10.085 Botschaft zur Erhöhung der Mittel zur Finanzierung der öffentlichen Entwicklungshilfe vom 17. September 2010

Sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin Sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin Sehr geehrte Damen und Herren Mit dieser Botschaft unterbreiten wir Ihnen den Entwurf zu zwei Bundesbeschlüssen zur Erhöhung der Mittel zur Finanzierung der öffentlichen Entwicklungshilfe mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Nationalratspräsidentin, sehr geehrte Frau Ständeratspräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

17. September 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2010-1749

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Übersicht Mit dieser Botschaft werden die Aufstockung der zurzeit gültigen Rahmenkredite für die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) und das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) im Umfang von 640 Millionen Franken für die Jahre 2011 und 2012 beantragt, mit dem Ziel, einen stärkeren Beitrag der Schweiz zur Armutsreduktion, zur Wasserversorgung und zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern zu leisten. Hierzu wird der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe der Schweiz bis zum Jahr 2015 linear auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) erhöht.

In den beiden Bundesbeschlüssen vom 8. Dezember 2008 für die Rahmenkredite der DEZA über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern (BBl 2009 435 für den Kompetenzbereich DEZA) und des SECO über die Finanzierung der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (BBl 2009 443 für den Kompetenzbereich SECO) hatte das Parlament dem Bundesrat den Auftrag erteilt, im Jahr 2009 eine Botschaft für jeweils einen Zusatzkredit vorzulegen. Dank diesem Zusatzkredite soll der Anteil der öffentlichen Entwicklungshilfe der Schweiz bis zum Jahr 2015 auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens erhöht werden.

Dieser Auftrag wurde vom Ständerat am 17. Juni 2010 bestätigt.

Die vorliegende Botschaft zur Erhöhung der Mittel zur Finanzierung der öffentlichen Entwicklungshilfe (im Folgenden «Botschaft 0,5 Prozent») stützt sich ab auf die unverändert gültige entwicklungspolitische Strategie des Bundes von 2008.

Eine wirksame und sichtbare Entwicklungszusammenarbeit ist im Interesse der Schweiz. Sie fördert Allianzen und internationale Netzwerke, erweitert die aussenpolitischen Handlungsmöglichkeiten der Schweiz und verstärkt ihren Einfluss in einer multipolaren Welt. Die Schweiz ist überdurchschnittlich stark in die globale Wirtschaft integriert und dabei überdurchschnittlich erfolgreich in Produktion, Handel und Dienstleistungen rund um die Welt. Dies führt zur selbstverständlichen Verpflichtung, sich an der Lösung der globalen Probleme der Welt ­ Armut, Konsequenzen des Klimawandels, unkontrollierte Migration, Wasserknappheit, Finanzund Wirtschaftstabilität sowie Abbau von Handelsbarrieren ­ mit einer adäquaten Leistung zu beteiligen.
Dank der Rotkreuzbewegung hat die Schweiz eine längere humanitäre Tradition als alle anderen Industrieländer, eine Tradition der Solidarität und der Menschlichkeit.

Der Wunsch, solidarisch zu sein mit den Armen und Benachteiligten dieser Welt, ist nach wie vor für viele Schweizerinnen und Schweizer eine wichtige Motivation, privat Geld zu spenden und das staatliche Entwicklungsbudget zu unterstützen.

Die Erhöhung der «Aide Publique au Développement» (APD) auf 0,5 Prozent würde es der Schweiz erlauben, die bilaterale Hilfe in zwei für die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) wichtigen Schlüsselsektoren entschieden zu verstärken. Mit ihren in dieser Botschaft vorgesehenen Aktivitäten trägt die Schweiz in den Bereichen Wasser und Klima aktiv zur Erreichung des Millenniumsentwick-

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lungsziels (MDG) 7 bei, bei dem es um den Zugang zu Wasser und zur ökologischen Nachhaltigkeit geht. Zudem erfüllt die Schweiz mit diesem Engagement ihre im Rahmen Kopenhagen Accords vom 18. Dezember 2009 gemachte Verpflichtung, in den Jahren 2010­2012 zusätzliche Mittel für Mitigations- und Adaptationsmassnahmen in Entwicklungsländern bereit zu stellen. Für diese bilateralen Massnahmen können zusätzliche 368 Millionen Franken verpflichtet werden. Folgende Resultate werden erwartet: Wasser: Die Investitionen im Wassersektor bedeuten für die Partnerländer eine Reduktion der Gesundheitskosten, Zeitgewinn beim Wasserholen und die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion. Auf der Grundlage der Analysen aus dem «Wirkungsbericht Schweizer Entwicklungszusammenarbeit im Wassersektor» von 2008 geht hervor, dass mit einem investierten Franken ein sozialer und wirtschaftlicher Nutzen von durchschnittlich mindestens 3­5 Franken erzielt wurde. Es wird daher erwartet, dass mit den 197 Millionen Franken des Zusatzkredites, die für das Wasser eingesetzt werden, ein Nutzen von 600 Millionen Franken erwirtschaftet wird.

Klima: Die Planung und die Adaptationsmassnahmen beim Klimawandel werden auf verschiedenen Ebenen (national, regional und lokal) in die öffentliche Politik sowie in die sektorielle Politik und die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit integriert. Es werden innovative Interventionen ausgearbeitet, wie z. B. Versicherungsmechanismen für das Risikomanagement beim Klimawandel. Durch die Projekte werden Behörden und Bevölkerung mit den Auswirkungen des Klimawandels vertraut gemacht, die Umweltbelastbarkeit und die Risikoprävention von Naturkatastrophen werden erhöht. Im Bereich Wald werden Nutzungspläne entwickelt und mit Einbezug der lokalen Gemeinschaften umgesetzt. Bei der Reduktion von Treibhausgasen konzentriert sich die Schweiz auf die Energieeffizienz in industriellen Prozessen, kleinen Unternehmen und städtischen Zonen sowie auf die Förderung von erneuerbareren Energien in ruralen Zonen.

Die Erhöhung der APD auf 0,5 Prozent würde es der Schweiz erlauben, ihren multilateralen Verpflichtungen nachzukommen. Konkret würde die Schweiz mit den zusätzlichen multilateralen Mitteln folgende Beiträge leisten: 1.

Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF): rund 180 Millionen Franken;

2.

Schweizer Beitrag an das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) im Jahr 2012: 54 Millionen Franken

3.

Reduktion der Verpflichtungsrückstände bei der multilateralen Entschuldungsinitiative (MDRI) um rund 38 Millionen Franken.

Bei diesem multilateralen Engagement geht es um die Mitsprache und aktive Beteiligung der Schweiz in den wichtigsten internationalen Institutionen. Wegen der vom Parlament beschlossenen Verpflichtungslimite von 40 Prozent für die multilateralen Aktivitäten im Rahmenkredit 11 der DEZA, wurden die regulären Beiträge an gewisse multilaterale Organisationen gegenüber der Planung um 272 Millionen Franken gekürzt. Die Erhöhung der APD auf 0,5 Prozent würde es der Schweiz erlauben, diesen Fehlbetrag zu kompensieren, die vom Bundesrat definierten Priori-

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täten der multilateralen Zusammenarbeit im bisherigen Rahmen zu honorieren und ihren Lastenanteil aufrecht zu erhalten.

Hilfe muss wirksam sein und ein Volumen haben, welches dem Wohlstand der Schweiz entspricht. Auf der Basis der Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats aus dem Jahr 2006 sind bereits Massnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit ­ sowohl bilateral als auch multilateral ­ getroffen worden. Die Entwicklungszusammenarbeit des Bundes konzentriert sich heute auf eine reduzierte Anzahl von Schwerpunktländern und Sonderprogrammen. Sie koordiniert ihre Entwicklungsvorhaben vermehrt mit anderen Entwicklungsagenturen und kann so ihre spezifischen Kompetenzen gezielter einbringen sowie im Verbund mit anderen Gebern eine höhere Effizienz und grössere Breitenwirkung erzielen. In der Programmierung (Kooperationsstrategien und Mittelfristprogramme) und in der konkreten Projektarbeit wurde die Ergebnisorientierung deutlich verstärkt. Massgebender Indikator ist dabei die Verbesserung der konkreten Lebensbedingungen armer Bevölkerungsschichten.

Der Bundesrat hat die Mittel für die schrittweise Aufstockung der APD auf 0,5 Prozent in seiner Botschaft zum Voranschlag 2011 und im Finanzplan 2012­2014 eingestellt. Während der Voranschlag den Vorgaben der Schuldenbremse entspricht, ist dies für den Finanzplan nicht der Fall. Aus heutiger Sicht sind daher weitere Konsolidierungsmassnahmen ab 2012 unausweichlich. Um den Bereinigungsbedarf zu begrenzen, wird in Ziffer 5.3 ein möglicher Mittelweg ausgezeigt, der für die Jahre 2011 und 2012 eine Aufstockung der APD auf 0,45 Prozent zur Folge hätte.

Eine Botschaft über die Beteiligung der Schweiz an den Kapitalerhöhungen der multilateralen Entwicklungsbanken wird dem Parlament aus finanz- und entwicklungspolitischen Gründen gleichzeitig mit der Botschaft 0,5 Prozent vorgelegt.

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Inhaltsverzeichnis Übersicht

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Abkürzungsverzeichnis

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1 Ausgangslage

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2 Die strategische Ausrichtung der Entwicklungspolitik des Bundes

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3 Eine starke Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz

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4 Eine wirksame Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz

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5 Finanzielle und Personelle Konsequenzen 5.1 Finanzielle Auswirkungen der Erhöhung der APD für die Jahre 2011 und 2012 5.2 Mittelfristige Auswirkungen 5.3 Möglicher Mittelweg 5.4 Personelle Ressourcen

6766 6766 6769 6770 6772

6 Stärkeres bilaterales Engagement für Wasser und Klima 6.1 Wasser 6.1.1 Die Schweiz ­ eine kompetente Akteurin im Wassersektor 6.1.2 Erwartete Resultate 6.1.3 Richtwerte für die Zuteilung der finanziellen Mittel 6.1.4 Aktionslinien 6.1.5 Handlungsprinzipien 6.1.6 Modalitäten und Partner 6.2 Klima 6.2.1 Die Schweizer Antwort auf den Kopenhagen Accord 6.2.2 Die Schweiz ­ eine kompetente Akteurin im Bereich Klimawandel 6.2.3 Erwartete Resultate 6.2.4 Richtwerte für die Zuteilung der finanziellen Mittel 6.2.5 Aktionslinien

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7 Stärkeres multilaterales Engagement zur Armutsreduktion 7.1 Multilaterale Verantwortung mittragen 7.2 Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds 7.3 Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen 7.4 Multilaterale Entschuldungsinitiative

6790 6790 6791 6793 6794

8 Auswirkungen 8.1 Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden 8.2 Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

6796 6796 6796

6783 6784 6786 6786

9 Verhältnis zur Legislaturplanung

6796

10 Rechtliche Aspekte

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11 Unterstellung unter die Ausgabenbremse

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Anhang: Öffentliche Entwicklungshilfe (APD) der Schweiz 2008­2009

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Bundesbeschluss zur Erhöhung der Mittel zur Finanzierung der öffentlichen Entwicklungshilfe ­ DEZA (Entwurf)

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Bundesbeschluss zur Erhöhung der Mittel zur Finanzierung der öffentlichen Entwicklungshilfe ­ SECO (Entwurf)

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Abkürzungsverzeichnis ADF AfDB APD BAFU BBl BIP BNE BR BRIC-Staaten CCM CO2 DAC DEZA EFV EZA GCI IDA IFAD ISO-Normen KOP MDG MDRI MOPAN NGO OECD WHO SECO IUCN UNDP UNICEF UNO USD UVEK HIV/AIDS

Afrikanischer Entwicklungsfonds Afrikanische Entwicklungsbank Aide Publique au Développement Bundesamt für Umwelt Bundesblatt Bruttoinlandprodukt Bruttonationaleinkommen Bundesrat Brasilien, Russland, Indien, China Core Contribution Management Kohlenstoffdioxid Development Assistance Committee der OECD Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Eidgenössiche Finanzverwaltung Entwicklungszusammenarbeit General Capital Increase International Development Association International Fund for Agricultural Development Internationale Normen für Unternehmen, Regierungen und Zivilgesellschaft, ausgearbeitet von der Internationalen Organisation für Normung (ISO) Konsolidierungsprogramm Millenniumsentwicklungsziele (Millenium Development Goals) Multilaterale Entschuldungsinitiative Multilateral Organisation Performance Assessment Network Nichtregierungsorganisationen Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation) Staatssekretariat für Wirtschaft International Union for Conservation of Nature Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations Development Program) United Nations International Children's Fund United Nations Organization Amerikanischer Dollar Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Humane Immundefizienz-Virus / Acquired Immune Deficiency Syndrome

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Botschaft 1

Ausgangslage

Das Parlament hat dem Bundesrat im Dezember 2008 den Auftrag erteilt, eine Botschaft zur Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe (Aide Publique au Développement, APD) auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) bis 2015 vorzulegen.1 Dieser Auftrag wurde vom Ständerat am 17. Juni 2010 bestätigt.2 Mit der vorliegenden Botschaft (im Folgenden «Botschaft 0,5 Prozent»), wird diesem Auftrag entsprochen.

In der Botschaft 0,5 Prozent werden die finanziellen Konsequenzen einer Erhöhung der APD und die erwarteten Resultate aufgezeigt. Die Botschaft schlägt Kontrollmethoden und Indikatoren vor, anhand deren es möglich sein wird, den Erfolg der in der Botschaft 0,5 Prozent beschriebenen Aktivitäten zu messen.

Die strategische Orientierung der Entwicklungshilfe wird in den zwei Botschaften der DEZA und des SECO von 20083 (Südbotschaften) definiert und hat sich nicht geändert. Die Botschaft 0,5 Prozent ist eine Ergänzung zu den zwei Südbotschaften und übernimmt deren generelle strategische Ausrichtung.

Die Botschaft beantragt die Aufstockung der zurzeit gültigen Rahmenkredite (Rahmenkredit 11 der DEZA und Rahmenkredit 7 des SECO)3. Die Laufzeiten der beiden Rahmenkredite enden am 31. Dezember 2012. Deshalb werden mit vorliegender Botschaft nur zusätzliche Mittel für die Jahre 2011 und 2012 beantragt. Die für die Jahre 2013­2015 zur Erreichung von 0,5 Prozent im 2015 benötigten zusätzlichen Mittel werden in den neuen, mit der Legislaturperiode synchronisierten Botschaften 2013­2016 beantragt.

Der Bundesrat hat am 20. Mai 2009 entschieden, dem Parlament eine Botschaft über die Beteiligung der Schweiz an den Kapitalerhöhungen der multilateralen Entwicklungsbanken (GCI Botschaft) zu präsentieren. Diese wird dem Parlament aus finanzund entwicklungspolitischen Gründen gleichzeitig mit der Botschaft 0,5 Prozent vorgelegt.

1

2

3

Bundesbeschlüsse vom 8. Dezember 2008 für die Rahmenkredite der DEZA über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern (BBl 2009 435 Kombetenzbereich DEZA), und des SECO über die Finanzierung der wirtschafts- und handelpolitischen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (BBl 2009 443 Kompetenzbereich SECO).

Der Bericht des Bundesrats vom 21. Oktober 2009 an das Parlament zu den Bundesbeschlüssen vom 8. Dezember 2008 über die Weiterführung der Entwicklungszusammenarbeit wurde vom Ständerat im Juni 2010 abgelehnt (BBl 2009 7651).

Botschaft über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern (Rahmenkredit 11 der DEZA; BBl 2008 2959) vom 14. März, und Botschaft über die Finanzierung der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit (Rahmenkredit 7 des SECO; BBl 2008 3047), vom 7. März 2008, auch Südbotschaften genannt.

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Die strategische Ausrichtung der Entwicklungspolitik des Bundes

Die heute gültige entwicklungspolitische Strategie des Bundes, welche am 14. März 20084 in der Botschaft über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern (Rahmenkredit 11) definiert wurde, legt das folgende Ziel fest: Die Schweiz leistet einen Beitrag an eine gerechte und nachhaltige globale Entwicklung. Zur Erreichung des Ziels werden drei strategische Schwerpunkte definiert: (I) Die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) erreichen ­ Armut mindern; (II) Die Förderung menschlicher Sicherheit und die Reduktion von Sicherheitsrisiken sowie (III) Die entwicklungsfördernde Gestaltung der Globalisierung.

Innerhalb dieses Rahmens legt die Entwicklungszusammenarbeit des Bundes ihre geografischen und thematischen Schwerpunkte fest.

Seit der Einführung der Strategie des Bundes im 2008 hat sich das entwicklungspolitische Umfeld verändert. Die vergangenen Jahre waren durch die Wirtschafts-, Ernährungs- und Klimakrise geprägt. Die Entwicklungschancen der ärmsten Länder wurden durch das Zusammentreffen von hohen, volatilen Nahrungsmittelpreisen und der weltweiten Finanzkrise stark negativ beeinflusst. Die Konsequenzen der Finanzkrise ­ beispielsweise der Rückgang von Direktinvestitionen, ein starker Anstieg der Risikoprämien auf Anleihen von Entwicklungsländern, Schwierigkeiten bei externer Finanzierung, der Abwertungsdruck auf die Währungen sowie Liquiditätsengpässe lokaler Finanzinstitute ­ treffen die Entwicklungsländer hart. In armen Gegenden geben Familien knapp zwei Drittel ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus; sie sind somit Preisschwankungen direkt ausgeliefert. Die Folgen des Klimawandels treffen arme Länder besonders stark. Häufig fehlen die nötigen Anpassungskapazitäten und Ressourcen, um die Auswirkungen des Klimawandels zu bekämpfen. Die Folgen sind alarmierend. Gemäss UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon könnten die in den vergangenen Jahren erreichten Fortschritte in der Armutsbekämpfung durch Krisen rückgängig gemacht werden.

