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Landwirthschaftliches #ST#

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des

Präsidenten der .Handelskammer des Kantons Hessin an

das schweiz. Handel- und Zolldepartement.

(D. d. Lugano, 28. Februar 1867).

Der Unterzeichnete hofft nun endlich im Stande zu sein , dem an ihn gerichteten Schreiben des Departements vom 9. diess , welches die Landwirthschast und Jndustrie de.... Kantons Tessin zum Gegenstand hat, einigermaßen entsprechen zu kennen.

Die tessinische Bevölkerung beschäftigt sich grosstentheils mit den..

Landbau, hie und da auch mit Landbau und Viehzucht zugleich.

ein geringer Theil treibt Handel und Gewerbe.

Die

Rur

Auswanderung einer Menge von Jndividuen , die zu den..

kräftigsten Theile der Bevölkerung gehören und sich behufs Ausübung

ihres Berufes nach den. Auslage begeben, wo sie sieh auch hie und da bleibeud niederlassen , bildet für das Emporblühen von Handel und Judustrie ei.. ernstliches Hinderniss. Seit einigen Jahren hat die Answandernng grossere Proportionen angenommen , so dass n.an die Zahl der Abwesenden aus nngesähr 12,000 Jndividuen anschlagen darf, die ihr Vaterland verlassen haben, uni jenseits der Meere, in Amerika und Australien, ihr Glük zu suchen. Bisher .r.ar der Erfolg ein solcher, dass das von den Emigranten mitgenommene Geld zum grossen Theil verloren ging.

439^ Der Landbau im Gebirge leidet unter dem ungeregelten Weidgang der Ziegen. Seit den starken und unklugerweise vorgenommenen Abhol^uugeu werden die Felder der Ebene oftmals von Uebersehwemmungen heimgesucht.

Was Jndnstrie und Handel anbetrifft, so dürste es für diese Zweige, wegen der Lage des Landes, schwer halten, einer namhaften Entwiklnng theilhastig ^. werden . aus der einen Seite durch hohe Berge von dem übrigen Theile der Eidgenossenschast getrennt, wird Tessin ans der andern Seite durch die italienische Douanlinie eingeengt. Hierin besteht der Hauptgrund , war^um sieh die Bevolkerung zur Auswanderung veranlag sieht , sie muss eben anderswo ihre E^istenzmittel suchen , die ihuen das Vaterland versagt. Jmmerhin werden , unter Mithilfe von ^lgriknlturgesezeu und po.. laudwirthschastlichen, vom Staate unterstüzten Gesellschaften, in diesem Zweige etwelche Fortfehritte gemacht. Ueber die Eindämmung der ^lüsfe wurde ein Gesez erlassen, und es find bereits verschiedene solcher Arbeiten in ansehnlichem Umfange durch Gesellschasten ausgeführt worden , denen von Seite des Kantons und des Bundes Unterstü^ungen zu Theil wurden. Das grosse Thal, welches der Tessin durehstromt , entbehrt uoeh jeglicher Schularbeiten^ doch be^ steht e.n Projekt über vollständig Eindämmung, dessen Verwirklichung

wol..l erfolgen wird, sobald die Eidgenossenschaft, gleichwie di.^ss in andern Gegenden der Schweiz geschah^ anch dazu einen Beitrag leistet.

So weit es die von uus bezeichneten ungünstigen Verhältnisse ge.^ statteten . ist unser ^and auf den.. Gebiete der Jndustrie nicht ohne Fortschritt geblieben, wie aus nachfolgender Uebersicht hervorgeht. die alle Daten enthält, di.. wir sowohl über die Landwirtl^sehast, als auch über die Jndnstrie beizubringen vermocht haben.

L a n d .... ir t h s ch a s t.

