsatz anlässlich der Fussballweltmeisterschaft 2006 gezeigt hat.

In Schweden wird die Nationalgarde im Landesinnern eingesetzt, und in Finnland sind subsidiäre Einsätze in eingeschränktem Ausmass möglich.

8908

4

Bedrohungen, Gefahren und Konsequenzen für die Armee

Die Schweiz ist mit einer breiten Palette von Bedrohungen und Gefahren mit unterschiedlichen Eintretenswahrscheinlichkeiten und potenziellen Auswirkungen konfrontiert. Im Hinblick auf die Bewältigung der wahrscheinlicheren Herausforderungen leistet die Armee vor allem subsidiäre Unterstützung der zivilen Behörden zum Schutz von Objekten und in der Katastrophenhilfe. Ein militärischer Angriff ist auf absehbare Zeit unwahrscheinlich, wäre aber die folgenschwerste Bedrohung für die Schweiz. Deshalb muss die Armee die Verteidigungskompetenz erhalten und weiterentwickeln. Sie trägt auch mit der Förderung des internationalen Friedens zur Sicherheit bei. Für die effiziente Erfüllung aller Armeeaufgaben wird an der abgestuften Bereitschaft festgehalten; für Teile des Leistungsprofils soll sie aber optimiert werden.

4.1

Kontext aus militärischer Sicht

Staaten sind wegen der Globalisierung, der Mobilität von Personen und Gütern, der unkontrollierbaren Informationsflüsse, der technologischen Entwicklung und der Ressourcenabhängigkeit verletzbarer geworden. Ereignisse wirken sich heute rascher und weniger vorhersehbar auf Staaten und Gesellschaften aus. In einem solchen vernetzten und durchlässigen Umfeld sind Antizipation und Prävention besonders wichtig, und dazu braucht es Zusammenarbeit auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene.

Nichtstaatliche, teilweise global wirkende Akteure mit politischen, religiösen, terroristischen oder kriminellen Absichten richten ihre Gewalt weniger gegen Staaten als gegen Gesellschaften und deren Werte. Die Weiterverbreitung hochentwickelter Waffensysteme führt dazu, dass auch nichtstaatliche Gruppierungen in den Besitz von Waffen gelangen können, die man eigentlich nur im Besitz von Staaten erwarten würde.

Eine Kernaufgabe des Staates ist es, das rechtsstaatliche Gewaltmonopol mit Justiz, Polizei und Armee sicherzustellen. Immer häufiger sind Staaten dazu nicht mehr fähig und verlieren die Kontrolle über ihr Territorium. Das Gewaltmonopol wird dann von nichtstaatlichen Akteuren unterlaufen, mit negativen Folgen für die nationale und internationale Sicherheit. Wenn ein Staat private Akteure mit sicherheitsrelevanten Aufgaben beauftragt, gilt es, diesen Einsatz präzise zu regeln. Nur in gescheiterten Staaten üben private Akteure staatliche Funktionen aus, ohne einen entsprechenden Auftrag erhalten zu haben.

Bewaffnete Konflikte ausserhalb Europas sind eine Realität. Sie können die Sicherheitslage der Schweiz beeinträchtigen, z.B. durch die Gefährdung von Schweizer Interessen vor Ort, durch Störungen der Versorgung, durch die Erhöhung des Risikos von Terroranschlägen auch in unbeteiligten Staaten und durch Migrationsströme. Weltweit wurden 2008 rund 1500 Milliarden Dollar für Verteidigung ausgegeben, was bei den 100 grössten Rüstungsunternehmen über 400 Milliarden Dollar Umsatz auslöste.

8909

4.2

Veranschaulichung von Bedrohungen und Gefahren

Im Folgenden wird aufgezeigt, bei welchen Bedrohungen und Gefahren55 die Armee welche Leistungen erbringen muss. Angelehnt an die Überlegungen im sicherheitspolitischen Bericht werden die Bedrohungen und Gefahren illustriert, von denen eine mittlere oder hohe Eintretenswahrscheinlichkeit angenommen wird und zu deren Bewältigung die Armee einen wesentlichen Beitrag leisten kann.

4.2.1

Katastrophen

Natur- und zivilisationsbedingte Katastrophen sind ständige Gefahren, mit lokalen, regionalen oder nationalen Auswirkungen. Dazu zählen starke Niederschläge, Hochwasser, Murgänge, Dürre, Waldbrände und Erdbeben. Zu den zivilisationsbedingten Katastrophen gehören Grossunfälle, Explosionen, Brände und Abstürze von Flugzeugen oder Satelliten.

Die durch Katastrophen möglicherweise stark veränderte Umwelt erschwert die Orientierung und die Mobilität der betroffenen Bevölkerung und der Rettungskräfte.

Selbst Anfahrtswege zu den Schadensplätzen sind unter Umständen schwierig passierbar. Die Bevölkerung kann schwer betroffen sein, was im Extremfall zu Panik führen kann. Kommunikations- und Verkehrsnetze können kurz- bis mittelfristig unterbrochen werden. Produktionseinrichtungen können zerstört sein und allenfalls weitere Gefahren für Mensch und Umwelt verursachen. Nahrungsmittel und Trinkwasser können fehlen; auch Plünderungen, besonders nach Evakuierungen, sind nicht auszuschliessen.56 Alle europäischen Staaten können militärische Mittel zur Verfügung stellen, um die zivilen Behörden zu unterstützen. Militärische Katastrophenhilfskräfte können in der Regel auch weltweit eingesetzt werden. Die Schweiz hat mit allen Nachbarstaaten Abkommen getroffen, welche die rechtlichen Grundlagen der militärischen Katastrophenhilfe im Grenzraum regeln Die Armee leistet mit ihren Einsätzen im Fall von Katastrophen einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Resilienz57 unserer Gesellschaft.

4.2.2

Ereignisse im Ausland mit Auswirkungen auf die Schweiz

Die Staatenordnung ist in beträchtlichen Teilen der Welt herausgefordert, zusammengebrochen oder nie wirklich zustande gekommen. Die internationale Gemeinschaft engagiert sich, um Staaten zu stützen und um zu verhindern, dass Staaten 55

56

57

Bedrohung setzt einen Willen voraus, die Schweiz oder ihre Interessen zu schädigen oder zumindest eine solche Schädigung in Kauf zu nehmen. Gefahr setzt keinen Willen zur Schädigung voraus (z.B. Naturgefahren und technische Gefahren).

Nach dem Erdbeben in Chile vom März 2010 (Stärke von 8,8) wurden rund 10 000 Soldaten in die betroffenen Regionen entsandt, um hauptsächlich die öffentliche Ordnung mit robusten Mitteln sicherzustellen.

Unter Resilienz versteht man die Fähigkeit eines Systems oder einer Gesellschaft, eine plötzliche Katastrophe oder Krise rasch zu bewältigen und die Funktions- und Handlungsfähigkeit rasch wieder herzustellen.

8910

scheitern.58 Infolge des Zusammenbruchs staatlicher Strukturen entstehen Gebiete, die ausserhalb der internationalen Ordnung stehen, kaum regierbar sind und in die sich bewaffnete Gruppen und terroristische Organisationen zurückziehen können.

Der Wegfall des staatlichen Gewaltmonopols und jeglicher Rechtsordnung, eine desolate Wirtschaftslage, Kriminalität, Repression und Korruption sind charakteristisch für solche Gebiete. Folgeerscheinungen sind die Ausbreitung von Terrorismus, Störungen des Wirtschaftsverkehrs und Flüchtlingsbewegungen mit Auswirkungen bis in die Schweiz.

Die Armee kann auch im Ausland eingesetzt werden, wenn sicherheitspolitische Interessen der Schweiz tangiert werden. Sie kann zur Sicherheit und Stabilisierung der Lage vor Ort beitragen und so mithelfen, die direkten oder indirekten Folgen auf die Schweiz zu verringern. Während das unmittelbare Umfeld der Schweiz derzeit sicher und stabil ist, gibt es an der Peripherie Europas und auf anderen Kontinenten zahlreiche Konfliktherde.

Die Schweiz unterstützt die Instrumente, die von der internationalen Staatengemeinschaft entwickelt werden, um Zerfallsprozessen entgegenzuwirken und Konfliktherde einzudämmen oder zu verhindern. Die Massnahmen reichen von Programmen der Demilitarisierung, vom Aufbau regulärer Polizeitruppen und militärischer Einheiten bis zur Errichtung demokratischer Strukturen. Die Armee kann Sicherheit, Stabilität und Frieden im Ausland auf mehrere Arten fördern, durch Prävention (z.B.

Kontrolle, dass Abkommen konsequent umgesetzt werden, Militärbeobachter), durch Wiederherstellung von Sicherheit und Stabilität (z.B. Kontingente für Friedensförderung, humanitäre Minenräumung) oder durch Konfliktnachsorge (Reform des Sicherheitssektors, Lagersicherheit und Abbau von Überschüssen im Bereich von Kleinwaffen und konventioneller Munition). Die Verbesserung der Sicherheitslage ist oft eine Voraussetzung dafür, dass der Wiederaufbau der staatlichen Ordnung und der Infrastruktur überhaupt mit Aussicht auf Erfolg angegangen werden kann. Damit Einzelpersonen, Kleindetachemente und Kontingente eingesetzt werden können, braucht es auch Organe für die Führung, inkl. Nachrichtenbeschaffung und -auswertung, für die Logistik, die Wiederherstellung der Basisinfrastruktur sowie den Lufttransport. In allen Bereichen sind vor
allem hochwertige Beiträge gefragt, an denen Mangel besteht oder die dank der schweizerischen Herkunft (Neutralität, keine koloniale Vergangenheit) hohe Akzeptanz haben.

4.2.3

Nötigung oder Erpressung

Nötigung oder Erpressung ist eine sicherheitspolitische Bedrohung mit hoher Wahrscheinlichkeit. Sie kann ihren Ursprung im In- oder Ausland haben. Auch mit geringem Potenzial kann massiver Schaden bewirkt werden. Durch Aktionen gegen Personen, Informatikinfrastrukturen, Transportmittel wie Schiffe oder Schweizer Vertretungen im In- und Ausland können die Sicherheit und weitere Interessen der Schweiz gefährdet werden. Die Bewältigung solcher Ereignisse ist in erster Linie eine Sache der zivilen sicherheitspolitischen Instrumente, vor allem der Aussen- und Wirtschaftspolitik und der Polizei. Aber die Armee kann einen Beitrag leisten; sie 58

Das Phänomen gescheiterter Staaten lässt sich durch interne und externe Faktoren erklären, wie willkürlich und künstlich gezogene Grenzen, ethnische Spannungen, Ausbeutung und soziale Ungleichheit.

8911

kann z.B. Mittel zur Verfügung stellen, um Schutz- oder Transportaufgaben zu Land, zu Wasser und in der Luft zu übernehmen. Generell gilt: Je schwerwiegender ein Ereignis für die Sicherheit der Schweiz ist, umso grösser ist die Rolle der Armee in seiner Bewältigung.

Es sind auch umfangreichere Aktionen auf schweizerischem Territorium denkbar, die durchgeführt werden, um die Moral der Bevölkerung zu treffen, Unsicherheit zu verbreiten und die Behörden zu diskreditieren (u.a. durch Informationsoperationen).

Medienwirksame Aktionen wie ein Anschlag physischer oder elektronischer Art gegen ein Regierungsgebäude, Geiselnahmen von nationalen Führungspersönlichkeiten oder ein Flugzeugabsturz auf ein Gebäude einer internationalen Organisation wären mögliche Beispiele. Die Armee könnte in solchen Fällen rasch eingesetzt werden, um z.B. den Luftpolizeidienst zu intensivieren oder Objekte wie Kernkraftwerke, Bahnhöfe, Flughäfen und weitere Kernelemente der nationalen Infrastruktur mit Bodentruppen oder bodengestützten Luftverteidigungsmitteln zu schützen sowie Verkehrsachsen offen zu halten und damit die zivilen Polizeikräfte zu unterstützen.

Im Extremfall könnte sich eine solche Bedrohung bis zu einem indirekten Krieg gegen die Schweiz entwickeln, wenn etwa ein nichtstaatlicher Akteur von einem anderen Staat unterstützt und dadurch in die Lage versetzt würde, vielfältige Mittel und moderne Waffen einzusetzen. Aktionen könnten in diesem Fall sowohl gegen zivile wie gegen militärische Ziele (z.B. Führungseinrichtungen, Einrichtungen der Luftwaffe, logistische Einrichtungen) gerichtet sein. Die Schweiz könnte in einem solchen Fall auch mit Massenvernichtungswaffen oder durch Chemieanschläge bedroht werden, die aus der Ferne (durch Luftfahrzeuge oder Fernwaffen) oder vor Ort («schmutzige Bombe»59) eingesetzt würden.

4.3

Abwehr eines militärischen Angriffs

Ein militärischer Angriff wäre die folgenschwerste Bedrohung der Schweiz, denn die Unabhängigkeit und Unversehrtheit des Landes wäre dadurch unmittelbar gefährdet. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines militärischen Angriffs gegen die Schweiz auf absehbare Zeit gering ist, müssen wegen der existentiellen Auswirkungen die Fähigkeiten zur konventionellen Verteidigung aufrechterhalten werden.

4.4

Verwundbarkeit der Schweiz und Leistungen der Armee

Aufgrund der im sicherheitspolitischen Bericht analysierten Bedrohungen und Gefahren sowie Verwundbarkeiten werden mögliche Leistungen der Armee abgeleitet.

59

«Dirty Bomb» (auch radiologische Waffe): konventioneller Sprengsatz, der bei seiner Explosion radioaktives Material in die Umgebung freisetzt. Anders als bei einem Nuklearsprengkopf findet bei der Explosion keine Kernspaltung oder Kernfusion statt.

8912

Bedrohungen und Gefahren

Verwundbarkeiten

Direkte Gefahren und Bedrohungen ­ Natur- und zivilisationsbedingte Katastrophen und Notlagen ­ Versorgungsstörungen in Folge von Konflikten ­ Militärischer Angriff ­ Nötigung mit wirtschaftlichen Mitteln ­ Angriffe auf die Informatik-Infrastruktur ­ Verbotener Nachrichtendienst ­ Terrorismus (politisch motiviert, zivile Akteure) ­ Extremismus ­ Organisiertes Verbrechen ­ Gewalt gegen Leib und Leben

­ Gesamte Verkehrsinfrastruktur (Flughäfen, Bahnhöfe, Bahnlinien, Strassen, Brücken, Tunnels) ­ Energieproduktions-, Energiespeicher- und Energieverteilanlagen wie Kraftwerke, Staudämme und Hochspannungsnetze ­ Telekommunikations- und Sendeanlagen, z.B. Radio, Fernsehen, Mobilfunk ­ Grosse Rechenzentren und Serversysteme ­ Elektronischer Zahlungsverkehr ­ Zentrale Verkehrssteuerungsanlagen (für Bahn, Strasse und Luft) ­ Telekommunikationsnetze mit Zugriffsmöglichkeiten auf schützenswerte Daten ­ Zivile Logistikzentren ­ Zugang zu Rohstoffen (Energieträger und Nahrungsmittel) ­ Gesundheitliche Verwundbarkeit, z.B. Pandemien ­ Vergiftung, Verstrahlung oder Verseuchung durch chemische, radioaktive oder biologische Mittel ­ Armeeeigene Infrastruktur ­ Infrastruktur des Sicherheitsverbundes Schweiz

Indirekte Gefahren und Bedrohungen ­ Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägersystemen ­ Zerfall staatlicher Strukturen («failed states») ­ Migrationsprobleme (Politikbereich Ausländerpolitik) ­ Klimawandel (Politikbereich Umweltpolitik) ­ Pandemien (Politikbereich Gesundheitspolitik)

schützen

helfen

Mögliche Leistung der Armee

Zeit/Dauer

­ Wahrung der Lufthoheit ­ Beitrag zur Antizipation und Frühwarnfähigkeit der Nachrichtendienste ­ Schutz der Netzwerke der Armee

permanent

­ ­ ­ ­ ­ ­

innert Stunden/ Tagen während Wochen/ Monaten

Mobilität; Transportleistung zu Land und in der Luft Schutz und Sicherung von Personen, Räumen und Objekten Ausbau krisenresistenter Führung und Führungsinfrastruktur Aufklärung aus der Luft Einsatz von Spezialkräften oder Spezialisten Schutz der eigenen Informatik-Infrastruktur

­ Suche und Rettung, Katastrophenhilfe

sofort, innert Stunden während Tagen

8913

Mögliche Leistung der Armee

Zeit/Dauer

helfen

­ Bereitstellung von Informations- und Kommunikationsmitteln ­ Aufbau temporärer Infrastruktur ­ Verteilung von Gütern ­ Erkunden, Aufklären, Evakuieren aus der Luft ­ Aufspüren und Analysieren radioaktiver, chemischer oder bakteriologischer Mittel sowie Eindämmen von Seuchen inkl. Säubern ­ Unterstützung des zivilen Sanitätsdienstes ­ Entsenden von Katastrophenhilfe-Spezialisten, von Luftoder Bodentransportmitteln ­ Friedensförderungseinsatz mit Einzelpersonen, Kleindetachementen oder Kontingenten ­ Unterstützung humanitärer Hilfeleistung

innert Stunden/Tagen während Wochen/ Monaten

kämpfen

­ Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz permanent Verteidigung ­ Einsatz von Teilen des Verteidigungskerns als operative Reserve ­ Einsatz von Spezialkräften ­ Aufwuchs zur vollständigen Verteidigungsfähigkeit

4.5

Jahre

Konsequenzen für die Armee

Handeln im Rahmen eines gesamtheitlichen Ansatzes Die sicherheitspolitischen Instrumente sind angesichts der Komplexität heutiger sicherheitsrelevanter Herausforderungen kaum in der Lage, selbständig ­ d.h. ohne gegenseitige Unterstützung ­ effiziente und wirksame Antworten auf die Bedrohungen und Gefahren zu geben. Sie sind für praktisch alle Einsätze auf Zusammenarbeit mit nationalen und/oder internationalen Partnern angewiesen. Unter einem gesamtheitlichen Ansatz versteht man die umfassende Anwendung aller staatlichen (und allenfalls auch nichtstaatlichen) Mittel und Instrumente zur Erreichung der strategischen Ziele.

Wachsende Bedeutung der Antizipation Ein übergeordnetes Risiko für die Sicherheit der Schweiz besteht darin, dass sich das Umfeld schneller ändert, als die Schweiz als Reaktion darauf die notwendigen Fähigkeiten und Mittel erwerben kann. Deshalb müssen Lageveränderungen im Auge behalten und beurteilt werden, insbesondere vom Nachrichtendienst. Das heisst, dass Frühwarnfähigkeiten in Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Partnern verstärkt werden müssen. Die Nachrichtendienste müssen fähig sein, der politischen Führung und der Armeeführung wesentliche Nachrichten rechtzeitig zur Kenntnis zu bringen.

Leistungen für laufende und wahrscheinliche Einsätze Die Erfüllung laufender und wahrscheinlicher Einsätze im In- und Ausland ist von zentraler Bedeutung. Die quantitativ und qualitativ auftragsgerechte Vorbereitung, 8914

Ausbildung, Ausrüstung sowie Ablösung der eingesetzten Formationen ist für die Leistungserfüllung wesentlich und damit auch für die Wahrnehmung durch nationale und internationale Partner.

Schutz des Luftraumes Die Luftwaffe stellt mit luft- und bodengestützten Systemen und Abwehrmassnahmen gegen Abstandswaffen den Schutz des Luftraumes sicher. Dazu braucht es quantitativ und qualitativ ausreichende Mittel. Interventionen verlangen nach eingeübter internationaler Zusammenarbeit (bilaterale Luftpolizeiabkommen, multilaterale Luftlagebilder).

Schutz vor elektronischen Bedrohungen Um die Funktionsfähigkeit eines modernen Staates sicherzustellen, muss der Schutz des elektromagnetischen Raumes in allen Lagen gewährleistet sein, besonders auch der Schutz der zivilen und militärischen Führungssysteme. Im Fall eines elektromagnetischen Angriffs muss ihre Einsatzfähigkeit rasch wieder hergestellt werden können. Dazu sind militärische Mittel bereitzustellen, und ihr Einsatz ist mit zivilen Mitteln zu koordinieren. Interventionen verlangen auch hier nach eingeübter nationaler und internationaler Zusammenarbeit.

Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung Eine Milizarmee, die zum Verteidigungskampf fähig ist, kann flexibel eingesetzt werden. Sie kann auch die zivilen Behörden unterstützen und Beiträge zur Friedensförderung leisten. In Bezug auf die Kernkompetenz Verteidigung geht es darum, die für die Führung des Gefechts der verbundenen Waffen benötigten Fähigkeiten aufzubauen, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dazu braucht es ein Gesamtsystem, in dem Führungs- und Führungsunterstützungsmittel, Aufklärungs- sowie Kampf- und Kampfunterstützungsmittel am Boden und in der Luft vernetzt sind.