Die entwicklungspolitische Strategie des Bundes hat sich auch in diesen schwierigen Zeiten bewährt. Durch die Kombination von bilateralen und multilateralen Massnahmen sowie einer starken Präsenz vor Ort kann die Schweiz flexibel und wirksam auf die sich ändernden Umstände reagieren. Die Erfahrungen der letzten Jahre
haben gezeigt, dass gerade Massnahmen zur Reduktion von Armut und ein Beitrag zur Lösung anderer globaler Probleme in Zeiten der Krise besonders wichtig sind. Die Schweiz hat durch ihre Projekte und Programme in den Schwerpunktländern einen substanziellen Beitrag geleistet. Indem sie ihre Entwicklungsprojekte und -programme auch in der Krise ohne Unterbruch weiterführen konnte, hat die Schweiz eine stabilisierende und unterstützende Rolle gespielt und Sicherheitsrisiken reduziert. Über die effiziente humanitäre Hilfe konnte sie schnell und adäquat auf akute Krisen und auf Katastrophen reagieren.

4

BBl 2008 3047

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Die vorgeschlagene Stossrichtung der Botschaft 0,5 Prozent trägt zur Erreichung aller drei Schwerpunkte der Südbotschaft der DEZA bei: zur Armutsminderung, zur Förderung der menschlichen Sicherheit und zur entwicklungsfördernden Globalisierung. Innerhalb dieses strategischen Rahmens legt die Botschaft 0,5 Prozent folgende Prioritäten fest: Im Bereich der bilateralen Zusammenarbeit engagiert sich die Schweiz in den Bereichen Wasser und Klima; im Bereich multilaterale Zusammenarbeit leistet sie Beiträge an den Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF), das UNO Entwicklungsprogramm (UNDP) und die Multilaterale Entschuldungsinitiative (MDRI).

Die Armutsreduktion bleibt im Zentrum der Botschaft 0,5 Prozent: Die von der Schweiz geplanten Aktivitäten in den Bereichen Wasser und Klima tragen aktiv zur Erreichung des Millenniumsentwicklungsziels 7, «der ökologischen Nachhaltigkeit», bei.5 Die Schweiz unterstützt Projekte und Programme, welche die natürlichen Lebensgrundlagen erhalten und den Zugang der ärmsten Bevölkerung zu sauberem Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung verbessern. Damit trägt sie auch entscheidend zur Verbesserung der Gesundheit von Kindern und Müttern bei, was den Millenniumsentwicklungszielen 4 und 5 entspricht (Senkung der Kinder- und Müttersterblichkeit). Mit den 0,5 Prozent zusätzlich beantragten Mitteln sollen auch der Afrikanische Entwicklungsfonds sowie das UNO-Entwicklungsprogramm (UNDP) unterstützt werden, die ihre Aktivitäten ebenfalls auf die Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele und die Reduktion der Armut ausrichten. Mit der Aufstockung der bisherigen Arbeit der DEZA und des SECO im Klimabereich kann komplementär zu den entwicklungspolitischen Zielen den Vorgaben des Kopenhagen Accord zur Erhöhung der Klimafinanzierung in Entwicklungsländern entsprochen werden.

3

Eine starke Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz

Die Schweiz braucht aus folgenden Gründen eine wirksame und sichtbare Entwicklungszusammenarbeit: Wohlverstandenes Eigeninteresse der Schweiz: Die Entwicklungszusammenarbeit ist Teil der Schweizer Aussenpolitik. Der Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in Partnerländern ist eine der drei Dimensionen der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik. Die Entwicklungspolitik trägt zur Erreichung von deren Zielen bei.6 Die Schweiz als bevölkerungsmässig kleines, aber stark international vernetztes Land, ist 5

6

Am 18. September 2000 verabschiedeten 189 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen mit der Millenniumserklärung einen Katalog grundsätzlicher, verpflichtender Zielsetzungen für alle UNO-Mitgliedstaaten. Die acht Ziele werden auch von der Schweiz mitgetragen und sind entsprechend in ihre Strategie integriert worden (vgl. Rahmenkredit 11 sowie Millenniumsentwicklungsziele ­ Zwischenbericht der Schweiz 2010 des Bundesrats, Juni 2010).

Die Schweizer Aussenpolitik basiert auf 5 aussenpolitischen Zielen: Friedliches Zusammenleben der Völker, Achtung der Menschenrechte und Förderung der Demokratie, Wahrung der Interessen der schweizerischen Wirtschaft im Ausland, Linderung von Not und Armut in der Welt, und Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen. Die drei Dimensionen der Aussenwirtschaftspolitik, welche die Steigerung des Wohlstandes der Schweiz zum Ziel hat, lauten: Marktzugang und internationales Regelwerk, Binnenmarktpolitik in der Schweiz und Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung in Partnerländern.

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besonders gefordert, wenn es darum geht, die internationalen Rahmenbedingungen aktiv mitzugestalten. Eine Entwicklungszusammenarbeit, die Allianzen fördert und internationale Netzwerke schafft, erweitert die aussenpolitischen Handlungsmöglichkeiten der Schweiz und verstärkt ihren Einfluss in einer multipolaren Welt. Dazu gehört auch, die künftigen Rahmenbedingungen für die Entwicklung im Süden und Norden gemeinsam mit den OECD-, den BRIC- und den Entwicklungsländern zu gestalten. Wirtschaftswachstum in den Entwicklungs- und Schwellenländern liegt im Interesse der Menschen vor Ort, ist aber auch im Interesse der Schweiz, ihrer Wirtschaft und ihrer Bevölkerung, denn eine stabile Weltordnung und Wirtschaftswachstum schaffen Kaufkraft und öffnen neue internationale Märkte. Beschaffungs-, Absatz- und Investitionsmärkte werden erweitert. Es nützt den Schweizer Anbietern, wenn der Markt eines Partnerlandes wirtschaftlich dynamisch ist und stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen herrschen.

Solidarität ­ eine Schweizer Tradition: Dank der Rotkreuzbewegung hat die Schweiz eine längere humanitäre Tradition als alle anderen Industrieländer, eine Tradition der Solidarität und der Menschlichkeit. Der Wunsch, solidarisch zu sein mit den Armen und Benachteiligten dieser Welt, ist nach wie vor für viele Schweizerinnen und Schweizer eine wichtige Motivation, privat Geld zu spenden und das staatliche Entwicklungsbudget zu unterstützen. Mit einer kompetenten eigenen Umsetzungskapazität, sowohl in der humanitären Hilfe als auch in der Entwicklungszusammenarbeit, ist die Schweiz gut positioniert, um einen Beitrag zur Bekämpfung von Not und Armut sowie zur Verbesserung der Lebensbedingungen in der Welt zu leisten.

Beitrag zur Lösung globaler Probleme: Die Schweiz ist überdurchschnittlich stark in die globale Wirtschaft integriert und dabei überdurchschnittlich erfolgreich in Produktion, Handel und der Erbringung von Dienstleistungen rund um die Welt.

Dies führt zur selbstverständlichen Verpflichtung, sich an der Lösung der globalen Probleme der Welt ­ Armut, Auswirkungen des Klimawandels, volatile Nahrungsmittelpreise, unkontrollierte Migration, Wasserknappheit, Finanz- und Wirtschaftstabilität sowie Abbau von Handelsbarrieren ­ mit einem adäquaten Beitrag zu beteiligen. Um effektiver zur Lösung globaler Probleme
beizutragen, hat die DEZA 2008 drei ausgewählte globale Programme ­ Klimawandel, Ernährungssicherheit und Migration ­ eingeführt. Das SECO leistet einen Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen, indem es sich auf seine Kompetenzen fokussiert; zu diesen Kompetenzen gehören makro- und finanzökonomische Rahmenbedingungen, Förderung des Handels, Erleichterung von Direktinvestitionen, Massnahmen zum Schutz natürlicher Ressourcen, Entwicklung von Umwelttechnologien und Knowhow.

Für eine politisch positive Wahrnehmung der Schweiz: Der politische Einfluss einer mittelgrossen Wirtschaftsnation hängt auch von einer starken Entwicklungszusammenarbeit ab. Die Entwicklungszusammenarbeit des Bundes bildet Allianzen, trägt bei zur politischen Vernetzung und stärkt dadurch die Einflussmöglichkeiten der Schweiz. Will die Schweiz eine ernstzunehmende Akteurin auf der geopolitischen Bühne sein und bleiben, so liegt es in ihrem Interesse, einen angemessenen Entwicklungsbeitrag zu leisten.

Die Komplementarität der Instrumente der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit: Die Komplexität des Umfelds der Entwicklungszusammenarbeit verlangt nach einem koordinierten und komplementären Ansatz von Politiken und Instrumenten. Die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit verfügt mit der Kombination von nationalen, regionalen und globalen Programmen über einen integrierten 6761

Ansatz, der speziell auf die aktuellen Herausforderungen der Entwicklungszusammenarbeit zugeschnitten ist. Mittels bilateraler Massnahmen in den Partnerländern, finanzieller Unterstützung und der Beteiligung in multinationalen Institutionen kämpft die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit gegen die Armut und stellt sich den globalen Herausforderungen. Die Schweiz ist in mehreren Prioritätsländern und Regionen direkt aktiv durch bilaterale Interventionen bei der humanitären Hilfe, durch die Entwicklungszusammenarbeit, bei der Unterstützung im Übergang zu demokratischen und pluralistischen Systemen und durch die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Mit der Präsenz in Führungsorganen von multilateralen Institutionen stellt die Schweiz die Kohärenz ihrer bilateralen Massnahmen mit der Politik dieser Organisationen auf nationaler wie internationaler Ebene sicher.

Volumen der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit: Um Wirksamkeit zu erreichen, braucht es eine gute Qualität der Entwicklungszusammenarbeit und ein gewisses Volumen. Mit einem APD-Prozentsatz von 0,47 Prozent des BNE im 2009 liegt die Schweiz auf Platz 10 der 23 DAC-Mitglieder7. «Die gegenwärtigen 0,47 Prozent sind zwar höher als bei unseren Nachbarländern Frankreich (0,46 %), Deutschland (0,35 %), Österreich (0,30 %) und Italien (0,16 %), es ist aber deutlich weniger als vergleichbar globalisierte und vergleichbar wohlhabende europäische Länder wie Norwegen (1,05 %), Luxemburg (1,01 %), Dänemark (0,88 %), Schweden (1,12 %) oder die Niederlande (0,82 %) bereitstellen», schreibt der Bundesrat im Bericht Millenniumsentwickungsziele ­ Zwischenbericht der Schweiz 2010 basierend auf DAC Zahlen8.

7

8

Gemäss den Regeln des OECD Entwicklungsausschusses (Development Assistance Committee DAC) sind im APD-Volumen der Schweiz zusätzlich zu den Aufwendungen von DEZA und SECO bedeutende bilaterale und multilaterale Beträge des BFM (Kosten für Asylsuchende im ersten Jahr), der PAIV (Friedensförderung und Menschenrechte), des BAFU (Klimaaktivitäten in Entwicklungsländern) und des VBS (friedenfördernde Massnahmen) als öffenliche Entwicklungshilfe verrechnet (vgl. Annex II).

OECD, Pressemitteilung vom 14. April 2010; sowie Millenniumsentwicklungsziele ­ Zwischenbericht der Schweiz 2010 des Bundesrats, Juni 2010.

6762

Die folgende Tabelle zeigt das Volumen der APD aller DAC-Mitglieder im Vergleich (2009): APD im Jahr 2009 - in Prozent des BNE In % des BNE 1.2 1.1

1.12 1.06 1.01

1.0 0.9

0.88 0.82

0.8

Zielvorgabe der UNO: 0.7%

0.7 0.6

0.55 0.54 0.54 0.52

Durchschnittliche Leistung der Mitgliedsländer des DAC: 0.48% 0.47 0.46 0.46

0.5 0.4

0.35

0.31

0.30 0.30 0.29 0.29

0.3

0.23

0.2

0.20 0.19 0.18 0.16 0.10

0.1 -

Quelle: OECD, 14. April 20109

Seit 2008 ist die APD der Schweiz von 0,44 Prozent auf 0,47 Prozent gestiegen. Mit ihren Beiträgen liegt die Schweiz etwa in der Mitte aller DAC-Länder. Die Zunahme von 11,9 Prozent gegenüber 2008 ist neben den Auswirkungen, welche die Wirtschaftskrise auf das Bruttonationaleinkommen hatte, insbesondere auf Massnahmen zur Entschuldung von Togo und Kongo-Brazzaville sowie auf ein starkes Ansteigen der Ausgaben für Asylsuchende aus Entwicklungsländern zurückzuführen. Im Jahr 2009 entfielen 15 Prozent der öffentlichen Entwicklungshilfe auf anrechenbare Auslagen im nationalen Asylbereich, was im internationalen Vergleich hoch ist.10 Der Anteil der Entschuldungsmassnahmen belief sich auf 7 Prozent.

Während die Aufwendungen für die APD 2009 in einigen Ländern zurückging; z.B.

Österreich (­31,2 %), Italien (­31,1 %), Irland (­18,9 %), Portugal (­15,7 %), Deutschland (­12 %), Griechenland (­12 %), Kanada (­9,5 %), Holland (­4,5 %), haben verschiedene Länder ihre APD trotz der internationalen Wirtschaftskrise durch eine Aufstockung ihrer Entwicklungshilfe real erhöht, so z.B. Frankreich (+16,9 %), Grossbritannien (+14,6 %), Belgien (+11,5 %), Finnland (+13,1 %), Schweden (+7,4 %), Dänemark (+4,2 %) und Luxemburg (+1,9 %).11 9 10

11

http://www.oecd.org/document/11/0,3343,en_21571361_44315115_44981579_ 1_1_1_1,00.html Gemäss den Richtlinien des Entwicklungsausschusses der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD können die Kosten für Asylsuchende aus Entwicklungsländern im ersten Aufenthaltsjahr in der Schweiz der öffentlichen Entwicklungshilfe angerechnet werden.

http://www.oecd.org/document/22/0,3343,de_34968570_35008930_44987030_ 1_1_1_1,00.html

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Die Netto-APD sämtlicher DAC-Länder hat sich im Jahr 2009 geringfügig erhöht (+0,7 %) und den Betrag von 119,6 Milliarden US-Dollar erreicht. Die durchschnittliche APD der DAC-Länder ist von 0,45 Prozent (2007) auf 0,48 Prozent (2009) des BNE der DAC Länder gestiegen.

Trotz der in vielen Ländern verordneten Sparprogramme rechnet die OECD für 2010 mit einer weiteren Erhöhung der Gesamt-APD auf 126 Milliarden US-Dollar. Für die Europäische Union ist 2010 ein Schlüsseljahr, da sie sich 2005 anlässlich des G8-Treffens in Gleneagles zum Ziel gesetzt hatte, ihre durchschnittliche APD bis zu diesem Jahr auf 0,56 Prozent des BNE zu erhöhen, um bis 2015 die Zielmarke von 0,7 Prozent erreichen zu können.

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Eine wirksame Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz

Die Wirksamkeit der Entwicklungszusammenarbeit hat heute ein grosses Gewicht, sowohl für die multilateralen Institutionen wie auch für die bilateralen Programme der Schweiz und anderer Geberstaaten.

Auf Basis der Empfehlungen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats aus dem Jahr 2006 sind Massnahmen zur Verbesserung der Wirksamkeit der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit getroffen worden. Die Entwicklungszusammenarbeit des Bundes konzentriert sich auf eine reduzierte Anzahl von Schwerpunktländern und Sonderprogrammen. Sie koordiniert ihre Entwicklungsvorhaben vermehrt mit anderen Entwicklungsagenturen und kann so ihre spezifischen Kompetenzen gezielter einbringen sowie im Verbund mit anderen Gebern eine höhere Effizienz und grössere Breitenwirkung erzielen. In der Programmierung (Kooperationsstrategien und Mittelfristprogramme) und in der konkreten Projektarbeit wurde die Ergebnisorientierung deutlich verstärkt: Massgebend sind dabei Verbesserungen in den konkreten Lebensbedingungen armer Bevölkerungsschichten. Die Planung, Umsetzung und Überwachung von Entwicklungsprojekten richten sich in erster Linie auf erwartete, respektive erreichte Ergebnisse, d.h. auf eine Verbesserung der Situation für die Zielgruppen, und nicht mehr primär auf den Output der Entwicklungsakteure.

Auch die Wirkungsmessung wurde verbessert. In den letzten zwei Jahren sind neue Instrumente eingeführt worden, beispielsweise der Wirkungsbericht. Bestehende Instrumente wurden verbessert; die die Unabhängigkeit der Evaluationseinheiten wurde gestärkt, indem das SECO ein externes Evaluations-Komitee eingesetzt und die DEZA die Evaluation an eine neu geschaffene Einheit im Inspektorat des EDAGeneralsekretariats übertragen hat.

Es gibt aber auch Grenzen der Messbarkeit. Nicht alles an der Entwicklung einer Gesellschaft ist quantifizierbar. Positive oder negative Entwicklungsresultate hängen nicht nur von eigenen Aktionen ab, sondern werden beeinflusst durch Interventionen einer Vielzahl anderer Akteure und Faktoren. Manchmal gehen kurzfristig messbare Resultate auf Kosten der langfristigen positiven Wirkung. Und oft kann die Wirkung des Schweizer Anteils eines Programms lediglich geschätzt werden.

Die vorliegende Botschaft 0,5 Prozent setzt sich Ziele, welche in Ziffer 6, bilaterales Engagement, genauer beschrieben sind. Die Erreichung dieser Ziele wird die Schweiz wie folgt messen:

6764

1.

Die Resultate der geplanten bilateralen Aktivitäten werden über die bestehenden Monitoringinstrumente gemessen, welche eine effektive Steuerung und Überwachung der Aktivitäten erlauben. In der Regel wird zu Beginn die Ausgangssituation («Baseline») als Vergleichsgrundlage erfasst. Danach ist es Aufgabe der Verantwortlichen vor Ort ­ zusammen mit den Partnerorganisationen ­ die Wasser- und Klimaaktivitäten zu überwachen und zu steuern. Sie werden von einem Steuerungsgremium und innerhalb der DEZA von den thematischen Netzwerken begleitet. Regelmässige Fortschrittsberichte zeigen auf, inwiefern die Ziele noch erreicht werden können oder bereits erreicht worden sind. Evaluationen durch das DEZA- und SECO-Personal sowie durch unabhängige Expertinnen und Experten sind ein wichtiger Teil der Programmsteuerung.

2.

