10.049 Botschaft zur Änderung des Bankengesetzes (Sicherung der Einlagen) vom 12. Mai 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen hiermit Botschaft und Entwurf zur Änderung des Bundesgesetzes über die Banken und Sparkassen mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Mai 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-0777

3993

Übersicht Die im Dezember 2008 durch die Räte beschlossenen dringlichen Massnahmen zur Sicherung der Bankeinlagen sollen mit diesem Entwurf zusammen mit weiteren Neuerungen ins Dauerrecht überführt werden.

Ausgangslage Die Bundesversammlung hat am 19. Dezember 2008 in einer dringlich erklärten Gesetzesänderung als Reaktion auf die Krise in den Finanzmärkten fünf Sofortmassnahmen zur Verstärkung des Schutzes der Bankeinlagen beschlossen. Erstens wurden die geschützten Einlagen auf 100 000 Franken angehoben, zweitens wurden die Banken neu verpflichtet, in Abhängigkeit der privilegierten Einlagen ihrer Kundinnen und Kunden ständig 125 Prozent inländisch gedeckte Forderungen oder übrige in der Schweiz belegene Aktiven zu halten, drittens wurde eine grosszügigere sofortige Auszahlung von gesicherten Einlagen aus liquiden Mitteln der in Schwierigkeiten geratenen Bank vorgesehen, viertens wurde die Systemobergrenze von heute 4 Milliarden Franken auf 6 Milliarden Franken angehoben und fünftens schliesslich wurden Einlagen bei Vorsorgestiftungen gesondert und zusätzlich zu den schon gesicherten Bankeinlagen privilegiert.

Wie der Bundesrat in der Botschaft zu dieser dringlichen, bis zum 31. Dezember 2010 geltenden, Gesetzesänderung ausführte, kann mit diesen Sofortmassnahmen der Schutz der Einlagen zwar verbessert werden, er bleibt indessen mit systembedingten Mängeln behaftet. Diese bestehen namentlich in der nachschüssigen Finanzierung des Einlagensicherungssystems, welche im Sicherungsfall prozyklisch wirkt und die Gefahr einer Kettenreaktion in sich trägt. Das System vermag auch nicht, die Einlagen bei den grösseren Banken vollumfänglich zu sichern. Der Bundesrat wollte daher das System des Einlegerschutzes vertieft überprüfen und dem Parlament eine Vorlage mit weiteren Massnahmen zur Sicherung des Einlegerschutzes unterbreiten.

Die vorgeschlagene Gesetzesänderung stiess jedoch bei den meisten Parteien, in Banken- und Wirtschaftskreisen und auch bei den Kantonen auf zumeist fundamentale Opposition. Aus den mehrheitlich sehr kritischen Stellungnahmen wird klar, dass die in die Vernehmlassung geschickte Vorlage nicht umgesetzt werden kann, soweit sie einen öffentlichrechtlichen Einlagensicherungsfonds und eine zweite umfassende Sicherungsstufe durch den Bund (Vorschuss oder Garantie) vorsieht.

Der damit
verbundene fundamentale Umbau des Einlagensicherungssystems ist zum heutigen Zeitpunkt nicht mehrheitsfähig.

Inhalt der Vorlage Deshalb sollen die im Dezember 2008 durch die Räte beschlossenen dringlichen Massnahmen ins Dauerrecht überführt werden. Ebenfalls weiterverfolgt werden können die unbestrittenen übrigen Änderungen der Vernehmlassungsvorlage (namentlich betreffend Sanierungsverfahren, Auszahlungsfrist und Insolvenzregeln).

3994

Mit diesen Änderungen wird die schweizerische Einlagensicherung einen bedeutenden Schritt vorangebracht.

In Anbetracht der Fristen für die parlamentarische Behandlung der Vorlage und das fakultative Referendum werden mit dieser Botschaft zwei Erlasse vorgelegt. Erlass A enthält allein die Verlängerung der im Dezember 2008 beschlossenen dringlichen Gesetzesänderungen. Er soll bis zum Inkrafttreten von Erlass B, der die dringlichen Gesetzesänderungen zusammen mit den zusätzlichen Änderungen ins ordentliche Recht überführt, gelten, längstens aber bis 31. Dezember 2011. Erlass B kann infolge der Referendumsfrist auch bei einer Schlussabstimmung in der Herbstsession 2010 nicht rechtzeitig zur Ablösung der dringlichen Gesetzesänderungen auf 1. Januar 2011 in Kraft treten.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

3994

1 Grundzüge 1.1 Ausgangslage 1.1.1 Einlegerschutz nach der Revision des Bankengesetzes von 2004 1.1.2 Dringlich erklärte Gesetzesrevision von Dezember 2008 1.1.3 Weiterbestehende Mängel 1.1.3.1 Ex-post-Finanzierung 1.1.3.2 Systemobergrenze/Grossbanken 1.1.3.3 Risikounabhängige Prämien 1.2 In die Vernehmlassung geschickte Neuregelung 1.3 Ergebnis der Vernehmlassung 1.4 Folgerung aus der Vernehmlassung 1.5 Die beantragte Neuregelung 1.5.1 Ins Dauerrecht zu überführende Bestimmungen 1.5.1.1 Konkursprivileg für alle Einlagen bis 100 000 Franken 1.5.1.2 Unterlegung der privilegierten Einlagen mit 125 Prozent Aktiven in der Schweiz 1.5.1.3 Sofortige Auszahlung 1.5.1.4 Systemobergrenze 1.5.1.5 Guthaben bei Bank- und Freizügigkeitsstiftungen 1.5.2 Neue Bestimmungen 1.5.2.1 Sanierungsverfahren 1.5.2.2 Weiterführung von Bankdienstleistungen 1.5.2.3 Frist zur Auszahlung aus der Einlagensicherung 1.5.2.4 Anerkennung ausländischer Insolvenzmassnahmen 1.5.2.5 Nachrichtenlose Vermögenswerte 1.5.2.6 Pfandbriefzentralen 1.5.2.7 Investmentgesellschaften nach KAG 1.5.2.8 Versicherungen 1.5.2.9 Register-Schuldbrief 1.6 Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht 1.6.1 Rechtsvergleich 1.6.2 Die Lösung im Verhältnis zum europäischen Recht 1.6.3 Internationale Entwicklung

3998 3998 3998 3999 4000 4001 4001 4001 4002 4003 4004 4004 4004 4004

2 Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln 2.1 Bankengesetz 2.2 Änderung bisherigen Rechts 2.2.1 Pfandbriefgesetz vom 25. Juni 1930 2.2.2 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs 2.2.3 Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 2006 2.2.4 Börsengesetz vom 24. März 1995 2.2.5 Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17. Dezember 2004

3996

4005 4006 4006 4006 4007 4007 4008 4008 4009 4009 4009 4010 4010 4010 4011 4011 4012 4013 4014 4014 4026 4026 4027 4027 4028 4028

3 Auswirkungen 3.1 Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden 3.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

4033 4033 4033

4 Verhältnis zur Legislaturplanung

4035

5 Rechtliche Aspekte 5.1 Verfassungs- und Gesetzmässigkeit 5.2 Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

4035 4035 4035

A

Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) (Verstärkung des Einlegerschutzes) (Entwurf)

4037

B

Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) (Entwurf)

4039

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Botschaft 1

Grundzüge

1.1

Ausgangslage

1.1.1

Einlegerschutz nach der Revision des Bankengesetzes von 20041

Die aktuellen bundesrechtlichen Bestimmungen über die Bankensanierung und -liquidation gelten seit 2004. Sie wurden mit einer am 19. Dezember 2008 verabschiedeten dringlichen Revision des Bankengesetzes vom 8. November 1934 (BankG; SR 952.0), welche bis Ende 2010 gilt (vgl. Ziff. 1.1.2 hiernach), teilweise geändert. Mit dem revidierten Bankinsolvenzrecht wollte man über die rechtlichen Möglichkeiten für eine rechtzeitige Sanierung einer von Insolvenz bedrohten Bank verfügen und, sofern notwendig, eine effiziente und kostengünstige Liquidation durchführen können, um den Schaden der zahlreichen Gläubigerinnen und Gläubiger möglichst klein zu halten und eine rasche Auszahlung zu gewährleisten.

Was den Schutz der Einlegerinnen und Einleger betrifft, brachte die Gesetzesrevision von 2004 einige Besserstellungen. Diese bestanden etwa darin, dass die kleinen Gläubigerinnen und Gläubiger, deren Guthaben 5000 Franken nicht überschreiten, vorab befriedigt werden. Im Weiteren wurde das Konkursprivileg von 30 000 Franken auf Bankeinlagen aller Kategorien ausgeweitet, da die Ausscheidung der privilegierten von den nicht privilegierten Einlagen im Konkursfall einen beträchtlichen und unnötigen Aufwand mit sich gebracht hätte. Die nominelle Erhöhung des Konkursprivilegs von damals 30 000 Franken wurde hingegen verworfen, weil dies eine Mehrbelastung für die anderen Gläubigerinnen und Gläubiger und für die Einlagensicherung bedeutet hätte.

Im Weiteren mussten die privilegierten Einlagen bei schweizerischen Geschäftsstellen neu durch eine Garantie gesichert werden, welche zu einem grossen Teil auf einem System der Selbstregulierung durch die Banken beruht. Die Aufsichtsbehörde genehmigt die Selbstregulierung, wenn diese den gesetzlichen Anforderungen entspricht. So hat das System zu garantieren, dass die Auszahlung der garantierten Einlagen an die Berechtigten innert dreier Monate ab dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Bank nicht mehr zur Rückzahlung in der Lage ist (Art. 37h Abs. 3 Bst. a BankG). Da die Einlagensicherung nicht das Bankensystem als Ganzes gefährden sollte, erwog der Gesetzgeber nach langem Abwägen, dass ein Maximalbetrag gesamthaft ausstehender Beitragsverpflichtungen von vier Milliarden Franken noch tragbar bleibe (Art. 37h Abs. 3 Bst. b BankG). Einige grosse Bankinstitute verfügten schon 2004
über privilegierte Einlagen, die diesen Betrag überschritten; der Gesetzgeber befand indessen, eine Einlagensicherung über dieser Systemgrenze könne dem Privatsektor nicht auferlegt werden, und verzichtete darauf, die Folgen dieses Systemrisikos zu regeln. Schliesslich muss das System, um die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde zu erhalten, sicherstellen, dass jede Bank für die Hälfte ihrer Beitragsverpflichtungen dauernd liquide Mittel hält, welche die gesetzliche Liquidität übersteigen (Art. 37h Abs. 3 Bst. c BankG). Dank dieser Zusatzliquidität,

1

BBl 2002 8060

3998

präzisierte die Botschaft2, könne darauf verzichtet werden, der Selbstregulierung die Schaffung eines Fonds vorzuschreiben.

Besteht für die Gläubigerinnen und Gläubiger ein Risiko infolge der finanziellen Lage der Bank, kann die Aufsichtsbehörde seit der Änderung von 2004 Schutzmassnahmen anordnen. Diese können unabhängig von oder in Kombination mit Sanierungs- oder Liquidationsmassnahmen ergriffen werden. Die Schutzmassnahmen sollen eine unmittelbare Gefahr für die Gläubigerinnen und Gläubiger beseitigen, deren Gleichbehandlung gewährleisten und die Bank vor Rückzügen schützen, die sie nicht zu leisten vermag. Im Rahmen von Schutzmassnahmen kann die Aufsichtsbehörde der Bank auch verbieten, Auszahlungen zu tätigen oder Einlagen entgegenzunehmen; sie kann zudem die Schliessung der Bank für den Kundenverkehr anordnen, um einen Sturm auf die Schalter der Bank zu vermeiden.

Bei der Erarbeitung der damaligen Vorlage erwuchs den Revisionsvorschlägen einzig Opposition in Bezug auf die vorgesehene Sicherung für diejenigen privilegierten Einlagen, die gesamthaft den Betrag übersteigen, der ohne Gefahr für das Einlagensicherungssystem selber noch tragbar wäre. Das Vorprojekt hatte hier vorgeschlagen, dass die betroffenen Institute ­ es handelte sich um wenige grosse Banken ­ diese Einlagen gesondert mit einem Versicherungsvertrag oder mit Lösungen am Kapitalmarkt zu sichern hätten. Infolge dieses Widerstands verzichtete die definitive Regelung darauf, die Einlagensicherung bei grossen Banken verschieden zu behandeln.

1.1.2

Dringlich erklärte Gesetzesrevision von Dezember 20083

Der Einlegerschutz des BankG dient zum einen wirtschaftspolitischen und zum anderen sozialpolitischen Zielen. Einerseits soll er das Finanzsystem schützen und eine durch einen Bankensturm (bank run) ausgelöste Vertrauenskrise verhindern, andererseits soll er den Bankkundinnen und -kunden den raschen Zugriff auf ihre Gelder zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten ermöglichen und so auch Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben vermeiden oder zumindest mildern. Die Finanzmarktkrise von 2008 hat gezeigt, dass das bisher geltende schweizerische Einlagensicherungssystem diesen Anforderungen nur beschränkt zu genügen vermag.

Im Oktober 2008 beschlossen der Bundesrat, die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) ein Massnahmenpaket, um das Schweizer Finanzsystem zu stabilisieren und das Vertrauen in den Schweizer Finanzmarkt nachhaltig zu stärken. Teil dieses Pakets war die Verbesserung des Einlegerschutzes. Der Bundesrat unterbreitete den eidgenössischen Räten in der Wintersession 2008 eine entsprechende Botschaft mit fünf Massnahmen: Die pro Kundin oder Kunde gesicherten Einlagen in der Höhe von 30 000 Franken waren schon vor der Krise eher bescheiden. Nach den in zahlreichen Ländern erfolgten Erhöhungen der Limiten, teilweise bis zur vollen Höhe der Einlage, wurde die schweizerische Limite vollends als zu tief empfunden. Als erste Massnahme wurde daher die Höhe der geschützten Einlagen auf 100 000 Franken angehoben, womit sie 2 3

BBl 2002 8104 BBl 2008 8841

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deutlich über der damaligen Mindestgrenze in der EU lag. Eine weitere Erhöhung wurde geprüft, aber verworfen. Das Einlagensicherungssystem baut auf dem Konkursprivileg auf. Privilegierte Einlagen werden stets vor allen übrigen Einlagen aus den in der Konkursmasse vorhandenen Mitteln befriedigt. Damit geht jedes neue Privileg am Schluss zulasten der übrigen, nicht privilegierten Einlegerinnen und Einleger und anderen Gläubigerinnen und Gläubiger. Entsprechend erhöht sich bei einer Erweiterung des Konkursprivilegs das Risiko der nicht privilegierten Einlegerinnen und Einleger, was einen negativen Einfluss auf die Refinanzierung einer Bank haben kann.

Zweitens wurden die Banken verpflichtet, in Abhängigkeit der privilegierten Einlagen ihrer Kundinnen und Kunden ständig 125 Prozent inländisch gedeckte Forderungen oder übrige in der Schweiz belegene Aktiven zu halten. Damit haben die Einlegerinnen und Einleger die Gewissheit, dass ihre privilegierten Einlagen bei jeder Bank in der Schweiz abgesichert sind. Die Mehrheit der Banken erfüllte schon damals diese Mindestanforderung. In begründeten Fällen kann die Aufsichtsbehörde Ausnahmen gewähren, wenn und soweit eine zumindest gleichwertige Absicherung gegeben ist.

Drittens wurde eine grosszügigere sofortige Auszahlung privilegierter Einlagen aus Mitteln der in Schwierigkeiten geratenen Bank ermöglicht. Die Aufsichtsbehörde legt die Höhe der sofortigen Auszahlung der privilegierten Einlagen im Einzelfall fest. Im Gegensatz zur Regelung von 2004 kommen alle Einlegerinnen und Einleger, bis zur geschützten Höhe ihrer Einlage in den Genuss dieser sofortigen Auszahlung.

Viertens wurde die Systemobergrenze von 4 auf 6 Milliarden Franken angehoben.

Auf eine weitere Erhöhung wurde verzichtet. Dies, weil von der Einlagensicherung grundsätzlich nicht sämtliche gesicherten Einlagen zu decken sind, sondern lediglich die Differenz zwischen dem Gesamtbetrag der gesicherten Einlagen und dem Betrag, der aus den vorhandenen liquiden Aktiven der Bank sofort auszahlbaren gesicherten Einlagen. Die Systemobergrenze sollte aber auch die Stabilität des Bankensystems nicht in einer unverantwortlichen Weise gefährden. Eine Erhöhung auf 6 Milliarden Franken wurde daher als vertretbar erachtet.