Dieses Gesamtsystem muss auch als operative Reserve zur Unterstützung der zivilen Behörden dienen. Aufgrund einer realistischen Risikobeurteilung und der Ressourcensituation ist es zurzeit durchaus verantwortbar, die Bereitschaft zur Abwehr eines militärischen Angriffs überall dort zu reduzieren, wo dies die Wiedererlangung der vollen Verteidigungsfähigkeit nicht gefährdet. Will man die strategische Handlungsfähigkeit erhalten, muss aber eine Verteidigungskompetenz bewahrt werden.

Ergänzung des Systems der abgestuften Bereitschaft Die Analyse der Bedrohungen und Gefahren zeigt, dass die Armee nicht
alle Leistungen innerhalb derselben Frist erbringen muss. Subsidiäre Einsätze müssen innert Stunden (wie z.B. Katastrophenhilfe) oder Tagen (wie z.B. Schutz und Sicherung von Personen und Objekten) erbracht werden können. Grössere und vor allem weniger wahrscheinliche Einsätze erfordern eine längere Vorbereitungszeit. Die abgestufte Bereitschaft wird durch Berufsformationen,60 Durchdiener sowie für einzelne Truppen durch massgeschneiderte Dienstleistungsmodelle sichergestellt. Um das Leistungsprofil in besonderen Lagen abzudecken, sollen darauf vorbereitete Milizverbände in erhöhte Bereitschaft versetzt und bei Bedarf als operative Reserve eingesetzt werden können.

60

Militärisches und ziviles (Berufs-)Personal

8915

Durchhaltefähigkeit Dauer und Umfang von Krisensituationen sind nicht voraussehbar. Bei der Durchhaltefähigkeit der Armee als Ganzes (Personal und Material) sind nicht nur militärische, sondern auch wirtschaftliche und soziale Faktoren (Ablösungen) zu beachten.

Fähigkeitsorientierte Streitkräfteplanung Vor dem Hintergrund des heutigen, sich stetig wandelnden sicherheitspolitischen Umfelds muss sich die Armee auf ein breites Spektrum möglicher Bedrohungen und Gefahren vorbereiten und über die Fähigkeiten verfügen, sicherheitsrelevanten Herausforderungen unterschiedlichster Art entgegenzuwirken. Bei der Streitkräfteplanung bedingt dies einen fähigkeitsorientierten Ansatz. Um die Funktionsfähigkeit einer Armee sicherzustellen, sind Fähigkeiten in folgenden Bereichen notwendig: Führung, Nachrichtendienst, Wirksamkeit im Einsatz, Mobilität, Überleben und Schutz, Unterstützung und Durchhaltefähigkeit.

Internationale Zusammenarbeit Im Rahmen des gesamtheitlichen Ansatzes kommt der Fähigkeit zur Zusammenarbeit wesentliche Bedeutung zu. Die nationale Kooperation soll im Rahmen des Sicherheitsverbundes Schweiz intensiviert werden. Die internationale Zusammenarbeit umfasst vier Gebiete: Ausbildung (Zugang zu Ausbildungskursen, Trainings, die in der Schweiz nicht realisierbar sind, wie Nacht-, Tief- und Überschallflüge); Rüstungsbeschaffung (ein erheblicher Teil der Ausrüstung und Bewaffnung wird nicht in der Schweiz hergestellt); Friedensförderung und die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen (die Schweiz leistet beides immer im Verbund mit anderen Staaten und internationalen Organisationen). Verlässliche Zusammenarbeitsfähigkeit erhöht die politische und militärische Handlungsfreiheit, indem von Fall zu Fall die geeigneten Partner beigezogen werden können. Kooperation ist nur dann realistisch, wenn sie für alle Partner von Nutzen ist, also auf einem Geben und Nehmen basiert.

5

Leistungsprofil der Armee

Die Aufgaben der Armee umfassen Kriegsverhinderung und Erhaltung des Friedens, Verteidigung, Unterstützung der zivilen Behörden und Friedensförderung. Aufgaben sind längerfristige Vorgaben für die Armee. Aus ihnen werden aufgrund einer regelmässigen Überprüfung der Bedrohungen und Gefahren Aufträge an die Armee abgeleitet. Diese wiederum werden im Leistungsprofil der Armee konkretisiert. Die Kernfunktion der Armee ist die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung. Sie muss aber auch dazu beitragen, wahrscheinlichere Bedrohungen und Gefahren zu bewältigen. Das tut sie mit der Unterstützung ziviler Behörden, wenn deren Mittel nicht mehr ausreichen, bei der Abwehr von schwer wiegenden Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung von anderen ausserordentlichen Lagen, insbesondere im Fall von Katastrophen im In- und Ausland. Schliesslich muss die Armee auch aussen- und sicherheitspolitisch sinnvolle und qualitativ hochstehende Beiträge zur Friedensförderung leisten.

8916

5.1

Aufträge der Armee

Aus der Analyse der Bedrohungen und Gefahren geht hervor, dass Kompetenzen zur Verteidigung (kämpfen) und Leistungen zur Unterstützung der zivilen Behörden (schützen, helfen) und zur Friedensförderung (schützen, helfen) nötig sind.

­

Die Armee stellt permanent die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung mit einem qualitativ guten, quantitativ minimalen, aber starken Gesamtsystem am Boden und in der Luft sicher. Dieser Teil der Armee ist gleichzeitig operative Reserve zur Unterstützung der zivilen Behörden.

­

Die Armee unterstützt die zivilen Behörden nach deren Vorgaben durch subsidiäre Sicherungseinsätze, Katastrophenhilfe und allgemeine Unterstützungseinsätze am Boden und in der Luft während Wochen bis Monaten. Dieser Teil der Armee wird bei Bedarf auch zur Verteidigung eingesetzt.

­

Die Armee erbringt Beiträge zur Wahrung der Lufthoheit durch Luftraumüberwachung und Luftpolizeidienst und ist in der Lage, diese bei einer Einschränkung der Benützung des Luftraumes zu verstärken. Als einziges Mittel erbringt sie diese Leistung in jeder Lage und permanent.

­

Die Armee muss nach wenigen Tagen Vorbereitungszeit fähig sein, Beiträge zu humanitären Hilfeleistungen zu erbringen, auch an sehr weit entfernten Orten. Sie unterstützt dabei zivile Behörden (EDA, internationale Organisationen) subsidiär.

­

Die Armee ist in der Lage, den Auftrag der Friedensförderung zu erfüllen, indem sie in einem Krisengebiet fähig ist, in Kooperation mit anderen Streitkräften, Verbände und hochwertige Leistungen nach kurzer Vorbereitungszeit und über längere Zeit einzusetzen. Die Teilnahme an solchen Einsätzen ist freiwillig.

5.2

Leistungsprofil

Das im Folgenden skizzierte angestrebte Leistungsprofil bezieht sich grundsätzlich auf die normale Lage. Das hat zwei wichtige Implikationen: Zum einen müssen die verschiedenen Leistungen gleichzeitig und parallel erbracht werden können, und zum andern soll dies im Rahmen des ordentlichen Dienstleistungsplans geschehen, also ohne Aufgebot von Truppen, die nicht ohnehin Dienst leisten. Es gibt allerdings drei Ausnahmen: ­

Die erste Ausnahme betrifft die Unterstützung der zivilen Behörden in einer besonderen und ausserordentlichen Lage mit bis zu 35 000 Angehörigen der Armee für erhöhte Schutzmassnahmen. Dafür ist auf jeden Fall ein Aufgebot von Truppen nötig.

­

Die zweite Ausnahme betrifft die Unterstützung der zivilen Behörden beim Konferenz- und Objektschutz. Nur wenn der Anlass lange im Voraus bekannt ist, kann der Einsatz im Rahmen des ordentlichen Dienstleistungsplans geleistet werden.

­

Die dritte Ausnahme ist eine Selbstverständlichkeit, nämlich die Abwehr eines militärischen Angriffs. Dann müsste die Armee alle geeigneten Kräfte 8917

aufbieten, auch jene, die in erster Linie zur Unterstützung der zivilen Behörden ausgebildet wurden.

Es gibt wie erwähnt planbare und nicht planbare Einsätze. Planbar sind zum Beispiel Einsätze für das WEF, grosse Sportveranstaltungen, lange im Voraus angekündigte internationale Gipfeltreffen. Nicht planbar sind Einsätze bei Naturkatastrophen, bei Terroranschlägen (beziehungsweise bei erhöhter Gefahr für solche) und bei kurzfristig angesetzten internationalen Gipfeltreffen. Um nicht planbare Einsätze (bis zu einer gewissen Grösse) bewältigen zu können, müssen geeignete Formationen grundsätzlich dauernd in einer erhöhten Bereitschaft stehen.

Monate

Operative Reserve zur Unterstützung der zivilen Behörden

Erhaltung und Weiterentwicklung der Verteidigungskompetenz

permanent

15'000 Angehörige der Armee für Wirkung am Boden und 7000 für Wirkung in der Luft

Unterstützung ziviler Behörden bei ausserordentlichen Ereignissen aus dem Stand Tage

Katastrophenhilfe Schweiz und grenznahes Ausland

Unterstützung ziviler Behörden beim Konferenz- und Objektschutz

2 Wochen

Wahrung der Lufthoheit mit verstärktem Luftpolizeidienst

während Wochen min. 150 Angehörige der Armee

während Wochen rund 2500 Angehörigen der Armee Berufsorganisation permanent

Basisleistungen

Tage

Monate

Vorbereitungszeit

Assistenzdienst im Ausland: Beiträge zur humanitären Hilfe Friedensförderung

Einsatzdauer

Monate

max. 2 Wochen max. 8000 Angehörige der Armee

Wahrung der Lufthoheit mit Sensoren und normaler Luftpolizeidienst

permanent

Vorwarnzeit

ca. 35'000 Angehörige der Armee

Rasche Unterstützung ziviler Behörden max. 4 Wochen rund 800 Angehörige der Armee bei besonderen Ereignissen

2 Wochen

permanent

permanent

permanent während Wochen

total bis 1000 Angehörige der Armee, freiwillig

während während Jahren Jahren Durchhaltefähigkeit

Leistungsprofil der Armee

Erklärungen zum Leistungsprofil Die Zeitachse umfasst die Phasen Vorwarnzeit, Vorbereitungszeit, Einsatzdauer und Durchhaltefähigkeit. Die Vorwarnzeit beginnt mit einer sicherheitspolitisch relevanten Lageveränderung und umfasst die darauf folgende Zeitspanne der politischen Entscheidfindung bezüglich eines Einsatzes der Armee bis hin zum militärischen Aufgebot. Die Vorbereitungszeit ist die Zeitspanne, welche die Armee ab Aufgebot zur Ausbildung und zur Ausrüstung der Truppe (Erstellen der Einsatzbereitschaft) benötigt. Die Durchhaltefähigkeit gibt an, wie lange eine Leistung in der bezeichneten Quantität und Qualität erbracht werden kann.

Verteidigung Die Armee erhält permanent ihre Kernkompetenz Verteidigung61 aufrecht und entwickelt sie weiter. Dazu schult sie in einem umfassenden und vernetzten System das 61

Kernkompetenz Verteidigung bedeutet die Fähigkeit zum Führen von Verteidigungsoperationen.

8918

Gefecht der verbundenen Waffen mit Einsatzverbänden bis Stufe Brigade beziehungsweise Kampfgruppe. Die Schulung umfasst das Zusammenwirken von Elementen am Boden und in der Luft aus den Bereichen Führung und Führungsunterstützung, Aufklärung, Kampf und Kampfunterstützung sowie der logistischen und sanitätsdienstlichen Unterstützung. Dafür sollten rund 15 000 Angehörige der Armee für die Wirkung am Boden und rund 7000 für die Wirkung in der Luft vorgesehen werden. Diese Truppen sind mit Panzern, Schützenpanzern und Kampfunterstützungsmitteln (Minenwerfer, Panzerabwehrmittel, Panzerhaubitzen, Brückenlegepanzer, Genie- und Minenräumpanzer) ausgerüstet, die einen hohen Schutz- und Wirkungsgrad haben und geschützte Mobilität erlauben. Die Luftwaffe verteidigt mit Flieger- und Fliegerabwehrmitteln den Luftraum und unterstützt das Heer aus der Luft.62 Es geht darum, einen militärischen Gegner von einem Angriff abzuhalten und einen solchen Angriff abzuwehren oder zu stoppen, wenn er trotzdem erfolgen sollte. Die Armee verfolgt die Entwicklung und passt ihre Fähigkeiten der potenziellen Bedrohung an.

Ein Teil der Truppe, die sich primär mit der Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung beschäftigt, dient auch als operative Reserve zur Unterstützung der zivilen Behörden in besonderen oder ausserordentlichen Lagen, falls die dafür vorgesehenen Einsatzelemente nicht genügen. In modernen Konflikten verwischen sich auf der Stufe Soldat und Gruppe die Grenzen zwischen Schutz- und Verteidigungsaufgaben. Das heisst, dass die Natur der anstehenden Aufgaben mehrheitlich durch rechtliche Vorgaben und jeweilige Ausrüstung bestimmt werden. Zur Unterstützung der zivilen Behörden können gehärtete Mittel zur Verschiebung und allenfalls auch im Einsatz der Truppe nötig sein, damit auch bei einer Eskalation Handlungsfreiheit besteht. Daraus ergibt sich eine Durchlässigkeit zwischen den Kräften zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Verteidigungskompetenz und jenen, die für die Unterstützung der zivilen Behörden vorgesehen sind. Diese Durchlässigkeit gilt in beide Richtungen: Auch die Angehörigen der Armee, die für die Unterstützung der zivilen Behörden vorgesehen sind, können nach entsprechender Ausrüstung und Ausbildung zur Verteidigung eingesetzt werden.

Unterstützung der zivilen Behörden Subsidiäre
Einsätze von Angehörigen der Armee erfolgen auf Ersuchen und unter Einsatzverantwortung der zivilen Behörden. Die Truppe nimmt dabei jene Aufgaben im öffentlichen Interesse wahr, die durch die zivilen Behörden in personeller, materieller oder zeitlicher Hinsicht nicht mehr bewältigt werden können. Durch ihren Einsatz wird insbesondere die Durchhaltefähigkeit erhöht. So kann die Armee die Polizei beim Schutz von Personen, Objekten oder Veranstaltungen oder das Grenzwachtkorps bei seiner Kontrolltätigkeit sowie im logistischen Bereich unterstützen.

Zudem verfügt nur die Luftwaffe über Mittel für den Schutz des Luftraums. Die eingesetzten Truppen werden für ihren Auftrag ausgerüstet und ausgebildet. Die Truppe verfügt dazu über geeignete Einsatzmittel wie geschützte Mannschaftstransportfahrzeuge, Schutzwesten, Drohnen, Aufklärungs- und Logistikmittel, Nachtsichtgeräte, Überwachungssysteme, moderne Kommunikationsmittel, Absperrgitter, Such- und Bergungsmittel. Die Einsatzregeln für die Truppen werden zwischen den beteiligten Sicherheitsbehörden abgestimmt und gewährleisten insbesondere die Verhältnismäs62

Bezüglich Unterstützung des Heeres aus der Luft besteht seit fast zwanzig Jahren eine Fähigkeitslücke, die mit dem Tiger-Teilersatz zumindest bezüglich Know-how gefüllt werden soll.

8919

sigkeit des Truppeneinsatzes. Sie regeln den Einsatz von Mitteln und die Methoden bei der Auftragserfüllung und legen damit auch fest, inwiefern Gewalt und Zwangsmassnahmen angewendet werden können.

Bei ausserordentlichen Ereignissen mit konkreter, akuter und anhaltender Bedrohung kann es nötig werden, viele Objekte gleichzeitig zu schützen.63 Ein solcher Einsatz könnte weit über das hinaus gehen, was man z.B. von den jährlichen Einsätzen zum Schutz des WEF kennt und würde entsprechend Mittel (Personal, Material) in viel grösserem Umfang und über längere Zeit benötigen. Ein solches Szenario wäre etwa bei einer glaubwürdigen, akuten und anhaltenden Terrordrohung vorstellbar. Wenn konkrete Verdachtsmomente vorlägen, dass in der Schweiz und/oder umliegenden Staaten grössere Terroranschläge am Boden oder aus der Luft drohten, könnte dies ein ungleich grösseres Dispositiv nötig machen. Die zivilen Kräfte würden in einem solchen Fall rasch an Grenzen stossen; nur die Armee als strategische Reserve des Bundes könnte die benötigte Menge an Einsatzkräften über eine längere Zeit sicherstellen und damit die zivilen Behörden unterstützen. Müssten gleichzeitig Teile der drei Alpentransversalen, zwei internationale Flugplätze, die wichtigsten Einrichtungen der internationalen Organisationen in Genf, die für die Führungsfähigkeit des Landes wichtigen Objekte in Bern, die wichtigsten Objekte für die Energieversorgung und -verteilung (Kernkraftwerke, Verteiler, Zentralen) und einige Objekte, die für die Wirtschaft von zentraler Bedeutung sind, geschützt werden, ergäbe sich zusammen mit den Mitteln für die Führung des Einsatzes, der Logistik, der ABC-Abwehr und der Sicherstellung des Luftpolizeidienstes sowie der Lufttransportkapazität ein Kräfteansatz von bis zu 35 000 Angehörigen der Armee einschliesslich Ablösungen.64 Als grobe Regel gilt, dass die Hälfte der eingesetzten Truppen, also etwa 17­18 000 Angehörige der Armee, für die Führung, die Logistik und die Luftwaffe benötigt werden. Mit den übrigen 17­18 000 Angehörigen der Armee könnten zum Beispiel 6­8 Grossobjekte bewacht, die drei Nord-SüdTransversalen sowie ein grösserer Grenzabschnitt überwacht werden. Teilleistungen wie die Katastrophenhilfe oder der Konferenz- und Objektschutz würden in die Aufgaben für die 35 000 Angehörigen der Armee integriert.
Der Schutzgrad pro Objekt kann unterschiedlich sein. Je nach Bedrohung reicht es aus, mit wenigen patrouillierenden Angehörigen der Armee ein Objekt zu überwachen,65 ohne dass dauernd militärische Kräfte vor Ort sind. Wenn es darum geht, ein Objekt zu sichern,66 sind Kräfte dauernd vor Ort. Die höchste Schutzstufe, die Bewachung,67 ist personalintensiv und verlangt bauliche Massnahmen mit Absperrungen, Verkehrshindernissen, Unterständen, Beobachtungsposten, Stacheldrahthindernissen, Beleuchtung, Videoüberwachung usw. Die Truppe ist dann dauernd im und beim Objekt präsent und sichtbar. Für die Bewachung eines Grossobjektes, beispielsweise eines Kernkraftwerks, werden erfahrungsgemäss rund 1000 Angehörige der Armee benötigt (ein Bataillon). Bei einem solchen Bewachungsauftrag sind 63 64

65 66 67

Schützen heisst überwachen, sichern und bewachen.

Die 35 000 Angehörigen der Armee umfassen auch die für eine Ablösung zur Verfügung stehenden Kräfte. Wie viele Angehörige der Armee sofort eingesetzt würden und wie viele später, hängt von Art und Ausmass des Ereignisses ab, das es zu bewältigen gilt.

Bei der Überwachung werden durch Beobachtung, Horchen oder mit technischen Mitteln Tätigkeiten und Veränderungen festgestellt, um die Führung vor Überraschung zu schützen.

Sichern bedeutet, Personen, Truppen, Einrichtungen oder Räume nachhaltig vor gegnerischen Einwirkungen zu schützen.

Bewachung umfasst den Schutz von Personen, Material oder Objekten durch ständig anwesende Bewachungskräfte.

8920

nicht alle Angehörigen der Armee gleichzeitig im Einsatz, da die Bewachung über 24 Stunden und mehrere Tage bis Wochen andauert. Als Erfahrungswert gilt, dass bei lange dauernden Einsätzen nur 20 Prozent des für den Einsatz vorgesehenen Bestandes sich zu einem bestimmten Zeitpunkt konkret im Einsatz befindet.

Die Leistungen zur Unterstützung der zivilen Behörden müssen grundsätzlich aus dem Stand erbracht werden. Die Armee wird sofort die unmittelbar verfügbaren Truppen (Berufsformationen, Durchdiener, WK-Truppen) einsetzen und binnen wenigen Tagen zusätzlich benötigte Kräfte bis zu maximal 35 000 Angehörigen der Armee aufbieten und einsetzen. Die dazu vorgesehenen Truppen sind mit splittergeschützten Fahrzeugen, Bewachungsmitteln und weiteren Mitteln zur Unterstützung der zivilen Behörden ausgerüstet. Die Einsatzverantwortung liegt bei den zivilen Behörden. Die Truppen brechen Belastungsspitzen der zivilen Kräfte und stärken deren Durchhaltefähigkeit. Das Material für die eingesetzten Formationen wird grundsätzlich vorhanden sein, die aufgebotenen Kräfte werden aber schrittweise ausgerüstet. Dies erfordert einige Tage, weil das Material zuerst bereitgestellt werden muss.