Der Bundesrat hat für den Rahmenkredit 11 der DEZA und für den Rahmenkredit 7 des SECO die Wirksamkeitsüberprüfung der multilateralen Organisationen in der Südzusammenarbeit konkretisiert. So wird die Überwachung während der Umsetzungsphase verstärkt, z. B. durch ein neues Core Contribution Management (CCM)12 sowie das Multilateral Organisation Performance Assessment Network (MOPAN).13 Auch die multilateralen Organisationen haben ihre Monitoringinstrumente verbessert und zusätzliche Instrumente eingeführt. Als Beispiel für das UNO-System kann das UNDP herangezogen werden. Das UNDP hat bereits vor einem Jahrzehnt das ergebnisorientierte Management («Result-based Management») eingeführt und dabei seine Programme und Operationen auf Effizienz und Wirksamkeit ausgerichtet. Im Fall des ADF macht ein Erfolgskontrollinstrument («Results Measurement Framework») die Messung der Ziele möglich. Das Instrument besteht seit 2003 und hat 2005 sowie 2010 (im Rahmen der ADF-12 Verhandlungen) schrittweise Verbesserungen erfahren. Die AfDB publiziert jährlich einen umfassenden Wirksamkeitsbericht («Annual Development Effectiveness Review»), der durch unabhängige Auswertungsstudien zu einzelnen Bereichen ergänzt wird.

Zusätzlich stehen weitere Berichte (z.B. der Jahresbericht, jährlicher Bericht zur Effizienz des Portfolios) zur Verfügung, welche einen Überblick über die Wirksamkeit der Bankoperationen ermöglichen.

Entwicklungsleistungen können üblicherweise in ein bis zwei Jahren gemessen werden, die Wirkung der Interventionen aber erst nach mehreren Jahren.

Der Bundesrat wird dem Parlament innerhalb des bestehenden Rechenschaftsablagesystems des Rahmenkredits 11 der DEZA und des Rahmenkredits 7 des SECO über die erreichten Resultate der Botschaft 0,5 Prozent Bericht erstatten. Grundlage für die Rechenschaftsablage ist ein zweistufiges System: Die Beiträge der Schweiz zur Erreichung der definierten Resultate

12

13

Das resultatorientierte Management von Kernbeiträgen (CCM) ist ein neues Instrument, welches eine fokussierte strategische Ausrichtung und einen strukturierten Dialog mit multilateralen Organisationen in den aufeinander folgenden vier Phasen ermöglicht: Planung, Überwachung, Steuerung und Berichterstattung; dies geschieht jeweils auf den beiden Management-Ebenen, jener der Schweiz (DEZA/SECO) sowie jener der multilateralen Organisationen.

Neben der Schweiz sind 15 weitere Staaten Mitglied von MOPAN. MOPAN beabsichtigt, mit einer systematischen Beurteilung die Leistungsfähigkeit von multilateralen Organisationen zu erhöhen.

6765

werden einerseits auf Länderebene und andererseits zu den verschiedenen Schwerpunktthemen (DEZA) beziehungsweise entlang der eingesetzten Instrumente (SECO) erhoben. 2012 werden dem Parlament die ersten Resultate des Rahmenkredits 11/Rahmenkredits 7 und damit auch der Botschaft 0,5 Prozent vorgelegt.

5

Finanzielle und personelle Auswirkungen

5.1

Finanzielle Auswirkungen der Erhöhung der APD für die Jahre 2011 und 2012

Um das APD-Ziel von 0,5 Prozent des BNE bis 2015 zu erreichen, müssten die Ausgaben der DEZA und des SECO zugunsten der Entwicklungsländer im Jahr 2011 um 143 Millionen Franken und im Jahr 2012 um 261 Millionen Franken erhöht werden. Insgesamt würden die Ausgaben 2011 und 2012 somit um 404 Millionen Franken steigen.

Die APD-Quote befände sich also bei 0,445 Prozent des BNE im Jahr 2011 und bei 0,468 Prozent im Jahr 2012. Diese lineare Aufstockung der APD würde ein jährliches durchschnittliches Ausgabenwachstum der Entwicklungshilfe von 8,9 Prozent bedingen. Im Gegensatz dazu würde die APD-Quote ­ gemäss Botschaft zum Voranschlag 2010 und Finanzplan 2011­2013 vom 19. August 2009, die eine jährliche Erhöhung der APD von 3,3 Prozent vorsieht ­ im 2013 auf 0,4 Prozent des BNE sinken.

Tabelle 1 Erhöhung der APD auf 0,5 Prozent des BNE bis 2015 0,5 % APD-Ziel 2015, bei linearem Wachstum 2010­2015 A

B=C/A

C

D

E

F

G=E­F

Jahr

BNE Schätzung (EFV 08.06.

2010)

APD Anteile am BNE (Richtung 0,5 % APD bis 2015)

APD Sollwerte für 0,5 % APD-Ziel 2015

APD anderer Ämter/ Kantone/ Gemeinden (Schätzung EFV, 08.06.2010; ausserhalb 3.2)

Neue Planzahlen 2011­2015 Aufgabenbereich 3.2 mit 0,5 % APD-Ziel 2015 bei linearem Wachstum v. 8,9 % p.J.

VA/FP 2010­2013 und Plan mit 3,3 % Wachstum für 2014/2015 Aufgabenbereich 3.2 (BB 19.08.

2009)

Zusätzliche Mittel für 0,5 % APD bis 2015 gegenüber bisher.

Voranschlag/ Finanzplan

2010 2011 2012 2013 2014 2015

558 275 580 132 601 597 623 856 642 572 661 849

0,426 % 0,445 % 0,468 % 0,460 % 0,489 % 0,500 %

2 376 2 579 2 817 2 872 3 142 3 309

613 658 726 594 661 608

1 764 1 921 2 091 2 278 2 481 2 701

1 764 1 778 1 830 1 886 1 948 2 012

0 143 261 392 533 689

Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) vom 08.06.2010.

* inkl. Teuerungskorrektur gemäss Konsolidierungsprogramm 12/13.

6766

Die obenstehende Tabelle zeigt die finanziellen Konsequenzen bei einer linearen Progression der öffentlichen Entwicklungshilfe der Schweiz auf. Basierend auf den Schätzungen des BNE vom Juni 2010 für die kommenden Jahre (Kolonne A), gehen die Kolonnen B und C die Höhe der APD an, die sich bei einer linearen Progression auf 0,5 Prozent dieses Einkommens ergibt. Die APD-Werte enthalten auch die Beträge, die in den Aufgabenbereichen 3.2 des Bundes nicht inbegriffen sind. Diese resultieren aus externen Faktoren (Ausgaben während des ersten Asyljahres, Schuldenerlasse im Rahmen des Pariser Clubs), oder sie stammen von andern Ämtern (Kolonne D). Diese Beträge, die den Aufgabenbereichen 3.2 angerechnet werden müssen, um die 0,5 Prozent schrittweise zu erreichen, wurden auf der Basis eines linearen Wachstums von durchschnittlich 8,9 Prozent pro Jahr berechnet (Kolonne E). Diese Summe muss mit den ursprünglich im Budget des Bundes und der Finanzplanung von 2009 vorgesehenen Beträgen (Kolonne F), nach Teuerungskorrekturen gemäss Konsolidierungsprogramm 12/13 verglichen werden, um die zusätzlich notwendigen Beträge zur Realisierung der vom Parlament gewünschten Progression zu erreichen (Kolonne G).

Die Laufzeiten der Rahmenkredite 11 der DEZA und 7 des SECO enden am 31. Dezember 2012. Daher werden mit vorliegender Botschaft nur zusätzliche Mittel für die Jahre 2011 und 2012 beantragt. Die in den Jahren 2013­2015 zur Erreichung des APD-Ziels von 0,5 Prozent bis 2015 benötigten zusätzlichen Mittel werden in den neuen, mit der Legislaturperiode synchronisierten Botschaften 2013­2016 beantragt. Dies bedeutet, dass keine neuen Rahmenkredite beantragt werden, sondern dass der Umfang der laufenden Rahmenkredite (Rahmenkredit 11 der DEZA und Rahmenkredit 7 des SECO)14 für die Jahre 2011 und 2012 erhöht wird.

Aufteilung der zusätzlichen Verpflichtungsmittel auf die multilaterale und bilaterale Zusammenarbeit: Das Parlament hat mit dem Bundesbeschluss vom 8. Dezember 2008 entschieden, die Verpflichtungen der Schweiz gegenüber multilateralen Organisationen auf 40 Prozent des Rahmenkredits 11 der DEZA zu beschränken.15 Damit wurden die Verpflichtungsmittel für die regulären Beiträge an UNO-Organisationen, an globale Fonds und Entwicklungsfonds der multilateralen Banken gegenüber der Planung um 272 Millionen Franken
gekürzt. Die Erhöhung der APD auf 0,5 Prozent würde der Schweiz erlauben, diesen Fehlbetrag zu kompensieren und die vom Bundesrat definierten Prioritäten der multilateralen Zusammenarbeit im bisherigen Rahmen einzuhalten, d.h. die Schweiz könnte ihren Lastenanteil aufrechterhalten.

Konkret könnte die Schweiz mit den zusätzlichen multilateralen Mitteln folgende Verpflichtungen eingehen:

14 15

­

Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF): rund 180 Millionen Franken.

­

Schweizer Beitrag an das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) im Jahr 2012: 54 Millionen Franken.

Botschaft vom 14. März 2009 (Rahmenkredit 11; BBl 2008 2959), und Botschaft vom 7.

März 2008 (Rahmenkredit 7; BBl 2008 3047).

Bundesbeschluss vom 8. Dezember 2008 für den Rahmenkredit der DEZA über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugusten von Entwicklungsländern (BBl 2009 435).

6767

­

Reduktion der Verpflichtungsrückstände bei der multilateralen Entschuldungsinitiative (MDRI) um rund 38 Millionen Franken.

Diese Verpflichtungen hätten im Jahr 2011 Auszahlungen von 9 Millionen Franken (ADF) und im Jahr 2012 Auszahlungen von 73 Millionen Franken (ADF und UNDP), d.h. für die Jahre 2011/2012 insgesamt 82 Millionen Franken, zur Folge.

Die Beiträge an die MDRI werden erst ab 2015 zahlungswirksam.16 Die Erhöhung der APD auf 0,5 Prozent würde es der Schweiz erlauben, die bilaterale Hilfe in zwei Schlüsselsektoren entschieden zu verstärken. Für die bilateralen Massnahmen würden auf der Auszahlungsebene 322 Millionen Franken (Aufstockung Voranschlagskredite 2011/12 von 404 Millionen Franken minus 82 Millionen Franken multilaterale Auszahlungen) zur Verfügung stehen. Der Bundesrat hat im Rahmen einer Aussprache entschieden, diese Mittel in den Bereichen Wasser und Klima zu investieren (für die genaue Verwendung der Mittel siehe Ziff. 6).

Der grösste Teil der zusätzlichen Mittel müssten zweifelsohne für Projekte eingesetzt werden, deren Laufzeiten über 2012 hinausreichen. Das geplante Verpflichtungsvolumen, das im Lauf der Jahre 2011 und 2012 nötig wäre, muss somit das Auszahlungsvolumen dieser beiden Jahre übersteigen. Die Erfahrung zeigt, dass ein Verpflichtungsvolumen, welches das Ausgabenvolumen der betreffenden Zeitperiode um 15­20 Prozent übersteigt, eine effiziente Abwicklung der bilateralen Operationen sicherstellt. Die in dieser Botschaft vorgeschlagenen bilateralen Verpflichtungsbeiträge belaufen sich somit auf 368 Millionen Franken (322 Millionen Franken Ausgaben für 2011 und 2012, plus rund 15 Prozent).

Die vorliegende Botschaft schlägt die Aufstockung der zurzeit gültigen Rahmenkredite von insgesamt 640 Millionen Franken vor (davon 272 Millionen Franken für multilaterale Verpflichtungen und 368 Millionen Franken für bilaterale Verpflichtungen). Diese Aufstockung würde es erlauben, während den Jahren 2011 und 2012 die nötige Wachstumsrate aufrecht zu erhalten, um im 2015 das APD-Ziel von 0,5 Prozent des BNE zu erreichen.

Nachstehende Tabelle fasst die wichtigsten Informationen zur Finanzierung zusammen.

Tabelle 2 Übersicht der zusätzlichen Verpflichtungs- und Zahlungsmittel für die Jahre 2011/2012 [Millionen CHF]

Verpflichtungen 2011/2012

Zahlungsplan 2011

Zahlungsplan 2012

Total Auszahlungen 2011/2012

Bilateral

368

134

188

322

Multilateral

272

9

73

82

Total

640

143

261

404

Beziehung zwischen der Botschaft 0,5 Prozent und der Botschaft GCI: 16

MDRI II/ADF: 2009­2014 (38 Millionen); MDRI II/IDA: 2009­2015 (150 Millionen); MDRI III: 2014/2015­2019 (161 Millionen), Schweiz Teilverpflichtung 38 Millionen.

6768

Aus finanz- und entwicklungspolitischen Gründen wird die Botschaft 0,5 Prozent dem Parlament gleichzeitig mit der Botschaft zur Kapitalerhöhung der multilateralen Entwicklungsbanken vorgelegt (Botschaft General Capital Increase, GCI). Beide Botschaften verfolgen die gleichen Ziele der Entwicklungszusammenarbeit, unter anderem die Stärkung des internationalen Finanzsystems. Sie haben verschiedene Ansätze, die sich jedoch ergänzen.

Mit der Botschaft 0,5 Prozent unterstützt die Schweiz unter anderem die Entwicklungsfonds der multilateralen Entwicklungsbanken. Die A-fonds-perdu-Beiträge dienen zur Finanzierung von Projekten multilateraler Finanzinstitutionen und sind eine Finanzierungshilfe für die ärmsten Länder. Diese Fonds werden regelmässig alle drei bis vier Jahre neu festgesetzt.

Für die Kapitalerhöhung der multilateralen Entwicklungsbanken braucht es eine gesonderte Botschaft, denn diese wird unregelmässig und einzig auf der Basis von klar definierten Bedürfnissen durchgeführt. Für die Schweiz ist es eine Investition in Banken, die einen exzellenten Ruf haben (alle verfügen über ein AAA-Rating). Der grösste Teil der Beiträge wird als Garantie zur Verfügung gestellt, während nur ein kleiner Teil (zwischen 0 Prozent und 6 Prozent) wirklich ausgeschüttet wird (paid-in). Diese Ausschüttung erfolgt in einem durchschnittlichen Zeitraum von drei bis sieben Jahren. Durch die Botschaft GCI will die Schweiz ihre Position halten und ihren Teil der Verantwortung im multilateralen Finanzierungssystem wahrnehmen.

Die Botschaften 0,5 Prozent und GCI sind finanziell verknüpft, weil beide APDrelevant sind. Da der ausgeschüttete Beitrag (paid-in) bei der Kapitalerhöhung als APD angerechnet wird, beeinflusst der Entscheid über die Beteiligung der Schweiz an der Kapitalerhöhung der multilateralen Entwicklungsbanken das Auszahlungsvolumen und die Verteilung zwischen dem bilateralen und dem multilateralen Anteil der APD.

Kurzfristig stellen die zur Verfügung stehenden Mittel für die multilateralen Zahlungen eine gewisse Flexibilität sicher, die für eine Ausschüttung (paid-in) für 2011 und 2012 ausreichen, ohne dass sie den Betrag der im Rahmen der im Rahmenkredits 11 geplanten bilateralen Beiträge tangieren. Trotzdem bleibt die Zustimmung zur Botschaft 0,5 Prozent wichtig. Grund dafür ist die Freigabe von zusätzlichen Mitteln, die es erlauben würden, mittelfristig die nötigen Zahlungen für die Beteiligung der Schweiz an der Kapitalerhöhung zu finanzieren.

5.2

Mittelfristige Auswirkungen

Wie aus Tabelle 1 in Kolonne G hervorgeht, sind gegenüber der Finanzplanung vom Vorjahr zusätzliche Mittel in der Höhe von jährlich 140 bis zu 700 Millionen Franken erforderlich, um bis 2015 eine APD-Quote von 0,5 Prozent des BNE zu erreichen. Das dafür notwendige durchschnittliche Ausgabenwachstum beträgt 8,9 Prozent pro Jahr.

Der Bundesrat hat diese Mittel in den Voranschlag 2011 und den Finanzplan 2012­2014 vom 18. August 2010 aufgenommen. Eine Konsequenz ist allerdings, dass die Ausgabenplafonds gemäss Vorgaben der Schuldenbremse um bis zu 670 Millionen Franken (2013) überschritten werden. In diesen Überschreitungen enthalten sind die aufgrund der Ergänzungsregel zur Schuldenbremse notwendigen 6769

Amortisationen des ausserordentlichen Zahlungsbedarfs. Auch wenn diese Kompensationen von jährlich 250 Millionen Franken nicht anfallen würden, verblieben strukturelle Defizite von bis zu 420 Millionen Franken. Zudem drohen in anderen Bereichen Mehrausgaben in Milliardenhöhe,17 die umso schwieriger abzuwehren sind, wenn nun einem Aufgabengebiet ein jährlicher Zuwachs von gegen 9 Prozent gewährt würde. Von diesem überaus hohen Ausgabenwachstum könnte eine Sogwirkung ausgehen, welche den Haushalt in seiner ganzen Breite erfassen könnte.

Selbst wenn sich eine solche vermeiden liesse, könnte eine APD-Quote von 0,5 Prozent nur mittels zusätzlicher Sparmassnahmen finanziert werden. Das hiesse, dass das vom Bundesrat am 1. September 2009 verabschiedete Konsolidierungsprogramm 2012­2013 (KOP 12/13), das den Bundeshaushalt um rund 1,7 Milliarden Franken entlasten soll, binnen Jahresfrist mit einem weiteren Konsolidierungsprogramm zu ergänzen wäre.

5.3

Möglicher Mittelweg

Der Bundesrat ist daher der Meinung, dass ein möglicher Mittelweg darin bestehen könnte, in einem Zwischenschritt für die Jahre 2011 und 2012 eine Aufstockung der Mittel auf eine APD-Quote von rund 0,45 Prozent zu beschliessen. Damit liesse sich die 2009 erreichte APD-Quote (0,47 Prozent) nicht ganz halten. Dieser Anteil wird bei der Variante 0,5 Prozent im 2012 wieder erreicht. Dies deshalb, weil die hohe APD-Quote 0,47 Prozent im Jahr 2009 in erster Linie mit Sonderfaktoren zusammenhingen (vgl. Ziff. 3), die nicht nachhaltig sind. Der Mittelweg hätte den Vorteil, dass die Abstimmung der vierjährigen Finanzbeschlüsse, die in den grossen Aufgabengebieten (Verkehr, Bildung/Forschung/Innovation, Landwirtschaft, Entwicklungshilfe, Osthilfe) für die Periode 2013­2016 erstmals im Rahmen der Legislaturplanung erfolgen wird, ohne Präjudiz durch den Beschluss im Rahmen dieser Botschaft erfolgen kann. Damit kann das Ziel, dem Parlament eine finanzpolitische Prioritätensetzung aus einer Gesamtoptik heraus zu ermöglichen, nach wie vor erreicht werden.

