Die strategische politische Steuerung des Bundesrates Kurzschreiben der Geschäftsprüfungskommissionen vom 16. und 26. Februar 2010; Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle vom 15. Oktober 2009 Stellungnahme des Bundesrates vom 21. April 2010

Sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin Sehr geehrter Herr Kommissionspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Der Bundesrat hat das Kurzschreiben der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) vom 16. und 26. Februar 20101 sowie den Bericht der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) vom 15. Oktober 20092 zur Kenntnis genommen. Er nimmt im Folgenden, wie von den Geschäftsprüfungskommissionen gewünscht, insbesondere zur Optimierung der strategischen politischen Steuerung im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorgaben (vgl. Ziff. 5.4 des PVK-Berichts) und im Rahmen einer Änderung der gesetzlichen Vorgaben (vgl. Ziff. 5.5 des PVK-Berichts) sowie zur Rolle der Bundeskanzlei (vgl. Ziff. 5.6 des PVK-Berichts) Stellung.

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Einführung

Die Empfehlungen des PVK-Berichtes decken sich teilweise mit Entscheidungen oder Massnahmen, die der Bundesrat eingeleitet oder bereits umgesetzt hat. Am 26. August 2009 hat der Bundesrat entschieden, die Regierungsreform weiterzuführen. In diesem Kontext prüft er derzeit eine Reihe von Vorschlägen und Massnahmen zur Optimierung seiner Regierungstätigkeit. Er wird bis Mitte 2010 eine Zusatzbotschaft zur Regierungsreform verabschieden. Weiter hat der Bundesrat am 18. September 2009 eine neue Ausrichtung des Perspektivstabs beschlossen und die Bundeskanzlei (BK) mit der Umsetzung beauftragt. Drei Vorschläge der PVK lehnt der Bundesrat ab. Dazu nimmt er Stellung unter Ziffer 3.

Der Bundesrat betont, dass er über den nötigen politischen Spielraum verfügen muss, um seine Regierungstätigkeit sich ändernden Bedingungen anpassen zu können. Aus diesem Grund will der Bundesrat generell auf überdimensionierte Planungs- und Kontrollinstrumente verzichten, die in der Praxis nur schwer funktionieren würden. In der Schweiz kann nur in begrenztem Umfang auf der Basis von mehrjährigen Programmen regiert werden. Dies würde voraussetzen, dass die Parteien im Parlament eine Koalition bildeten, um immer wieder wechselnde Änderungen der Mehrheitsverhältnisse oder der Schwerpunkte der politischen Agenda zu

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verhindern. Die Arbeit der Regierung ist zudem regelmässig den Entscheiden des Volkes anlässlich von Volksabstimmungen unterworfen.

Bei Empfehlungen betreffend Integration von Aufgaben und Ressourcen ist der PVK-Bericht zudem durchgängig auf der Annahme einer ergebnisorientierten Verwaltungsführung aufgebaut. Dieses System ist in der Bundesverwaltung nicht flächendeckend eingeführt. Erste Schritte in diese Richtung sind bei Bundesämtern mit Leistungsauftrag und Globalbudget (FLAG) gemacht worden. Derzeit ist der Bundesrat daran, drei Optionen zur Weiterentwicklung der Verwaltungsführung zu prüfen: Konsolidierung von FLAG; Ausbau von FLAG und integrierter, ergebnisorientierter Ansatz für die gesamte Bundesverwaltung («Konvergenzmodell»).

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Stellungnahme zur Optimierung der strategischen politischen Steuerung durch den Bundesrat im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorgaben

A.

Strategische politische Perspektive des Bundesrates stärken (Ziff. 5.4.2 des PVK-Berichtes)

Die BK, begleitet durch die Generalsekretärenkonferenz (GSK), hat sich im Jahr 2009 intensiv mit der Neuausrichtung des Perspektivstabs der Bundesverwaltung auseinandergesetzt und dem Bundesrat am 18. September 2009 einen entsprechenden Antrag unterbreitet.