G e t r e i d e . Dieses ist das wichtigste Land..sprodnkt. Die l 866er ^rnte ist el..er als eine geringe zu bezeichnen , das Jahr 1865, in Be^ zug aus welches uns die hienach folgenden genau^rn Angaben zu Gebote stehen, siel günstiger aus. Der jährliche Getreideverbrauch wird aus 370,000 Rentner berechnet, wovon nur 136,000 im ^aude erzengt werden ^ das fehlende wird vom Anslaude bezogen. Unter den Rahrnngsn.itteln spielen die Kartoffeln eine ziemlich bedeutende Rolle , ihre Kultur sowohl, wie auch diejenige der Kastanien, ist seit einigen Jahren in der Zunahme begriffen. Von den ledern werden ansehnliche .^..au-

titäten ausgeführt.

Wein.

Der Wein im Allgemeinen ist von mittelmässiger ^ua-

lität ^ er verträgt den Transport uicht und lässt sich anch uicht , wie anderwärts geschieht, mehrere^ Jahre

lang aufbewahren.

Es ist diess

440 eine Folge der Bodenart und der Kulturmethode. Nichtsdestoweniger hat der Weinbau in verschiedenen Landestheilen eine gro^e Ausdehnung und Bedeutung gewonnen. Viele ^artikularen haben in diesen. ^weig zwekmässige .Neuerungen eingesührt und noch grossere Fortschritte wären erzielt worden, hätte nicht die Traubenkrankheit allzu viele Jahre hin^ durch zerstorend gewirkt und eine allgemeine Entmuthigung nach sieh.

gezogen. Seit der Entdekung jedoeh, dass die Krankheit durch ...^chwef..^

lung von den Trauben ferngehalten werden konne , haben die Wein^ bauer wieder frischen Muth gefasst. Ueberhaupt hat der Weinbau in den leztverflossenen Jahren sich für seine Anstrengungen und Auslagen reich belohnt gesehen. Diess war namentlich im Jahre 1865 der Fall.

sowohl nach Qualität als nach Quantität stand der Ertrag von 1866 weit unter dem vorjährigen.

Das Jahr 1865, als ein normales angenommen , lässt sich die Produktion aus 41,600 Schweizer-Zentner berechnen. die Bevoikerun^ bedarf ^u ihrem Konsum 54,400 Zentner mehr, die vom Auslande her eingeführt werden.

Seit dem Austreten der Tranbenkrankheit hat auch das Weintrinken ^abgenommen, sei es wegen der eingetretenen Breiserhohuug , sei es wegen der allgemeinen Verbreitung, welche andere Geträuke und nau.entlich das Bier gefunden haben.

S e i d e n r a u p e n . Besser als auf den Weinbau versteht man sich aus Seidenraupenzucht uud Maulbeerbaumkultur. Leztere ist ziemli^ stark verbreitet. auch die Seidenraupenzucht hat Fortsehritte gemacht, nachdem sie mehrere Jahre hindurch in Folge der unter den Raupen inländischer Zucht ausgetretenen Krankheit ganz darnieder gelegen und bereits als ein Zweig, der nicht einmal sür die darauf perweudeten Kosten Ersaz bot, vernachlässigt worden war. Diese .^ucht erhielt dann neues.

.Leben dureh den Jmport japanischer Seidenraupeneier.

Das Jahr

1866 erzeigte folgende Resultat^ : Mit dem Abspinnen der Seide waren 640 Haspeln beschästigt.

Bei dieser Arbeit fanden 1300 Bersonen , mit einen. Totale von

eirea 79,000 Arbeitstagen, Beschäftigung.

Die ^oeons lieferten ein Gewieht von 576,000 .^, wovon 403,900 aus dem Kanton und das Uebrige aus andern Kautonen oder aus den.

Auslaude kamen. Der Mittelpreis, den die kantonsangehorigen Züchter erhielten, betrng Fr. 2. 20 per ^ehweizerpfnnd.

Es ist hiebei zu bemerken , dass die japanesisehen Eoeons, von geringerer Güte und Substanz , auch einen geringern Ertrag liesern als.

die einheimischen Raupen vor ihrer Krankheitsperiode, indem aus 13.^ dieser leztern 1 .^ Seide gezogen wurde, während es, mit .wenigen

44^ Ausnahmen, einer Ouautitat von 16 .^ japanesischer Raupen bedars, um das nämliche Resultat zu erzielen.