Als weitere Massnahme wurden die Guthaben bei Vorsorgestiftungen der 2. Säule und
der Säule 3a einem vielfach geäusserten Postulat entsprechend zusätzlich und unabhängig von anderen Einlagen im Umfang von maximal 100 000 Franken dem Konkursprivileg unterstellt.

Diese Sofortmassnahmen mussten ihrem Zweck entsprechend umgehend greifen.

Die entsprechende Gesetzesänderung wurde daher dringlich erklärt. Der den Räten unterbreitete Gesetzestext wurde ohne Änderungen verabschiedet und trat am 20. Dezember 2008 in Kraft. Er gilt bis zum 31. Dezember 2010. Den Räten und dem Publikum wurde in Aussicht gestellt, bis zu diesem Datum könne der Einlegerschutz mit grundlegenden Verbesserungen ins ordentliche Recht überführt werden.

1.1.3

Weiterbestehende Mängel

Das Einlagensicherungssystem von 2004 war nur beschränkt sofort ausbaubar, da es nachschüssig finanziert wird, das heisst die notwendigen finanziellen Mittel erst im Fall der Insolvenz eines Instituts bereitgestellt werden. Das System ist auch nicht in der Lage, die Einlagen bei den grösseren Banken vollumfänglich zu sichern. Mit der 4000

dringlichen Revision von 2008 wurden Mängel beseitigt, soweit dies innerhalb des Systems möglich war. Systembedingte Mängel konnten in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit nicht behoben werden.

1.1.3.1

Ex-post-Finanzierung

Nicht befriedigend ist wie erwähnt insbesondere die Ex-post-Finanzierung. Sie hat zwar gegenüber einer Ex-ante-Finanzierung den Vorteil, dass sie keine Mittel der Banken bindet. Auch lässt sich die Verzögerung bei der Auszahlung der gesicherten Einlagen, die sich aus dem nachträglichen Einholen der Beiträge bei den einzelnen Banken ergibt, mit gezielten Massnahmen verkürzen. Ein vollständig über die Nachschusspflicht finanziertes System genügt aber nur, wenn einzelne kleine bis mittelgrosse Banken aus bei ihnen selber liegenden Gründen in Schwierigkeiten geraten, nicht aber bei einer Systemkrise. Bei einer solchen entzieht die nachschüssige Beitragspflicht der Banken dem Markt liquide Mittel, was den in einer Krise vielfach schon bestehenden generellen Mangel an Liquidität weiter verstärkt. Zu dieser prozyklischen Wirkung kommt, dass die Beitragspflicht eine Kettenreaktion auslösen und noch weitere Banken in finanzielle Schwierigkeiten bringen oder sogar selbst in die Insolvenz treiben kann.

1.1.3.2

Systemobergrenze/Grossbanken

Auch die Systemobergrenze der Einlagensicherung von 6 Milliarden Franken ist nicht unproblematisch. Das System ist mit dieser Grenze von Vornherein weder in der Lage, eine Systemkrise, das heisst den gleichzeitigen Zusammenbruch mehrerer mittlerer Banken, noch den Ausfall einer der grösseren Banken zu bewältigen. Dies ist aus den Zahlen klar ersichtlich: Die gesamten privilegierten Einlagen im Schweizer Bankensystem betrugen per Ende 2009 rund 399 Milliarden Franken. Davon umfassten die gesicherten Einlagen (d.h. die privilegierten Einlagen abzüglich die Einlagen bei ausländischen Geschäftsstellen sowie in den Säulen 2 und 3a, vgl.

Art. 37b Abs. 4 BankG) rund 340 Milliarden Franken. Sieben Banken oder Bankgruppen wiesen gesicherte Einlagen von je über 6 Milliarden Franken auf, die beiden grössten über 55 Milliarden Franken. Drei dieser Banken mit Einlagen von je über 6 Milliarden Franken sind Kantonalbanken, von denen jedoch nur eine über eine umfassende Garantie des Kantons verfügt.

1.1.3.3

Risikounabhängige Prämien

Im heutigen Selbstregulierungssystem bezahlt im Anwendungsfall jede Bank einen Beitrag, der entsprechend ihrem Anteil an den gesamten gesicherten Einlagen berechnet wird. Wer mehr gesicherte Einlagen hat, muss zu Recht einen höheren Beitrag bezahlen, da er die Einlagensicherung im Schadenfall stärker beansprucht.

Dies kann aber nicht das einzige Kriterium sein, denn die Beanspruchung der Sicherung ergibt sich nicht nur aus der möglichen Höhe des Schadens, sondern auch aus der Wahrscheinlichkeit seines Eintritts. Diese ist bei jeder Bank anders ­ man kann von einem bankeigenen Risiko sprechen ­ und hängt unter anderem von der Geschäftstätigkeit und der Kapitalisierung ab. Der im heutigen Beitragssystem 4001

fehlende Einbezug des bankeigenen Risikos ist nicht nur ungerecht, er schafft auch für Banken sowie Kundinnen und Kunden den Anreiz, höhere Risiken einzugehen, da die Einlagen ohne Konsequenzen auf die Kosten versichert sind. Einlegerinnen und Einleger können vermeintlich gefahrlos dem höchsten Zins nachjagen, ohne sich um das Risiko der Bank zu kümmern.

1.2

In die Vernehmlassung geschickte Neuregelung

Das EFD hat in Zusammenarbeit mit der SNB und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) einen Gesetzesvorschlag erarbeitet, der die geschilderten Nachteile des aktuellen Sicherungssystems grundlegend angehen und beseitigen sollte. Der Vorschlag wurde durch den Bundesrat am 11. September 2009 in die Vernehmlassung geschickt und basierte auf einem zweistufigen Sicherungssystem: ­

Die erste Stufe bildete ein von allen Banken finanzierter öffentlichrechtlicher Fonds (ESF) zur Deckung der gesicherten Einlagen in der Höhe von 3 Prozent (rund 9,75 Milliarden Franken, Stand 2009). Die Banken sollten diese Sicherung durch Äufnung von 2 Prozent der gesicherten Einlagen (rund 6.5 Milliarden Franken) in Form von Jahresbeiträgen sowie durch eine ergänzende Deckung in Form einer Verpfändung von Wertschriften zugunsten des ESF für den restlichen Betrag von 1 Prozent der gesicherten Einlagen bereitstellen.

­

Die zweite Stufe des Vorschlags bildete ein durch Prämien der Banken abgegoltener Bundesvorschuss (Variante A) oder eine Bundesgarantie (Variante B). Diese sollten die Auszahlung der gesicherten Einlagen für den Fall sichern, dass der Fonds erschöpft ist.

Weiter sollten nach dem in die Vernehmlassung geschickten Vorschlag die 2008 beschlossenen ­ bis Ende 2010 geltenden ­ Neuerungen der Einlagensicherung ins Dauerrecht überführt werden: ­

Konkursprivileg für alle Einlagen bis 100 000 Franken;

­

sofortige Auszahlung der privilegierten Einlagen aus den verfügbaren liquiden Aktiven ausserhalb der Kollokation;

­

Einlagensicherung für alle nach Artikel 37b Absatz 1bis BankG gesicherten und nicht durch die liquiden Aktiven gedeckten Einlagen bei Geschäftsstellen in der Schweiz;

­

separate Privilegierung von Guthaben bei Freizügigkeitsstiftungen der 2. Säule und Bankstiftungen der Säule 3a, die als Einlagen des einzelnen Vorsorgenehmers und Versicherten beziehungsweise der einzelnen Vorsorgenehmerin und Versicherten gelten;

­

Unterlegung der privilegierten Einlagen mit 125 Prozent Aktiven in der Schweiz.

Der Vorschlag zur Neuregelung der Einlagensicherung wurde schliesslich durch folgende Elemente ergänzt: ­

4002

Bestimmungen zum Übergang der Einlagensicherung von der heutigen Ex-post- zu einer Ex-ante-Finanzierung;

­

Zahlung des ESF an den Sanierungs- oder Untersuchungsbeauftragten oder Konkursliquidator zuhanden der Einlegerinnen und Einleger innert 20 Tagen;

­

Möglichkeit der Weiterführung von Bankdienstleistungen oder Teilen davon unter Verwendung von Fondsmitteln;

­

weitere Änderungen in Nebenpunkten.

1.3

Ergebnis der Vernehmlassung

Mit wenigen Ausnahmen war der Grundtenor in den knapp 60 Stellungnahmen sehr kritisch bis ablehnend. Unterstützung erhielt die Vorlage von der SP Schweiz, den Grünen, verschiedenen Verbänden (Kaufmännischer Verband Schweiz, Interkantonaler Rückversicherungsverband, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, Fédération romande des consommateurs, Travail.Suisse, TreuhandSuisse, Prométerre) sowie den Kantonen Basel-Stadt und Bern. Unter den ablehnenden Teilnehmern befanden sich nicht nur die CVP, die FDP und die SVP, sondern auch sämtliche Vertreter der Bankenindustrie, grosse Wirtschaftsverbände (u.a. Economiesuisse, Schweizerischer Gewerbeverband, Centre patronal), die Mehrheit der Kantone und auch das Konsumentenforum.

Viele Teilnehmer qualifizierten die beabsichtigte Regelung als Überregulierung.

Kritisiert wurden die Verstaatlichung eines bisher mittels Selbstregulierung gut funktionierenden Einlegerschutzes sowie die Kosten der neuen Regulierung. Es wurde unterstellt, die Vorlage würde diese Kosten zu tief veranschlagen, aber selbst die veranschlagten Kosten wurden als schädlich für die Volkswirtschaft bezeichnet.

Die vorgeschlagene Höhe des Einlagensicherungsfonds von 3 Prozent der gesicherten Einlagen wurde als überrissen taxiert. Es wurde mehrfach moniert, die Vorlage basiere auf ungenügenden Vorabklärungen, insbesondere in Bezug auf die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft im Allgemeinen und die Bankenindustrie im Besonderen, auf die Steuereinnahmen der Kantone und Gemeinden sowie auf die letztlich von der Einlegerin oder vom Einleger zu tragenden Zusatzkosten. Die umfassende Sicherung führe im Sinne eines «moral hazard» zu falschen Anreizen. Ohne auf die Resultate der Arbeiten der Expertengruppe «too big to fail» und die internationalen Regulierungsbemühungen zu warten, werde beim Einlegerschutz vorgeprescht. Von Seiten der Kantone wurde zusätzlich bemerkt, ein Einbezug der Kantonalbanken mit Staatsgarantie sei nicht gerechtfertigt und führe zu einer Benachteiligung dieser Banken im Wettbewerb, da sie bereits die kantonale Staatsgarantie abgelten müssten. Schliesslich wurde mehrfach ausgeführt, dass der Einlegerschutz kein Instrument des Systemschutzes sei und daher nicht dazu gebraucht werden dürfe, das von den Grossbanken ausgehende Systemrisiko zu begrenzen.

Praktisch alle Teilnehmer
befürworteten hingegen die Übernahme der im Dezember 2008 beschlossenen dringlichen Änderungen ins Dauerrecht und waren der Ansicht, dass die Schweiz dadurch über einen genügenden Einlegerschutz verfüge. Ebenfalls auf weitgehende Zustimmung stiessen namentlich die Bestimmungen zur Weiterführung von Bankdienstleistungen und die Revision der Artikel 28 ff. BankG über das Sanierungsverfahren sowie weitere Nebenpunkte (Insolvenzbestimmungen für Pfandbriefzentralen, Investmentgesellschaften und Versicherungen sowie Anerkennung ausländischer Insolvenzmassnahmen).

4003

Nur von spezialisierten Marktteilnehmern wurde die Aufhebung von Artikel 31 Absatz 3 BankG für vertragliche vereinbarte Beendigungsklauseln («Close-out Netting»-Regeln) gefordert, da diese Bestimmung die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Emittenten strukturierter Produkte erheblich beeinträchtigen werde.

1.4

Folgerung aus der Vernehmlassung

Aus den mehrheitlich sehr kritischen Stellungnahmen wird klar, dass die in die Vernehmlassung geschickte Vorlage nicht umgesetzt werden kann, soweit sie einen öffentlichrechtlichen Einlagensicherungsfonds und eine zweite umfassende Sicherungsstufe durch den Bund (Vorschuss oder Garantie) vorsieht. Der damit verbundene fundamentale Umbau des Einlagensicherungssystems ist zum heutigen Zeitpunkt nicht mehrheitsfähig. Gegebenenfalls wird die Frage, ob und wie ein Umbau des Systems angegangen werden soll, dann noch einmal aufgegriffen werden können, wenn einerseits die Ergebnisse der Expertenkommission zum Thema «too big to fail» vorliegen und andererseits die Ausgestaltung und die Auswirkungen der aktuell in diversen internationalen Gremien diskutierten künftigen Standards für die Finanzintermediäre namentlich hinsichtlich der Verschärfung von Kapital- und Liquiditätsanforderungen sowie der Transparenz- und Risikovorschriften feststehen.

Was hingegen die im Dezember 2008 durch die Räte beschlossenen dringlichen Massnahmen betrifft, so können diese nun zügig ins Dauerrecht überführt werden.

Sie bedeuten eine signifikante Verbesserung des Schutzes für Bankeinlagen. Ebenfalls weiterverfolgt werden können die unbestrittenen übrigen Änderungen der Vernehmlassungsvorlage (u.a. Sanierungsverfahren mit Weiterführung von Bankdienstleistungen, Verkürzung der Auszahlungsfrist, Regelungen zur Insolvenz von weiteren Teilnehmern am Finanzmarkt, Anerkennung ausländischer Insolvenzmassnahmen sowie Behandlung nachrichtenloser Vermögenswerte im Insolvenz- und Liquidationsverfahren).

1.5

Die beantragte Neuregelung

1.5.1

Ins Dauerrecht zu überführende Bestimmungen

1.5.1.1

Konkursprivileg für alle Einlagen bis 100 000 Franken

Die mit der geltenden Übergangsregelung eingeführte Höhe der privilegierten Einlagen von 100 000 Franken pro Einlegerin und Einleger (Art. 37b Abs. 1bis BankG) entspricht einem breiten Konsens und hält auch einem internationalen Vergleich (insbesondere mit Europa) stand. Die Regelung soll daher weiter gelten (neu Art. 37a Abs. 1). Es besteht sodann kein Grund, am geltenden System des Konkursprivilegs (2. Klasse; Art. 219 SchKG) etwas zu ändern. Auch hat sich in der Abwicklung bewährt, dass alle Einlagen gleich behandelt werden. Eine Unterscheidung von verschiedenen Arten von Einlagen, wie dies in der EU vorgesehen ist, hat sich bereits im Fall Spar- und Leihkasse Thun (SLT) als nicht praktikabel erwiesen.

Das Bedürfnis von Geschäftskunden, auch bei einer Insolvenz ihrer Bank möglichst ohne Beeinträchtigung ihren Zahlungsverkehr weiter abwickeln zu können, lässt sich im Übrigen auch mit einem höheren Privileg nicht befriedigend lösen. Hier 4004

greift jedoch die Möglichkeit, Bankdienstleistungen unabhängig vom Fortbestand der Bank aufrechtzuerhalten (vgl. Ziff. 1.5.2.2.).

An dieser Stelle sei kurz auf die Frage der Verrechnung eingegangen, die in der Öffentlichkeit immer wieder zu Fragen führt. Einzelne Banken schliessen in den allgemeinen Vertragsbedingungen (namentlich bei Hypotheken) zuweilen die Möglichkeit für die Einlegerinnen und Einleger aus, im Konkursfall der Bank ihre Schulden mit eigenen Guthaben gegenüber der Bank zu verrechnen. Eine solche Vertragsbestimmung bildet jedoch kein Problem, das im Rahmen des hier zu prüfenden Einlegerschutzes zu regeln ist, da sie nur für den nicht gesicherten Teil der Kundenforderung von Bedeutung sein kann. Bei den gesicherten Einlagen ist die Interessenlage hingegen gerade umgekehrt. Der Kunde oder die Kundin profitiert hier von der raschen Auszahlung durch die Einlagensicherung, die durch den Verrechnungsausschluss auch bei gegenüber dem Kunden oder der Kundin bestehenden Forderungen der Bank möglich bleibt. Nach der heute geltenden Einlegerschutzvereinbarung haben die Banken auf eine Verrechnung mit den gesicherten Einlagen unwiderruflich verzichtet. Bei der vorgesehenen Lösung wird ein analoger Verzicht aufgenommen. Der Schutz der Einlegerinnen und Einleger ist also unabhängig von einem vertraglichen Verrechnungsverzicht für den nicht gesicherten Teil der Kundenforderungen gewahrt. Ob ein solcher Verrechnungsverzicht generell zulässig bleiben soll, ist eine Frage, die im Rahmen einer Anpassung der Bestimmungen zum Vertrag im Obligationenrecht zu regeln wäre.