Das alte Mandat des Perspektivstabs datierte von 1993, erlassen und unterzeichnet vom Bundeskanzler. Es umfasste im Wesentlichen die drei Aufgaben: (a) «Herausforderungen ­ Trendentwicklungen und mögliche Zukunftsthemen für die Bundespolitik», (b) Kontrolle und Steuerung der Arbeiten der Begleitgruppe «Wirtschaftsszenarien» und (c) Aufbau, Test und Betrieb eines Systems strategischer Führungsindikatoren für Bundesrat und Verwaltung.

Das alte Mandat des Perspektivstabs wurde seither weder an die veränderten Gesetzesgrundlagen angepasst noch an die im Rahmen der Beantwortung parlamentarischer Vorstösse vom Bundesrat erteilten Zusatzaufträge. Vor dem Hintergrund des nicht mehr aktuellen Auftrages wurde daher innerhalb des Perspektivstabs zunehmend Kritik laut, und es kamen Zweifel auf, ob das Mandat noch den heutigen Anforderungen und Bedürfnissen von Parlament, Bundesrat und BK genügt.

Gestützt auf die heute geltenden gesetzlichen Grundlagen sowie die Ergebnisse einer internen Evaluation durch BK und Perspektivstab hat der Bundesrat am 18. September 2009 eine neue Ausrichtung des Perspektivstabs beschlossen und die BK mit der Umsetzung beauftragt. Der Kernauftrag des neuen Perspektivstabs soll die Erarbeitung der Lage- und Umfeldanalyse als Grundlage für die Legislaturplanung sein.

Dafür soll auch die Wissenschaft beigezogen werden. Deshalb werden die BK und der Perspektivstab in der Erarbeitung der Lage- und Umfeldanalyse von einem externen Projektpartner (Center for Security Studies der ETH Zürich) unterstützt.

Als zweite wichtige Aufgabe soll der Perspektivstab die BK bei der Weiterentwicklung des Systems der Führungsindikatoren begleiten. Der GSK kommt neu als Steuerungsorgan des Perspektivstabs eine wichtige Rolle zu.

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Die Lage- und Umfeldanalyse, als Grundlage für die nächste Legislaturplanung, stützt sich gemäss Artikel 146 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 (ParlG, SR 171.10) auf Indikatoren ab. Die Lageanalyse legt einerseits Rechenschaft über die erreichten Ziele der vergangenen vier Jahre ab und weist andererseits mit einer Umfeldanalyse auf neue Entwicklungen hin (Trendänderungen, Risiken und Chancen gesellschaftlicher, wirtschaftlicher oder ökologischer Art), die eine Antwort der Bundespolitik erfordern. Der Bericht des Perspektivstabs soll es dem Bundesrat ermöglichen, die zentralen Herausforderungen unseres Landes frühzeitig zu erkennen und die strategischen Entscheide rechtzeitig in die Wege zu leiten. Unterschiedliche Einschätzungen der Entwicklungen durch die Expertinnen und Experten innerhalb und ausserhalb der Bundesverwaltung sollen dabei transparent gemacht werden. Der Bericht soll einen Zeithorizont von ca. 12 Jahren abdecken und nicht mehr als 20­40 Seiten umfassen.

Der Bundesrat wird prüfen, wie weit die Optimierungsvorschläge aus dem PVKBericht vom 15. Oktober 2009 bei der nächsten Legislaturplanung berücksichtigt werden können.

Zur Verknüpfung von Legislaturplanung und Legislaturfinanzplan äussert sich der Bundesrat unter Punkt B.

In der Botschaft vom 23. Januar 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011 (BBl 2008 753) hat der Bundesrat bereits wichtige Schnittstellen zu Querschnittsprojekten wie der Aufgabenüberprüfung, der Strategie «Nachhaltige Entwicklung» und der Wachstumspolitik aufgezeigt (BBl 2008 759).

B.