F u t t e r . Das zur Futterproduktion bestimmte Land nimmt eine grosse Ausdehnung ein. Wässermatten gibt es in.^ Allgemeinen , des parzeilirteu Bodens wegen und weil uns der Assoeiationsgeist abgeht, keine, noch weniger Kuustwiesen.

Doch gibt es hie^ und da ^artikularen , die nach beiden Richtunken Tüchtiges leisten, so dass auch hierin einiger Fortschritt bemerklich wird. Die Quantität des im Kanten erzeugten Futters kann auch nicht annähernd bestimmt werden , indem keine bestimmte Daten vorliegen. Für eine solche Berechnung mochte selbst die ^ählung des Viehes keinen Anknüpfungspunkt liefern, indem dasselbe während eines grossen Theiles des Jahrs in verschiedenen Theilen des Kantons sich aus

dem Weidgang befindet.

T a b a k . Diese Knltnr hat während der lezten Jahre eine grosse Entwikluug gewounen, so dass sie, besonders in den südlichen Gemeinden, den Aussalt der andern Ernten theilweise zu kon.pensiren vermochte.

Unglüklicherweise haben sie die in Jtalien eingetretenen Veränderungen in eine schlimme Lage gebracht und diese wird noch schlimmer werden, wofern es nicht gelingt, für den Tabak in Blättern im Anslande Ab-

saz zu finden. Es hat sich übrigens herausgestellt. dass sich der tessinische

Tabak vorteilhaft zum sogenannten geschnittenen Tabak, so wie als Ersaz oder auch zur Mischung mit pfälzischem, ungarischem, elsässischem und breisgauisehem Tabak, wovon die italienischen Fabriken allsährlieh mehrere tausend Zentner kousumiren, verwenden lässt. Jm Jahre 1866 lieferte die Ernte einen Ertrag von ungefähr 249,844 .^ ersten Blattes, und 11.5,048 .^ zweiteu Blattes. Aus Lager standen noch vo... frühern

Jahren her 104,955 .^ ersten Blattes und 50,100 .^ zweiten Blattes.

V i e h z u c h t . Sie bildet für einen grossen Theil unserer Bevol^ kerung den ..^anpterwerbs^weig, wiewohl der Kanton Tessin zu denjenigen Kantonen gehort, die sich au. wenigsten durch Rindviehreiehthum aus^eichuen, was schon durch die steilen ^ormeu seiner Berge indizirt ist. Jndessen besizeu wir viele ^ehafe und was die Ziegen betrifft , so nehmen wir vielleicht, im Verhältniss zur Bevolkerung, die erste Stelle unter allen Kantonen ein.

Die Milchprodukte dekeu mehr als den Bedars des Landes. Käs.., Butter und andere ähnliehe Erzeugnisse , die hauptsächlich aus dem Liviuen-, ^erzasea- und Maggiathale kommen, gehen ins Ausland.

Auch in Vie.h, rohen Häuten und besonders Ziegenfellen, findet ein starker

Export statt.

Die ^ o r s t k u l t u r steht in unsexm Kanton auf der untersten ^tuse, nicht sowohl aus Mangel an ^orstgese^eu, als wegen des Widerwillens

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der Bevölkerung, überhaupt sich ihnen zu fügen. Beinahe Alles bleibt der Willkür der Gemeinden überlassen. Die Habsucht dieser leztern, in Verbindung mit den Holzhändlern , hat die Ausrottung der Hochwälder herbeigeführt, und sicherlich wird die Wiederaussorstung nicht mit der stattgesundenen Verwüstung Schritt halten. Das Riederholz seinerseits hat durch die außerordentlich zahlreichen Ziegenheerden, welche das .^and besizt.. schwer zn leiden. Während die Forstkultur darniederliegt, machen die^Hol^ und Kohlenhändler gute Geschäfte und rühmen die

Erleichterungen, die der eidgenössische Ausgangszoll und der italienische Eingangszoll ihnen seit Kurzem gewähren.