Mit dem vorgeschlagenen Mittelweg würde demnach noch kein definitiver Entscheid bezüglich der APD-Quote im Jahr 2015 gefällt. Es bliebe möglich, das Ziel einer APD-Quote von 0,5 Prozent bis 2015 zu erreichen, auch wenn in diesem Fall ab 2013 höhere jährliche Zuwachsraten nötig würden.

Der Zusatzkredit für 2011 und 2012 wäre bei diesem Mittelweg 125 Millionen Franken tiefer. Er betrüge aber immer noch 515 Millionen Franken (statt 640 Millionen Franken). Davon wären 243 Millionen Franken für die bilaterale und 272 Millionen Franken für die multilaterale Zusammenarbeit vorgesehen.

Der multilaterale Anteil würde damit auf dem Niveau verbleiben, das bei der Variante 0,5 Prozent vorgesehen ist. Damit können die wegen der 40 Prozent-Klausel fehlenden Mittel kompensiert werden. Die Beiträge an den ADF, an das UNDP 2012 und der Beitrag zur Reduktion der Verpflichtungsrückstände bei der MDRI wären somit gesichert.

17

Z.B. der Finanzierung von Betrieb und Unterhalt der Schieneninfrastruktur, der Weiterentwicklung der Armee, einem möglichen Teuerungsausgleich für die Bundesrentnerinnen und -rentner oder einem Freihandelsabkommen mit der EU im Agrar- und Lebensmittelbereich.

6770

Selbst wenn 2012 aus finanzpolitischen Gründen entschieden werden müsste, die öffentliche Entwicklungshilfe der Schweiz vorläufig bei 0,45 Prozent des BNE zu belassen, würde die Mehrbelastung gegenüber der Finanzplanung von 2009 zwischen 151 Millionen Franken (2012) und 358 Millionen Franken (2015) betragen.

Das durchschnittliche Ausgabenwachstum in diesem Bereich beliefe sich damit auf 6,1 Prozent pro Jahr, was ein durchaus höheres Wachstum als bei den anderen grossen Aufgabengebieten des Bundes darstellt. Die strukturellen Defizite, die mittels Sparmassnahmen zu bereinigen wären, würden aus heutiger Sicht von 250 Millionen Franken (2012) auf knapp 500 Millionen Franken (2013) ansteigen, um 2014 wieder auf rund 200 Millionen Franken zurückzugehen. 500 Millionen Franken entsprechen einer Kreditsperre von 2 Prozent. Bereinigungen in dieser Höhe sind in einem Budgetprozess gerade noch möglich.

Nachstehende Tabelle illustriert die finanziellen Aspekte einer Progression der APD bis zu 0,45 Prozent im Jahr 2011 und 0,45 Prozent im Jahr 2012 ­ die angewendete Berechnungsmethode wird in Ziffer 4 dieser Botschaft erläutert: APD Ziel 0,45 % in den Jahren 2011 und 2012 A

B

C=A*B

D

F

G=E­F

Jahr

BNE Schätzung (EFV 08.06.

2010)

APD Anteile an BNE (Richtung 0,45 % APD bis 2012)

APD Sollwerte für 0,45 % APD bis 2012

APD Neue anderer Planzahlen Ämter/ 2011­2012 Kantone/ AufgabenGemeinden bereich 3.2 (Schätzung mit 0,45 % EFV, 08.06. APD-Ziel 2010; ausser- bis 2012 halb 3.2)

E=C­D

Bisheriger VA/FP 2010­2013 (BB 18.8.

2009)*

Zusätzliche Mittel für 0,45 % APD bis 2012 gegenüber bisher.

VA/FP

2010 2011 2012

558 275 580 132 601 597

0,426 % 0,445 % 0,450 %

2 376 2 579 2 707

613 658 726

1 764 1 778 1 830

0 143 151

1 764 1 921 1 981

Quelle: Eidgenössische Finanzverwaltung (EFV) vom 08.06.10 * inkl. Teuerungskorrektur gemäss KOP

Verwendung der zusätzlichen 294 Millionen Franken in den Jahren 2011 und 2012: Von diesem Betrag würden für bilaterale Massnahmen 212 Millionen Franken und für multilateralen Massnahmen 82 Millionen Franken eingesetzt (vgl. Tabelle unten).

Im Bereich Klima müssen die internationalen Verpflichtungen eingehalten werden.

Dieser Bereich wird also von einem zusätzlichen Beitrag von 125 Millionen Franken profitieren. Diese Mittel werden der bilateralen Zusammenarbeit zugerechnet.

Im Vergleich zur Erhöhung der APD auf 0,5 Prozent würden dem Bereich Wasser in den Jahren 2011 und 2012 110 Millionen Franken weniger Mittel zur Auszahlung gelangen.

6771

Nachstehende Tabelle fasst die wichtigsten finanziellen Informationen mit der Option einer APD von 0,45 Prozent für die Jahre 2011 und 2012 zusammen.

[Mio. CHF]

Verpflichtungen 2011/2012

Voranschlag 2011

Bilateral

243

134

78

Klima 125 Wasser 87

Multilateral

272

9

73

82

Total

515

143

151

5.4

Finanzplan 2012

Total Auszahlungen 2011/2012

ca. 294

Personelle Ressourcen

Durch die Aufstockung der bestehenden Rahmenkredite entsteht ein zusätzlicher Aufwand in der Planung und Implementierung der vorgesehenen Aktivitäten. Dieser wird vom SECO und der DEZA im Rahmen der zurzeit gültigen Rahmenkredite (Rahmenkredit 11 DEZA und Rahmenkredit 7 SECO) abgedeckt.

6

Stärkeres bilaterales Engagement für Wasser und Klima

Die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit garantiert der Schweiz Sichtbarkeit und erlaubt ein Aufbauen auf den bisher erzielten Wirkungen und Erfahrungen. Sie steht für Qualität: Die Schweiz stellt hohe Qualitätsanforderungen, die durch eigene Expertinnen und Experten vor Ort und in enger Zusammenarbeit mit ihren Partnern umgesetzt und überwacht werden. Erfolgreiche Ansätze und Konzepte können in der bilateralen Zusammenarbeit schnell und effizient ausgeweitet und auf andere Länder übertragen werden. Die Partner der DEZA und des SECO, z.B. Nichtregierungsorganisationen (NGOs), multilaterale Organisationen, Universitäten, Unternehmen der Privatwirtschaft usw., spielen dabei eine zentrale Rolle. Dialogbereitschaft und ein partnerschaftlich entwickelter Programmansatz sind Merkmale der Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz. Die Stärkung der Zivilgesellschaft vor Ort spielt eine wichtige Rolle. Grundlage für alle Aktivitäten sind eine klare Wertebasis: Verlässlichkeit, Innovationsfreude, Flexibilität und Achtung der Menschenrechte.

Grundlage für die Verwendung der zusätzlichen Mittel sind die zwei Südbotschaften. Innerhalb dieses strategischen Rahmens werden aus folgenden Gründen Investitionen in den Bereichen Wasser und Klima vorgeschlagen: 1.

Die Schweiz gehört in den Bereichen Wasser und Klima zu den führenden Gebern und hat einen ausgezeichneten, international anerkannten Leistungsnachweis. DEZA und SECO wollen diesen komparativen Vorteil nutzen und können sich dabei auf ihre eigenen langjährigen Erfahrungen sowie ausgewiesenen Resultate stützen.

2.

Die Schweiz reagiert auf ausgewiesene Bedürfnisse. Die Investitionen in Trinkwasser und sanitäre Grundversorgung müssen verdoppelt werden, wenn das Millenniumsentwicklungsziel 7 ­ den Anteil der Menschen, welche über kein sauberes Trinkwasser und keine einfachen sanitären Anlagen

6772

verfügen, bis 2015 zu halbieren ­ erreicht werden soll.18 Auch im Klimabereich ist der Handlungsbedarf unbestritten, z.B. um neue Technologien zur CO2-Reduktion sowie zur Erzeugung alternativer Energien zugänglich zu machen, aber auch, um Massnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu ermöglichen.

3.

Mit ihrem substanziellen Beitrag im Bereich Wasser kann die Schweiz in der kurzen Zeitspanne 2011­2012 klare Resultate erzielen.19 Sie wird in erster Linie wirksame Programme ausweiten, beispielsweise erfolgreiche Kampagnen zu Hygiene und Händewaschen, die im Verbund mit anderen Institutionen und in Übereinstimmung mit den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lanciert wurden. Auch Projekte und Programme mit innovativen Ansätzen, die in den letzten Jahren aufgrund von fehlenden Finanzmitteln nicht unterstützt werden konnten, können neu berücksichtigt werden.

4.

Im Bereich Klimawandel20 ist dringendes Handeln gefordert. Die Schweiz hat das Kyoto-Protokoll21 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderung und den Kopenhagen Accord vom 18. Dezember 2009 ratifiziert. Sie muss ihre Anstrengungen im Bereich der Zusammenarbeit zur Unterstützung der Entwicklungsländer verstärken, damit die Klimaveränderung und ihre negativen Auswirkungen bekämpft werden können.

Die Schweiz kann so ­ wie vom Bundesrat beschlossen ­ ihren internationalen Verpflichtungen mit Mitteln nachkommen, die nach dem Kopenhagen Accord22 als «zusätzliche Mittel» definiert werden.

5.

Mit der Wahl der Bereiche Wasser und Klima respektiert die Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz die Forderung des Parlaments, ihre Mittel thematisch zu konzentrieren, um die Wirkung zu erhöhen.

Weiter berücksichtigt die Botschaft 0,5 Prozent folgende parlamentarische Anliegen23: Die Verwendung der zusätzlichen Mittel wird ausführlich dargelegt; die zu erwartenden Resultate werden pro Aktionslinie definiert, und der Wirkungsnachweis der Aktivitäten wird erörtert.

Die Armutsreduktion, und damit der Beitrag zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele 1, 4, 5 und 7, bleibt im Zentrum aller Anstrengungen. Mit ihrem Engagement leistet die Schweiz einen Beitrag an den nachhaltigen Zugang zu Trinkwasser und grundlegenden sanitären Einrichtungen (Millenniumsentwicklungsziel 7). Gesundes Trinkwasser trägt auch wesentlich zur Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele 4 und 5 (Senkung der Kindersterblichkeit und der Müttersterblichkeit) bei.

18 19 20 21 22 23

Analyse-Konvergenz der Weltbank; GLAAS Report: Progress on Sanitation and Drinking Water, WHO & UNICEF, 2010.

Wirkungsbericht Schweizer Entwicklungszusammenarbeit im Wassersektor, DEZA und SECO, 2008.

United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), Rio de Janeiro, vom 9. Mai 1992.

Kyoto-Protokoll vom 11. Dezember 1997, aus der United Nations Framework Convention on Climate Change.

Bundesrat-Antrag vom 11. Juni 2010 zur Botschaft vom 23. Juni 2010 über einen Rahmenkredit für die Globale Umwelt (BBI 2010 4779).

GPK-Bericht, vom 8. Dezember 2006, und parlamentarische Debatten zur Erhöhung der Schweizer APD auf 0,5 Prozent des BNE.

6773

Von den 322 Millionen Franken, die in den Jahren 2011 und 2012 zur Auszahlung vorgesehen sind, werden 197 Millionen Franken bilateral für Wasser und 125 Millionen Franken für Klima-Massnahmen in Entwicklungsländern verwendet. Das Wasserprogramm wird allein von der DEZA, die Klimamassnahmen von der DEZA (63 Mio.) und dem SECO (62 Mio.), in Konsultation mit dem Bundesamt für Umwelt (BAFU), umgesetzt.

6.1

Wasser

Menschlicher Fortschritt ist vom Zugang zu sauberem Wasser und der Möglichkeit abhängig, das Potenzial des Wassers zu nutzen. Zwei Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Trinkwasser und zu sanitärer Grundversorgung.24 Trinkwasser, sanitäre Grundversorgung sowie die Nutzung von Wasser zu Produktionszwecken für den Lebensunterhalt sind jedoch unabdingbar für die Gesundheit und die menschliche Entwicklung. Aus diesem Grund engagiert sich die Schweiz für die Umsetzung des Rechts auf Trinkwasser und den Zugang zu einer sanitären Grundversorgung. Bloss ein Prozent des Wassers25 auf der Erde stehen der Menschheit zum Leben zur Verfügung. Diese Wasserreserven bleiben konstant, während die Nachfrage immer weiter steigt.

In hundert Jahren hat sich die Weltbevölkerung verdreifacht, und im gleichen Zeitraum ist der Wasserverbrauch um das Sechsfache gestiegen. Ursachen dafür sind der Bevölkerungszuwachs, die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und der steigende Energiebedarf. Alle Berechnungen deuten in die gleiche Richtung: Im Jahr 2025 wird nahezu die Hälfte der Weltbevölkerung in einem Land leben, in dem nicht genügend Trinkwasser vorhanden ist.

Nebst der Tatsache, dass das Wasser auf der Erdoberfläche sehr ungleich verteilt ist (neun Länder teilen sich nahezu 60 Prozent der Wasserreserven), hat die Wasserkrise ihren Ursprung hauptsächlich in den ungleichen Kräfteverhältnissen und in einer unzulänglichen Wasserpolitik, welche die Wasserknappheit zusätzlich verschärft. Der nicht gesicherte Zugang zu Wasser birgt grosses soziales und politisches Konfliktpotenzial.

Nur mit einer guten Regierungsführung sind die herausfordernden Wasserprobleme zu meistern. Entscheidend sind eine effiziente Wasserpolitik sowie Prozesse, die eine transparente, verantwortungsvolle, ethische und partizipative Wasserbewirtschaftung ermöglichen. Dieselben Massstäbe gelten auch für die Zivilgesellschaft.

Die Wassergouvernanz bedarf eines klaren institutionellen und juristischen Rahmens, gerechter Finanzierungsmechanismen sowie technischer Mittel zur Bewirtschaftung, die leicht zugänglich sind. Auf lokaler Ebene sind die Trinkwasserversorgung und die sanitäre Grundversorgung oft mit einem Dezentralisierungsprozess 24

25

Die zwischen 1990 und 2008 durchgeführten Aktionen im Bereich Wasser und sanitäre Grundversorgung ermöglichten 1,8 Milliarden Personen einen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 1,3 Milliarden zu sanitärer Grundversorgung zu erhalten. Aber während der gleichen Periode ist die Weltbevölkerung um 1,3 Milliarden angestiegen. Deshalb haben noch heute 884 Millionen Personen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und 2,6 Milliarden keine sanitäre Grundversorgung.

97 % des Wassers auf der Erde ist Salzwasser; die restlichen 3 % sind die Süsswasserreserven. Davon sind 2 % in Gebirgs- und Kontinentalgletschern oder als sehr tief gelegenes Grundwasser gespeichert.

6774

und einer direkten Verwaltung durch die ländlichen Gemeinschaften verbunden.

Doch die Wassergouvernanz sprengt oft den lokalen oder nationalen Rahmen; sie hat auch eine globale Dimension. Einige Beispiele dafür sind der Import und Export von virtuellem Wasser sowie des künstlichen Wassertransfers von einem Einzugsgebiet zum anderen.26 Durch den garantierten Zugang zu Trinkwasser und einer sanitären Grundversorgung könnten bei den Gesundheitskosten immense Einsparungen erzielt werden.27 Durchfallerkrankungen sind weltweit die zweithäufigste Krankheit, noch vor den Herzkrankheiten oder der Ansteckung mit HIV/AIDS. Neueste Berichte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen, dass die Auswirkung von Durchfallerkrankungen auf Kinder grösser ist als diejenige von HIV/AIDS, Tuberkulose und Malaria zusammen. Mit dem Zugang zu Trinkwasser und einer sanitären GrundversorGrundversorgung kann der Tod von 2,2 Millionen Kindern pro Jahr verhindert werden. Die Gesundheit der Mutter und des Neugeborenen ist eng mit Hygiene sowie mit dem Zugang zu Trinkwasser und einer sanitären Grundversorgung verbunden.

Gemäss Berechnungen wird sich die Weltwirtschaft bis 2030 verdoppeln und die Weltbevölkerung um einen Drittel wachsen. Dies erfordert eine Steigerung der Landwirtschaftsproduktion um 50 Prozent.28 Ein mögliches Wachstumspotenzial bei der landwirtschaftlichen Produktion und bei der Verbesserung der Wassernutzung erfordert den Zugang zu effizienten Technologien.

6.1.1

Die Schweiz ­ eine kompetente Akteurin im Wassersektor

Die Schweiz verfügt über grosse Erfahrung im Wassersektor. Als «Wasserschloss Europas» hat sie Vorbildcharakter und sich ein allseits anerkanntes Fachwissen in der Wasserbewirtschaftung angeeignet. Unsere NGOs, Universitäten und der private Sektor gehören mit innovativen Lösungen zu den Spitzenreitern in diesem Gebiet.

Die schweizerische Landwirtschaft und Industrie haben bei der Beseitigung schädlicher Rückstände grosse Fortschritte gemacht, die zur Sanierung der Seen und zur Revitalisierung der Flüsse geführt haben.

Die schweizerische Entwicklungshilfe blickt auf 30 Jahre Erfahrung im Wassersektor zurück. Ihren Ruf und Einfluss verdankt sie ihrer Arbeit im Feld, d.h. ihren Programmen, die Modellcharakter haben. Diese Programme verstärken die institutionellen Möglichkeiten und fördern den politischen Dialog auf nationaler, globaler und regionaler Ebene.

Der Wirkungsbericht Schweizer Entwicklungszusammenarbeit im Wassersektor der letzten fünf Jahre hält fest:29 26

27 28 29

Virtuelles Wasser ist Wasser, das für die Herstellung eines Produktes benötigt wird.

Virtuell deshalb, weil es im Endprodukt nicht vorhanden ist. Das in einem Produkt vorhandene Wasser ist im Vergleich zum virtuellen Wasser unbedeutend (für die Produktion von einem Kilo Rindfleisch braucht es z.B. 15 000 Liter Wasser).