Zur Katastrophenhilfe ist die Armee dauernd bereit. Mindestens 150 Angehörigen der Armee können aus dem Stand, das heisst innert Stunden, Aufgaben zur Lebensrettung und Schadenbegrenzung übernehmen und vitale Infrastrukturen provisorisch wiederherstellen. Diese Leistung kann in der Schweiz und im grenznahen Ausland für Wochen erbracht werden.

Zur raschen Unterstützung der zivilen Behörden bei besonderen Ereignissen ist die Armee nach einigen Tagen Vorbereitungszeit über Wochen in der Lage, mit rund 800 Angehörigen der Armee Nachrichten für die zivilen Behörden zu beschaffen, Personen, Räume oder Objekte zu schützen, Massnahmen zur Sabotageabwehr zu ergreifen oder gegebenenfalls Personen aus dem Ausland rückzuführen.

Zur Unterstützung ziviler Behörden beim Konferenzschutz oder beim Schutz kritischer Infrastruktur kann die Armee nach einer Vorbereitungszeit von zwei Wochen mit bis zu 8000 Angehörigen der Armee Nachrichten für die zivilen Behörden beschaffen, Personen, Räume oder Objekte schützen und Massnahmen zur Sabotageabwehr ergreifen. Die Armee kann diese Leistungen bis zwei Wochen ohne Ablösung erbringen. Dies erfordert,
wenn der Einsatz im Voraus geplant werden kann, Aufgebote der Truppe im Rahmen des Dienstleistungsplans. Wenn der Einsatz nicht planbar ist, ist ein Aufgebot für eine Dienstleistung im Rahmen eines Assistenzoder Aktivdienstes nötig.

Leistungen der Luftwaffe Zur Wahrung der Lufthoheit der Schweiz trägt die Armee permanent mit ihren elektronischen Sensoren zur Erstellung der erkannten Luftlage68 bei. Sie soll zudem fähig sein, innerhalb kürzester Zeit69 mit Kampfflugzeugen die elektro-

68

69

Die erkannte Luftlage umfasst Informationen über Flugrichtung, Geschwindigkeit und Typen von Luftfahrzeugen, die mit den zur Verfügung stehenden Sensoren aufgenommen und dargestellt werden.

Dazu werden in der Regel Flugzeuge in ständiger Alarmbereitschaft am Boden bereitgehalten, um innerhalb weniger Minuten starten zu können. Bei erhöhter Gefahr genügt diese Alarmbereitschaft jedoch nicht. Dann müssen die Flugzeuge permanent in der Luft sein.

8921

nische Identifikation von Luftfahrzeugen mit einer optischen zu ergänzen. Dafür wird die Berufsorganisation eingesetzt.

Bei zeitlich und räumlich eingeschränktem Luftverkehr ist die Armee in der Lage, die erkannte Luftlage regional zeitweise so zu verdichten, dass auch Räume, die mit den permanenten zivilen und militärischen Sensoren nicht einsehbar sind, mittels Radar überwacht werden können. Die Armee ist auch bereit, bei Verletzungen der Einschränkungen des Luftraums mit Flugzeugen oder der Fliegerabwehr zu intervenieren. Zudem kann sie Objekte und Räume bei besonderer Gefährdung aus der Luft schützen. Dafür setzt die Luftwaffe bis zu einigen Tagen ebenfalls die Berufsorganisation ein. Für länger dauernde Einsätze braucht sie mindestens zwei Wochen Vorbereitungszeit und rund 2500 Angehörige der Armee. Sie kann diese Leistungen bei rechtzeitigen Anpassungen des Dienstleistungsplans während mehrerer Wochen aufrechterhalten.

Die Luftwaffe setzt für alle Aufgaben ihr Gesamtsystem ein, das sich aus zahlreichen Komponenten zusammensetzt. Dazu gehören nicht nur die 33 F/A-18Kampfflugzeuge, sondern auch Objekte, Verbände und Einrichtungen. Zur Luftwaffe gehören die ortsfesten und mobilen Radare/Sensoren (z.B. Florako, Taflir, Flieger-Nachrichtenposten) und weitere Systeme zur Aufbereitung und Verbreitung der Luftlage und die Beschaffung und Verbreitung von weiteren Nachrichten. Ebenso gehören die Flugplatzkommandos dazu, welche die Flugzeuge einsetzen: Kampflugzeuge für den Schutz des Luftraums, Helikopter und kleinere Transportflugzeuge für Material und Personentransporte. Dem Schutz des Luftraums dienen auch die verschiedenen Verbände der Fliegerabwehr. Ein Kommando ist für die Luftaufklärung mit Drohnen zuständig. Alle diese Mittel werden durch die Einsatzzentralen der Luftwaffe eingesetzt. Die Kommunikation zwischen den Luftwaffenverbänden und der Führung erfolgt durch Übermittlungsverbände. Daneben bestehen Formationen für die luftwaffenspezifische elektronische Kriegführung und die Aufbereitung der Wetterdaten für die gesamte Armee.

Basisleistungen Sogenannte Basisleistungen werden unter definierten Auflagen permanent für Dritte erbracht. Es handelt sich dabei um: ­

die Beschaffung von Nachrichten für die zivilen Behörden;

­

Führungsunterstützungsleistungen für andere Departemente und Ämter (Einsatznetz Verteidigung, Botschaftsfunk, Polycom, Skyguide, Informatik VBS usw.);

­

den Betrieb von Führungsinfrastruktur für den Bundesrat;

­

Leistungen für andere Departemente und Ämter (z.B. DEZA, BABS, BASPO, BAG, BWL, NDB, BAKOM) oder bundesnahe Betriebe (RUAG) und Koordinationsbereiche (wie z.B. die Einsatzequipe VBS, ABC-Abwehr, Armeesanität als Partner im Koordinierten Sanitätsdienst, Lufttransportdienst

8922

des Bundes, Einsatz der Luftwaffe für die zivilen Behörden70 zwecks Lufttransport, Luftaufklärung inkl. Wärmebildkamera, Suche und Rettung); ­

Leistungen für ausländische Partner und internationale Organisationen, z.B.

bilaterale und multilaterale Kooperation im Bereich Spezialistenausbildung, Dekontamination und Katastrophenvorsorge.

Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen im Ausland (als Teil der Unterstützung der zivilen Behörden) und Friedensförderung Zur Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen (inkl. militärische Komponente der Rettungskette Schweiz) kann die Armee innert wenigen Tagen bis 550 freiwillige Angehörige der Armee im Ausland einsetzen, z.B. für den Transport von Hilfsgütern und medizinische Nothilfe. Diese Leistung kann für mehrere Wochen erbracht werden. Die Einsätze finden als Assistenzdienst zur Unterstützung der zivilen Behörden (EDA oder internationale Organisationen) statt.

In der Friedensförderung muss die Armee fähig sein, bewaffnete Kontingente, unbewaffnete Einzelpersonen und Kleindetachemente sowie Spezialisten für die humanitäre Minenräumung in Missionen, die von der UNO oder der OSZE mandatiert sind, über längere Zeit auf freiwilliger Basis zu entsenden. Diese Kapazität ist qualitativ mit hochwertigen Beiträgen wie Lufttransport, terrestrische Logistik- und Transportleistungen sowie quantitativ zu erhöhen. Die Entsendung von neuen Kontingenten benötigt mehrere Monate Vorbereitungszeit für Rekrutierung und Ausbildung.

Insgesamt sollen für die Friedensförderung und die Unterstützung humanitärer Hilfeleistungen im Ausland 1000 Angehörige der Armee zur Verfügung stehen.

Nicht im Leistungsprofil erfasst ist die Armeeunterstützung bei Grossanlässen nationaler Bedeutung, die auf der Verordnung vom 8. Dezember 199771 über den Einsatz militärischer Mittel für zivile und ausserdienstliche Tätigkeiten basieren. Dazu sollen neu Armeeangehörige über ihre Dienstpflichtzeit hinaus auf freiwilliger Basis ­ mit einem geeigneten Anreizsystem ­ eingesetzt werden können. Diese sollen pro Territorialregion in einem Bataillon zusammengefasst werden.

Fazit Die Armee ist ein polyvalentes Instrument und schafft oftmals auch Voraussetzungen für die Leistungserbringung anderer Elemente des Sicherheitsverbunds Schweiz.

Die Erfüllung des Leistungsprofils setzt die dafür notwendigen Ressourcen an Personal und Finanzen voraus. Um das aufgezeigte Leistungsprofil gemäss den Erwartungen vollständig abzudecken, sind mehr Finanzmittel nötig, als heute zur Verfügung stehen. Der notwendige Personalbedarf setzt sich wie folgt zusammen:

70 71

Zum Beispiel Polizei, BAZL, GWK, NAZ.

SR 513.74

8923

Bestand

Armeeleistung

22 000

Operative Reserve und Erhalt und Weiterentwicklung der umfassenden Verteidigungskompetenz (inkl. Wirkung in der Luft)

35 000

Unterstützung der ziviler Behörden bei ausserordentlichen Ereignissen (davon 150 für Katastrophenhilfe aus dem Stand, 800 für rasche Unterstützung der zivilen Behörden, 8000 für Konferenzschutz und Schutz kritischer Infrastruktur)

22 000

Basisleistungen sowie Teil Ausbildung und Support

1 000

80 000

6

Assistenzdienst im Ausland sowie Beiträge in friedensfördernden Operationen in Form bewaffneter Kontingente, unbewaffneter Einzelpersonen oder von Kleindetachementen Minimal benötigter Gesamtbestand72 der Armee (Sollbestand)

Grundmodell der Armee

Die Armee muss zur Kriegsverhinderung und zur Erhaltung des Friedens, zur Verteidigung, zur Unterstützung der zivilen Behörden und zur Friedensförderung ihre Organisation überdenken und konstant weiterentwickeln. Zur Erfüllung dieser Aufgaben muss sie die sie berührenden gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen berücksichtigen, ohne dabei in eine permanente und Unsicherheit verbreitende Reorganisation zu verfallen. Die im Folgenden gemachten Aussagen zum Grundmodell basieren auf Annahmen und Schätzungen. Sie sind in der weiteren Bearbeitung zu verifizieren. Es ist davon auszugehen, dass in der Umsetzung der Weiterentwicklung der Armee sich gewisse Abweichungen ergeben können.

6.1

Rahmenbedingungen

6.1.1

Neutralität, Milizsystem und Militärdienstpflicht

Die Schweiz hält an der dauernden und bewaffneten Neutralität als Instrument der Aussen- und Sicherheitspolitik ebenso fest wie am Milizprinzip. Eine Milizarmee ermöglicht die maximale Nutzung ziviler Kenntnisse und Fähigkeiten, zudem ist sie für die Öffentlichkeit transparent, weil ein erheblicher Teil der Gesellschaft jedes Jahr die Armee von innen erlebt. Der grösste Teil der Armee erwirbt das militärische Wissen in einer relativ kurzen Grundausbildung und erneuert beziehungsweise erweitert dieses in periodischen (Wiederholungs-)Kursen.

6.1.2

Gesellschaftliche Entwicklung

Der Milizgedanke hat in der Gesellschaft an Wirkungskraft eingebüsst: Die Bereitschaft, sich ohne marktübliche Entschädigung für die Gemeinschaft zu engagieren, 72

Der Gesamtbestand muss höher sein, damit Absenzen (Dienstverschiebungen) verkraftet werden können.

8924

ist schwächer geworden. Diese Entwicklung macht sich in der Armee in einer abnehmenden Bereitschaft der Stellungspflichtigen und Angehörigen der Armee bemerkbar, mehr als den rechtlich vorgeschriebenen Dienst zu leisten. Manche Stellungspflichtigen versuchen, sich ganz dem Militärdienst zu entziehen. Die Bereitschaft potenzieller Kader, sich in der Armee über das Minimum hinaus zu engagieren, wird auch durch die verschärften Spannungen zwischen Ausbildung oder Studium, Familie und Beruf beeinträchtigt. In der Wirtschaft hat die Bereitschaft abgenommen, leitende Mitarbeiter der Armee als Kaderangehörige zur Verfügung zu stellen. Internationale Mobilität, dauernder und teilweise kurzfristiger Markt- und Erfolgsdruck, aber auch internationale Unternehmensleitungen mit wenig Verständnis für schweizerische Eigenheiten sind kaum beeinflussbare Faktoren.

6.1.3

Ressourcen

Personal Ohne Einwirkung externer Faktoren wie Zivildienst und Einbürgerungen werden jedes Jahr 16 000 (Jahr 2025) bis 19 000 (Jahr 2010) Personen Angehörige der Armee. Die Rekrutierungsbasis ist zusammen mit der Verweildauer (die mit Anzahl und Rhythmus der Wiederholungskurse zusammenhängt) für den personellen Bestand der Armee bestimmend. Die Armee muss sich danach richten: Die Organisationsstruktur ist so zu gestalten, dass sie bezüglich der Grösse von Formationen und Verbänden miliztauglich bleibt, und die Anzahl der Formationen und Stäbe muss mit den nach Abschluss der Grundausbildung zur Verfügung stehenden ausexerzierten Angehörigen der Armee alimentiert werden können. Der Kaderbedarf soll durch eine Verringerung der Anzahl Formationen und Stäbe und durch Anpassungen bei den Stabsstrukturen gesenkt werden.

Anreize wie Erleichterungen im Diensttage-Management, administrative Unterstützung, Anerkennung der militärischen Führungsausbildung in zivilen Weiterausbildungen und finanzielle Abgeltungen sollen die Bereitschaft steigern, militärische Funktionen zu übernehmen.

In militärischen Operationen müssen Kontingente spätestens nach sechs ­ in bestimmten Fällen bereits nach vier ­ Monaten abgelöst werden. Bestimmend für den Ablöserhythmus sind wirtschaftliche und psychologische Überlegungen. Dieses Erfordernis hat Konsequenzen darauf, wie gross die Armee sein muss, damit sie die potenziellen Einsätze meistern kann.

Finanzen Mit dem Konsolidierungsprogramm 2012/2013 wird eine Verlängerung des mehrjährigen Ausgabenplafonds der Armee für die Jahre 2012­2015 beantragt. Dieser sieht durchschnittlich 4,4 Milliarden Franken pro Jahr für den Bereich Verteidigung und armasuisse Immobilien vor.

Ausrüstung Die aktiven Verbände sollen grundsätzlich möglichst vollständig ausgerüstet werden. Nur so ist ihre Einsatzfähigkeit (vor allem zur Unterstützung der zivilen Behörden) sichergestellt. Dieses Ziel hat aber erhebliche finanzielle Konsequenzen; 8925

in den vergangenen rund zehn Jahren wurde die Armee immer weniger «flächendeckend» ausgerüstet, was einen massiven Nachholbedarf zur Folge hat. Aufgabenspektrum und Leistungsprofil erlauben eine unterschiedliche Ausrüstung der Verbände mit einem differenzierten Technologieniveau.

6.2

Ausbildung

Die Ausbildung richtet sich auf die Leistungen aus, welche die Armee allein oder zusammen mit Partnern zu erbringen hat. Es geht darum, mit Personal, Material und Infrastruktur innerhalb der gegebenen Ausbildungszeit den Ausbildungsstand zu erreichen, der für die Grundbereitschaft und zur Erbringung der Leistungen notwendig ist. Das Festhalten am Milizprinzip hat in diesem Zusammenhang Konsequenzen: Angesichts der relativ geringen Einsätze und wegen des Verlustes an Wissen und Können zwischen den Dienstleistungen betreibt die Armee vor allem Ausbildungsdienste. Das Dienstleistungs- und Ausbildungsmodell muss milizfreundlicher und kostengünstiger als bisher ausgestaltet werden.

Spezialisierung Multifunktionalität erhöht zwar die Handlungsfreiheit, sie ist aber auch ein gewichtiger Kostentreiber. Sie soll soweit vertretbar zugunsten einer Aufgabenspezialisierung aufgegeben werden, um eine zielgerichtete Ausbildung, höhere Kompetenz und einen effizienteren Mitteleinsatz zu ermöglichen. Es ist weder nötig noch sinnvoll, insbesondere die Infanterie (d.h. den Hauptteil der Einsatzmittel) umfassend sowohl für Verteidigungs- als auch für Schutzaufgaben auszubilden und auszurüsten. Ein Teil der militärischen Grundausbildung wird aber auch in Zukunft für alle Angehörigen der Armee, Formationen und Stäbe einheitlich bleiben.

Differenzierte Ausbildungsmodelle Für das geltende Ausbildungsmodell bestehen gesetzliche Grundlagen (Dauer der Rekrutenschule und der Kaderschulen, Dauer und Anzahl der Wiederholungskurse, einheitliche Gesamtdiensttage pro Gradstufe usw.), welche die Optimierungsmöglichkeiten stark einschränken. Ein kostenoptimiertes Ausbildungsmodell hingegen vermeidet qualitative und quantitative Überkapazitäten, indem das erforderliche Wissen und Können für jede Formation und Funktion differenziert vom Leistungsprofil abgeleitet wird. Durch eine massgeschneiderte Ausbildung lassen sich die Anzahl der jährlich geleisteten Diensttage und damit die jährlichen Betriebsausgaben reduzieren. Deshalb soll es in der Weiterentwicklung der Armee möglich sein, den Beginn und die Dauer der Rekrutenschule, die Anzahl der Wiederholungskurse, die Anzahl der zu leistenden Diensttage und Lernmethoden für verschiedene Teile der Armee unterschiedlich festzulegen.

­

Die Grundausbildungsdauer für die einzelnen Funktionen und Verbände wird durch Umfang und Komplexität der Ausbildungsinhalte bestimmt; diese beiden Faktoren können variieren.

­

Nach Massgabe des Leistungsprofils soll je nach Truppengattung und Formationstyp eine Reduktion der Anzahl Wiederholungskurse geprüft werden.

Weitere Möglichkeiten wie ein Aufgebot bei Bedarf zu Übungen oder ein Verzicht auf Wiederholungskurse sind in der Weiterentwicklung der Armee ebenfalls zu prüfen.

8926

­

Aufgrund einer massgeschneiderten Dauer der Rekrutenschule und unterschiedlicher Anzahl Wiederholungskurse wird auch eine differenzierte Anzahl Gesamtdiensttage pro Gradstufe in Erwägung zu ziehen sein.

­

Auch die Dauer und die Organisation der Kaderausbildung können stärker differenziert werden.

Rekrutenschulen Die Durchführung von drei Rekrutenschulen pro Jahr wird grundsätzlich beibehalten, allerdings wird auch hier eine Differenzierung nötig sein. Die Wahl des Beginns der Rekrutenschule wird nicht mehr für jede Truppengattung oder jede Funktion möglich sein. Einschränkungen sind durch die minimal benötigte Anzahl in der betroffenen Truppengattung, Ausbildungsanforderungen und betriebswirtschaftliche Überlegungen bedingt (Auslastung der Infrastruktur, benötigtes Berufspersonal, Ausbildungsorganisation).

Der Ausbildungsstand am Ende der Rekrutenschule soll (pro Zug oder Einheit) jene Stufe erreichen, die gemäss Leistungsprofil gefordert ist. Die Anzahl der Ausbildungsheiten und der Rekrutenschulen pro Jahr hängt von der Anzahl der zu alimentierenden Formationen ab. Jeder Formationstyp, als in sich geschlossener Ausbildungsverband, ist minimal einmal pro Jahr in der Rekrutenschule auszubilden.

Überführung von Rekrutenschuleinheiten in WK-Formationen (Jahrgangsverbände) Es wird geprüft, ob ­ und wenn ja, in welchen Truppengattungen ­ Rekrutenschuleinheiten als Ganzes in die Wiederholungskurse überführt werden sollen. Durch die Auflösung von Rekrutenschulverbänden am Ende der Rekrutenschule und die Überführung von Einzelpersonen in WK-Formationen entstehen Synergieverluste. Allerdings bietet die bisherige Regelung grössere organisatorische Handlungsfreiheit, insbesondere in den Bereichen Kaderalimentierung, Bildung sprachlich homogener Verbände und Altersdurchmischung.

Kaderausbildung Gut ausgebildete Kader sind für die Leistungserbringung der Truppe entscheidend.

Folglich muss der Kaderausbildung verstärkte Aufmerksamkeit gewidmet werden, und sie soll in den ordentlichen Dienstleistungen wieder ihren festen Platz haben.

6.3

Leistungen

Die Erhaltung und die Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung verlangen die systematische Ausbildung und Übung aller Fähigkeiten, die im Gefecht der verbundenen Waffen nötig sind, um die geforderte Wirkung am Boden, in und aus der Luft und im elektromagnetischen Raum zu erzielen. Die Unterstützung der zivilen Behörden wird die Armee mit territorial oder regional verankerten Verbänden erbringen. Für allfällige Einsätze im Ausland stehen Spezialkräfte zur Verfügung. In der Friedensförderung wird das Schwergewicht auf den Einsatz hochwertiger Mittel gelegt, nach denen besonders starker Bedarf besteht.