Es gibt ^artikularen , die aus die Knltur ihrer Obstbäume und Gärten mehr und mehr Sorgfalt verwenden. Die oberitalienischen Früchte und Gemüse gedeihen bei uns ; sie werden aber nicht in hin..

reichender Ausdehnung gebaut, so dass mau geuothigt ist , einen Theil des Bedarfes von auswärts zu beziehen.

Jn du strie. Es bestehen im Kauton 27 Tabakssabriken , grosse und kleine , die jährlich sur eine Million fabrizirten Tabak erzeugen

und 500 Versone.. beschäftigen. Der Artikel hat sich eines guten Absazes zu erfreuen, da sich für eine starke Barthie davon ein solcher jenseits des Meeres gefunden hat.

Es gibt zwei Seidenspinnereien . ungefähr 200 Bersouen finden darin ihren Unterhalt. Die Höhe des schweizerischen und italienischen Tarifs machen eine Ausdehnung der Gesehäste sur diese Fabriken zu einer schwierigen Sache. Das Gleiche ist der Fall mit zwei Manusaktnren, in denen ^eidenabsälle kardirt und zu sogenannten Strafen verarbeitet werden. .--^ Seit unvordenklichen Reiten verfertigt das Onseruonethal Strohhüte, sowie auch andere Arbeiten aus Stroh , welche in dem Dezennium 1853 bis 1863 einen reissenden und lohnenden Absa^ gesunden haben. Die Fabrikaton stieg um das Vierfache, denn die Waare war in den Vereinigten Staaten Nordamerikas in die Mode gekommen und die preise hielten sieh fortwährend auf ihrer Hohe.

Seither aber hat der Absa^ in jenem ^ande mehr und mehr abgenom^ meu , da iuzwischeu die japanesischeu ^trohgeslechte konknrrirend aus dem Markte erschienen find. Jn .^olge des jüngsthiu in Sachen der Zollangelegenheiten zwischen der ^ehwei^ und Jlalien getroffenen lleberEinkommens hat die Ausfuhr des Artikels nach lezterm ^aude uni ein Namhaftes zugenommen und für den amerikanischen Aussall Ersa^ geboten.

Die Glashütte in .Lodrino beschäftigt während ihrer Betriebszeit 60 bis 70 Bersouen und scheint nun, nachdem sie erst mit einigen S.hwierigkeiteu zu kämpfen gehabt, sich emporarbeiten zu wollen. Gegenwärtig

steht das Werk stille, da, der Bestellungen ungeachtet, viel sabri^irte Waare aus den.. ^ager geblieben ist.

443 Der Kanton besizt mehrere Vapiersabriken. Eine davon befindet sich in der Rahe von Loearno und dars, sowohl ihrer Ausdehnung als ihrer zahlreichen, nach neuem System eingerichteten Maschinen und ihrer Arbeiterzahl wegen, als grossartig bezeichnet werden. Sie arbeitet nicht nur für das Jnland , sondern ex^portirt auch bedeutende Lieferungen , obwohl sie genöthigt ist , einen grossen Theil der Rohstoffe von auswärts zu beziehen. Das Etablissement beschäftigt ununterbrochen ungefähr 60 Arbeiter.

Jn der Konstruktion der Getreidemühlen haben Fortsehritte stattgefunden und finden deren noch immer statt. Zwei derselben , mit amerikanischer Einrichtung, liefern so viel Mehl, dass die Einsuhr von solchen.. beinahe aufgehort hat.

Jm Distrikt Mendristo wurden im Jahre l 866 von zwei Gesellschasten zwei Fabriken für Erzeugung vou hydraulischem Kalk errichtet.