1.5.1.2

Unterlegung der privilegierten Einlagen mit 125 Prozent Aktiven in der Schweiz

Die im Rahmen der Übergangsregelung (heutiger Art. 37b Abs. 5 BankG) eingeführte Unterlegung sämtlicher privilegierten Einlagen mit 125 Prozent Aktiven in der Schweiz soll beibehalten werden (neu Art. 37a Abs. 6). Mit der Unterlegung der Einlagen mit Aktiven in der Schweiz in der Höhe von 125 Prozent der privilegierten Einlagen wird dem Publikum signalisiert, dass auf jeden Fall genug Substanz bei den Banken vorhanden ist (und nicht einfach gerade soviel, wie es wahrscheinlich braucht). Die Erfahrungen aus der aktuellen Umsetzung dieser Vorschrift haben gezeigt, dass nur wenige Banken dieses Anfordernis nicht erfüllen und eine Ausnahme beantragen mussten. Auffallend ist dabei, dass, abgesehen von den ausländisch beherrschten Banken und den Zweigniederlassungen ausländischer Banken, nur ganz wenige Institute ein Ausnahmegesuch eingereicht haben. In all diesen Fällen ist individuell zu prüfen, ob eine gleichwertige Deckung gegeben ist oder die Bank zusätzliche Vermögenswerte in die Schweiz transferieren muss. Die Regelung wurde inzwischen positiv aufgenommen, indem das Bedürfnis nach einer Absicherung und deren Vorteile bezüglich Kundenvertrauen erkannt wurden. Vergleichbare Regeln kennen auch andere Länder.

4005

1.5.1.3

Sofortige Auszahlung

Die privilegierten Einlagen bei in- und ausländischen Geschäftsstellen sollen bis zum Maximalbetrag von 100 000 Franken wie in der aktuellen Übergangsregelung (Art. 37abis BankG) weiterhin ausserhalb der Kollokation, ohne Verrechnung und sofort aus den vorhandenen und verfügbaren liquiden Mitteln (unter Berücksichtigung möglicher anderer im Konkurs privilegierter Forderungen) gedeckt werden können (neu Art. 37b). Im Umfang, in dem die gesicherten Einlagen aus den liquiden Mitteln befriedigt werden können, erübrigt sich eine Auszahlung im Rahmen der Einlagensicherung.

1.5.1.4

Systemobergrenze

Mit der Festsetzung einer Systemobergrenze, dass heisst dem Maximalbetrag für die gesamthaft ausstehenden Beitragsverpflichtungen der Banken gegenüber der Einlagensicherung, soll vermieden werden, dass durch die Solidarität unter den Banken im Schadenfall die Stabilität des Gesamtsystems gefährdet wird. Von der Einlagensicherung zu decken sind faktisch aber nicht sämtliche gesicherten Einlagen in der Schweiz, sondern lediglich die Differenz zwischen dem neu in Abhängigkeit der vorhandenen liquiden Aktiven festzusetzenden Höchstbetrag der sofort aus den Mitteln der Bank auszuzahlenden Einlagen und dem Höchstbetrag der gesicherten Einlagen. Die Systemobergrenze wurde im Rahmen der 2008 beschlossenen dringlichen Massnahmen von 4 auf 6 Milliarden Franken erhöht (Art. 37h Abs. 3 Bst. bbis BankG). Diese Erhöhung kann als moderat bezeichnet werden. Sie gefährdet die Stabilität des Bankensystems nicht und wurde denn auch in der Vernehmlassung weitgehend positiv aufgenommen. Sie kann daher ins Dauerrecht überführt werden (neu Art. 37h Abs. 3 Bst. b). Die neue Systemobergrenze bietet einen Schutz der gesamten gesicherten Einlagen, der prozentual über demjenigen der ausländischen Sicherungssysteme liegt.

1.5.1.5

Guthaben bei Bank- und Freizügigkeitsstiftungen

Die Behandlung der Guthaben bei Bank- und Freizügigkeitsstiftungen für die 2. Säule und die Säule 3a ist gemäss geltender Übergangsregelung (Art. 37b Abs. 4 BankG) zu übernehmen: Die Guthaben sind den einzelnen Vorsorge- und Versicherungsnehmerinnen und -nehmern anzurechnen und getrennt von den übrigen Einlagen zu betrachten. Es erfolgt weiterhin eine separate Privilegierung bis 100 000 Franken (neu Art. 37a Abs. 5). Diese Guthaben werden hingegen nicht zusätzlich von der Einlagensicherung erfasst, und es erfolgt auch keine sofortige Auszahlung aus den liquiden Aktiven, da für die Auszahlung keine besondere Dringlichkeit besteht.

Diese Regelung hat keine Ungleichbehandlung der Forderungen im Bereich der beruflichen Vorsorge zur Folge. Ansprüche von Versicherten gegen eine Vorsorgeeinrichtung sind bei Zahlungsunfähigkeit dieser Einrichtung im Ausmass des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) vollumfänglich durch den Sicherheitsfonds garantiert, nicht nur konkursprivilegiert (vgl. Art 56 Abs. 1 Bst. b BVG). Bei überobligatorischen Ansprüchen gegen diese Einrichtungen sind sie für Leistungen in 4006

Bezug auf den Lohn bis zum Anderthalbfachen des oberen Grenzbetrags ebenfalls durch den Sicherheitsfonds garantiert (Art. 56 Abs. 1 Bst. c und Abs. 2 BVG). Die gesamten überobligatorischen Ansprüche von Versicherten gegen Vorsorgeeinrichtungen sind ausserdem nach Artikel 219 Absatz 4 SchKG in der 2. Klasse konkursprivilegiert. Berechtigte mit Ansprüchen aus der beruflichen Vorsorge gegen Vorsorgeeinrichtungen haben daher im Vergleich mit Einlagen, die neu von Artikel 37a Absatz 5 erfasst werden, keinen schlechteren Schutz.

Der vorgeschlagene Schutz bewirkt schliesslich auch keine zu starke Privilegierung im Vergleich zu Freizügigkeits- und 3a-Policen (beides bei Versicherungen). Die Anspruchsberechtigten aus Freizügigkeitspolicen und Säule-3a-Policen geniessen eine Vorzugsstellung, indem sie im Konkursfall eines Versicherers aus dem Erlös des speziellen gebundenen Vermögens zuerst, vor allen andern Gläubigerinnen und Gläubigern, zu befriedigen sind (Art. 54 Abs. 4 Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17. Dezember 2004 [VAG; SR 961.01]; neu Art. 54a Abs. 2 VAG). Für die Anlage des gebundenen Vermögens bestehen zudem spezielle Diversifizierungs- und Anlagevorschriften.

1.5.2

Neue Bestimmungen

1.5.2.1

Sanierungsverfahren

Die auf den 1. Juli 2004 in Kraft getretenen Artikel 25 ff. BankG, welche die möglichen Schutzmassnahmen bei Insolvenzgefahr sowie das Sanierungsverfahren regeln, erlauben der FINMA bereits heute insbesondere mit der Anordnung von Schutzmassnahmen ein sehr frühzeitiges, massgeschneidertes und umfassendes Eingreifen.

Hingegen ist eine generelle Vereinfachung der Vorschriften zum Sanierungsverfahren so vorzusehen, dass die Rechte der Betroffenen wie bisher garantiert, das Verfahren aber nicht starr vorgegeben wird. Die aktuelle Krise hat gezeigt, dass Sanierungsmassnahmen nicht nur in ihrem Ausmass glaubwürdig sein, sondern auch mit deren Kommunikation in der Regel sofort greifen müssen, damit die angestrebte Beruhigung eintritt. Deshalb ist der bisher starre und mit verschiedenen Zwischenschritten versehene Ablauf des Sanierungsverfahrens durch eine auf die bestmögliche Sanierung ausgerichtete Regelung zu ersetzen. Es ist nicht auszuschliessen, dass in bestimmten Fällen mit der Eröffnung des Sanierungsverfahrens auch bereits der Sanierungsplan vorliegt und genehmigt wird. Der Sanierungsplan ist nicht mehr zwingend durch den Sanierungsbeauftragten auszuarbeiten, sondern nur noch, wenn dies im konkreten Fall notwendig und sinnvoll ist.

Die Kriterien für die Genehmigung eines Sanierungsplans bleiben unverändert bestehen. Gewahrt bleiben auch die Gläubigerrechte, indem die nicht privilegierten Gläubigerinnen und Gläubiger den Sanierungsplan ablehnen und damit den Konkurs der Bank herbeiführen können, wenn dieser in die Rechte der Gläubigerinnen und Gläubiger eingreift.

4007

1.5.2.2

Weiterführung von Bankdienstleistungen

Bereits in ihrem Bankinsolvenzbericht vom Januar 20084 hatte die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) noch vor Eskalation der aktuellen Finanzkrise festgehalten, dass die bestehenden Möglichkeiten flexibel genug sind, in einer frühen Phase alle Handlungsoptionen abzudecken. Mit der Anordnung von Schutzmassnahmen ist es beispielsweise möglich, wichtige Bankdienstleistungen wie insbesondere den laufenden Zahlungsverkehr ohne grössere Einschränkungen weiterzuführen. Dies ermöglicht beispielsweise Geschäftskunden, weiterhin über ihr Geschäftskonto Zahlungen entgegenzunehmen und mit diesen Geldern eigenen Verpflichtungen gegenüber Geschäftspartnern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nachzukommen. In der aktuellen Krise ist die EBK/FINMA, abgesehen vom Verfahren in Sachen UBS AG, bisher in drei Fällen bei bewilligten Instituten gestützt auf die Bestimmungen im Bankinsolvenzrecht eingeschritten (Zweigniederlassung der Lehman Brothers International [Europe], Zweigniederlassung der Kaupthing Luxemburg, ACH Securities SA) und hat Schutzmassnahmen angeordnet. Auch in diesen Fällen konnten rasch und flexibel die notwendigen Massnahmen ergriffen werden. In der Folge musste jedoch in allen drei Fällen der Konkurs eröffnet werden.

Das geltende Recht sieht hingegen keine Möglichkeit vor, einzelne Bankdienstleistungen weiterzuführen und auf andere Institute oder eine Übergangsbank («bridge bank») zu übertragen. Im Fall des Zusammenbruchs einer Bank muss jedoch oberstes Ziel die Aufrechterhaltung ihrer Dienstleistungen, der Zugang der Kundschaft zu ihren Guthaben und der Erhalt der Werthaltigkeit der Aktiven der Bank sein. Diese Ziele müssen ­ unter Wahrung der Gleichbehandlung der Gläubigerinnen und Gläubiger ­ einer möglichst raschen Auszahlung der gesicherten Einlagen vorgehen. Die Anordnung von Schutzmassnahmen kann die Aufrechterhaltung von Bankdienstleistungen nur bis zum definitiven Entscheid über die weitere Zukunft der Bank gewährleisten. Mit der Möglichkeit, Teile einer Bank weiterzuführen und auf andere Institute zu übertragen, können Bankdienstleistungen nun aber neu auch bei einem späteren Konkurs der Bank sichergestellt werden. So wird es beispielsweise möglich sein, den Zahlungsverkehr von Geschäftskunden trotz Konkurs der Bank ohne Unterbruch sicherstellen zu können.

1.5.2.3

Frist zur Auszahlung aus der Einlagensicherung

Soweit keine sofortige Auszahlung aus den liquiden Mitteln der Bank erfolgen kann (vgl. Ziff. 1.5.1.3 hievor), kommt für die gesicherten Einlagen bei schweizerischen Geschäftsstellen die Einlagensicherung zum Tragen. Diese garantiert im Sinne einer Bevorschussung gegenüber der betroffenen Bank die Auszahlung der durch sie gesicherten Einlagen. Soweit die Einlagensicherung Zahlungen leistet, gehen die Forderungen der Einlegerinnen und Einleger auf sie über. Die Zahlung der Einlagensicherung an den Sanierungs- oder Untersuchungsbeauftragten oder an den Konkursliquidator soll nunmehr innert 20 Arbeitstagen erfolgen unter dem Vorbehalt, dass die zur Auszahlung notwendigen Überweisungsinstruktionen der einzelnen Kundinnen und Kunden vorhanden sind. Eine noch kürzere Frist wäre nicht in jedem

4

einsehbar auf der Internetseite der FINMA unter der Rubrik «Archiv» (http://www.finma.ch/archiv/ebk/d/aktuell/20080128/20080128_d.pdf)

4008

Fall möglich, da zunächst auf den Stichtag die notwendigen Abschlussbuchungen durchgeführt werden müssen.

1.5.2.4

Anerkennung ausländischer Insolvenzmassnahmen

Das BankG sieht für die Anerkennung eines ausländischen Insolvenzverfahrens in jedem Fall die Durchführung eines inländischen Partikularverfahrens vor. Die FINMA hat für die Partikularmasse einen Konkursliquidator oder ­ je nach Ausgestaltung der anzuerkennenden ausländischen Insolvenzmassnahmen ­ einen Untersuchungs- oder Sanierungsbeauftragten zu ernennen. Dies selbst dann, wenn in der Schweiz keine Gläubiger, sondern lediglich Aktiven wie insbesondere in Form eines Guthabens bei einer Schweizer Bank vorhanden sind.

Ein aufwendiges Partikularverfahren soll nicht in allen Fällen Anwendung finden müssen. Die FINMA soll neben dem ausländischen Insolvenzverfahren auch die dort eingesetzten Administratoren anerkennen können, wenn die Gleichbehandlung der Gläubigerinnen und Gläubiger in der Schweiz und die Berücksichtigung der ihnen nach Schweizer Recht zukommenden Privilegierung gewährleistet wird. Die Liquidation des Partikularvermögens kann auch so in vereinfachter Form unter Aufsicht der FINMA erfolgen. Verschiedene ausländische Rechtssysteme ­ wie insbesondere die USA mit dem Verfahren nach dem US-Chapter 15 ­ kennen ähnliche Regelungen. Mit dieser grösseren Flexibilität ist es auch besser möglich, bei in mehreren Ländern tätigen Banken eine bessere Koordination und damit im Sinne des Anlegerschutzes schnellere und effizientere Abwicklung der verschiedenen nationalen Insolvenzverfahren zu ermöglichen.

1.5.2.5

Nachrichtenlose Vermögenswerte

Nachrichtenlose Vermögenswerte sind Rechte, die einer Person zustehen, zu welcher der Schuldner den Kontakt verloren hat. Bei Banken sind insbesondere Ansprüche auf den Inhalt von Schrankfächern und Kundendepots betroffen. Der entsprechende Hinterlegungsvertrag wird durch eine empfangsbedürftige Kündigung beendet, was bei fehlender Erreichbarkeit des Kunden oder der Kundin faktisch zu unverjährbaren Forderungen führt. Nach geltendem Recht ist nicht klar, ob und wie sich eine Bank mit befreiender Wirkung von nachrichtenlosen Vermögenswerten trennen kann. Der vorliegende Entwurf bietet dafür eine Regelung, wobei einer allgemeinen Regelung betreffend Fälligkeit und Verfall nachrichtenloser Vermögenswerte nicht vorgegriffen werden soll. Das bankenspezifische Problem der Unverjährbarkeit kombiniert mit der fehlenden Übertragbarkeit wird aber gelöst.

1.5.2.6

Pfandbriefzentralen

Die beiden Pfandbriefzentralen werden von der FINMA beaufsichtigt. Die Aufsicht erfolgt dabei analog zu derjenigen bei Banken. Im Pfandbriefgesetz vom 25. Juni 1930 (PfG; SR 211.423.4) fehlen jedoch Bestimmungen über die Zuständigkeit im Falle einer Insolvenz. Es ist sinnvoll, Insolvenzverfahren auch bei den Pfandbriefzentralen nach den bankspezifischen Vorschriften in der Kompetenz der FINMA 4009

abzuwickeln. Im Pfandbriefgesetz soll daher ein analoger Verweis wie im Börsengesetz vom 24. März 1995, (BEHG; SR 954.1) eingefügt werden, der die Insolvenzbestimmungen des BankG auch auf Pfandbriefzentralen anwendbar erklärt. Es ist davon auszugehen, dass dieser Verweis im Rahmen der letzten Revision vergessen ging. Die Bedeutung der Pfandbriefzentralen hat aber gerade in der aktuellen Finanzkrise zugenommen.