Strategische politische Steuerung von Aufgaben und Ressourcen verknüpfen (Ziff. 5.4.3 des PVK-Berichtes)

Der Bundesrat hat bezüglich der Verknüpfung von Aufgaben und Ressourcen bereits eine ganze Reihe von Massnahmen getroffen. Mit der Verabschiedung der Teilrevision vom 5. Dezember 2008 (AS 2008 6455) der Finanzhaushaltverordnung vom 5. April 2006 (FHV, SR 611.01) durch den Bundesrat sind bedeutende mehrjährige Finanzvorlagen hinsichtlich Planung, Beratung und Beschlussfassung mit der Legislaturplanung zeitlich zu koordinieren (Art. 7 Abs. 2 FHV).

Mit der Einführung einer expliziten Regel zur zeitlichen Abfolge von Legislaturplanung und mehrjährigen, periodisch wiederkehrenden Finanzvorlagen wurden die Prozesse und Instrumente der Mittelfristplanung gestärkt und die technischen Voraussetzungen für eine nachhaltige, kohärente Finanz- und Sachpolitik verbessert.

Die neue Bestimmung strebt drei Ergebnisse an: Erstens sollen die Finanzvorlagen bestmöglich auf die Ziele des Legislaturplans abgestimmt werden. Zweitens sollen diese Vorlagen dem Parlament in kurzem Zeitabstand zur Botschaft über die Legislaturplanung vorgelegt werden. Drittens soll die politische Willensbildung nach den eidgenössischen Wahlen 2011 durch die neu gewählten Entscheidungsträger stattfinden können. Gegenstand der neuen Regelung sind jene Finanzvorlagen, die erstens periodisch und im Mehrjahresrhythmus zur Erneuerung anstehen und die zweitens eine erhebliche Tragweite aufweisen; nach Auffassung des Bundesrates ist dies bei einem Finanzvolumen ab 500 Mio. Franken der Fall. Ihre Betragshöhe und Periodizität soll grundsätzlich gesteuert werden können. Im Besonderen sind damit die folgenden acht Vorlagen von Belang:

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Weiterentwicklung der Agrarpolitik

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Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI)

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Leistungsvereinbarung und Finanzierung der Infrastruktur der SBB

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Rahmenkredit für Investitionsbeiträge an konzessionierte Eisenbahnunternehmen (KTU)

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Weiterführung der technischen Zusammenarbeit und der Finanzhilfe zugunsten von Entwicklungsländern

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Weiterführung der internationalen humanitären Hilfe

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Weiterführung der Finanzierung von wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit

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Rahmenkredit zur Weiterführung der Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas und der GUS («Osthilfe»)

Mit der Einführung einer Ordnungsfrist von höchstens sechs Monaten zwischen der Botschaft zur Legislaturplanung und den Botschaften zu den bedeutenden Finanzvorlagen werden die Planungsprozesse im Grundsatz parallel ausgerichtet. Dies bedeutet, dass die Legislaturplanung und die Finanzvorlagen in engem gegenseitigen Bezug und weitgehend gleichzeitig erarbeitet werden. In der Folge können die Botschaften zu den Finanzvorlagen dem Parlament in kurzer Folge zur Botschaft über den Legislaturplan zu Beginn des ersten Legislaturjahrs unterbreitet und im Regelfall mit Wirkung ab dem zweiten Legislaturjahr verabschiedet werden. Mit der neuen zeitlichen Abstimmung wird es möglich, dem Parlament ein konsistentes Planungspaket zu unterbreiten, das die Gesamt- und Sektoralsicht sowie finanz- und sachpolitische Postulate umfassend berücksichtigt.

Es ist vorgesehen, dass der Bundesrat im Rahmen seiner Aussprachen über die nächste Legislaturplanung 2011­2015 ebenfalls die engere Verknüpfung der Legislaturplanung mit dem Legislaturfinanzplan diskutieren wird.

C.