Abgesehen von seineu.. Werthe als Mortel für die allerschwierigsteu ^uudiruugsarbeiten , dient er auch zur Fabrikation von Baksteiuen und Rohren jeglicher Art , als Kitt zu Kanalbanten , zu Badewannen und Küpen, zu Terrassen,^ Ziehbrunnen und Fussboden. Jede dieser gesellschaffen hat für Gebende und Maschinen ein Kapital von mehr als Fr. 30,000 verausgabt. Die Güte ihrer Fabrikate wird allgemein anerkannt und hat ihnen anch ans dem Anslande Abnehmer zugeführt.

Da jedoch diese Jndustrie erst im Entstehen begrisfen ist . so lässt sich über den Umfang ihrer Operationen noch kein Urtheil fällen. Jn Mendrisio selbst wurde im Jahre 1866 eine ^ilzhutfabrik, mit einem Kostenanswande von wenigstens ^r. 25,000, gegründet. Diese Fabrik vermag täglich 100 Hüte zu liefern und belästigt beinahe ununterbrochen Zwanzig Personen.

Jn der Verarbeitung des Eisens hat ein merklicher Fortschritt stattgesunden. Erwälmenswerth sind drei Werke, eines in .^oearno, das zweite in Aiabardia, ans dem linken Ufer des Langensees, wo vorzugsweis.^ Arbeiten von grossen Dimensionen ausgeführt werden. Das dritte Wert ^befindet sich .in M^ndrisio. seine Erzeugnisse werden, ihrer feinen

Ausarbeitung wegen, sehr gesehäzt und sind selbst im Ausland.. gefncht.

Wachslichter, die bloss für den Kirchengebranch Verwendung finden, sowie auch gewohnliehe Talgkerzen, werden im Kanton sabrizirt. ^..bgleich die Stearinlichter, namentlich in osfeutlichen lokalen, in ziemlich starkent Gebrauehe stehen, so müssen ste doch von auswärts bezogen werden.

S et se wird auch fabxizirt, jedoch nicht in dem Masse, uni dem Vedarf der Bevölkerung zu genügen.

Abgesehen von den Holzarbeiten , die zum gewohnliehen Gebrauch dienen, werden von Schreinern, die sieh im Auslande in ihrem Berufe

444 ausgebildet haben, .Lu^usmobel im feinsten Geschmake verfertigt, die in.

.Lande starken Abfaz finden.

Jm Jahre 1865 wurde in Lugano eine Werkstätte sür die Uhrensabrikation errichtet. Die Einrichtung derselben war sür die Eigenthümer mit grossen Kosten verbunden , abgesehen von der Schwierigkeit, die zum Betriebe einer neuen Jndustrie benöthigten Arbeiter von answärts herbei zu ziehen. Troz dieser Hindernisse hält sich die Fabrik und es sind alle Aussichten auf ein günstiges Resultat vorhanden. Es finden 36 Arbeiter, wovon die Halste Tessiner, darin Beschäftigung. Lettere beweisen viel guten Willen und berechtigen. ^u der Hoffnung , dass sie bald zu tüchtigen Uhrenmachern sich herangebildet haben werden, mit deren Hilfe sich die Jndnstrie leichter und wohlfeiler ^u entwikeln im Stande sein wird. Seit Kurzem besteht in Loearuo ein ausländisches Haus, das stch mit dem Sammeln, Waschen und Zubereiten von Wur^elu beschäftigt, im Handel Trebbi, Reiswurzelu, hier ^l^scltes de chien^denl^ genannt.

...^ie finden ihre Verwendung iu den Bürstenfabriken der deutschen und französischen Schweiz , ^ sowie in denjenigen Deutschlauds, Frankreichs, Belgiens und Euglauds. dieser Handelszweig erfreute sieh im lezten Jahre eines ziemlich starken Verkehrs. An hundert Personen, beiderlei Geschlechts , fanden während der Winters^eit im Etablissement von Lo.^arno Beschäftignng, ungerechnet eine gleiche Anzahl , die sich mit dem Sammeln der Wurzeln ihren Unterhalt verdienten.

Auch aus der Provinz Rovara bezieht ..dieses Haus gross..

