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Schweizerisches Bundesblatt.

XlX. Jahrgang. ll.

Nr. 39.

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7. September 1867.

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.nationalräthlichen Kommission über Einführung des metrischen Maß- und Gewichtsystems.

(Vom 8. Juli 1867.)

Tit.!

Es hat de.. Ständerath am 20. Dezember 1866 in obschwebender Angelegenheit einen etwas abweichenden Beschluss mit demjenigen des Nationalraths pom 17. Dezember 1866 gesasst.

Die nationalräthliche kommission, bestehend aus den gleieheu Mitgliedern wie im Dezember 1866, wird beantragen, dem stäuderäthlieheu Beschlusse beizustin.meu, und glaubt genug zu thun, wenn sie in Kürze die Ergebnisse der Verhandlungen in beiden Rätheu zur Eriuneruug bringt.

Bei der Verhandlung im Rationalrathe wurde von Jhrer Kom.mission der Antrag gestellt.

1) .,Jn weiterer Ausführung des Art. 37 der Bundesverfassung, .,und uu.. das gegenwärtig bestehende Mass- und Gewichtshstem "zu verbessern und zu vervollstäudigeu , soll das metrische Mass-

,,und Gewichtsystem fakultativ eingeführt und die taut Bundes"gesez vom 23. Dezember 1851 angenommenen Masse und GeBu..desblatt. Jahrg. XlX. Bd. II.

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^22 ,,wichte, als aus dem Meters...stem abgeleitete Masse und Gewichte, ,,sollen neben demselben im W e s e n t l i c h e n beibehalten werden.

2) ,,Der Bundesrath ist eingeladen, den Rathen einen hieraus bafirten ,,Gese^.esvorschlag vorzulegen.^ Uebereinstimmend mit dem Bundesrath ging ein zweiter Antrag dahin : ,,Es sei auf die eingelangten Petitionen für Einführung oder ge,,se^liche Anerkennung des metrischen Mass- und Gewichts.^stems z u r ,, Z e i t nicht weiter einzutreten.^ Ein dritter Antrag, gestellt pon Herrn Klein, ging dahin.

"Der Bundesrath wird eingeladen, Berieht und Antrag zu hinter^bringen, zu welchem Zeitpunkte das metrische Mass- und Gewichts..stem

,,in der Eidgenossensehast allgemein giltig sein soll.^

Herr S t e h li n beantragte als vierter Vorschlag.

,,Der Bundesrath ist eingeladen , einen Bericht und Gesel^esent,,wurs vorzulegen, über die Art und Weise, wie neben dem bestehenden ,,Gese^e betreffend Mass- und Gewichtordnung, d. d. 23. Dezember

,,1851, das reine metrische Mass- und Gewichtshstem s a k u l t a t i v in ,,der Schweiz eingeführt werden soll.^ Bei der Abstimmung erhielten in eventueller Koordination der An-

trag Klein 20, der Antrag der Kommission 26 und der Antrag Stehlin

48 Stimmen . welcher lettere Antrag darauf definitiv mit 57 gegen 3..)

Stimmen , gegenüber dem Antrag des Bundesraths ans Richteintreten zur Zeit, zum Besehlnsse erhoben wurde.

Jm Ständerath kam die Angelegenheit am 20. Dezember 186..)

in Behandlung und dessen Kommission , bestehend ans den Herren : Sessler, .^appeler, Hallauer, Gmür, Turrettini , beantragte: ,,dem ,,nationalrathlicheu Besehlusse beizustimmen.^ Herr Blanta beantragte zu beschließen : .,es sei auf die Frage der obligatorischen oder fakultativen Ein,,sührung des metrischen Mass- und Gewichts^stems z u r Z e i t nicht ,,einzutreten.^ Einen dritten Antrag stellte Herr Haberstich dahin: ,,D..r Bun,,desrath ist eingeladen , einen Berieht vorzulegen über die Art und ,,Weise, wie das reine metrische Mass- und Gewichts...stem in der Schweiz ,,eingeführt werden könne. ^

623 Jn der eveutuellen Abstimmung wurde mit 19 gegen 15 Stimmen der Antrag des Herrn Haberstich gegenüber dem Antrag der Kommission angenommen und ^.gle.ch mit Mehrheit gegen 7 Stimmen beschlossen, keinen Gesetzentwurf ^u verlangen.

Definitiv wurde dann mit 17 gegen 14 Stimmen der Antrag des Herrn Haberstich gegen den Antrag des Herrn Blauta angenommen.