Jährliche Steuerung von Zielen entflechten (Ziff. 5.4.4 des PVK-Berichtes)

Der Bundesrat will an den heute praktizierten Kenntnisnahme- und Entscheidverfahren zu den Zielen der Departemente und der BK festhalten. Hätte der Bundesrat nicht mehr die Möglichkeit, die Ziele der Departemente und der BK zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls auch darauf Einfluss zu nehmen, käme dies einer Verstärkung der Departementalisierung gleich. Zudem weist der Bundesrat auf das an ihn gerichtete Schreiben der beiden GPK vom September 2007 hin, in dem diese bekräftigt haben, dass die bundesrätlichen und die departementalen Jahresziele wie auch die Berichterstattung über deren Umsetzung sehr wichtig seien. Die Informationen aus den Zielen und aus dem Geschäftsbericht der Departemente und der BK seien für die Oberaufsicht von besonderer Bedeutung. Aus der Sicht des Bundesrates ist es deshalb sehr wichtig, dass er als Kollegium für die Kohärenz sorgt.

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D.

Handlungsspielraum des Bundesrates für seine strategische politische Steuerung respektieren (Ziff. 5.4.5 des PVK-Berichtes)

Die Ausführungen unter Ziffer 5.4.5 im PVK-Bericht decken sich grundsätzlich mit den Vorstellungen des Bundesrates. Das Parlament muss einerseits dem Bundesrat den Handlungspielraum für die strategische politische Regierungstätigkeit zugestehen und seine parlamentarischen Rechte zur Oberaufsicht über die Regierungstätigkeit massvoll nutzen. Anderseits wird der Bundesrat entsprechende Massnahmen, um den Handlungsspielraum seiner Regierungstätigkeit effektiv nutzen zu können, im Rahmen der Regierungsreform prüfen.

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E.

Stellungnahme zur Optimierung der strategischen politischen Steuerung im Rahmen einer Änderung der gesetzlichen Vorgaben Ziel der Optimierung im Rahmen der verfassungsmässigen Gewaltenteilung (Ziff. 5.5.1 des PVK-Berichtes)

Inwiefern die angesprochenen Optimierungsmöglichkeiten der strategischen politischen Steuerung von Regierung und Parlament unter Einbezug einer Gesetzesänderung tatsächlich realisiert werden können, bedarf einer weiterführenden Prüfung sowie einer Konkretisierung im Sinne einer klaren Stossrichtung.

Generell ist festzuhalten, dass für Massnahmen, welche Gesetzesänderungen bedingen, ein mittel- bis längerfristiger Zeithorizont einberechnet werden muss. Dies im Gegensatz zu Reformvorschlägen, welche sich im Rahmen der geltenden Rechtsordnung umsetzen lassen.

F.

Kohärente, legitimierte und breit abgestützte Politik (Ziff. 5.5.2 des PVK-Berichtes)

Die Form der parlamentarischen Mitwirkung bei der strategischen politischen Steuerung wird in der Bundesverfassung (BV) nicht näher festgelegt. Gemäss BV wirkt die Bundesversammlung bei wichtigen Planungen der Staatstätigkeit mit (Art. 173 Abs. 1 Bst. g BV). Diese Mitwirkung erfolgte gemäss früherem Recht, welches letztmals im Jahre 2000 bei der Beratung der Legislaturplanung 1999­2003 zur Anwendung kam, in Form einer «Kenntnisnahme» der Regierungsplanung durch das Parlament. In Reaktion auf dieses als unbefriedigend empfundene Recht erfolgte eine Anpassung im Parlamentsgesetz, indem der einfache Bundesbeschluss über die Legislaturplanung eingeführt wurde. Gemäss ParlG unterbreitete der Bundesrat zu Beginn der Legislaturperiode der Bundesversammlung «einen Bericht über die Legislaturplanung und den Entwurf zu einem einfachen Bundesbeschluss über die Ziele der Legislaturplanung» (Art. 146 ParlG, in der Fassung gültig bis 30. November 2007). Am 25. Februar 2004 unterbreitete der Bundesrat seinen ersten Bericht über die Legislaturplanung nach neuem Recht. Nachdem kein Beschluss über die Legislaturplanung 2003­2007 zustande kam, wurde die Behandlung der Legislaturplanung im Parlament weiter angepasst. Das ParlG sowie das Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Oktober 2003 (SR 171.13) wurden dahingehend geändert, dass je nach Thema eine wechselnde Parlamentsmehrheit dem Bundesrat verbindliche Vorgaben machen kann, welche gesetzgeberischen Ziele anzustreben sind 3167