Quantitäten des Rohstosses. Der Totalverbrauch übersteigt um etwas 120l) ....^ehwe^erzentner, die preise schwanken, je nach der Feinheit und Länge der Wurzeln, zwischen 100-150 Franken. Die Haupternte findet im Zeitraume vom September bis Mai statt.

Der Kanton besi^t^ehn Bierbrauereien. Diese all^ machen gnte Geschäfte, da das Bier bei der Bevoll.erung immer mehr Eingang findet, sie würden noch bessere machen, wenn im Kanton die Hopfenknltnr gehorig gepflegt würde, was mit Leichtigkeit bewerkstelligt werden konnte.

Ju^dex Konstruktion der Weinpressen ist eine Neuerung eingeführt worden. Es werden jezt kleine fressen erstellt^ deren sich jeder Rebenbesser in seinem Keller bedienen kann. Sie bestehen in einer stark mit Eisen beschlagenen Knse, mit der Einrichtung, dass der Wein,
welcher vermittelst einer vertikalen, durch eine andere horizontale, endlose, in Bewegung geseze Schraube aus den Trauben gepresst wird, zwischen den Dauben durehfliessen kann.

Die Oelpressen find immer noch gan^ nach den. alten ..^ftem eingerichtet , sie bilden grosse Maschinen , die entsprechende Lokalitäten erfordern. .^elfabrikanten von einiger Bedeutung gibt es nicht. Die Pressen ^ieneu sast ausschliesslich uur sür den Privatgebrauch. Einige Pressenbesizer jedoch sabriziren sür eigene Rechnung fette .^ele , die

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^

mehrentheil.s in der Jndustrie verwendet w.erden. Der Handel mit diesem Artikel war niemals sehr ausgebreitet , indem lezterer von jeher grosstentheils aus dem Auslande bezogen wurde. Dieser Zweig leidet

seit einiger Zeit unter dem Druke des Ausgangszolls , womit Jtalien die Rüsse , Lein.. und Repssaamen belegt hat, die srüherhin pon jedem Ausfuhrzoll befreit waren.

Was die Bienenzucht anbetrisst, so sieht sich die kleine Zahl derer,

die sich damit abgeben, durch die erzielten Resultate dafür reichlich belohnt.

Jm verflossenen Monat Rovember eröffnete Hr. Earlo B o r s a Ma ^ e t t i in Maroggia eine ^abrik sür Fecnle (Knollenmehl), die jährlich 600 bis 700 metrische Zentner zu liefern vermag und dazu an Kartoffeln eines ^uantnms von 7200 bis 8400 metrische Zentner be-

darf. Aus Mangel an Rohstoff sind die Resultate nur geringfügig

geblieben ; übrigens erhoben sieh die Arbeiten nie über das Riveau der Versuche und gewährten periodisch nicht mehr als vier bis fünf .Arbeitern

Beschäftigung. Dennoch bleibt es^wünsehenswerth, dass diese Jndustrie,

welche mancher andern zur Grundlage dient und eine Substau^ zu Tage fordert , die in verschiedenartiger Weise verwerthet werden kann , in unserm .Lande festen Fuss fasse und an Ausdehnung gewinne. Da sie überdiess ihren Rohstoff vom Landbau fordert, so konnte hierin sür den ledern ein Ansporn zu grosserm Aufschwung liegen. Zudem kommt das in Maroggia fabrizirte Fécule den besten srauzosischen gleich , ja

übertrifft es vielleicht noch.

Unter den industriellen Erzeuguissen des Kautons Tesstn verdienen noch die holzernen Mil.hgefässe Erwähnung, die in der Gemeinde Boseo (Distrikt Vallemaggia) während der laugen Winterabende verfertigt wer^ den, so wie auch die für den Kücheugebrauch so vorteilhaften Gesässe aus Topfstein , welche das V.^l di Pe.^c^ liefert. Dieser .Artikel war im Jahre 18^7 an der Ausstellung in Bern vertreten und erhielt die bronzene Medaille. Jm ledern Thale findet sieh der Topfsteiu allenthallen vor, er wird im Steiubruch iu Bloken von einem Quadratmeter gebrochen und auf der von Wasserkraft in Bewegung gesezen Drehbank verarbeitet. Diese Gefässe haben früher ein ungleich grosseres ^Absa^ebiet besessen, seitdem aber im Veltlin die Entdeknng einer gleichen Steinart gemalt worden ist, beschränk sich der .^erschleiss auf das heimische Thal, auf den Distrikt ^oearuo und auf die Ufer des Langeusees.