Auf eine Unterstellung der Pfandbriefzentralen unter die Einlagensicherung kann hingegen verzichtet werden, da regelmässig längerfristige Anlagen bezweckt werden und jeweils eine Pfanddeckung besteht. Die rasche Auszahlung steht nicht im Vordergrund.

1.5.2.7

Investmentgesellschaften nach KAG

Die FINMA ist zuständig für sämtliche Liquidationshandlungen im Zusammenhang mit kollektiven Kapitalanlagen. Es fehlen im Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 2006 (KAG; SR 951.31) jedoch Bestimmungen für den Konkurs einer Investmentgesellschaft. Es ist auch hier sinnvoll, die Zuständigkeit für eine Konkurseröffnung und die Durchführung des Konkursverfahrens auf die FINMA zu übertragen und die Konkursbestimmungen im BankG für analog anwendbar zu erklären.

1.5.2.8

Versicherungen

Die Konkurseröffnung über Versicherungen erfolgt gemäss aktueller Regelung im Versicherungsaufsichtsgesetz im Rahmen eines komplexen Zusammenspiels von FINMA und ordentlichem Konkursrichter oder ordentlicher Konkursrichterin. Die formelle Zuständigkeit liegt beim ordentlichen Konkursrichter oder bei der ordentlichen Konkursrichterin, jedoch hat die FINMA zwingend zu berücksichtigende Mitbestimmungsrechte bezüglich Konkurseröffnung und Einsetzung eines Konkursverwalters oder einer Konkursverwalterin. Als Lehre aus dem Fall Spar- und Leihkasse Thun (SLT) mit unterschiedlichen Zuständigkeiten wurde mit der Revision von 2004 die Kompetenz im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren bei Banken einheitlich auf die FINMA übertragen. Es macht keinen Sinn, demgegenüber für die Versicherungen weiterhin eine geteilte Zuständigkeitsordnung aufrecht zu erhalten. Wie bei Banken soll der FINMA auch bei Konkursen über Versicherungsunternehmen die alleinige Zuständigkeit analog den Bestimmungen zum Bankenkonkurs zukommen.

1.5.2.9

Register-Schuldbrief

Das vorliegende Gesetzgebungsvorhaben bietet schliesslich auch Gelegenheit, eine weitere Rechtsunsicherheit im Pfandbriefwesen, und zwar bezüglich der Verpfändung von Register-Schuldbriefen, zu beseitigen beziehungsweise zu verhindern. Mit der Einführung des Register-Schuldbriefs im Rahmen der Revision des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 11. Dezember 2009 wird ein reines Registerrecht geschaffen werden, welches mit der Eintragung im Grundbuch entsteht, ohne dass ein Wertpapier ausgestellt wird. Die Übertragung und Verpfändung des Register4010

Schuldbriefs erfolgen ebenfalls durch Grundbucheintrag. Verpfändet wird der Register-Schuldbrief gestützt auf eine schriftliche Erklärung des Gläubigers oder der Gläubigerin, die im Grundbuch eingetragen sind, durch die Eintragung des Fahrnispfandgläubigers im Grundbuch (neuer Art. 859 Abs. 1 ZGB). Mit Bezug auf das Pfandbriefrecht stellt sich die Frage, ob auch beim Register-Schuldbrief ­ gemäss der pfandbriefgesetzlichen Lösung ­ die Verpfändung von der Mitgliedbank an das Pfandbriefinstitut konstitutiv durch Eintragung ins Pfandregister des Mitglieds erfolgt (Art. 23 Pfandbriefgesetz) oder aber erst durch Eintragung des Pfandbriefinstituts als Fahrnispfandgläubiger im Grundbuch, wie es der vorgesehenen Regelung im neuen Artikel 859 Absatz 1 ZGB entsprechen würde. Eine Auslegung unter Berücksichtigung des Wortlauts von Artikel 23 Pfandbriefgesetz sowie der historischen, systematischen und teleologischen Elemente ergibt zwar, dass die pfandbriefmässige Verpfändung des Register-Schuldbriefs konstitutiv durch Eintragung im Pfandregister des Mitglieds erfolgt und eine allfällige Eintragung im Grundbuch lediglich deklaratorischer Natur wäre. Sowohl die schriftliche Erklärung des Gläubigers oder der Gläubigerin, die im Grundbuch eingetragen sind, sowie die Eintragung ins Grundbuch sind hier nicht erforderlich. Jedoch ergibt sich dies nicht direkt aus dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmungen, womit eine gewisse Rechtsunsicherheit entsteht, die die Verwendung des Register-Schuldbriefs (bei der Refinanzierung der Banken) im Pfandbriefsystem gefährden könnte. Deshalb drängt sich eine entsprechende Klarstellung durch eine Ergänzung von Artikel 23 Pfandbriefgesetz auf.

1.6

Rechtsvergleich und Verhältnis zum europäischen Recht

1.6.1

Rechtsvergleich

Auf internationaler Ebene haben die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrienationen (G7) am 10. Oktober 2008 aufgrund der ­ trotz verschiedenster national begrenzter Rettungsmassnahmen ­ ungebremsten Abwärtsdynamik der Finanzmärkte einen Fünf-Punkte-Plan beschlossen, der einen einheitlicheren Rahmen für die nationalen Lösungen schaffen sollte. Insbesondere sollte dabei einerseits den Finanzinstituten genügend Kapital zur Verfügung gestellt und deren Liquidität gewährleistet werden und anderseits die Einlagensicherungs- und Garantiesysteme für die Kundinnen und Kunden verstärkt werden. Mit der gegenseitigen Verpflichtung, durch die jeweiligen nationalen Massnahmen keinem anderen Staat zu schaden, stellten die G7 zudem ein koordiniertes Vorgehen sicher. Dies veranlasste den IWF, den Fünf-Punkte-Plan zu unterstützen.

Auf Ebene der EU unterstützte der EU-Rat am 7. Oktober 2008 die Absicht der Kommission, einen Vorschlag vorzubereiten, um die Konvergenz der Einlagensicherungssysteme zu fördern. Dadurch sollten das Vertrauen in den Finanzsektor wiederhergestellt, sein reibungsloses Funktionieren gewährleistet und die Einlagen der Sparer geschützt werden. Mit der Richtlinie 2009/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 20095 zur Änderung der Richtlinie 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme im Hinblick auf die Deckungssumme und die Auszahlungsfrist wurde die Richtlinie 94/19/EG des Europäischen Parlaments und

5

ABl. L 68 vom 13.3.2009, S. 3.

4011

des Rates vom 30. Mai 19946 über Einlagensicherungssysteme abgeändert und für die Einlegerinnen und Einleger verbessert. Dies namentlich durch die Erhöhung der Mindestdeckungssumme von 20 000 Euro auf 50 000 Euro sowie die Verkürzung der Auszahlungsfrist von ursprünglich drei Monaten auf 20 Arbeitstage.

Ein Vergleich der derzeit geltenden Einlagensicherungssysteme im Ausland zeigt ein sehr heterogenes Bild. Gewisse Staaten kennen ein zweistufiges System, bei dem der Staat als Garant eines privat finanzierten Einlagensicherungsfonds oder zumindest als «lender of last resort» auftritt (so Frankreich, bis Ende 2011 auch Italien, England, die USA und Japan). Während in Italien und England die Einlegersicherungsfonds ­ zumindest derzeit noch ­ nachschüssig finanziert werden, kennt Frankreich ein gemischtes Finanzierungssystem. In England steht die Einführung eines ex-ante geäufneten Sicherungsfonds zur Debatte. In Deutschland, in den USA und Japan wird die Einlagensicherung ex-ante finanziert. Australien führt kein eigentliches Einlagensicherungssystem. Im Eintrittsfall werden die Einleger durch den Staat gedeckt, dem daraus Forderungen gegenüber den betroffenen Finanzinstituten entstehen. Auf ebenso unterschiedliche Weise werden die Beitragspflichten der Finanzinstitute an die Einlagensicherung festgesetzt. Die Bestimmung der EU-Richtlinie über die Auszahlungsfrist wurde von Deutschland vollumfänglich übernommen. Ansonsten sind die Auszahlungsfristen länger.

Gemäss Richtlinie 2009/14/EG soll die Deckungssumme bis zum 31. Dezember 2010 auf dem Niveau von 100 000 Euro harmonisiert werden, wobei diese zweite Erhöhung bis Ende 2009 durch die Kommission auf ihre Angemessenheit und Tragbarkeit zu überprüfen war. Die Kommission wurde ebenfalls beauftragt, bis Ende 2009 einen Bericht über die Harmonisierung der Finanzierungsmechanismen für die Einlagensicherungssysteme sowie die Vorteile und Kosten einer solchen Harmonisierung zu erstellen. Dieser Bericht und ein darauf gestützter Entscheid des EU-Rats bezüglich der endgültigen Gestaltung des Einlagenschutzes in der EU stehen derzeit noch aus. Während zahlreiche Einzelheiten noch umstritten sind, herrscht zumindest hinsichtlich der Deckungssumme und des Prinzips der Harmonisierung Konsens.

1.6.2

Die Lösung im Verhältnis zum europäischen Recht

An den gegenwärtigen Bestimmungen der EU-Richtlinie gemessen, steht die schweizerische Lösung im grossen und ganzen im Einklang mit den Vorgaben des europäischen Rechts oder geht ­ je nach endgültigem Entscheid der EU ­ sogar darüber hinaus. Die Mindestdeckungssumme wurde wie mehrfach erwähnt bereits 2008 auf 100 000 Franken festgelegt. Eine Anpassung dieser Summe an die Geldentwertung soll weiterhin in der Kompetenz des Bundesrats liegen (Art. 37a Abs. 2 BankG); in der EU ist die Kommission hierfür zuständig (Art. 7 Abs. 7 Richtlinie 94/19 EG). Sodann entspricht im europäischen Vergleich die sofortige Auszahlungsfrist der privilegierten Einlagen aus den eigenen Mitteln der Bank (vgl. Art. 37b BankG) bzw. innerhalb von zwanzig Tagen nach Mitteilung der FINMA an die Einlagensicherung (Art. 37i Abs. 2 BankG) den derzeit geltenden Anforderungen der EU-Richtlinie.

6

ABl. L 135 vom 31.5.1994, S. 5.

4012

1.6.3

Internationale Entwicklung

Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der «Cross-border Bank Resolution Group» (CBRG) des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) und der «Guidance Group» der Internationalen Vereinigung der Einlagensicherungen (IADI) hat 18 Grundsätze («Core Principles for Effective Deposit Insurance Systems»7) für effiziente Einlagensicherungssysteme erarbeitet. Diese «Core Principles», die am 18. Juni 2009 veröffentlicht wurden und sich an den «Core Principles for Effective Deposit Insurance Systems»8 der IADI ausrichten, sollen allgemeine Grundlagen festsetzen, auf die sich die nationalen Behörden bei der Errichtung eines Sicherungssystems im Rahmen ihres jeweiligen wirtschaftlichen und rechtlichen Umfelds stützen können.

Nach den 18 «Core Principles» zielt das Einlagensicherungssystem in erster Linie auf die Stabilität des Finanzsystems und den Schutz der Einlegerinnen und Einleger hin. Zielpublikum beim Einlegerschutz sind vor allem die Kleineinlegerinnen und -einleger, die keine Verluste verkraften oder nur schwer verkraften können (1. Grundsatz). Eindeutige Deckungsgrenzen und Deckungsausschluss für gewisse Einlegergruppen sowie risikogewichtete Prämiensysteme sollen falsche Anreize bei Bankkunden und Banken vermeiden (2. Grundsatz). Unter Berücksichtigung der geltenden Gesetze und Vertraulichkeitsregeln sollte eine formal geregelte Zusammenarbeit, wenn nötig auch grenzüberschreitend, den Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Mitwirkenden an der Sicherung der Finanzsysteme, einschliesslich der Aufsichtsbehörden und der Zentralbanken, ermöglichen (6. und 7. Grundsatz). Die Teilnahme der Finanzinstitute soll obligatorisch sein (8. Grundsatz). Ferner werden Grundsatzfragen über die Finanzierung und Äufnung der Einlagensicherungen (11. Grundsatz), über die fortlaufende und umfassende Orientierung der Öffentlichkeit insbesondere hinsichtlich Umfang und Grenzen der Absicherung (12. Grundsatz), beim Entscheid über die Verwaltung zahlungsunfähiger Institute sowie über die Zusammenarbeit zwischen sämtlichen Akteuren der Sicherheitsnetze einschliesslich der Zentralbanken und Aufsichtsbehörden erörtert (16. Grundsatz).

Während in der EU Einigkeit darüber besteht, dass die einzelnen Einlagensicherungssysteme zum Schutz der Einlagen beim Zusammenbruch einer Bank nicht ausreichten, lösen die
Harmonisierungsbestrebungen Befürchtungen über eine Kostenexplosion aus. Derweil haben die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) und die Bank of England am 10. Januar 2010 ein «Memorandum of Understanding» hinsichtlich Konsultation, Zusammenwirken und Informationsaustausch bei Zusammenbrüchen von in beiden Staaten grenzüberschreitend tätigen Finanzinstituten unterzeichnet.

Die mit dieser Botschaft vorgeschlagene moderate Gesetzesänderung für die Schweizer Einlagensicherung trägt den Bedenken der Märkte über die Kostenfolgen einer vollumfänglichen Einlagensicherung Rechnung. Sie folgt indes auch den internationalen Tendenzen zur Harmonisierung und Kooperation im Bereich der Einlagensicherungssysteme.

7 8

http://www.bis.org/publ/bcbs156.htm http://www.iadi.org/core.html

4013

2

Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln

2.1

Bankengesetz

Ersatz von Ausdrücken Der besseren Klarheit wegen sollen künftig im elften und zwölften Abschnitt des Gesetzes die Ausdrücke «Konkurs» und «Konkursliquidator» (anstatt «Liquidation» und «Liquidator») verwendet werden; namentlich lässt sich damit sprachlich die Liquidation eines Instituts infolge Entzugs der Bewilligung zur Geschäftstätigkeit (Art. 23quinquies Abs. 1) klarer von der Konkursliquidation infolge Insolvenz unterscheiden.

Art. 24 Abs. 3 Damit Verfahren nach dem elften und zwölften Abschnitt des Bankengesetzes zielgerichtet und effektiv durchgeführt werden können, ist es von grosser Bedeutung, dass allfälligen Beschwerden in diesem Bereich keine aufschiebende Wirkung zukommt. Mit der Schaffung von Artikel 24 Absatz 3 BankG wurde denn auch bezweckt, dass die altrechtliche Regelung des per 31. Dezember 2006 aufgehobenen Artikel 111 des Bundesrechtspflegegesetzes unverändert übernommen wird und die aufschiebende Wirkung allgemein Beschwerden in den Verfahren nach dem elften und zwölften Abschnitt des Bankengesetzes entzogen ist.

Der aktuelle Gesetzestext in Artikel 24 Absatz 3 BankG mit dem Verweis auf Absatz 2 sorgte bisher für Rechtsunsicherheiten, indem unklar blieb, ob sich der Verweis nur auf die Beschwerden der Gläubigerinnen und Gläubiger und Eignerinnen und Eigner einer Bank bezieht oder auf alle Beschwerden in den Verfahren nach dem elften und zwölften Abschnitt des Bankengesetzes. Mit einer klaren Formulierung soll der Wille des Gesetzgebers in Übereinstimmung mit der diesbezüglichen Rechtsprechung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht werden. Der Entzug der aufschiebenden Wirkung gelangt für alle Beschwerden in den Verfahren nach dem elften und zwölften Abschnitt des Bankengesetzes zur Anwendung.

Art. 25 Abs. 4 Grundsätzlich entfalten Zwangsmassnahmen staatlicher Behörden lediglich territorial Wirkung. Ob der Anspruch des schweizerischen Rechts, dass Massnahmen nach dem elften Abschnitt auch auf ausländisches Vermögen einer schweizerischen Bank Anwendung finden, sich im Ergebnis durchsetzt, hängt von der Haltung des ausländischen Rechts ab. US-amerikanisches Recht würde diesen Anspruch wahrscheinlich nicht akzeptieren. Hingegen gilt in allen EU-Mitgliedstaaten Artikel 9 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-Verordnung)9, der es ermöglicht, zwingende Eingriffsnormen
von Drittstaaten zu berücksichtigen (sog. loi d'application immédiate). Voraussetzung für die Anwendbarkeit von Eingriffsnormen von Drittstaaten ist unter anderem aber, dass der internationale Anwendungswille der betreffenden Norm klar zum Ausdruck kommt. Diese Voraussetzung ist für den zwölften Abschnitt mit Artikel 34 Absatz 1 BankG in Verbindung mit Artikel 197 Absatz 1 9

Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6, berichtigt in ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 87.