8927

6.3.1

Umsetzung am Boden

Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung Am Boden muss die Armee mindestens den Einsatz ganzer Brigaden beherrschen und die dafür notwendigen führungsmässigen Voraussetzungen auf Stufe Armee haben. Eine umfassende Schulung in der ganzen Komplexität der Operationsführung erfordert zwei Brigaden und Elemente der übergeordneten Führungsstufe für die Wirkung am Boden im Gesamtsystem Verteidigung. Eine Brigade umfasst das Zusammenwirken der einzelnen Elemente aus Führung und Führungsunterstützung, Kampf und Kampfunterstützung sowie logistische Unterstützung.73 In der Grundausbildung werden die einzelnen Truppenkörper bis auf Stufe Einheit geschult. In der anschliessenden Verbandsausbildung und in den Wiederholungskursen wird das Gesamtsystem trainiert.

Der Handlungsspielraum für die Weiterentwicklung hängt davon ab, ob, wann und in welchem Ausmass man die heute bestehenden Fähigkeitslücken schliesst und wie viele Truppen man der Armeeaufgabe zuweist, die Kernkompetenz Verteidigung zu erhalten und weiterzuentwickeln. Es ist vorgesehen, Fähigkeitslücken, die einen wirksamen Einsatz der Truppe verunmöglichen,74 mittelfristig zu schliessen.

Unterstützung der zivilen Behörden Für die Planung und Führung von Unterstützungseinsätzen für die zivilen Behörden sind die Territorialregionen zuständig. Sie führen die Unterstützungs- und Sicherungseinsätze innerhalb ihrer Einsatzräume sowie auf Bundesratsbeschluss (für Katastrophenhilfe) auch im grenznahen Ausland. Wegen der Akzentverschiebung von der Verteidigung hin zu umfassenden Schutzaufgaben werden den Territorialregionen zusätzlich zu den heute bereits unterstellten Führungsunterstützungs- und Katastrophenhilfebataillonen neu mehrere Infanteriebataillone für Schutzaufgaben unterstellt. Die Stäbe der Territorialregionen, der Infanteriebrigaden und deren Infanteriebataillone werden auf die zur Unterstützungsleistung notwendigen Funktionen ausgerichtet.75 Auch die Zusammensetzung und Ausrüstung der Infanteriebataillone wird angepasst.76 Auf die Elemente zur mobilen Führung und die Feuerunterstützung wird verzichtet.77 Der Landesregierung stehen speziell ausgebildete und ausgerüstete Kräfte zur Wahrnehmung von Aufgaben im Ausland zur Verfügung. Sie dienen dem Schutz eigener Truppen, Personen und Sachen sowie der Rettung und Rückführung eigener Staats-

73

74

75

76

77

Bei den Kampfmitteln handelt es sich z.B. um Panzer oder Infanterie. Kampfunterstützungsmittel sind z.B. Aufklärung, Artillerie und Genie. Mit logistischen Unterstützungsmitteln sind die Einsatzlogistik und die Führungsunterstützungsmittel und zusätzliche Mittel zur Unterstützung der vorgesetzten Führungsstufe gemeint.

Beispiele: fehlende Fähigkeit zur Bekämpfung von Zielen mit panzerbrechenden Mitteln auf mittlere Distanz; Fehlen von Mitteln zur unmittelbaren Feuerunterstützung auf Stufe Bataillon.

Dies umfasst vor allem eine Reduktion auf die zur Leistungserbringung notwendigen Funktionen (z.B. Vereinfachung der Führungsgrundgebiete, Abbau von Funktionen wie Chef Artillerie).

Abbau von Funktionen und Systemen, die zur subsidiären Unterstützung nicht benötigt werden (z.B. Feuerunterstützungsoffizier im Bataillonsstab, Unterstützungskompanie mit Minenwerfer).

Die Artillerieabteilungen und die Führungsstaffelkompanien der Führungsunterstützungsbataillone werden aufgelöst.

8928

angehöriger. Diese Truppen sind in der Lage, militärische Aktionen kleineren Umfangs in Abstimmung oder Kooperation mit anderen Partnern durchzuführen.

6.3.2

Umsetzung in der Luft

Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung Für Luftoperationen werden in allen Lagen und für das ganze Leistungsspektrum zahlreiche Fähigkeiten benötigt.78 Die meisten Fähigkeiten und Mittel werden für alle Arten von Einsätzen benötigt, sind also vielfältig einsetzbar. Heute bestehen bei der Verteidigungskompetenz der Luftwaffe allerdings Fähigkeitslücken. So fehlen Fähigkeiten für die Feuerunterstützung Luft­Boden oder die operative Aufklärung mit luftgestützten Sensoren. Daneben fehlen bei der bodengestützten Luftverteidigung79 Fähigkeiten, um Flugzeuge und Fernwaffen (Marschflugkörper oder Raketen) auf grösseren Höhen und auf grössere Distanzen bekämpfen zu können.

Bei der Weiterentwicklung der Komponente Luft geht es um die Erhöhung der Durchhaltefähigkeit und/oder die Handhabung von Fähigkeitslücken. Eine Erhöhung der Durchhaltefähigkeit für die Wahrung der Lufthoheit und für die Luftverteidigung erfordert den möglichst baldigen Teilersatz des Kampfflugzeuges F-5 Tiger.

Damit könnten auch mehrere weitere Fähigkeitslücken zumindest teilweise geschlossen werden: die Feuerunterstützung Luft­Boden und die operative Aufklärung mit luftgestützten Sensoren. Die bodengestützte Luftverteidigung muss erste Fähigkeiten aufbauen, um Flugobjekte auf grösseren Höhen und auf grössere Distanzen bekämpfen zu können.80 Unterstützung der zivilen Behörden Die Wahrung der Lufthoheit ist eine Bundesaufgabe, die grösstenteils von der Luftwaffe ausgeführt wird. Zudem unterstützt die Luftwaffe zivile Behörden mit Lufttransport und Aufklärung aus der Luft. Bei der Luftwaffe besteht allerdings eine wesentliche Einschränkung, nämlich eine mangelnde Durchhaltefähigkeit bei verstärktem Luftpolizeidienst infolge eingeschränkten Luftverkehrs oder in Zeiten erhöhter Spannung. Im Weiteren können durch die teilweise Ausserbetriebnahme der Aufklärungsdrohne auch in der taktischen Aufklärung nur noch zeitlich und räumlich begrenzte Leistungen erbracht werden. Für den täglichen Betrieb in Ausbildung, Training und Einsatz stützt sich die Luftwaffe stark auf ihre Berufsorganisation ab. Bei einer Lageverschärfung kommt die abgestufte Bereitschaft zum Tragen, indem bedarfsgerecht zusätzliches Milizpersonal eingesetzt wird.

Auch in Bezug auf die Unterstützung der zivilen Behörden geht es bei der Weiterentwicklung der Luftwaffe um die Erhöhung der Durchhaltefähigkeit und/oder die Handhabung von Fähigkeitslücken; dabei steht der Teilersatz für das Kampfflugzeug 78

79 80

Planung und Führung der Operationen und Einsätze auf allen Stufen, Luftraumüberwachung mit Sensoren, luft- und bodengestützte Luftverteidigung, Luftmobilität, Aufklärung mit luftgestützten Sensoren, Feuerunterstützung Luft­Boden, Betrieb und Unterhalt der Mittel und Infrastrukturen für Einsatz und Ausbildung sowie der Schutz der eigenen Kräfte.

Verbände, die mit Fliegerabwehr-Radargeräten, -Kanonen und -Lenkwaffen ausgerüstet sind.

Zur Bekämpfung von Raketen wäre die Schweiz auf Frühwarndaten aus dem Ausland angewiesen.

8929

F-5 Tiger im Zentrum. Durch die weitere Vernetzung von Sensoren der bodengestützten Luftverteidigung kann zudem das Luftlagebild verbessert werden. Mit Blick auf den hohen Aufwand stellt sich die Frage, ob die Schweiz weiterhin die Lufthoheit autonom sicherstellen oder eine gemeinsame Lösung zusammen mit Nachbarstaaten anstreben soll. Die Verschiebung der Beschaffung des Tiger-Teilersatzes hat erneuten Anlass zu solchen Überlegungen gegeben. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die bestehenden Abkommen mit Frankreich, Italien, Österreich und Deutschland zur Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft wichtig und nützlich sind. Eine eigentliche Zusammenlegung des Luftpolizeidienstes mit einem oder mehreren Nachbarn ist aber derzeit weder nötig noch angezeigt. Selbst mit den 33 F/A-18C/D ­ also vor der Beschaffung eines TigerTeilersatzes ­ sind die Mittel vorhanden, um den Luftpolizeidienst mit eigenen Kampfflugzeugen und aus eigenen Kräften sicherzustellen. Zudem wäre es fraglich, ob die Nachbarstaaten an einer Fusion der Luftpolizeidienste interessiert wären, und schliesslich ist zu bedenken, dass ein solcher Ansatz aus Gründen der Neutralität nur gegen nicht-militärische Bedrohungen und Gefahren anwendbare wäre. Im Fall einer militärischen Bedrohung ­ also gerade dann, wenn die Gefahr gross und die Mittel knapp wären ­ würde man wieder auf die eigenen Fähigkeiten zurückfallen. Die (selektive) Aufhebung der Neutralitätspflichten im Bereich Luftpolizei und Luftverteidigung wäre kein gangbarer Weg, aus politischen und praktischen Gründen. Ob eine Zusammenlegung des Luftpolizeidienstes mit anderen Staaten finanzielle Vorteile zur Folge hätte, ist nicht sicher, jedenfalls würde sich die Schweiz in eine sicherheitspolitische Abhängigkeit begeben.

Eine möglichst geringe Anzahl Systeme am Boden und in der Luft (Einflottenpolitik) hilft, den Betriebsaufwand zu reduzieren. Dem gegenüber steht das Risiko, dass bei technischen Problemen die ganze Flotte zeitweilig stillgelegt werden muss.

Dies gilt es bei der Ablösung von Systemen zu beachten.

6.3.3

Führungsunterstützung

Die Führungsunterstützung erbringt Leistungen quer über das ganze Leistungsprofil.

In Zukunft werden die Milizformationen vermehrt auf einer technischen Infrastruktur basieren, die durch Berufspersonal betrieben wird. Die Milizformationen dienen dazu, lage- und situationsgerecht Schwergewichte zu bilden und die Durchhaltefähigkeit der Berufsorganisation zu erhöhen. Sie müssen deshalb bezüglich der personellen und materiellen Struktur eng an die Berufsorganisation angeglichen werden.

Um bei Ereignissen möglichst rasch Führungsunterstützungsleistungen81 erbringen zu können, braucht es Mittel der ersten Stunde. Wenn es um grossflächige Schutzaufgaben geht, können Milizformationen die ortsfeste Infrastruktur zur Kapazitätserhöhung verdichten oder zusätzliche Integrationsmöglichkeiten zur Kommunikation und Sensoren bereitstellen und betreiben.

Um die geforderte Leistung erbringen zu können, ist die Führungsunterstützungsbrigade dem zentralen Leistungserbringer zu unterstellen und deren Grundausbildung bis zum zweiten Teil der Verbandsausbildung im Lehrverband Führungsunterstützung sicherzustellen.

81

Zum Beispiel Wiederherstellung der Führungsfähigkeit, Beiträge zur Alarmierung und zur Information der Bevölkerung oder Einsatzmittel der Armee (z.B. im Bereich ABC).

8930

6.3.4

Logistik

Wie die Führungsunterstützung erbringt die Logistik Leistungen quer über das ganze Leistungsprofil: Nachschub, Rückschub, Instandhaltung, Sanität, Verkehr und Transport, Infrastruktur. Wenn das angestrebte Leistungsprofil realisiert werden soll, sind quantitativ und qualitativ mehr Leistungen, nach kürzerer Vorbereitungsdauer und insgesamt über einen längeren Zeitraum als bisher, nötig. Die heutige logistische Leistungsfähigkeit reicht dafür nicht aus. Zur Gewährleistung der geforderten Bereitschaft sind eine vollständige Ausrüstung der Einsatzverbände und eine zusätzliche logistische Umlaufreserve erforderlich.

Das Leistungsprofil sieht Leistungen aus dem Stand beziehungsweise nach kurzer Vorbereitungszeit vor. Das heutige Logistiksystem erfordert einen zeitlichen Vorlauf für die Bereitstellung der Ausrüstung für Einsatzverbände. Insbesondere für nicht planbare Einsätze mit grossem Truppenbestand (ausserordentliche Ereignisse) ist dieser Zeitbedarf höher als die für Einsätze zur Verfügung stehende Vorbereitungszeit. Müssen, wie im Leistungsprofil vorgesehen, 35 000 Angehörige der Armee sofort, d.h. ohne Vorwarn- und Vorbereitungszeit, aufgeboten werden, werden diese schrittweise nach Verfügbarkeit des Materials ausgerüstet. Diese logistische Leistung ist vorzubereiten und wird Kostenfolgen haben.

Heute wird ein massgeblicher Teil der Instandhaltungsleistungen durch externe Partner (Industrie) erbracht. Ihre Kapazität ist auf den aus dem Ausbildungsbetrieb der Armee resultierenden Bedarf ausgerichtet, bei der Luftwaffe auf Training und Einsatz. Einsätze gemäss Leistungsprofil können zu Bedarfsspitzen führen, die nicht ohne Weiteres abgedeckt werden können. Der erhöhte Bedarf muss dann entweder durch die Industrie oder die Logistikbasis der Armee (beim Luftwaffenmaterial durch die Luftwaffe) abgedeckt werden können, was personelle, finanzielle und infrastrukturelle Konsequenzen hat.

6.3.5

Friedensförderung und Assistenzdienst im Ausland

Die Armee soll zur militärischen Friedensförderung Kontingente, Kleindetachemente und unbewaffnete Einzelpersonen in Missionen über längere Zeit entsenden können. Die Kapazität der militärischen Friedensförderung ist in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu erhöhen. Bis Ende 2014 sollen 500 Angehörige der Armee in der militärischen Friedensförderung eingesetzt werden können. Die dafür zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sollen erhöht werden.

Das Schwergewicht liegt bei der Entsendung: ­

von bewaffneten Kontingenten mit Konzentration auf die Bereiche Lufttransport, terrestrische Logistik- und Transportleistungen sowie spezifische Leistungen in Sanität, Nachrichtendienst und Sicherheit;

­

von Kleindetachementen und unbewaffneten Einzelpersonen als Militärbeobachter, Stabsoffiziere und Ausbildner für den Kapazitätsaufbau in der militärischen Friedensförderung vor Ort sowie zur Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration von Kämpfern in die Zivilgesellschaft;

8931

­

von Experten in der humanitären Minenräumung, der Unterstützung der Sicherheitssektor-Reform und der sicheren Lagerung und Vernichtung kleiner und leichter Waffen beziehungsweise Munition vor Ort.

Bei der quantitativen und qualitativen Steigerung des Engagements wird primär auf Angehörige der Miliz zurückgegriffen, die sich freiwillig für solche Einsätze melden. Dabei will der Bundesrat prüfen, ob Milizangehörige die so geleisteten Diensttage an ihre Dienstpflicht anrechnen lassen können. In diesem Kontext ist sicherzustellen, dass alle Armeeangehörigen, die in der militärischen Friedensförderung eingesetzt sind, gleich behandelt werden. Neben Milizangehörigen soll auch das militärische Personal Einsätze im Rahmen der militärischen Friedensförderung leisten. Solche Einsätze sollen ein integraler Bestandteil der Laufbahn sein. Zudem sollen auf freiwilliger Basis auch Durchdiener in der militärischen Friedensförderung eingesetzt werden können.

Für den Lufttransport kann rasch eine Anzahl Transporthelikopter für Auslandeinsätze bereitgestellt beziehungsweise vor Ort eingesetzt werden. Dabei ist zu beachten, dass für den Betrieb der Helikopter auf spezialisiertes Berufspersonal des Bundes zurückgegriffen werden muss. Die aktuelle Personalausstattung (insbesondere Helikopterpiloten und -mechaniker) setzt der Einsatzdauer heute jedoch enge Grenzen.

Für die Logistik- und Transportleistungen zu Lande ist die Bildung von Ad-hocFormationen in Kompaniestärke für konkrete Missionen vorgesehen. Das Gros davon wird auf freiwilliger Basis aus der Miliz rekrutiert werden. Der Umstand, dass die Formationen im Hinblick auf einen konkreten Einsatz gebildet werden, erleichtert es, die Bedürfnisse der jeweiligen Friedensmission vor Ort zu berücksichtigen.

Gleichzeitig erlaubt der Einsatz von Milizangehörigen (die Ausbildung und Kenntnisse aus dem Zivilleben mitbringen), die Leistungen mit vergleichsweise geringem Personalaufwand zu erbringen. Für Planungszwecke ist von einer Stärke eines Kontingents von etwa 120 Personen auszugehen. Die Erfahrung zeigt, dass die Rekrutierung des entsprechenden Personals aus der Miliz möglich ist. Wenn nötig sollen die Anreize für solche Engagements erhöht werden. Der (freiwillige) Einsatz von Durchdienern ist auch vorstellbar, wenn sie entsprechend ausgebildet sind. Die Bewaffnung zum Selbstschutz ist internationaler Standard; deshalb muss jede Entsendung vom Parlament genehmigt werden.82 Sofern der Einsatz in unserer oder einer angrenzenden Klimazone erfolgt, stellt die
Bereitstellung der entsprechend ausgerüsteten Transportmittel keine besonderen Probleme.

Bei den sanitätsdienstlichen Leistungen ist die Anzahl und Ausbildung der verfügbaren Ärzte und des Pflegepersonals die kritische Grösse. Die Effizienz hängt davon ab, ob eine Kontinuität über einen fallweise definierten Zeitraum sichergestellt werden kann. Angesichts der aktuellen Situation im Schweizer Gesundheitswesen kann diese Durchhaltefähigkeit nur dann gewährleistet werden, wenn auf Ärzte zurückgegriffen wird, die dem Berufspersonal des VBS angehören und klinisch tätig sind.

Mittelfristig ist geplant, bis zu acht zusätzliche Ärztestellen zu schaffen, womit vier Dienstposten in internationalen Friedensmissionen durchhaltefähig besetzt werden können. Zusätzlich können auch Dienstposten für Pflegepersonal besetzt werden.

Die in der Friedensförderung eingesetzten Dienstposten werden aus dem Kredit der 82

Einsätze von bis zu drei Wochen (und maximal 100 Angehörigen der Armee) können vom Bundesrat in eigener Kompetenz beschlossen werden; de facto gibt es aber kaum Einsätze von so kurzer Dauer.

8932

militärischen Friedensförderung finanziert. Sind die Ärzteposten durchhaltefähig besetzt, kann auch die Bereitstellung weiterer sanitätsdienstlicher Leistungen (z.B.

Entsendung von Ärzteteams, Erbringung von Teilleistungen in Feldspitälern oder in der medizinischen Evakuierung) ins Auge gefasst werden. Dabei ist auch der Einsatz von Durchdienern als Sanitätspersonal und der Einbezug von Fachpersonal auf Milizbasis möglich.

Im Informations- und Nachrichtenwesen können Beiträge zum Nachrichtenverbund internationaler Friedensmissionen vor Ort geleistet werden. Dabei ist vorgesehen, das in der Schweiz eingeführte Integrierte Funkaufklärungs- und Sendesystem (IFASS) auch für Einsätze in internationalen Friedensmissionen zu befähigen und damit Aufklärungsleistungen zu erbringen. Dies erfordert technische Ergänzungen, die erst mittelfristig verfügbar sein werden. Bezüglich der Auswertung der erhaltenen Daten ist eine enge Zusammenarbeit mit Partnern ins Auge zu fassen. Daneben sind auch Beiträge zur Datenanalyse bis hin zur Bereitstellung ganzer Nachrichtenzellen möglich, wobei nur zum Teil auf Milizpersonal zurückgegriffen werden kann, da für bestimmte Positionen spezifisches Fachwissen nötig ist. Weiter ist der Ausbau bestehender Fähigkeiten zur Informationsbeschaffung in verschiedenen Formen in internationalen Friedensmissionen möglich. Alle Fähigkeiten im Informations- und Nachrichtenwesen werden international als hochwertige Beiträge angesehen.

Im Sicherheitsbereich stehen Sicherungs- und Schutzleistungen im Vordergrund, die primär für eigene Kontingente und Detachemente oder für Partner erbracht werden.

Dabei wird auf die Mittel der Armee (Militärische Sicherheit und Armeeaufklärungsdetachement) zurückgegriffen, die eigens zur Erbringung solcher Leistungen geschaffen worden sind.