Dieser Steiu, der lang.^ die Hize zu bewahreu und dem ^euer Widerstand ^u leisten^ vermag, dient auch zum Bau von ^efen.

Vor fü..s Jahren wurden ^wei Schulen für die Seidenweberei, eine in .Lugano, die andere in ^oearno, gegründet. Es werden darin, mit Unterstüzung seitens des Staates, Seidenweberinneu herangebildet, die befähigt werden sollen, diesem Berufe sür eigene Rechnung bei sich

446 zu Hause obzuliegen. Diess ist bereits der Fall mit 32 von 58 in diesen Schulen unterrichteten Personen. die übrigen arbeiten sür Rechnnng der Schulen. Der Mittelertrag jedes Webstuhls beträgt 1000 Ellen Seidenstoff , pom Gros de N^ple.^ an bis zum Gros ^...ni^con.

Es gibt im Danton keine Wollenarbeiter , noch auch Tuchfabriken oder Baumwollenspinnereien. Dagegen gibt es .Leute, die das Weben des von einheimischen .^artikularen gebauten Flachses und Hanss besorgen.

Ebenso dienen die Webstühle, welche der Staat zur Beschäftigung der Sträflinge im Zuchthaus unterhält, bloss zu diesem Zweke.

B e r g b a u . Nachdem ein im Jahre 1853 über die Bergwerke und Torsgruben erlassenes ^Gesez das frühere aus dem Jahre 1828 her datixende aufgehoben hatte, wurde eine Menge von Konzessionen, ungefähr 70 an der Zahl, znm Zweke der Ausbeutung von Bergwerken ertheilt. Es ist jedoch keinem der Konzessionäre gelungen, daraus irgend^ welchen Vortheil zu ziehen , man liess es bei den ersten Versuchen bewenden. Jeder Minenbau hat ausgehort. Die Mehrzahl der Minen förderte gold- und kupferhaltige Gesteinsadern, einige andere Antimonium , wieder einige silberhaltiges Erz zu Tage , keine einzige aber Eisen. Vor einigen Jahren noch stand eine Eiseugrube mit Hammerwerk im Thale Marobbia bei Bellinzona im Betriebe , da aber das .Produkt nur von geringerer Qualität war, wurde sie gänzlich verlassen.

Jn der Rachbarschast von tosone bei Loearno und von Sessa im Distrikt .Lugano wurden zwei Torsgrnben in Betrieb gesezt, ohne dass aber viel Vortheil dabei herausgekommen wäre.

Spuren von Stein- und Braunkohle wurdeu an einzelnen Orten des Distrikts Lugano ausgesunden, aber man gab der Entdekung keine

^olge.

Der Distrikt Lugano besizt zwei Kalksteinbrüche, die für seine Be-

dürfnisse genügen. Rieht also verhält es sich aber mit der Landesgegend jenseits des Monte Ceneri, wo man genothigt ist, einen grossen Theil des Bedarfes ans den angrenzenden, vom Langensee bespülten italienischen Gegenden zu beziehen. Hinwieder sehlt es diesseits des Monte Ceneri au Bausteinen , während jenseits desselben der sari^o Stein , der bei I^onte Brolla und Crescano gebrochen wird , sich einer gewissen Berühmtheit erfreut.

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Bericht des Präsidenten der Handelskammer des Kantons Tessin an das schweiz. Handelund Zolldepartement. (D. d. Lugano, 28. Februar 1867).

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30.03.1867

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438-446

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