Die ständeräthliehe Kommission hat keinen schriftlichen Bericht vor^ gelegt und aus dem Protokoll des Ständeraths ist nichts ^u entnehmen, als was wir hier uackt berichtet haben. Die Jntentionen und Motive, welche ^u diesem Beschlusse geführt haben , sind desswegen unbekannte Elemente und daher der Beschluss selbst mehrsacher Deutung fähig , so dass hier dem Bundesrath eine diophantische Aufgabe zur Losung übergeben ist, welche mehr unbekannte Grossen enthält als Gleichungen gegeben sind.

Rach dem Beschlusse des Ständeraths wird der Bundesrath gauz allgemein gefragt : wie kann das reine metrische Mass^ und Gewichts.^stem in der Schweiz eingesührt werden^ Darans kann geantwortet werden .

1) es kann nicht eingesührt werden, ohne dass zugleich der Art.

der Bundesverfassung revidirt wird ,

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2) es kann eingeführt werden auch ohne Revision des Art. 37 , 3) es kann o b l i g a t o r i s c h eiugesührt werden neben dem bestehenden Mass- und Gewichtsystem vom 23. Dezember 1851 , 4) es kaun f a k u l t a t i v eingeführt werdeu ueben dem bestehenden

Mass- und Gewichts.^stem vom 23. Dezember 1851 .

5) es kanu das reine metrische Mass- und Gewiehtsysten. jedenfalls nicht ohne Revision des Art. 37 der Buudesversassuug eingeführt werden, wenn die Masse und Gewichte laut Gesel^ vou 185l und Koukordat von 1835 gan^ abgeschafft werdeu wollteu .

6) es kanu dasselbe aber gewiss ohne Revision der Buudesoersassung in Art. 37 eingeführt .oerden , wenn die Masse und Gewichte des Koukordats von 1835 blosse Modifikationen erhalteu und im Wesentlichen beibehalten werden.

Der Beschluss des Nationalraths war strikte und präzis dahin ge^ fasst , vom Bundesrath sich Bericht und G e s e l ^ e s v o r s c h l a g vorlegen zu lasseu über die Art und Weise, wie n e b e n dem bestehend e n G e s e z e b e t r e f f e n d M ass- u n d G e w i ..h t o r d n u n g,

624 d. d. 23. D e z e m b e r 1 8 5 1 . das reine metrische Mass^ und Gewichts^stem f a k u l t a t i v in der Schweiz eingeführt werden soll.

Der Ständerath will vorerst nnr Bericht und k e i n e n G e s e z e s v o r schl ... g über die Art und Weise , wie o h n e d a s b e st e h e n d e G e s e ^ b e t r e s s e n d M ass.^ u n d G e w i ch t o r d n u n g , d. d.

23. D e z e m b e r 1851, das reine metrische Mass- und .Gewicht-

s^stem, u u d z w a r n icht f a k u l t a t i v , in der Schweiz eingesührt werden soll.

So kann nämlich der ständeräthliche Beschluss gedeutet werden, weil er im nationalräthlichen Beschlusse die Worte: ,, u n d G e s e z e s v o r schl a g , n e b e n den.. b e st e h e n d e n G e s e z e b e t r e f s e n d

M a ss- u u d G e w i ch t o rd n u n g , d. d. 23. Dezember 1851.

u n d s a k u l t a t i v ^ gestrichen . im Uebrigen aber den ganz gleichen Wortlaut beibehalten hat. Daraus konnte auch gesolgert werden, dass der Ständerath entschiedener als der .Nationalrath für das metrische System eingenommen wäre . weil er aber indessen nur Berieht und keiuen Gese.^esvorschlag vom Bundesrath will, so gibt er zu erkennen, dass ihm die Sache nicht so pressant erseheint, als es in der That wünschbar ist.

Jhre Kommission hätte gewünscht, der Ständerath hätte den Beschluss des Nationalraths angenommen , weil der Bundesrath darnach eine genau bestimmte Ausgabe zu losen gehabt hätte , während er je^t weniger bestimmt angefragt wird.

Die Kommission beantragt aber ungeachtet dessen, dem Beschlusse des Ständeraths beizustimmen, um dem Bundesrath Gelegenheit zu verschassen, die wichtige und folgenreiche Angelegenheit wiederholt in reisliehe Erwägung zu ziehen. Es bleibt dem Bundesrath unbenommen, die Antwort aus die ihm gestellte Frage in der ihm geeignet scheinenden Weise zu geben. Er kann seinen Berieht auch m i t einem Gesezesvorsehlag einbegleiten , tro^dem der Ständerath dieses ausdrücklich zu verlangen abgelehnt hat.^ denn der Nationalrath hat in seinem Beschlusse zu erkennen gegeben, dass er nicht nur Bericht, sondern anch einen Gese^esvorsehlag vorgelegt wissen will. Wir stellen den Antrag der Bei-

stimmung zum ständeräthliehen Beschlusse ausdrücklich in den. Sinne,

dass es den. Bnndesrath unbenommen sein soll, mit oder ohne Gesezesvorschlag Bericht zu erstatten. Es ist auch an und für sich klar , dass das reine metrische System ohne Erlass eines Gesezes gar nicht eingeführt werden kann. Und die Art und Weise, wie es eingesührt werden konne, muss eben durch einen Gese^esvorschlag näher nachgewiesen werden, denn sonst konnte das ^erlangen nach einem blossen Berieht ohne Gesel^esvorschlag als nicht sehr ernstlich gemeint betrachtet und einfach