Da Streit- und Sicherheitskräfte vor Ort oft zu den Ursachen des Konfliktes gehören, gilt es, mit Reformen des Sicherheitssektor die Strukturen und Prozesse vor Ort so zu verändern, dass eine Friedensordnung von den lokalen Streit- und Sicherheitskräften unterstützt wird. Die Erfahrungen zeigen, dass es Militärs meist einfacher fällt, Ratschläge für Änderungen zu akzeptieren, wenn diese von anderen Militärs vermittelt werden. Die Schweiz hat in diesem Aufgabengebiet einen intakten Ruf, der genutzt werden kann. Dabei
kann sie auf Angehörige der Miliz zurückzugreifen, die aber eine Zusatzausbildung benötigen. Es ist vorgesehen, solche Module zusammen mit Dritten (z.B. den drei Genfer Zentren) noch in der laufenden Legislaturperiode aufzubauen. Dazu soll ein spezielles, zeitlich befristetes Projekt durchgeführt werden, mit dem die entsprechenden Ausbildungsmodule konzipiert und eine erste Personalkapazität (Pool) geschaffen werden. Dabei kann auf die Erfahrungen zurückgegriffen werden, die in laufenden oder bereits abgeschlossenen Pilotprojekten gemacht wurden. Für Leistungen zur Reform des Sicherheitssektors besteht international ein erheblicher Bedarf. Es ist vorgesehen, ab 2011 zunächst bis zu drei Projekte zu realisieren.

Beim Kapazitätsaufbau besteht das Ziel darin, Sicherheits- und Streitkräfte vor Ort mit Ausrüstung und Ausbildung im Aufbau von Fähigkeiten zu unterstützen, welche die Friedens- oder Stabilisierungsprozesse fördern, z.B. Kapazitäten in der militärischen Friedensförderung oder im Katastrophenschutz und Rettungswesen. In der laufenden Legislaturperiode geht es darum, die bisherigen Leistungen zu konsolidieren, mittelfristig an bis zu fünf verschiedenen Ausbildungszentren/-orten nachhaltige Beiträge mit Offizieren und Material zu leisten.

8933

Für Einsätze zur Entwaffnung und Demobilisierung sieht die Armee vor, sich auf das Problem der grossen Mengen von kleinen und leichten Waffen beziehungsweise von Munition zu konzentrieren, die nach einem Konflikt vor Ort noch immer verfügbar sind. Im Vordergrund stehen Leistungen zur sicheren Lagerung und umweltgerechten Vernichtung dieser Waffen und Munition. Das Wissen dazu ist in der Armee vorhanden. Um nachhaltige Wirkung zu erzeugen, ist der entsprechende Personalstand jedoch zu vergrössern. Auch hier ist der Einsatz von Milizangehörigen mit Zusatzausbildung denkbar. In der laufenden Legislaturperiode ist vorgesehen, Pilotprojekte unter Schweizer Führung umzusetzen.

Die Ausbildungsmassnahmen in den genannten Bereichen sind zum Teil aufwendig; die Armee hat ein Interesse daran, Milizangehörige und Berufspersonal optimal einzusetzen. Es gilt, massgeschneiderte Lösungen und neue Einsatzmodelle umzusetzen und gleichzeitig die Reaktionsfähigkeit der Armee zu erhöhen. Letzteres ist gerade bei der Sicherheitssektor-Reform, dem Kapazitätsaufbau sowie der Lagerung und Vernichtung kleiner und leichter Waffen beziehungsweise Munition zentral, da hier rasche Reaktion ein entscheidender Erfolgsfaktor ist. Es kann notwendig und sinnvoll sein, gewisse Infrastrukturen vor Ort aufzubauen oder Geräte abzugeben.

Die Armee wird dabei aber nicht zivile Projekte konkurrenzieren. Dazu ist die bestehende Abstimmung mit dem EDA zu vertiefen.

Bei der Entsendung von Militärbeobachtern, Stabsoffizieren und Experten der humanitären Minenräumung wird mittelfristig eine Verdoppelung der heutigen Leistungen angestrebt. Dadurch erhöhen sich der Rekrutierungs- und insbesondere der Ausbildungsaufwand für die Armee. Wegen Synergien zwischen humanitärer Minenräumung einerseits, der Vernichtung von Munition und von kleinen und leichten Waffen anderseits, wird auch eine Aufstockung des Personals im Kompetenzzentrum Kampfmittelbeseitigung der Armee geprüft. Auch hier werden die Dienstposten im Ausland dem Kredit der Friedensförderung belastet.

Auf die Kenntnisse und Fähigkeiten des militärischen Personals kann in der Friedensförderung nicht verzichtet werden, insbesondere bei der Führung von Einsätzen, Kontingenten und Detachementen. Deshalb gilt es, negative Anreize zu beseitigen und die Karriererelevanz solcher Einsätze
insbesondere für Berufsoffiziere sicherzustellen. Die Armee hat ein Interesse daran, dass ihre Kader solche Erfahrungen (inkl.

Übernahme von höheren Stabs- und Kommandofunktionen in Missionen) und Kenntnisse erwerben.

Bezüglich Ausrüstung gilt grundsätzlich, dass Kontingente und Kleindetachemente in unserer und den angrenzenden Klimazonen ohne kostspielige Anpassungen am Material eingesetzt werden können. Es ist aber nicht auszuschliessen, dass bei besonderen, ausgewiesenen Bedürfnissen in Missionen gewisse Ausrüstungsgüter speziell beschafft werden müssen. Ein angemessener Grundstock an Material ist bereitzuhalten, um Einsatzbereitschaft und -fähigkeit sicherzustellen.

Die Unterstützung der humanitären Hilfe des Bundes durch die Armee erfolgt als Assistenzdienst im Ausland im Rahmen der Rettungskette Schweiz oder auf Antrag des EDA durch Spezialisten, Einsatzdetachemente oder materielle Beiträge. Die Einsätze orientieren sich ausschliesslich an der humanitären Lage im Einsatzraum und den Bedürfnissen der dort tätigen Hilfsorganisationen. Sie müssen praktisch aus dem Stand geleistet werden können und sollten nicht länger als wenige Wochen dauern. Von der Armee kommen namentlich Mittel der Rettungs-, Sanitäts-, Luftund Bodentransport-, Genie-, Brandbekämpfungs-, ABC- oder Führungsunterstüt8934

zungsformationen zum Einsatz. Zudem kann die Armee Leistungen zum Schutz von Personen und besonders schutzwürdiger Sachen im Ausland übernehmen. Für Einsätze aus dem Stand oder nach kurzer Vorbereitung kommt in erster Linie Berufspersonal in Frage.

6.4

Grundmodell

Das Grundmodell für die künftige Armee leitet sich aus dem Leistungsprofil ab und erfüllt die massgeblichen Rahmenbedingungen und Vorgaben aus Verfassung, Recht, sicherheitspolitischem Bericht und parlamentarischen Vorstössen.83 Es entspricht den finanzpolitischen Vorgaben. Das Grundmodell muss innerhalb der finanzpolitischen Vorgaben des Bundesrates mit einem Ausgabenplafond von 4,4 Milliarden Franken (plus Teuerungsausgleich) realisiert werden. Das VBS wird beauftragt, mit den unter Ziffer 6.5 aufgezeigten Einsparmöglichkeiten die finanziellen Vorgaben einzuhalten und die entsprechenden Konsequenzen auf das Leistungsprofil aufzuzeigen. Verschiedene theoretisch denkbare andere Armeemodelle werden nicht weiterverfolgt, weil sie den politischen, gesellschaftlichen und militärischen Realitäten nicht entsprechen. Dazu gehören eine Berufsarmee, eine reine Wehrpflichtarmee (d.h. eine Armee, in der alle Milizangehörigen Durchdiener wären), eine Armee, in der die Kader vollständig aus Zeit- oder Berufssoldaten bestehen, eine Partisanenarmee und eine Armee ohne Fähigkeit zur Abwehr eines militärischen Angriffs.

Bei der materiellen Ausstattung der Armee wird das Hauptgewicht darauf gelegt, Lücken zu schliessen und die Ausrüstung und Bewaffnung quantitativ zu verbessern, soweit dies der gegebene Finanzrahmen zulässt. Damit soll die Armee in die Lage versetzt werden, die Einsätze gemäss Leistungsprofil grundsätzlich zu erbringen und gleichzeitig die Ausbildung, inkl. jener für die Ablösung der eingesetzten Truppen, parallel weiterzuführen. Die Einführung neuer Grosssysteme wie der Tiger-Teilersatz soll in Übereinstimmung mit dem Beschluss des Bundesrates, diese Beschaffung zu verschieben, in zweiter Priorität erfolgen.

Zur Schätzung der Ausgaben wird ein Modell verwendet. Es ist auf Modulbausteinen aufgebaut, die etwa Bataillonen und Abteilungen entsprechen. Ein Modulbaustein ist das kleinste planerische Element, das eine eigene Leistung für das Gesamtsystem erbringt. Er ist gleichzeitig Kostenträger und Planungseinheit für die Investitionsplanung. Die vorliegenden Schätzungen der künftigen Ausgaben für die Armee sind naturgemäss mit Unsicherheiten behaftet. Zudem wird zur Vereinfachung generell der Begriff «Ausgaben» verwendet; darin enthalten sind finanzierungswirksame Aufwände und Investitionsausgaben.
Die Berechnungen ergeben für das Grundmodell einen Betriebsausgabenanteil von rund 60 Prozent. Es ist zu beachten, dass eine anhaltende Sistierung von Investitionen einen erheblichen Anstieg der Betriebsausgaben zur Folge hätte, weil dann die Ausgaben für die Wartung und Instandhaltung der veraltenden Systeme stark anstiegen. Deshalb muss das Verhältnis zwischen Betriebs- und Investitionsaus83

Motion Hess 09.4081 vom 7.12.2009: «Erhöhte Bereitschaft für den Luftpolizeidienst auch ausserhalb der normalen Arbeitszeiten». Motionen 09.4332 SR Gutzwiller und 09.4333 SR Schwaller vom 11.12.2009: «Handeln statt klagen: die Mängel der Armee endlich beheben».

8935

gaben ausgewogen sein. Nur so lässt sich das Leistungsprofil auf einem angemessenen Technologieniveau umsetzen.

Die Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre zeigen, dass das Potenzial für Offiziere bei rund 5 Prozent der Angehörigen der Armee liegt. Dies ergibt bei einem Jahrgangsbestand von 16 000 (Jahr 2025) bis 19 000 (Jahr 2010) Angehörigen der Armee zwischen 800 und 900 potenzielle Offiziere. Die heutige Armee ist auf einen Bedarf ausgerichtet, der um 200­300 Offiziere höher liegt. Dieser Bedarf muss gesenkt werden, weil keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gesamtzahl oder der Anteil des Potenzials an Offizieren erheblich ansteigen wird.

Die Aufgabenschwerpunkte im Grundmodell bemessen sich nach der Wahrscheinlichkeit der Einsätze. Bei der Verteidigung geht es um die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz; sie bleibt die zentrale Befähigung der Armee. Parallel dazu gewinnen aber die Beiträge zur Unterstützung der zivilen Behörden an Bedeutung.

Für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung am Boden sind zwei vollständig ausgerüstete Brigaden vorgesehen ­ rund 15 000 Angehörige der Armee. Die für das Gesamtsystem Verteidigung unverzichtbare Luftwaffe soll durch die Beschaffung des Tiger-Teilersatzes in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts verstärkt und die Durchhaltefähigkeit bei der Wahrung der Lufthoheit verlängert werden. Der Teil der Luftwaffe, der sich nach dieser Variante mit der Verteidigung beschäftigt, umfasst rund 7000 Angehörige der Armee. Das qualitativ gute, aber quantitativ minimale Gesamtsystem bestünde damit aus rund 22 000 Angehörigen der Armee. Es soll gleichzeitig als operative Reserve für grosse und lang anhaltende Einsätze zur Unterstützung der zivilen Behörden dienen.

Mit einer starken Schutzinfanterie soll sich die Armee darauf ausrichten, die zivilen Behörden längere Zeit unterstützen zu können. Dafür können 35 000 Angehörige der Armee eingesetzt werden.

In der militärischen Friedensförderung soll die Armee fähig sein, Kontingente und Kleindetachemente sowie unbewaffnete Einzelpersonen in Missionen über längere Zeit zu entsenden. Die Kapazität soll verglichen mit heute erhöht werden. Dafür sind Ausgaben von 100 Millionen Franken pro Jahr vorgesehen.

Der aufgelaufene Instandhaltungsbedarfs für die Immobilien soll abgebaut werden.
Der Investitionsanteil beträgt beim Grundmodell gegen 40 Prozent, bei jährlichen Ausgaben der Armee von 4,4 Milliarden Franken.

Im Rahmen des Abbaus auf rund 80 000 Angehörige der Armee wird auch die Ausserdienststellung von Anlagen und Systemen fällig (u.a. F-5 Tiger, Teile der Führungsinfrastruktur, zwei Militärspitäler, Kampfinfrastruktur). Die Kosten dieser Ausserdienststellungen werden auf ca. 100 Millionen Frankengeschätzt.

Beschaffungen von grossen Hauptwaffensystemen Ein jährlicher Ausgabenplafond der Armee von 4,4 Milliarden Franken reicht nicht aus, um künftig grosse Beschaffungsprojekte (z.B. Tiger-Teilersatz) zu realisieren (ohne erhebliche Abstriche in anderen Bereichen der Weiterentwicklung der Armee). Eine temporäre Erhöhung des Ausgabenplafonds der Armee oder andere Finanzierungsmöglichkeiten für jene Phase, in der die Beschaffung der Grossprojekte finanzierungswirksam wird, sollen deshalb nicht a priori ausgeschlossen werden.

8936

6.5

Möglichkeiten für finanzielle Einsparungen

Die allgemeine Militärdienstpflicht, das Milizsystem und das Leistungsprofil bestimmen zu einem grossen Teil die personellen und finanziellen Realitäten und Bedürfnisse der Armee: Durch Militärdienstpflicht und Milizsystem kommen jedes Jahr 16 000 (Jahr 2025) bis 19 000 (Jahr 2010) neue Angehörige der Armee hinzu, und die von der Armee geforderten Leistungen ­ in Bezug auf Art, Ausmass, Vorbereitungszeit und Durchhaltefähigkeit ­ legen zu einem guten Teil fest, wie die Armee ausgerüstet und bewaffnet sein soll und welche Infrastruktur sie benötigt.

Eine Armee mit einem Aktivbestand von 80 000 Angehörigen der Armee und einer finanziellen Ausstattung von 4,4 Milliarden Franken pro Jahr muss in der Lage sein, die ihr gestellten Aufgaben und Aufträge grundsätzlich zu erfüllen, ohne bezüglich Investitionen oder Instandhaltungsbedarf in einen immer grösseren Rückstand zu geraten. Das Grundmodell umreisst eine Armee, deren Ressourcen und Leistungen in einem ungefähren Gleichgewicht stehen und die nicht ­ wie es in den vergangenen Jahren der Fall war ­ von der Substanz zehren müsste, um die Gegenwart zu meistern.

Um mittelfristig die Finanzierung der notwendigen Investitionen sicherzustellen, werden nachfolgend verschiedene Sparmöglichkeiten aufgezeigt. Einige davon gehen sehr weit und würden massive Änderungen bewirken, aber alle sind prüfenswert, sofern die staatspolitischen, militärischen und rechtlichen Konsequenzen gebührend berücksichtigt werden. Die möglichen Massnahmen werden hier nur skizziert. Damit wird eine politische Debatte ermöglicht. Entscheidungen könnten aber erst nach einer vertieften Analyse getroffen werden. Der Bundesrat hat das VBS mit einer solchen Analyse beauftragt; als Grundlage für eine Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Anpassungen des Militärgesetzes und der Verordnung der Bundesversammlung über die Armeeorganisation. Diese Botschaft soll spätestens Ende 2012 vorliegen.

Den nachfolgend aufgeführten Sparmöglichkeiten ist eines gemeinsam: Sie alle haben Auswirkungen auf das Leistungsprofil der Armee und bleiben nicht ohne personelle und wirtschaftliche Konsequenzen. Sparen ­ ein Abbau von Beständen und Infrastruktur, die Ausserdienststellung von Systemen oder der Verzicht auf Beschaffungen ­ bedeutet nicht nur Einbussen beim Leistungsvermögen der Armee;
dies wird auch einen weiteren Abbau beim Personal in der Militärverwaltung und bei mit dem VBS assoziierten Betrieben zur Folge haben, und auch private Unternehmen (z.B. der Rüstungsindustrie) und Regionen, die von Aufträgen und Betrieb der Armee abhängig sind, werden davon betroffen sein.

6.5.1

Verzicht auf vollständige, flächendeckende Ausrüstung der Verbände zur Unterstützung der zivilen Behörden

Das Leistungsprofil sieht vor, dass bei ausserordentlichen Ereignissen bis 35 000 Angehörige der Armee zur Unterstützung der zivilen Behörden eingesetzt werden können; dies nicht nur aus dem Stand, sondern auch nachhaltig.

Eine Sparmöglichkeit läge darin, auf diese vollständige Ausrüstung der Verbände für einen Grosseinsatz zur Unterstützung der zivilen Behörden zu verzichten. In 8937

diesem Fall müssten über rund zehn Jahre insgesamt rund 500 Millionen Franken Investitionen weniger getätigt werden: splittergeschützte Fahrzeuge, Transporthelikopter sowie Fliegerabwehr- und Übermittlungsmittel, die über die Zeit nicht erneuert oder nicht beschafft werden müssten.

Die Leistung und die Durchhaltefähigkeit der 35 000 im Einsatz stehenden Angehörigen der Armee würde durch diese Einsparung beeinträchtigt. Auch die parallele Ausbildung der Rekruten während des Grosseinsatzes wäre infolge fehlenden Materials stark eingeschränkt.

Das Sparpotenzial ist auf die künftigen Beschaffungskosten beschränkt; im Betrieb würden keine Einsparungen resultieren, da die betroffenen Verbände mit dem Material anderer Formationen Dienst leisten würden, das entsprechend stärker beansprucht würde und wegen der geringeren Menge an Umlaufmaterial schneller instand gesetzt werden müsste, da jegliche Umlaufreserve für den Unterhalt fehlt.

Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Spareffekt relativ bescheiden wäre.

6.5.2

Ausrüstungsstandard, Technologieniveau

Die Ausgaben für Rüstungsbeschaffung hängen von zwei Faktoren ab: Quantität und Qualität. Die erste Frage hängt vom angestrebten Deckungsgrad bei der Ausrüstung der Verbände ab. Diese Frage und damit zusammenhängende Einsparmöglichkeiten wurden weiter oben bereits erörtert. Ausgaben liessen sich bei der Rüstungsbeschaffung aber vielleicht auch dadurch verringern, dass die Inkaufnahme von gewissen Abstrichen bei der Qualität geprüft würde. Das hiesse, dass bei Rüstungsbeschaffungen die üblicherweise an die Produkte gestellten sehr hohen Anforderungen etwas vermindert würden, sodass rein militärisch-technisch gesehen nicht mehr eine Idealbeschaffung möglich wäre, aber dennoch ein den (etwas reduzierten) Bedürfnissen entsprechendes, zuverlässiges Produkt beschafft werden könnte.

Eine solche Minderung der qualitativen Anforderungen könnte bedeuten, dass das angestrebte Technologieniveau zumindest in einigen Bereichen zurückgenommen werden müsste. Es bestünde das Risiko, dass gewisse Güter nicht mehr nach Standards neuester Technologie beschafft werden könnten und dadurch der Anschluss an technologische Entwicklungen und die internationale Interoperabilität verloren gehen könnte. Das wiederum könnte negative Rückwirkungen auf die Schweizer Rüstungsindustrie und deren Unternehmen haben, die vom Zugang zur Hochtechnologie abhängig sind und von Kompensationsgeschäften profitieren (Verlust internationaler Konkurrenzfähigkeit, Gefährdung von Arbeitsplätzen). Anderseits sprechen die stark ansteigenden Kosten für Beschaffung und Betrieb technologisch komplexer Systeme eher gegen die Idee, ein generelles ideales Technologieniveau für die Armee zu fixieren. Es wäre deshalb zu prüfen, inwieweit bei Rüstungsbeschaffungen qualitative Kompromisse akzeptiert werden könnten ­ unter Wahrung der Wirksamkeit und Zuverlässigkeit des Produktes und der Interessen der Schweizer Industrie ­ und wie sich dies auf die Kosten von Beschaffung und Betrieb dieser Güter auswirken würde.