und welche Gesetzesentwürfe vorbereitet werden müssen (AS 2007 3773 5231). In diesem Sinne wurde auf eine Gesamtabstimmung verzichtet. Ferner wurde die Entscheidungskompetenz des Parlaments erweitert, indem es nicht nur über allgemeine Zielsetzungen, sondern auch über die zur Zielerreichung nötigen konkreten Massnahmen entscheiden kann. Diese Anpassungen wurden erstmals für die Legislaturplanung 2007­2011 umgesetzt und haben sich bewährt (vgl. Bundesbeschluss vom 18. September 2008 über die Legislaturplanung 2007­2011, BBl 2008 8543).

G.

Gemeinsame strategische politische Steuerung unter Wahrung der Zuständigkeiten von Parlament und Bundesrat (Ziff. 5.5.3 des PVK-Berichtes)

Die Notwendigkeit einer wirksamen und effizienten Staatsleitung setzt der Kooperation zwischen den Gewalten ­ oder dem gegenseitigen «Einwirken» ­ insofern Grenzen, als Entscheidungen rechtzeitig zu erfolgen haben und Verantwortlichkeiten klar zugewiesen werden müssen. Der Bundesrat befürwortet eine klare Trennung der Kompetenzen der Gewalten. Er ist der Auffassung, dass Artikel 180 BV dem Bundesrat die Aufgabe einer kohärenten Gesamtplanung zuweist und dass das Parlament punktuell, bei wichtigen Planungen, die Schwerpunkte anders setzen können soll, wo es dies für notwendig erachtet (Art. 173 Abs. 1 Bst. g BV).

Der Bundesrat erachtet es als nicht zielführend, dass die Grundlagen für die politischen Ziele und Leitsätze vom Parlament erarbeitet werden und darauf ausgerichtet der Bundesrat seine mittelfristige Planung der Entwicklungsschwerpunkte, Massnahmen und Finanzen erarbeitet. Politische Planung ist als politische und strategische Zielsetzung eine zentrale Funktion der Exekutive, eine für einen modernen Staat unverzichtbare staatsleitende Aufgabe des Bundesrates. So sehen es auch Artikel 180 BV und die Artikel 1 und 6, Absatz 1 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 1997 (RVOG). Politische Planung dient insofern als Frühwarnungs- und Frühkoordinationsinstrument und ist Teil der durch die Exekutive ausgeübten Staatsleitung. Eine Genehmigung der gesamthaften Planung durch das Parlament würde ein Ausmass an rechtlicher Verbindlichkeit der Planung schaffen, das dem Wesen von Planung nicht gerecht wird. Nach Ansicht des Bundesrates verfügt die Bundesversammlung mit dem einfachen Bundesbeschluss über die Legislaturplanung bereits über ein ausreichendes Instrumentarium zur Mitwirkung bei der strategischen Steuerung.

Das Vorgehen für die nächste Legislaturplanung 2011­2015 wird insofern modifiziert, als die Identifikation von Chancen und Gefahren sowie die wichtigsten Zukunftstrends für alle wesentlichen Politikfelder als Grundlagen für die Lage- und Umfeldanalyse primär zwar durch die sieben Departemente und die BK erarbeitet, jedoch vom Center for Security Studies der ETHZ aus wissenschaftlicher Perspektive ergänzt werden. Damit würde das in den letzten vier Legislaturplanungen angewandte Top-down Verfahren, bei welchem der Bundesrat aufgrund einer Klausur den Planungsprozess
einleitete und so von Beginn an mit Vorgaben und Zielsetzungen führte, um einen externen Expertenkreis erweitert. Dieses Vorgehen beinhaltet klar strukturierte Phasen und stützt sich auf einen Methodenmix renommierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