4014

SchKG erfüllt. Für den elften Abschnitt fehlt bisher eine entsprechende Bestimmung, weshalb Artikel 25 mit einem neuen Absatz 4 ergänzt wird.

Art. 27 Abs. 2 Die zum Betrieb von Zahlungs- und Abwicklungssystemen unerlässliche Rechtssicherheit wird gefährdet, wenn in das System eingebrachte Aufträge für Zahlungen und Effektentransaktionen widerrufen oder bereits ausgeführte Transaktionen rückgängig gemacht werden. Ordnet die FINMA Massnahmen gegen einen Teilnehmer an, muss der Zeitpunkt, ab dem ein Übertragungsvorgang bzw. eine Weisung aus Sicht des Systems als rechtlich verbindlich und Dritten gegenüber wirksam gilt (sog.

finality of transfer instruction), deshalb aus Gründen der Systemstabilität einheitlich geregelt sein. Mit der Revision von 2003 wurde mit dem im Sinne einer lex specialis neu eingefügten Absatz 2 von Artikel 27 bezweckt, die Finalität von Aufträgen in Zahlungs- und Effektenabwicklungssystemen entsprechend der Richtlinie 98/26/EG (EU-Finalitätsrichtlinie10, geändert durch Richtlinie 2009/44/EG11) sicherzustellen.

Dieser Zweck soll inhaltlich unverändert bestehen bleiben. Inzwischen hat sich in der Anwendung jedoch gezeigt, dass der heute geltende Wortlaut teilweise unklar ist (beispielsweise in Bezug auf die Abwicklung von Zahlungs- bzw. Übertragungsaufträgen während der Nacht, sog. nighttime settlement). Der Wortlaut ist daher anzupassen. Die Formulierung lehnt sich an den geänderten Artikel 3 Absatz 1 der EU-Finalitätsrichtlinie sowie an die analoge Bestimmung in Artikel 20 des Bucheffektengesetzes vom 3. Oktober 2008 (BEG; SR 957.1), der jedoch nur für Bucheffekten und nur für den Fall einer Zwangsvollstreckung Anwendung findet.

Wird die Weisung vor Anordnung der Massnahme in das System eingebracht, so ist sie in jedem Fall rechtlich verbindlich und Dritten gegenüber wirksam, sofern sie nach den Regeln des Systems unabänderlich ist. Mit dieser Regelung wird beispielsweise dem Umstand Rechnung getragen, dass einzelne Systeme mit sog.

Wartedateien arbeiten, welche es dem Systembetreiber und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern ermöglichen, auch nach Einbringen einer Weisung diese bis zu deren Abwicklung zu widerrufen. Durch die neue Formulierung wird klargestellt, dass eine Weisung erst dann rechtlich verbindlich und Dritten gegenüber wirksam (final) ist, wenn die Teilnehmerinnen
und Teilnehmer nach den Regeln des Systems keine Möglichkeit mehr haben, auf die Abwicklung der Weisung Einfluss zu nehmen. Dieser systemisch bedingte Aspekt der Finalität ist dabei zu unterscheiden vom zivilrechtlichen Aspekt, welcher die Frage der Unwiderruflichkeit einer Weisung im Verhältnis zwischen den Systemteilnehmern regelt (sog. finality of transfer).

Wird die Weisung erst nach Anordnung der Massnahme eingebracht, so bleibt sie rechtlich verbindlich und Dritten gegenüber wirksam, sofern sie an dem gemäss den Regeln des Systems definierten Geschäftstag, in dessen Verlauf die Massnahme angeordnet wurde, abgewickelt wird. Zudem wird vorausgesetzt, dass der Betreiber 10

11

Richtlinie 98/26/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und -abrechnungssystemen, ABl. L 166 vom 11.6.1998, S. 45, zuletzt geändert durch Richtlinie 2009/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009, ABl. L 146 vom 10.6.2009, S. 37.

Richtlinie 2009/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungssowie Wertpapierliefer- und ­abrechnungssystemen und der Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten im Hinblick auf verbundene Systeme und Kreditforderungen.

4015

des Systems im Zeitpunkt der Ausführung keine Kenntnis von der Anordnung der Massnahme hatte oder hätte haben müssen. Mit dieser Regelung soll die Beeinträchtigung eines Systems im Fall von Massnahmen gegen einen Teilnehmer oder einer Teilnehmerin so gering wie möglich gehalten werden. Zudem wird damit verhindert, dass eine insolvenzrechtliche Massnahme rückwirkend in die Rechte und Pflichten eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin eingreift, die sich aus seiner oder ihrer Teilnahme am System oder in Verbindung damit ergeben.

Art. 27 Abs. 2bis In der Rechtsanwendung hat sich gezeigt, dass Verwirrung betreffend den Anwendungsbereich der Finalitätsbestimmung besteht. Der neue Absatz 2bis verdeutlicht deshalb, dass die Regeln zur Finalität nach Absatz 2 immer dann zur Anwendung kommen, wenn der Systembetreiber durch eine schweizerische Behörde beaufsichtigt oder überwacht wird. Damit ist sichergestellt, dass die Bestimmung alle schweizerischen Systeme (d.h. Systeme, die durch einen Schweizer Systembetreiber betrieben werden) vom Anwendungsbereich der Bestimmung erfasst werden, unabhängig davon, wer am System teilnimmt und ob der Systembetreiber auch im Ausland tätig ist (wie dies beispielsweise bei SIX x-clear AG der Fall ist). Damit gelten die Regeln zur Finalität auch für in- und ausländische Teilnehmerinnen und Teilnehmer, welche keine Banken oder Effektenhändler nach schweizerischem Recht sind (namentlich die Post, öffentlich-rechtliche Körperschaften, Versicherungen, kollektive Kapitalanlagen, Bargeldverarbeiter) sowie für indirekte Systemteilnehmer, die in der Lage sind, Zahlungs- und Übertragungsaufträge in das System einzubringen, sofern der indirekte Teilnehmer oder die indirekte Teilnehmerin dem Systembetreiber bekannt ist. Mit der vorgeschlagenen Formulierung wird auch klargestellt, dass die Bestimmung nicht nur für Systembetreiber gilt, die der prudentiellen Aufsicht der FINMA unterstehen (wie SIX SIS AG oder SIX x-clear AG), sondern auch für Systembetreiber, die der Überwachung durch die Schweizerische Nationalbank unterliegen (wie SIX Interbank Clearing und das globale Zahlungssystem Continuous Linked Settlement).

Alternativ sind die Regeln zur Finalität nach Absatz 2 aber auch immer dann anwendbar, wenn der Teilnahmevertrag (vertragliche Regelung zwischen Systembetreiber und
Teilnehmerin oder Teilnehmer betreffend die Teilnahme) schweizerischem Recht untersteht. Diese alternative Anknüpfungsmöglichkeit schafft insbesondere im internationalen Verhältnis Rechtssicherheit. Wählen die Parteien Schweizer Recht als das auf den Teilnahmevertrag anwendbare Recht, so stärkt dies die Durchsetzbarkeit von Absatz 2 im internationalen Verhältnis. Die Herkunft oder die Qualifizierung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist für die Anwendbarkeit nicht massgebend.

Art. 28

Sanierungsverfahren

Abs. 1 Die Beurteilung der begründeten Aussicht auf eine erfolgreiche Sanierung folgt der bisherigen Praxis. Neu ist die Sanierung hingegen nicht auf den Weiterbestand der betroffenen Bank beschränkt, sondern es können auch nur einzelne Bankdienstleistungen weitergeführt werden.

4016

Abs. 2 Es lässt sich nicht ausschliessen, dass sich der Erlass weiterer Spezialbestimmungen zur Durchführung des Sanierungsverfahrens als notwendig erweist. Für diesen Fall kann die FINMA wie im Rahmen der analogen Bestimmung in Artikel 34 Absatz 3 zum Bankenkonkurs abweichende Anordnungen treffen und zwar sowohl im Einzelfall durch Verfügung als auch generell-abstrakt in Form von Verordnungen. Dabei wird es sich vor allem um Bestimmungen formeller und abwicklungstechnischer Natur handeln.

Abs. 3 Die Ernennung eines Sanierungsbeauftragten ist nicht mehr zwingend notwendig und kann auch im Rahmen der Genehmigung lediglich zwecks Abwicklung des bereits bestehenden Sanierungsplans erfolgen. In vielen Fällen werden die Grundzüge der Sanierung bei Einleitung des Sanierungsverfahrens bereits bekannt sein und für eine glaubwürdige Kommunikation auch bekannt sein müssen. In diesen Fällen erübrigt es sich, einen Beauftragten mit der Ausarbeitung zu beauftragen.

Art. 29

Sanierung der Bank

Bezweckt der Sanierungsplan die Weiterführung der betroffenen Bank, so muss zwingend sichergestellt sein, dass die Bank nach Durchführung der Sanierung die Bewilligungsvoraussetzungen vollumfänglich und nachhaltig erfüllt. Diese Voraussetzung gilt bereits für das heute geltende Sanierungsverfahren.

Art. 30

Weiterführung von Bankdienstleistungen

Bankdienstleistungen zugunsten der Kunden sollen wenn immer möglich aufrechterhalten werden. Dabei geht es bei der Weiterführung einzelner Bankdienstleistungen nicht um die Rettung der bestehenden Bank, sondern um die Weiterführung und Übertragung einzelner oder aller Bankgeschäfte im Sinne einer geordneten Abwicklung.

Abs. 1 Die Weiterführung einzelner Bankdienstleistungen wird neben dem Weiterbestand der betroffenen Bank neu als zusätzlich mögliche Sanierungsmassnahme zumindest in Bezug auf Teile der Bank geregelt. Damit ist ein Sanierungsverfahren nicht mehr nur möglich, wenn die Bank in ihrer bisherigen Form aufrechterhalten bleibt (was nicht in allen Fällen sinnvoll und wünschenswert ist). Vielmehr kann ­ unter Wahrung der Gleichbehandlung der Gläubigerinnen und Gläubiger ­ mit einer Weiterführung zumindest von Teilen der Bank der Konkurs der gesamten bisherigen Bank und damit die Einstellung sämtlicher Dienstleistungen verhindert und schliesslich eine für alle Beteiligten bessere Lösung gefunden werden.

Die Weiterführung von Bankdienstleistungen kann allein oder in Kombination mit der Sanierung (oder dem Konkurs) der Restbank erfolgen. Hier wäre denkbar, dass einerseits Teile der bisherigen Bank auf andere Institute übertragen werden, gleichzeitig die betroffene Bank jedoch mit reduziertem Tätigkeitsgebiet saniert und weitergeführt werden kann. Denkbar wäre auch, dass die gesamte bewilligungspflichtige Banktätigkeit übertragen wird und die bestehende Bank in einer anderen Form und in einem anderen Bewilligungskleid weiterbesteht.

4017

Abs. 2 Die Weiterführung von Bankdienstleistungen kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Im Vordergrund stehen dabei die Übertragung von Teilen der Bank auf andere Institute oder die Schaffung einer Übergangsbank («bridge bank») unter Einbringung von Aktiven und Passiven.

Abs. 3 Die zu übertragenden Aktiven und Passiven sowie die Vertragsverhältnisse, bei denen die betroffene Bank als Vertragspartei ersetzt wird, sind im Sanierungsplan zu bezeichnen. Die Übertragung mittels Sanierungsplan wird mit Vollstreckbarkeit des Genehmigungsentscheides rechtswirksam. Andere Formvorschriften sind nicht zu berücksichtigen, insbesondere gilt der Genehmigungsentscheid auch als Urkunde für die Übertragung von Grundstücken. Die Bestimmungen des Fusionsgesetzes, insbesondere diejenigen über die Vermögensübertragung, finden keine Anwendung.

Art. 31

Genehmigung des Sanierungsplans

Abs. 1 Wie bereits unter geltendem Recht genehmigt die FINMA den Sanierungsplan. Die Voraussetzungen, die für eine Genehmigung erfüllt sein müssen, bleiben im Wesentlichen unverändert. Dazu zählen namentlich das Abstellen auf eine vorsichtige Bewertung der Aktiven der Bank, die voraussichtliche Besserstellung der Gläubigerinnen und Gläubiger im Vergleich zur Durchführung eines Bankenkonkurses sowie die Berücksichtigung der konkursrechtlichen Rangordnung der Gläubiger untereinander sowie gegenüber den Eignern.

Abs. 2 Der Sanierungsplan bedarf weiterhin ausdrücklich keiner Zustimmung der Generalversammlung. Dies gilt auch für Entscheide, welche in deren Kompetenz fallen würden. Zweck dieser Bestimmung ist die Verfahrensbeschleunigung. Die Einberufung und Durchführung einer Generalversammlung würde die Sanierung verzögern und ihr Gelingen gefährden.

Abs. 3 Die Möglichkeit einer Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital als Sanierungsmassnahme ist bereits in der Botschaft zum geltenden Recht erwähnt (BBl 2002 8060, S. 8086). Aus verfassungsrechtlichen Gründen erscheint jedoch eine ausdrückliche gesetzliche Regelung für einen solchen sog. «debt equity-swap» erforderlich. Dem in die Rechte von Eignern, Gläubigerinnen und Gläubigern eingreifenden «debt equity-swap» voran- oder mit ihm einhergehend sind die Reduktion des bisherigen und die Schaffung von neuem Eigenkapital. Diese letzteren beiden Massnahmen greifen in die Stellung der bisherigen Eigner, nicht jedoch in diejenige der Gläubigerinnen und Gläubiger ein. Dies entspricht dem allgemeinen konkursrechtlichen Grundsatz, dass eine Sanierung in erster Linie von den Eignern und nicht von den Gläubigerinnen und Gläubigern ­ oder letztlich gar von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern ­ getragen werden soll. Vor der Anordnung einer oder mehrerer dieser Massnahmen ist zu prüfen, ob eine bestehende Insolvenz nicht auf andere weniger einschneidende Weise beseitigt werden kann. In Zusammenhang mit dem «debt equity-swap» kann darauf hingewiesen werden, dass auf internationaler Ebene ­ namentlich im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht ­ die Einführung in ähnlicher 4018

Weise wirkender hybrider Eigenkapitalformen (bspw. «CoCo-Bonds») diskutiert wird.

Art. 31a

Ablehnung des Sanierungsplans

Abs. 1 Wegen der möglicherweise massiven Eingriffe in ihre Rechte, beispielsweise durch Kürzung, Stundung oder Umwandlung ihrer Forderungen, kann den Gläubigerinnen und Gläubigern nicht einfach eine Sanierung aufgezwungen werden. Soweit die Sanierungsmassnahmen ihre Rechte unmittelbar betreffen, hat ihnen die FINMA spätestens im Zeitpunkt der Genehmigung eine Frist zur Ablehnung des Sanierungsplans anzusetzen. Die FINMA ist gehalten, die betroffenen Gläubigerinnen und Gläubiger so früh wie möglich einzubeziehen. Es wird jedoch nicht in jedem Fall möglich sein, sie vor der Genehmigung zu orientieren, da möglicherweise erst mit der Genehmigung die beabsichtigte Beruhigung erfolgt und eine vorzeitige Information über mögliche, aber noch nicht definitive Massnahmen zu zusätzlicher Verunsicherung führen kann. Erfolgt die Information erst im Zeitpunkt der Genehmigung, so steht diese unter Vorbehalt der möglichen Ablehnung durch die Gläubigerinnen und Gläubiger.

Abs. 2 Wie nach geltendem Recht ist die Liquidation anzuordnen, wenn dies von Gläubigerinnen und Gläubigern verlangt wird, die mehr als die Hälfte der aus den Büchern hervorgehenden Forderungen der dritten Klasse vertreten. Die Klassifizierung ergibt sich aus der für die Kollokation massgeblichen Bestimmung von Artikel 219 SchKG, wobei natürlich im Zeitpunkt des Entscheids über den Sanierungsplan kein Kollokationsplan vorliegt. Stimmberechtigt sind somit allein die Drittklassgläubigerinnen und -gläubiger nach Artikel 219 Absatz 4 SchKG, das heisst nur diejenigen, deren Forderungen weder pfandgesichert noch privilegiert sind. Die Eigner haben auf diesen Entscheid den allgemeinen Regeln des Konkursrechts entsprechend keinerlei Einflussmöglichkeit.

Art. 32 Abs. 3bis Die Anfechtung von Rechtshandlungen (actio pauliana) ist im Bankinsolvenzrecht bereits nach Durchführung eines Sanierungsverfahrens vorgesehen. Diese eigenständige Regelung zum Zeitpunkt, in welchem solche Ansprüche geltend gemacht werden können, ist konsequenterweise durch die in Artikel 292 SchKG vorgesehenen Verwirkungsfristen zu ergänzen.