8938

6.5.3

Verzicht auf den Abbau des aufgelaufenen Sanierungsbedarfs der Immobilien

Wie an anderer Stelle84 in diesem Bericht vermerkt, besteht für den Kernbestand der Immobilien der Armee ein aufgelaufener Instandhaltungsbedarf von schätzungsweise 4,4 Milliarden Franken; bei Berücksichtigung des Nachholbedarfs für den Vollzug gesetzlicher Auflagen sogar 5,2 Milliarden Franken Grundsätzlich ist vorgesehen, diesen Sanierungsbedarf ab 2016 in Jahrestranchen von rund 140 Millionen Franken abzutragen ­ zusätzlich zu jährlich notwendigen 300­400 Millionen Frankenfür die «normale» (d.h. nicht aufgelaufene) Instandhaltung.

Ein Verzicht auf die Sanierung oder eine Beschränkung der Sanierung auf das Nötigste wären denkbar, allerdings nur dann, wenn eine konkrete und realistische Aussicht darauf besteht, dass die betroffenen Objekte mittelfristig für die Armee nicht mehr benötigt werden. Insofern besteht ein direkter Zusammenhang mit dem Stationierungskonzept. In jedem Fall wäre aber mit einem Zerfall des Immobilienbestandes zu rechnen und zumindest für beschränkte Zeit auch mit negativen Auswirkungen auf Ausbildung, Einsatz und Sicherheit.

6.5.4

Weiterer Abbau von Standorten und Infrastruktur

Die Anzahl Standorte und die dazu gehörende Infrastruktur sind wesentliche Faktoren für die Betriebs- und Instandhaltungskosten der Armee. Im Bemühen, diese Kosten zu senken, wurde im Zuge der Entlastungsprogramme 2003 und 2004 ein Stationierungskonzept erarbeitet, das festlegt, welche Standorte mit welcher Infrastruktur für Betrieb und Ausbildung der Armee in Zukunft noch nötig sind. Die damit eingeleitete Konzentration und Reduktion von Standorten und Infrastrukturen wird ab 2014 zu greifen beginnen.

Eine weitere Überarbeitung des Stationierungskonzepts wird aber in jedem Fall nötig sein, sei es, um innerhalb der Armee finanziellen Freiraum zu schaffen oder um Spareffekte für die Bundeskasse zu erzielen. In diesem Zusammenhang wird zu prüfen sein, welche weiteren Standorte mitsamt der dazugehörenden Infrastruktur aufgegeben werden können ­ wobei grundsätzlich alle Standorte (inkl. Flugplätze, und Logistikzentren) hinterfragt werden sollen ­ und welche Einsparungen damit verbunden sind. Dabei wird auch die Frage unvermeidlich sein, ob die mit der Aufgabe von Standorten verbundenen wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Regionen in Kauf genommen werden sollen.

6.5.5

Weitere Ausserdienststellungen

Ein weiterer Abbau ist auch bei noch im Einsatz stehenden Waffensystemen möglich, zusätzlich zu den bereits beschlossenen Ausserdienststellungen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass sich nur dann namhafte Einsparungen ergeben, wenn ganze Systeme ausser Betrieb genommen werden. Es wird deshalb zu prüfen sein, inwiefern sich weitere komplette Systeme ausser Dienst stellen liessen und welche Konsequenzen dies für das Leistungsprofil der Armee hätte. Dabei soll nicht nur die 84

Ziff. 3.10 Infrastruktur.

8939

Ausserdienststellung älterer Systeme geprüft werden, sondern auch solcher jüngeren Datums bis hin zu Führungs- und Informationssystemen. Zudem sollen bisher geplante Vorhaben nochmals daraufhin überprüft werden, ob auf sie verzichtet werden kann. Die wirtschaftlichen und industriepolitischen Auswirkungen sind dabei zu berücksichtigen.

6.5.6

Dienstleistungsmodelle und Reduktion der Anzahl Diensttage

Das Dienstleistungsmodell bestimmt, wie viele Diensttage in welchem Rhythmus zu leisten sind. Beides ­ die Anzahl zu leistender Diensttage und deren zeitliche Verteilung ­ hat einen Einfluss auf die Betriebskosten der Armee. Das derzeitige Dienstleistungsmodell ist unter rein betriebswirtschaftlicher Optik wenig effizient.

Wie an anderer Stelle85 bereits ausgeführt, sollen differenzierte Ausbildungs- und damit auch Dienstleistungsmodelle geprüft werden. Es soll möglich gemacht werden, den Beginn und die Dauer der Rekrutenschule, die Anzahl der Wiederholungskurse, die Anzahl der zu leistenden Diensttage und Lernmethoden für verschiedene Teile der Armee unterschiedlich festzulegen. Damit werden qualitative und quantitative Überkapazitäten vermieden, indem das erforderliche Wissen und Können für jede Formation und Funktion differenziert vom Leistungsprofil abgeleitet wird.

Durch eine massgeschneiderte Ausbildung lassen sich die Anzahl der Diensttage und damit die Betriebsausgaben reduzieren.

Eine naheliegende Massnahme, um Kosten zu reduzieren, wäre eine weitere Senkung der Anzahl Diensttage, die der einzelne Armeeangehörige zu leisten hat. Die Kosten spürbar senken würde eine solche Reduktion allerdings nur, wenn damit auch die Anzahl der Wiederholungskurse reduziert und damit auch die Belastung der Ausbildungs- und Logistik-Infrastruktur verringert würde. Es soll deshalb geprüft werden, ob die Anzahl Diensttage und Wiederholungskurse im Sinne der Kosteneffizienz weiter reduziert werden kann und welche Konsequenzen dies auf Ausbildung und Betrieb der Armee hätte.

Eine weitere Option, die zu einer Kostenreduktion führen könnte, wäre eine Erhöhung der Anzahl Durchdiener ­ diese leisten ihren Dienst am Stück und beanspruchen deshalb die Logistik weniger stark. Allerdings ist der Spareffekt einer solchen Erhöhung schwer bezifferbar und müsste noch vertiefter abgeklärt werden. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass ein Wechsel von einem WK- zu einem DurchdienerSystem für sich alleine noch zu keiner Senkung der Diensttage führt. Im Gegenteil, die Durchdiener absolvieren verglichen mit WK-Soldaten mehr Diensttage.86 Dennoch soll geprüft werden, ob und inwieweit mit einer Erhöhung der Anzahl Durchdiener die Kosten für den Ausbildungsbetrieb gesenkt werden könnten. Diese Berechnungen wären für verschiedene Stufen einer solchen Erhöhung zu machen, z.B. für 30 Prozent, 50 Prozent, aber auch für einen kompletten Wechsel (auf

85 86

Ziff. 6.2 WK-Soldaten absolvieren insgesamt 262, Durchdiener 300 Diensttage.

8940

100 %), selbst wenn dieser mit einer Reihe von anderen (u.a. rechtlichen) Fragen einherginge.87

6.5.7

Reduktion der Komponente Verteidigung

Das Grundmodell sieht vor, zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung ein vollständiges und qualitativ gutes, im Umfang aber minimales Gesamtsystem zu unterhalten. Dieses System muss vollständig sein, damit es als Gesamtes funktioniert und alle Elemente und Funktionen geschult und geübt werden können. Es muss qualitativ gut und modern ausgestattet sein, damit es den Grundzweck erfüllt: den internationalen technischen und taktischen Fortschritt mitzumachen, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Kompromissmöglichkeiten bestehen am ehesten noch beim Umfang dieses Teils der Armee. Wenn man z.B. 5000 Angehörige der Armee in den Bereich Unterstützung der zivilen Behörden verlagern und damit die Komponente Verteidigungskompetenz von 22 000 (gemäss Grundmodell) auf 17 000 reduzieren würde, könnten schätzungsweise pro Jahr rund 250 Millionen Franken Betriebs- und Investitionsausgaben eingespart werden. Allerdings würden so die Kräfte für die Verteidigung am Boden faktisch halbiert, und die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz wäre nicht mehr gewährleistet.

Es ist indessen möglich abzuklären, wo die kritische Schwelle liegt, unterhalb derer die Kernkompetenzen nicht mehr erhalten und weiterentwickelt werden könnten.

Dabei muss nicht zwingend vom Erhalt aller derzeit vorhandenen Elemente ausgegangen werden: Im Lichte der Entwicklungen der Bedrohungen und der Rüstungstechnologie kann z.B. die Frage gestellt werden, ob die Artillerie auf weitere Zukunft hinaus nötig ist. Ebenso soll die Frage der Gliederung ­ eine oder zwei Brigaden ­ vertieft untersucht werden.

6.5.8

Verringerung des Armeebestandes

Der Bestand einer Armee ­ die Anzahl ihrer Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten ­ bestimmt zu einem grossen Teil, was sie leisten kann und was sie kostet. Es liegt darum nahe, auf der Suche nach Sparpotenzial eine Verringerung des Armeebestandes zu prüfen. Dabei sind aber mehrere Rahmenbedingungen zu berücksichtigen.

Bei Berufsarmeen besteht kein grundlegender Unterschied im Bestand zwischen der normalen Lage und einer Lage, in der die Armee im Einsatz steht. Anders ist es aber bei Armeen, die aus Wehrpflichtigen bestehen, die einen Ausbildungsdienst absolvieren, aber darüber hinaus nur dann aufgeboten werden, wenn es wirklich nötig ist.

Die Schweizer Armee hat derzeit einen aktiven Sollbestand von fast 134 000; auf Anfang 2012 soll dieser auf 120 000 gesenkt werden.88 Aber durchschnittlich sind nur etwa 17 500 im Dienst (davon rund die Hälfte Rekruten, die für den Einsatz noch nicht oder nur beschränkt geeignet sind). Das ist bei internationalen Vergleichen zu berücksichtigen, aber auch bei Anregungen zur Verringerung des Bestandes.

87

88

Die Thematik der Durchdiener lässt sich nicht nur unter dem Aspekt der Dienstleistungseffizienz betrachten, sondern geht darüber hinaus. Weitergehende Erläuterungen zu den Durchdienern werden im Ziff. 6.6 angestellt.

Der Effektivbestand liegt wesentlich höher, nämlich derzeit bei 174 000. Er soll auch gesenkt werden.

8941

Der Bestand einer Milizarmee kann nicht nach Belieben verändert werden. Die Wehrgerechtigkeit verlangt, dass alle Militärdienstpflichtigen zur Rekrutierung aufgeboten und ihre Militärdiensttauglichkeit nach sachlich gerechtfertigten und objektiven Kriterien beurteilt wird. Eine Steuerung der Anzahl Rekruten ­ und dadurch auch des Armeebestandes ­ durch Manipulation der Tauglichkeitskriterien ist aus rechtlichen Gründen kein tragfähiger Weg. Es gibt aber zwei andere Einflussfaktoren auf den Bestand, bei denen Anpassungen a priori nicht ausgeschlossen sind: Der erste und direkt wirkende Faktor ist die Verbleibdauer im aktiven Teil der Armee. Wenn man davon ausgeht, dass jeder Jahrgang rund 19 000 Angehörige der Armee umfasst, würde mit jeder Herabsetzung des Altersjahres des Austritts aus der Armee um ein Jahr der Bestand der Armee um fast die gleiche Zahl verringert.

Wenn man diesen Weg einschlagen wollte, wäre zu überlegen, ob man die Anzahl Diensttage reduzieren oder die bisherige Anzahl auf weniger Jahre verteilen sollte, z.B. durch eine Verlängerung der Rekrutenschule und eine damit einhergehende Verringerung der Anzahl Wiederholungskurse. Massgeblich bestimmend für den Bestand der Armee ist die Anzahl der zu leistenden Wiederholungskurse.

Der zweite Faktor ist der Anteil an Durchdienern. Diese zählen nur für die Dauer von rund einem Jahr zum Aktivbestand der Armee, während Angehörige der Armee nach dem normalen Dienstleistungsmodell mindestens sieben Jahre zum Aktivbestand der Armee zählen. Jede Erhöhung des Durchdieneranteils der Armee um 1000 hätte deshalb eine Reduktion des Armeebestandes um mindestens 6000 zur Folge, de facto noch mehr, weil in Folge von Dienstverschiebungen Angehörige der Armee länger als sieben Jahre im aktiven Bestand bleiben.89 Der Spareffekt beider Massnahmen wäre nicht proportional zur Verringerung des Armeebestandes, sondern geringer. Einsparungen wären möglich: ­

bei der persönlichen Ausrüstung;

­

bei der Bemessung der (Korps-)Ausrüstung und Bewaffnung sowie der Infrastruktur für den Fall, dass die ganze aktive Armee aufgeboten würde;

­

beim logistischen Aufwand für Wiederholungskurse (Fassung, Abgabe).

Damit über eine Verringerung des Armeebestandes ­ sei es durch die Herabsetzung der Verbleibdauer oder die Erhöhung des Durchdieneranteils ­ ein bedeutender Spareffekt erzielt werden kann, ist es entscheidend, dass sowohl die Anzahl Diensttage als auch die Anzahl Formationen reduziert werden. Nur so ist es möglich, die Belastung der Infrastruktur (Ausbildung, Logistik) spürbar zu reduzieren und damit die Betriebsausgaben zu senken.

Überlegungen dazu, ob die Komponenten für die Kernkompetenz Verteidigung weniger als 22 000 Angehörige der Armee umfassen oder für die Unterstützung der zivilen Behörden weniger als 35 000 Angehörige der Armee ausgebildet und vorgesehen werden sollten, sind für sich allein nicht zielführend. Sie müssen mit Vorstellungen verbunden sein, wie der Gesamtbestand der Armee verringert werden kann, damit sie Wirkung erzeugen können; sonst geht es bloss um Verschiebungen personeller Ressourcen innerhalb der Armee.

89

Die Zahl 6000 bezieht sich auf das heutige System mit sechs Wiederholungskursen; bei zum Beispiel nur noch vier Wiederholungskursen würde sich dieser Wert auf 4000 verringern. Weitere Überlegungen zu einer Erhöhung des Durchdieneranteils und dessen Implikationen über den Armeebestand hinaus werden im Ziff. 6.6 angestellt.

8942

6.5.9

Internationale Kooperation

Militärische Zusammenarbeit mit anderen Staaten ist lang geübte Praxis, insbesondere in der Ausbildung, der Rüstung und der Friedensförderung. Dort, wo es der ökonomischen Effizienz dient und neutralitätsrechtlich und -politisch unbedenklich ist, betreibt das VBS seit vielen Jahren internationale, vor allem auch bilaterale Kooperation. Möglichkeiten solcher Zusammenarbeit werden ständig ausgelotet und mit internationalen Partnern diskutiert. Aktuelles Beispiel einer solchen Kooperation, die u.a. auch der ökonomischen Effizienz dient, ist die 2010 beschlossene Vereinbarung mit Finnland zur Kooperation bei der Wartung und Weiterentwicklung der F/A-18-Kampfflugzeuge für die nächsten 15­20 Jahre.

Der grössere Teil solcher militärischer Zusammenarbeit ist aber nicht in erster Linie finanziell motiviert, sondern dadurch, dass sich für die Armee wertvolle Erfahrungen, Vergleichsmöglichkeiten und Zugang zu Know-how und Technologie ergeben, und zumindest im Rüstungsbereich und in der Friedensförderung ist die Zusammenarbeit aus sachlichen Zwängen sogar zwingend notwendig. Internationale Kooperation zur Kosteneinsparung stösst bei einem neutralen Staat, wie es die Schweiz ist, besonders früh auf Hindernisse.

Im Falle der Schweiz wären Kosteneinsparungen am ehesten noch bei einer gemeinsamen Luftraumüberwachung und gemeinsamem Luftpolizeidienst denkbar. Gerade in diesem Bereich arbeitet die Schweiz aber bereits jetzt, via bilaterale Abkommen, eng mit den Nachbarstaaten zusammen, wenn auch nicht aus Kostenüberlegungen, sondern aus praktischen Gründen (Kleinräumigkeit der Schweiz, Verlängerung der Reaktionszeit). Eine weitergehende Kooperation wäre kaum praktikabel, weil seitens der Nachbarstaaten kaum ein Interesse daran bestünde90 und weil eine solche Zusammenarbeit zwangsläufig neutralitätsrechtliche Probleme aufwerfen würde.91

6.5.10

Verzicht auf den Tiger-Teilersatz

Die Flotte der Kampfflugzeuge des Typs F-5 Tiger hat nach rund dreissig Jahren Nutzung einen Zustand erreicht, in dem militärische Leistungsfähigkeit und Betriebskosten zunehmend in einem Missverhältnis zueinander stehen. Der TigerTeilersatz ­ der Ersatz der gesamten Tiger-Flotte durch eine kleinere Anzahl, aber leistungsfähigere Kampfflugzeuge ­ soll es der Armee, zusammen mit den 33 F/A-18, ermöglichen, den Luftraum in allen Lagen zu sichern und notfalls zu verteidigen.

Zudem sollen Grundfähigkeiten für Aufklärung und Unterstützung des Heeres mit Kampfflugzeugen wieder aufgebaut werden, die mit der Ausserdienststellung der Hunter 1994 und der Mirage-IIIRS 2004 temporär aufgegeben wurden.

Eine Beschaffung von 22 Flugzeugen ­ die aus militärischer Sicht kleinstmögliche Anzahl ­ würde zwischen 3,5 und 5 Milliarden Franken kosten, der Betrieb einer solchen Flotte pro Jahr rund 100­200 Millionen Franken.

90

91

Dies gilt insbesondere für unsere Nachbarstaaten, die der Nato angehören. Eine Zusammenarbeit über die bestehenden Verträge hinaus ginge weiter, als das unter den Bündnisstaaten selber üblich ist.

Siehe dazu die Erläuterungen in Ziff. 6.3.2.

8943

Der Bundesrat hat am 25. August 2010 seinen Grundsatzentscheid bekräftigt, dass für die 54 F-5 ein Teilersatz nötig sei. Er hat aber aufgrund der Finanzlage des Bundes und der allgemeinen Prioritäten den Zeitpunkt der Beschaffung bis spätestens 2015 verschoben. Der Bundesrat hält damit an der Beschaffung Tiger-Teilersatz fest. Mit einem Verzicht könnte zwar viel gespart werden, einmalig in der Beschaffung und wiederkehrend im Betrieb. Der Preis dafür wäre aber eine Luftwaffe, die in ihren Leistungen unter dem bliebe, was der Bundesrat für die Sicherheit des Landes als geboten erachtet.

6.5.11

Neuordnung der Unterstützungsleistungen für zivile und ausserdienstliche Tätigkeiten

Die Armee nimmt heute vielfältige Aufgaben zur Unterstützung der zivilen Behörden im Rahmen von zivilen (Gross-) Anlässen wahr. Diese Aufgaben haben rein zivilen Charakter und müssen nicht zwingend durch bewaffnete Verbände erfüllt werden. Solche Aufgaben können grundsätzlich ebenso durch zivile Unternehmungen, durch Kräfte des Zivilschutzes oder durch den Zivildienst erfüllt werden. Es ist mit den Organen des Zivilschutzes und des Zivildienstes zu prüfen, welche Institutionen für welche Art von Aufgaben am besten geeignet sind und zu effizienten Ergebnissen führen. Auf damit verbundene Möglichkeiten zur Entlastung der Armee haben der Ständerat und seine Sicherheitspolitische Kommission im Zusammenhang mit der künftigen Ausgestaltung des Zivildienstes eindringlich hingewiesen.

6.6

Durchdiener

Durchdiener sind Angehörige der Armee, die ihre gesamte Ausbildungsdienstpflicht von 300 Tagen freiwillig ohne Unterbrechung erfüllen. Diese Möglichkeit zur Dienstleistungserbringung wurde mit der Armee XXI eingeführt und gleichzeitig gesetzlich auf maximal 15 Prozent eines Rekrutenjahrganges begrenzt. Durchdiener werden heute nach individuellen Bedürfnissen der Lehrverbände rekrutiert und überall dort punktuell eingesetzt, wo eine hohe Bereitschaft und Durchhaltefähigkeit notwendig sind. Dies betrifft Leistungen in den Bereichen der Unterstützung ziviler Behörden (z.B. subsidiären Sicherungseinsätzen, Einsätzen zur militärischen Katastrophenhilfe) und der Erbringung von Basisleistungen. So bewährt sich u.a. bei der Luftwaffe und der Führungsunterstützungsbasis der Einsatz der Durchdiener zur Unterstützung und als Ersatz von Berufspersonal und in gewissen Bereichen auch, um die sofortige Einsatzbereitschaft sicherzustellen. In der Logistik werden die Durchdiener zusätzlich auch zur Abdeckung von Bedarfsspitzen eingesetzt.

Reaktions- und Durchhaltefähigkeit sind zwei Kerngrössen, die das Leistungsprofil der Armee bestimmen. Darum ist der Modernisierungsprozess der Armee darauf auszurichten, diese beiden Fähigkeiten zu erhöhen. Die Durchdiener sind ein Schlüsselelement des Systems der abgestuften Bereitschaft und ein wichtiges Element zur Gewährleistung der Durchhaltefähigkeit der Armee. Die Erhöhung des Durchdieneranteils von heute 15 Prozent eines Rekrutenjahrgangs soll geprüft werden.