Die Hälfte der Spitalbetten weltweit ist von Menschen belegt, die an einer durch schlechte Wasserqualität verursachten Krankheit leiden.

70 % der Wasserressourcen werden für die landwirtschaftliche Produktion gebraucht.

Wirkungsbericht Schweizer Entwicklungszusammenarbeit im Wassersektor, DEZA und SECO 2008.

6775

­

Zwischen 2003 und 2008 erhielten jährlich rund 370 000 Personen neu Zugang zu Trinkwasser und zu sanitärer Grundversorgung; 30 000 Personen erhielten Zugang zu einem Bewässerungssystem für die landwirtschaftliche Produktion.

­

Jeder investierte Franken erzielte einen sozialen und einen wirtschaftlichen Nutzen von 3­5 Franken, was auch international gesehen ein sehr gutes Kosten/Nutzen-Verhältnis, darstellt.

­

Die Schweiz leistete einen beachtlichen Beitrag zur Stärkung der Schlüsselinstitutionen und -organisationen des Wassersektors ­ eine wichtige Voraussetzung für die Nachhaltigkeit von Investitionen.

­

Der Einfluss der Schweiz auf die globale Agenda ist grösser, als es ihr finanzielles Engagement erwarten lässt.

Zur Veranschaulichung einige erfolgreiche Vorhaben: In mehreren Ländern (Peru, Nicaragua, Usbekistan, Bangladesh und Mosambik) wurden Interventionsmodelle der DEZA, die oft mit schweizerischen NGOs entwickelt werden, im Bereich Trinkwasserversorgung und kleine Bewässerungsanlagen repliziert. Diese Modelle werden in nationale Strategien aufgenommen und bündeln die Interventionen der Entwicklungsbanken, anderer Entwicklungsagenturen und der Regierungen.

6.1.2

Erwartete Resultate

Die Investitionen im Wassersektor sind für die Bevölkerung der Partnerländer von grossem Nutzen: Die Gesundheitskosten werden gesenkt, der Zeitaufwand beim Wasserholen wird vermindert und die landwirtschaftliche Produktion gesteigert.

Gestützt auf die Analyse des bereits erwähnten Wirkungsberichts 2008 wird erwartet, dass die 197 Millionen Franken dieses Zusatzkredits für den Wassersektor einem Nutzen von mindestens 600 Millionen Franken entsprechen.

Mit den zusätzlichen Mitteln wird die DEZA folgende Resultate erzielen: I.

6776

Das nachhaltige Wassermanagement ­ national und grenzüberschreitend ­ wird in den grossen Einzugsgebieten weiter verbessert, und es werden Instrumente für eine bessere, globale Regierungsführung im Wasserbereich eingesetzt.

­ Die DEZA wird dazu beitragen, die Kapazitäten und die Verantwortung von Institutionen zu verstärken, welche sich mit der Bewirtschaftung von Wassereinzugsgebieten und Zwischeneinzugsgebieten befassen.

Zudem sollen Instrumente für eine bessere, globale Wasserbewirtschaftung in drei grösseren Flussbecken getestet und weiterentwickelt werden. Dank ihrer guten Kontakte wird die Schweiz ihre Dienste bei Wasserproblemen anbieten. So können Spannungen bei der Wasseraufteilung in diesen Regionen abgebaut und das Bestreben nach Frieden und gemeinsamer Entwicklung gefördert werden.

­

­

II.

Das Projekt «Wasserfussabdruck»30 wird in Partnerschaft mit schweizerischen Unternehmen von Kolumbien in ein anderes Land ausgedehnt, und die Erfahrungen mit diesen Projekten werden in die ISONormen einfliessen.31 Die Schaffung einer «Swiss Water Partnership»32 unter der Führung der DEZA wird die Präsenz, den Einfluss und die Visibilität der Schweiz stärken.

Der Zugang zu Trinkwasser und zu sanitärer Grundversorgung ist in ländlichen Gebieten und kleinen Städten gewachsen.

­ Ungefähr 1,5 Millionen Menschen in ländlichen Gebieten und kleinen Städten werden dank einem nachhaltigen Wassermanagement Zugang zu Trinkwasser und sanitärer Grundversorgung33 haben.

­ 400 000 Haushalte in ländlichen Gebieten erhalten ein häusliches Wasserdesinfektionssystem, welches in den letzten Jahren auf mehreren Kontinenten intensiv getestet wurde.

­ Mit dem innovativen Konzept der «Ecoles bleues» werden auf dem Land mehr als 400 Schulen (mit über 80 000 Schülern) mit Trinkwasseranlagen und separaten Toiletten ausgestattet. Zudem werden schuleigene Gemüsegärten angelegt, um die Ernährung der Schüler zu verbessern und ihnen Kenntnisse über das Betreiben einer kleinen Bewässerungsanlage zu vermitteln.

­ Mindestens zwei nationale Kampagnen zum Thema «Händewaschen» werden lanciert, basierend auf dem weltweit von Wasserinstitutionen, unter Mitwirkung der DEZA, entwickelten Modells. In den betroffenen Ländern erwartet man dadurch eine Reduktion der Durchfallerkrankungen von mehr als 40 Prozent und bei den Lungenkrankheiten34 eine Reduktion von 30 Prozent.

III. Die Effizienz von landwirtschaftlichen Familienbetrieben wird verbessert.

­ 350 000 arme Bauernfamilien haben einen gesicherten Zugang zu Wasser und können ihre Felder mit einem leistungsfähigen und dank neuester Technologie umweltverträglichen System bewässern.

30

31 32 33

34

Der «Wasserfussabdruck» eines Landes umfasst die Gesamtmenge an Wasser, das benutzt wird, um die Waren und Dienstleistungen zu produzieren, die von den Einwohnerinnen und Einwohnern des Landes verbraucht werden.

Internationale Normen für Unternehmen, Regierungen und Zivilgesellschaft, ausgearbeitet von der Internationalen Organisation für Normung (ISO).

S. Ziffer 6.1.6: Partner.

Schätzungen basierend auf Analysen aus dem Wirkungsbericht Schweizer Entwicklungszusammenarbeit im Wassersektor 2008 und auf der Liste von neuen Projekten und Programmen. Das gleiche Verfahren wird für die anderen Schätzungen aus Ziffer 6.1.2 angewendet.

Resultate von unabhängigen Analysen der «London School of Hygiene». Das Konzept der Kampagnen für das Händewaschen beinhaltet eine Grundlage, die vor der Kampagne erstellt wurde, und eine Analyse der Resultate der «London School for Hygiene».

6777

6.1.3

Richtwerte für die Zuteilung der finanziellen Mittel

Die Richtwerte für die Zuteilung der finanziellen Ressourcen der DEZA in Aktionslinien sehen wie folgt aus: Aktionslinien

I.

Richtwerte der Zuteilung der finanziellen Ressourcen

Beitrag für ein nachhaltiges Wassermanagement auf nationaler und grenzüberschreitender Ebene in wichtigen Einzugsgebieten sowie für die Einsetzung von Instrumenten für eine weltweit bessere Wassergouvernanz

10­20 %

II. Erhöhung des Zugangs zu Trinkwasser und zu sanitärer Grundversorgung in ländlichen Gebieten und kleinen Städten

50­70 %

III. Steigerung der Effizienz von landwirtschaftlichen Familienbetrieben

10­20 %

6.1.4

Aktionslinien

Die Aktivitäten im Wassersektor konzentrieren sich auf drei sich ergänzende Aktionslinien: I.

Beitrag an ein nachhaltiges Wassermanagement auf nationaler und grenzüberschreitender Ebene in wichtigen Einzugsgebieten durch Einsetzung von Instrumenten für eine weltweit bessere Wassergouvernanz.

Die Nachfrage nach Wasser ist seit Mitte des 20. Jahrhunderts explosionsartig gestiegen. Je grösser die Konkurrenz beim Zugang zu Wasser ist, desto stärker wird der Druck auf die Einzugsgebiete in den betroffenen Regionen, manchmal selbst mit Auswirkungen auf die ganze Welt. Der globale Markt verschiebt Wasserressourcen von einer Region in die andere. Die Projekte zur Wasserbewirtschaftung konzentrieren sich auf die wichtigen Einzugsgebiete, die «hot spots» der Wasserversorgung, sowie auf die Berggebiete, welche mehr als die Hälfte des Süsswassers unseres Planeten liefern.

Mit den zusätzlichen Mitteln dieser Botschaft wird die DEZA folgende Projekte durchführen: Im Mekonggebiet und in Afrika (z.B. im Nil-Einzugsgebiet) hat sich die DEZA zum Ziel gesetzt, die Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Parteien zu fördern und sie im Umgang mit der Abhängigkeit vom Wasser besser zu unterstützen.

Die DEZA wird mindestens zwei neue Programme zur Infiltration von Regenwasser (z.B. in Mulden, Gräben, Teichen) lancieren und so der Bevölkerung einen effizienten und sparsamen Umgang mit Wasser ermöglichen. Diese Einrichtungen tragen dazu bei, die natürlichen Ressourcen zu bewahren und die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern. Die Programme und Projekte werden in Berggebieten durchgeführt; dabei kommen angepasste, von der DEZA entwickelte Technologien zur Anwendung.

6778

Für die Wasserversorgung im Nahen Osten erarbeitet die DEZA zusammen mit der politischen Direktion des EDA einen breit abgestützten Leitplan und arbeitet an der Einsetzung einer multinationalen Struktur zur Steigerung der nachhaltigen und grenzüberschreitenden Wasserbewirtschaftung.

In Kolumbien führt die DEZA ein Projekt durch, das auf dem neuen Konzept des «Wasserfussabdrucks» beruht. An diesem wegweisenden Projekt (SuizAgua) nimmt auch die Internationale Organisation für Normung teil. Ihr Ziel ist die Entwicklung einer neuen ISO-Norm. Die Erfahrungen aus Kolumbien zur Reduktion des Wasserfussabdruckes können auch in anderen Ländern angewendet werden.

II.

Verbesserung des Zugangs zu Trinkwasser und zur sanitären Grundversorgung in ländlichen Gebieten und kleinen Städten.

Die Infrastruktur für Trinkwasser und für die sanitäre Grundversorgung ist gerade in ländlichen Gebieten äusserst mangelhaft und in fragilen Staaten speziell desolat.

Hinzu kommen auch die kleinen ländlichen Städte, die sich allmählich als Hochburgen der Entwicklung herausstellen. Die Projekte der DEZA unterstützen den Bau der Infrastruktur für die Grundversorgung mit Wasser. Dabei stärken sie die lokalen Wasserwerke und die nachhaltige Entwicklung im ländlichen Milieu sowie in kleinen ländlichen Städten.

Mit den zusätzlichen Mitteln wird die DEZA folgende Projekte umsetzen: Ein Projekt der DEZA in Mosambik konzentriert sich auf die Unterstützung der Gemeinden hinsichtlich des Betriebs, der Verwaltung und des Unterhalts von bereits bestehenden Brunnen. Geplant ist eine Ausdehnung des Projekts auf weitere Regionen und der Bau neuer Brunnen.

Das Händewaschen ist die wirksamste Massnahme zur Eindämmung von Durchfallund Lungenkrankheiten. Die DEZA lanciert Kampagnen, die von schweizerischen und ausländischen NGOs und den Seifenherstellern, in enger Zusammenarbeit mit den Gesundheitsministerien, durchgeführt werden sollen. Diese Partner stellen die Kommunikationsmittel zur Verfügung. Einfache, aber wirksame Botschaften propagieren in nationalen Kampagnen das Händewaschen. Die neusten Erkenntnisse aus dem «sozialen Marketing» kommen dabei zur Anwendung.

Das Konzept der «Ecoles bleues», welches die DEZA in hunderten von ländlichen Schulen verbreiten will, ist eine geschickte und angepasste Antwort auf die Probleme im sanitären Bereich und bei der Verpflegung in den ländlichen Schulen.

Separate Toiletten stellen ein wirksames Mittel zur Sicherstellung des regelmässigen Schulbesuchs der Mädchen dar. Die Schülerinnen und Schüler werden als Multiplikatoren dienen und somit zur Verbesserung der hygienischen Gewohnheiten und dem rationelleren Gebrauch von Wasser beitragen. Zudem steht diesen Schulen ein Grundstück zur Verfügung, wo sie die Gemüsegärtnerei und die einfachen Grundregeln des Umgangs mit Wasser lernen können.

III.

Erhöhung der Effizienz von landwirtschaftlichen Familienbetrieben.

Die bäuerlichen Familienbetriebe erfüllen die besonderen Bedürfnisse der lokalen Gemeinschaften. Sie sind förderlich für die nachhaltige Produktion und schützen die Biodiversität. Ausserdem sind sie eine wichtige Quelle für Arbeitsplätze. Mehr als

6779

40 Prozent der weltweiten Produktion von Nahrungsmitteln stammen aus kleinen Familienbetrieben.35 Mit den zusätzlichen Mitteln wird die DEZA folgende Projekte umsetzen: Im Sahel sind die meisten Flussläufe (Wadis) während des grössten Teils des Jahres ausgetrocknet. Bei den seltenen, aber starken Regenfällen können sie schlagartig zu reissenden Flüssen anschwellen. Im Rahmen des Projekts «Flussschwellen» werden kleine hydraulische Anlagen errichtet, die das Wasser besser zurückhalten und die Erosion verlangsamen. Die Bauern können so die Produktionszeit mehrere Wochen verlängern. Mit den zusätzlichen Mitteln können leistungsstarke und auf die kleinen Betriebe ausgerichtete Systeme für den rationellen Gebrauch von Wasser entwickelt werden.

Mehrere kostengünstige Technologien wie das Tropfbewässerungssystem, erlauben eine Reduktion von 50­70 Prozent des erforderlichen Wassers für die Gemüseproduktion. Die Erträge sind doppelt so hoch, und die Qualität der Produkte ist besser.

Auf der Basis von Erfahrungen der DEZA in Indien, Zentralamerika und Asien können diese Technologien von Bauern über Mikrokredite erworben und mit dem erwirtschafteten Gewinn eines Jahres wieder zurückgezahlt werden. Der Nettogewinn aus dem Verkauf der Produkte wird rund 250 Franken pro Jahr und Familie betragen.

6.1.5

Handlungsprinzipien

Die Prinzipien für die in dieser Botschaft vorgesehenen Investitionen und Interventionen garantieren Ausgeglichenheit, eine gute Qualität, klare Resultate und eine grosse Nachhaltigkeit. Sie stärken die Stellung der Schweiz im politischen Dialog auf nationaler, regionaler und globaler Ebene.

Folgende Prinzipien werden berücksichtigt: Die Gesamtheit der Projekte in diesem Portfolio wird nach folgenden sechs Feldern analysiert: sozial, wirtschaftlich, technologisch, umweltverträglich, institutionell und kulturell. Eine solche Analyse wird von der Mehrheit der Schweizer Akteure im Wassersektor getragen, was ein grosser Vorteil ist.

Die Botschaft sieht eine Realisierung der gesamten Aktivitäten innerhalb von zwei Jahren vor. Die vorgeschlagenen Projekte sind vorzugsweise Replikate bereits bestehender Projekte, die der Norm und der Vorgehensweise der DEZA entsprechen. Damit ist eine schnelle, wirksame und effiziente Umsetzung der Interventionen garantiert.

Die zusätzlichen Mittel sind vorrangig für die Schwerpunktländer der DEZA36 vorgesehen. Der Fokus liegt auf Ländern, die beim Trinkwasser und der sanitären Grundversorgung die Millenniumsentwicklungsziele nicht erreichen. Zudem werden auch Länder mit Sonderprogrammen der DEZA37 und fragile Staaten berücksichtigt, in welchen die DEZA mit ihrer humanitären Hilfe aktiv ist.38 35 36 37 38

Bilanz von Oxfam France zum G8-Gipfel, 10. Juli 2009.

Benin, Mali, Niger, Tschad, Burkina Faso, Mosambik, Tansania, Bangladesch, Nepal, Zentralamerika/Nicaragua, Mekong/Vietnam, Bolivien.

Region Grosse Seen, Südliches Afrika, Afghanistan, Mongolei, Kuba, Palästina.

Transitionsländer zwischen Dringlichkeit und Entwicklung in einer Post-Konflikt-Phase.

6780

Synergien und Multiplikationsfaktoren werden gesucht. Die vorgeschlagenen Projekte sind auch stark mit den Bereichen Gesundheit, Bildung, Nahrungssicherheit und Gouvernanz verknüpft. Der «Gender-Aspekt» wird besonders berücksichtigt: Die Verbesserung der Lebensumstände von Frauen, jungen Mädchen und Kindern hat Vorrang.

Die Innovation und Expertise der Schweiz wird auch in Spezialgebieten mit hoher sozialer Rendite ihren Niederschlag finden, wie Tests in Dörfern gezeigt haben, wo eine Entsalzungsanlage für Meer- und Brackwasser mit Sonnenenergie betrieben wird.

6.1.6

Modalitäten und Partner

Die zusätzlichen Mittel der Botschaft 0,5 Prozent werden mehrheitlich über Projekte und Programme der bilateralen Zusammenarbeit umgesetzt. Dabei kann sich die DEZA auf ein grosses Netzwerk an kompetenten Schweizer Partnern (NGOs und andere) stützen ­ Partner mit einem guten international Ruf und langjähriger, anerkannter Expertise. Gleichzeitig wird die DEZA ihre Präsenz vor Ort erhöhen und qualifizierte DEZA-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter in Partnerländern, z.B. in Westafrika und Lateinamerika, einsetzen. Ihre mehr als 30-jährige Erfahrung im Bereich Wasser ist dabei Voraussetzung für den Erfolg.

Dieses Netzwerk an Expertinnen und Experten der DEZA und ihrer Partner trägt zur raschen, effizienten und sachbezogenen Umsetzung aller Aktivitäten bei. Die vorgesehenen Projekte und Programme sind abgestimmt auf bereits existierende oder in Planung begriffene Vorhaben (Pipeline). Dies garantiert eine rasche Umsetzung.

Eine enge Zusammenarbeit mit den öffentlichen Institutionen der Partnerländer und der betroffenen Bevölkerung ist eine Voraussetzung für Erfolg.

Ein begrenzter Teil des Budgets ist für die Finanzierung von Projekten oder konkreten Programmen von internationalen Organisationen vor Ort bestimmt; das heisst, die Partnerin sind in solchen Fällen eine einflussreiche multilaterale, regionale oder globale Institution, z.B. UNICEF39, multilaterale Entwicklungsbanken oder der International Fund for Agricultural Development (IFAD).