Art. 35

Gläubigerversammlung und Gläubigerausschuss

Der aktuelle Wortlaut dieser Bestimmung ist zu präzisieren und der in der Bankenkonkursverordnung-FINMA (SR 952.812.32) festgehaltenen und bewährten Praxis anzupassen.

Abs. 1 Eine Gläubigerversammlung wird nur durchgeführt, wenn der Konkursliquidator deren Durchführung für das Verfahren als sinnvoll erachtet. Soweit es sich dabei nicht um eine reine Informationsveranstaltung handeln soll, was in gewissen Fällen 4019

durchaus auch denkbar sein kann, muss die FINMA der Gläubigerversammlung die notwendigen Beschlussfassungskompetenzen erteilen, die vom Konkursliquidator zu beantragen sind. Die FINMA entscheidet jedoch frei, ohne an den Antrag des Konkursliquidators gebunden zu sein. Der Konkursliquidator ist hingegen auch nach erfolgter Kompetenzerteilung an die Gläubigerversammlung nicht gezwungen, eine solche durchzuführen. Er kann die Gläubigerinnen und Gläubiger auch auf dem Zirkularweg im Rahmen der der Gläubigerversammlung erteilten Kompetenzen entscheiden lassen.

Ebenfalls auf Antrag des Konkursliquidators legt die FINMA die für die Beschlussfassung notwendigen Präsenz- und Stimmenquoren fest, wobei sie auch hier nicht an dessen Antrag gebunden ist. Sind an einem Konkursverfahren neben einer Vielzahl kleinerer Gläubigerinnen und Gläubiger wenige Hauptgläubigerinnen und -gläubiger beteiligt, sind die Gewichtung der vertretenen Forderungen und die Zustimmungsvoraussetzungen anders zu beurteilen, als wenn weder eine Gläubigerin noch ein Gläubiger eine beherrschende Stellung einnimmt. Zur gleichmässigen Wahrung aller Gläubigerrechte müssen die Quoren daher fallweise festgesetzt werden.

Auch die Einsetzung eines Gläubigerausschusses bedarf der Anordnung durch die FINMA. Sie bestimmt dessen Zusammensetzung und Aufgaben. Der Konkursliquidator stellt der FINMA auch hier einen Antrag auf Einsetzung eines Gläubigerausschusses und macht einen Vorschlag betreffend mögliche Mitglieder, die Vorsitzende oder den Vorsitzenden sowie die zu übertragenden Aufgaben.

Die Einsetzung eines Gläubigerausschusses erfolgt fallbezogen. Dies gilt für die zu übertragenden Aufgaben wie auch für die Auswahl der Mitglieder in fachlicher und quantitativer Hinsicht. Mit der Einsetzung bestimmt die FINMA den Bedürfnissen und Anforderungen des Einzelfalls entsprechend auch das Verfahren für die Beschlussfassung mit den notwendigen Quoren.

Abs. 2 Die in Absatz 1 genannten Entscheide sollen in der Kompetenz der FINMA liegen, weshalb diese an die Anträge der Konkursliquidation nicht gebunden ist.

Art. 37a

Privilegierte Einlagen

Die mit der Übergangsregelung in Kraft getretene Fassung des Artikels 37b, welche die privilegierten Einlagen umschreibt, wird hier ins Dauerrecht überführt (und zwar neu ­ entsprechend der Logik in der Abfolge ­ vor dem bisherigen Art. 37abis). Die Bestimmung betrifft insbesondere die Höhe der privilegierten Einlagen im Umfange von 100 000 Franken pro Person, die separate Privilegierung von Forderungen gegenüber Bank- und Freizügigkeitsstiftungen sowie die Unterlegung der privilegierten Einlagen mit 125 Prozent ständig inländisch gedeckten Forderungen oder übrigen in der Schweiz belegenen Aktiven.

Eine Klarstellung erfolgt in Absatz 1 in Bezug auf die vom Einlagenprivileg erfassten Einlagen, indem diese auf den Namen des Kontoinhabers oder der Kontoinhaberin lauten müssen. Dies schliesst insbesondere Guthaben vom Einlagenprivileg aus, deren Berechtigte zwar der Bank bekannt sind, die Kundenbeziehungen jedoch nicht auf deren Namen lauten. In der Praxis hat sich gezeigt, dass nur mit grossem Aufwand festgestellt werden kann, ob Kundinnen oder Kunden mit nicht auf ihren Namen lautenden Konten noch über eine andere Kundenbeziehung verfügen. Mit

4020

dieser neuen Formulierung kann hier die Gefahr einer nicht beabsichtigten doppelten Privilegierung verhindert werden.

Neu ist Absatz 2, welcher den bisherigen Artikel 37c aufnimmt.

Art. 37b

Sofortige Auszahlung

Der mit der Übergangsregelung eingefügte Artikel 37abis zur sofortigen Auszahlung der privilegierten Einlagen bei in- und ausländischen Geschäftsstellen aus den vorhandenen liquiden Mittel ist unverändert ins Dauerrecht zu überführen.

Art. 37c Die dem Bundesrat zustehende Kompetenz, die Höhe der privilegierten Einlagen der Geldentwertung anzupassen, wird neu in Absatz 2 von Artikel 37a geregelt.

Art. 37g

Anerkennung ausländischer Konkursdekrete und Massnahmen

Abs. 1 Die bestehende Bestimmung wird dahingehend präzisiert, dass neben Konkursdekreten jede Art von im Ausland ausgesprochenen Insolvenzmassnahmen anerkannt werden können. Dies entspricht dem sich bereits heute aus dem Titel des Artikels ergebenden Zweck der Bestimmung sowie der Praxis der FINMA.

Abs. 2 Die FINMA soll ausländische Insolvenzverfahren (inklusive Schutz- und Sanierungsverfahren) sowie die dort eingesetzten Administratoren ohne zwingende Durchführung eines Partikularverfahrens in der Schweiz anerkennen können, wenn die Gleichbehandlung der Gläubigerinnen und Gläubiger in der Schweiz und die Berücksichtigung der ihnen nach Schweizer Recht zukommenden Privilegierung gewährleistet wird. Die Liquidation des Partikularvermögens kann so in vereinfachter Form unter Aufsicht der FINMA erfolgen (analog US-Chapter 15).

Abs. 3 Die Bestimmung wird unverändert aus dem geltenden Recht übernommen.

Abs. 4 Kann das in der Schweiz gelegene Vermögen nicht nach Absatz 2 der ausländischen Insolvenzmasse zur Verfügung gestellt werden und ist über das Vermögen in der Schweiz ein Partikularverfahren durchzuführen, so kann die FINMA neu nicht nur die privilegierten, sondern sämtliche Gläubigerinnen und Gläubiger im In- und Ausland am Verfahren teilnehmen lassen.

Abs. 5 Ergänzend zu den bankengesetzlichen Bestimmungen zur Anerkennung ausländischer Insolvenzmassnahmen finden wie bisher die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (IPRG; SR 291) Anwendung.

4021

Art. 37h Abs. 1 In Absatz 1 ist lediglich die Binnenverweisung an die aus systematischen Gründen geänderte Reihenfolge von Artikel 37a und 37b anzupassen.

Abs. 3 Bst. a Die Bestimmung senkt die hier geregelte Frist zur Auszahlung der gesicherten Einlagen von heute drei Monaten auf zwanzig Arbeitstage, gezählt ab der Anordnung bestimmter Sanierungsmassnahmen oder des Konkurses. Die Frist von zwanzig Arbeitstagen steht unter dem Vorbehalt, dass die zur Auszahlung notwendigen Überweisungsinstruktionen der einzelnen Kundinnen und Kunden vorhanden sind.

Eine noch kürzere Frist ist auch aus rein technischen Gründen nicht in jedem Fall möglich, da zunächst auf den Stichtag die notwendigen Abschlussbuchungen durchgeführt werden müssen. Die Verkürzung der Frist wird gemäss den Erfahrungen aus den bisherigen Anwendungsfällen die Banken vor keine unlösbaren Probleme stellen und bewirkt eine klare Besserstellung der Einlegerinnen und Einleger.

Abs. 3 Bst. b Die Bestimmung führt die Systemobergrenze von 6 Milliarden Franken ins Dauerrecht über.

Art. 37i

Auslösung der Einlagensicherung

Die heute in dieser Bestimmung geregelte Legalzession findet sich wieder in Artikel 37j Absatz 4.

Abs. 1 Die Einlagensicherung wird durch die FINMA (wie heute) einerseits durch die Eröffnung eines Bankenkonkurses, andererseits aber auch durch die Anordnung bestimmter Schutzmassnahmen ausgelöst. Die Anordnung von Schutzmassnahmen löst die Einlagensicherung jedoch nur aus, wenn gleichzeitig auch eine Insolvenzgefahr besteht und die erfolgte Anordnung gestützt auf Artikel 26 Absatz 1 Buchstaben e­h erfolgt. Eine ausserhalb der Insolvenzbestimmungen ­ beispielsweise gestützt auf Artikel 23ter ­ angeordnete Massnahme löst die Einlagensicherung auch bei einer entsprechenden Publikation oder Mitteilung nicht aus.

Abs. 2 Der Träger der Einlagensicherung muss nach Artikel 37h Absatz 3 Buchstabe a in der Lage sein, die gesicherten Einlagen innert einer Frist von maximal 20 Arbeitstagen dem Sanierungs- oder Untersuchungsbeauftragten oder dem Konkursliquidator zuhanden der Einlegerinnen und Einleger auszuzahlen.

Die Frist beginnt nicht automatisch zu laufen, sondern wird erst mit der Mitteilung der FINMA an den Träger der Einlagensicherung ausgelöst. Mit der Mitteilung übermittelt die FINMA regelmässig auch die letzten gemeldeten Zahlen betreffend der Summe der bei der betroffenen Bank gesicherten Einlagen sowie im Falle einer Konkurseröffnung die Summe der nach Artikel 37b BankG sofort aus den vorhandenen liquiden Mitteln auszahlbaren Einlagen. Dies ermöglicht dem Träger der Einlagensicherung, sofort mit der Bereitstellung der Gelder für die Auszahlung der gesicherten Einlagen zu beginnen.

4022

Abs. 3 Vorrangiges Ziel jeder hoheitlichen Intervention ist zunächst, dass die Bank ihre bewilligungspflichtige Tätigkeit unter bestmöglicher Wahrung der Gläubigeransprüche weiterführen kann. Die rasche Auszahlung einer Mehrheit aller Kundengelder kann nun aber die Voraussetzung für die Weiterführung der Banktätigkeit markant erschweren. Deshalb kann die FINMA die Mitteilung an den Träger der Einlagensicherung einstweilen unterlassen und damit den Fristbeginn aufschieben, wenn Aussicht auf eine baldige Aufhebung der angeordneten Schutzmassnahmen besteht, oder aber wenn die erfolgte Anordnung die privilegierten und über die Einlagensicherung gesicherten Einlagen unberührt lässt.

Abs. 4 Insolvenzmassnahmen müssen in aller Regel sofort greifen, um ihren Zweck zu erfüllen. Wird eine entsprechende Massnahme jedoch ausnahmsweise nicht sofort vollstreckbar erklärt, so wird dadurch auch automatisch der Fristbeginn für die Auszahlung aus der Einlagensicherung aufgeschoben. Wird die ursprünglich angeordnete Vollstreckbarkeit nachträglich wieder aufgehoben, so wird die Frist unterbrochen und beginnt mit erneuter Vollstreckbarkeit neu zu laufen.

Art. 37j

Abwicklung und Legalzession

Abs. 1 Die bereitgestellten Gelder werden durch die von der FINMA mit der Abwicklung des Insolvenzverfahrens mandatierte Person ausgezahlt. Diese hat direkten Zugang zu den Büchern der Bank, weshalb der erforderliche Auszahlungsplan nicht ohne ihre Mitwirkung erstellt werden kann. Die beauftragte Person steht zudem in engem Kontakt mit den Gläubigerinnen und Gläubigern und wird auch im Rahmen der Auszahlung der nicht gesicherten Einlagen von den einzelnen Gläubigerinnen und Gläubigern die notwendigen Angaben anfordern müssen. Es rechtfertigt sich daher, die Auszahlung vollumfänglich der beauftragten Person zu übertragen.

Abs. 2 Wie bei der sofortigen Auszahlung aus den liquiden Mitteln der Bank ist auch bezüglich Auszahlung im Rahmen der Einlagensicherung auf eine Verrechnung analog der Regelung in Artikel 37b Absatz 1 und der heute geltenden Selbstregulierung zu verzichten, respektive diese auszuschliessen. Nur so kann das Ziel einer raschen Auszahlung gewährleistet werden. Allfällige Gegenansprüche sind erst in einer späteren Phase zu prüfen und gegenüber den betroffenen Einlegerinnen und Einlegern geltend zu machen.

Abs. 3 Dem Träger der Einlagensicherung kommt die Aufgabe zu, der von der FINMA beauftragten Person die notwendigen Mittel zur Auszahlung der gesicherten Einlagen zur Verfügung zu stellen. Die Auszahlung an die einzelnen Einleger und Einlegerinnen erfolgt hingegen nicht in der Verantwortung des Trägers, weshalb ihnen diesem gegenüber auch kein direkter Anspruch auf Auszahlung ihrer gesicherten Einlagen zusteht. Sie haben ihren Anspruch gegenüber der beauftragten Person als Massavertreterin geltend zu machen.

4023

Abs. 4 Der Träger der Einlagensicherung erwirbt durch Legalzession im Umfang seiner zugunsten der einzelnen Gläubigerinnen und Gläubiger erbrachten Leistungen deren gesicherten, in der zweiten Klasse kollozierten Forderungen gegenüber der Bank.

Der Übergang erfolgt im Zeitpunkt der Auszahlung an die Einlegerinnen und Einleger. Gleichzeitig tritt der Träger in sämtliche mit der gesicherten Forderung verbundenen Nebenrechte ein, zu denen auch Anfechtungs- und Verantwortlichkeitsansprüche sowie Mitspracherechte in einem allfälligen Sanierungsverfahren gehören.

Art. 37k

Datenaustausch

Der Träger der Einlagensicherung sowie die FINMA und ihre Beauftragten sind auf eine enge Zusammenarbeit angewiesen. So wird es ausserhalb des intensiven Austauschs im Rahmen eines Anwendungsfalls beispielsweise Aufgabe der FINMA sein, dem Träger der Einlagensicherung die aktuellen Beitragsverpflichtungen der einzelnen Mitgliedsbanken zur Verfügung zu stellen. Dies auch mit Blick auf eine mögliche Sicherstellung der Beitragspflichten im Rahmen der Selbstregulierung.

Der Träger der Einlagensicherung sowie die FINMA und ihre Beauftragten müssen daher berechtigt sein, einander gegenseitig alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen zu übermitteln, die sie für die Durchsetzung der Einlagensicherung benötigen.

Mit dieser Regelung wird die im geltenden Recht unklare Situation bezüglich zulässigem Zeitpunkt des Informationsaustauschs mit dem Träger der Einlagensicherung behoben.

Art. 37l

Nachrichtenlose Vermögenswerte

Mit dem Begriff der nachrichtenlosen Vermögenswerte sind Rechte gemeint, die einer Person zustehen, zu der der Schuldner den Kontakt verloren hat. Soweit solche Rechte dinglicher Natur sind, unterliegen sie grundsätzlich keiner Verjährung. Bei Banken fallen insbesondere Ansprüche auf den Inhalt von Schrankfächern und Kundendepots darunter. Sodann hat das Bundesgericht auch den «Sparkassenvertrag» als unechten Hinterlegungsvertrag qualifiziert12, weshalb die Verjährung von Forderungen aus solchen und ähnlichen banküblichen Verträgen erst mit deren Beendigung zu laufen beginnen. Beendet wird der Hinterlegungsvertrag jedoch erst durch eine empfangsbedürftige Kündigung, was bei fehlender Erreichbarkeit des Kunden oder der Kundin somit zu faktisch unverjährbaren Forderungen führt.

Ein gewichtiger Mangel des geltenden Rechts ist, dass die Bank als Schuldnerin nicht weiss, ob und wie sie sich mit befreiender Wirkung von nachrichtenlosen Vermögenswerten trennen kann. Es besteht auch nach Fusionsgesetz13 keine Möglichkeit, nachrichtenlose Vermögenswerte unter Ausschluss der Fälligkeit und mit befreiender Wirkung für die Bank ausserhalb einer Fusion auf einen anderen Rechtsträger zu übertragen. Dies bietet insbesondere bei der Liquidation von Banken massive Probleme, die heute nicht befriedigend gelöst werden können.