8944

6.6.1

Vorteile der Durchdiener

Durchdiener sind aus dem Stand einsetzbar. Würde ihr Anteil auf 50 Prozent erhöht und würden alle Durchdiener zur Unterstützung der zivilen Behörden eingesetzt, könnten alle diese Einsätze, mit Ausnahme des Grosseinsatzes von 35 000 Angehörigen der Arme, damit erfüllt werden.

Nach ihrer Grundausbildung haben Durchdiener einen hohen Ausbildungsstand. Im Gegensatz zu WK-Truppen gibt es keinen Wissensverlust durch die Zeit zwischen den Dienstleistungen. Die Kompetenz der Durchdiener und ihre Spezialkenntnisse können so effizient genutzt werden.

Die Belastung der Logistikbasis und damit der Betriebsaufwand liegt tiefer als beim herkömmlichen Dienstleistungsmodell, weil Durchdiener im Gegensatz zu WK-Truppen nur einmal ihr Material fassen und abgeben.

Bei gezieltem Einsatz von Durchdienern mit speziellen Fähigkeiten und Kenntnissen, z.B. in der Logistik oder der Führungsunterstützung, ergibt sich gegenüber dem Einsatz von WK-Personal ein Effizienzgewinn.

6.6.2

Nachteile der Durchdiener

Durchdiener sind relativ jung. Eine Durchmischung der Altersstruktur ist bei Aufträgen im zivil-militärischen Umfeld oft von Vorteil. Den Durchdienern kann es an Lebenserfahrung fehlen, was sich besonders in Risikosituationen negativ auswirkt.

Durchdiener stehen oft erst am Anfang ihrer Berufskarriere und verfügen damit über wenig Berufserfahrung. Maturanden verfügen noch über kein berufsspezifisches Spezialwissen und können so auch nicht als Spezialisten eingesetzt werden.

Grundsätzlich weicht die Weiterausbildung bei den Durchdienern nicht von der des WK-Modells ab. In Durchdiener-Einheiten werden aber weniger Kader gewonnen, weil die lange Dienstdauer abschreckend wirkt und dazu führt, dass die wenigen Durchdienerkaderanwärter oft ins WK-Modell abwandern. Die Kaderlücke der Durchdiener muss daher mit Zeit- oder Berufsmilitär geschlossen werden, mit Kostenfolgen.

Die Führung von Durchdienereinheiten ist wegen ihrer homogenen Alterstruktur, fehlender Abwechslung und zum Teil auch Unterbeschäftigung nach dem Absolvieren des Grundausbildungsdienstes anspruchsvoller als die Führung einer normalen WK-Einheit.

Durchdieneranteil und Armeestruktur Durchdieneranteil

15 %

30 %

Anzahl Durchdiener pro Jahrgang

2400 4800 8000 16 000 1­2 Bataillone 3­4 Bataillone 4­6 Bataillone 8­12 Bataillone

Anzahl aktiver (WK-)Formationen (Bataillone/Abteilungen)

ca. 125

ca. 100

50 %

ca. 70

100 %

0

8945

Durchdiener könnten ­ wenn sie einen substanziellen Teil der Armee, z.B.

30 Prozent, ausmachen ­ konzentriert für die eine oder andere Aufgabe eingesetzt werden. So könnten alle Durchdiener zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Verteidigungskompetenz in stehenden Verbänden zusammengefasst werden. Alternativ könnte die Unterstützung der zivilen Behörden vollständig oder grösstenteils durch die Durchdiener wahrgenommen werden, und die WK-Truppen würden davon entlastet. Schliesslich könnten die Durchdiener auch zur Erbringung von Basisleistungen (Luftwaffe, Führungsunterstützung und Logistik) und zur Sicherstellung der Bereitschaft (Katastrophenhilfe und Infanteriebereitschaft) eingesetzt werden.

6.6.3

Finanzielle Aspekte

Die Kosten von Durchdienermodellen sind nicht einfach auszuweisen, da sie vom gewählten Anteil der Durchdiener, ihrer Verwendung und dem allfälligen Zusatzbedarf an militärischem Berufspersonal abhängig sind. Es handelt sich damit nicht um ein Modell, sondern um eine ganze Reihe von Modellen.

Einsparungen sind möglich, beispielsweise durch den Ersatz von zivilem oder militärischem Personal durch Durchdiener oder weil weniger Material benötigt wird, beziehungsweise der Materialumlauf weniger intensiv ist. Die Abhängigkeit der Aufwendungen vom gewählten Einsatzprofil ist hoch, weil je nach Einsatzart der Durchdiener völlig unterschiedliche Bedürfnisse hinsichtlich Ausbildungsinfrastruktur, Personal (Berufsmilitär) und Material entstehen.92 Erste Berechnungen zeigten keinen signifikanten Spareffekt. Der Bundesrat will dieser Frage fundierter nachgehen und prüfen, wie verschiedene Anteile an Durchdienern ­ einschliesslich 100 Prozent ­ sich finanziell auswirken würden.

6.6.4

Anreizsystem für Durchdiener

Eine Erhöhung des Anteils der Durchdiener auf 30 Prozent eines Rekrutenjahrganges ohne gesetzlichen Zwang wird vom VBS geprüft. Damit genügend Freiwillige für das Durchdienen gefunden werden können, muss ein Anreizsystem ­ beispielsweise durch eine Senkung der Gesamtdiensttage, durch finanzielle Anreize usw. ­ geschaffen werden.

6.7

Rechtliche Aspekte

6.7.1

Rechtsgrundlagen

Die folgenden rechtlichen Grundlagen sind für die Weiterentwicklung der Armee relevant:

92

­

Bundesverfassung (BV, SR 101);

­

Militärgesetz (MG, SR 510.10); Die Frage, inwieweit eine Erhöhung des Durchdieneranteils durch eine effizientere Gestaltung des Dienstbetriebs oder durch eine Reduktion des aktiven Bestandes der Armee Spareffekte hätte, wird in den Ziff. 6.5.6 und 6.5.8 behandelt.

8946

­

Verordnung der Bundesversammlung vom 4. Oktober 2002 über die Organisation der Armee (AO, SR 513.1);

­

Verordnung vom 26. November 2003 über die Organisation der Armee (VOA, SR 513.11);

­

Verordnung vom 19. November 2003 über die Militärdienstpflicht (MDV, SR 512.21);

­

Bundesgesetz vom 12. Juni 1959 über die Wehrpflichtersatzabgabe (WPEG, SR 661);

­

Verordnung vom 30. August 1995 (WPEV, SR 661.1);

­

Bundesratsbeschluss vom 26. November 2008 zur Sicherheitspolitik.93

über die Wehrpflichtersatzabgabe

Um die Bestände den effektiven Zahlen anpassen oder die Anzahl zu leistender Tage Ausbildungsdienst senken zu können, bedarf es einer Änderung der Verordnung über die Organisation der Armee (AO) und damit eines Beschlusses der Bundesversammlung.

Ein einmaliger Erlass einer bestimmten Anzahl Diensttage unter Beibehaltung der geltenden Höchstzahl ist aus Gründen der Rechtsgleichheit und Rechtssicherheit problematisch. Jedenfalls stünde diese Kompetenz aufgrund der Artikel 11 und 12 AO ebenfalls nur der Bundesversammlung zu. Die in Artikel 12 AO verbriefte Ausnahmekompetenz des Bundesrates betrifft lediglich den Turnus und die Dauer der Wiederholungskurse, nicht aber die Gesamtzahl der Tage Ausbildungsdienst, die gemäss Artikel 11 AO für alle gleich sein soll. Zudem dürfen nur Ausnahmen festgelegt werden, was eine generelle Kürzung a priori nicht sein kann. Eine Reduktion der Anzahl Tage Ausbildungsdienst für die Durchdiener liegt in der Kompetenz des Bundesrates und bedingt eine Revision der Verordnung über die Militärdienstpflicht.

Die Zahl darf jedoch nicht tiefer sein als diejenige für die WK-Leistenden.

6.7.2

Rechtsgutachten von Prof. Rainer Schweizer

Das VBS hat bei Prof. Rainer Schweizer ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um die Verfassungsmässigkeit einer möglichen Erhöhung des Anteils Durchdiener zu prüfen sowie zu beurteilen, wie weit die Verteidigungskompetenz der Armee verringert werden kann, ohne gegen die Verfassung zu verstossen, und ob das angestrebte Leistungsprofil diese Anforderung erfüllt.

Maximale Anzahl an Durchdienern Eine prozentuale Fixierung der zulässigen Quote der Durchdiener lässt sich aus der Verfassung nicht ableiten. Im Rahmen der Armeeorganisation steht es dem Gesetzgeber unter Beachtung der definierten Verfassungsvorgaben und der bestehenden Bedrohungslage offen, den Anteil der Durchdiener je nach Truppengattung differen93

Der Bundesrat beschloss am 26. November 2008, dass das VBS einen Plan zur Reduktion des Bestandes der Armee angesichts der demografischen Gegebenheiten 2010­2025 ausarbeiten solle. Diese Reduktion solle auch eine Verringerung beim Material einschliessen, sodass das Material mit den geplanten finanziellen Mitteln unterhalten und modernisiert werden könne. Der Reduktionsplan solle auch die Problematik der Alimentierung der Milizkader berücksichtigen.

8947

ziert festzulegen. Der Anteil der Durchdiener darf aus verfassungsrechtlicher Sicht namentlich soweit erhöht werden, als: ­

die Funktionsfähigkeit des Systems einer gestaffelten Dienstleistung und einer längeren Phase einer aktiven Militärzugehörigkeit nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird;

­

das Kader der Armee (nicht nur der Durchdienerformationen) überwiegend und systemprägend durch Milizunteroffiziere und -offiziere gestellt werden kann;

­

die Präsenz der Armee und die Einsatzbereitschaft aus dem Stand durch die Bedrohungslage und/oder die Anforderungen einer hinreichenden Fachausbildung sachlich begründet ist;

­

die Erhöhung der Zahl der Durchdiener unter Beachtung der Subsidiarität und insbesondere nicht zur Kompensation der ungenügenden Alimentierung und Koordination der kantonalen Polizeikräfte erfolgt.

Anteil von militärischem Personal im Kader von Durchdienerformationen Der Anteil an militärischem Personal im Kader von Durchdienerformationen darf nur so hoch sein, dass die Milizkader in der gesamten Armee nach wie vor das quantitative Übergewicht bilden. Die Schlüsselfunktionen müssen bei einem Einsatz der Durchdienerformationen, jedenfalls wo dieser planbar ist, wesentlich durch Milizoffiziere und -unteroffiziere besetzt sein. Die Führung der Durchdienerformationen im Einsatz durch Berufskader muss die Ausnahme sein. Die Grundausbildung der Durchdienerformationen kann überwiegend oder gänzlich militärischem Personal übertragen werden. Die Ausbildung der Durchdienerformationen nach Abschluss der Grundausbildung hat überwiegend durch Milizkader zu erfolgen.

Zwang zum Durchdienen Die Einführung eines Zwangs zum Durchdienen wäre auf Gesetzesstufe verfassungsrechtlich zulässig. Sie bedürfte als wichtige rechtsetzende Bestimmung einer formalgesetzlichen Grundlage. Diese muss hinreichend und angemessen bestimmt sein. Dies erfordert eine Konkretisierung der Voraussetzungen und Kriterien für die Anwendung eines Zwangs zum Durchdienen bereits auf Gesetzesstufe. Die zu formulierenden Kriterien haben sich massgeblich an den verfassungsrechtlichen Erfordernissen eines öffentlichen Interesses, der Verhältnismässigkeit und der Rechtsgleichheit zu orientieren. Gesetzlich festzuhalten und zu konkretisieren sind demnach insbesondere der Bedarf der Armee, die Auswahl der Durchdiener nach der Eignung der Angehörigen der Armee sowie die Abwägung zwischen öffentlichen Interessen und schutzwürdigen privaten Interessen. Die verfassungsrechtliche Rechtsweggarantie verlangt eine gerichtliche Überprüfbarkeit der Verpflichtung zum Durchdienen.

Verteidigungskompetenz Zur Frage einer minimalen mit der Verfassung vereinbaren Verteidigungskompetenz bemerkt der Gutachter, dass die Verteidigung von Land und Bevölkerung eine zwingende Aufgabe der Armee sei. Gefordert sei eine reale Verteidigungskompetenz der Armee, die sich nach den voraussichtlichen Bedrohungen richte, mit geeigneter Bewaffnung und operativer Ausrichtung, nicht zuletzt damit auch die völkerrechtlichen beziehungsweise kriegsvölkerrechtlichen Pflichten erfüllt werden 8948

könnten. Völkerrechtlich müsse die Schweiz über bestimmte Polizei- und Verteidigungskompetenzen verfügen, namentlich, um die Pflichten eines neutralen Staates bei bewaffneten Konflikten zu erfüllen (nämlich zu verhindern, dass kriegführende Staaten das Staatsgebiet der Schweiz oder ihren Luftraum als Operationsbasis oder zum Transit verwenden). Weitere Gründe (die sich aber in erster Linie auf die Polizei beziehen) sind der Schutz von Diplomatinnen und Diplomaten, von internationalen Organisationen und privilegierten Besucherinnen und Besuchern sowie die Pflichten, die sich aus der Schengen-Assoziation ergeben. Die Verfassungskonformität des im vorliegenden Bericht umschriebenen Leistungsprofils der Armee kann laut dem Gutachter erst beurteilt werden, wenn die Rollenverteilung und die Zusammenarbeit von Bund und Kantonen im Sicherheitsverbund Schweiz verfassungsrechtlich geklärt ist.

7

Weiterentwicklung der Armee

Die Weiterentwicklung der Armee ist ein ständiger Prozess. Aufgelaufene Mängel zwingen sie ebenso dazu wie veränderte Bedürfnisse und Rahmenbedingungen. In der folgenden Ziffer wird kurz beschrieben, was sich bewährt hat und somit nicht geändert wird, und welche Eckwerte, die über den Zeithorizont von 2013 hinausgehen, in der Weiterentwicklung der Armee einzuhalten sind.

7.1

Bewährtes erhalten

Die Armee bleibt grundsätzlich eine Milizarmee.

Die Milizarmee erweist sich als grosser Vorteil, weil nur sie die gegenseitige Nutzung von zivilen und militärischen Fähigkeiten und Kenntnissen zulässt und ein genügend grosses Potenzial an geeigneten Kandidaten für alle Funktionsstufen bereitstellt.

Die Armee basiert weiterhin auf der Militärdienstpflicht.

Die Armee hat dank der Militärdienstpflicht eine grosse Rekrutierungsbasis. Bürger (und freiwillig auch Bürgerinnen) sollen an der militärischen Gewährleistung von Sicherheit direkt beteiligt sein. Das heutige Rekrutierungsverfahren hat sich bewährt und wird beibehalten.

Verteidigung bleibt die Kernfähigkeit der Armee.

Bewaffnete Konflikte in Europa sind nicht für immer auszuschliessen. Die Armee ist das einzige Mittel, um einen militärischen Angriff abzuwehren. Ein Verzicht auf diese Fähigkeit würde die Handlungsfreiheit der Schweiz stark einschränken. Deshalb bleibt Verteidigung die Kernfähigkeit der Armee.

Die Qualität der Ausbildung bleibt erhalten.

Die Qualität der Ausbildung hat sich in den letzten rund zehn Jahren merklich verbessert, dies auch dank des verstärkten Einsatzes von Berufsmilitärs und der guten Ausbildungseinrichtungen (z.B. Simulatoren, E-Learning) auf den Waffenplätzen.

8949

Die persönliche Ausrüstung des Soldaten ist auf einem technologisch guten Niveau.

Dies soll weiterhin so bleiben.

In den letzten zwanzig Jahren wurde die persönliche Ausrüstung des Soldaten stetig den militärischen Erfordernissen angepasst. Die Meinung der Soldaten über die Wirksamkeit der Armee hängt auch von der Wahrnehmung der Qualität ihrer persönlichen Ausrüstung ab.

Die internationalen Einsätze der Armee werden von den Partnern geschätzt.

Die internationalen Einsätze der Armee werden von den Partnern anerkannt und geschätzt. Sie tragen zur Stabilität in den Einsatzländern und -regionen bei, ebenso wie zur Glaubwürdigkeit und dem positiven Bild der Schweiz.

7.2

Eckwerte für die Weiterentwicklung der Armee

Die Eckwerte für die Weiterentwicklung der Armee hängen zum grossen Teil miteinander zusammen und bilden ein System, in das nicht beliebig eingegriffen werden kann, ohne das Ziel zu gefährden. Um eine gewisse Planungssicherheit zu haben, braucht es Klarheit und Stabilität bezüglich der Eckwerte.

Leistungen der Armee ­

Das Leistungsprofil gemäss Ziffer 5 dieses Armeeberichts ist nach den sparbedingten Anpassungen die Basis für die Weiterentwicklung der Armee.

­

Mit der Anpassung des Leistungsprofils ist neu zu prüfen, was zu den Kompetenzen der Armee gehört. Auslagerungen, welche diese tangieren, sollen rückgängig gemacht werden, vor allem in der Logistikbasis der Armee und in der Führungsunterstützungsbasis.

­

Die abgestufte Bereitschaft ist den Erfordernissen des Leistungsprofils anzupassen und mit Milizverbänden in erhöhter Bereitschaft und einem Aufgebotssystem für nicht im Dienst stehende WK-Formationen zu ergänzen.

­

Die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung gewährleistet die Schweizer Armee möglichst autonom. Alle übrigen Leistungen erbringt sie grundsätzlich zusammen mit nationalen oder internationalen Partnern.

Doktrin ­

Die Anpassung der Doktrin ist Bestandteil der Weiterentwicklung der Armee. Leistungen, Ressourcen und Einsatzgrundsätze müssen miteinander im Einklang stehen.

­

Die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung erfordert einen fähigkeitsorientierten Ansatz, ausgerichtet auf eine klare, mittelfristig gültige Doktrin. Dabei ist auf konkrete Bedrohungsszenarien zu verzichten.

­

Die vernetzte Operationsführung hat sich in erster Priorität auf Einsätze mit kurzen Reaktionszeiten zu konzentrieren. In zweiter Priorität sind für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung Fähig-

8950

keiten auf taktischer bis obere taktische Stufe in Kampf- und Kampfunterstützungsverbänden und zwischen Landkomponenten, Luftkomponenten sowie elektronischer Kriegführung aufzubauen. Verbände, die zur Unterstützung ziviler Behörden und Friedensförderung vorgesehen sind, haben in dieser Hinsicht dritte Priorität. Diese Prioritätensetzung reflektiert den Nutzen der vernetzten Operationsführung für die verschiedenen Armeeaufgaben und -einsätze.

Armeeorganisation, Milizpersonal der Armee und Organisation des Bereichs Verteidigung ­

Der Sollbestand der Armee soll auf 80 000 Angehörige der Armee verringert werden; die Anzahl Diensttage pro Jahr auf rund 5 Millionen.

­

Es wird geprüft, ob und wie der Anteil der Durchdiener erhöht werden kann.

­

Das Dienstleistungsmodell soll flexibler gemacht werden.

­

Eine Verlängerung der Grundausbildung zulasten der Fortbildungsdienste soll geprüft und, wenn sich diese Option als gangbar erweist, in jenem Teil der Armee umgesetzt werden, der sich primär der Erhaltung und Weiterentwicklung der Kernkompetenz Verteidigung widmet.

­

Die Führungsstrukturen sollen auf die wahrscheinlichen Einsätze ausgerichtet werden.

­

Stäbe und Formationen sollen verkleinert und differenziert auf das Leistungsprofil ausgerichtet werden.

Ausbildung ­

Es ist zu prüfen, ob manche Rekrutenschulen nur ein- oder zweimal pro Jahr durchgeführt werden sollen.

­

Für das Training der Verteidigungskompetenz können Verträge für die Benutzung ausländischer Ausbildungsplätze abgeschlossen werden (Heer und Luftwaffe).

­

Alternative Ausbildungs- und Dienstleistungsmodelle können geprüft werden.

Ausrüstung und Material ­

Es wird ­ Anpassungen aus Spargründen vorbehalten ­ angestrebt, alle aktiven Verbände vollständig auszurüsten.

­

Investitionen sollen mit gleichzeitigen Ausserdienststellungen gekoppelt werden. In erster Linie sind Systeme ausser Dienst zu stellen, die keine nachhaltigen Beiträge zum Leistungsprofil erbringen, wie Festungsanlagen oder Sperrstellen.

Logistik ­

Leistungen sollen nur dann ausgelagert werden, wenn längerfristig eine erhebliche Kostenreduktion in Aussicht steht und keine grossen Risiken durch Abhängigkeiten entstehen.

­

Die logistische Infrastruktur ist weiter zu reduzieren, die Logistikzentren sind modern und leistungsfähig zu erhalten.

8951

Personal ­

Konzepte zum Erhalt des Wissens bei Personalabgängen sollen eingeführt werden.

­

Die Planungssicherheit in Personalbelangen soll im Bereich Verteidigung verbessert werden.