Der restliche Teil des Budgets fliesst in die Zusammenarbeit mit Schlüsselinstitutionen, die regional wie international einen grossen Einfluss und einen guten Ruf haben. Dies ist der Fall bei «Global Water Partnership», der International Union for Conservation of Nature (IUCN), dem World Water Supply and Sanitation Collaborative Council (WSSCC) usw. Nach dem bewährten Ansatz der DEZA werden bei den meisten dieser Finanzierungen Schweizer Spezialisten und Spezialisten aus den Partnerländern zur Verfügung gestellt. Sie werden die Arbeit der Akteure begleiten und darauf Einfluss nehmen.

Unter der Leitung der DEZA wird die Schaffung einer «Swiss Water Partnership» die Präsenz, den Einfluss und die Visibilität der Schweiz noch verstärken. Die schweizerischen Kräfte des öffentlichen und privaten Sektors, der Forschung und der Zivilgesellschaft (insbesondere die schweizerischen, sehr aktiven NGOs im 39

United Nations International Children's Fund, (UNICEF) ist die Organisation innerhalb der Vereinten Nationen für die Leitung und Koordination der internationalen Antwort auf die Trinkwasser- und sanitäre Grundversorgung in Krisengebieten.

6781

Wassersektor), die sich für Wasser und Entwicklung einsetzen, verschaffen der Schweizer Stimme auf der internationalen Bühne Gehör.

6.2

Klima

6.2.1

Die Schweizer Antwort auf den Kopenhagen Accord

Der Kopenhagen Accord, der aus der UNO-Klimakonferenz von Kopenhagen hervorging, hält fest, dass Industriestaaten für die Jahre 2010­2012 insgesamt 30 Milliarden US-Dollar zur Unterstützung von Klimamassnahmen in Entwicklungsländern zur Verfügung stellen («Anschubfinanzierung»). Unterdessen haben sich rund 140 Staaten dem Accord angeschlossen, darunter alle OECD-Mitglieder. Die Schweiz hat am 26. Februar 2010, gestützt auf den Bundesratsentscheid vom 24. Februar 2010, dem Exekutisekretär der UNO-Klimarahmenkonvention mitgeteilt, dass sie sich dem Accord anschliesst. Im Unterschied zu den anderen europäischen Ländern und anderen Industriestaaten wie den USA, Japan und Australien hat die Schweiz bis heute ihren Anteil an der genannten Anschubfinanzierung nicht konkretisiert.

Um den Vorgaben des Kopenhagen Accords in Bezug auf die neuen und zusätzlichen Mitteln («Additionalität») zu entsprechen40, dürfen diese Mittel nicht den bestehenden Budgets der Entwicklungszusammenarbeit belastet werden.

Die Höhe des Schweizer Betrags der Anschubfinanzierung berechnet sich, wie in der Botschaft des UVEK über einen Rahmenkredit für die Globale Umwelt vom 23. Juni 201041 dargestellt, wie folgt: Der Anteil der Schweiz an der Anschubfinanzierung stützt sich auf zwei Faktoren, erstens das Verursacherprinzip (Anteil an den Treibhausgas-Emissionen der Industriestaaten) und zweitens die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit (Anteil an der kollektiven wirtschaftlichen Leistung der Industriestaaten). Der Anteil der Schweiz an den aggregierten Treibhausgasemissionen der Industriestaaten beträgt 0,3 Prozent, und der Anteil an der kollektiven wirtschaftlichen Leistung (gemäss Bruttoinlandprodukt, BIP) beträgt 0,8 Prozent. Mit der für die Anschubfinanzierung festgelegten Gewichtung dieser beiden Faktoren im Verhältnis 75 Prozent/25 Prozent resultiert für den Anteil der Schweiz an der Anschubfinanzierung ein Total von 140 Millionen Franken (127,5 Mio. USD) für die Jahre 2010­2012.

In der Botschaft des UVEK vom 23. Juni 2010 über einen Rahmenkredit für die Globale Umwelt werden bereits 15 Millionen Franken an neuen, zusätzlichen Mitteln für Klimamassnahmen in Entwicklungsländern beantragt. Diese können an die Anschubfinanzierung angerechnet werden. Somit müssten im Rahmen der vorliegenden Botschaft noch 125 Millionen
Franken beantragt werden. Der Bundesrat hat beschlossen, das die mit der vorliegenden Botschaft beantragten Mittel in die Budgets 2011 und 2012 von EDA/DEZA und EVD/SECO eingestellt werden.

Die bestehenden Kompetenzen der Bundesämter im Klimabereich bleiben durch diese Vorlage unverändert. Der Bundesrat hat beschlossen, dass das BAFU bei der strategischen Priorisierung zur Verwendung der mit dieser Botschaft beantragten Mittel für Klimamassnahmen in Entwicklungsländern einbezogen wird.

40 41

Ziffer 8 Kopenhagen Accord BBl 2010 4779

6782

6.2.2

Die Schweiz ­ eine kompetente Akteurin im Bereich Klimawandel

Die Schweiz verfügt über international anerkannte Fachkompetenzen im Bereich Klimaanpassung (Adaptation) und Emissionsreduktion (Mitigation). Hervorragende Arbeit leistet unser Land auch in den Bereichen Risikoprävention, dezentralisierte Nutzung von Waldressourcen, Beobachtung und Prognose von Veränderungen, Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie Anwendung und Ausbau von Marktmechanismen im Klimasektor. Das Fachwissen in den Projekten der Entwicklungszusammenarbeit kommt vor allem zur Geltung durch die privaten Akteure (NGOs, Ingenieurinnen und Ingenieure, Fachleute aus der Architektur, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler) und Akteure aus dem öffentlichen Sektor der Schweiz (Universitäten, Berufsschulen, Fachleute aus der Bundesverwaltung).

Bereits knapp zwei Jahre nach der Verabschiedung der zwei Rahmenkredite konnten die DEZA und das SECO vielversprechende Resultate vorweisen. Einige Beispiele: In Indien, Nepal, Vietnam, Südafrika und mehreren Ländern Lateinamerikas konnte durch die Förderung der Energieeffizienz der CO2-Ausstoss bei Gebäuden und bei kleinen bis mittleren Unternehmen (KMU) reduziert werden. Der Energieminister Südafrikas bat die Schweiz um Unterstützung beim Einsatz eines Monitoringsystems, welches den erreichten Fortschritt und die Umsetzung der nationalen Strategie messen kann.

In China fördert eine Partnerschaft mit vier Städten das Label «Energiestadt» mit dem Ziel, die urbane Entwicklung nachhaltiger zu gestalten. Ebenfalls geplant ist die Unterstützung der chinesischen Behörden bei der Ausarbeitung einer Gesetzgebung im Zusammenhang mit Luftverschmutzung und Klimawandel. Diese Unterstützung umfasst auch den Technologietransfer und das Vermitteln von Fachwissen über Partikelfilter, ein Sektor, in dem die Schweiz führend ist. Aktionen dieser Art sind ein Türöffner für die Süd-Süd-Zusammenarbeit. Eine solche besteht bereits zwischen China und der Mongolei, Indien und Südafrika sowie zwischen Indien und Vietnam. In China werden Projekte in den Bereichen Wasser und Gefahrenprävention sowie Anpassung an den Klimawandel unterstützt, wie in den Abkommen zwischen Schweiz und China vom 19. April 200942 festgehalten ist.

Im Bereich Klimaanpassung lancierte die DEZA Initiativen in Indien, Peru und der Mongolei mit dem Ziel, die Verletzlichkeit von Bevölkerungsgruppen
zu mindern, die in fragilen Ökosystemen (Berggebiete, semiaride Zonen) leben und folglich den Auswirkungen des Klimawandels besonders ausgesetzt sind. Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können mit Hilfe von Analysen ein mittelfristiges Klimaszenario erstellen. Dadurch sind die nationalen und lokalen Behörden in der Lage, ihre Politik in Bereichen wie Nahrungssicherheit und Risikoprävention bei Naturkatastrophen anzupassen.

Die Schweiz ist einer der führenden Geber im Bereich des Kapazitätsaufbaus zur effektiven Anwendung des Kyoto-Protokolls in den Partnerländern, v. a. was die Nutzung des Clean Development Mechanism (CDM) betrifft. Über die WeltbankFazilität Carbon Finance Assist unterstützt das SECO den Aufbau und die Umsetzung der nationalen CDM-Behörden und der CDM-Strategien und fördert die 42

http://www.uvek.admin.ch/dokumentation/medienmitteilung/ index.html?lang=de&msg-id=26444

6783

Transparenz im neuen Markt für Emissionszertifikate. Im Jahr 2009 konnten zusammen mit dem Privatsektor, dem globalen Städteverband C4043 sowie der Clinton Climate Initiative vermehrt Grossstädte in die Anstrengungen eingebunden werden.

Weiter konnte unter der Federführung des SECO die Kooperation mit einer grösseren Anzahl Entwicklungsländer und der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (UNIDO) zur Beratung kleinerer und mittlerer Unternehmen in nachhaltigen Produktionsweisen ausgebaut werden, so u. a. in Südafrika und Tunesien. Zum Transfer umweltfreundlicher und energieeffizienter Technologien besteht heute ein Netzwerk von weltweit über 40 sogenannter National Cleaner Production Centres. Zur Ergänzung der beratenden Dienstleistungen, welche die Cleaner Production Centres anbieten, wurde in Zusammenarbeit mit lokalen Banken eine «Grüne Kreditlinie» entwickelt. Dasselbe Ziel verfolgen Beteiligungen des Swiss Investment Fund for Emerging Markets (SIFEM) an spezifischen «CleanTech» Funds in Entwicklungsländern. Damit leistet das SECO Pionierarbeit bei der Einbindung des Privatsektors in die globalen Anstrengungen zur Förderung eines klimafreundlicheren Wirtschaftswachstums.

6.2.3

Erwartete Resultate

Dank ihrer Erfahrung und den in dieser Botschaft vorgesehenen zusätzlichen Mittel wird die Schweiz sich noch stärker und in grösserem Massstab engagieren. Sie wird folgende Resultate erzielen: I.

Sowohl die Planung und die Klimaadaptationsmassnahmen wie auch die Kooperationsstrategien der Schweiz werden auf verschiedenen Ebenen (national, regional und lokal) in die öffentliche und sektorielle Politik integriert.

Indikator: Anzahl entwickelter Politiken und Strategien, die mit Unterstützung der Schweiz umgesetzt wurden.

II.

Behörden und die Bevölkerung, die von Projekten profitieren, werden für die Auswirkungen des Klimawandels sensibilisiert, die Umweltbelastbarkeit und Risikoprävention werden gesteigert.

Indikatoren: Anzahl Personen, die auf künftige Auswirkungen sensibilisiert wurden und ihre Umweltbelastbarkeit gesteigert haben; Anzahl Länder mit Programmen zur Quantifizierung der ökonomischen Kosten und Nutzen von Adaptationsmassnahmen.

III.

Ausgewählte Gemeinden, die aktiv bei der nachhaltigen Bewirtschaftung von Wäldern mitmachen und zur Bewahrung von natürlichen Ressourcen beitragen.

Indikatoren: Anzahl Gemeinschaften, welche in die Waldbewirtschaftung eingebunden sind sowie Anzahl der ausgearbeiteten und umgesetzten Nutzungspläne.

43

C40 ist eine Gruppe bestehend aus grösseren Städten, die den Klimawandeln bekämpfen.

6784

IV.

Die Schweiz wird zur Ausarbeitung und Übernahme von internationalen Finanzierungsmechanismen für eine nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder beitragen (Aufforstung, Reduktion der Degradation der Wälder).

Indikator: Anzahl Länder, welche die Pläne für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung übernommen und umgesetzt haben.

V.

Die Schweiz trägt bei zu multilateralen Finanzierungsmechanismen und zur Verbreitung von Technologien, welche die Treibhausgase reduzieren.

Indikatoren: Reduktion des jährlich berechneten CO2-Ausstosses in Tonnen, Einführung von neuen nachhaltigen Technologien bei der Energieproduktion.

VI.

Die eingesetzten Programme werden die Treibhausgase oder den Methanausstoss reduzieren und die Energieeffizienz in industriellen Prozessen erhöhen.

Indikatoren: Reduktion des jährlich berechneten CO2-Ausstosses (CO2-Äquivalent) in Tonnen; Anteil der Energiewirtschaft, Anzahl der Projekte für den Technologietransfer in die Länder des Südens.

VII.

Die Schweiz wird den Aufbau von Cleantech-KMU über deren Startfinanzierung unterstützen.

Indikator: Anzahl Cleantech-Unternehmen in Entwicklungsländern, die sich dank neuen Beteiligungen des SIFEM (Swiss Investment Fund for Emerging Markets) am Markt etablieren und einen positiven Beschäftigungseffekt erzielen können.

VIII.

Die ländlichen Gemeinschaften haben Zugang zu erneuerbarer, verlässlicher Energie.

Indikator: Anzahl Personen, die neu einen Zugang zu einem verlässlichen Elektrizitätsnetz haben, welches auf erneuerbarer Energie beruht.

IX.

Die Partnerstädte der Projekte werden Pläne für die Energiebewirtschaftung ausarbeiten und ein Monitoringsystem einrichten.

Indikatoren: Anzahl der Städte, welche Bewirtschaftungspläne übernehmen und Qualität der Pläne.

X.

Die Schweiz wird für Naturkatastrophen in Schwellenländern die Ausarbeitung von Versicherungsmechanismen für das Risikomanagement unterstützen.

Indikator: Anzahl von Pilotprojekten, die innovative Versicherungsprojekte zum Risikomanagement von Naturkatastrophen mit Beteiligung des Privatsektors umsetzen.

6785

6.2.4

Richtwerte für die Zuteilung der finanziellen Mittel

Die Richtwerte für die Zuteilung der finanziellen Ressourcen pro Sektor sehen wie folgt aus: Sektor

Richtwerte für die Zuteilung der finanziellen Ressourcen

Adaptation (I, II, X)

20­30 %

Wald (II, III, IV)

20­30 %

Energie (V, VI, VII, VIII, IX)

35­55 %

Diese Verpflichtungen stimmen mit den grundlegenden Prioritäten der Entwicklungszusammenarbeit, dem Kopenhagen Accord und der Schweizer Klimapolitik überein: der Armutsbekämpfung und der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung.

Wie im Kopenhagen Accord festgelegt wurde, müsste die Verteilung des Fonds auf die beiden Bereiche Klimaadaptation und Mitigation ausgeglichen sein.

Entwicklungsländer werden vom Klimawandel mit voller Wucht getroffen, während sie die Armut bekämpfen und ihr Wirtschaftswachstum steigern müssen. Diese Situation gefährdet die Umsetzung der Millenniumsentwicklungsziele. Wir müssen jetzt handeln, denn das, was wir heute machen, bestimmt das Klima von morgen und folglich unsere Zukunft. Wir müssen gemeinsam handeln, der Klimawandel ist eine Tatsache, welcher die ganze Welt betrifft. Wir müssen anders handeln, weil das Klima der vergangenen Jahre kein Massstab sein kann für unsere Zukunft.

6.2.5 I.

Aktionslinien Adaptation

Der Klimawandel erfordert ganz allgemein neue Instrumente für den Entscheidungsprozess. In den letzten dreissig Jahren hat sich die Zahl der Naturkatastrophen verdreifacht. Trockenheit, Überschwemmungen und Wirbelstürme stehen mit dem Klimawandel in Verbindung. Solche Bedingungen können die Investitionen der Entwicklungszusammenarbeit zunichtemachen. Der Temperaturanstieg wird weiter zur hohen Frequenz und Intensität von Naturphänomenen beitragen. Diese Veränderungen treffen die am stärksten verletzlichen Bevölkerungsgruppen überproportional hart.

Bei solchen Verhältnissen müssen Prognosen über Klimaauswirkungen möglich sein und in die Planung aufgenommen werden. So wird es möglich sein, auf der Basis von lokalen Klimaszenarien angepasste Massnahmen zu ergreifen, u.a. beim Schutz von Infrastruktur und bei der Bewirtschaftung von Wasser- und Landwirtschaftsressourcen.

Zum Beispiel muss die Produktion im Landwirtschaftssektor für Böden und Atmosphäre umweltschonender gestaltet werden bei gleichzeitiger Erhöhung der Widerstandsfähigkeit gegen klimabedingte Störungen. Aus diesem Grund wird die Schweiz ihr Engagement in diesen drei Sektoren in Ostasien (in der Mongolei), in Lateinamerika und in Afrika verstärken. In den Programmen zur Prävention und zur 6786

Reduktion von Risiken bei Naturkatastrophen wird die Schweiz ihre Aktivitäten auf Hochrisikoregionen wie Berggebiete (Anden, Himalaja) oder Küstengebiete (Bangladesh, Mosambik) konzentrieren. So können lokale Systeme zur Prävention, zur Frühwarnung oder zur Reduktion von Risiken geschaffen oder unterstützt werden.

Eine besondere Aufmerksamkeit gilt den Berggebieten, denn diese sind ein frühzeitiger Indikator für Klimaveränderungen, wie das zunehmende Abschmelzen der Gletscher weltweit zeigt. Als eine der wenigen Regionen sind aus den Alpen Daten erhältlich, mit denen man die Klimamodelle und Berechnungen überprüfen kann.

Solche Erfahrungswerte aus der Schweiz fliessen in die Entwicklungszusammenarbeit ein.

Das SECO konzentriert seine Adaptationsmassnahmen auf die Analyse und Prävention von potenziellen makroökonomischen Auswirkungen des Klimawandels sowie von natürlichen Katastrophen. Das SECO wird die bisherige Arbeit des Versicherungswesens (Wetter- und Katastrophenversicherungen in Entwicklungsländern) ausbauen, um neuen Erkenntnissen und Aspekten des Klimawandels gerecht zu werden, was auch die Stellung der Schweiz in den Klimaverhandlungen stärkt. Es wird seine Prioritätsländer bei der Abschätzung von Risiken des Klimawandels und der Quantifizierung der ökonomischen Kosten und Nutzen von Adaptationsmassnahmen unterstützen. Gemeinsam mit der Weltbank und anderen Partnern wird gezielt Knowhow im Bereich der finanziellen Risikoabsicherung für Regierungen aufgebaut. Das Programm umfasst einerseits länderspezifische Risikoanalysen und andererseits die Festlegung und Umsetzung von Absicherungsstrategien, die in der Regel eine Kombination von verschiedenen Modalitäten umfassen, wie Rückstellungen und diverse Arten des Risikotransfers (z.B. Verbriefung und Absicherung über Kapitalmärkte).