12 13

BGE 100 II 153 ff.

SR 221.301

4024

Die vorliegende Regelung greift einer allgemeinen Regelung betreffend Fälligkeit und Verfall nachrichtenloser Vermögenswerte nicht vor. Sie ermöglicht es jedoch, das bankenspezifische Problem der Unverjährbarkeit kombiniert mit der fehlenden Übertragbarkeit zu lösen.

Abs. 1 Durch diese Bestimmung wird ein Schuldnerwechsel auch ohne Zustimmung der Gläubigerin oder des Gläubigers möglich. Die Übertragung kann jedoch nicht auf irgendeinen Rechtsträger erfolgen, sondern an die Stelle der übertragenden Bank muss zwingend eine andere Bank treten, damit für die Gläubigerinnen und Gläubiger nachrichtenloser Vermögenswerte eine gleichwertige Aufsicht gewährleistet bleibt. Mit dieser Regelung kann vorab das latente Problem von Banken, die sich in ordentlicher Liquidation befinden und diese wegen vorhandener nachrichtenloser Vermögenswerte nicht abschliessen können, gelöst werden. Eine Bank soll ihre nachrichtenlosen Vermögenswerte aber nicht nur im Rahmen einer Liquidation auf eine andere Bank übertragen können, sondern es wird auch möglich sein, dass die Banken sämtliche nachrichtenlosen Vermögenswerte auf eine eigens dafür spezialisierte Bank für nachrichtenlose Vermögen übertragen. Dadurch könnte eine einfachere und professionellere Betreuung dieser Kundenbeziehungen gewährleistet werden.

Abs. 2 Nachrichtenlose Vermögenswerte müssen mit schriftlichem Vertrag auf eine andere Bank übertragen werden, der zwischen der übertragenden und der übernehmenden Bank abzuschliessen ist. Mit dieser Formvorschrift ist sichergestellt, dass die Übertragung auch zu einem späteren Zeitpunkt rekonstruierbar bleibt.

Abs. 3 Im Konkurs einer Bank werden grundsätzlich alle Schuldverpflichtungen fällig.

Damit entfällt die Problematik der Unverjährbarkeit von «Sparguthaben». Hingegen stellt sich im Konkurs das Problem, dass eine Aufnahme in den Kollokationsplan nur erfolgen kann, wenn die Gläubigerin oder der Gläubiger nicht nur namentlich bekannt ist, sondern auch ihren oder sein Wohnort angegeben werden kann.14 Nur so ist gewährleistet, dass Dritte den Anspruch bestreiten können. Es rechtfertigt sich nun aber, dass Gläubigerinnen und Gläubiger nachrichtenloser Vermögenswerte im Konkurs einer Bank trotz fehlender Kontaktdaten berücksichtigt werden und der Konkursliquidator ihre aus den Büchern ersichtliche Forderung in den
Kollokationsplan aufnimmt. Wird ein derartiger Anspruch durch eine andere Gläubigerin oder einen anderen Gläubiger bestritten, so hat der Konkursliquidator die Interessen dieser Gläubigerinnen und Gläubiger an deren Stelle zu wahren. Eine allfällige Dividende auf Forderungen aus nachrichtenlosen Vermögenswerten wird sodann nach den normalen Regeln während zehn Jahren nach Abschluss des Konkursverfahrens hinterlegt.

Nachrichtenlose Vermögenswerte, die wie der Inhalt von Kundendepots oder Schrankfächern einen dinglichen Anspruch verkörpern, fallen nicht in die allgemeine Konkursmasse, sondern stehen im Eigentum der Gläubigerin oder des Gläubigers. Sie können vom Konkursliquidator nach Absatz 1 auf eine andere Bank über-

14

BGE 51 III 135, E. 2

4025

tragen werden. Auch hier nimmt der Konkursliquidator bis zur Übertragung die Interessen der betroffenen Gläubigerinnen und Gläubiger gegenüber Dritten wahr.

Abs. 4 Allgemein können nachrichtenlose Vermögen so definiert werden, dass Nachrichten von Seiten der Gläubigerin oder des Gläubigers fehlen und die Bank die Gläubigerin oder den Gläubiger nicht mehr kontaktieren kann. Wann diese Voraussetzung in welcher Konstellation erfüllt ist, hat der Bundesrat in einer Verordnung zu definieren. Er wird sich dabei auf die bestehenden Definitionen in den Richtlinien der Schweizerischen Bankiervereinigung über die Behandlung nachrichtenloser Konten, Depots und Schrankfächer bei Schweizer Banken vom 2. Februar 2000 abstützen können.

2.2

Änderung bisherigen Rechts

2.2.1

Pfandbriefgesetz vom 25. Juni 1930

Art. 23 Mit der Einführung des Register-Schuldbriefes im Rahmen der Revision des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 11. Dezember 2009 könnte sich die Frage stellen, ob der künftige Artikel 859 Absatz 1 (neu) ZGB auch im Pfandbriefwesen Anwendung findet. Das ist nicht der Fall, denn die Entstehung des Pfandrechts an der Deckung wird durch Artikel 23 des Pfandbriefgesetzes geregelt. Die pfandbriefmässige Verpfändung erfolgt konstitutiv durch Eintragung im Pfandregister der Mitglieder. Das gilt auch für den Register-Schuldbrief, was sinnvollerweise durch eine Ergänzung von Artikel 23 Pfandbriefgesetz klargestellt wird.

Art. 42 Die Aufsicht der beiden Pfandbriefzentralen erfolgt analog jener der Banken. Im Pfandbriefgesetz fehlen jedoch Bestimmungen über die Zuständigkeit im Fall einer Insolvenz. Insolvenzverfahren sollen jedoch auch bei den Pfandbriefzentralen nach den bankspezifischen Vorschriften in der Kompetenz der FINMA abgewickelt werden. Im Pfandbriefgesetz ist daher eine Verweisung auf die Insolvenzbestimmungen im BankG (Schutzmassnahmen, Sanierungsverfahren und Konkurs) einzufügen. Hingegen besteht im Gegensatz zu den Effektenhändlern keine Notwendigkeit, die Pfandbriefzentralen an der Einlagensicherung zu beteiligen, da die Forderungen regelmässig pfandgesichert sind und die Anlagen nicht der kurzfristigen Verfügbarkeit von Liquidität zugunsten der Gläubigerinnen und Gläubiger dienen.

4026

2.2.2 Art. 173b

Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs Verfahren der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht

Die Bestimmung regelt die Schnittstelle zwischen dem SchKG und dem Konkursverfahren im Finanzmarktrecht. Die bis anhin für Banken und Effektenhändler bestehende Zuständigkeit der FINMA bei der Konkursliquidation wurde im Anhang der vorliegenden Gesetzesänderung auf weitere Finanzmarktteilnehmer ausgedehnt.

Art. 219 Abs. 4, Zweite Klasse Bst. f Der Katalog der privilegierten Gläubigerinnen und Gläubiger wird entsprechend Artikel 37a BankG ergänzt.

2.2.3

Kollektivanlagengesetz vom 23. Juni 2006

Art. 35 Abs. 1 Die Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Nachlassverfahren wird mit der analogen Anwendung der bankengesetzlichen Konkursbestimmungen nach Artikel 137 KAG ausgeschlossen. Entsprechend wird die Verweisung auf den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung hinfällig.

Art. 137

Konkurseröffnung

Abs. 1 Die FINMA ist zuständig für sämtliche Liquidationshandlungen im Zusammenhang mit kollektiven Kapitalanlagen. Es fehlen im KAG jedoch Bestimmungen für den Konkurs einer Investmentgesellschaft oder einer Fondsleitung. Es macht aber auch bei diesen von der FINMA bewilligten und beaufsichtigten Bewilligungsträgern Sinn, die Zuständigkeit für eine Konkurseröffnung und die Durchführung des Konkursverfahrens auf die FINMA zu übertragen. Analog den bankengesetzlichen Bestimmungen entscheidet die FINMA bei Vorliegen einer Insolvenzgefahr, ob der Konkurs eröffnet werden muss oder eine ordentliche Liquidation oder eine andere geeignete Massnahme angeordnet werden kann.

Abs. 2 Mit der Zuständigkeit der FINMA für die Konkurseröffnung und das Konkursverfahren finden die auf Finanzintermediäre zugeschnittenen bankengesetzlichen Bestimmungen Anwendung. Die Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Nachlassverfahren gemäss Artikel 293 ff. SchKG ist deshalb auszuschliessen. Für ein ergänzendes Nachlassverfahren besteht kein Bedarf mehr. Die Finanzmarktaufsichtsgesetze geben der FINMA genügende und frühzeitige Möglichkeiten zur Intervention. Ebenso kann unter diesen Umständen auf das aktienrechtliche Moratorium nach Artikel 725 f. OR verzichtet werden.

4027

Abs. 3 Bei einer Insolvenz eines Bewilligungsträgers finden die Konkursbestimmungen des BankG analog Anwendung.

Art. 138 Die Aufgaben und Kompetenzen des Untersuchungsbeauftragten nach Artikel 36 FINMAG umfassen diejenigen des bisherigen Sachwalters vollumfänglich. Die Funktion des Sachwalters wurde aus dem früheren Anlagefondsgesetz übernommen, ist aber vollständig durch den Untersuchungsbeauftragten als einheitliches Aufsichtsinstrument im Rahmen der Finanzmarktaufsicht abgelöst worden. Die Bestimmung kann ersatzlos gestrichen werden.

2.2.4

Börsengesetz vom 24. März 1995

Art. 36a Effektenhändler, die über Einlagen der Kunden verfügen, haben sich wie bisher zwingend der Einlagensicherung anzuschliessen. Für sie gelten weiterhin grundsätzlich die gleichen Insolvenzregeln wie für die Banken, weshalb auf diese Bestimmungen verwiesen werden kann.

Im Übrigen ist die heute in dieser Bestimmung enthaltene Verweisung (auch) auf Art. 38 und 39 BankG mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz, FINMAG; SR 956.1) und der Streichung der bisher in diesen Artikeln geregelten Haftungsbestimmungen für die FINMA-Beauftragten hinfällig geworden.

2.2.5 Art. 51

Versicherungsaufsichtsgesetz vom 17. Dezember 2004 Sichernde Massnahmen

Abs. 2 Bst. h Artikel 17 VAG sieht die Pflicht des Versicherungsunternehmens vor, die Ansprüche aus Versicherungsverträgen durch ein gebundenes Vermögen sicherzustellen.

Artikel 74 der Aufsichtsverordnung vom 9. November 2005 (AVO; SR 961.011) präzisiert hierzu, dass das gebundene Vermögen jederzeit bis zum Sollbetrag gedeckt sein muss und im Fall einer Unterdeckung unverzüglich durch das Versicherungsunternehmen zu ergänzen ist. Stellt die FINMA eine Unterdeckung fest, so hat sie die geeigneten Massnahmen zur Aufstockung des gebundenen Vermögens zu treffen. Angesichts der zentralen Funktion der Deckung des gebundenen Vermögens für den Versichertenschutz ist die Durchsetzbarkeit entsprechender Massnahmen von grösster Bedeutung.

Artikel 16 Buchstabe b des früheren Schadenversicherungsgesetzes sah als Massnahme nicht nur die Möglichkeit vor, die Aufstockung des gebundenen Vermögens zu verlangen, sondern die Erhöhung nötigenfalls direkt anzuordnen. Das VAG als 4028

Nachfolgegesetz des Schadenversicherungsgesetzes enthält keine derartige ausdrückliche Bestimmung mehr, obwohl es Zweck der neuen Gesetzgebung war, die Bestimmungen zu den sichernden Massnahmen inhaltlich unverändert zu übernehmen.15 Mangels expliziter Norm stützt sich deshalb die Anordnung von Massnahmen betreffend der Erhöhung des gebundenen Vermögens de lege lata auf die allgemeine Massnahmenorm von Artikel 51 Absatz 1 VAG. Dies ist unproblematisch bei der Anordnung einer Aufstockung des gebundenen Vermögens. In aussergewöhnlichen Fällen, in denen die Aufsichtsbehörde die Zuordnung von Vermögenswerten zum gebundenen Vermögen direkt verfügen muss, könnten aber Bedenken aufkommen, ob für eine solche rechtsgestaltende Verfügung, die direkt ein dinglich wirkendes Vorrecht an Vermögenswerten schafft, eine genügende gesetzliche Grundlage besteht. Um diese Zweifel zu beseitigen, wird die Anordnung der Massnahme explizit in den beispielhaften Massnahmenkatalog aufgenommen.

Abs. 2 Bst. i Stundung und Fälligkeitsaufschub für Verpflichtungen der Versicherungsunternehmen waren in Artikel 16 Buchstabe e Schadenversicherungsgesetz ausdrücklich vorgesehen. Die Massnahmen wurde indessen nicht in den Katalog des VAG übernommen, obwohl sie namentlich bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens ­ gleich wie bei den Banken, bei denen Stundung und Fälligkeitsaufschub explizit geregelt sind ­ einem grossen Bedürfnis entsprechen. De lege lata stützt sich die Anordnung der Stundung und des Fälligkeitsaufschubs auf die allgemeine Massnahmenorm von Artikel 51 Absatz 1 VAG. Angesichts der Bedeutung der Massnahmen namentlich für den Schutz der Versicherten soll die Kompetenz der Aufsichtsbehörde aber künftig explizit im Gesetz aufgeführt werden.

Abs. 3 Die Art und Weise der Bekanntmachung einer Massnahme und der Kreis der Adressaten richtet sich nach dem Einzelfall. Je nach Massnahme kann eine Publikation zum Schutz der Interessen Dritter sinnvoll sein (z.B. im Falle einer Stundung oder einem Fälligkeitsaufschub oder wenn Organen die Vertretungsbefugnis entzogen wird). In anderen Fällen würde eine Veröffentlichung aber eine Vertrauenskrise erst recht auslösen und somit einer raschen Behebung der Mängel entgegenstehen. So wird in der Regel darauf verzichtet werden müssen, die Erteilung von Weisungen an die Organe des
Versicherungsunternehmens oder die Beschränkung bestimmter Geschäftstätigkeiten öffentlich bekannt zu machen. Die Möglichkeit, in bestimmten Fällen Massnahmen zu publizieren, entspricht der Regelung in Artikel 26 Absatz 2 BankG.

Art. 52 Entzieht die FINMA einem Versicherungsunternehmen die Bewilligung zur Geschäftstätigkeit, so hat sie analog wie bei anderen ihr unterstellten Finanzinstituten die Liquidation anzuordnen. Die FINMA bestimmt zudem den Liquidator, dessen Handlungen sie bis zur vollständigen Abwicklung der aufsichtsrechtlich relevanten Tätigkeit überwacht.

15

Botschaft vom 9. Mai 2003 zu einem Gesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG) und zur Änderung des Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag, BBl 2003 3789 3830.

4029

Art. 53 Die Konkurseröffnung über Versicherungsunternehmen erfolgt gemäss aktueller Regelung des VAG im Rahmen eines komplexen Zusammenspiels von FINMA und ordentlichem Konkursrichter. Die formelle Zuständigkeit liegt beim ordentlichen Konkursrichter, jedoch hat die FINMA zwingend zu berücksichtigende Mitbestimmungsrechte bei der Konkurseröffnung und der Einsetzung eines Konkursverwalters. Als Lehre aus dem Fall Spar- und Leihkasse Thun (SLT) wurde die Kompetenz im Zusammenhang mit Bankenkonkursen einheitlich auf die FINMA übertragen. Es macht nun auch im Versicherungsbereich keinen Sinn, weiterhin eine aufgeteilte Zuständigkeitsordnung aufrecht zu erhalten. Wie bei den Banken soll der FINMA auch bei einem Konkurs eines Versicherungsunternehmens die alleinige Zuständigkeit analog den Bestimmungen zum Bankenkonkurs zukommen.

Die vorgeschlagene Regelung übernimmt die im Bankenkonkurs geltenden Bestimmungen des BankG ins VAG und ergänzt sie durch die bereits bestehenden versicherungsspezifischen Regeln.

Abs. 1 Analog den bankengesetzlichen Bestimmungen entscheidet die FINMA bei Vorliegen einer Insolvenzgefahr, ob der Konkurs eröffnet werden muss oder eine ordentliche Liquidation oder eine andere geeignete Massnahme angeordnet werden kann.