625 geschlossen werden , als wolle man die Angelegenheit auf die lange Bank schieben. Wir haben diese Meinung vom Sinn und Geist des ständeräthlicheu Beschlusses nicht, denn sonst müssten wir gan^ entschieden daraus autragen , beim Besch.lusse des Nationalraths stehen ^u bleiben uud darauf zu beharren. Würde der Ständerath e.ne gleiehe Beharrlichkeit für seinen Beschluß haben , so käme die Angelegenheit ins Stocken und sür einmal in einen bedauerlichen Stillstand. ^ie .^ommission wünscht daher Uebereinstimmnug mit dem Ständerath , um die so Vielen am Herzen liegende Angelegenheit im ^lnss zu erhalten.

Jm Uebrigen berufen wir uns auf die srühern Berichterstattungen und beschränken uns lediglieh. nur darauf, in Erinnerung ^u bringen, dass wir das metrische Mass und Gewicht in hoherer Begehung ausfassen, als es gewohnlieh geschieht. Es ist von wenig Bedeutung, wie viel und welche Ramen von Mass^. und ..^wi.htsgrossen, ausser den nothwendigen zum ^...ezimals.^tem. gehörigen .Benennungen von 1, 10, 100, 1000 aufwärts und 10tel, 100tel und 1000tel abwärts, man noch annimmt, die Aufgabe des metrischen Systems ist, das reine dekadische Zahlensystem in Mass und Gewicht rein dekadisch darzustellen. Es braucht daher nur e i u e genau bestimmte Einheit und diese Einheit ist wirklich jel^t schon auch in unserm Koukordatss.^stem der Meter. Alle Vielsachen dieses Meters in dekadischer Zahl aus- und absteigend, ganz oder gebrochen, in Linien, ^lachen und Korperu, sowie in ^..ich^igkeitsverhältnissen bei Gewichten . sind im metrischen System zulässig und so ^u sagen unendlichsach in der Anwendung.

^olehe dekadische Massund Gewicht^rossen sind unsere gegenwärtig bestehenden Masse und Gewiehi.e sämmtli.h mit wenigen Ausnahmen und n^an mag also wie immer das metrische System einführen, unsere Masse und Gewichte sind als reine Vielsache des Meters stets zulässig.

^er Art. 37 der Vundesversassung verlangt gleiches Mass und Gewicht aus den Grundlagen des Koukordates , die Grundlage des Mass^ und Gewieht^stems des Konkordates ist der Meter und das Kilogramm, so sagt es der Wortlaut des Konkordates selbst über eiue gemeinsame schweizerische Mass- und Gewichtorduu..g vom 17. August 1835, sowie die Urkunde über Anerkennung des im eidgeuossischen Archiv vorhandeneu Meters und Kilogramms als Gruudmass und. Gruudgewicht
des Konkordates.

Mau sollte glauben , dass damit alle bedenken gegen Einführung des metrischen ^^ftems , sie mogeu theoretische oder praktische , koustituliouelle o^er konventionelle sein, gründlich beseitiget sein sollten.

Wir hoffen, der Bundesrath werde, neuerdings ^ur Berichtabgabe eingeladen , eiue entschiedene Jnitiative für gese^liehe Einsührung des

626 metrischen Systems ergreifen ; eine gessose Anwendung des Metern fystems findet in der Schweiz allenthalben, ja selbst in der Bundespersammlung, ganz ungenirt statt, in Missachtung de.^ ...lrt^ 7 und tro^

dem Strafartikel 8 des Gesezes vom 23. Dezember 1851.

B e r n , den 8. Juli 1867.

Jm ^amen der kommission, Der Berichterstatter :

L. Bertml^ Oberst.

^ote. Der ^ationalra^ nahm obigen Antrag unterm 8. Jull an.

..Glieder der ^tn.niss^.

Herren .

.^. L. Bernold, ln Wallenstadt.

Sim. Basier, ln .^hur.

^. ^ul. Pietet de la .^lve, ln ^enf.

L. .^usea, ln Loearno.

^r. Seiler, in Bern.

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Bericht der nationalräthlichen Kommission über Einführung des metrischen Maß- und Gewichtsystems. (Vom 8. Juli 1867.)

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07.09.1867

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