Finanzen ­

Der mehrjährige Ausgabenplafond der Armee bleibt vorderhand stabil bei 4.4 Milliarden Franken (ohne Teuerung).

­

Für Leistungen, die intern günstiger erbracht werden können als bei Auslagerungen, ist unter entsprechender Erhöhung des Personalbudgets Personal anzustellen.

­

Es soll geprüft werden, ob die Flexibilität in Bezug auf die Durchlässigkeit zwischen einzelnen Budgetgefässen erhöht werden kann, z.B. um mit Rüstungsgeldern internes Personal anzustellen beziehungsweise abzubauen.

Infrastruktur ­

Der Immobilienbestand der Armee soll im Rahmen der Überarbeitung des Stationierungskonzeptes so reduziert werden, dass die Betriebs- und Instandhaltungskosten markant gesenkt werden können.

Führungsunterstützung ­

Die IKT-Basisinfrastruktur soll konsolidiert und die Systemvielfalt unter Beibehaltung der Leistungsfähigkeit reduziert werden.

­

Der Schutz der armeeeigenen Netzwerke ist prioritär sicherzustellen.

Ökologische Rahmenbedingungen ­

Für ökologische Sanierungen soll eine Finanzplanung erarbeitet werden.

­

Bei militärischen Tätigkeiten sollen ökologische Schäden möglichst vermieden werden.

7.3

Weiteres Vorgehen und Überführung

Nach der Verabschiedung des Armeeberichts durch den Bundesrat wird das VBS die im Bericht aufgeführten Sparmassnahmen eingehend prüfen ­ auf finanziellen Ertrag, aber auch auf militärische und rechtliche Konsequenzen ­, um mit dem vorgegebenen Ausgabenplafond der Armee von 4,4 Milliarden Franken mittelfristig ein adäquates Verhältnis zwischen Betriebs- und Investitionskosten zu gewährleisten. Parallel dazu werden verschiedene Konzepte unter Einbezug externer Spezialisten (Schweizerische Offiziersgesellschaft und andere militärische Verbände) bis Ende 2011 erarbeitet. Weil zwischen ihnen gegenseitige Abhängigkeiten bestehen, muss die Bearbeitung abgestuft und koordiniert erfolgen.

Die Konzepte und allfällige vom Bundesrat befürwortete Sparmassnahmen werden Grundlage für eine Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über Anpassungen des Militärgesetzes und der Verordnung der Bundesversammlung über 8952

die Armeeorganisation sein. Bis Ende 2012 werden diese Arbeiten abgeschlossen, inklusive einer Vernehmlassung zusammen mit den Detailkonzepten. Damit kann das Parlament die Gesetzesvorlagen 2013 behandeln. Anschliessend sollen die Anpassungen zwischen 2015 und 2020 umgesetzt werden, worauf eine Konsolidierungsphase folgen soll.

Parallel dazu wird der Entwicklungsschritt 2008/11 fertig umgesetzt und bis 2014 konsolidiert. Mit rasch wirkenden Massnahmen sollen Mängel und Altlasten abgearbeitet werden. Es muss zudem geprüft werden, welche Sofortmassnahmen sich aus finanziellen Gründen aufdrängen.

Die Überführung soll schrittweise erfolgen. Dazu ist die Planung der Weiterentwicklung der Armee bereits vor der eigentlichen Überführungsphase auf die Zielkonfiguration auszurichten. Zunächst wird ein Überführungskonzept erarbeitet. Wenn dieses vorliegt, sollen ab 2014 die dann bereits machbaren Überführungsmassnahmen als Vorausmassnahmen angegangen werden. Wenn Ende 2014 die entsprechenden Gesetzesvorlagen behandelt sind, wird eine schrittweise Umsetzung bis ins Jahr 2020 erfolgen.

Für folgende Arbeitsfelder sind Konzepte zu erstellen: ­

Kompetenzzentrum Verteidigung

­

Doktrin

­

Armeeorganisation

­

Dienstpflicht-/Dienstleistungsmodell

­

Ausbildung

­

Ausrüstung und Bewaffnung

­

Logistik

­

Personal

­

Finanzen

­

Stationierung/Standorte

­

Führungsunterstützung

­

Bereitschaft

­

Ausserdienststellungen

­

Kooperationen

­

Überführung

8953

Anhang 1

Übersicht Finanzen Staatsrechnung 2009 [Mio. Fr.]

Voranschlag 201194 [Mio. Fr.]

Verteidigung und armasuisse Immobilien ­ finanzierungswirksam

5945 4261

6585 4645

­ Leistungsverrechnung ­ nicht finanzierungswirksam

1391 293

1524 416

Verteidigung: Aufwand und Investitionsausgaben ­ finanzierungswirksam ­ Leistungsverrechnung ­ nicht finanzierungswirksam

5205 3879 1182 144

5657 4192 1292 173

armasuisse Immobilien: Aufwand und Investitionsausgaben ­ finanzierungswirksam ­ Leistungsverrechnung ­ nicht finanzierungswirksam

740 382 209 149

928 453 232 243

94 95

Bemerkungen

Ausgabenplafond der Armee95

Stand: Bundesratsbeschluss vom 23. Juni 2010 (inkl. Verwendung von Kreditresten aus den Vorjahren).

Im Konsolidierungsprogramm 2012/2013 wird ein mehrjähriger Ausgabenplafond der Armee für die Jahre 2012­2015 beantragt. Dieser rechnet durchschnittlich mit 4,4 Milliarden Franken pro Jahr.

8954

Anhang 2

Glossar Begriff

Umschreibung

ABC-Abwehr

Gesamtheit aller Vorkehrungen und Massnahmen gegen die Wirkungen von ABC-Kampfmitteln und vergleichbarer Gefährdungen.

abgestufte Bereitschaft

Lagegerechte und differenzierte Verfügbarkeit von Truppen, Material, Infrastruktur, Planungen, sodass die wahrscheinlich benötigten Kräfte rasch verfügbar sind, ohne unnötig viele Kräfte in hoher Bereitschaft zu halten.

Abwehr eines militärischen Angriffs

Einsatz der Armee, um das Staatsgebiet und den Luftraum gegen einen militärisch organisierten und ausgerüsteten Gegner zu behaupten.

Antizipation

Fähigkeit zur prospektiven Umfeld- und Risikoanalyse und frühen Erkennung von Entwicklungen, Bedrohungen und Gefahren.

armasuisse

Bereich des VBS, der für Beschaffungen zuständig ist.

Aufwuchs

Anpassung der Armee (bezüglich Einsatzverfahren, Ausbildung, Ausrüstung und Bewaffnung, Personalbestand) im Hinblick auf eine sich abzeichnende konkrete militärische Bedrohung.

Ausgaben

Finanzierungswirksame Aufwände inkl. Investitionen.

ausserordentliche Lage

Situation, in der in zahlreichen Bereichen und Sektoren normale Verwaltungsabläufe nicht genügen, um die Probleme und Herausforderungen zu bewältigen, die das ganze Land schwer in Mitleidenschaft ziehen oder bei kriegerischen Ereignissen.

Basisleistungen

Beiträge der Armee und der Militärverwaltung an die permanente Aufrechterhaltung von Bereitschaft (primär Führungsbereitschaft) und Betrieb (vor allem im Bereich Luftwaffe, Militärische Sicherheit, Logistik, Führungsunterstützung, Ausbildung) und Aufgaben für Dritte.

Bataillon/Abteilung Truppenkörper, in dem mehrere Kompanien oder Batterien einer Truppengattung mit zum Teil unterschiedlicher, sich ergänzender Ausrüstung zu einer organischen Truppe zusammengefasst sind.

Bedrohungen

Möglichkeiten eines Gegners oder einer Gegenseite, die Unversehrtheit von Menschen, Gütern, Material und Objekten, die Informationshoheit oder die militärische beziehungsweise zivile Handlungsfreiheit in Frage zu stellen.

8955

Begriff

Umschreibung

besondere Lage

Situation, in der gewisse Staatsaufgaben mit den normalen Verwaltungsabläufen nicht mehr bewältigt werden können.

Die sektoriell betroffene Regierungstätigkeit verlangt in der Regel eine rasche Konzentration der Mittel und Straffung der Verfahren.

Betriebsausgaben

Finanzierungswirksame Aufwände für den Betrieb.

Brigade

Aus Bataillonen und Abteilungen mehrerer Truppengattungen organisatorisch zusammengesetzter Verband, der das Gefecht der verbundenen Waffen selbständig führen kann.

Bundeshaushalt

Voranschlag und Rechnung des Bundes, inkl. Sonderrechnungen.

Dekontamination

Entfernen gefährlicher Verunreinigungen bei Personen oder Objekten. Die Verunreinigungen können dabei chemischer, biologischer oder radioaktiver Natur sein.

Dispositionsbestand Gesamtheit der bundeseigenen Bauten und Anlagen, die aufgrund des Stationierungskonzeptes der Armee keinem militärischen Zweck mehr dienen.

Durchdiener

Angehörige der Armee, die ihre Ausbildungsdienstpflicht nach Artikel 54a des Militärgesetzes freiwillig ohne Unterbrechung erfüllen.

Durchhaltefähigkeit Fähigkeit, eine geforderte Leistung über einen längeren Zeitraum uneingeschränkt aufrechtzuerhalten.

Effektivbestand

Anzahl eingeteilte Armeeangehörige in einer Formation.

Einsatzverband

Auf den Auftrag ausgerichteter, nach der Einsatzgliederung aufgebauter Verband (in der Regel auf der Ebene Territorialregion, Brigade oder Bataillon/Abteilung).

Fähigkeitslücke

Differenz zwischen Soll- und Ist-Fähigkeit. Es wird unterschieden zwischen Fähigkeitslücken und Fähigkeitsüberhängen.

fähigkeitsorientierte Durch den kontinuierlichen Abgleich zwischen Zielen (SollStreitkräfteplanung Fähigkeiten) und dem aktuellen Zustand (Ist-Fähigkeiten) können Fähigkeitslücken identifiziert werden, zu deren Deckung Massnahmen in den Bereichen Doktrin, Unternehmen, Organisation, Ausbildung, Material, Personal, Finanzen und Infrastruktur/Informatik festgelegt werden.

finanzierungswirksam

8956

Ein Kredit teilt sich seit Einführung des Neuen Rechnungsmodells Bund (NRM, 2007) in drei Unterkredite auf: ­ finanzierungswirksam ­ «Bargeld»; ­ Leistungsverrechnung ­ «Papiergeld»; ­ nicht finanzierungswirksam ­ primär Abschreibungen.

Begriff

Umschreibung

Gefahren

Faktoren der Umwelt, welche die Unversehrtheit von Menschen, Gütern, Material und Objekten oder die militärische beziehungsweise zivile Handlungsfreiheit in Frage stellen können.

Gefecht der verbundenen Waffen

Zeitlich und räumlich zusammenhängende Kampfhandlungen, bei denen Kräfte verschiedener Truppengattungen beziehungsweise verschiedene Waffensysteme unter einheitlicher Führung zusammenwirken.

Grundbereitschaft

Von einem spezifischen Auftrag unabhängiger, dauernd zu erreichender und zu erhaltender Zustand der Armee in Bezug auf Führung, Ausbildung, Logistik und Personal.

Helfen

Unterstützung der zivilen Behörden durch geeignete militärische Formationen bei Katastrophen und in anderen Notlagen sowie bei machtpolitischen Bedrohungen.

Informationsoperationen

Gesamtheit aller Aktionen, unterstützt durch die Nachrichtentätigkeiten, welche mit dem Ziel geführt werden, den Entscheidfindungsprozess eines Gegners zu beeinflussen, zu stören oder dauernd zu unterbinden und dabei die eigenen Prozesse zu verbessern und gegen die Auswirkungen solcher Aktionen des Gegners sowie gegen unbeabsichtigte und zufällige Ereignisse zu schützen.

Interoperabilität

Fähigkeit der Armee zur Kooperation mit anderen sicherheitspolitischen Instrumenten der Schweiz und mit Streitkräften anderer Staaten und mit internationalen Organisationen.

Investitionen VBS

Rüstungsausgaben, folgende vier Kredite umfassend (finanzierungswirksamer Aufwand): ­ Rüstungsmaterial inkl. Mehrwertsteuer auf Importen; ­ Ausrüstung und Erneuerungsbedarf (AEB); ­ Projektierung, Erprobung und Beschaffungsvorbereitung (PEB); ­ Investitionen armasuisse Immobilien (Immobilien).

Kämpfen

Kampfhandlungen von Kräften verschiedener Truppengattungen, z.B. um einen Gegner zu vernichten, einen Raum zu verteidigen.

Kampfgruppe

Auftragsbezogene Zusammenfassung mehrerer taktischer Einheiten zu einer gemischten Einsatzformation.

Kampfinfrastruktur

Gesamtheit der Anlagen der Festungsartillerie und der Sperrstellen, die unmittelbar dem Kampf dienen. Dazu gehören Panzerhindernisse, Sprengobjekte, Schutzbauten und Waffenstellungen.

Kernbestand (Immobilien)

Die von der Armee über 2010 hinaus benötigten Immobilien in den Bereichen Ausbildung, Einsatz und Logistik.

8957

Begriff

Umschreibung

Kernkompetenz

Eignung eines sicherheitspolitischen Instrumentes, eine Aufgabe effektiver und effizienter als andere zu erfüllen. Die Kernkompetenz der Schweizer Armee ist grundsätzlich die Abwehr eines militärischen Angriffs.

Konsolidierungsprogramm 2012­2013 (KOP 12/13)

Sparprogramm des Bundesrates zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes für die Jahre 2012­2013.

Kooperation (Bereich Logistik)

Form der freiwilligen zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit zwischen dem Bund und mindestens einem Unternehmen unter Wahrung der wirtschaftlichen und rechtlichen Selbstständigkeit.

Kooperation (im sicherheitspolitischen Sinn)

Zusammenarbeit, in erster Linie mit Partnern des nationalen Sicherheitsverbundes, dann aber auch mit anderen Staaten und internationalen Organisationen.

Kräfte

Sammelbezeichnung für Kampfmittel, Kampfunterstützungsmittel, logistische Unterstützungsmittel, Führungsunterstützungsmittel und Dienstzweige.

Leistung (militärisch)

Gezielte Handlungen von Verbänden und Systemen, die während einer bestimmten Zeit zur Lösung einer Aufgabe oder Erfüllung eines Auftrags erbracht werden müssen.

Leistungsprofil der Armee

Zeitliche, räumliche und kräftemässige Dimensionierung der Leistungen der Armee.

LOGISTIK@V

Informatikbasiertes, mit Echtzeitdaten operierendes LogistikSystem der Logistikbasis der Armee.

Luftpolizeidienst

Einsatz von Kampfflugzeugen in Friedenszeiten, um die Integrität eines spezifizierten Luftraumes zu erhalten.

Masterplan

Gesamtplan Stufe Verteidigung zur Unternehmens- und Streitkräfteentwicklung. Er stützt sich auf Doktrin, Leistungsprofil, Gesamt- und Teilstrategien. Der Masterplan harmonisiert und synchronisiert die Gesamtheit der Umsetzungsmassnahmen.

Er deckt 8 Jahre ab und wird jährlich überarbeitet.

mehrjähriger Ausgabenplafond der Armee

Dem VBS durch das Parlament befristet zugestandenes Recht, auf den Voranschlagskrediten des Bereichs Verteidigung und der armasuisse Immobilien über einen festgelegten Zeitraum bis zu einer Obergrenze (Plafond) Ausgaben zu tätigen. Kreditreste dürfen aufs Folgejahr übertragen werden. Begründete horizontale und vertikale Verschiebungen sind möglich. Aus dem mehrjährigen Ausgabenplafond leitet sich der jährliche Ausgabenplafond der Armee ab.

8958

Begriff

Umschreibung

Militärdoktrin

Prinzipien, nach denen die Armee oder Teile davon ihre Aufgaben zur Erreichung nationaler Ziele erfüllen. Diese Prinzipien sind bindend, bedürfen aber in der praktischen Umsetzung der situativen Überprüfung. Die Militärdoktrin gibt gleichzeitig Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung der Armee vor.

normale Lage

Situation, in der ordentliche Verwaltungsabläufe zur Bewältigung der anstehenden Probleme und Herausforderungen ausreichen.

ordentliches Budget Voranschlag der Eidgenossenschaft, den das Parlament aufgrund der Voranschlagsbotschaft jährlich genehmigt.

operationelle Fähigkeit

Fähigkeit eines Verbandes, Systems oder Prozesses zur Erbringung einer bestimmten Leistung im Hinblick auf die Erzeugung einer angestrebten Wirkung. Sie wird aus konkreten Aufgaben abgeleitet, die der absehbaren Entwicklung des geostrategischen und technologischen Umfeldes Rechnung tragen.

Polycom

Gesamtschweizerisches Sicherheits- und Rettungsfunknetz zur Kommunikation auf operativer Ebene zwischen sämtlichen nationalen und kantonalen Sicherheits- und Rettungsorganisationen.

Proliferation

Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihren Trägersystemen oder Bauplänen dafür.

Risiko

Produkt von Eintretenswahrscheinlichkeit eines (unerwünschten) Ereignisses und der Grösse der daraus entstehenden Konsequenzen.

Schützen

Gesamtheit der militärischen Massnahmen zur Wahrung der Unversehrtheit von Personen, Truppen, Einrichtungen und Räumen. Es werden folgende Intensitätsstufen unterschieden: überwachen, bewachen, sichern.

Sicherheitsverbund Schweiz

Der Sicherheitsverbund Schweiz vereinigt und koordiniert die Leistungen aller nationalen Sicherheitsakteure (im Einzelfall auch Unterstützung aus dem Ausland), sodass die Schweiz flexibel, umfassend, rechtzeitig und wirkungsvoll auf sicherheitspolitische Bedrohungen und Gefahren reagieren kann.

Sollbestand

Notwendiger Personalbestand einer Formation aufgrund der Einsatzdoktrin.

Spezialkräfte

Speziell ausgewählte, ausgebildete und ausgerüstete Verbände, die aus dem Stand oder nach kurzer Vorbereitung in der Lage sind, Sonderoperationen durchzuführen und nicht die Fähigkeit besitzen, konventionelle Aktionen durchzuführen.

subsidiäre Einsätze

Einsatz von Teilen der Armee auf Ersuchen und unter Einsatzverantwortung der zivilen Behörden.

8959

Begriff

Umschreibung

SWISSCOY

Beteiligung der Schweizer Armee (Swisscoy ­ für Swiss Company) an der internationalen friedensunterstützenden Mission Kosovo Force (KFOR) in Kosovo. Die Swiscoy setzt sich aus bis zu 220 freiwilligen und zum Selbstschutz mit Pistole und Sturmgewehr bewaffneten Angehörigen der Armee zusammen.

Truppenkörper

Verbände der Armee, die aus Stäben und Truppeneinheiten bestehen. Sie weisen einen Sollbestand im Bereich von 500 bis 1200 Personen aus. Sie werden als Bataillone, Abteilungen, Kommando Grenadiere, Flugplatzkommandos oder Geschwader bezeichnet.

Vernetzte Operationsführung

Vorgehensweise, bei der durch Vernetzung der Nachrichtenbeschaffungsmittel, der Entscheidträger und der Wirkmittel eine höhere Effizienz in der Erfüllung von Armeeaufgaben geschaffen wird (Informations-, Führungs- und Wirkungsüberlegenheit).

Verteidigungsfähigkeit

Gesamtheit der operationellen Fähigkeiten (Soll-Fähigkeiten), die nötig sind, um Verteidigungsoperationen erfolgreich zu führen. Sie entspricht der Einsatzbereitschaft für die Erfüllung des Verteidigungsauftrages. Im heutigen militärstrategischen Rahmen ist ein umfassender Aufwuchs Voraussetzung, um die Verteidigungsfähigkeit zu erlangen.

Verteidigungskompetenz

Erhaltung eines spezifischen Know-hows im Rahmen der an die Verteidigung gebundenen Kernkompetenz. Sie entspricht der für die Verteidigung erforderlichen Grundbereitschaft.

Verteidigungsoperation

Operationstyp, um einem Angreifer die Erreichung seiner strategisch-operativen Ziele zu verwehren. Verteidigungsoperationen erfolgen gegenwärtig nach dem Konzept der dynamischen Raumverteidigung.

Vorbereitungszeit

Zeitspanne, welche die Armee ab Aufgebot zur Ausbildung und Ausrüstung der Truppe (Erstellen der Einsatzbereitschaft) benötigt

Vorwarnzeit

Zeitspanne zwischen einer sicherheitspolitisch relevanten Lageveränderung und der politischen Entscheidung zum Einsatz der Armee bis hin zum militärischen Aufgebot.

Wahrung der Lufthoheit

Gesamtheit der Massnahmen, um Verletzungen der Luftverkehrsregeln und die missbräuchliche Benützung des Luftraumes zu verhindern.

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