Abs. 2 Mit der Zuständigkeit der FINMA für die Konkurseröffnung und das Konkursverfahren finden die auf Finanzintermediäre zugeschnittenen bankengesetzlichen Bestimmungen auch auf Versicherungsunternehmen Anwendung. Die Anwendbarkeit der Bestimmungen über das Nachlassverfahren gemäss Artikel 293 ff. SchKG ist deshalb auszuschliessen. Für ein ergänzendes Nachlassverfahren besteht kein Bedarf mehr. Die Finanzmarktaufsichtsgesetze geben der FINMA genügende und frühzeitige Möglichkeiten zur Intervention. Ebenso kann unter diesen Umständen auf das aktienrechtliche Moratorium nach Artikel 725 f. OR verzichtet werden.

Abs. 3 Je nach Umfang und Schwierigkeit des durchzuführenden Konkursverfahrens ernennt die FINMA einen oder mehrere Konkursliquidatoren. Dabei wird es sich in der Regel um eine mit dem Versicherungsgeschäft vertraute beauftragte Person aus dem Beauftragtenpool der FINMA handeln. Auch die oder der bereits früher eingesetzte und daher mit der Sache vertraute Untersuchungsbeauftragte kann mit der Liquidation betraut werden.

Art. 54

Wirkungen und Ablauf

Abs. 1 Die Anordnung der Konkursliquidation eines insolventen Versicherungsunternehmens hat (wie die Konkursliquidation von Banken und anderen unter der Aufsicht der FINMA stehenden Finanzintermediären) das gleiche Ziel und dieselbe rechtliche Wirkung wie die Eröffnung des Konkurses nach SchKG. Beiderorts geht es im Wesentlichen darum, die Aktiven festzustellen und zusammenzuführen, sie zu verwerten und die Schulden zu liquidieren.

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Abs. 2 Das Verfahren zur Konkursliquidation insolventer Versicherungsunternehmen soll deren Besonderheiten Rechnung tragen, im Übrigen aber nach den bewährten Regeln des Konkurses (Art. 221 ff. SchKG) abgewickelt werden. Daher kommt wie im Bankenkonkurs das SchKG zur Anwendung, wenn keine Spezialbestimmungen dieses Gesetzes entgegenstehen.

Abs. 3 In Anlehnung an die heute geltenden Bestimmungen zum Bankenkonkurs lässt sich auch bei Versicherungsunternehmen nicht ausschliessen, dass sich der Erlass weiterer Spezialbestimmungen zur Durchführung der Konkursliquidation als notwendig erweist. Hiefür kann die FINMA abweichende Anordnungen treffen und zwar sowohl im Einzelfall durch Verfügung als auch generell-abstrakt in Form von Verordnungen. Dabei wird es sich vor allem um Bestimmungen formeller Natur handeln, wie dies heute für Banken im Rahmen der Bankenkonkursverordnung-FINMA vom 30. Juni 2005 (BKV-FINMA; SR 952.812.32) erfolgt ist.

Art. 54a

Forderungen aus Versicherungsverträgen

Hier werden die bisher in Artikel 54 Absätze 3 und 4 VAG enthaltenen Bestimmungen wörtlich übernommen. Einzig in Absatz 1 erfolgt eine sprachliche Angleichung an Artikel 36 BankG, wonach die aus den Büchern des Versicherungsunternehmens ersichtlichen Forderungen nicht mehr als eingegeben, sondern als angemeldet gelten.

Art. 54b

Gläubigerversammlung und Gläubigerausschuss

Abs. 1 Im Bankenkonkurs findet nach geltendem Recht keine Gläubigerversammlung statt (vgl. Art. 35 BankG). Diese bewährte Regelung dient der raschen Abwicklung des Verfahrens und ist auch für die konkursrechtliche Abwicklung von Versicherungsunternehmen zu übernehmen. Die Durchführung der Konkursliquidation eines Versicherungsunternehmens unter Aufsicht einer Gläubigerversammlung wäre ­ wie bei einer Bank ­ angesichts der Vielzahl der Gläubigerinnen und Gläubiger, der Komplexität der vorzunehmenden Liquidationshandlungen und dem vielfach geforderten raschen Handeln nicht praktikabel. Die Gläubigerinnen und Gläubiger werden indessen auch ohne Gläubigerversammlung nicht schlechter gestellt. Ihre Rechte werden durch die Konkursliquidatoren gewahrt, die der FINMA gegenüber rechenschaftspflichtig sind.

Die Konkursliquidatoren werden indessen namentlich dann eine Gläubigerversammlung einberufen, wenn Entscheidungen bei der Konkursliquidation wichtige Interessen der Gläubigerinnen und Gläubiger tangieren und deren Einverständnis wesentlich zu einem reibungslosen Ablauf des Verfahrens beitragen kann.

Die FINMA kann auf Antrag der Konkursliquidatoren wie im Bankenkonkurs auch im Konkurs eines Versicherungsunternehmens einen Gläubigerausschuss einsetzen, wenn dies zur sinnvollen Interessenvertretung der Gläubigerinnen und Gläubiger angezeigt ist. Sie kann dessen Zusammensetzung, Aufgaben und Kompetenzen auf den Einzelfall zugeschnitten umschreiben. Auch diese Bestimmung entspricht der analogen Bestimmung in Artikel 35 BankG.

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Abs. 2 Die in Absatz 1 genannten Entscheide sollen in der Kompetenz der FINMA liegen, weshalb diese an die Anträge der Konkursliquidation nicht gebunden ist.

Art. 54c

Verteilung und Schluss des Verfahrens

Abs. 1 Die Verteilung der am Ende des Konkursverfahrens vorhandenen Aktiven an die Gläubiger und Gläubigerinnen richtet sich grundsätzlich nach den Bestimmungen von Artikel 261 ff. SchKG. Anders als dort wird indessen im Interesse der Verfahrensökonomie wie im Bankenkonkurs die Verteilungsliste nicht aufgelegt und den einzelnen Gläubigern und Gläubigerinnen nur der auf sie entfallende Anteil bekannt gegeben. Im Rahmen des Rechts auf Einsicht in die Konkursakten ist dem einzelnen Gläubiger oder der einzelnen Gläubigerin grundsätzlich Einsicht in die Verteilungsliste zu gewähren.

Abs. 2 Im Schlussbericht soll der Konkursliquidator die wichtigsten Eckpunkte und Probleme des Verfahrens sowie die einzelnen Prozesse, in die die Konkursmasse als Partei auf der Aktiv- oder Passivseite involviert war, nochmals summarisch zusammenfassen. Unter Vorbehalt der ausdrücklichen Aufforderung im Einzelfall ist hier jedoch keine tiefe Detaillierung gefordert.

Der Schlussbericht hat sodann diejenigen Angaben zu enthalten, die auch nach Abschluss des Verfahrens von Bedeutung sein können. Darunter fällt die Auflistung der noch offenen Abtretungen von Rechtsansprüchen an Gläubigerinnen und Gläubiger. Sodann sind die noch nicht ausbezahlten Dividenden sowie die noch nicht herausgegebenen abgesonderten Depotwerte aufzuführen.

Die Tätigkeit der Konkursliquidatoren endet mit der Ablieferung des Schlussberichts an die FINMA.

Abs. 3 Das Konkursliquidationsverfahren endet mit dem öffentlich bekannt gemachten Abschluss des Verfahrens durch die FINMA. Zu den Anordnungen zur Schliessung des Verfahrens gehören auch solche über nicht abgeholte Depotwerte und nicht geltend gemachte Ansprüche.

Art. 54d

Ausländische Insolvenzverfahren

Die Anerkennung ausländischer Konkursdekrete und Insolvenzmassnahmen sowie die Koordination der Insolvenzverfahren in der Schweiz mit im Ausland laufenden Verfahren soll auch im Zusammenhang mit Versicherungsunternehmen nach den gleichen Bestimmungen erfolgen, wie sie für andere Finanzintermediäre Anwendung finden. Es genügt deshalb eine Verweisung auf die entsprechende Regelung in den Artikeln 37f und 37g BankG.

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Art. 56

Konkursmässige Verwertung des gebundenen Vermögens

Die bisherigen Bestimmungen dieses Artikels werden inhaltlich übernommen, jedoch an die neue Zuständigkeit der FINMA angepasst. Zum besseren Verständnis erfolgt die Regelung neu in zwei Absätzen.

Abs. 1 Mit der alleinigen Zuständigkeit der FINMA auch im Konkurs von Versicherungsunternehmen entfällt der bisher vorgesehene Auftrag an die Konkursverwaltung zur Verwertung des gebundenen Vermögens. Als Konkursbehörde wird die FINMA die Verwertung des gebundenen Vermögens künftig direkt anordnen, soweit sie keine besonderen Massnahmen trifft. Als besondere Massnahme ist insbesondere die Übertragung des Versicherungsbestandes nach Artikel 51 Absatz 2 Buchstabe d VAG denkbar. Diese naheliegendste Massnahme wird neu beispielhaft aufgeführt.

Abs. 2 Der Zeitpunkt des Erlöschens der Versicherungsverträge knüpft neu an die Anordnung der FINMA zur Verwertung des gebundenen Vermögens an. Unverändert bleiben hingegen die Bestimmungen der im Zusammenhang mit dem Erlöschen entstehenden Ansprüche.

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden

Die Vorlage hat keine direkten Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden.

3.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Richtlinien zur Finanzmarktregulierung Die Vorlage erfüllt die Richtlinien des EFD zur Finanzmarktregulierung vom September 2005. Die Vorlage steigert mit einer konkurrenzfähigen und kostengünstigen Einlagensicherung die Standortattraktivität des Finanzplatzes. Sie gilt für alle Banken und ist in diesem Sinn wettbewerbsneutral.

Kosten und Nutzen der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen Ein wesentlicher Teil der hier vorgeschlagenen Gesetzesänderungen ist bereits seit eineinhalb Jahren in Kraft (1. Erhöhung der geschützten Einlagen auf 100 000 Franken, 2. Verpflichtung der Banken, in Abhängigkeit von den privilegierten Einlagen ihrer Kundinnen und Kunden ständig 125 Prozent inländisch gedeckte Forderungen oder übrige in der Schweiz belegene Aktiven zu halten, 3. Grosszügigere sofortige Auszahlung gesicherter Einlagen aus liquiden Mitteln der in Schwierigkeiten geratenen Bank, 4. Anhebung der Systemobergrenze von heute 4 Milliarden Franken auf 6 Milliarden Franken, 5. gesonderte und zusätzliche Privilegierung der Einlagen bei Vorsorgestiftungen). Nach den ersten Erfahrungen haben sich diese Änderungen bisher bewährt. Zumindest kurzfristig konnten keine negativen Effekte festgestellt werden. Die für die Banken aus der Erhöhung der Systemgrenze entstehenden Mehrkosten machen einen Bruchteil dessen aus, was an Kosten 4033

im Zusammenhang mit der ursprünglich geplanten Äufnung eines Einlagensicherungsfonds entstanden wäre. Dies insbesondere deshalb, weil die Banken nach dem hier vorgelegten Vorschlag die Einlagensicherung weiterhin nicht ex-ante finanzieren müssen. Die Vernehmlassungsteilnehmer aus allen Kreisen haben sich denn auch durchaus positiv zu diesen Regelungen geäussert.

Was die mit der Erhöhung der gesicherten Einlagen verbundenen Risiken für die Einlagensicherung angeht, ist festzuhalten, dass die gesicherten Einlagen der diesbezüglich grössten Bank momentan um die 60 Milliarden Franken betragen. Da eine Insolvenz einer Bank oftmals nicht durch eine Überschuldung, sondern durch fehlende Liquidität ausgelöst wird, erscheint das Risiko für die Einlagensicherung tragbar. Mit einer weiteren ins Dauerrecht zu überführenden Regelung müssen die gesicherten Einlagen zudem mit in der Schweiz gelegenen Aktiven unterlegt werden. Das Risiko, dass die Einlagensicherung der Banken am Ende einen Verlust erleidet wird mit dieser Vorschrift zusätzlich verringert.

Es ist festzuhalten, dass eine obligatorische Sicherung der Einlagen für die Banken und die Einlegerinnen und Einleger letztlich auch einen Anreiz bietet, höhere Risiken einzugehen (moral hazard). Ein Zurückgehen auf die Limite von 30 000 Franken wie vor der Krise ist indessen nur schwer realisierbar. Der Bundesrat hat vor der Finanzkrise einen Betrag von 30 000 Franken als «eher bescheiden» eingestuft. Die EU hat Anfang 2009 als erste Massnahme zur Erhaltung des Vertrauens der Einlegerinnen und Einleger und der Erzielung einer grösseren Stabilität der Finanzmärkte die Mindestdeckungssumme auf 50 000 Euro erhöht. Geplant ist eine Erhöhung auf 100 000 Euro. Auch die USA haben ab 2014 eine Erhöhung der Limite auf 100 000 Dollar beschlossen. Eine Senkung auf 30 000 Franken würde die Schweizer Einlegerinnen und Einleger im Vergleich mit dem Ausland benachteiligen. International ist überdies anerkannt, dass glaubwürdige Deckungssummen falsche Anreize bei Bankkundinnen und -kunden und Banken verringern.

Auch eine freiwillig gestaltete Einlagensicherung böte keine Lösung des Problems.

Zum einen könnte mit einer freiwilligen Versicherung im Krisenfall weder eine Vertrauenskrise noch ein Bankensturm verhindert werden. Zudem könnten nicht versicherte «Trittbrettfahrer»
kostenfrei von der ­ durch die versicherten Einlegerinnen und Einleger finanzierten ­ höheren Sicherheit ihrer Bank und des Systems profitieren. Auch ist nicht zu verkennen, dass je nach Krisensituation durchaus auch mit politischem Druck zu rechnen ist, damit auch unversicherte Einlegerinnen und Einleger Leistungen aus der Einlagensicherung erhalten.

Insgesamt verspricht sich der Bundesrat von den ins Dauerrecht zu überführenden Änderungen ein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis. Der Schutz der Sparerinnen und Sparer, die Wahrung der Systemstabilität und die Garantie von gleich langen Spiessen im internationalen Wettbewerb lassen die positiven Aspekte der Vorlage bei Weitem überwiegen.

Was die neu ins Gesetz aufzunehmenden Bestimmungen betrifft, kann deren volkswirtschaftlicher Nutzen als positiv betrachtet werden. Die verbesserten Regelungen im Sanierungsverfahren ermöglichen eine Abwicklung der Sanierung, die den verschiedenen wirtschaftlichen Interessen der Akteure noch besser Rechnung trägt.

Namentlich mit der neuen Möglichkeit der Weiterführung von Bankdienstleistungen durch andere Institute oder eine bridge bank, werden das Risiko eines Bankenkonkurses minimiert und das Vertrauen in den Finanzplatz gestärkt. Sodann stärkt die verkürzte Frist für die Auszahlungen aus der Einlagensicherung die Position der 4034

Einlegerinnen und Einleger, ohne dass dafür für die Banken höhere Kosten entstehen. Die Anerkennung ausländischer Insolvenzmassnahmen und die Ausdehnung der Kompetenz der FINMA im Insolvenzverfahren auf weitere Finanzmarktteilnehmer dienen der Verfahrenseffizienz, ohne dass damit auf der Gegenseite höhere Kosten verursacht werden.

Verhältnis zur EU Was die internationale Entwicklung angeht, so sei hier auf die ausführlichen Darlegungen in Ziffer 1.6 verwiesen. Das Schutzniveau der hier vorgeschlagenen Regulierung erweist sich im Ergebnis als mit demjenigen der EU vergleichbar.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 200816 über die Legislaturplanung 2007­2011 noch im Bundesbeschluss vom 18. September 200817 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt. Die Gründe ergeben sich aus den vorstehenden Ausführungen.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Die Änderung des Bankengesetzes stützt sich wie dieses selber auf Artikel 98 BV.

5.2

Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen

Nach Artikel 28 Absatz 2 BankG erlässt die FINMA die für die Durchführung des Sanierungsverfahrens notwendigen Anordnungen, wenn nötig auch in Form generell-abstrakter Erlasse. Diese Rechtsetzungskompetenz ist für ein rasches und geordnetes Verfahren unabdingbar.

Die im neuen Artikel 37a Absatz 2 vorgesehene Kompetenz des Bundesrates, den Höchstbetrag der privilegierten Einlagen der Geldentwertung anzupassen, entspricht dem geltenden Recht (Art. 37c in der Fassung 2004).

Nach dem neuen Artikel 37l bestimmt der Bundesrat, wann Vermögenswerte als nachrichtenlos gelten. Diese Delegation rechtfertigt sich mit Blick darauf, dass in dieser Hinsicht wohl eine detaillierte Regelung zu schaffen sein wird.

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BBl 2008 753 BBl 2008 8543

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