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Der im PVK-Bericht unter Ziffer 5.5.3 geäusserte Vorschlag, dass das Parlament gegebenenfalls seine politische Meinung zum Legislaturplan mit politischen Vorstössen untermauern könnte, wird vom Bundesrat als nicht zweckmässig erachtet. So schaffte man das frühere Instrument der Richtlinienmotion ab und führte stattdessen den Bundesbeschluss ein (Parlamentarische Initiative Parlamentsgesetz, BBl 2001 3597). Es wäre widersprüchlich, das heutige System nun wieder mit einer solchen Möglichkeit zu ergänzen. Mit der Abschaffung der Richtlinienmotion hat man zudem erreicht, dass zufällige tages- und parteipolitische Präferenzen gegenüber einer gesamthaften Prüfung der Planung kein übermässiges Gewicht mehr erlangen.

H.

Integrierte Steuerung über Wirkungen, Aufgaben und Ressourcen (Ziff. 5.5.4 des PVK-Berichtes)

Der Bundesrat optimiert seit Längerem die integrierte Steuerung von Aufgaben und Ressourcen. Konkret befasst er sich mit der Neugestaltung der Legislaturplanung, der Koordination und zeitlichen Abstimmung der Legislaturplanung mit den mehrjährigen Finanzbeschlüssen sowie mit der Prüfung von drei Optionen zur Weiterentwicklung der Verwaltungsführung bis Ende 2010 (Evaluationsbericht FLAG 2009, BBl 2009 7915).

I.

Verwesentlichung der strategischen politischen Führungsinformation durch stufengerechte, vernetzte Steuerungs-, Kommunikations- und Analyseinstrumente (Ziff. 5.5.5 des PVK-Berichtes)

Die Erarbeitung der Grundlagen für die politischen Ziele und Leitsätze durch das Parlament und darauf ausgerichtet die Vorbereitung der mittelfristigen Planung der politischen Schwerpunkte, Massnahmen und Finanzen durch den Bundesrat ist nicht zweckmässig und wird daher abgelehnt. Der Bundesrat erachtet die Frühwarnung und die politische Planung als eine zentrale Funktion der politischen Führung der Exekutive. Die Bundesversammlung verfügt mit dem einfachen Bundesbeschluss über die Legislaturplanung bereits über ein ausreichendes Instrumentarium zur Mitwirkung bei der strategischen Steuerung (siehe dazu auch den Punkt G).

Wie unter den Punkten B und H erwähnt, hat der Bundesrat bereits mehrere Massnahmen getroffen und umgesetzt, um die Integration von Aufgaben und Ressourcen zu optimieren.

4

Die Bundeskanzlei als Stabsorgan für die strategische politische Steuerung (Ziff. 5.6 des PVK-Berichts)

Die BK ist die allgemeine Stabsstelle des Bundesrates und steht beratend auch der Bundespräsidentin oder dem Bundespräsidenten zur Verfügung. Dabei unterstützt und berät die BK den Bundesrat gemäss Artikel 32 RVOG grundsätzlich bei der Planung, bei der Vorbereitung der Sitzungen, beim Bericht des Bundesrates über die Richtlinien der Regierungspolitik, beim Geschäftsbericht, bei der Organisation, bei der departementsübergreifenden Koordination, bei der Führung und Kontrolle der Bundesverwaltung sowie bei der Information gegen aussen und innen.

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Die Forderung, dass der Bundesrat die Rolle der BK als sein strategisches politisches Entscheidvorbereitungsorgan stärkt, wird im Rahmen der Vorschläge zur Regierungsreform geprüft.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Kommissionspräsidentin, sehr geehrter Herr Kommissionspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

21. April 2010

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Die Bundespräsidentin: Doris Leuthard Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

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