Diese Themen gehören zu den Exzellenzbereichen des öffentlichen und privaten Knowhows der Schweiz, auf das man zurückgreifen kann (BAFU, Universitäten, Forschungsstationen, Meteo Schweiz, Versicherungsgesellschaften).

II.

Wälder

Weltweit gesehen ist die Abholzung der Wälder für rund 17 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich (der Anteil ist höher als derjenige des Transportsektors). Praktisch der ganze Ausstoss von Emissionen bei der Abholzung stammt aus Entwicklungsländern. Für die Schweiz ist in diesem Bereich ein entschiedenes Handeln unerlässlich, denn Tropenwälder sind im Kampf gegen den Klimawandel enorm wichtig. Die CO2-Abscheidung, die Wasserregulierung, der Schutz des Bodens, die Verhütung von Naturkatastrophen und der Schutz der Biodiversität sind die vordringlichsten Themen. Angesichts dieser Tatsache finanziert die internationale Gemeinschaft verschiedene Mechanismen, um die nachhaltige Bewirtschaftung der Tropenwälder und die Aufforstung zu unterstützen, die Abholzung zu bremsen und eine Adaptation der Wälder an die Klimaveränderung zu fördern.

Die Forest Carbon Partnership Facility (FCPF) hat sich in nur zwei Jahren als bedeutendste globale Initiative zum Aufbau von Strukturen in Entwicklungsländern etabliert, um die Zerstörung des Tropenwaldes durch Ausstoss von Treibhausgasen einzudämmen. Entwicklungsländer werden beim Aufbau entsprechender Strukturen, Verrechnungsmethoden, Gesetzesentwürfen beraten und finanziell unterstützt, damit sie sich am Handel mit Zertifikaten aus der Vermeidung von Entwaldung und der

6787

damit verbundenen Reduktion von Treibhausgasemissionen beteiligen können.44 Ziel ist es, einen bedeutenden Beitrag zur Erhaltung der Tropenwälder zu schaffen und den Ausstoss an durch den Mensch verursachten Treibhausgasen substanziell zu reduzieren. Komplementär zum Engagement in der FCPF engagiert sich das SECO bei der Umsetzung ergänzender Massnahmen in Prioritätsländern, namentlich in Ghana, Peru, Kolumbien, Indonesien und Vietnam. Dies erfolgt einerseits über eine Beteiligung am Forest Investment Programm der Weltbank, andererseits über direkte bilaterale Massnahmen, die in die globalen Aktivitäten eingebettet sind.

Die DEZA wird sich weiterhin auf die gemeinschaftliche Bewirtschaftung der Wälder konzentrieren. Vorgesehen ist eine Ausdehnung der Aktivitäten in den Andenländern und in Ostasien mit Hilfe von bilateralen Programmen und einer neuen Partnerschaft mit der ASEAN (Association of South East Asian Nations).

Sowohl das SECO wie auch die DEZA wirken mit ihrem Engagement darauf hin, dass bei der Operationalisierung ihrer Aktivitäten nicht nur Aspekte zur Reduktion des Treibhausgas-Ausstosses, sondern auch die nachhaltige Waldbewirtschaftung sowie Gouvernanzfragen einbezogen werden. Die Tropenwaldbewirtschaftung, die Erhaltung der Biodiversität und die Ansprüche der indigenen Bevölkerung spielen dabei eine wichtige Rolle.

III.

Energie

Für die Reduktion des Treibhausgasausstosses ist rasches Handeln erforderlich. Die weltweit gestiegene Nachfrage an Energie steht im Zentrum des Kampfs gegen den Klimawandel. Der Aufschwung der Wirtschaft erhöht den Bedarf an fossiler Energie. Wenn es keine Alternativen gibt, wird weiterhin fossile Energie genutzt. Die prognostizierte Verknappung fossiler Brennstoffe wird vor allem Entwicklungsländer treffen. Die Preise werden steigen und für die arme Bevölkerung nicht mehr bezahlbar sein. Für die Entwicklungszusammenarbeit steht deshalb der Zugang zu moderner und zuverlässiger Energie für die arme Bevölkerung im Vordergrund.

1,6 Milliarden Menschen haben keinen Zugang zu Elektrizität. Zudem soll ein Wirtschaftswachstums mit geringem Kohlenstoff-Ausstoss gefördert werden. Angesichts dieser Herausforderungen muss die Produktion erneuerbarer Energien rasch ansteigen, insbesondere in Ländern mit einem mittleren Einkommen. In diesem Sektor sind die Erfahrung und das Knowhow der Schweiz gefragt. Die im Rahmen der bereits bestehenden institutionellen Einrichtungen erzielten Resultate erlauben der DEZA und dem SECO, ihre Anstrengungen zu verstärken, und zwar in den Schwerpunktsländern der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit wie auch in Schwellenländern.

Beispielsweise beabsichtigt die DEZA, in Indien, Nicaragua, Laos, Mali, Kuba und Tansania die dezentralisierten Produktionsnetze für erneuerbare Energien auszubauen. Dies ist möglich dank neuer Technologien, beispielsweise dem Einsatz von Biomasse, und dank der Wasserkraft. In Südafrika und in mehreren Ländern Lateinamerikas will die DEZA ihre Anstrengungen zur Erhöhung der Energieeffizienz in kleineren und mittleren Betrieben verstärken. Schliesslich unterstützt die Schweiz in Lateinamerika das Recycling von Kühlschränken und die saubere Entsorgung der Kältegase, die ein 5000­10 000 Mal höheres Schädigungspotenzial haben als CO2.

44

Dies vor dem Hintergrund der im Dezember 2007 in Bali durch die Mitglieder der UNO-Klimakonvention (UNFCCC) beschlossenen politischen und methodologischen Folgearbeiten im Tropenwaldbereich.

6788

Ein neues, ähnliches Projekt ist in Südafrika vorgesehen. In diesem Bereich ist eine Reduktion von Emissionen möglich, die mehreren hunderttausend Tonnen CO2 entsprechen. Eine solche internationale Zusammenarbeit fördert auch die schweizerische Wirtschaft. Die erneuerbare Energie und die Entwicklung von Technologien zur Energieeffizienz sind Bereiche mit Wachstumspotenzial.

Das SECO wird im Industriebereich das Potenzial in den wirtschaftlich fortgeschritteneren Entwicklungsländern für einen klima- und energiepolitischen Richtungswechsel nutzen. Gemeinsam mit der UNIDO wird die konsequentere Nutzung organischer Abfälle zur Energiegewinnung (Biogas) vorangetrieben. Industriesektoren wie Reis- und Zuckermühlen, Schlachthöfe, Kaffee- und Bananenplantagen sowie die Hotellerie werden mit modernsten Technologien vertraut gemacht. Im Schwerpunktland Indonesien sind bilaterale Fördermassnahmen im Bereich Abfallmanagement (Verminderung Ausstoss von Methangas sowie Energiegewinnung) und zur Einführung des ISO-Standards 50001 Energieeffizienz vorgesehen. Das SECO baut sein Engagement in verschiedenen multilateralen Initiativen zur Entwicklung und Implementierung von Infrastrukturprojekten aus. Unter anderem werden dabei Projekte in den Bereichen Wasserkraft, Windkraft und Geothermie vorbereitet, strukturiert und ­ oft mit Beteiligung des Privatsektors ­ implementiert.

Zu erwähnen sind namentlich die Climate Investment Funds (CIF) der Weltbank, womit sich das SECO seine einflussreiche Position im Scaling-Up Renewable Energy Program (SREP) langfristig sichern kann, die Programme der Private Infrastructure Development Group (PIDG) sowie regionale Initiativen der International Finance Corporation (Infrastructure Advisory Services, IFC).

Der Sektor Stadtentwicklung betrifft die Hälfte der Weltbevölkerung. Mehr als 50 Prozent der Menschen wohnen in Städten. Die urbanen Zonen dehnen sich rapide aus, vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländern. Aus Städten stammt bereits ein Anteil von 75 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses. In den Entwicklungsländern müssen die meisten Gebäude und Infrastrukturen erst noch gebaut werden. Die daraus folgenden Emissionen werden einen Einfluss auf das Klima für die nächsten Jahrzehnte haben. Deshalb sind die heutigen Entscheidungen bei der Planung von urbanen Zonen zentral. Die
Konzentration von Industrie, Wohnraum, Transport und Abfallmanagement stellt ein beträchtliches Potenzial dar für die Reduktion von Treibhausgasemissionen. Bei der Planung müssen deshalb alle Schlüsselsektoren einer Stadtentwicklung, beispielsweise der Transport, der Wohnraum, das Abfallmanagement, das Wasser und die Energie, berücksichtigt werden.

Die Schweiz verfügt in dieser Materie über einen komparativen Vorteil: Sie ist Pionierin in der Ausarbeitung von Programmen zur Verbesserung der Energieeffizienz bei Gebäuden sowie in den Bereichen öffentliche Verkehr und Raumplanung.

Wir schlagen deshalb vor, die Aktivitäten in diesen Sektoren auszubauen, unter anderem in Schwellenländern. Auf diese Weise liesse sich beispielsweise das Energiesparpotential im Gebäudesektor, dass zwischen 15 und 40 Prozent liegt, nutzen.

Die DEZA beabsichtigt zudem, die Ausarbeitung von städtebaulichen Strategien zu unterstützen, welche auf den Erfahrungen des Labels «Energiestadt» beruhen.

Das SECO wird gemeinsam mit einer globalen Städte-Koalition deren Initiative zur Förderung der Energieeffizienz vertiefen. Standards und Massnahmen werden im Bereich des Klimaschutzes (v.a. Energieeffizienz im öffentlichen Verkehr, Beleuchtung und Gebäudebereich, erneuerbare Energien) weiter ausgearbeitet und angewendet. Hierzu werden mit den Städten Treibhausgasinventare erstellt sowie die wirtschaftlichsten Reduktionsmassnahmen identifiziert und unter Nutzung des 6789

Emissionshandels umgesetzt. Die Anstrengungen der DEZA werden eng mit dem SECO koordiniert und komplementär zu dessen Engagement zur Anwendung des Standards ISO 50001 und der Kooperation mit dem globalen Städteverband C40 durchgeführt.

7

Stärkeres multilaterales Engagement zur Armutsreduktion

7.1

Multilaterale Verantwortung mittragen

Die Notwendigkeit und Bedeutung multilateralen Handelns wird von der internationalen Gemeinschaft anerkannt, und im Rahmen entsprechender Foren wird klar die Absicht bekundet, den Mitteleinsatz durch diese Kanäle zu erhöhen. Die Krisen und Herausforderungen der jüngeren Vergangenheit (Finanz- und Wirtschaftskrise, Klimawandel, volatile Nahrungsmittel und Rohstoffpreise) zeigen auf, dass Probleme in diesen Dimensionen vorweg globaler und regionaler Lösungen bedürfen. Dies einerseits aufgrund deren grenzüberschreitenden Natur, andererseits aufgrund der enormen Finanzvolumina, welche zu deren Bewältigung notwendig sind. Die multilateralen Institutionen haben eine kritische Grösse, verfügen über fundiertes weltweites Knowhow und eine grosse Erfahrung sowie ausgewiesene Vorteile in der Erarbeitung, Koordination und Umsetzung international abgestimmter Massnahmenpakete. Diese Qualitäten sind für die Bewältigung globaler Herausforderungen nützlich.

Die Schweiz ist heute als Geberin mittlerer Grösse in den ausgewählten federführenden multilateralen Entwicklungsbanken und -organisationen vertreten und beteiligt sich ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechend mit einem international abgesprochenen Lastenanteil. Dank diesem Beitrag kann die Schweiz in den Leitungsgremien aktiv und glaubwürdig teilnehmen sowie Mitsprache- und Einflussmöglichkeiten nutzen. Damit kann unser Land direkt auf die Politiken, Strategien und Projekte multilateraler Organisationen Einfluss nehmen und deren Effizienz und Wirksamkeit nachprüfen. Ferner kann sie mittels gezielter Nutzung bi- und multilateraler Synergien (Ko-Finanzierungen, Trust Funds usw.), technischem und wirtschaftlichem Knowhow, teilweise mit schweizerischem Personal, die Politik und die Leistung der Institutionen beeinflussen.

Die Beteiligung der Schweiz an diesen Institutionen bildet Teil unseres solidarischen Beitrages zur Unterstützung der Massnahmen zur Linderung der Armut (Erreichen der MDGs), zur Bekämpfung globaler Krisen und deren Auswirkungen sowie als Beitrag zur Lösung globaler Herausforderungen. Die Schweizer Beteiligung an den multilateralen Finanzierungs- und Entwicklungsorganisationen ist insofern relevant, als sie neben der direkten entwicklungspolitischen Bedeutung einen zentralen Bestandteil der schweizerischen Aussenpolitik darstellt
und damit auch der Wahrung der eigenen Interessen dient.

Von den zusätzlichen Verpflichtungsmitteln von Total 640 Millionen Franken für 2011­2012 werden 272 Millionen Franken multilateral für den Afrikanischen Entwicklungsfonds, für UNDP und für die Multilaterale Entschuldungsinitiative verpflichtet. Von den 404 Millionen zusätzlichen Zahlungsmitteln (2011­2012) werden 82 Millionen Franken für multilaterale Institutionen verwendet. Die Nutzung der

6790

beantragten multilateralen Mittel für den ADF, das UNDP und die MDRI trägt der entwicklungspolitischen wie der aussenpolitischen Bedeutung Rechnung.

7.2

Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds

Der Afrikanische Entwicklungsfonds trägt zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung von 38 afrikanischen Ländern bei, indem ihnen zinsgünstige Darlehen (administrative Kosten) und nicht rückzahlbare Zuschüsse (ca. 30 Prozent des Totalvolumens des Fonds) zur Verfügung gestellt werden. Der ADF ermöglicht somit den ärmsten afrikanischen Ländern Zugang zu Krediten, welche auf dem Privatmarkt nicht oder zu wesentlich ungünstigeren Konditionen erteilt würden.

Acht der Schwerpunktländer der Schweiz (Benin, Burkina Faso, Tschad, Ghana, Mali, Mozambique, Niger, Tansania) und zwei der regionalen Programme (Grands Lacs, Südliches Afrika) befinden sich in Afrika, was das Interesse der Schweiz aufzeigt, den ADF als starken Partner zu haben.

Die Ressourcen des Fonds werden alle drei Jahre von 26 Geberländern ­ darunter auch die Schweiz ­ wiederaufgefüllt. Die letzte Wiederauffüllung der Ressourcen (ADF-11) wurde im Dezember 2007 für die Periode von 2008­2010 abgeschlossen.

Infolgedessen ist 2010 eine Wiederauffüllung der Ressourcen des Fonds (ADF-12) für den Zeitraum von 2011­2013 im Gange. Im Vergleich zur letzten Wiederauffüllung (ADF-11) ist eine Erhöhung der Geberbeiträge bis 40 Prozent nötig, um der erhöhten Kreditnachfrage gerecht zu werden, die Aktivitäten des ADF sicherzustellen und somit die ärmsten Länder Afrikas bei den anstehenden Herausforderungen (Erreichen der MDGs, Klimawandel usw.) wirkungsvoll zu unterstützen. Die letzte Verhandlungsrunde des ADF-12 findet im September 2010 statt. Die zusätzlichen Verpflichtungsmittel im Rahmen dieser Botschaft 0,5 Prozent erlauben es, rund 180 Millionen Franken für die Wiederauffüllung (ADF-12) zu verwenden.

Die Schweiz verfolgt gegenüber dem Afrikanischen Entwicklungsfonds folgende Ziele: Konsolidierung der bisher erreichten Leistungen sowie eine Anpassung der Ausrichtung des Fonds; Sicherstellen der spezifischen Rolle des Fonds in einer sich ändernden internationalen Architektur; Vertiefung und Stärkung der Resultatagenda; Stärkung der regelbasierten Politiken (insbesondere eines leistungsabhängigen Ansatzes zur Mittelverteilung); Beschleunigung der institutionellen Reformen entsprechend dem wachsenden Portfolio; Reaktion auf globale Herausforderungen wie den Klimawandel innerhalb der strategischen Prioritäten; Verbesserung der Zusammenarbeit
mit anderen Partnern sowie eine realistische Finanzierung des ADF-12 und Steigerung der finanziellen Nachhaltigkeit des Fonds.

Der Fonds hat sich in den letzten Jahren neu ausgerichtet und sich damit gegenüber anderen Gebern in Afrika klar positioniert, indem er in komplementärer Weise die Bemühungen anderer Entwicklungsinstitutionen, namentlich der International Development Association (IDA), in Bereichen ergänzt, in denen er einen sehr guten Leistungsausweis hat und einen Mehrwert erzielen kann. So werden Darlehen und Schenkungen aus dem AfDF in Infrastrukturprojekte (Strassen- Wasser- und Elektrizitätsnetze), Gouvernanzprojekte, regionale Entwicklungsprojekte sowie in die Unterstützung fragiler Staaten investiert. Diese strategischen Prioritäten werden im Rahmen der Wiederauffüllung (ADF-12) konsolidiert, erneuert und angepasst.

6791

Mit der Wiederauffüllung des ADF ist unter anderem auch ein verstärktes Engagement im Klimabereich (Adaptation und Mitigation) und der Privatsektoraktivitäten vorgesehen. Ferner ist die Vertiefung institutioneller Reformen (z.B. Resultatorientierung, Risikomanagement, Dezentralisierung) ein wichtiger Bestandteil eines operationellen, finanziellen und institutionellen Gesamtpakets für die nächsten Jahre. Der Afrikanische Entwicklungsfonds hat seine Prozeduren reformiert, institutionelle Kapazitäten auf- und ländliches Knowhow ausgebaut sowie die Entwicklungswirksamkeit verbessert, indem Qualität und Resultate in den letzten Jahren eine grössere Wichtigkeit erhielten. Die Resultate dieser Reformen sind bereits sichtbar.

Der ADF ist effizienter und die Operationen effektiver geworden. Die Institution entwickelt sich zu einer zentralen Finanzierungsinstitution des Kontinents und zu einem Hauptgeber in spezifischen Aufgabengebieten. So wurden zum Beispiel zwischen 2006 und 2009 im Infrastrukturbereich 38 Projekte durchgeführt. Durch ein Trinkwasserprojekt in Burkina Faso haben zusätzlich 1,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner in den ärmsten Bezirken von Ouagadougou sicheren Zugang zu Trinkwasser erhalten. Als weiteres Beispiel ist ein Strassenprojekt zu nennen, dank welchem eine permanente Verbindung zwischen Mali und Guinea sichergestellt werden konnte, was u. a. Malis Zugang zum Hafen von Conakry vereinfacht.

Das Handelsvolumen hat sich zwischen 2000 und 2008 beinahe verzehnfacht.

Die ständige Vertretung der Schweiz im Verwaltungsrat der Bank,45 die Teilnahme der Schweizer Gouverneurin im Gouverneursrat, die alle drei Jahre wiederkehrenden Wiederauffüllungsverhandlungen sowie die Teilnahme an den jeweiligen Zwischenbilanzierungen (Mid-term Reviews) garantieren eine optimale Mittelverwendung sowie deren Überprüfung.

Der Energieknappheit Ghanas wirkungsvoll entgegentreten Als Schwerpunktland des SECO wird Ghana von der Schweiz im Energiesektor in dreifacher Hinsicht unterstützt, und zwar hinsichtlich der Stärkung der Regulierungsbehörde, der unternehmerischen Reformen bei der Versorgungsgesellschaft und der Netzausweitung. Dies ist Teil eines grösseren Reformprogramms, welches hauptsächlich von der Weltbank und vom Afrikanischen Entwicklungsfonds mitfinanziert wird. Der Fokus des ADF liegt
hierbei auf der Reduzierung des Elektrizitätsverlusts, der Verbesserung der Zuverlässigkeit der Stromversorgung sowie der Ausweitung des Zugangs zu Elektrizität. Hier wurden gemäss der letzten Projektüberprüfung im Februar 2010 sehr zufriedenstellende Fortschritte verzeichnet. Dank dem grossen Reformprogramm werden nach fünf Jahren zusätzlich 135 000 Haushalte und Unternehmen Dienstleistungen vom nationalen Netz und erneuerbare Energien beziehen können.

45

Damit für das Südliche Afrika eine bessere Vertretung im Verwaltungsrat geschaffen werden konnte, wurde dieser um zwei Sitze (von 18 auf 20 Exekutivdirektoren) erhöht.

Diese Erweiterung des Board (ein zusätzlicher Sitz für die afrikanischen Länder und einer für nicht-regionale Länder) gab der Schweiz die Gelegenheit, ihre Präsenz im Verwaltungsrat wesentlich zu verbessern. Mit dem Wechsel aus der nordisch-indischschweizerischen Stimmrechtsgruppe in eine neue Stimmrechtsgruppe mit Deutschland und Portugal ist die Schweiz ab Mitte 2010 im Verwaltungsrat permanent durch einen Vertreter bzw. einer Vertreterin repräsentiert, und dies auf höherem Niveau als bisher.

Diese Permanenz wird sich positiv auf die Einflussnahme der Schweiz auswirken und auch für die Beziehungen des ADF zur schweizerischen Wirtschaft förderlich sein.

6792

7.3

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen zählt zu den Hauptpfeilern der multilateralen Architektur der Entwicklungszusammenarbeit. Die Agentur ist in 135 Ländern mit Büros präsent und in 166 Ländern mit Programmen und Projekten aktiv. Das UNDP setzt Programme direkt um oder aber über Organisationen vor Ort (Regierungsinstitutionen, andere UNO-Agenturen, NGOs usw.) in Bereichen, wo die Agentur ihre Kompetenz einbringen kann und über komparative Vorteile verfügt. Die Unterstützung von Regierungen geschieht durch die Formulierung, die Koordination und Umsetzung einer nationalen Entwicklungspolitik und eines nationalen Umweltschutzes.

Das UNDP konzentriert sich heute auf vier prioritäre Sektoren, welche für die menschliche Entwicklung und die Realisierung der Millenniumsentwicklungsziele von grosser Bedeutung sind, nämlich die Armutsbekämpfung, die demokratische Regierungsführung (Gouvernanz), die Krisenprävention- und bewältigung, das Umwelt- und Energiemanagement sowie die nachhaltige Entwicklung. Das UNDP ist verantwortlich für die Koordination der UNO-Organisationen im Feld. Als Wegbereiterin des resultatorientierten Managements (Results-Based Management) verbessert das UNPD laufend seine Wirksamkeit und seinen Impakt. Die Hauptaufgaben des UNPD sind sorgfältig mit den Prioritäten der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit aus der Botschaft 2008 abgestimmt. Das UNPD ist seit vielen Jahren die wichtigste UNO-Partnerorganisation der Schweiz.

Die Schweiz spielt eine wichtige Rolle unter den Geberländern des UNDP und macht ihren Einfluss in diesem Gremium wie folgt geltend: 1. Als Mitglied oder Beobachterin im Exekutivrat, wo sie Einfluss auf Entscheidungen nimmt; 2. durch ihre aktive Teilnahme an der Koordination der wichtigsten Geberländer (UtsteinGruppe); 3. Im Rahmen der bilateralen Absprachen mit der Direktion des UNPD sowie der angegliederten Programme, die von der Schweiz besonders unterstützt werden, beispielsweise dem UNIFEM (United Nations Development Fund for Women) und der UN Volunteers (UNV). Die Schweiz hat die notwendigen Instrumente zur Weiterführung der investierten Mittel an das UNPD bereitgestellt, und zwar sowohl auf der Ebene der allgemeinen Beiträge (core contributions) als auch auf der Ebene der mit dem UNPD kofinanzierten Projekte.

Die Ziele der Schweiz gegenüber dem UNPD sind: ­

Die Schweiz unterstützt die Aktivitäten des UNPD und somit auch die Bemühungen des Systems der Vereinten Nationen, insbesondere das System der UNO-Koordinatoren. Daraus resultieren sollte eine klare Abgrenzung der Aufgaben des UNDP, das zwischen seiner Rolle als Koordinatorin des Systems und seiner programmatischen Rolle im Land unterscheidet. Die neuen, gemeinsamen Strategien pro Land (plan cadre, United Nations Development Assistance Framework, UNDAF) basieren auf einer gemeinsam abgestimmten Programmierung zwischen allen im Land präsenten Agenturen der Vereinten Nationen.

­

Die Schweiz unterstützt das UNDP darin, bewährte Evaluationspraktiken einzuführen und anzuwenden, die kurz- und mittelfristigen Planung effizient zu gestalten sowie das resultatorientierte Management zu verbessern.

6793

­

Die Schweiz ermutigt das UNDP, eine noch wichtigere Rolle in fragilen Staaten oder in Staaten, die sich in einem Konflikt befinden, zu übernehmen, insbesondere im Rahmen der Konfliktprävention und des Wiederaufbaus.

Der allgemeine Beitrag von 54 Millionen Franken für 2012 entspricht dem Nominalniveau der vorangegangenen Jahre. Er wird ­ wie jedes Jahr ­ in das normale Budget des UNDP überwiesen. Somit kann die Organisation ihre Programme langfristig planen. Die durch diese Botschaft angestrebte Erhöhung der APD erlaubt es der Schweiz, ihre jährlichen Beiträge an das UNPD aufrechtzuerhalten.

Bekämpfung der Armut durch die Stärkung von staatlichen Einrichtungen in Liberia: wirkungsvoll, nachhaltig, zielorientiert Das UNDP hat 15 Schlichtungskommissionen geschaffen, welche im ganzen Land die Wiedervereinigung und die Rechtsstaatlichkeit fördern. Ziel des Projekts ist, die liberianische Regierung auf dem Weg zur Abrüstung, Reintegration und Rehabilitierung nachhaltig zu unterstützen und dem Staat auf dem Weg aus der Armutskrise zu helfen. Dank dem Engagement des UNDP erhielten rund 10 000 Personen eine Anstellung im Bereich der Strassenreparatur und Infrastruktur in Liberia. Zudem wurden 3000 Personen im Bereich der Gesundheit und Gesundheitsprävention ausgebildet, sodass bereits 2008 über 200 000 Menschen medizinisch versorgt werden konnten. Das grosse Engagement des UNDP in Liberia wirft ein gutes Licht auf die Akteure der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Davon profitiert auch die humanitäre Hilfe der Schweiz, welche einen einfacheren Zugang zu den lokalen Strukturen erhält und ihre eigenen Projekte somit direkter umsetzen kann.

7.4

Multilaterale Entschuldungsinitiative

Die Fonds der Entwicklungsbanken zugunsten der ärmsten Entwicklungsländer werden aus drei Quellen alimentiert: 1.

Beiträge der Geberländer

2.

Kreditkapitalrückzahlungen der Empfängerländer

3.

Transferzahlungen von den Entwicklungsbanken

2005/06 entschied die Staatengemeinschaft (u.a. G8-Gipfel in Gleneagles), die Kredite von überschuldeten ärmsten Entwicklungsländern, die sich auf einem ausgewiesenen Reformkurs befinden, gegenüber der Entwicklungsagentur der Weltbank (IDA), dem Afrikanischen Entwicklungsfonds (ADF) sowie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vollständig zu streichen. Dies wird im Rahmen der sogenannten multilateralen Entschuldungsinitiative MDRI (Multilateral Debt Relief Initiative) realisiert; dies als Ergänzung zur bereits laufenden HIPC (Heavily Indebted Poor Country) -Entschuldungsinitiative, welche nur einen Teilerlass der multilateralen Schulden vorsah. Anlässlich der Jahrestagungen des IWF und der Weltbank im September 2005 wurde der Grundsatzentscheid zur Umsetzung der Initiative gefällt. Diesen hat die Schweiz aufgrund des Bundesratsbeschlusses vom 14. September 2005 mitgetragen.

6794

Die Geber haben sich dabei verpflichtet, die durch die MDRI bedingten Ausfälle bei den Kreditrückzahlungen als zusätzliche Geberleistung zugunsten von IDA und ADF zu kompensieren. Diese Additionalität ist ein zentrales Element, da im gegenteiligen Fall einer Substituierung dieser Zahlungen im Rahmen der normalen FondsWiederauffüllungen die Entwicklungsländer ihre Entschuldung schliesslich selber finanzieren würden.

Die Kreditnehmer und Kredite, die von der MDRI profitieren können, wurden eingegrenzt und so können auch die Beiträge der Geber in ihrer Gesamtheit aufgerechnet werden: Bei IDA beläuft sich der Schuldenerlass insgesamt auf rund 37 Milliarden US-Dollar über eine Laufzeit bis 2044; beim ADF auf rund 9 Milliarden US-Dollar über eine Laufzeit bis 2054 (die MDRI beim IWF, welche ein bedeutend kleineres Volumen umfasste, wurde durch IWF-interne Ressourcen gedeckt).

Der Schweizer Anteil (burden share) an der MDRI in der Grössenordnung ihrer Beteiligungen an den Fonds beläuft sich auf rund 915 Millionen US-Dollar gegenüber der IDA sowie rund 310 Millionen US-Dollar gegenüber dem ADF.46 Angesichts der grossen Summe der zu erlassenden Schulden sowie des über mehrere Jahrzehnte gestreckten Rückzahlungsprofils der Kredite wurde entschieden, dass die Kompensation fortlaufend und nach Bedarf erfolgen kann (pay-as-you-go). Damit werden die MDRI-Verpflichtungen rollend mit den alle drei Jahre stattfindenden Fondswiederauffüllungen synchronisiert.

Die Schweiz hat bis anhin zwei Verpflichtungstranchen übernommen: Phase I (2007­2008) sowie Phase II (2009­2014/15)47 im Gesamtbetrag von 220 Millionen Franken. Beide Male hatte sich die Schweiz entgegen dem Verpflichtungsfahrplan und der Position der meisten anderen Geber für eine kürzere Periode als erforderlich verpflichtet ­ dies weil zusätzliche Mittel in unzureichendem Masse zur Verfügung gestellt wurden und im multilateralen Budget Prioritäten gesetzt werden mussten.

Die dadurch entstandenen Rückstände gegenüber IDA und ADF belaufen sich auf 161 Millionen Franken. Neben der Schweiz sind auch andere Geberländer ­ darunter G8-Länder ­ nicht auf dem aktuellen Verpflichtungsstand.

Im Rahmen der in diesem Jahr stattfindenden Verhandlungen über die 16. Wiederauffüllung der IDA (IDA 16) sowie die 12. Wiederauffüllung des Afrikanischen Entwicklungsfonds
(ADF-12) werden alle Länder an ihre politischen bzw. vertraglichen Verpflichtungen zur Finanzierung der MDRI erinnert. Die Schweiz steht somit unter Druck, ihre Rückstände möglichst schnell auszugleichen sowie die nächsten MDRI-Tranchen (ca. 149 Millionen Franken für IDA 16 und ADF-12) vollumfänglich zu übernehmen.

Die zusätzlichen Verpflichtungsmittel im Rahmen der Botschaft 0,5 Prozent erlauben es der Schweiz, rund 38 Millionen Franken für die MDRI zu verwenden und damit die Rückstände zu reduzieren. Weitere MDRI-Verpflichtungen werden im Rahmen der Botschaft 2013­2016 zum nächsten ordentlichen Rahmenkredits RK 12 vorgesehen.

Um in Zukunft weitere solche Entschuldungen, wie sie in den letzten Jahren stattfanden zu vermeiden, wurde entschieden, dass IDA sowie der ADF ab Anfang 2002 46

47

Basierend auf 1 UC (unité de compte / Rechnungseinheit der AfDB) = 1 SDR (Sonderziehungsrecht) entspricht zurzeit ca. 1.54 USD (aktueller gerundeter Wechselkurs des SDR zum USD): 200 Millionen UC.

MDRI-2-FAD bis 2014; MDRI-2-IDA bis 2015.

6795

(IDA-13 und ADF-9) einen Teil ihrer Kreditvergabe an die ärmsten und nichtkreditwürdigen Länder in der Form von nichtrückzahlbaren Beiträgen (mittlerweile ca. 30 Prozent der jeweiligen Wiederauffüllungsvolumen) leisten können. Dies unter der Bedingung, dass die Geber in zukünftigen Wiederauffüllungen die daraus resultierenden Ausfälle von Kapitalrückzahlungen vollständig kompensieren würden. Ab 2012 werden deshalb zusätzlich zur MDRI auch noch Zahlungen zur Kompensation dieser Ausfälle einzuplanen sein. Wegen der langen Kapitalrückzahlungsperioden (30­40 Jahre) werden diese Zahlungen vorerst über mehrere Jahre hinweg weniger als 1 Million Franken pro Jahr ausmachen.

8

Auswirkungen

8.1

Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden

Der Vollzug des vorgeschlagenen Bundesbeschlusses obliegt ausschliesslich dem Bund und belastet die Kantone und Gemeinden nicht.

8.2

Auswirkungen auf die Volkswirtschaft

Die Auswirkungen der Entwicklungszusammenarbeit auf die schweizerische Wirtschaft werden seit 1981 in regelmässigen Abständen untersucht, letztmals im Herbst 200748. Alle bisher durchgeführten Studien sind zu vergleichbaren Ergebnissen gekommen. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die in der Entwicklungszusammenarbeit getätigten Ausgaben primär den Empfängerstaaten und -gesellschaften zugute kommen sollen. Trotz des überwiegend ungebundenen Charakters der Schweizer Unterstützung, haben diese Ausgaben aber auch beträchtliche Auswirkungen auf die schweizerische Volkswirtschaft: Die im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit in der Schweiz bezahlten Löhne sowie die nachgefragten Güter und Dienstleistungen führen zu einer Steigerung des Bruttoinlandproduktes. Jeder für die öffentliche (bilaterale und multilaterale) Entwicklungshilfe ausgegebene Franken trägt mit 1,40 bis 1,60 Franken zum Wachstum des Bruttoinlandproduktes bei.

9

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist weder in der Botschaft vom 23. Januar 200849 über die Legislaturplanung 2007­2011 noch im Bundesbeschluss vom 18. September 200850 über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt.

Die Vorlage wurde am 8. Dezember 2008 in den beiden Bundesbeschlüssen für die Rahmenkredite der DEZA über die Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und Finanzhilfe zugunsten der Entwicklungsländer51 und des SECO über die Wei48

49 50 51

Institut universitaire d'études du développement (IUED) und Universität Neuenburg, Auswirkungen der öffentlichen Entwicklungshilfe auf die Schweizer Wirtschaft. Studie 2006, DEZA, 2008 (nur auf französisch erhältlich).

BBl 2008 753 BBl 2008 8543 BBl 2009 435

6796

terführung der wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen52 verlangt und wurde daher nicht in der Legislaturplanung vom Januar 2008 aufgeführt. Der in den beiden Bundesbeschlüssen festgehaltene Auftrag des Parlaments an den Bundesrat, eine Vorlage zur Erhöhung der APD auf 0,5 Prozent zu unterbereiten, wurde vom Ständerat am 17. Juni 2010 bestätigt. Mit der vorliegenden Vorlage wird diesem Auftrag entsprochen.

10

Rechtliche Aspekte

Die Massnahmen der Entwicklungszusammenarbeit, deren Finanzierung mit vorliegender Botschaft verlangt wird, basieren auf Artikel 6 des Bundesgesetzes vom 19. März 1976 über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe (SR 974.0).

Die gesetzliche Grundlage für die Aufstockung der gültigen Rahmenkredite ist der Artikel 167 BV (SR 101) und Artikel 9 Absatz 1 des Bundesgesetz vom 19. März 1976 (SR. 974.0) über die internationale Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, wonach die Mittel in Form von jeweils mehrere Jahre abdeckenden Rahmenkrediten bewilligt werden.

Gemäss Artikel 163 Absatz 2 der Bundesverfassung und Artikel 25 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (SR 171.10) erfordert der vorliegende Finanzierungsbeschluss die Form des einfachen Bundesbeschlusses, insofern als dieser keine rechtsetzende Bestimmungen enthält und nicht dem Referendum untersteht.

11

Unterstellung unter die Ausgabenbremse

Gemäss Artikel 159 Absatz 3 Buchstabe b der Bundesverfassung bedarf der vorgeschlagene Bundesbeschluss der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, da er eine Ausgabe von mehr als 20 Millionen Franken nach sich zieht.

52

BBl 2009 443

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Anhang